1831 / 147 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

von der wichtigen Thatsache in Kenntniß setzen, daß, wenn auch die Stimmen der Gegner der Bill durch Beleidigungen, Falsch⸗ heiten und Entstellungen bei den Wahlen unterdrückt worden sind, doch in London noch ein erhaltendes Prinzip am Leben ist, welches, trotz guten und üblen Rufs, fest auf die Gesetze, Freiheiten und die Religion besteht, in denen die Maͤnner Eng⸗ lands erzogen worden ssud.“

Aus Portsmouth wird gemeldet, daß am 2osten d. Morgens das Schiff „St. Vincent,“ von 120 Kanonen, abge⸗ segelt ist; auf demfelben wehte die Flagge des Vice-Admiräls H. Hotham, der bestimmt ist, den Befehl über das Geschwader im Mittellandischen Meere zu übernehmen. Die „Britania,“ bon 120 Kanonen, wird, so wie sie in Malta angelegt hat, hierher zurückkehren, um zur Aufnahme der Flagge des Ober-Be— fehlshabers in Stand gesetzt zu werden. Das' Absegeln eines so großen Schiffs aus dem Kafen von Portsmouth veranlaßte einen ungeheuren Zusammenfluß von Menschen. Um 6 Uhr Abends glaubte man, daß der „St. Vincent“ wieder vor Anker gehen werde, da der Wind nach Südwest herumgegangen war. Ferner wird von dorther gemeldet: „Die Holländische Kriegs— brigg „der fliegende Fisch“ hat im Kanal, zur Beschützung der Holländischen Flagge, gekreujt. Sie kam gestern hier an und segelte heute wieder ab. Von dem Geschwader, welches sich zu Spithead sammelt, sind hier angekommen: der „Donegal“ von 76 Kanonen und der „Wellesley“ von gleicher Größe. Die „Caledonia“ von 120 und die „Revenge“ von 76 Kanonen werden jeden Augenblick von Plymouth erwartet. Außer den Linienschiffen „Prinz-Regent,“ „Talavera“ und „Asia“ werden auch noch die Fregatten „Barham,“ „Alfred“ und „Curagao“ zu diesem Geschwader stoßen.“ .

An der heutigen Börfe gingen die Course der Consols an— fänglich, in Folge der aus Paris kommenden niedrigeren No— tirungen, von 837 auf 823 zurück. Als es aber bekannt wurde, daß eines der ältesten Häuser der Stock-Börse seine Zahlungen, wahrscheinlich in Folge von Speculationen à la haisse? eingestellt hätte, stiegen die Course in einem Augenblick von 823 auf S3 3, da in Folge dieses Austritts bedeutende Ankäufe zu machen wa— ren. Consols schlossen zu 823. 83.

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Aus dem Haag, 22. Mai. Gestern früh ist im Kriegs— Departement die amtliche Nachricht eingelaufen, daß der tapfere General Chassé am 19ten d. Abends um halb fünf Ühr von dem Befehle des Regenten in Kenntniß gesetzt worden sey, dem Ver— langen des Generals gemäß, mit den Arbeiten, der Eitadelle ge— genüber, einzuhalten. Auch hat der General von Failly den Ge— neral Chassé ersucht, es nicht übel aufzunehmen, wenn etwa ein verlaufener Belgischer Soldat einen Schuß thüm möchte, und nur die Belgische Behörde sogleich davon zu unterrichten. Um tz Uhr wäre der vom General Chassé gestellte Termin abgelaufen gewesen. Eine Abschrift seiner diesfallsigen (gestern mitgetheilten) Ver— warnung war von genanntem General an die Stadt-Ver— waltung von Antwerpen mitgetheilt worden. Kurz vor Ab— lauf des Termines erschien ein Belgischer Offizier mit einer weißen Fahne bei den Angriffs-Werken, um dse Arbeiter zu versammeln und sie mit sich abzuführen. Als einen Bewels davon, wie sehr unsere Truppen von Muth beseelt sind, und was die Belgier zu erwarten gehabt hätten, wenn es zu Thätlichkeiten gekommen wäre, verdient das Betragen des muthigen Amster— damers, Heinrich van Leuven, eines zum 10ten Regimente gehö— renden, noch nicht 19jährigen, jungen Mannes, einer ehrenvollen Erwähnung. Von den Belgiern, die 500 Mann stark eine Vier— telstunde von St. Laurent standen, näherte sich ein beträchtliches Detaschement diesem Posten. Als es sich ungefähr 100 Schritte genähert hatte, brachen mehrere Belgier in Schimpfworte gegen unsere Truppen aus und pflanzten ein Fähnlein auf. Hierdurch wurden die Unsrigen so sehr aufgebracht, daß obbenannter junger Mann, von Zorn glühend, von der Brustwehr über den Graben sprang und auf die Beleidiger zustürzte. Diese wichen zurück; van Leuven ergriff die Fahne, zerbrach die Stange, an der sie befestigt war, in Stücken und kehrte zu seinem Platz, wo er mit Erdarbeiten beschäftigt war, zürcück. Auf den Bericht des Fenerals Chass an das Kriegs-Departement hat dasselbe bei Sr. Maj. auf Verleihung des militairischen Wilhelm-Ordens an besagten van Leuven angetragen.

Der General Chasss hat folgenden Tagesbefehl an die Kö— nigl. Seemacht auf der Ost-Schelde, so wie an die Besatzung der Citadelle von Antwerpen, der Tete des Flandres und der dazu gehörigen Forts, erlassen: „Waffenbrüder! Es gereichte mir zum höchsten Vergnügen, Euch in memen Tagesbefehlen vom 2. und 3. November vorigen Jahres meine besondere Zufriedenheit nit der von Euch an den Tag gelegten Tapferkeit Und Treue bezeu⸗ gen zu können. Ich habe Euer Betragen während des ganzen Winters beobachtet und bei Allen den Geist vorgefunden, der brave Soldaten auszeichnet. Im Gefecht vom 15ten d. M., so unbedeutend es auch war, habe ich bei Euch jenes brennende Verlangen bemerkt, den Feind in der Nähe zu sehen, was mich im voraus im Fall der Waffenstillstand gebrochen wird des Sieges versichert. Auch bei allen Euch aufgetragenen Ar— beiten, besonders in der letzten Zeit, habt Ihr Euren guten Willen dermaßen an den Tag gelegt, daß Ihr Guch mem ganzes Vertrauen erworben habt. Fahrt so fort, nieine Waffenbrüder; laßt Muth, Treue und Gehorsam Eure Führer seyn; Alt-Niederland hat sein Auge auf Euch gerichtet, und ich kann Euch versichern, daß, wenn bei einem feindlichen Angtiff ein Jeder seine Pflicht thut, unsterblicher Ruhm Euer Aller Antheil seyn und dieser nach Beendigung der Di ige durch Konig und Vaterland auf eine glänzende Weise anerkannt wer? ben wird. Der Füselier Heinrich van Leuxen vom 16ten In⸗ fanterie-Regiment hat sich am verwichenen Sonntag durch Abteißzung und Vernichtung einer vom Feinde aufgepflanzten Fahnt ganz besonders ausgezeichnet, wofür ich ihm meine voll— kommene Zuftit denheit bezenge.

General-Lientenant, Baron E hass6.“

Brüssel, 22. Maj. Von der vorgestrigen öffentlichen Sitzung es Kongresses ist noch zu berichten, daß bei Gelegen— heit ver Mittheilung mehrerer WBittschriften, worin um die Er— wählung bes Prinzen reopolb nachgesucht wurde, Hr. Pirson um Erlaubnis bat, am nächsten Dienstage den Anttag machen zu Cutfen, daf bit Jepinhungen, unter denen die Belgier ben Frieten und einen Kanig annehmen wollen, auf allen moglichen effentlichen und Priwatwegen zur Kenntnitz der benachßarteén Re— „eung en gebracht oerden, mug leich hinzugefligt herben soll, ein alle Einmischung abwesender Krieg mit ben Holsän— ern sonsf unvermt nlich sey. Der Finanz- Minister lil erreichte en Entwurf zu nem nenen Hmutget und ber Mintsster des n9nern Vt rtet Vertheilung von Matsonal-WMesoh-“ nungen, Allg varanf ber Fustiz⸗Mlnsster ebenfalls mit zwei Gesetzs 6üntwürfen kam, orotestsrt? Hr. arbinpf ts, welcher ver—

langztt, ber Kongreß seine Berhanblungen atif brei (hesetz⸗

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11 Degen

Todte und 40 Gefangene zurück,

984 Entwürfe, das Salz, die Brennereien und das Budget betref— fend, beschränke. Dies gab zu vielerlei Debatten Anlaß, bis der Prästdent die Sitzung schließen mußte, weil sich die meisten Mitglieder von ihren Plätzen erhoben hatten und Niemand mehr die Reden des Anderen anhören wollte.

An der Seeländischen Gräuze bei Lapschuere hat vorgestern wieder zwischen den Holländern und den Belgiern ein Schar— mützel stattgefunden. Man kennt bisher weder den Anlaß noch den Ausgang dieses Treffens, und weiß nur so viel, daß von Brügge aus Verstärkungen nach jener Gegend aufgebrochen sind.

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Warschau, 24. Mai. In der Sitzung der Senatoren— Kammer vom 20sten d. wurde das von der Landboten-Kam— mer angenommene Projekt hinsichtlich einer neuen Truppen-Llus— hebung der Versammlung zur Diskussion vorgelegt. Nach Vor— lesung desselben sorderte der Senator Kastellan Wodzyuski das Wort, um es zu rechtfertigen; aber auf den Antrag des Senator Kastellans Grafen Ostrowski erklärte die Versammlung einstimmig, daß das Projekt gar keiner Rechtfertigung weiter be— dürfe, und daß es der Senat ohne Abstimmung annehmen wolle. st

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Hierauf erhob sich der Kriegs-Minister und dankte der Versammlung dafür, äußerte jedoch, daß es ihm angenehmer gewesen seyn würde, durch das erste Gesetz, welches er den Kam— mern vorlege, dem Lande nicht neue Lasten, sondern Erleichte—

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rungen zu verschaffen; da indessen die Nothwendigkeit so drin- gend sey, so wiirden die Ahgeordneten der Nation gewiß mit

Bereitwilligkeit sich zu Darbringung dieser Opfer verstehen, welche leider auch wohl noch nicht die letzten seyn würden, wenn es der Entschluß der Polen bliebe, zu stegen oder unterzugehen. Das Projekt wurde nun in ein Gesetz des Inhalts verwandelt, daß in Betracht einer nothwendigen Vermehrung der Streitkräfte, in Betracht, daß sich die Krakauer Wosewod— schaft schon erboten habe, auf eigene Kosten ein Linien— Jufanterle-Regiment zu stellen und zu uniformiren, und daß auch andere Wojewodschaften sich in dieser Hinsicht nie lässig ge⸗ zeigt hätten, jetzt in jeder Wojewodschaft noch ein regulaires Jäger-Infanterie-Regiment, bestehend aus 3 Bataillonen und einer Reserve⸗Compagnie, und zwar nach dem von dem Kriegs⸗ ministerium für die alten Regimenter vorgeschriebenen Etat, und von der Stadt Warschau außerdem noch ein neues Bataillon zu dem 5ten Jäger-Regiment, nebst einer Reserve-Compagnie, orga⸗ nisirt werden sollen; die Wojewodschaft Krakau soll jedoch, da sie von selbst ein Regiment zu stellen beabsichtigt, hiervon aus— geschlossen seyn, nur muß dasselbe in Allem nach den bestehen⸗ den Vorschriften organisirt werden; die Vertheilung des Trup⸗ pen-Kontingents der einzelnen Wojewodschaften soll nach Ver— hältniß ihrer Größe von dem Kriegs-Minister bestimmt wer— den, so daß, der Ausgleichung wegen, zuweilen die eine noch zu dem Regiment der anderen Mannschaften zu stellen haben wird; die Kosten für Bekleidung, Sold und Unterhalt dieser neuen Regimenter sollen die Wojewodschaften 3 Monate lang bestreiten, bis zu welcher Zeit die Truppen auf den allgemeinen Kriegs-Etat übergehen; doch sollen die Bauern, mit Ausnahme derer, welche auf Erbzins und nach dem Recht der Emphyteusis Grundeigenthum besitzen, von der Beisteuer zu jenen Kosten aus— geschlossen seyn; die Verwaltung und Verwendung der Fonds für die neuen Regimenter soll einer, aus 2 Mitgliedern des Wojewod— schaftsraths und aus dem Regiments-Commandeur, in Warschau aber aus 2 Mitgliedern des , und dem Bataillons—⸗ Commandeur bestehenden Deputation, übergeben werden.

Die hie sige Staats-Zeitung enthält jetzt unter amt— licher Rubrik folgenden Armec-Bericht des Generalissimus Skrzy— ecki, datirt aus Dlugiesiodlo vom 17. Mai: „Ich habe die Ehre, der National-Regierung zu melden, daß am L2ten d. M. Abends unsere Armer die Positionen, welche sie bei Kaluszyn eingenommen hatte, verließ, um zwischen dem Bug und der Narew die Offenstve zu ergreifen. Bei Jendrzejow blieb der General Uminski mit einem Corps zurück, um diese Bewegung zu decken und den Feind am Vordringen gegen Praga zu hin— dern. Dieser General wurde am folgenden Tage, den 13ten d., bei Jendrzejow von einem bedeutenden Theil der Streitkräfte des Feldmarschalls Diebitsch angegriffen, leistete ihnen aber hartnäk— kigen Widerstand, und der Feind zog sich wieder in sein altes Feldlager zwischen dem Kostrzyn und Liwiec zurück. Unter— dessen marschirte ich mit der Haupt-Armee weiter, die in mehre— ten Kolonnen die Narew und den Bug auf den bei Zegrz und Sierock aufgeschlagenen Brücken passirte. Am 16ten trafen die Spitzen unserer Kolonnen in den Dörfern Poremby, Przetycza und Dlugiesiodlo auf die Vorposten der Kaiserlichen Garden. In Porembhy warf sich eine Schwadron des 4ten Chasseur-Re— giments auf eine Schwadron der Garde-Chasseurs, zersprengte sie und nahm 19 Soldaten nebst 60 Pferden gefangen. Auf einem zweiten Wege begann General Jankowski den Angriff im Dorfe Przetyeza. Die feindliche Avant-Garde vertheidigte sich hartnäckig, besonders die Finnländischen Jäger, welche bloß aus Schweden bestehen, und vorzüglich im Dorfe Dlugieslodlo; doch von der Avant-Garde des Generals Jankowski heftig angegriffen, wurde der Feind genöthigt, alle seine Stellungen zu verlassen, die um so vortheilhaster waren, als sie durch das Terrain selbst begünstigt wurden, welches coupirt und von Wäldern bedeckt ist.

Der Kolonnen-Marsch wurde durchaus nicht aufgehalten. Der Kampf auf diesem Marsche hörte erst gegen 9 Uhr Abends jenseits des Dorfes Plewki auf. Der Feind ließ einige zwanzig worunter sich ein Offizier be⸗ findet. Wir hatten 5 Todte und mehrere Verwundete; aber unter diesen sind zwei sehr hoffnungsvolle Lientenant Wolski, Adjutant des Generals Rybinski, und mein Adjutant, der Capitain Thomas Potocki, welcher, eben so thätig als Stabs-Offizier, wie tapfer auf dem Schlachtfelde, während er ein Peloton Krakusen von meiner Eskorte zum Angriff sührte, von dem Schusse eines Finnläudischen Jägers in den Kopf ge— troffen würde. Heute rückt unsere Armee weiter vor. Ueber bas Tressen des Generals Umjuski bei Jendrzejow und dessen weitere Operationen werde ich die Ehre haben, der National— Negiernmg noch einen weitläufstigeren Rapport abzustatten.“

In derselben Zeitung liest man auch Folgendes: „Die Garden ziehen slch überall schnell zurück. Unsere Truppen be— senen (Syczuczyn und Menzenin, und in der Richtung des Bugs rücken sir bis jenseits Ciechanowiee, einige Meilen über der (Gränze des Königreichs, vor. Dieses schnelle Manöver ist mit nicht lüitzedeutendem Werlust für die Russen verbunden. Jeden Aldhenbsick fallen Fourgons, Gepäck und Vorräthe verschiedener Art und Gesangene in unsere Hände. In Lomza sind Magazine und eine bedeutende Menge Waßfen, wesche dort, wo sich ein Laä—

jareth besindet, aufgehäuft waren, von unseren Truppen genom—

men worden. Bej Menzenin suchte die Arriere-Garde Wider— stand zu leisten, wurde aber zersprengt. Das Haupt-Corps der Harbe zieht sich nach Bialystock zurlick. Auch in Nur und Ciecha— nowiec fand man (Getreide, Heu und Salz in den Magazinen vor.

Offiziere, der Ort die Vorposten des Uminskischen Corps bildete, gab neue Be—

Die Zahl der Gefangenen von der Garde beläuft sich auf 700 Mann. Der Feldmarschall Diebitsch hat sich nun ebenfalls in Bewegun gesetzt und in der Nacht des 21sten mit seiner Hauptmachk be Granna über den Bug zu gehen begonnen. Im Lublin schen stehen die Russen an der Weichsel und kämpfen über den Fluß hinüber mit unserer Jufanterie, da die Schüsse jetzt des kleinen Wassers wegen über das schmale Flußbett hinüberrei⸗ chen. Vorgestern hat sich hier die Nachricht verbreitet, daß

das Gepäck des Großfürsten Michael geuommen und bei Tyko:

ein ein bedeutender Vortheil errringen worden sey. Die Regie⸗ rung aber hat darüber noch keine Meldung erhalten. Wenn jedoch die Russen vor Tykocin Widerstand zu leisten gesucht haben soll⸗ ten, so hätten sie, der Lage des Ortes wegen, dies nur mit gro⸗ ßem Verlust thun können.“

Der Warschauer Kurier meldet unter Anderem: „Die Polnische Armee rückt nach Litthauen vor; aus Lomza haben wir einen Brief erhalten, worin es heißt: „Seit dem Aufbruch von Kaluszhn habe ich erst heute (den 20sten) Zeit zum Schrei⸗ ben. Bei ienjopol, in der Gegend von Ostrolenka, waren wir am 18ten d. Nachmittags im Feuer; die Russische Garde, mit

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der wir kämpfen, behauptete den Platz nicht, und die 1ste Dwi—

sion, unter General Rybinski, machte 200 Mann zu Gefange⸗

nen. Wir nahmen Ostrolenka mit unbedeutendem Verlust ein und fanden daselbst große Getreide⸗Magazine vor. Heute rückten wir ohne den geringsten Widerstand in Lomza ein; einige Stun— den vor unserer Ankunft hatten sich die Russischen Truppen nach Kisielniea zurückgezogen und die Brücke über die Narew in Brand gesteckt. In Lomza fanden wir eine Menge Gewehre, Fuß⸗Bekleidung, Uniformen und Leinwand; unser gan⸗ zes Regiment (das 19te) ist jetzt mit Gewehren verse⸗ hen. Gegen 17 Uhr brechen wir nach Tykocin auf. Zuverlässig ist die Nachricht, daß bei Ciechanowiec ein Kampf zu unserem Vortheile stattgefunden hat, worin nicht Wenige von Seiten des Feindes geblieben sind. unserer Seite die Adjutanten des Generals Lubienski, Graf Sta— nislaw Krasinski und Mokronowski, schwer verwundet; fie zer⸗

sprengten nämlich mit einer Chasseur-Schwadron der ehemaligen

Garde ein Infanterie⸗Quarree der Russischen Garde; beide sind nach Warschau gebracht worden; ebenfalls hier eingebracht wurde ein in Gefangenschaft gerathener Sappeur-Offizier der Kaiserli— chen Garde. Man spricht auch von einem bedeutenden Treffen bei Tykocin. Die Feinde haben 3 mit Getreide angefüllte Fahr⸗ zeuge auf der Narew verbrannt; einige andere haben die Unsts— gen gerettet. Wir haben auch eine angeblich 400,000 Rubel enthaltende Kriegskasse erbeutet. Es heißt, daß Se. Kaiserl. Hoheit der Cesarewitsch Bialystock verlassen und sich nach Grodno begeben habe.“

Die Warschauer Zeitung sagt: „Seit einigen Tagen haben sich in Warschau Nachrichten von neuen Vortheilen ver— breitet, die unsere Armee zwischen dem Bug und der Narew davongetragen haben soll. Nach der Einnahme von Lomza, heißt es, brachen unsere Truppen, unter Anführung des Gene— ralissimus selbst, nach Tykocin auf, wo sie angeblich die vor ih⸗ nen zurückweichenden Russischen Corps erreichten und sie zu ei— nem für uns sehr vortheilhaften Kampf nöthigten. Eine andere Abtheilung unserer Armer begab sich unter Auführung des Ge— nerals Lubienski von Sierock nach Nur, soll sich bereits in Ciechanowiec befinden und mit einem Corps Russischer Truppen gekämpft haben, in welchem sich unter anderen das Sappeur-Regiment der Kaiserlichen Garde befand. In diesem für uns günstigen Kampf wurden die Adjutanten des Generals Lubienski, Graf Kraäsinski und Mokronowski, ver⸗ wundet. Was die Operationen der Russischen Hauptarmee an⸗ betrifft, die unter den Befehlen des Feldmarschalls Diebitsch selbst steht, so heißt es, daß dieses Corps seine Position bei Siedlee, wo es koncentrit war, am 21. d. in der Nacht verlas⸗ sen, und daß der Feldmarschall Diebitsch eine Abtheilung in die Wojewodschaft Lublin detaschirt, mit seinen übrigen Streitkräf⸗ ten aber sich nach Bialystock gewendet habe. Vor einigen Ta— gen schickte der Feind noch Streifcorps in der Richtung von Minsk aus, die sich aber beim Donner unserer Kanonen sogleich zurück⸗ zogen. Von unserer Seite streiften sodann die Patrouillen bis über den Kostrzyn hinaus, und die Rekognoscirungs-Corps des Generals Uminski, welcher auf unserem rechten Flügel komman⸗ dirt, sollen in Folge jener Bewegungen bereits in Mokohudy seyn. Ueber alle diese Mansver und Ereignisse haben wir jedoch keine amtliche Nachricht. Die Post ist nicht nur aus Lomza, sondern auch aus Stawiski wieder in Warschau angekommen. Vorgestern rückten in Warschau 2 Schwadronen von dem neuen Uhlanen-Regiment der sogenannten „Weichsel-Legion“ ein; der General-Gouverneur musterte sie und wies ihnen ihre Bestim⸗ mung an. Sie bestehen aus lauter jungen Leuten; nächstens sollen die Zte und 4àte Schwadron ihnen nachfolgen. An dem⸗ selben Tage hielt der patriotische Verein eine Sitzung, welcher Joachim Lelewel präsidirte, und worin der Gouverneur der Hauptstadt, General Krukowiecki, zum Mitglied aufgenommen wurde. Auch wurde an diesem Tage, als am Pfingstfest, die neue Kapelle zum heiligen Geist hierselbst eingeweiht.“

In der Polnischen Zeitung heißt es: „Der Prãäsident der National-Regierung, Fürst Czartortzeki, ist ziir Armee abge— gangen, die sich der Litthauischen Gränze schon bedeutend genä— hert hat. Wir wissen nicht, ob seine Anwesenheit daselbst so nöthig seyn sollte.“

Dasselbe Blatt berichtet: „Am 19ten d. M. um 53 Uhr Abends unternahm der Feind bedeutende Rekognoscirungen nach Kalusßhn zu. Das Ite Bataillon des Grenadier-Regiments un—

weise seiner ausdauernden Standhaftigkeit. Mit den Tirailleurs allein, die auf dem Kirchhof und in der Vorstadt standen, hielt es 13 Schwadronen feindlicher Kavallerie, welche von 2 Kanonen unterstützt wurden, zurück und ließ, des Kartätschenfeuers ungeach⸗ tet, den Feind nicht einen Schritt weiter, bis endlich General

Tomicki, der die sämmtliche Avantgarde jenes Corps befehligt,

durch Entwickelung einiger Schwadronen des Iten Chasseur⸗Re⸗ giments und der Augustower und Sandomirschen Kavallerie, so wie zweier Geschütze der reitenden Artillerie, die feindlichen Ko— lonnen zur Umkehr nöthigte.“

Eine andere hiesige Zeitung meldet in einer Nachschrift

zu ihrem heutigen Blatt: „Wir erhalten in diesem Augenblick die ziemlich gewisse Nachricht, daß die Unsrigen am 2lsten Abends Tykoein mit Sturm genommen haben; die Kaiserlichen Garden legten großen Werth auf diese Position und vertheidigten sie bis aufs Aeußersie. Der Oberst Langermann hat sich dabei aus— gezeichnet, indem er sich an der Spitze eines einzigen Bataillons alf den Feind slürzte.“

Hiesige Blätter enthalten eine Uebersicht der militairi⸗ schen Operationen und des jetzigen Zuslandes der Armee; darin heißt es, daß sich gegenwärtig die Poluische Operations⸗Linie, deren Centrum Warschau ist, von Pultusk bis Garwolin exstrecke,

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In demselben wurden von

erde bestehen können. r ber den Garnhandel sey wohl höchst zweckmäßig, aber sie er—

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nd daß die Polnische Hauptarmee 70,000 Mann stark sey; au— serdem organisire sich das geschlagene Corps des Generals Sie— awski von neuem und habe an einigen Punkten das linke

Beichsel⸗-Ufer wieder gewonnen; mit diesem und noch einigen an⸗ leren kleinen Corps, als dem in Zamose stehenden und dem von

öhrzanowski befehligten, betrage die Gesammtmacht der Polen b, 00 Mann, die freiwilligen und 30,000 konskribirte, aber soch nicht bewaffnete, Truppen nicht mit eingerechnet. Ferner ird behauptet, die Polen hätten bis jetzt nicht mehr als 7000 Nann verlocen, von denen vielleicht 3000 gefangen genommen garen; 3000 befänden sich verwundet oder krank in den Lazare— hen; auch seyen nur 4 Kanonen und gar keine Fahne verloren 'gangen; dagegen sollen die Polen 16,900 Gefangene besitzen nd 14 Fahnen, 40 Kanonen und 12,000 Gewehre erobert ha— fen. Von der Festung Praga wird gesagt, daß sie jetzt ganz

mehmbar sey und durch eine Bevölkerung von 150,009 Men—

Ihen vertheidigt werde. Endlich heißt es, daß sich das Corps kes Feldmarschalls Diebitsch jetzt auf 80,000 Mann und das des Fenerals Toll, welches in der Wojewodschaft Lublin steht, auf „000 Mann belaufe. l

Dem Corps der Freischützen, welches sich während des gegen— pärtigen Kampfes organisirt hat, fehlt es an dem Nöthlgsten, n Büchsen; und es werden daher alle Einwohner, welche der— seichen besitzen, im Warschauer Kurier von den Offizieren seses Corps aufgefordert, sie nach Radom, dem Sammelplatz

esselben, ihnen zuzuschicken.

Der Staats-Zeitung zufolge, hat das Kriegsgericht der FJöojewodschaft Masowien, nach erneuerter Inquisition gegen die herson Raphael Ciechocki's und auf der Basis derselben Argu⸗ sente, auf welche der Ausspruch des außerordentlichen Kriegs— serichts von Warschau gestützt war, den Angeklagten ebenfalls r Todesstrafe verurtheilt.

Es ergiebt sich, daß der Verlust an Leuten, den General minski bei der Affaire jzwischen Jendrzejow und Minsk am Iten d. M. erlitten hat, in der That nicht unbedeutend war.

ö

Kassel, Mai. In der Sitzung der Landstände om 20sten d. M. machte Hr. Scholl einen Antrag auf Be— shränkung der Ausfuhr des unverarbeiteten Leinengarns. Er te auseinander, daß, obwohl solche Beschränkungen auf die roduction der rohen Stoffe nachtheilig zu wirken pflegten, die nbeschränkte Ausfuhr derselben doch für die Manufakturisten schst drückend sey. Ueber 1900 Weberstühle ruhten; die Flachs— sreise aber seyen von der Art, daß die Production jedenfalls Die Verordnung vom 28. Sept. 1828

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narte noch immer ihre, höchst nothwendige, allenthalbige Aus— sihrung. Der Absatz des Schockleinens werde hauptsächlich im— ser ein überseeischer bleiben. Hr. Scholl entwarf eine geschicht— sche Uebersicht des Hessischem Leinenhandels der neuern Zeiten, m dem Augenblicke an, da der hohe Eingangszoll, womst Eng—

nd die Schottische und Irländische Fabrtcatlon beschützte, ihm

In ersten empfinölichen Stoß gegeben und die Englischen Han— eelstraktate mit Portugal, die Verbotmaaßregeln Spaniens, die junahme aller Arten von Baumwollen⸗Manufaktur die Krisis des einenhandels zuwege brachten, welcher jedoch nach dem Umsturz der ertes-Regierung in Spanien wieder ein lebhafterer Aufschwung

Rlgte, se daß jährlich für 430,000 Thlr. ausgeführt wurde. T6 brachten die Wiedereinführung eines hohen Einführzolls in

spanien und die Unsicherheit der Südanierikanischen Verhält— ise wieder Stockung zuwege, und der Tauschhandel mit den Festindischen Inseln gegen Kolonial-Waaren-Retouren warf ingen Nutzen ab; 1829 eröffneten sich neue Aussichten. kberhaupt aber sey das Leinengeschäft in Mellungen und Span— nberg niemals suspendirt gewesen; durch technische Vervoll— mnmung, Beaufsichtigung der Fabrication und Erschwerung t Ausfuhr des Garus mittelst einer mäßigen Ausfuhr-Abgabe pärde dasselbe sehr zu fördern seyn. Größere politische Handels⸗ serbindungen würden freilich sicherer zum Ziele führen; daher seinen Antrag nur eventuell stelle, und ihn, wenn Kurhessen shan Preußens oder Baierns Handelssystem anschließen werde, srücknehme. Der Landtags-Kommissar bemerkte, die segierung beabsichtige einen Gesetz-Entwurf hierüber und werde se Erfahrungen der achtbaren Deputirten gern benutzen. s. Wie derhold erklärte sich im Princip gegen den Antrag, eil derselbe Beschränkung verlange, also dem Grundsatz des rien Handels zuwiderlaufe und vielleicht 1000 Weber zum Nach— ztile von 20,000 Spinnern fördern wolle. Der Vortrag ent— lte aber so schätzbare Materialien, daß deren Ueberweisung als sotiz an den Handels-Ausschuß zu wünschen sey. Hr. Duy— ug fand in den vorgetragenen Erwägungen nur einen neuen keleg für die Nothwendigkelt der Anschließüing an das Handels— Ehstem eines solchen Staates, dessen Verbindungen zu Wasser nd zu Lande Absatzwege für so wichtige Zweige der Landes— ndustrie verheißen. Die Vorfrage, ob der Vorschlag erwogen den solle, ward endlich verneint, dagegen der Antrag des fn. Wiederhold, denselben zur Notiz dem Handels-Ausschuß zu erweisen, genehmigt. Hr. Schomburg entwickelte hierauf men Antrag auf Errichtung einer polytechnischen Schule in üssel. Der Landtags-Kommissar sagte, schon seit meh— en Jahren gehe die Staats-Regierung mit diesem Plane um; m werde im Grund-Etat einen Posten dafür aufgeführt fin—

n, und es sey erfreulich für die Regierung, die AÄnsichten so

uchl vorbereitet darauf zu erblicken. Der Antrag ward in Er—

. . hung zu ziehen beschlossen. ter dem Kommando des Majors Lenkiewicz, welches an jenem . h beben trifft hier die Nachricht ein, daß in der Kurhessischen

Hanau, 19. Mai. (Aus dem Schwäbischen Merkur.)

tadt Schmalkalden ein Volks⸗-Auflauf stattgefunden habe. Bei

Fzang der letzten Post ward die Sturmglocke geläutet, was in

nem hierher addressirten Briefe nur flüchtig und mit dem Be— ken angezeigt wird, daß der Einmarsch von Militair dazu die öichste Veranlassung gegeben habe. Weitere Details fehlen noch. Se. K. H. der Kurfürst hat ein ansehnliches Haus in der tadt gekauft, wo in Zukunft Höchstdessen Frau Schwester, die witwete Herzogin von Anhalt-Bernburg, residiren wird, indem 6 Schloß selbst zur Aufnahme unseres Durchlauchtigsten Son— mains für den nächsten Winter eingerichtet werden soll. Karlsruhe, 21. Mai. Das Landtagsblatt beginnt ne Nr. 33, vom 20sten d. M., wie folgt: „Ein Pfingst— seschenk für Badens B ürger. Um allen Bürgern des sroßherzogthums baldmöglichst eine erfreuliche Nachricht mitzu— silen, gehen wir von der bisher beobachteten Ordnung ab und ifen folgende Mittheilungen aus der 24sten und 26sten Sij— ng der zweiten Kammer heraus. In der Zäasten Sitzung der beiten Kammer, vom 16ten d., legte der Finanz-Minister von sickh folgenden Gesetzes-Entwurf vor: „„Nach Anhörung Un— tes Staats-Ministeriums haben Wir beschlossen und verord— n, wie folgt: Leopold von Gottes Gnaden, Großherzog von Faden u. s. w. Der nachstehende Gesetzes-Entwurf soll der

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= vs O801MMs -

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zweiten Kammer Unserer getreuen Stände durch Unseren Finamz— Minister, den Wir mit dessen Begründung und Erörterung be⸗ auftragen, zur Zustimmung vorgelegt werden. Einziger Artikel: Die Straßenbau⸗, Militair- und Gerichts-Frohnden sind vom ersten Juni dieses Jahres an aufgehoben. Gegeben zu Karls— ruhe, in Unserem Großherzoglichen Staats-Meinisterium, den 14. Mai 1831. ,

„Die zweite Kammer beschloß, diesen Gesetz-Entwurf sogleich der Budgets-Kommission zu baldigem Berichte zuzuweisen, und in der 26sten öffentlichen Sitzung vom 18ten d. erstattete der Abgeordnete v. Itzstein darüber einen Bericht, in welchem es heißt: „„Was das Land seit vielen Jahren lebhaft wünschte, was die Kammer von 1819 in ihrer Sitzung vom 2. Juni be— gonnen und jene von 1522, 1835 und 18238 mit gleicher Be— harrrlichkeit wem auch unter verschiedenen Verhältnissen von der hohen Regierung erbeten haben, die Aufhebung der drük— kenden Straßenbau-, Militair- und Gerichtsfrohnden, soll nun auf dem Laudtage von 1831 zur Wirklichkeit werben. Die feier— liche, von dem Volke mit Jubel vernommene, Verheißung des Regenten in der Rede vom Throne ist gelöst, die bisherigen Be— mühungen der Kammern werden wohlthätige Früchte tragen! Nach dem Gesetz- Entwurf und dem einzigen Artikel desselben sollen alle diese Frohnden vom 1. Juni d. J. an aufhören. Sie werden, meine Herren, diesem Gesetze Ihre Zustimmung nicht versagen. Es enthält die Erfüllung Ihrer sehnlichen Wünsche. Es verschwindet mit demselben eine Tast, gegen den Geist der Verfassung ungleich drückend auf Einzelne, am hartesten aber auf den Landmann.““ Nach dem Berichterstatter lie— ßen sich mehrere Abgeordnete vernehmen, die sämmtlich ihren Dank gegen die Regierung aussprachen, wonächst der Gesetzes— Vorschlag einstimmig angenommen wurde.“

Schweiz.

Der in Schaffhausen erscheinende Schweizerische Kor— respondent giebt jetzt über die (in Nr. 144 d. St. Ztg. erwähnten) tumultuarischen Bewegungen mehrerer Gemeinden des Klettgaus gegen die genannte Stadt ausführlichere Nachricht. Derzufolge waren jene Gemeinden mit der für den Kanton in Vorschlag ge— brachten Verfassung unzufrieden und wollten dieselbe gewaltfamer Weise aufheben. Die Tumultuanten waren bereits in ein Stadt— thor eingedrungen, als sie durch den Widerstand der Bürger, wodurch ihnen ein Mann getödtet und Einer schwer verwundet wurde, überrascht, sich zurückzogen. Die von den Bürgern dar— auf ausgesandten Patrouillen brachten mehrere Haufen als Ge⸗ fangene ein, von denen jedoch die als unschuldig befundenen be— reits wieder in ihre Heimat entlassen worden sind. Sämmtliche Bürger haben sich als Stadt-Garde bewaffnet und befanden sich noch am 18ten d. M. unter den Waffen. Inzwischen sandte der Vorort den Bürgermeister des Standes Zürch und den Landammann des Standes Zug als eidgenössische Kommissarien nach Schaffhausen, wo sie unterm 18ten o. eine eindringliche Proclamation an die Einwohner des Kantons erlassen haben.

On ond.

Berlin, 28. Mai. Ueber den ferneren Aufenthalt Sr. K. H. des Prinzen Wilhelm, General-Gouverneurs von Rheinland-Westpha— len, in Münster, berichtet der Westphälische Merkur unterm 23sten d. M.: „Nach Beendigung der großen Parade, welche Se. Königl. Hoheit der Prinz Wilhelm vorgestern Morgens auf der Loddenheide hielten, und bei welcher Sie den Truppen für ihre vortreffliche Haltung den höchsten Beifall zu ertheilen geruh— ten, nahmen die Hohen Herrschaften die Besichtigung der Merk— würdigkeiten unserer Stadt, unseres weltberühmten Friedensaales, der Domkirche, der übrigen Kirchen u. s. w. vor. Eine beson— dere Aufmerksamkeit widmete die liebenswürdige Fürstin dem Klemens-Hospitale, dieser unserer Stadt so sehr zur Ehre gerei— chenden Anstalt, mit deren Vorsteherin sich Ihre Königl. Hoheit auf das herablassendste zu unterhalten und nach allen die Kran— kenpflege betreffenden Details zu erkundigen geruhten. Mittags hatte Se. Königl. Hoheit der Prinz General-Gouverneur eine zahlreiche Gesellschaft zur Tasel bei sich versammelt; nach dersel— ben hatten mehrere Damen die Ehre, Ihrer Königl. Hoh. der Prinzessin vorgestellt zu werden. Abends fand, den Fuͤrstlichen Gästen zu Ehren, eine Beleuchtung statt, so allgemein und glänzend, wie wir sie hier seit einer Reihe von Jahren nicht gesehen haben. Außer dem sehr geschmackvoll dekorirten Rathhause, zeichneten sich mehrere Privathäuser durch ihre sinn— reiche Erleuchtung aus. Der herrliche Sommerabend begün— stigte die Festlichkeit, und in dichten Massen bewegte sich die frohe Menge durch die Straßen, welche von dem laͤutesten Ju— belrufe widerhallten, als die Höchsten Herrschaften die Stadt durchfuhren, um die Illumination in Augenschein zu nehmen. JJ. K. HH. geruhten, mit dem Ihnen eigenen, huldvollen, freundlichen Benehmen, die freudigen Begrüßungen der Be— wohner vielfältig zu erwiedern. Gestern, am Sonntage, wohn— ten die Höchsten Herrschaften dem Gottesdienste in der evange— lischen Kirche bei. Auf den Abend hatte die Stadt JJ. KK. HH. zu Ehre einen Ball pars in dem zu diesem Zwecke überlassenen Saale des gesellschaftlichen Vereins veranflaltet; sowohl die äußere Anordnung, als die glänzende Decoration des Lokals zeichneten denselben alls, mehr aber noch die auf dem—⸗ selben verbreitete allgemeine Heiterkeit. Gegen 9 Uhr erschie— nen die hohen Gäste und wurden von dem Hrn. Oberbürger— meister und seinen Beigeordneten empfangen. Ihre Königl. Hoh. die Prinzessin Wilhelm geruhten, den Ball mit des komman— direnden Generals Frhrn. v. Müffling Excell., Se. Königl. Hoh. der Prinz mit der Frau Oberpräsidentin von Vincke zu eröffnen. Se. Königl. Hoh. der Prinz General-Gouverneur geruhten, noch mehrere Damen, unter anderen die Frau Oberbuͤrgermei⸗ sterin, zum Tanze aufzufordern, und zeigten sich wahrend ihrer Anwesenheit ganz in dem liebeerregenden Bilde, unter dem man sich längst schon die erhabene Persönlichkeit des Königl. Prinzen gedacht hatte. Der Prinz sowohl, als die liebenswürdige Prin— zessin, unterhielten sich mit der größten Leutseligkeit mit Vielen der Anwesenden ohne Unterschied des Standes und zogen sich gegen 11 Uhr zurück, nachdem Sie mehrmals Ihre hohe Zufrie— denheit über die Höchstihnen zu Theil gewordene herzliche Auf— nahme von Seiten der Bewohner Münsters auf das schmeichel— hafteste und gnädigste auszusprechen geruhet hatten. Nachdem JJ. KK. HH. heute Morgen dem Gottesdienste abermals bei⸗ gewohnt hatten, traten Hochdieselben gegen Mittag die Rückreise von hier nach Köln über Arnsberg, woselbst Höchstdieselben zu übernachten gedachten, an, von den Segenswuͤnschen Aller be— gleitet. Nur zu schnell entschwanden die schönen Tage, welche uns die Anwesenheit der Fürstlichen Gäste zu einem immerwäh— renden Feste schuf. Unvergeßlich werden aber den Bewohnern Münsters die vielfachen Beweise Fürstlicher Huld und Herablas⸗— sung seyn, welche den Aufenthalt der erhabenen Fürstenfamilie in unseren Mauern bezeichneten und in Aller Herzen das Be—

dauern rege machten, daß es uns nicht vergönnt ist, gleich dem beglückten Köln, das allgeliebte Fürstenpaar auf längere Zeit in unserer Mitte zu besitzen!“

Auch die Einwohner von Barmen und Hagen haben bei der am 209sten d. erfolgten Durchreise Sr. Königl. Hoheit des Prinzen Wilhelm nebst seiner Durchlauchtigen Familie, ihre Anhänglichkeit und Verehrung für das erhabene Königl. Haus auf eine sprechende Weise zu erkennen gegeben.

Aus Köln meldet man: Seitdem der Rhein, nach ei— ner ziemlich langen Ueberschwemmung, wieder so weit in seine Ufer zurückgetreten ist, daß er befahren werden kann, hat auch die Schifffahrt wieder ein lebhafteres Ansehen gewonnen. Gleich⸗ wohl läßt sich nicht verkennen, daß die Sperrung der Schelde und die verwickelten Verhältnisse zwischen Holland und Belgien den Rhein⸗ handel lähmen und daran Schuld sind, daß die meisten Consignatio— nen, die den Holländischen und Belgischen Häfen zugedacht wa— ren, eine andere Richtung, namentlich nach der Elbe und Weser, nehmen. Während des verflossenen Monats kamen hier zu Berg 58, zu Thal 163 beladene Fahrzeuge an; es fuhren dage— gen zu Berg 110, zus Thal 114 ab. Das Damrfsschiff „Prinzessin Mariane“ ist nach einer gelungenen Probe— fahrt für die Tour von hier nach Mainz und zuräck in Dienst gesetzt worden und fährt jetzt abwechselnd mit den Schif— fen „Friedrich Wilhelm“ und „Concordia“, so daß sich der Mit— telrhein durch die drei besten Strom⸗Dampfboote eines ganz ge— regelten täglichen Dienstes erfreut. Auf dem Niederrhein fährt dagegen, außer dem Güter-Dampfschiffe „die Stadt Köln“, nur zweimal wöchentlich ein Passagierschiff zwischen Rotterdam und hier. Die Dampfschifffahrt auf dem Oberrhein und Main ist dagegen bisher so wenig gediehen, daß die Unternehmer nicht einmal den Versuch machen wollen, ob nicht vielleicht eine grö— ßere Ausdehnung des Dienstes, nämlich bis Kehl, anstatt wie bisher nur bis Mannheim, ergiebiger ausfallen möchte. In der letzten General-Versammlung dieser Gesellschaft ist nun be— schlossen worden, das ganze Geschäft oder auch nur das beweg— liche und unbewegliche Vermögen baldmöglichst zu verkaufen. Dem Vernehmen nach soll die hiesige Gesellschaft, von dem Grundsatze ausgehend, daß die Erhaltung der Dampfschifffahrt auf dem Oberrhein und dem Main dem Gedeihen derselben auf dem Mittelrhein nur förderlich seyn könne, nicht abgeneigt seyn, jenes Geschäft für eigene Rechnung zu übernehmen.

Als unlängst in der Nähe von Burgbrohl, im Kreise Mayen (Reg. Bez. Koblenz), auf einer Wlese nach einer koh⸗ lensauren Quelle gegraben wurde, fand man verschiedene Gegen— stände, welche es höchst wahrscheinlich machen, daß einst an die— ser Stelle eine Römische Niederlassung gewesen ist. Als man nämlich eine 3 Fuß tiefe Schicht von Eisen-Ocher durchgraben hatte, kam man auf ein 4 Fuß hohes Betten-Lager, in welchem sich Blöcke von Grauwacken verschiedener Größe und Basalt be⸗ fanden. In diesem Betten-Lager grub man Bruchstücke eines irdenen Gefäßes (wahrscheinlich einer Urne) aus, welche an Form und Stoff unbestreitbar den Römischen Ursprung nachwiesen. Ferner fand man eine 4 Zoll lange Scheere, von der Form, wie sie jetzt noch zum Scheeren der Schaafe gebraucht werden. Bei weiterem Nachgraben stieß man auf eine Menge Römischer Deck⸗ Ziegelsteine, wie man sie in dieser Provinz an mehreren Römi— schen Niederlassungen gefunden hat. Endlich fand man unter diesen Ziegeln Bruchstücke behauener Tufsteine, welche zum Theil noch wohl erhaltene Gesimse hatten. Von Münzen sand man nur eine kupferne, in der Größe eines 4Pfennigstückes, die aber von dem Kohlensauergas so zerfressen war, daß man nur noch einen Theil eines Kopfes darauf erkennen konnte. Ob das Ganze ein Grabmal oder eine Quellen-Einfassung und ein Bad bildete, ist nicht zu ermitteln gewesen. Merkwürdig aber ist es, daß die beschriebenen Ueberreste unter einer 3 Fuß hohen Schicht von Ocher lagen, welche daher wahrscheinlich, als Absatz aus den Mineral⸗Quellen, in eine spätere Zeit fällt.

Die Königsberger Zeitung enthält folgende Be⸗ kanntmachung:

„Zur Verhütung des Eindringens der Cholera ist nunmehr auch an der Kurländischen Gränze gegen Russisch-Litthauen ein Militair-Cordon gezogen, der über Kalwen, Szegarren, Schoden, Rudzan, Dorbien bis Schillingen läuft. In Mitau selbst sind zwei Lazarethe für Cholera-Krauke, eines auf Kosten der Krone, eines auf Kosten der Stadt angelegt, und ein Gesundheits-Co— mité zur Beaufsichtigung aller Sanitäts- Angelegenheiten zusam— mengetreten. Diese Vorsichts-Maaßregeln, verbunden mit den diesseits getroffenen Vorkehrungen, haben die Besorgniß einer etwanigen Einschleppung der Krankheit in die Ostsee hafen besei⸗ tigt, und ist hiernach die gefahrlose Verbindung zwischen Preußen und St. Petersburg gesichert. Ueber etwanige weitere Verbreitung der in Augustowo ausgebrochenen Cholera sind keine Nachrichten eingegan⸗ gen, und das Gerücht vom Ausbruch dieser Krankheit in Szezuczyn hat sich nicht bestätigt. Auch füge ich nachstehend noch einen Auszug aus dem Bericht eines aus Polen zurückge— kehrten Arztes hier bei: Das Contagium der Cholera morbus scheint ganz vorzüglich da ein günstiges Feld für seine Verbrei— tung zu finden, wo eine Anhäufung von Menschen, unter sonst ihrer Gesundheit im Allgemeinen ungünstigen Verhältnissen, statt— findet, wie dies in Feldlägern, Gefangnissen, Lazarethen, bei Ueberfüllung kleiner, eng und schlecht gebauter Stadte und Dörfer mit Truppen, zur Zeit des Krieges, der Fall ist. Daß fade vegetabilische Nahrungsmittel, namentlich von schlechter Qualität, der Mißbrauch geistiger, der Genuß gährender Ge— tränke, körperliche und geistige Anstrengungen, Furcht, Kummer, Sorgen u. s. w., plötzlicher Wechsel der Temperatur und Witte⸗ rung, Erkältungen, namentlich des Unterleibes und der Füße, Aufenthalt in niedrigen sumpfigen Gegenden, die Pradis⸗ position für diese Krankheit erhöhen können, ist gewiß. Immer aber wird die Luftverderbniß, die unter den oben ange— gebe Umständen entsteht, ganz vorzüglich, wie bei jeder an⸗ deren contagiosen Krankheit, dazu beitragen, das Contagium schnell auf die gesunden Menschen zu übertragen, die unter den erwähnten Verhaltnissen leben und auf die eine oder die andere Weise für dasselbe empfänglich geworden sind. Eine Frau in Tuczyn hatte einen nicht gereinigten Brief aus Nowo Tscherkosk, welcher heimlich die Barrieren passirt hatte, erhalten und diesen mehrere Tage auf der bloßen Brust getragen. Sie wurde fünf Tage darauf von der Cholera befallen.

Königsberg, den 23. Mai 1831.

Der Ober-Prasident von Preußen, v. Schön.“

Nachrichten aus Warschau zufolge, hofft man daselbst, von der Cholera bald gänzlich befreit zu seyn. Am 18ten soll, nachdem Tages zuvor nur g Personen davon befallen worden, die Zahl der Cholera-Kranken in der Stadt auf kaum 60 abgeschätzt worden und am 19ten mir eine Person hinzugekommen seyn. Späteren und unzweifelhaften Nachrichten zufolge, war aber der Krankheits-Zustand am 21. Mai 107 Kranke, wovon 5 starben, und am 22. Mai 106 Kranke, wovon starben.

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