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Unter dem Titel „Simple voen' ist hier seit einigen Tagen eine Broschüre im Umlauf, welche ein äußerst heftiges Manifest gegen die jetzige Ordnung der Dinge und die Aufforderung zum Umsturze der Regierung Ludwig Philipps und zur Rückberufung Heinrichs V. enthält. n
Die hiesige Gazette medicale brachte neulich von dem nach Warschau gesandten Dr. Legallois eine Skizze von der ei⸗ genthümlichen Sperations-Methode des Dr. Dieffenbach, dirigi⸗ renden Wundarztes an dem Berliner Charité-Krankenhause.
Großbritanien und Irland.
Parlaments-Verhandlungen. Unterhaus. Siz— zung vom 19. Juli. (Nachtrag.) Capitain Gordon über⸗ reichte eine aus Glasgow kommende Bittschrift von 28 Geistli⸗ chen und 111 Kirchen-Vorstehern der Kirche von Schottland, die darum nachsuchten, daß dem katholischen Kollegium von May⸗ nooth keine Geld- Unterstützung mehr bewilligt werden möge. Hr. D' Eonnell fragte sogleich; „Will das ehrenwerthe Mit— glied dafür einstehen, daß die Bittschrift in anständigen Lus— drücken abgefaßt seyJ Ich frage dies, weil ein edler Lord vor ei— nigen Tagen eine ahnliche Bittschrift überreichte, die so voller Unanständigkeiten gegen die katholische Religion war, daß dem unmöglich länger rühig zugesehen werden kann.“ Capitain Gor— don erwiederte, er billige nicht allein die Fassung der Bittschrift, sondern auch jede Gesinnung, die sie ausspreche, und willige gern darein, daß ihr Inhalt dem Hause vollständig mitgetheilt werde. „Ich bin recht wohl überzeugt, entgegnete darauf Hr. O Con— nell, daß das ehrenwerthe Mitglied alle diejenigen Gesinnun⸗
gen gut heißt, die den Ritus der katholischen Kirche herabsetzen.“ . er Sprecher rief hier den Redner zur Ordnung. — „Ich wüßte nicht“, setzte dieser hinzu, „wodurch ich die Ordnung ver— letzt haben könnte, doch sollte ich es gethan haben, so geschah es unabfichtlich. — Die Bittschrift wurde nun ihrer ganzen Länge nach vorgelesen und schien allgemeinen Unwillen zu erre⸗ gen. Die katholische Religion wurde darin als Götzendienerei dargestellt; sie sey, wurde hinzugefügt, dem Prinzipe nach eben so verwerflich, als dem Resultate nach gefährlich und sammt den Königreichen, von denen sie unterstützt werde, von Gott dem Untergange geweiht; deshalb müsse jede Bewilli⸗ gung von Staatsgeldern zur Verbreitung ihrer Irrthümer die nachtheiligsten Folgen für die Sicherheit, Ehre und Wohlfahrt des Britischen Reiches haben. Als Capitain Gordon darauf antrug, daß diese Bittschrift auf die Tafel des Hauses gelegt werde, erschallte ein lautes „Nein!“ durch das Haus. Herr C. Fergusson erhob sich zunächst und meinte, er könne dem Un⸗ willen, den diese Bittschrift in ihm erregt, nicht Worte genug geben; er sehe sie als eine direkte Beleidigung aller Mitglieder desjenigen Parlamentes an, das den Katholiken gleiche bürger⸗ liche Rechte mit den Protestanten bewilligt habe. Ganz beson— ders verdamme er das Wort „goötzendienerisch“, auf eine Reli— gion angewandt, die von mehr als der Hälfte aller Europäischen Staaten für heilig geachtet werde. Er habe nie geglaubt, daß die Kirche von Schottland auch nur Einen Geistlichen zähle, der die Pflicht der christlichen Liebe so weit außer Augen setzen könne, daß er eine solche Bittschrift unterzeichne. Ihm, als Schotten, müsse es um so mehr leid thun, daß ein solcher Fall stattsinde, und er glaube, daß das Mitglied für Dundalk C(Capitain Gordon) mit Ueberreichung der Bittschrift beauftragt wor— den, weil die Bittsteller keinen einzigen Vertreter von Schottland hätten finden können, der es übernehmen wollte, ihre Petition nicht bloß zu überreichen, sondern auch noch mit Worten zu be— gleiten, welche Schmähungen gegen die katholische Religion ent— hielten. Lord Milton theilte den Unwillen des eben vernom— menen Redners und fügte hinzu: „Die Bittsteller sagen, daß die katholische Religion sammt den Königreichen, von welchen sie unterstützt werde, von Gott dem Untergange geweiht sey; wie können jedoch so gebrechliche und unwissende Wesen — ich will nicht sagen, wie die Bittsteller (man lacht), sondern wie die Menschen überhaupt — und wie kann das ehrenwerthe Mit— glied für Dundalk von den künftigen Rathschlüssen der unend⸗ lichen und allmächtigen Weisheit etwas wissen? Ich bin gewiß, wenn man den Ausdruck gebrauchen darf, ein Ultra⸗Protestant; da ich jedoch weiß, wie gering die Urtheilskraft des Menschen ist, so blicke ich mit Nachsicht auf dasjenige, was ich für die irrige, aber gewissenhafte Meinung derjenigen halte, die nicht e i— ner Religion mit mir sind. Leider müssen wir oft bemerken, daß die Menschen gerade genug Religion besitzen, um einander zu hassen; besser wäre es in der That, sie hätten nur so viel Re— ligion, um sich gegenseitig zu lehren, wie man einander lieben müsse.“ Sir Rob. Inglis nahm sich der Bittschrift an, und meinte, daß die Worte derselben, gegen die ein so großes Geschrei erhoben werde, aus dem Eide entlehnt seyen, den 658 Mitglieder noch bis vor zwei Jahren heschworen hätten. Herr O Connell stellte die Frage sest, um die es sich eigentlich handle. „Ist“, sagte er, „die Blttschrift in Aus— drücken abgefaßt, welche die dem Haufe schuldige Achtung nicht verletzen?“ Da, fügte er hinzu, mehrere Mitglieder des Hauses katholischer Religion seyen, so werde mit der Achtung gegen sie auch die gegen das ganze Haus verletzt, wenn gesagt werde, daß ihre Religion götzendienerisch sey. Der Glaube, der hier gelä— stert werde, sey der eines Drittels der ganzen Britischen Be— völkerung, und wer ein Drittel aller Konstituenten des Hauses beleidige, der trete diesem selbst zu nahe. Herr Hume sagte, daß, wenn er katholisch wäre, die in der Bütschrift enthaltenen Ausdrücke ihm nicht Unwillen, sondern mir Mitleid und Be—
dauern darüber erregen würden, daß in einem aufgeklärten Lande, wie Schottland, so viele fromme Männer gefunden werden, die so unwissend und vorurtheilsvoll seyen. Da Herr Dickson darauf angetragen hatte, daß das Haus die Bittschrift gar nicht
annehmen und darüber abstimmen möge, so bemerkte Lord Alr— horp, daß er gewiß die in der Bittschrift gebrauchten Ausdrücke mißbillige, allem er halte doch dafür, daß man das Petitions— Recht so wenig als möglich beschränken dürfe, daher er dafür sey, daß die Bittschrift auf die Tafel des Hauses gelegt werde, jedoch würde er sich gegen den Druck derselben erklären. Dem— gemäß wurde die Petition auch auf die Tafel gelegt; da sich je— doch Capitain Gordon nicht damit begnügte und auch auf den Druck antrug, so entspann sich eine neue Debatte, bei der auch Sir Rob. Peel als Gegner des Antragstellers auftrat, wonächst der Antrag ohne weitere Abstimniung verworfen wurde. — Auf den Antrag des Herrn O' Connel, der von dem General-Se⸗ eretair für Irland, Herrn Stanley, unterstützt wurde, ertheilte das Haus dem Ersteren die Erlaubniß, eine Bill zur Konsolidi⸗ rung der Irländischen Jury⸗Gesetze einbringen zu dürfen, wo⸗ durch dieselben übereinstimmender mit den Englischen gemacht werden sollen. — Herr Dick son lenkte die Aufmerksamkeit des Hauses auf die Ansprüche, welche Britische Kaufleute an Brasilien zu machen hatten, und zwar in Folge der durch ein Brasilianisches Geschwader, welches im Jahre 1827 den Plata⸗ Strom blokirte, geschehenen Wegnahme mehrerer Britischen
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Fahrzeuge, Herr D. trug auf Vorlegung der auf dieses Ereig⸗ niß Bezug habenden Paplere an, worein jedoch Lord Althorp nicht willigte, weil in diesem Augenblicke Unterhandlungen über den Gegenstand gepflogen werden. Herr D. nahm demzufolge seinen Antrag zurück. ;
— Unterhaus. Sitzung vom 20. Juli. Nachdem eine Bittschrift des Burgfleckens Cockermouth gegen dessen Auf— nahme in die Liste B und eine andere von Neweastle am Tyne gegen die Wahlrechts-Entziehung dortiger Wähler mitgetheilt worden war, zeigte Lord Althorp an, daß es seine Absicht sey, heute darauf anzutragen, daß an denjenigen Tagen, an welchen der Ausschuß über die Reform⸗-Bill anberaumt sey, die⸗ ser den Vorgang vor allen anderen Fragen und selbst vor den Bittschriften haben möge. Hr. Wyen, der auf die dritte Le— sung der Bill antrug, welche die Eide betrifft, die von den Mitgliedern des Uuterhauses vor dem Lord Steward zu leisten sind, wurde von Lord Althorp ersucht, der Reform⸗-Frage den Vorgang zu lassen, bestand jedoch auf sein Recht und setzte es durch, daß die Bill zum dritten Male gelesen und mit einer Majorität von 73 gegen 26 Stimmen genehmigt wurde. — Das Haus ging nun wieder in den Ausschuß über die Reform-Bill über. An der Reihe war zunächst der Burgflecken Groß-Bedwin, dessen Aufnahme in die Liste A, so wie die der Burgflecken Beevalston, Bischops— Castle, Bletchingly, Boroughbridge, Bossiney, Brackley, Bram— ber, Callington Camelford, Castle⸗Rising und Corfe⸗Castle, nach einigen Debatten und Protestationen genehmigt wurde. Als die Reihe an den Burgflecken Boroughbridge kam, den bekanntlich Sir Ch. Wetherell vertritt, erhob sich ein allgemeines Geläch—⸗ ter. Sir Charles lehnte es jedoch ab, als Vertheidiger von Bo— roughbridge aufzutreten und meinte, daß, da er Bletchingy für Lord Palmerston vertheidigt habe, der für den letztgenannten Burgflecken erwählt wurde und sich heute zum erstenmale in die⸗ ser Session im Unterhause befand, der Lord sich nun revanchiren und der Sache von Boroughbridge sich annehmen möge; Lord Palmerston machte jedoch von dieser Einladung keinen Grbrauch. Ils an den Ort Bramber die Reihe war, wollte Sir Char— les Wetherell auf Vertagung antragen, weil so viele Burg⸗ flecken schon erschlagen dalägen und man sich doch Zeit nehmen müsse, die Todten zu begraben; Lord Althorp wünschte jedoch noch einige andere Burgflecken beseitigt, und so kam man bis zu dem Orte Downton, über den am nächsten Tage eine besondere Diskussion stattfinden sollte.
— Unterhaus. Sitzung vom 21. Juli. Lord Althorp machte den gestern angekündigten Antrag in Bezug auf eine mehr zu beschleunigende Diskussion der Reform-Bill, wonach das Haus an jedem Sitzungs-Tage die Zeit von 4 Uhr Nach⸗ mittags bis 12 Uhr Nachts diesem Gegenstande widmen sollte. Nach einigem Hin- und Herreden darüber, sah er sich veranlaßt, die Zeit des Beginns der jedesmaligen Diskussion für die fünfte Stunde festzusetzen. Eine lange Debatte fand nun über einen Antrag des Obersten Evans auf Vorlegung der das Benehmen eines Mitgliedes, Hrn. Bingham Baring, in seiner Eigenschaft als Friedensrichter, betreffenden Papiere statt; doch gewährte die Debatte kein Resultat. — Im Ausschusse des Hauses wurde nun genehmigt, daß Dowuton auf die Liste A gebracht werde, jedoch nur mit einer geringen Majorität, indem 274 für und 244 Stmimen gegen die Minister waren. Di: Wahlrechts⸗ Entziehung von Eye, Fowey, Gatton und Haslemere wurde ohne Abstimmung genehmigt.
London, 22. Juli. Se. Majestät kamen vorgestern von
Windsor nach dem St, Jamegs-Pallaste und hielten dort ein gro— ßes Lever, dem eine feierliche Verleihung des militairischen Bath⸗
Ordens voranging, bei welcher Gelegenheit Sir John Byng da⸗
mit bekleidet wurde.
Der Graf von Munster ist an die Stelle des kürzlich ver— storbenen General Loftus zum Statthalter des Towers ernannt worden.
Am 19ten d. fand in Windsor ein glänzender Kinder-Ball statt, den Ihre Majestäten hatten veranstalten lassen und mit Höchstihrer Gegenwart beehrten.
Fürst Talleyrand giebt heute dem Herzoge von Braganza, Dom Pedro, ein großes Diner, zu welchem alle Mitglieder des diplomatischen Corps Einladungen erhalten haben.
Nachdem unsere Minister gestern einen dreistündigen Kabi— netsrath gehalten, hatten die Gesandten Oesterreichs, Frank⸗ reichs, Preußens und Rußlands eine Konferenz mit Lord Pal— merston im auswärtigen Amt.
Im Courier liest man: „Das Gerücht, daß der Graf Pozzo di Borgo von Paris mit einem besondern Auftrage nach England abgereist sey, hinsichtlich dessen vielerlei Konjekturen in Umlauf waren, hat fich nicht bestätigt; Se. Excellenz wird von der Russischen Gesandtschaft in London durchaus nicht er— wartet.“
Graf Jelski, Präsident der Polnischen Bank, ist vor eini— gen Tagen hier angekommen.
— — London, 22. Juli. Prinz Leopold hat, wie man es von ihm erwartet hatte, sowohl sein Regiment, das er in England inne hatte, als seine Appanage von 50,000 Pfd. auf— gegeben; doch hat er es mit der letzteren so eingerichtet, daß er dieselbe, falls er der Krone von Belgien wieder entsagen müßte, aufs neue beziehen könnte. Denn er läßt sie fortwährend von Bevollmächtigten empfangen, welche, nachdem die Unterhaltung von Claremont-Haus und gewisse von seiner verewigten Gemah⸗ lin gegebene Pensionen daraus bestritten sind, den Ueberschuß an den Staatsschatz zurückzubezahlen haben. Das Englische Publi⸗ kum ist also auf jeden Fall mit seiner Erhebung auf den Nie— derländischen Thron zufrieden, und wenn es ihm gelingen sollte, alle noch bestehenden Streitigkeiten zwischen seinem Lande und Holland zu heben, und den Ausbruch von Feindseligkeiten zu ver⸗ hindern, so wird man unserem Minssterium doppelt dafür dan⸗ ken müssen. Manche unserer Tories wollen freilich behaupten, daß, weun der Herzog von Wellington am Ruder geblieben wäre, Belgien auch ohne einen Krieg wieder unter die Herrschaft des Königs von Holland zurückgekehrt seyn würde, besonders weil Frankreich am Ende des vorigen Jahres noch nicht zu einem of— fensiven Krieg bereit gewesen wäre. Dieses aber bleibt noch im— mer problematisch, und nach einigen Umständen schließend, möch⸗ te mau im Gegentheil behaupten können, daß der Herzog schon einen Monat vor seinem Austritt jene Hoffnung aufgegeben habe. — Die Reformbill geht einen langsamen Gang fort; denn ob— gleich alle Versuche der Opposttion, die Annahme der ersten Clau— sel, welche allen Ortschaften, die im Jahre 1821 nicht 2000 Ein⸗ wohner besessen, die beiden Vertreter entzieht, zu verhindern, durch eine gh Mehrheit vereitelt worden sind, so weiß sie doch noch jeden Abend durch besondere Einwendungen gegen die Aus— schließung einzelner Orte Zögerungen zu bewirken. Indessen hat man doch bereits über 20 solcher Orte (aus 57) entschieden, so daß man sich schmeichelt, etwa kommenden Montag oder Dien⸗ stag über 16 Tage mit der Englischen Reformbill im Unterhause
fertig zu werden; besonders da man gestern Abend dahin übt eingekommen ist, daß, mit Ausnahme von außerordentliche Fällen, die Reformbill vor allen anderen Geschäften, selbst Bin
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ölesen; das Bureau nahm Platz, und die Mitglieder des gongresses setzten sich in die Gallerie, links und rechts vom rone. Der Kongreß und der Herr Regent wurden mit Bei—
schriften, den Vorgang haben solle, . man jeden Abend n salkatschen und Vivats empfangen. — Der König hatte das
5 Uhr damit anfangen und derselben 7 bis 8 Stunden widmen und sich überdies auch Sonnabends um Mittag versammeln woll um Bittschriften einzureichen. Der Schatz-Minister (Lord thorp) wünschte Anfangs diese Einrichtung imperativ zu machen aber auf die Einrede mehrerer Herren von der Opposition he gnügte er sich mit der gegenseitigen Zustimmung. Hinsichtlsg der gestrigen Parlaments-Verhandlungen ist die sehr lange Erssß rung über das Betragen eines Hrn. B. Baring bemerken wen welcher ein Mitglied des Hauses ist, und vor wenigen Tagen; einer Entschädigung von 50 Pfd. verurtheilt worden ist, inde er bei der Verhaftung eines Ehepaars, welches beschuldigt wa bei den neulichen Unruhen in Hampshire, das Volk aufgetej und geleitet zu haben, und der er als Friedensrichter beiwohnn eine ungebührliche Härte und Grausamkeit, besonders gegen) Frau, verübt zu haben. Nach allen Umständen zu schließen, wa ren die Angaben falsch, und da man diejenigen, die er hätte al Zeugen für seine Unschuld vorbringen können, mit in die Am klage einschloß, so blieb ihm kein Mittel, seine Unschuld zu he weisen. Die Sache wird ohne Zweifel zu weiterer gerichtlich Untersuchung kommen; aber so weit sie gegangen ist, zeigt si wie sehr in diesem Lande die Formen der Rechtspflege als Mi tel zur Unterdrückung gebraucht werden können. Das Schlimmsf für Herrn Baring war, daß fast alle Zeitungen gegen ihn we ren, so daß, wenn er nicht als Parlaments⸗Mitglied Mittel gefundtn hätte, sich vorläufig zu rechtfertigen, er vielleicht mehrere M nate lang den Schimpf tragen müssen, ein Frauenzimmer duh den Koth geschleppt und ihren gefesselten Mann geschlagen n haben.
Niederlande.
Aus dem Haag, 22. Juli. Se. Majestät der Köm und Se. Königl. Hoheit' der Prinz von Oranien sind heute va hier über Rotterdam zur Armee abgereist. In letztgenannten Orte sind die Allerhöchsten Herrschaften von dem ungemessenst Jubel des versammelten Volkes begrüßt worden.
Folgendes ist das Schreiben der Londoner Konferenz an de Niederländischen Minister der auswärtigen Angelegenheiten he Uebersendung der bekannten Präliminar⸗-Artikel: „Mein Hen Baron! Es ist der Herr Baron von Wessenberg, den wir benns⸗ tragt haben, Ew. Excellenz das Gegenwärtige zu überreichen. In eine äußerst schwierige Lage versetzt und beseelt von dem Wunsche, den Ew. Excellenz unbezweifelt nach Werth schäßzen werden, die Unterhandlungen, mit denen wir beschäftigt sind, w einem Ende zu bringen, ohne den Frieden von Europa in de Waagschale zu legen, haben wir beschlossen, noch den Versuch in machen, ob nicht eine neue Reihe von Vorschlägen in den An= gelegenheiten Belgiens einen gegenseitigen Vertrag sollt zu Stande bringen können, der das Ziel unserer Sct— gen und Wünsche ausmacht. Die Gründe, die uns bewogen haben, diese Vorschläge zu machen und dem Könige vort zulegen, sind in unseren Augen von so großem Gewichte, daß es uns unumgänglich schien, sie durch Einen von uns Sr. Mu jestät und deren Ministerium entwickeln zu lassen. Unsere Wall ist auf Herrn von Wessenberg gefallen, und zwar wegen der Gt neigtheit, mit der der König ihn beehrt, und wir würden ums gegen Ew. Excellenz wahrhaft verpflichtet erachten, wenn se ihm die Gelegenheit verschaffen wollten, Sr. Majestät die wich tigen Gründe auseinander zu setzen, denen wir nachgegeben um deren Erwägung der König, wie wir hoffen, in semer Gerech⸗ tigkeit, seiner Weisheit und seiner Freundschaft für die Mächt nicht verweigern wird, deren Augenmerk es ist, so viel als von ihnen abhängt, seine Rechte und Interessen mit der Erhaltum des allgemeinen Friedens in Uebereinstimmung zu bringen. Wh benutzen diese Gelegenheit, um Ihnen, Herr Baron, die Ver sicherung unserer hohen Achtung zu ertheilen.
London, 17. Juni 1831.
(Gez.) Esterhozy; Wessenberg. Talleyrand. Palmen ? ston. Bülow. Liewen; Matuszewicz.
Das Rotterdamer Nieuwsblad beginnt seine heutig Nummer mit folgendem Artikel: „Es lebe der König! Et Majestät sind den 18 Artikeln nicht beigetreten. Der König hat dadurch seine Würde und die des treuen Holländischen Volkes behauptet. Er hat aufs neue gezeigt, daß er seiner erlauchten Vorfahren würdig sey. Das ganze Holländische Volk dan dem Könige für die männliche Antwort, die er der Konfeten ertheilte. Se. Majestät reisen zur Armee ab, wo hunderttan— send Herzen ihm mit begeisterter Liebe schlagen. Es sind gra Ereignisse im Werden; Oranien und Niederland sind snn⸗ ger verbunden, als je. Es lebe der König!“
Brüssel, 21. Juli. Vom frühen Morgen an strömte ein ungeheure Menschenmenge in den Straßen, durch welche der In kommen mußte. Alle Häuser waren mit Fahnen, Guirlanden und grünen Zweigen geschmückt. Die Neugierigen drängten sth besonders nach der Place Royale. Dort hatte man vor der . che „St. Jacques von Caudenberg“ eine Gallerie von zierlicht und leichter Bauart errichtet; in der Mitte derselben erhob shh der Königliche Thron. Längs der Einfassung der Gallerie waten Felder angebracht, welche die Namen „Brüssel“, „Lüttich“ „St. Walburge“, „Berchem“, „Walhem“, „Lierre“, „Na mur“, „Löwen“, „Venloo“ trugen. Diese Felder waren mit Waffen oder mit der Blouse verziert. Auf der Lehne des Thtonß las man die Worte: „Eintracht giebt Kraft.“ — Schon sth 8 Uhr Morgens war eine unermeßliche Menge von Zuschauem auf den Estraden, welche für die vom Kongresse eingeladenen Personen reservirt waren. Alle Fenster und Thüren der Häbstt auf der Place Royale waren mit geputzten Damen besetzt. Zhi schen 10 und 11 Uhr kamen nach und nach der obere Gerichtes hof von Brüsfel, der Nechnungs-Hof, der Militair-Gerichtshef, das Civil-Tribunal, die Generäl⸗-Administratoren, die Civil⸗Golt verneure, die Deputationen der Staaten und die Provinzial-⸗Gouptt— neure an und setzten sich links und rechts von der Treppe unter den Plätzen, welche für die Mitglieder des Kongresses eingerichtet waren, Der Kongreß, welcher sich um 10 Uhr im National⸗-Palast versammel hatte, schickte eine Deputation nach dem Schlosse Laeken, im den König zu begleiten, und um 11 Uhr ging eine andere De, putation dem Regenten bis an die Stufen der großen Treppe entgegen. Der Regent trat in den Saal, begleitet von de Ministern und seinen Adjutanten; er wurde mit lebhaften und anhaltenden Beifalls⸗Bezeigungen empfangen und war derm;
ßen davon ergriffen, daß er kaum einige Worte des Dankes her J vorbringen konnte. Um 12 Uhr verkuͤndigte auf der Place Ro
hale eine Abtheilung Lanciers die Ankunft des Kongresses 1 des Herrn Regenten. Vor dem Throne standen fünf relch verziet
Lehnstühle, welche für den Präsidenten des Kongresses, den Kü. n
nig, den Regenten und für die Vice-Präsidenten des Kongress⸗ bestimmt waren. Den Herren Secretairen wurden Stühle am=
loß Laeken um 11 Uhr verlassen; er wurde in St. Jean hon Molenbeck empfangen, wo man ihm den Ehren⸗Wein Üüber⸗ fichte. Am Laekener Thore hatten der Bürgermeister, der Ma— sfrat und die Municipalität der Stadt Bruͤssel den König be⸗ zilßt, und der Zug bewegte sich langsam durch die Menge, welche shgierig war, ihren König zu sehen. Die Bürgergarde und die Linien⸗ Fegimienter bildeten ein Spalier vom Laekener Thore bis nach Et Place Royale. Um 17 Uhr kam die Spitze des Zuges auf zem Platze an, und zwar in folgender Ordnung: die Gendarme— e zu Pferde, die Lanciers, die Kürassiere, die Bürgergarde zu ferde, die freiwilligen Jäger, die im September Verstümmel⸗ mn, die Pompiers, die Municipalität, der Generalstab der Ar⸗ fue und der Bürgergarde; diese verschiedenen Corps stellten sich por der Gallerie rechts und links von der Treppe. Hierauf kam ke Deputation des Kongresses und endlich der König zu Pferde der Uniform eines Belgischen Generals. Bei seinem Anblick fach die Menge in die ungestümsten Beifalls-Bezeugungen aus; bon allen Seiten ertönte der Ruf: Es lebe der König! Der Jubel war so einstimmig, so herzlich und kräftig, daß es schwer shn würde, denselben genügend zu schildern. Der König schien mt diesem Empfang ausnehmend zufrieden zu seyn, er grüßte ze Zuschauer mehreremale und stieg bei der Treppe vom Pferde, po eine Deputation des Kongresses ihn empfing. Oben auf der sreppe angelangt, wo ihn der Regent und das Bureau erwarte⸗ ien, begrüßte der König den Regenten mit einem freundschaftli— then Lächeln und begrüßte ebenfalls die Mitglieder des Bureaus ind den Kongreß. Man bemerkte, daß er dem Vice⸗Präsi— anten Herrn Destouvelles die Hand drückte. Der Prä— sdent des Kongresses, Herr v. Gerlache, nahm auf dem Ihnstuhl Platz, nachdem er den König und den Regenten ein⸗ Fladen hatte, sich zu seiner Rechten niederzulassen. — Der Kö— nig hatte zu seiner Rechten den Herrn Regenten, Herrn Rai— m und die Herren Liedts und Ch. v. Brouckere; zur Linken herrn von Gerlache, Herrn Destouvelles und die Herren Vi⸗ n XIIIl. und Nothomb. Hinter dem Könige befanden sich herschiedene Generale und Minister. Der Präsident gab ein Zei⸗ hen mit der Hand, um der Menge, welche bisher ununterbrochen zeubelt hatte, Stillschweigen aufzuerlegen. Er wendete sich dar— uf an den König und sagte: „Sire, wir sind hier versammelt, um den Eid entgegen zu nehmen, welchen die Constitution vor— shreibt. Zuvörderst aber werde ich dem Herrn Regenten das Port ertheilen, welcher seine Vollmachten in die Hände des Kon— zteses zurückgeben wird. Der Regent erhob sich darauf und hit, gegen den König gerichtet, folgende Rede:
„Meine Herren! Durch Ihr Dekret vom 24. Febr. und dem Ffen Artikel der Constitution gemaͤß, haben Sie mir die Ehre er⸗ it, mich zum Regenten von Belgien zu ernennen; am Zösten lei⸗ 1 ich im Schooße des Kongresses auf eine feierliche Weise den
zuch den Artikel 20 unseres gesellschaftlichen Vertrages vorgeschrie⸗
könen Eid. Meine erste Sorge war, das Ministerium zusammenzusez⸗ . Ich berief dazu dieselben Buͤrger, denen die provisorische Regierung kit verschiedenen Zweige der allgemeinen Verwaltung anvertraut hätte. Dadurch, daß ich diejenigen Maͤnner in ihren hohen Aem— tern bestaͤtigte, welche so maͤchtig dazu beigetragen hatten, unsere Freiheit zu erobern und zu , re, wollte ich der Nation das pte Pfand meiner vollkommenen Billigung der Grundsaͤtze unserer scvolution und meines festen Willens geben, daß das Volk in den zenuß aller ihrer Folgen treten solle. — Ich ließ der Franzoͤsischen nd Englischen Regierung Ihr Dekret vom 24. Februar notisiciren, durch ich zum Regenten Belgiens ernannt wurde; auch ließ ich i Belgischen Agenten bei diesen Hofen Beglaubigungs-Schreiben ter dem Titel ünd Rang bevollmaͤchtigter Minister aushaͤndigen. Nie Franzoͤsische Regierung nahm keinen Anstand, unseren Gesand⸗ tn zuzulassen, welcher augenblicklich seine Stelle unter den fremden yen n einnahm, die am Hofe des Palais⸗-Royal empfangen narden. Se. Majestaͤt der Koͤnig Ludwig Philipp erzeigte mir, duch einen eigenhaͤndigen Brief, die Ehre, mir zu meinem An⸗ tttt der Regentschaft Glück zu wuͤnschen, und dͤruͤckte mir zu⸗ glich in bestimmten Worten das lebhafte und unveraͤnderliche Intetesse aus, welches er an Belgien naͤhme. — Durch diese erte Handlung begann der Konig der Franzosen die Verspre⸗ chungen zu erfuͤllen, welche er mir im vergangenen Februar gceben hatte, als ich die Ehre hatte, von ihm Abschied zu nehmen; t segte mir damals, meine Hand ergreifend: „„Sagen Sie der Belgischen Nation, daß ich in der Person des Praͤsidenten des Kon⸗ feses ihre Hand ergreife, und daß die Belgier immer auf meine i r r f zauͤhlen koͤnnen.““ Bei dem Kabinet von St. James baren wir nicht so gluͤcklich; unser Gesandter wurde von den Eng⸗ ichen Ministern nur auf eine dienstwillige Weise empfangen, und la die National-Ehre mir nicht erlaubte, ihn laͤnger in dieser zwei⸗ lutigen Lage zu lassen, so ließ ich ihm sein Abberufungs⸗Schreiben gehen. Da das Ministerium indeß der Unbehaglichkeit ein Ende machen gedachte, welche aus dem provisorischen Zustand einer Legentschaft hervorging, und die Revolution durch Feststellung einer resnitiven Regierung hin en wollte, so hatte es unserm Agenten London Instructionen geschickt, welche zum Zweck hatten, die Ge⸗ snnungen Sr. Königl. Hoheit des Prinzen von Sachsen-Koburg zu torschen; aber Hindernisse, welche rein in der Etiguette ihren Frund hatten, stellten sich dieser Ansicht entgegen. — In der Zwi⸗ henzeit wurden andere Maͤnner in's Ministerium berufen, und die hen Minister folgten den Wegen ihrer Vorgaͤnger. Was sich in sieser Beziehung zugetragen hat, ist Ihnen bekannt; Sie wissen, H., auf welche Weise das gluͤckliche Ende herbeigefuͤhrt worden s, dem wir heute beiwohnen. Ich werde Sie nicht von den Hand f meiner Regentschaft unterhalten; ich werde mich darauf be— shtänken, Ihnen zu sagen, daß die Aufregungen der Leidenschaften,
Ilche unzertrennlich von unserem revolutionnairen Zustande waren,
lä Stockung der Handels- Geschaͤfte, die Unruhe uͤber die Zukunft s Vaterlandes, Ereignisse herbei gefuͤhrt, und Verlegenheiten ver⸗ lz ßt haben, wodurch die Regierung verhindert worden ist, sich so kiksam, wie sie es gewünscht haͤtte, mit den Institutionen zu be— höftigen, welche das Werk unserer volitischen Wiedergeburt ver— ulstaͤndigen müssen. — In dem Zustande drohender Feindseligkei⸗ mit ünseren Nachbarn hat sich die Regierung vorzuͤglich mit der knee beschäͤftigen muͤssen; die Infanterie ist betraͤchtlich vermehrt nd geordnet; die Organisation der Kavallerie ist vervollstaͤndigt wor⸗ n; die Artillerie ist auf einen Achtung gebietenden Fuß gesetzt; der Nenst der Lebensmittel, der n f und der Transporte ist ge⸗ shert; endlich biiden fich neben der regulairen Armee die Reihen n Burgergarde, welche eben so ungeduldig ist, sich mit dem Feinde n messen. — Das Zusammenwirken aller Buͤrger, welche, den Par⸗ ä Geist vergeffend, sich um den Thron vereinigen werden, wird, nicht peniger als der Muth und der vortreffliche Geist unserer Armee, ban beitragen, die ünterhandlungen zu einem ehrenvollen Frieden wunterstützen, un sere Ungbhaͤngigkeit zu befestigen und im Noth— il die Unabhaͤngigkeit unseres Gebiets zu vertheidigen. — Unsere mnanzen sind in einem so gedeihlichen Zustande, als es die Umstaͤnde r immer erlauben, und der Eingang der Steuern findet beinahe le im tiefen Frieden statt. Wenn ich, m. H, gluͤcklich genug ge⸗ esen bin, dazu beizutragen, das Stgats⸗Schiff in den Hafen zu äten (denn ich betrachte die Thronbesteigung des Prinzen Leopold h seine Anerkennung von der Mehrheit der großen Maͤchte, als n Schluß un serer hr hen Revolution und als die Befestigung unserer Freiheiten; wenn ich einiges Gute habe bewirken können,
so hin ich weit davon entfernt, mir ein Verdienst deshalb 4
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sen; nein, m. H., ich nehme nur den kleinsten Theil davon in An⸗ spruch; denn ich bekenne in Gegenwart der Nation und im Ange⸗ sicht von ganz Europa, daß ohne einen ganz besonderen Schutz der
Vorsehung, keine menschliche Klugheit weder die Ereignisse, noch
deren Dol vorhersehen, und also noch viel weniger sie zum Vor⸗ theil des Vaterlandes leiten konnte. — Eben so habe ich in der ed⸗ len Festigkeit des Kongresses und in der Weisheit seiner Berathun⸗ gen den maͤchtigsten Beistand gefunden. Erlauben Sie daher, in. H., daß ich Ihnen hier meinen lebhaftesten und aufrich= tigen Dank ausdruͤcke. — Aber bekennen wir, m. H., daß unsere Aufgabe, durch die vortrefflichen Eigenschaften des Belgischen Volks, uns sehr erleichtert worden ist; dieses Volks, das eben so sehr den Gesetzen unterwuͤrfig, eben so achtsam auf die Stimme seiner Oberhaäupter ist, die sein Vertrauen verdienen, als es sich cifersüͤch⸗ tig auf seine Rechte und ungeduldig zeigt, das Joch des Despotis— mus abzuschutteln; dieses Volks, so muthig in der Schlacht, so fest in seinen Entschluͤssen; dieses Volks, das so moralisch ist, von dem die Geschichte sagen wird, daß bei ihm, wahrend 11 Monaten der Revolution und der Entbehrungen füuͤr die zahlreichste Klasse (einige offenbar angeregte Ausschweifungen ausgenommen), niemals weniger Verbrechen stattgefunden haben; dieses Volks, dessen Anhaͤnglichkeit und Liebe stets die schoͤnste Belohnung einer guten Regierung seyn werden. — Mit der vollkommensten Sicherheit, m. H., lege ich das Schick sal dieses guten Volks in die Haͤnde eines Prinzen, dessen ed⸗ ler Charakter und dessen Privat⸗Tugenden uns die sichersten Buͤrgen derjenigen sind, welche er auf dem Throne entwickeln wird. . gufrichtigem und uͤberstrßmendem Gefuͤhl kann ich sagen- ich habe die Sonne des Gluͤcks uͤber mein Vaterland aufgehen sehen. Ich gebe, m. H, in Ihre Hande die Volimachten zurück, welche Sie mir anvertraut haben, und ersuche Sie, mir eine Bescheinigung dar⸗ uͤber zu ertheilen⸗
. von Gerlache beantwortete diese Rede folgender— maßen: „Herr Regent! Als ich Ihnen var 5 Monaten im Schoße des Kongresses sagte, daß „„zum momentanen Oberhaupt der Nation
ernannt, Ihre Ernennung durch den einstimmigen Beifall Ihrer
alten Kollegen und des ganzen Belgischen Volks ratificirt werden wurde, 6 diese freiwillige Erhebung eine Ehrerbietung, die man Ihren Tugenden bezeige, und ein Zeichen der innigen Dankbarkeit fuͤr die Dienste sey, welche Sie dem Vaterlande schon geleistet haͤt⸗ ten, und ein Aufruf zu neuen Diensten“„““, konnten wir leicht aus Ihren fruͤheren Handlungen schließen, welchen Weg Sie in der er⸗ habenen Stellung befolgen wurden, zu der Sie Ihre Kollegen und die ganze Nation berufen hatten. — Eine große Gewalt inne ge⸗ habt zu haben, ohne dieselbe einen Augenblick zu mißbrauchen, in den allerschwierigsten Umstaͤnden immer derselbe geblieben zu seyn, ist etwas ganz Natuͤrliches fuͤr den, der Ihren Charakter kennt. Mein Herr Regent, ich begnuͤge mich hier, das zu wiederholen, was alle Welt sagt. Eines Tages wird die Geschichte es berichten, welche versshnende Rolle Sie, inmitten der verschiedenen Meinungen und der sich bewegenden Parteien, gespielt haben. Sie wird sagen, daß, da die National⸗Versammlung, als sie die zu sehr vertheilten Gewalten in den Haͤnden eines Einzigen , ,., wollte, Jemand suchte, der Niemanden mißfiele, der die Achtung und das Zutrauen Aller besaͤße, und der sich fuͤr sein Vaterland aufopfern wollte, Sie, Herr Regent, dieser Msann waren. Die Geschichte wird sagen, daß, nach⸗ dem er waͤhrend einer 5monatlichen Revolution einen Theil der Koͤ⸗ niglichen Praͤrogative ausgeübt, dieser Mann sich keinen Freund entfremdet und keinen Feind gemacht hat. — Im Namen des Kon⸗ gresses und der Nation danke ich Ihnen und nehme mir die Frei⸗ heit, Ihnen zu sagen, daß Sie, in dem hohen Amt, welches Sle in die Hande der Versammlung zuruͤckgegeben, unsere Erwartungen er⸗ fuͤllt haben.“ ;
Unter den Vivats und Bravo's der Menge ließen sich der Regent und der Präsident auf ihre Piätze nieder. Hr Ch. Vi⸗ lain XIIII. verlas hierauf, vor dem Könige stehend, die Consti⸗ tution. Hr. Nothomb überreichte dem Könige die Eidesfor⸗ mel. Die Herren Plaisant und Thysebaert, Ceremonien—⸗ meister, setzten einen Tisch vor den Lehnstuhl des Königs. Auf dem ganzen Platze herrschte eine tiefe Stille. Der König sagte mit starker und fester Stimme: „„Ich schwöre, die Constitution und das Gesetz des Belgischen Volks zu beobachten, die Natio⸗ nal-Unabhängigkeit und die Integrität des Gebiets aufrecht zu erhalten.““ Se. Majestät betonten die letzten Worte. Kaum waren dieselben ausgesprochen, so erneute sich der Ruf: „Es lebe der König!“ Trompeten-Geschmetter und Kano— nendonner mischte sich in den allgemeinen Jubel. Herr Liedts überreichte dem Könige eine Feder, und derselbe unterzeichnete das Protokoll der Eidesleistung. Das Bureau unterzeichnete das Protokoll ebenfalls, und während der Zeit nahm der König auf dem Throne Platz. Von dort herab hielt der Kö— nig eine Rede (die Belgischen Blätter enthalten dieselbe wegen Kürze der Zeit noch nicht, und wir müssen uns daher die Mit— theilung derselben ebenfalls vorbehalten). Es ist unmöglich, eine Beschreibung davon zu machen, mit welchem außerordentlichen Jubel diese Rede aufgenommen wurde. — Hierauf setzte sich der Zug in derselben Ordnung, wie er angekommen war, wieder in Bewegung. Se. Majestät wollten nicht wieder zu Pferde stei⸗ gen. Sie begaben sich zu Fuße nach Ihrem Palaste, mitten unter dem Zujauchzen und dem Beifall der Menge.
Der König hat alle Mitglieder des Kongresses zu einem Diner auf heute um 6 Uhr im Palais-Rohal einladen lassen.
Die Kommission, welche provisorisch mit dem Dienste beim
Könige beauftragt ist, zeigt an, daß der König die Militair⸗- und Civil⸗Behörden am 22. Juli, Mittags um 2 Uhr, empfangen werde.
12 . — — Aus dem Rnssischen Hauptquartier zu Ra—
zioneezk vom 8. (20.) Juli. der Feldmarschall Graf Paskewitsch von Eriwan an Se. Majestät den Kaiser folgenden Bericht erstattet:
„Während am 4. (16.) Juli die Armee in Lipno stand, wurde die Nachhut näher herangezogen und faßte in Jasien Posto, indem sie ihre Infanterie von Kamen-Kotowo an in Echelons ausstellte. Die Vorposten hielten eine Lmie besetzt, die sich von Sierpe über Kurow bis an das rechte Ufer der Skrwa erstreckte. Nachdem am 5. (17.) die Brücken, die man gegenüber dem Dorfe Ossiek über die Weichsel schlug, fertig waren, gab der Ober⸗Befehlshaber dem General Grafen v. Pahlen Befehl, an der Spitze des ersten Armee⸗Corps auf das rechte Ufer überzuge— hen und seine Streifparteien in der Richtung von Nieszawa und Sluczewo vorzupoussiren. Unter dem Schutze dieser vor⸗ geschobenen Stellung begannen die Feld⸗Lazarethe den Uebergang über die Weichsel und setzten denselben am 5. n. 6 (17. u. 18.) fort. — Das Gros der Armee verließ seine Stellung bei Lipno und nahm eine andere zwischen Kikol und Wola ein, während die Nachhut Befehl erhielt, sich auf den Punkten, die sie am 4ten (16ten) eingenommen, zu behaupten. — Der Ober⸗Befehlshaber
war mit der Hauptmacht am ten (i8ten) in der Stellung hin-
ter Kikol geblieben. Hier waren alle Anordnungen getroffen, um den Insurgenten eine rangirte Schlacht zu liefern, falls sle vorrücken sollten, um die Russische Armee von ihrem Uebergange liber die Weichsel abzuhalten. — Die Nachhut erhielt Befehl, sich mit ihrer ganzen Infanterie anf Lipno zu repliiren, ihre
Unterm heutigen Datum hat
Vorposten aber auf denselben Punkten zu lassen, und dle Kaval⸗ lerie sollte inzwischen nach Skompe und Glodowo zurückgehen. — Am ten (18ten) erhielt der Ober-Befehlshaber die Nach⸗ richt, daß die Vorposten der Insurgenten, die bis zu diesem Au⸗ enblicke, ihrem Heere vorangehend, den Bewegungen der Russlschen Armee stets gefolgt waren, ihre Offensiv⸗Bewegung aufgegeben hät⸗ ten und aus den Augen unserer leichten Truppen verschwun den wären. Dies war ein deutlicher Beweis, daß ihre Armee, indem sie es weder wagte, sich mit der Russischen zu messen, noch dieselbe von ihrer Hauptbewegung abzulenken, sich beeilte, auf Modlin zurückzugehen, um hier über die Weichsel zu setzen und auf dem linken Ufer Warschau zu vertheidigen. — Am 7. (19.), dem vom Ober⸗Befehlshaber für den Uebergang des Gros der Armee über die Weichsel bestimmten Tage, verließ diese ihre Stellung hinter Kikol und kam in Ossieck an. Es wurde Befehl zum Ueber⸗
gange gegeben und die verschiedenen Kolonnen setzten sich in Be⸗
wegung, um den Strom zu überschreiten. Diese Speration dauerte von 10 Uhr Morgens bis um Abend und der Ober⸗Be⸗ fehlshaber nahm nach Beendigung derselben sein Hauptquartier in Razioncezk, während die verschiedenen Corps sich um die⸗ sen, Flecken gruppirten. Die Nachhut näherte sich dem Uebergangspunkte, indem sie in Szarnikowo Posto faßte, während der Graf von Pahlen an der Spitze des ersten Armee⸗ Corps bis nach Lowischec vorrückte. So wurde dieses schwierige Unternehmen des Weichsel⸗Ueberganges ohne einen Schwert— streich bewerkstelligt. Die Insurgenten, die in ihren Bewegun— gen wenig Sicherheit und noch weniger Entschiedenheit in ihren Operationen zeigten, wagten weder, ein Gefecht mit der Russi⸗ schen Armee während der rückgängigen Bewegung derselben an— zufangen, noch langten sie zeitig genug auf dem nn Ufer an, um ihr den Uebergang streitig machen zu können.“
— — Von der Polnischen Gränze, 25. Juli. Die Stadt Slupze ist heute Abend von den Russischen Truppen besetzt wor— den. Kolo war schon am 22sten von denselben besetzt. Die di— rekte Communication zwischen Posen und Warschau ist sonach nunmehr unterbrochen.
Deutsch land.
Dresden, 22. Juli. (Leipziger Zeitung.) Unser Land— tag eilt seinem Ende entgegen, und was auch vorschnelles Urtheil und böswillige Verketzerungssucht von der versammelten Stände zögernder und wenig befriedigender Wirksamkeit unkundig verlau— ten ließ, die Frucht ihrer ,, , wird ihren Fleiß und ihre Vaterlandsliebe unzweideutiger bekunden, als dies schriftliche Polemik vermöchte. Darum läßt man die Schreier, bis sie, des Verleumdens müde, von selbst verstummen. — Dieser Tage feierte die allgemeine Ritterschaft ihrem würdigen Vorsitzenden, dem Fürsten von Schönburg, zu Ehren, ein schönes und würdi— ges Fest. Mit tiefer Einsicht, mit Unbefangenheit, Gradsinn und männlicher Festigkeit hat dieser in jeder Hinsicht ausgezeich— nete Mann die Berathungen der allgemeinen Ritterschaft gelei— tet und so die allgemeine Achtung und das Vertrauen, das ihm auf früheren Landtagen geworden, befestigt und verstärkt. Darum weihte ihm der allgemeine Dank einen prächtigen Pokal, welcher auf zierlichen Blättern die Namen der einzelnen Mitglieder der allgemeinen Ritterschaft ein— gegraben trägt. Ueberreicht wurde ihm derselbe bei einem feier— lichen Mahle von Sr. Excellenz dem General-Lientenant und Gouverneur hiesiger Residenz, Herrn von Gablenz, welcher dabei unter allgemeiner Bewegung und Acelamation die nachstehenden Worte sprach:
„Das nahende Ziel ihrer ständischen Berathungen mahnt die allgemeine Ritterschaft an eine heilige Pflicht⸗Erfüllung ge— gen Ew. Durchlaucht und gegen sich selbst. Es ist die Pflicht des Dankes und gerechter Anerkenntniß alle des Trefflichen, was Ew. Durchlaucht inmitten unserer Versammlungen und als de⸗ ren allverehrter Vorstand, unter vielfach verschlungenen Verhält— nissen gewirkt, wo oft die Grundsätze so verschieden, die Ansich— ten so getheilt, die Interessen so widersprechend, daß nur die vollkommenste geistige Unabhängigkeit, das freieste Urtheil und der Muth es auszusprechen, Eigenschaften, die in Ew. Durch⸗ laucht sich iu so schönem Kranze einigen, solcher Aufgabe ge⸗ wachsen blieb. Die Vergangenheit ist unserer Vormundschast entwachsen; nur die Gegenwart gehört uns, und die Zukunft, in wie weit wir sie durch die Gegenwart zu gestalten wissen; möge dar⸗ um auch der Erfolg solches Wirkens, bei der reizbaren und un— stäten Stimmung unserer Zeit, nicht Allen genügen; nur der Wille ist unser, der Erfolg aber der Natur, dem Schicksal, der Vorsehung anheim gegeben. Ew. Durchlaucht dienten der Menschheit, dem Vaterlande, der Freiheit und gesetzlichen Ord—⸗ nung mit dem Höchsten, was der Mensch besitzt, und so bringen denn auch wir unser Bestes, unseren Dank und unsere Huldi— gung, dar, und dieser Pokal soll uns dabei als Mittel dienen, Ew. Durchl. unsere darauf eingegrabene Namen, als eben so
viele treue und dankbare Zeugen Ihrer segensvollen und frucht—
bringenden Leitung, dann und wann ins Gedächtniß zu rufen. Ihr Geist aber wirke fort in jedem Einzelnen unter uns auch nach unserer Trennung, und was Sie Treffliches ausgesäet und noch fürder ausstreuen, es gehe nach dem Gesetze der Unstero— lichkeit alles Guten über auf die künstige Zeit und pflanze sich fort von Geschlecht zu Geschlecht!“ ;
Karlsruhe, 22. Juli. In der vorgestrigen Sitzung der 2ten Kammer erstattete der Abg. Rutschmann Namens der Budget-Kommisston Bericht über die Einnahmen der Gerichts⸗ und Polizei-Verwaltung in den Jahren 1827 — 29, und über die bei den Minisierien der Justiz und des Innern, so wie bei
ihren untergeordneten Branchen stattgefundenen Ausgaben.
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Wien, 22. Juli. Die Wiener Zeitung enthält wiederum ein Verzeichniß von Beförderungen und Veränderungen, welche bei der Kaiserl. Armee statt gefunden haben; der Oberst von Boehm ist zum General-Masor, 2 Oberst-Lieutenants sind zu Obersten, 2 Majore zu Oberst-Lieutenants und 9g Kapitains und Rittmeister zu Majoren ernannt worden.
Zu mehrerer Beruhigung der Bewohner hiesiger Residenz haben Se. Kaiserl. Majestät neben einer Provinzial-Sanitäts⸗ Kommission sür Nieder-Oesterreich, noch insbesondere für die Hauptstadt die Zusammensetzung einer Lokal-Sanitäts- und Approvislonirungs⸗Kommissson anzubefehlen geruht. Diese Kommission, deren Aufgabe es ist, für die Stadt Wien sowohh in Sanitäts-, als in Approvissonirungs-Rücksichten die nöthigen Vorkehrungen zu treffen, ist am 18ten d. M. in Wurkksamkeit getreten. Durch eine unterm 20sten d. erlassene Bekanntma— chung bringt dieselbe zur Widerlegung aller von leichtgläubigen Individuen ausgestrenten üblen Gerüchte zur allgemeinen Kennt— niß, daß der Gesundheits-Zustand hierselbst fortwährend vollkom—
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