Columbien.
Briefe aus Maracaibo vom 20. Mai schildern den Zu⸗ stand von ganz Kolumbien als höchst beklagenswerth. Nur in wenigen der zahlreichen Provinzen dieses großen Landes war es ruhig, und die Unterdrückung eines Aufruhrs an einem Orte, war der sichere Vorbote eines neuen Aufstandes an einem an— deren. In Venezuela hatte der erwählte Vice⸗Präsident, Ge⸗ neral Monagas, die Fahne der Empoͤrung erhoben, weil die Ge— neral⸗ Verwaltung gewissen noch nicht erledigten Forderungen an sie kein Gehör hakte geben wollen. Er war bis 14 Meilen von Carracas marschirt; seine Avantgarde stand sogar nur noch vier Meilen von genannter Stadt entfernt, als er, in Folge, einer Niederlage, die sein Bruder erlitt, genöthigt wurde, sich in die Ebenen des Orinoco zurückjuziehen. In Westen hatte sich Rio Hacha unabhängig und für einen Freihafen erklärt. Von der eber⸗ gabe Carthagenaes an Luque und Carmona wußte man in Maracaibo nichts; man versicherte indessen, General Montilla habe sich erboten zu resigniren und sich ins Privatleben zurückzuzieben, wenn man ihm sein Eigenthum verbürge, was ihm aber nicht zugestanden worden sey. Man glaubte nicht, daß General Flores, der als uter Offizier bekannt und sehr populair ist, lange ruhig in , bleiben würde; Urdaneta, der jetzt an der Spitze der Regierung von Neu⸗-Granada steht, schien in großen Schwierig— keiten verwickelt zu seyn. Die Partei, die sich selbst die liberale nennt, war sehr stark, und ihre Truppen unter Obando, hatten vor Kurzem die Bogotaschen Truppen total geschlagen. Der Kommandant von Cucuta, General Briceno, war genöthigt ge⸗ wesen, sich in die Hauptstadt zurückzuziehen, nach dem er bei So⸗ garmaro, auf dem halben Wege zwischen Bogota und Maracaibo eine völlige Niederlage erlitten hatte. In letzterem Orte selbst war Alles ruhig und mit der Verwaltung des General Paez ganz zufrieden; nur Geld war sehr rar, der Handel lag fast ganz darnieder und die allemeine Noth des Landes nahm täglich zu.
Inland.
Berlin, 28. Juli. Nach Berichten aus Stallupöhnen vom 23sien d. M., soll sich ein bedeutender Trupp Krakusen, an— geblich unter Anführung des Insurgenten-Chefs Puschet, bei dem Dorfe Schittkehmen der Preußischen Gränze genähert und um Aufnahme und Schutz in Preußen gebeten haben. — Ein Theil der Landwehr-Eskadron aus Stallüpöhnen und ein Theil des Angerburger Landwehr⸗Bataillons aus Goldap sind, wie man vernimmt, sofort nach Schittkehmen zur Empfangnahme der Kra— kusen marschirt.
— Aus QOber-Schlesien schreibt man: Die mit der Wojewodschaft Krakau, namentlich mit dem Gebiet von Czensto— chau grenzenden Gegenden von Ober-Schlesien, sehen die Cholera jetzt in bedrohender Nähe, und es fehlt nicht an ängstlichen oder übelwollenden Personen, welche die schützenden Vorkehrun— gen an der Grenze theils für unzulänglich, theils für zu streng erklären und Besorgnisse verbreiten. Bis jetzt haben diese Vor⸗ kehrungen, Dank sey es der unermüdeten Thätigkeit der Behör— den und dem bewundernswerthen Eifer der zum Grenz-Cordon commandirten Truppen⸗Abtheilungen, ihrem Zwecke vollkommen entsprochen, so daß, wenn es überhaupt möglich seyn sollte, dieser furchtbaren Geißel durch menschliche Vorsicht ein Ziel zu stecken, die Hoffnung nicht unbegründet ist, ste von Ober-Schle— sten abgewehrt zu sehen. Ungeachtet des begründeten Vertrauens auf die an der Greme ergriffenen Schutzmittel bereitet man in— dessen mit großer Energie in den bedrohten Gegenden sich darauf vor, das Uebel, wenn es die Grenze überschritte, auch im In— nern zu bekämpfen. Unter kräftiger Mitwirkung der Gutsbefftzer wird für die Reinlichkeit der Wohnungen und für zweckmäßige und bessere Nahrungsmittel der Armen gesorgt. Auf Anordnung der Medizinal-Beamten werden überall von den Gemeinden die als Heilmittel erkannten Kräuter gesammelt, es werden Back— Fäuser, Krankenhäuser mit den nöthigen Apparaten, Contumaz— und Reconvalescenten-Häuser errichtet und mehrere menscheu— freundische Aerzte und Orts-Vorsteher widmen ihre ganze Thä— tigkeit ver täglichen Revision der Häuser und sorgen für die Ent⸗ fernung aller Stoffe, welche ein Miasma erzeugen können.
Auch auf die Erhaltung der körperlichen Reinlichkeit wird mit möglichster Strenge gesehen. Wenn hiernach alles geschieht, was menschliche Vorsicht vermag, so muß man dem Erfolge mit
stroms, ober- und unterhalb der Stadt Pofen, durch Schwimm—
Fassung und Gott-Vertrauen entgegen sehen.
— Am 16ten d. M. wurden die Umgebungen der obern Malapane im Lublinitzer Kreise von einem Wolkenbruche betrof— sen, dessen Fluthen an Eisenwerken, Wohnungen und Feldfrüch— ten erheblichen Schaden anrichteten, namentlich litten dle an der
aus Merseburg dorthin geschickten Regiertings-Medicinalraths und mehrerer Aerzte geöffnet worden war, ergab sich, daß der Ver—⸗ storbene zwar an der Brechruhr, aber nicht an der ansteckenden Asiatischen Cholera gelitten hatte. Das Haus desselben ist gleichwohl, nicht etwa aus neuer Besorgniß, als vielmehr zur Beruhigung der Be⸗ wohner der Umgegend, wo die Nachricht sich schnell verbreitet und übertriebene Gerüchte veranlaßt hatte, abgesperrt worden.
Der Königl. Ober-Präsident des Großherzogthums Posen hat unterm 23sten d. M. nachstehende Bekanntmachung erlassen: In dem Dorfe Grünberg, welches auf dem rechten Warthe-⸗Ufer, der Stadt Obrzycko unmittelbar gegenüber, liegt, sind zwei In— dividuen an der Asiatischen Cholera erkrankt. An der Richtig⸗ keit der Thatsache läßt sich leider nicht zweifeln. Beide Krank— heitsfälle sind durch den Kreis-Physikus Dr. Katerbau und den Kreis⸗Chirurgus Laschke, der zugleich Bürgermerster in Obrzycko ist, untersucht, und die Erscheinungen in den eingereichten Ver⸗ handlungen so umständlich aufgezeichnet worden, daß die Natur der Krankheit sogleich erkannt werden kann. Zuerst erkrankte ein dortiger Einlieger, Johann Briese, und bald nachher langte ein Schiffer, Namens Gall, mit allen Zeichen der ausgebildeten Krankheit dort an, dem es gelungen war, aller Anordnungen ungeachtet, am frühen Morgen desselben Tages von hier aus mit seinem Fahrzeuge abzusegeln. Die Untersuchung wegen Ver— letzung der ertheilten Vorschrlften ist Seitens der Königl. Regie— rung eingeleitet. So betrübend dieses Beispiel einer Gewisfen— losigkeit von Seiten des erkrankten Schiffers ist, eben so sehr ge⸗ reicht es mir zur Freude, das durchaus zweckmäßige und lobens— werthe Benehmen des Bürgermeisters und Kreis⸗Chirurgus Laschke, so wie des Kreis-Physikus Dr. Katerbau, bei der Entdeckung und Behandlung dieser beiden Krankheitsfälle zur allgemeinen Kenntniß bringen zu können. Die Kran— ken sind, ohne mit andern Personen, als den dazu bestimmten, in Berührung gekommen zu seyn, sogleich in das dortige Cholera— Lazarelh gebracht worden, werden mit großer Aufmerkfamkeit be— handelt, und gewähren Hoffnung zur Genesung. Das Lazareth⸗ Gebäude sowohl, als auch die Ein- und Ausgänge des Dorfes, nicht minder die Ueberfahrt von Grünberg nach Obrzyeko, sind durch Wachen abgesperrt und das Gefäß, äuf welchem der Schif— fer Gall angekonunen, Behuss seiner Reinigung, sogleich ver— senkt worden. Um ähnlichen Verletzungen der Schifffahrts⸗ Sperre guf der Warthe vorzubeugen, sind augenblicklich die ernst⸗ lichsten Maaßregeln getroffen, und sie werden für die Folge durch die schon vor einigen Tagen eingeleitete Schließung des Warthe—
bäume, bei welchen Wachen angestellt werden, unmöglich ge— macht. Aus den übrigen Theilen der Provinz sind keine beun— ruhigende Anzeigen eingegangen. Das hier erwähnte Ereigniß in Obrzyeko möge aber den Einwohnern der Provinz zur ernsten Warnung gegen die Uebertretung der angeordneten Sicherheits⸗ Maaßregeln gereichen, indem daraus der augenscheinliche Beweis hervorgeht, wie leicht die Krankheit auf solche Weise von dem einen Ort zum andern übertragen werden kann.
An milden Beitragen zur Erleichterung des Nothstandes in den durch die Cholera betroffenen Gegenden sind fernerweit vom 17ten bis 23sten d. M. eingegangen:
37) Von Sr. Königl. Hoheit dem Prinzen Wilhelm von Preußen, Sohn Sr. Majestaͤt des Konigs, 160 Rthlr. 8) Von Sr. Königl. Hoheit dem Prinzen Karl von Preußen 109 Rthlr. 37 Von Sr. Koͤnigl. Hoheit dem Prinzen August von Preußen 150 Rthlr. 49) F. und E, v. R. 3 Rthlr. 41) Fritz v. R. 1 Rthlr. 42) Blanca v. R. 1 Rthlr. 43) Von den Intendantur-Beamten des Koͤnigl. Garde⸗ Corps 8 Rthlr. 15 Sgr. 44) Fabrikanten Busse u. Sohne 30 Rthlr. 43) Qberst v. Huͤlsen 5 Rthlr. 46) J. P. 2 Rthlr. 7) Reg. Rath Reichhelm 3 Rthlr. 43) Fr. R. 2 Rihlr. 49) Frau v. S. 27 Rthür. 50M Ungenannter 1 Rthlr. 51) Desgl. 23 Rthlr. 52) Prof. P. Rthlr. 53 C. P. s Rthlr. S4 C. D. H. 10 Rthlr. Gold. 37) W. G. Kr. R. Müller 5 Rthlr Gold. 56) C. B. 3 Rthlr. 57) Geh. Reg⸗Rath v. Graͤvenitz 10 Rthlr. Gold. 53) Dr. E. St. 10 Rthlr. Gold. 54) K. G. Ref. v. Tuͤmpling 3 Rthlr. 66) H. R. v. Hart—⸗ mann 3. Rthlr. Gold. Si) 25. E. Jouanne 19 Rthlr. 62) J. Bann 10 Rthlr. 63) P. S. Berend 50 Rthlr. 64) Unbekannt, mit der Devise: „Erleuchte Gott die Aerzte, daß sie die Krankheit erkennen, und segne die Arzneien, daß sie den Kranken helfen“ Rthlr. 65) Mit dem Siegel; „Thue Recht“ 2 Dukaten. 66) E. F. Fr. 10 Rthlr. Gold. 67. P. J. 3 Rthlr. 68) v. u. z. M. 10 Rthlr. 69) Familie T. 5 Rthlr. 76) General v. Thile 20 Rthlr. 71) N. N. durch H. 1 Rthlr. 2). F. W. durch K. 2 Rthlr. J56) Gen. d. Infanterie und Stagts⸗Minister Gr. v. Lottum 10 Rthlr. 74) Ungenannt 3 Rthlr. ) Desgl. 1 Rthlr. 6) Fr. Maj. v. Walther 2 Rthlr 77) W. u. H. 5 Rthlr. 78) Geh. Kriegs-Rath Reichel 5 Rthlr. 75) Von mehreren Beamten des K. Kriegs Ministerlums 16. Rihlr. 80) Geh. H. R Heun 2 Rthlr. 81) Kaven 2 Rthlr 2) G. R. R. Wollny 5 Rthlr S3) Ungenannt 3 Rthlr. 84) J. E. 10 Rthlr.
Malapane gelegenen Ortschaften der Fürstlich Hohenloheschen Herrschaft Koschentin. So weit es die vorhandenen Mittel ge- statten, hat indessen der Fürst, stets bereit, dem Nothleidenden williges Gehör zu schenken, Hülfe gewährt und namentlich den glufbau der von den Fluthen zerstörten Häuser für Seine Rech— nung angeordnet.
* *. *
Cholera.
In Pillau erkrankte am 17ten d. M. ein Norwegischer Matrose an den Folgen einer großen Völlerei. Er ward in das
vor der Stadt entfernt und völlig abgesondert belegene Lazareth gebracht, dort ärztlich behandelt, starb aber schon am 21sten nach der Ecklärung dreier Aerzte am Blutschlagflusse. Seine Wärte⸗ rin erkrankte in der Nacht vom 21sten zum 22sten d. und ver—⸗
schied am nächsten Mittag unter etwas der Cholera verdächtigen Alle Verbindung zwischen Lazareth und Stadt wurde sogleich abgeschnitten und jede nöthige Sicherheits⸗Maaß⸗
Symptomen.
regel ergriffen. ö ; , erkrankte am 20sten d. M. plötzlich ein Knecht.
Da der herbeigerufene Arzt einige Symptome der Cholera wahr-
nehmen wollte, so wurde sogleich das Sterbehaus gesperrt.
In Coadjuthen hat die Cholera seit dem 18ten d. M.
wieder einige Opfer gefordert, weshalb der Ort noch immer eng abgesperrt gehalten wird. —ͤ Dr ,,, Medischkehmen und Akmonischten, wo der befriedigendste Gesundheits⸗-Zustand herrscht, aufgehoben worden. [. . Im Lager des übergetretenen Polnischen Corps bei Me— mel sind Mann an der Cholera verstorben. Es ist daher enger und mit der größten Sorgfalt eingeschlossen worden.
In Graudenz sind eben so wenig als in dem Unter— schloß Mewe nach Berichten vom 23sten d. M. neue Erkran⸗
113) Gebr. Joseph. 2 Rthlr.
verwechselt sind, der Gesammt⸗Betrag
Dagegen ist die Sperre der Dörfer
kungen vorgekommen. a,
In dem Dorfe Alt-Jeßnitz bei Bitterfeld erkrankte und starb am 2ästen d. M. ein 62 Jahr alter Schenkwirth. Der herbeigerufene Kreis-Physikus erklärte diesen Todesfall für der
Cholera verdächtig. Nachdem aber die Leiche im Beiseyn des
Gold, 33) Fr. Tuch 23 Rthlr. S6 Üngenannt 3 Rihlr. Gold. 8) Graͤfin Caͤcile Dönhof 30 Rthlr. 383) Mad. M. 10 Rthlr. S9) Von einigen Offizieren des General-Kommande's des III. A. C. 17 Rihlr. 63 H. v. K. 1 Dukaten. 91) L. v. H. 10 Rthlr. Gold. 92) G. Ch. Ph. 3 Rthlr. 93) A. Koͤhne 19 Rthlr. 94) W. L. R. v. Bülow 2 Dukaten. 99) K. B. 1 Rthlr. 96) B. J. Cantian 3 Rthlr. Gold. 97) Buchh. Asher 1 Rthlr. 98) S. J. Cohn aus Strelitz 19 Sgr. 95) Buchh. Eichler 1 Rthlr. 1660) E und J. Ben⸗ dir 1 Rthlr. 101) P. 1 Rthlr. 102) Samuel Bernsdorf 10 Rthlr. 105 Sal. Meyer 10 Rthlr. Gold. 04) Gebr. Oppenheim 5 Rthlr. 103) Jac. Schmul aus Bromberg 3 Rihlr. 106) M. Samson 3 Rthlr. 107) D. J. Ries 20 Rthlr— 103) A. H. H. et Gomp. 53 Nthlr. 199 Agent Zaudy 2 Rthlr. 110) M. Kalmus 15 Rthlt. Gold. 111) Is. Salomon 5 . 112) Fr. Wittwe Buͤtow 2 Rthlr. 114) C. R. Pr. C. 3 Rthlr. 115) H. u. G. 16 Rihlr. 116) G. Kinder 2 zn lr rr gun ,, Bierstaͤdt J Rthlr. 113) Frl. v. P. 5 Rthlr Gols. Obige Posten betragen 5 Duk, 110 Rthir. Gold und
799 Rthlr 25 ; ; wovon die 5 Dukaten I 1193 pCt. mit 16 a 3 gr gem und die 110 Rthlr. Gold à 1123 pCt., mit 124?
in Courant also ga0
ausmacht.
Dazu der nach der letzten Bekanntma— chung verbliebene Bestand mit 309
9770
Davon sind:
a) an die Sanitaͤts-Kom—⸗ mission zu Danzig fuͤr die Stadt und ihren Landkreis
b) an den Regierungs— Praͤsidenten Rothe fuͤr den Neustaͤdter Kreis. 1909
c) an die Sanitaäͤts Kom⸗ mission in Elbing. . 209
d) an die Sanitaͤts⸗Kom⸗ mission in Posen .. 2900 =
400 Rthlr.
900 Rthlr. — Sgr.
Dabei können wir nicht umhin, einen Auszug aus dem Schte ben, der Sanitäts- Kommisston zu Danzig, welches wir mit lch Post erhalten haben, mit dem Wunsche zur allgemeinen Kennin zu bringen, daß der Inhalt recht viele menschen freundliche Ten nahme , ,. 3 rescheckblih greg, j
Das Elen mitunter unbeschreiblich groß, die Me der Erkrankten gehört zur arbeitenden Klasfe; es sind viche i lien darunter, dis den Ernährer verloren haben und daher fäl hoͤchsten Verlegenheit sich befinden. Viele kleine Handwerker su in gleicher Lage und um so unglücklicher, da sie ohne allen Ver⸗ dienst sind und bei der eingetretenen Hemmung aller Gewerie nicht sobald darguf rechnen können, ihre Professtön betresbenkt duͤrfen, um dadurch sich und die Ihrigen zu ernaͤhren. . nun guch waͤhrend der Sperre fur die Erhaltung der debhenden aus oͤffentlichen Fonds nach aller Moglichkeit gesorgt ist und ge sorgt werden mußte, so tritt bei Vielen erst nach aufgehobenet Sperre der eigentliche Mangel ein, und wird ihr Elend mit e. dem Tage größer, da die Mittel zu eigener Erhaltung fehlen, der Erwerb aufgehhrt hat, und kein Fonds vorhanden ist, das erforz' liche , gewaͤhren, anderweiter Verdienst bei den ungluͤcklichen Zeit- Umstaͤnden nicht angewiesen werden kann un es außer der Kraft der Kommune liegt, die erforderliche Unter. stuͤtzung weiter auszudehnen. Dazu kömmt, daß eine nicht klein; Zahl unerzogener Kinder , . ist, die ihre Eltern oder Verwandten durch den Tod verloren haben und erhalten werden müssen, und wenn man hinzurechnet, daß manche Familie ihre einzige Lagerstelle, naͤmlich das Bette, worauf der Erkrankte gele⸗ gen, eingebüßt hat, so wird unsere Versicherung nicht auffallen daß in unserer Stadt bei der aͤrmeren Klasse der Einwohner du nnn, einen hohen Grad erreicht hat und Huͤlfe sehr nz, hig is
Auch bitten wir Jeden, der seinen Beitrag fuͤr einen gewissn Ort oder eine gewisse Familie bestimmt, solches bei der Abgahe que. druͤcklich anzuzeigen, indem wir sonst annehmen muͤssen, daß h Vertheilung unserem Ermessen uͤberlassen wird.
Berlin, den 27. Juli 1831.
Im Namen des Vereins: v. Boyen. Fraͤnkel. Poselger.
Königliche Schau spiele.
Freitag, 29. Juli. Im Schauspielhause: Die Dame auf Schloß Avenel, Oper in J Abtheilungen; Musik von Boyeldien. (Hr. Mantius: Georg Brown.) ;
Sonnabend, 30. Juli. Im Schauspielhause: Das Har— fenmadchen, Schauspiel in 3 Abtheilungen. Hierauf: Das erst Debut, komisches Gemälde in 3 Abtheilungen.
Sonntag, 31. Juli. Im Schauspielhause: Der Freischüt Oper in 3 Abtheilungen; Musik von C. M. v. Weber. (Fran v. Schätzel: Agathe.)
In Charlottenburg: So gehts! Lustspiel in 2 Abtheilungen. Hierauf: Cäsario, Lustspiel in 5 Abtheilungen. (Hr. Muller, 36 . Hof⸗Theater zu Dessau: den Major, als Gast⸗ rolle.
v. Auerswald. Friese. Muhr,
—
Kön igstädtisches Theater. Freitag, 29. Juli. Lindane, oder:; Der Pantoff elmacher im Feenreiche.
Sonnabend, 30. Juli. Abällino, der große Bandit, Melo—⸗ drama in 5 Akten. (Hr. Rohn, vom Ständischen Theater zu Pesth⸗ Flodoardo, als zweite Gastrolle.)
Sonntag, 31. Juli. Fra Diavolo, oder: Das Wirthshaus zu Terracina, komische Oper in 3 Akten.
Berliner Börse. Den 28. Juli 1831. Amtl. Fonds. und Geid-Gours Zettel. (Prerisss. Cour)
ff. ,
t. Schuld- Sch. 4 7 990 yz n Br. Knsf. Avs' 13 3 * ü. . Er. Engl. Anl. 22 964 953 Pr. Engl. Ob. 30 Sn 80 Kurm. Gibl. m. . C. 871 — Neum. Int. Sch. do 87 Berl. Stadt · Oblig. 907 Känigsbg. do.
Elbinger do.
Hanz. do. in Ih- — Wes pr. Psandhr. 93] Friedrichsd'or. . ira sahz. Pos. qa. 94 — Disconto 3 1 4
Ere /S. C- ut. Wechsel- Cours.
Estzpr. Pfandbrf. Pomm. Pfandhrf. Kur- u. Neum. do. Schlesische do. hRkst. C. d. K. u. N. L. Sch. d. K. u. N.
10s
904 88]
——
911 317
oll. vollw. Duk. — Neue dito — — 12
5 1 4 4 4 4 47 1 4
Brie /. Geld. 1401 1307 1497 1487 6 l 80
Amsterdam dito Ilamhurg
dito
London
ugshurg . ** 8 Breslau
Petersburg BN. Varschau
Auswärtige Börsen. Amsterdam, 23. Juli. Niederl. wirkl. Schuld 36. Kanz- Bil. 122. Russ. (bei Hope) S5
Hamburg, 26. Juli. Oesterr. proc. Metall. Soz. 4broc. 684 Bank- Actien 1010. Russ, EWngl. Aul. 877. Russ. Anl. unk. Cert. S823. Din. 585. Poln. 8c
Wien. 23 Juli.
Sproc. Metall. 9. 4proc. 63. Loose zu 100 FI. 1543. Part-
Oblig. 1145. NEdESTE BG RSEN- NacCUhICν, ä.
Paris, 22. Juli. 5proc. Rente pr. Compt. S6. 45. sin our. S6. 50. Zproc. hr. gompt. 5ß5. 55. sin Cour. 56. 60. pro. nene Anleihe der 120 Mill. 86. 45. 5proc. Neapol. sin cour. 67.
5proc. Span. Rente perp. 483. Oesterr. proc. Metall. 783.
Frankfurt a. M., 25. Juli. „B. proc. 67 3. 6773. 2äptoc. 4s. proc. 173. Br. Bank⸗ iet. (21; 1713. Partial. bi. i153. 115. Eoosc mn 100 zl.
156. Br. Poln. Loose 413. 413.
Redaeteur John. Mitredacteur Cottel.
gesandt worden, und bleibt Bestand 57 Rthlr. 13 Sgr.
Gedruckt bei A. W. Hayn.
, 6
Allgemeine
Preußischt Staats-Zeitung.
Amtliche Nachrichten.
Kronik des Tages.
Seine Majestät der König haben den Geheimen Bergrath Fohlers, bei der Ober-Berghauptmannschaft im Ministerium 6 Innern für Handels- und Sewerbe. Aingelegznheiten, zum heheimen Ober⸗Bergrath zu ernennen und das Patent darüber Jllerhöchsteigenhändig zu vollziehen geruht.
Des Königs Majestät haben den bisherigen ersten General— sbbokaten bei dem Appellations-Gerichtshofe zu Köln, Gehei— nen Justiz- Rath Oswald, den bisherigen Appellations-Ge— ichts⸗Rath Graun, den bisherigen Ober⸗-Prokurator Lombard md den bisherigen Landgerichts- Rath Esser zu Geheimen Ober— Reyistons-Räthen bei dem hiesigen Revisions- und Cassations⸗ h'fe zu ernennen und die ausgefertigten Bestallungen Allerhöchst n volljiehen geruht.
Des Königs Majestät haben den bisherigen Ober- Landes— lichts. Assessor Jarke zum Rath bei dem Sber-Landesgerichte Königsberg zu ernennen geruht.
Des Königs Majestät haben den bisherigen Ober-Landes— gäichts-Assessor Geyert zum Rath bei dem Landgerichte in Hnesen zu ernennen geruht.
Der bisherige Ober-Landesgerichts-Referendarius Ferdi— and Julius Hafemann ist zum Justiz-Kommissarsus für die Kreise Strehlen und Ohlau und bei dem Land- und Stadt— zeticht zu Nimptsch, mit Anweisung seines Wohnorts in Streh— kn, bestellt worden.
Bekanntmachung.
In Folge einer Allerhöchsten Kabinets⸗Ordre vom 21. d. M.
st nach einer Berathung der betreffenden Königl. Ministerien mit t I.mmediat-Kommission zur Abwehrung der Cholera beschlossen potden, zur Sicherstellung der westlichen Landestheile und da⸗— urch zugleich von dem übrigen Deutschland und westlichen Eu— ha gegen die Weiterverbreitung der Cholera außer den schon behenden Gränz⸗-Sperrlinien noch eine militairische Beobach— mzs-Linie aufzustellen, welche vom Ausflusse der Leba in die sistt im Allgemeinen den Lauf dieses Flusses und der Brahe bet des Schwarzwassers bis zur Weichsel folgt, von Bromberg ze Netze und Warthe hinab zur Oder und an dieser von Küstrin zwohl bis zu ihrem Eintritte in Ober⸗Schlessen hinauf, als bis r Ausmündung ihres östlichsten oder Dieweno⸗Armes bei Cam⸗ sin, ir geht. Um aber auch nicht soaleich das Terrain der sisteckung preisgeben zu durfen, welches zwischen der Warthe, ber und Obra liegt, soll auch von der Warthe längs der Obra nd von dieser bis nach Tschischerzig, zwischen Züllichau und stinberg an der Oder gelegen, eine vorgreifende Beobachtungs— snie aufgestellt werden. Zweck aller dieser Cordons ist vorlaͤu⸗ k, darauf zu wachen, daß durchaus Niemand, ohne einen genü— Inden Nachweis geführt zu haben, daß er aus einer unver— lichtgen Gegend komme, oder daß er vorschriftmäßig Kontumaz halten habe, diese Linie passirt. In derselben werden Kontu—⸗ narAlnstalten angelegt, und Jeder, Ler nicht sich vollkommen aus— hisen kann, in diese geschickt und dort, den gegebenen Vorschrif— n gemäß, kontumazirt werden. Die Beobachtungs-Linie wird ham erst in das Verhältniß eines wirklichen Sperrunge-Cordons hett, wenn die vorliegende Provinz von der Cholera so ergriffen beten sollte, daß dadurch der ganze Landstrich bis zur Beobach— smgs⸗Linie verdächtig wird. —
Die zur Ausführung derselben bestimmten Truppen vom zude⸗, 2Aten, Iten, 5ten und 6ten Armee⸗Corps sind theils schon dem Marsche, oder werden unverzüglich in Bewegung gesetzt aden, so daß in wenigen Tagen die ganze Linie besetzt seyn m; namentlich sind die dazu bestimmten Bataillone und Egs— rens des Garde⸗-Corps schon am 28sten aus Berlin und sntdam ausgerückt.
Berlin am 29. Juli 1831.
Der Chef der zur Abwehrung der Cholera niedergesetzten
Immediat⸗Kommisston, v. Thile.
Durchgereist: Der Königlich Französische Kabinets-Courier sierry, als Courier von Paris kommend, nach St. Petersburg.
Zeitungs⸗-⸗Nachrichten. Riu n
Frantreß . paris, 22. Juli. sBotschaftern von Rußland und England, so wie dem Ge— ten der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Privat⸗Audienzen. Der Kammer-Präsident am Rechnungshofe, Herr v. Gasq der Requeten-Meister Herr Genty de Bussh sind zu Mit⸗ em der Kommißsslon ernannt, welche mit der Prüfung der nungen für 1839 beauftragt ist. General Lobau hat unterm gestrigen Datum einen Tages— sl an die hiesige National-Garde erlassen, worin er derselben tzräglich seine Zufriedenheit mit ihrem am 14ten d. bewiese⸗ 1Diensteifer bejeugt; er habe, sagt er, dies nicht früher ge— mn weil er gewußt, daß die National-Garde das Bewußtseyn, uͤpflicht erfüllt zu haben, höher stellen würde, als öffentliches n sein Stillschweigen sey aber falsch ausgelegt worden, man se sogar darin stummen Tadel des Benehmens der National⸗ de zu finden gesucht und daraus Vorwand zu Angriffen auf ebe genommen; er erkläre daher hiermit, daß die von der stionas- Garde am 14ten d. bewiesene Festigkeit seine ganze mmpathie und Bewunderung verdient habe. Schließlich wider— er General einige boshafte Verleumdungen der Tribune, hhe behauptet hatte, auf dem Revolutions-Platze habe am
Vorgestern Abend ertheilte der König
Berlin, Sonnabend den 30sten Zuli.
14äten d. ein förmliches Gemetzel stattgefunden und die National— Garde rechne es sich zur Ehre, ihre Waffen in Blut zu tauchen. Der Zweck, einen Theil der Bevölkerung gegen die National— Garde aufzureizen und der letzteren selbst ihren ehrenvollen Be⸗ ruf zu verleiden, werde durch dergleichen Unwahrheiten nicht er— reicht werden.
Der Befehlshaber der ersten Militair-Division, General— Lieutenant Pajol, zeigt den hier befindlichen Generalen an, der König werde es mit Vergnügen sehen, wenn dieselben sich mor⸗ gen Mittag dem Gefolge anschließen wollten, das Se. Ma. nach der Deputirten⸗Kammer begleiten werde. Die Linsen— Infanterie und die National-Garde werden ein Spalier von dem Palais-Rohal bis zu dem Palast Bourbon bilden; auf den öffentlichen Plätzen werden Kavallerie-Abtheilungen aufgestellt seyn. Die reitende Nationel-Garde und eine Schwadron Hu— saren werden den Zug eröffnen, daun folgen die Adjutanten des Konigs, daun der König mit den Prinjen zu seinen Seiten, und im Gefolge die Marschälle und Generale. Eine Schwa— dron Dragoner wird den Zug schließen.
Am 16ten d. M. wurde ein Herr v. St. Gonan in Van— nes (Dep. des Morbihan) verhaftet; auch sollen die Herren Dubotderu, v. Robien und v. Sceillon auf ihren Landhäusern festgenommen worden seyn; noch mehrere andere Verhaftsbefehle wurden von der Gerichts-Behörde erlassen. In der Nacht vom 16ten auf den 17ten umzingelte eine Abtheslung der Garnison von Vannes das in der Nähe der Stadt am Meeresufer gele⸗ gene Schloß Arradon; das Ergebniß der dort angestellten Haus— suchung ist noch nicht bekannt.
Aus Nantes wird unterm 19ten d. geschrieben: „Einige 30 Arbeiter hatten auf dem Platze am Hafen einen Freiheitsbaum gepflanzt; eine Patrouille der National-Garde kam in dem Au— genblicke an, wo sie dieses Werk beendigten. Als sie aufgefordert wurden, auseinanderzugehen, widersetzten sie sich und warfen mit Steinen, als aber eine Abtheilung der reitenden National-Garde auf dem Platze erschien, ergriffen die Ruhestörer die Flucht; sechs derselben wurden verhaftet und der Gerichts-Behörde überliefert.
Die hiesigen Blätter enthalten die Hlufforderung zu einer National-Subseription, um die Kinder der Juli⸗Kämpfer, welche das Kreuz oder die Medaille erhalten haben, in einer be— sonders zu errichtenden Schule unterzubringen. Das Comité, welches sich zu diesem Zweck gebildet hat, besteht aus dem Her— zog von Choiseul, Präsidenten, und den Herren Lafayette, Her—
og von Montebello, Odilon-⸗Barrot, Mauguin, Chaix⸗8d'Est⸗1Ange, Ladet Gassieourt, Cauchois⸗Lemaire, Crosnser, Tonnet und Blane. Der König hat sich mit 6000, die Königin mit 2000 Fr. unter⸗ zeichnet.
Der Courrier frangais widerspricht der Behauptung ei— niger anderer Blätter, die gemeldet hatten, daß General Lafahette Alters-Präsident der Kammer seyn würde. Herr Duchatel sey einige Jahre älter, als General Lafayette.
Das Journal du Commerce meldet, daß die Behörde sich, auf den Antrag des Generals Lafayette, beeilt habe, den Siegern der Bastille und den Wählern jener Zeit einen beson⸗ deren Platz bei den Juli⸗-Feierlichkeiten anzuwessen.
Vorgestern Abend gingen (wie die Gazette des Tribuneaur meldet) drei als Arbeiter gekleidete Personen durch die Straße Bourbon-⸗Villeneuve und riefen ganz laut: „Die Republikaner sind Schufte; sie sind Schuld daran, daß die Arbeit nicht geht; man müßte sie Alle aufhängen.“ Zwei junge Leute, welche drei farbige Kokarden an ihren Hüten hatten, fragten, ob ihnen diese Reden gälten; daraus entstand ein Streit, der in Thätlichkeiten überging; zwei der Arbeiter ergriffen die Flucht, der dritte wurde verhaftet und unter dem Rufe: Nieder mit dem Polizei-Spion, zu einem Polizei⸗Kommissarius geführt.
Der Semaphore de Marseille enthält ein Schreiben eines Militairs aus Algier, worin die Nachtheile, mit denen der Rückug des Generals Berthezone über den Atlas verknüpft ge— wesen, nur den nn, D. Anordnungen dieses Feldherrn beige⸗ messen werden; namentlich wird getadelt, daß er, statt die den Weg beherrschenden Hügel durch Detaschements zu besetzen, die sich en échiquier hätten auf das Gros repliiren können, längs der ganzen Kolonne eine Tirailleur-Linie entwickelte, gegen welche die aus dem Gebüsch schießenden Araber im Vortheil waren. Die ganze Behandlungsweise des General Berthezene gegen die Araber sey überhaupt zu milde und gränze an Schwäche; wenn er von den Beduinenstämmen, die sich ihm scheinbar unterwor— fen, ihn später aber auf dem Rückzuge angegriffen, Geißeln mit⸗ genommen hätte, so würde dieser ganze Unfall vermieden worden seyn. In Algier sey durchaus eine energische, diesen wilden Völ— kern Furcht einflößende Verwaltung noͤthig.
Der Courrier frangais enthält Folgendes: „Man kün— digt an, daß Dom Pedro bald nach Frankreich zurückkehren und mit seiner Gemahlin, so wie mit der Königin von Portugal hierher kommen werde; dem Vernehmen nach, läßt er sich auf die drin—⸗ genden Vorstellungen unserer Regierung in Frankreich nieder. Die Einwohner von Brest haben der jungen Königin Donna Maria viel Theilnahme bezeugt, die Behörden hatten Befehl, das Incognito derselben zu respektiren; eine Viertelstunde nach ihrer Ankunft befahl eine telegraphische Depesche den Beamten, die Tochter Dom Pedros als Königin von Portugal zu behan— deln; dieselbe empfing von diesem Augenblicke an die Ehrenbe— zeugungen eines gekronten Hauptes und der Kanonendonner ver— kündigte den Einwohnern diesen Beschluß, der mit Freuden auf— genommen wurde. Diese förmliche Anerkennung der Donna Maria beweist, daß man Portugal von Dom Miguel befreien will. Die Königin der Franzosen soll Donna Maria und deren Stiefmutter, die gewesene Kaiserin von Brasilien, eingeladen ha— ben, nach Paris zu kommen.“
Paris, 23. Juli. Königliche Sitzung zur Eröff— nung der Session von 1831. Schon von 8 Uhr Morgens an drängte sich das Publikum an, den Zugängen des Palastes der Deputirten⸗Kammer, deren Thüren erst um 12 Uhr geöffnet
wurden. Auf den beiden ersten Reihen der für das Publikum
bestimmten Tribunen nahmen die Damen, hinter ihnen die Her⸗ ren Platz. Der Saal war ganz so angeordnet, wie für die Kö⸗ nigliche Sitzung des vorigen Jahres. An der Stelle des Bu⸗ reaus des Prässdenten war der Thron errichtet; zur Rechten und zur Linken standen Sessel für die Herzoge von Orleans und Ne— mours; rechts und links zu den Füßen des Thrones befanden sich die Plätze der Minister und unmittelbar unter demselben die— jenigen für die Marschälle von Frankreich. Für die Pairs wa— ren die beiden letzten Abtheilungen der Bänke der rechten Seite und für die Deputirten der ganze übrige Theil der Kammer be— stimmt. Die Bänke der Pairs waren nur sparsam be— setzt; man bemerkte unter ihnen die Herzoge von Broglie, Decazes, von Choiseul, die Grafen Roh, von Semon— ville, Talaru, die Barone Pasquier, Portal u. a. m. Die für die Deputirten bestimmte linke Seite war ganz besetzt; die Herren Lafayette, Guizot, Dupin, Laffitte, Roher-Collard, Mauguin, Ch. v. Remusat, Thiers, Viennet und eine Menge anderer Deputirten der vorigen Kammer waren auf ihren alten Plätzen; auf allen Bänken sah man eine Menge unbekannter Gesichter; unter den neuen Deputirten bemerkte man besonders die Herren Arago, Fonfrode, Pages, Teste, Fulchiron, Merilhou, Las⸗-Cazes den Vater, Duvergier de Hauranne den Sohn, den General Pelet und Andere. . 1 Uhr kündigte eine Artillerie⸗ Salve die Ankunft des Königs an, und die Deputationen der Kammern gingen ihm entgegen. Die Königin, von den Prin⸗ zessinnen und jüngeren Prinzen, so wie von Madame Adelalde, der Schwester des Königs, begleitet, erschien auf einer in der Nähe des diplomatischen Corps für diefelbe vorbehaltenen Tribüne. Hierauf trat der König in der Uniform der National-Garde, un— ter Vortritt der Deputationen und gefolgt von einem zahlreichen Generalstabe, in den Saal und wurde mit dem Rufe: Es lebe der König empfangen. Se. Maj. nahmen mit entblößtem Haupte auf dem Throne Platz, zur Rechten der Herzog von Orleans, mir Linken der Herzog v. Nemours, jener in der Uniform als Husaren⸗Oberst, dieser in der als Uhlanen⸗Oberst, und hielten, nach⸗ dem Sie die Versammlung aufgefordert hatten, sich zu setzen, mit bedecktem Haupte folgende Rede:
„Meine Ferren Pairs und Meine Herren Deputirten!
„Ich bin glücklich, Mich in Ihrer Mitte und in diesen Mauern zu besinden, wo Frankreich Meinen Eid empfing. Durch⸗ drungen von den Pflichten, die er Mir auferlegt, werde Ich Mich stets auf den National-Wunsch stützen, dessen verfassungs⸗ mäßige Organe Sie sind, und erwarte von Ihnen jene aufrich— tige und vollständige Mitwirkung, die Meiner Regierung dieje— nige Kraft sichern muß, ohne weiche dieselbe der Erwartung der Nation nicht entsprechen kann.“ ö
„Ich habe gesagt, M. H., die Charte werde eine Wahrheit seyn; Mein Wort ist in Erfüllung gegangen. Die Charte ist die constitutionnelle Monarchie mit allen ihren loyal aufrecht⸗ erhaltenen Bedingungen, mit allen ihren ohne Rückhalt ange⸗ nommenen Folgen. Es ist Zeit, daß wir durch das überesn— stimmende Wirken aller Staatsgewalten den sich verlängernden Aufregungen ein Ziel setzen, durch welche die strafbaren Hoffnun⸗ gen derer genährt werden, welche von der Rückkehr der des Thrones verlustig gegangenen Dynastie träumen oder uns das Hirngespinnst der Republik zurückführen möchten. Getheilter Ansicht über das Ziel, stimmen sie vergebens in dem Willen überein, die durch die Juli⸗Revolution gegründete politische Ord⸗ nung um jeden Preis umzustoßen; ihre Anstrengungen werden vereitelt oder bestraft werden.“
Frankreich wollte, als es Mich auf den Thron berief, daß das Königthum ein nationales, nicht aber, daß es ohnmächtig seh; eine Regierung ohne Kraft würde für eine große Nation nicht passend seyn.“ ;
„Ich habe unlängst Frankreich durchreist; die Beweise der Liebe, die Ich auf dleser Reise empfangen, haben Mein Herz lebhaft gerührt; die Wünsche des Landes sind Meinem Geiste noch gegenwärtig; Sie werden Mir in der Erfüllung derselben beistehen. Die Ordnung wird beschützt, die Freihest gesichert und jeder aufrührerische Versuch vereitelt und unterdrückt wer— den. So wird jenes Vertrauen in die Zukunft wiederkehren, welches allein die Wohlfahrt des Landes wiederherstellen kann.“
„Um ju diesem Ziele zu gelangen, und um die tonstitu⸗ tionnelle Monarchie immer mehr zu befestigen, habe Ich die ver— schiedenen Ihnen vorzulegenden Gesetz⸗ Entwürfe vorberesten lassen.“
„Sie werden, hoffe Ich, in dem Gesetz⸗Entwurse, welcher die Lösung einer großen, durch die Charte der Prüfung der Kam— mern vorbehaltenen, Verfassungsfrage zum Gegenstande hat, an— erkennen, daß Ich stets unsere Einrichtungen mit den durch die Erfahrung aufgeklärten und durch die Zest zur Reife gebrachten Wünschen und den Interessen der Natson in Einklang zu bringen trachte.“
„dLluch werden Sie, den Versprechungen der Charte gemäß, die Gesetz⸗ Entwürfe zu prüfen haben, welche bestimmt sind, die Organisation der Departements und der Städte zu vervollstän— digen, die Verantwortlichkeit der Minister und der anderen Staats— Beamten ju bestimmen und die Freiheit des Unterrichts sest⸗ zuftellen.“
„Andere Gesetzentwürfe über die RKekrutirung der Armee, über das Strafgesetzbuch, die Finanzen und verschiedene andere öffentliche Interessen werden Ihnen ebenfalls zur Berathung vorgelegt werden.“ ö
Ich erkenne die drückende Lage, in welche die gegenwärtige Han⸗ dels⸗-Krise die Nation versetzt hat, in ihrem ganzen Umfange, Ich bin betrübt darüber und bewündere den Muth, womit 'se ertragen worden ist; Ich hoffe, sie ist ihrem Ende nahe, und die Befestigung der Ordnung wird bald die für den Umlauf der Kapitalien nöthige Sicherheit herbeiführen und unserem Handel und Gewerbfleiße jenes Leben und jene Thätigkeit wiedergeben, die unter einer stets von den National-Interessen geleiteten Re— gierung nur vorübergehend gelähmt werden können.“
„Der Zustand unserer Finanzen ist beruhigend, und wenn die Bedürsnssse groß sind, so sind auch reiche Hülfsquellen .
Bestreitung derselben vorbehalten worden,“