1831 / 256 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

. Neapel, 27. Aug. Mittelst Königl. Dekrets vom gestri⸗ . en Tage ist das ganze Littorale des Sleilianischen Reiches der Hiw role durch einen Sanitäts⸗-Cordon unterworfen worden. Den neuesten Zählungen zufolge, betrug die Bevölkerung der diesseits der Meerenge gelegenen Provinzen am 1. Januar d. J. 5, 754,010 Seelen und hatte sich gegen voriges Jahr um 2, 89s Seelen vermehrt. aᷣᷣ· 0 —ieQy o ! —ʒr

Choler a.

n der Residen dt Berlin waren ö . erkr. genes. gestorb. Bestand

bis zum 12. September. 184 13 117 54 hinzugek. bis 3. 13. Sept. Mittags 8 14. 26 60 Bis zum 13. Sept. Mittags Summa 227 24 143 60

darunter Militair 4 1 = 3

Regierungs⸗Bezirk Potsdam.

Obe. 8 mn r hr. Kreis. Im Dorfe Alt-Wrietzen ist am 8. September die Cholera ausgebrochen.

Nieder-Barnimscher Kreis. In Oranienburg sind bis zum 9. September 9 Personen erkrankt und verstorben.

Regierung s-Bezirk Frankfurt. Kreis Königsberg. In Zellin haben sich Spuren der Cholera gezeigt, L Menschen find Daselbst bis zum 8. September unter verdächtigen Syymptemen gestorben.

Regierung s-Bezirk Gumbinnen.

Kreis Tilsit. In der Stadt Tilsit sind bis zum 2ten Sept. 27 Personen erkrankt, 16 gestorben. In Picktupönen und Kellerischken ist die Cholera ausgebrochen.

Regierung s-Bezirk Marienwerder. In der Stadt Kulm sind seit dem Ausbruch der Krankheit

37, gestorben 45, noch krank 43.

In der Stadt Graudenz sind vom 25. Juli bis zum 6. Sept. erkrankt 199 Personen, genesen 68, gestorben 116.

In der Stadt Schwetz sind seit dem 9. August erkrankt 203 Personen, davon genesen und nur 68 gestorben.

In der Stadt Strasburg, wo die Cholera besonders hef— tig ift, sind bis zum 7. Sept. bereits 283 Personen erkrankt und davon 190 gestorben.

Kreis Thorn. In Jesuitergrund, Kozybor, Pod⸗ gurz und Stewkee, wo die Cholera bereits aufgehört hatte, sind neuerlich jwischen dem 2. und 6. Sept. Erkrankungs fälle

vorgekommen. Kreis Stuhm. In Willenberg hat sich die Cholera

am 6. Sept. gezeigt.

Die neue Werdersche Kirche. (Schluß des in Nr. 252 d. Staats⸗Zeitung befindlichen Ersten Artikels.) Das schoͤne Haupt- Portal verdient naͤhere Betrachtung. Die Wabl zweier Thürme, welche den Eingang, als imposante Waͤchter, in ihre Mitte nehmen, war besonders guͤnstig, dahingegen ein ein—= nger Thurm immer einem ansehnlichen Haupt⸗-Eingange, der doch dem Altar gegenuber seyn muß, im Wege steht. Die Hauptwand— ssaͤche zwischen den beiden Thuͤrmen ist horizontal geschlossen, und vom Dache sieht man nichts. In zwei Absaͤtzen steigt sie an, unten in fast gleicher Linie mit den Thurmwaͤnden bis zur Höͤhe des Kranz⸗ Gesimses, dann bis zur dußersten Höhe des Dachs etwas zurüͤch⸗ springend. Zwei xechteckig geschlossene Pforten neben einander, jede von zwei Fluͤgeln, fübren ein in das gottgeweihte Haug, von Spitzbogen, die auf Pfeiler mit schoͤn geformten Kapitaͤ—⸗ len aufsctzen, überfaßt. Gleichfalls spitzbogenfoͤrmig erhebt sich uͤber diesen Bögen das eine große Hauptfenster des Portals, 4s Fuß hoch, 16 breit Den Raum nun zwischen der unteren horizon⸗ talen Begraͤnzung des Fensters und den erwaͤhnten Spitzböͤgen der Eingaͤnge fuͤllt eine kolossale Statue trefflich aus n Thon ge⸗ brannt schen wir hier einen heiligen Michael, 19 Fuß hoch, in Har⸗ nisch und ritterlicher Tracht, mit dem Speer den zu seinen Fuͤßen ewundenen Drachen bekaͤmpfend. Das Stabwerk des . Fen⸗ ers giebt aͤhnliche Figuren, nur in groͤßerem Maaßstabe, als das aller übrigen. Von unten auf theilt es sich in mehrere Staͤnder, welche sich zweimal in kleinen 4 schließen und zwar das zweite Mal in ein großes aus Kreisbögen gebildetes Kleeblatt sich einfuͤgen; letzteres fäßt die Rosette ein, die sich fuͤnfblaͤttrig gestal⸗ tet, und das Ganze, von dem Hauptspitzbogen uͤberschlossen, bietet ein ö n Spiel einfach, aber geistreich verschlungener For⸗ men dar.

Aus fuͤnf Etagen bestehen die Thüuͤrme, von denen die un⸗ teren mehr ganze Fiäͤche haben und immer mehr und stäͤrker durch⸗ brochen zu den dadurch leichter gewordenen Spitzen emporfuͤbren Nicht etwa nach dieser rn n, n. auch die Höhe der Etagen

in gerader Proportion ab: ein Versehen, das so viele Thuͤrme un⸗ ug macht und selbst der mathematischen Hoͤhe Eintrag thut, so⸗ weit die Verkleinerung des Wirklichen der perspektivischen selhst vor⸗ greift, statt fuͤr jene durch . Kunstgriffe vielmehr erst einen vortheilhaften . an die Hand zu geben. Die unteren Eta— * der Thuͤrme sind durch die Anlage des ganzen Gebaͤudes we⸗

entlich gegeben und resultiren erst daraus. In der Hoͤhe der Pfor⸗ ten namlich umlaͤuft ein ganz unverzterter ünterbau das Gebaͤude, ihm hiermit den Ausdruck der Stabilitaͤt aufpraͤgend. Die zweite Etage der Thuͤrme steigt eben so hoch, als der entsprechende Absatz aller Strebepfeiler, welche von da an sich in geringerer Staͤrke er= heben, dagegen, zu noch größerer Erleichterung der Masse fuͤr das Auge, mit einer einfachen Fuͤllung belebt werden, welche sich unter bem Dach in einen kleinen gezierten Spitzbogen schließt. Dem nun sorrespondirt die dritte Thurm⸗Etage, und es ist fur das empfaͤng⸗ lichere Auge eine Lust, zu sehen, wie geistreich hier die erwaͤhnte Verzierung auf den Ecken der Thuͤrme wiederkehrt, hier eingreifend mit ihren Staͤnderchen in die spitzbogenfbͤrmigen Konsolen des Kranz⸗ gesimses. Leider entfliehen dergleichen Feinheiten architektonischer Erfindung allzu sehr dem Ausdruck durch das Wort; man kann sie laum namhaft, geschweige denn fuͤhlbar machen. Das Zifferblatt der Uhr, welches auf diesem Theil beider Thuͤrme zugleich seine Stelle fand, ward in eigenthuͤmlicher Weise angebracht. Auf feiner schwarzen Scheibe erscheinen Zeiger und Zahlen, sondern unmittelbar auf der bloßen Mauer. Durch ihren goldenen Glanz sind sie so noch immer kenntlich genug, wahrend die Scheibe, wel⸗ che nun weniger hervortritt, fuͤr die uͤbrige Architektur weder be⸗ stimmend noch stoͤrend wurde. Einander gleich sind die beiden oberen Etagen; von den unteren hatte eine jede nur eine einzige Luke, hier iebt es drei schmale Fenster⸗Oecffnungen, in einen Rahmen einge⸗ ien Dies verleiht den oberen Theilen fur die Phantasie Leichtigkeit, und zwar erhaͤlt die oberste Etage, die sich nur ein wenig verjuͤngt, deren noch mehr, weil die Eckthüͤrmchen und das umlaufende Ge⸗

Beweis, daß das Gleichartige oft mehr sagt, als das Mannigfaltige, sofern es doch zugleich durch andere Umgebung ganz anders ge⸗ stimmt wird. .

Die schbne ,. des Kranz-Gesimses besteht in der ein⸗ fachen Aneinanderreihung eines Üüberfallenden akanthusartigen Blat⸗ tes. Unmittelbar daruͤber erhebt sich das aͤußerste Gelaͤnde, welches die Thuͤrmchen verbindet, sowohl auf dem Haupt⸗Gebaͤude, als guf den Thürmen, Es destebt aus der Wiederholung einer vierkleeblaͤtt⸗ rigen, aus vier Dreiviertel⸗-Kreisbbͤgen zusammengesetzten Rosette, eingerahmt durch horssontale Leisten. Darf ich nun hier meinem Auge trauen so gewahrt dieser Schluß nicht ganz die letzte Beru⸗ higung des Kunstwerks, die man wuͤnschen sollte. Was ich sehend

laͤnde als unmittelbare Fortsetzung sich ihm anschließen: wieder ein

1432 empfinde, loͤse ich mir auf in folgende Betrachtung. Außer dem Ho— rizontalen und Vertikalen, als den durch die Schwere gegebenen Haupt- Momenten aller Architektur, ist hier der Spitzbogen das cha— rakteristisch Bestimmende, das Kreisfoͤrmige hingegen kommt uberall nur als untergeordnetes und fremdartiges Element vor, welches auch immer erst einer Auflbsung zur Harmonie bedurft hat. Das⸗ selbe Gefuͤhl nun, welches dort den Architekten bestimmte, diese Löͤ⸗ sung herbeizufuͤhren, fordert auch demgemaͤß den Schluß⸗ Akkord. Ein aus Elementen des Kreises bestehendes Ornament konnte diesen nicht geben, und die Sache wird um so empfindlicher, als sich das⸗ selbe fogar scharf gegen den Himmel profilirt, Noch ein anderer Uebelstand durfte seyn, daß sich bei einiger Entfernung auch diese Figuren des Ornaments in ganz andere aufloͤsen, welche noch we⸗ higer mit den Formen etwas zu schaffen haben, aus denen doch das Gebäude krystallisirt und aufgeschossen scheinen soll. Man sieht namlich von weiteren Standpunkten aus eine Verzierung, die aus eraden, unter einem Winkel von n aj scheint. Letzteres wuͤrde gehoben seyn, wenn die Verzierung nur etwas voller und schwerer ausgefallen waͤre, eine Aende⸗ rung, die uberhaupt wuͤnschenswerth seyn möchte, damit dies Gelcnde sich dem Gebaͤude inniger anschließe und aus dessen Orga⸗ nismus erwachsen scheine; jetzt steht es inehr außerhalb. Es kommt aber durch diese ÄÜbsonderung eigentlich nur zu Tage, was man durch den Anstrich verbergen wollte, daß naͤmlich diese ganze Ver= zierung kein Mauerwerk ist, sondern in Eisen gegossen. So verrath und straft sichs denn meistentheils, wenn man ein Material als ein nderes verkleidet. . . K ; Möchten diese Ausstellungen zu speziell scheinen, so sind sie es doch allein, welche den urtheilenden Beobachter der schlimmen Rolle einer stummen und darum verdaͤchtigen Bewunderung entziehen. Auch handelt sichs zugleich um Grundsaͤtze, deren Einmischung man ohne⸗ dies nirgend i e , . wo die Betrachtung weder aͤchlich noch absprechend seyn will. 6 . bern, , freistehenden Seitenfront zaͤhlt die Kirche fuͤnf Spitzbo⸗ genfenster; der schon genannte hohe Chor hat deren ebenfalls fuͤnf

am D. Aug. bis zum 6. Sept. erkrankt 125 Personen, genesen von derselben Hohe, ber geringä ier J

Gebäude laufenden Strebepfeilern schließen sich die den Thuͤrmen zunaͤchst stehenden an diese unmittelbar an, nur die Wasserleitungen wischen sich nehmend. Hier war nun ein Uebelstand kaum vermeid⸗ li, indem auch die kleinen Thuͤrmchen, welche uͤber diesen Stre— ben nicht wegbleiben durften, sich jetzt dicht an die großen Thuüͤrme anlehnen und so dem reinen Emporsteigen der letzteren nachtheilig werden. Man darf dergleichen anmerken, wenn es auch keinen di⸗ rekten Tadel enthalten kann, denn es ist wesentlich fur die Schaͤz⸗ zung eines Kunstwerks. Der Kuͤnstler soll durch Dinge solcher Art nie Übermaͤßig genirt werden, sonst wurde man in einer Kunst, der von außen vielfältige, zuweilen unuͤberwindliche, Hemmung entge= entritt, nie etwas zu Stande bringen, waͤhrend doch gerade zugleich n der Besiegung und Aussoͤhnung nicht nur gegebener Schwierig⸗ keiten, sondern auch solcher Mißstande, die sich aus dem gemachten Plan waͤhrend seines Verfolgs erst entwickeln, das erfindende Genie des Architekten seinen eigensten Spielraum hat. Soll, ihm nun pünktlich angerechnet werden, was er hier zur Schönheit wendete, fo muß er billig auch die Verantwortung dessen ubernehmen, was

zuruͤckblieb als noch nicht in das Reich schöͤner Formen aufgegangen.

Die Forderungen an die Schoͤnheit architektonischer Werke sind bestimmt und unzweideutig, nicht minder als die der musikali⸗ schen Harmonie, wenn es auch fuͤr erstere bis jetzt keine auf⸗ gezeichnete Lehre vom Generalbaß giebt. Die großen Form⸗ kanstler aller Zeiten und Voͤlker haben sich verstanden nur demselben Gesetz gedient. Darum hat man denn ein fuͤr alle⸗ mal das Urtheil derer in Verdacht zu ziehen, welche einen strengen und reinen Styl fordern. Jedes Werk hat seinen eigenen und hat immer feinen Manßstab in sich. So verliert denn Schinkels Werk nichts, wenn man es nicht sogleich nach einem bestimmten Styl ru⸗ briziren kann; denn zu seinem Trost ist dieser sogenannte reine Styl immer nur beitodten Rachahmern oder den Gelehrten des Worts und Zoll⸗ stockes zu finden gewesen. Eine solche Betrachtung bereitet die Würdigung unferes Kunstwerks vor; ihm kann in mehrfacher Ruͤcksicht der Ruhm der Originalitaͤt nicht entzogen werden. Zu uͤberfluͤssigem Schutz aber dient ihm die Bemerkung, daß niemals mit einem einzigen Werk der Architektur schon die abgewogenste und zugleich reichste Konsequenz fuͤr neue Bedingungen und aus ihnen resultirende neue Formen-Verhaͤltnisse erreicht , dies ist immer nur der An— rengung einer ganzen Zeit gelungen. .

Huh das ir i. betrachtet werde, sind noch zwei Gesichts punkte fuͤr das architektonische Ganze uͤbrig. Als Stadtprospekt ist die Kirche von mehreren Seiten eine große Verschoͤnerung Berlins; insonderheit der nicht eben geraͤumige, durch interessante Unregelmaͤ⸗ ßigkeit charakteristische, Markt bietet, dem phantastisch schweren M unz⸗

cbaͤude gegenuͤber, gerade die rechte Gesichtsweite, um die Thurm;

at vortheilhaft erscheinen zu lassen; denn wer wußte nicht, daß ein gar zu weiter Gesichtspunkt und die allmaͤlige Annaͤherung dem impofanten Erscheinen der Gebäude viel abzieht. Einen guͤnstigen Gesichtspunkt aus groͤßerer Entfernung gewahrt die gerade auf die Kirche zustoßende, weiterhin etwas gekruͤmmte, Kur⸗Straße. Sogar die zur Linken des Beschauers noch stehen gebliebenen kleinen ver⸗ fallenen Gebaͤude, zu deren Wegraͤumung anfangs Hoffnung war, verletzen doch nicht in jeder Ruͤcksicht das Auge; sie scheinen sogar in ihrem schlechten baulichen Zustande die stolzen Mauern nur um so reiner emporstreben zu lassen und finden gewiß unter den Ma⸗ lern und Poeten weniger Feinde, als unter einer wohlloͤblichen Buͤr⸗ gerschaft, die aus gutem Grunde jede Wohlansehnlichkeit vorzieht.

Wovon nun endlich hinge die landschaftliche Schoͤnheit der Städte mehr ab, als von hohen Gebaͤuden? Thuürme und deren Stellung machen die Ansichten der Staͤdte charakteristisch. Je mehr sie sich erheben, je mehr ihre Profile eine reiche, und doch uͤberschauliche Form darbieten, um so mehr ist dieser Ruͤck⸗ sicht genugt, welche in der Ueberlegung des Architekten wahr⸗ lich nie die letzte zu seyn verdient. Nun hat in unserer lieben Stadt eine große Vorzeit doch gerade nach dieser Seite auch zukuͤnftiger Kunst immer noch einen sehr erfreulichen Spielraum gelassen, den auch unser Gebaͤude nicht erschͤpfen will. Von seinen nur maͤßigen Dimensionen war in dieser Ruͤcksicht nicht allzuviel zu erwarten, desto mehr aber von seinen zwei Thuͤrmen, wie solche denn immer durch ihre Beziehung auf einander in der Ferne einen besonderen Reiz gewaͤhren. Allein, gestehen wir es, es konnte nicht Alles auf einmal geleistet werden, und die gute Rechtfertigung, welche die stumpfen Thuͤrme mit ihren Spitzchen in der Totalitaͤt des Ge⸗ baͤudes finden, geht doch ziemlich verloren, wenn dies untere ver⸗ deckt ist; ihre Form erscheint unverstaͤndlich und unbedeutend: Alles aus demselben Grunde, warum die heiden Domthuͤrme auf dem Gensdarmes-Markt in so hohem Grade leisten, was Berlin von landschaftlicher Schoͤnheit besitzt.

Kehren wir nunmehr zu den Einzelheiten zuruͤck, welche das Aeußere des Gebaͤudes schmuͤcken, so sind es die Herren Ludwig Wichmann und Prof. Tieck, von deren bekannten Talenten hier die Rede seyn muß. Der Erstere bildete die Figuren uͤber dem Haupt⸗ Eingange; zwischen den beiden Spitzboͤgen den kolossalen heiligen gil hn und in den Ecken schwebende Engel. Der Heilige, mit der Lanze auf den Kopf des Drachen zustoßend, den er mit Fuͤßen tritt, ist in einer schoͤnn Bewegung aufgefaßt und ging selbst nicht zan leer aus an jenem heiligen Unwillen und Ernst, den der Ge⸗ genstand fordert. Der vielgewundene schlangenartige Drache bezeugt die Gewandtheit des Bildners. Dank aber dieser Wahl, denn der Ge⸗ genstand ist unmittelbar verstaͤndlich, und achtbare Rechtglaͤubigkeit

45* gekreuzten, Staͤben zu beste⸗ * / zugehoͤrig den Herren Woderb und Egells.

und

moͤchte sonst vielleicht schon mehr von der heiligen Legende aus der

Sphaͤre des evangelischen Bekenntnisses verscheucht haben, als uns eld e mt andaͤchtig erheben kann, sowohl den Kuͤnstler als den Christen. Die Bildwerke auf den in Eisen gegossenen Thuͤrflüͤgeln sind von Herrn Prof. Friedr. Tieck, Medaillons, je fuͤnf auf jedem Flüͤ⸗ gel. Sie zeigen uns Engel und heilige Gestalten, Tafeln mit Spruͤ⸗ chen darhaltend, oder an damit erfuͤllte Postamente sich lehnend.

Die diesem Kuͤnstler besonders eigene Grazie tritt uns hier

entgegen, sowohl in der allgemeinen Haltung der schwebenden, sch. tenden oder gestuͤtzten Figüren, als auch ganz vornehmlich in uͤberaus schoͤnen Faltenlegung der Gewanhstuͤcke, welch gebildeter Schoͤnheit der Formen und in der Ngtuͤ ; ianen Wurfs gewiß auch dem strengsten Richter Beifall abndöthigen n Lesen wir dann aber die schoͤnen biblischen Spruͤche, welche sie uns; gegen halten, so bleibt noch der Wunsch, daß diese Figuren welch uͤberaus zierlich bewegen, auch noch von dem heiligen Inhalt mehr in ihre gesammite Erscheinung möchten aufgenommen ha Ich besorge, daß auch diesmal die unmittelbarsten Anspruͤche i unbefangenen Christen mit den hoͤchsten Forderungen der Kunßg staͤndigen zusammenfallen mochten. Die uͤbrige Einfassung und zierung der Medaillons anlangend, so zeigt Alles von dem bewaäͤhn sten Geschmack des Bildners. Auch der Eisenguß blieb hinter Tuͤchtigkeit dessen, was er wiederzugeben hatte, nicht zuruͤck; er schah in der ruͤhmlichst bekannten neuen Berliner Eisengießn Die Reliefs kamen

; e an dun atuͤrlichkeit des mom

solcher Reinheit und Ganzheit aus der Form, daß man

aus unseren Werkstaͤtten noch kaum etwas Vollendeteres duͤrften sehn haben; bekannt aber ist, daß wir in diesem Punkt jeden g gleich mit den Bestrebungen des Auslandes ruhig erwarten könp Ueberstrichen hat man den Guß mit einem Firniß, der das Ansth der Bronze taͤuschend hervorbringt und der lichtempfaͤnglicheren si wegen den feinen Bildwerken foͤrderlicher wird, als der gewoͤhns

schwarze Ueberzug, den man Eisengußwerken zu geben pflegt.

Oberwaͤhnte Kolossal⸗Figur würde in der Feilnerschen Wer gebrannt, so wie auch alle uͤbrige schwierigere Theile der Ven rung; die Offizin hat damit fernere Beweise ihrer auf immer m Fortschritte gerichteten Strebsamkeit gegeben. Verdienst ermessen, der weiß, wie schwierig es ist, in gebrannn Thon Genuͤgendes zu liefern, da das Einschwinden des feuch Materials im Ofen sich nur kaum berechnen, das Bersten und Werfen der Theile sich aber noch weniger vorhersehen und ven

ten laͤßt.

Und um hier jedem Verdienst das Seine zu lassen, so m noch schließlich erwaͤhnt werden, daß die Art der Zink⸗Bedeckh welche einen so geringen Winkel der Abdachung hinreichend muh nach der neuen, immer mehr bewaͤhrten Methode geschehen, weh der Erfinder, Herr Buͤrde, in einer eigenen Schrift bekannt gem Sie hat außer dem Vortheil der Leichtigkeit besonders noch den,) sich die Sache auf ebner Erde vollenden laͤßt und, mit groͤßter g cherheit der Wasserdichtigkeit, ohne weiteres Bindemittel an Ort ihrer Bestimmung nur zusammengefuͤgt zu werden bran Ueber die emporgebogenen Kanten je zweier benachbarter Plan naͤmlich greift eine ausgehoͤlte, mit Zinkblech beschlagene Hnolzltß die man bei etwanigen Reparaturen nur einzeln ,, di

t.

Nur der wird]

e sin

B erline

Amil. Fonds- und Geld- Cours-Lettel. (Prer s. (ian

1 B 5 T6 e, Den 13. September 1831.

AlIiIgemeine

Preußischt Staats-Zeitung.

eth

in , ,

——— —— —— ——— ———— —— H

Berlin, Donnerstag den iötnn September.

Amtliche Nachrichten.

rin des dages

Der Ober-Landesgerichts-Referendarius Johann Hein— ich Hüsgen ist zum Notarius im Friedensgerichts-Bezirke keuß, im Landgerichts⸗Bezirke Düsseldorf, mit Anweisung sei⸗ s Wohnortes in Neuß, bestellt worden.

in

Abgereist: Se. Excellenz der General der Infanterie und Feneral-Adjutant Sr. Majestät des Königs, Freiherr von dem snesebeck, nach Posen.

Zeitungs-Nachrichten. K

F rantren c.

Deputirten-Kammer. In der Sitzung vom 6ten Feptember theilte Hr. v. Tracy der Kammer einen neuen hesetzes Vorschlag über den bürgerlichen Zustand der Bewohner er Kolonien mit. Derselbe zerfällt in III. Titel und 27 Artikel nd ist sonach ein förmliches Gesetzbuch. Der lte Titel handelt on den freien Bewohnern der Kolonieen; der Ilte von der Frei— assung der Sklaven, der IIlte von dem Genusse der bürgerlichen nd politischen Rechte. Hr. v. Tracy wollte diese Proposition nder Sitzung vom 10. September entwickeln. Nach ihm hestieg Hr. Jouffroy die Rednerbühne, um seinen am 24. v. M. gemachten Antrag wegen der bei der Kammer einlaufenden Hhetitionen, die er, insofern die Bittschriften-Kommission sie ein⸗ immig zu einer Berichterstattung für nicht geeignet halte, ohne Beiteres bei Seite gelegt wissen wollte, zu entwickeln. Herr houlle widersetzte sich diesem Vorschlage; jede, selbst indirekte,

II. Brie Geld]

VI. Brie a

berletzung irgend eines Artikels der Charte, meinte er, könnte

öchst nachtheilige Folgen nach sich ziehen; sobald man erst das

It. Schuld- Sch 4 9t vor Gstbr. Hlandbrf. 4 UI Hrinzip gelten lasse, daß das Petitions-Recht ermäßigt werden . ö 26. ö. . 9 nf . J = Fnnt, hindere auch nichts mehr, daß man, von einer Modification zur be Erl, oll 3, 2 8 82 Selenium ge t TW , wderen schreitend, dieses Recht zulgßt, ganz und gar vernichtet, kurm. Hi m. j. c. 4 335 kik. 8. d. -u. d. = 9 ens ug rd sprach dagegen die Linsicht aus, daß eben, weil Neun. Int. Sei. do, 4 83 Z- Sch. d. eu. N 43] em Petitions⸗Rechte alle Achtung gebühre, man mit demselben Berl. Stadt-Oblig., 41 91. 901 ein eitles Spiel treiben lassen dürfe; oft würden völlig nutzlose kKönigsbg. do. 4 89 der ungehörige Petitionen bei der Kammer eingereicht, durch Elbinger do. 4 s111oll, vollw. Duk. 18 feen Kenntnißnahme diese nur eine kostbare Zeit verschwende; PDanz. do; in Ih 34 Neue dito. n bichigere Bittschriften würden dadurch, weil alle in der Reihe⸗ Wes tpr. Pfandbr. 4 95 Friedrichsd' or.. 13 11 vlze, wie sie eingingen vorgetragen werden müßten verdrängt mann, bos, , ? . 967 Disconto . . . . . l 3 Jouffroh habe durch Zahlen bewiesen, daß von allen ; Freuseü, m Laufe einer Session bei der Kammer eingehenden Petitionen Wechsel- Cours. Fri, l im ein Drittheil zum Vortrage komme. Ein solcher Zustand

r & case = e m. ö —— * nne nicht länger dauern, uns das in Vorschlag gebrachte Mit— 3 w 24 1 ö (. lsey das einzige, dem Uebelstande abzuhelfen. Nach einigen Bemer⸗ , , J 6 Mi an 2 j ngen des Hrn. Faure im entgegengesetzten Sinne, entschied die ,,,, 1521 li 'bersammlung, daß der Antrag des Hrn. Jouffroy nicht in Erwägung London 7... .. .... .. . .. I ESil. 3 M. 6 213 -N Gzietzen sey. Jetzt entwickelte Hr. Roger seine in der Sitzung NJ 300 Er. I2 Mt. im 3. Sept. vorgetragene Proposstion über die persönliche Frei⸗ wm , . t60 Fi, a Mt. 1043 166 eit. Die politische Freiheit der Franzosen, bemerkte er, sey Kugsburß ...... 150 EI. 2 At. IJ lurch die Charte verbürgt worden; für die nicht minder kostbare w 199 Jh. 2 Mt. 99 é ersönliche Freiheit fey indessen noch gar nichts geschehen; Leiria / 109 hl. 8 das 1 eimehr könne der Bürger immer noch Monate lang gefangen gehal⸗ . nn,. WX... ..... 6. 9 ö 6 2 . n werden, um ein Urtheil abzuwarten, das ihn vielleicht für un— k ö J Puldig erkläre, oder ihn höchstens mit einer leichten Geldbuße

nd einer Haft von wenigen Tagen belege; es sey endlich Zeit,

Aus wärtig

Niederl. wirkl. Smehuld 374. Kanz Bill. 135. Oesterr. 5zh Russ. (bei Hope) 8

Metall. 7I3.

e Börsen. Amsterdam, 8. September.

diese Spuren einer unerträglichen Tyrannei zu verwischen; dies sey der Zweck seiner Proposition, bestehend aus 7 Artikeln, deren urster das Prinzip fesistelle, während die übrigen nur die Folgen esselben enthielten. Der Redner ging hierauf diese 7 Artikel urch. Nach dem Inhalte des 1sten soll nur in höchst wichtigen fällen Jemand, der eines zuchtpolizeilichen Vergehens ange—

Königliche

̃ Sch auspiele. Mittwoch, 146. Sept. Im Schauspielhause: Die Deutstzt

Klelnstädter, Lustspiel in 4 Abtheilungen, von Kotzebue.

Donnerstag, 15. Sept. thurn.

Freitag, 16. Sept.

Königstädtisches Theater.

Mittwoch, 14. Sept. Castelli. dem 11jährigen W. Dornewas.

von Castelli.

Paris, 7. Sept.

5proc. Neapol. pr. compt. 70. 55.

373

Span. Rente perp. 473.

785. 4proc. 6733. 67143. 23Iproc Act. 1123. 1125. Partial-Obl. 1565. G. Poln. Loose 463. Br.

401.

1161

Redacteur John. Mitredacteur Cottel.

ö

uckt bei A. B. Hayn.

Gedr

Im Schauspielhaufe: Beschüh Eifersucht, Lustspiel in 2 Abtheilungen, von Frau v. Weißt Hierauf, zum erstenmale wiederholt: Demoiselle Bi Lustspiel in 1 Akt, von J. E. Mand.

Im Opernhause. Die beiden Familien, Oper in 3 Abtheilungen, mit Tanz, u dem Französischen: „Les deux familles', zur beibehaltenen M sik von Labarre, bearbeitet vom Regisseur Baron v. Lichtent

Zum Erstenmis

Zum erstenmale wiederholt: Di Anekdotenbüchlein, Lustspiel in 1 Akt, nach dem Französsschen, M (Hr. Laddey: Emile de Vergigny, als Gast.) Komische Scene in der Maske des Affen Jocko, ausgeführt bh Zum Beschluß, zun erstenmu wiederholt: Gleiche Schuld, gleiche Strafe, Lustspiel in 3 Akte (Hr. Laddey: Oberst Graf Kullnau.)

1 „„ NEUESLTE ECR RSE

NAGNUURICHTLERI. t. 5prot. Rente pr. Compt. coup. li 85. 5. lix Cuur. 88. Zproc. hr. compt. 60. 20. Gn eur. 6h. sin Cour. 70. 50.

Frankfurt a. M., 10. Sept. Oesterr. proc. Metall. 7] ch proc. 163. Br. Ban II63. Loofe ju 100

hHieralf

dpto⸗

klagt wird, gefänglich eingezogen werden dürfen. Der 2te izt das Minimum der Caution, um vorläufig auf freiem uße bleiben zu dürfen, bis auf 50 Fr. herab. Dasselbe betrug bisher

O0 Fr. Nach dem g3ten soll sogar die Cautions-Leistun gänj⸗ ch wegfallen, wenn auf das verübte Vergehen nur eine Gefäng—

strafe von 3 Monaten steht. Der 4te Artikel räumt jedem znstructions⸗Richter das Recht ein, innerhalb 5 Lagen nach er— assenem Verhaftsbefehle die provisorische Freilassung eines Ange⸗ tzuldigten gegen Caution zu verfügen, ohne darüber zuvor an n Prokurator oder die Raths⸗Kammer zu berichten. Dem 5ten tikel zufolge, soll jeder LZingeschuldigte, dem dit vorläufige Frei⸗ assung gegen Caution verweigert wird, dieserhalb an die Anklage— sammer des Königl. Gerichtshofes appelliren dürfen. Der 6te ttikel bessimmt, daß, wenn Jemand in das Geheim⸗Gefängniß ssetzt worden, darüber in 3 Tagen an die Raths-Kammer be— chtet werden muß, die ihrerseits die Erlaubniß zur ferneren Fest— altung des Gefangenen von 5 zu 5 Tagen zu erneuern hat, ohne diese jedoch überhaupt länger als 1 Monat dauern darf. Dem ten und letzten dlrtikel zufolge, soll jeder Gefangenwärter, der den im btigen Artikel enthaltenen Anordnungen zuwider handelt, nach em 343sten Artikel des Strafgesetzbuches bestraft werden. Herr Dojon trat diesen Bestimmungen im Allgemeinen bei und Eimmte sonach dafür, daß man die Proposstion in Erwägung sehe; eben so Herr Sdilon-Barrot. Der Groß siegelbe— bahrer äußerte darüber im Wesentlichen: „Die in Vorschlag brachten Modificationen können von Nutzen seyn und sich viel— icht auf eine angemessene Weise mit dem Geset-Entwurfe ver— hmelien, den ich selbst Ihnen vorgelegt habe. Vergessen Gie wdessen nicht, m. H., daß, zu einer Zeit, wie die jetzige, wo die

chterlich Gewalt nicht mehr Macht hat, als sie deren bedarf, im die allgemeinen Interessen der Gesellschaft zu vertheidigen, mne Revisson der Krsminal-Gerichtsordnung oder des Strafge⸗ stzbuches immer nur mit großer Vorsicht geschehen darf. Ich Ute diese Bemerkung für nothwendig, nicht etwa, um Sie zu hranlassen, die in Rede stehende Proposition zu verwerfen, son—⸗

findlichen Fabrik veranlaßt.

dern um Sie fühlen zu lassen, wie gefährlich es ist, einzelne Bestim⸗ mungen über das zu beobachtende gerichtliche Verfahren zu verändern und, während wir schon an einer wahren Sündfluth von Ge— setzen leiden, die Zahl dieser letzteren noch zu vermehren.“ Herr Sal verte wies besonders auf die Nothwendigkeit hin, die den Richtern eingeräumte Befugniß, einen A Angeschuldigten in das Geheim⸗Gefangniß setzen lassen zu dürfen, zu beschränken, und er⸗ innerte dabei an einen unter der vorigen Regierung vorgekomme⸗ nen Fall, wo man Jemand auf solche Weise 50 Tage lang gefangen gehalten habe, ehe er vor Gericht gezogen worden sey. Herr Robineau hielt es, bei den gegenwärtigen Umtrieben in den westlichen und südlichen Departements, für gefährlich, die Proposition des Herrn Roger zu berücksichtigen, und verlangte, daß man dieselbe mindestens vertage. Als es hierauf zur lb— stimmung kam, entschied jedoch die Kammer mit schwacher Stim— menmehrheit, daß der Antrag in Erwägung gezogen werden solle. Bevor die Versammlung sich trennte, erklärte der Präsident, daß, da Nichts an der Tagesordnung sey, in den nächsten 3 Ta— gen keine öffentliche Sitzung stattfinden werde.

Paris, 7. Sept. Se. Majestät führten gestern in einem Minister-Rathe den Vorsitz. . nen

An die Stelle des verstorbenen Generals Garbé hat das fünfte Wahl-Kollegium des Departements des Pas de Calais zu Moutreuil Herrn von Hérambault zum Deputirten gewählt.

Die Majorität der Kommission, welche mit der Prüfung der Proposition des Hrn. Blondeau wegen der von den Provin— zial-Staats⸗Beamten, die zugleich Deputirte sind, während der Dauer der Session zu erhebenden Gehalts-Abzüge beauftragt ist, soll für die Verwerfung dieses Vorschlags stimmen.

Der Minister des Handels und der öffentlichen Bauten hat an sämmtliche Präfekten ein Rundschreiben erlassen, worin er das Verfahren anordnet, welches die Präfekten befolgen sollen, um für die von Wetter und Brandschäden heimgesuͤchten De⸗— partements schnelle Unterstützungen von Seiten der Regierung zu erlangen.

Der Sténographe meldet: „Die Unruhen in der Rue du Cadran wurden durch die Anwendung eines Werkstuhles für die Verfertigung von Merino⸗Shawls in einer in jener Straße be⸗ Die Zahl der Arbeiterinnen in die— ser Fabrik wurde dadurch bedeutend vermindert, und das Tage⸗ lohn fiel in Folge dessen von 2 Sous auf 7. Vorgestern waren vor jenem Hause über 1500 Shawl-Arbeiterinnen versammelt, deren Erbitterung den höchsten Grad erreicht hatte; sie stießen die furchtbarsten Drohungen gegen den Fabrikanten, Herrn Bi⸗ geon, aus, der glücklicherweise abwesend war. Zugleich hörte man lebhafte und wiederholte Klagen über die Brodtheuerung. Auch gestern versammelten sich in der genannten Straße zahl⸗ reiche Volkshaufen und bedeckten den ganzen Raum derselben von der Rue Montmartre bis zur Rue Montorgueil. Doch ver— hielt die Menge sich ruhiger, als am vorigen Tage; nur in den Gesprächen der Einzelnen unter einander ließen sich Klagen und Drohungen vernehmen. Um 8 Uhr Abends waren die Gruppen besonders dicht, bestanden aber, wie gewöhnlich, größtentheils aus Neugierigen. Starke Kavallerie⸗Patrouillen durchzogen die Straße, und die Menge zerstreute sich beim Herannahen der be— waffneten Macht, noch mehr aber wegen des eingetretenen Re— gens. Um 9 Uhr war die Ruhe völlig wiederhergestellt.“

Aus Beaune meldet man, daß am Zten d. M. daselbst unruhige Auftritte stattgefunden haben; 15 20 Kleinhändler begaben sich nämlich an diesem Tage nach dem Steueramte und bemächtigten sich, ehe noch die Behörde davon benachrichtigt wurde, aller dort befindlichen Steuerregister, die sie den Flam—⸗ men übergaben. Von dort wollten sie sich nach dem zweiten in der Mitte der Stadt belegenen Steueramte begeben, um daselbst die nämliche Operation vorzunehmen; der Maire erschien aber noch jeitig genug, um wenigstens die ses Vorhaben zu vereiteln. Es haben mehrere Verhaftungen stattgefunden.

Der Bischof von Marseille hat an die ihm untergebenen Geistlichen dieser Stadt in Bezug auf die Prozesston am St. Lazarus-Tage ein Cirkular-Schreiben erlassen, welches am ver— flossenen nnn r in den Kirchen von der Kanzel herab vorge— lesen worden ist. Es kommt darin folgende Stelle vor: „.. . Aus diesen Gründen ersuche ich Sie, mein Herr, den Gläubigen bei der Mittheilung des gegenwärtigen Schreibens amufündigen, daß jene Prozession in diesem Jahre nicht statisinden wird, indem der Herr Präfekt der Rhone⸗Mündungen mir angezeigt hat, wie er nicht zweifeln könne, daß gedachte Prozession noch mehr gestört und angefochten werden würde, als die am 15. August, welche, wie derselbe sich äußert, gegen einen von einer gewissen Klasse von Individuen im voraus beschlosse— nen Angriff nicht habe geschützt werden können. Ich habe ge— glaubt, seinen dringenden Bitten nachgeben zu müssen, und ihm daher bereits unterm 25. Aug. meinen desfalsigen Beschluß mit⸗ getheilt. Sie werden, m. H., Ihre Pfarrkinder auf den Geist des Friedens hinweisen, der mir den Beschluß eingegeben hat, den ich in diesem Jahre fasse, ohne mir übrigens dadurch für die Zukunft die Hände zu binden.“

Der Alssisenhof von Aix hat die wegen Theilnahme an den at, in Tarrascon angeklagten Individuen freigesprochen.

er Temps meldete vorgestern, daß in den beiden in Ba— yonne stehenden Regimentern die Desertion stark sey, und daß eine betraͤchtliche Anzahl von Soldaten durch Falschwerber bewo⸗ gen worden waren, mit Waffen und Gepäck nach Spanien über— jugehen. Der Moniteur erklärt diese Angaben für unrich— tig; im Juli d. J. hätten acht Soldaten jene beiden Regimen— ter verlassen, und von diesen sey wahrscheinlich nur einer in das Ausland gegangen. Den von der eilften Militair-Division eingegangenen Berichten zufolge, sey diese Desertion keinesweges durch Falschwerberei herbeigeführt und im Vergleich mit der in gewöhnlichen Zeiten stattfindenden durchaus nicht beunruhigend.“

Der Kaiserl. Russische Botschafter, Graf Pozzo di Borgo, hat, wie mehrere Blätter melden, Paris seit wei Tagen verlas— sen, um die Bäder von Dieppe zu besuchen und vielleicht auch

—————

———

Ihrer Kaiserl. Hoheit der Großfürstin Helena in Enzl Aufwartung ,,, ßfürstin H gland seine Der Temps bemerkt über die Verhandlungen in Betreff

der Belgischen Angelegenheit: „Man darf sich nicht wundern,

wenn die Londoner Konferenz mit der Beendigung der- Bel— 6 Sache so langsam und vorsichtig verfahrt. Der rund liegt ebensowohl in der Eifersucht der Mächte auf

llt als in der Unentschiedenheit unseres Ministeriums. 5 1 man sich den ganzen Verlauf der Belgischen Sache und ie Ereignisse der leßtverflossenen drei Monake in die Erinne— , so erkennt man, daß die Interessen unseres Lan⸗ . 6 k Wechselfällen preisgegeben worden sind, 3. 9 welche die selben hätten geltend machen sol— kin ine Nachgiebigkeit gegen fremden Einfluß, den sie ibrer

ellung und ihrer Verantwortlichkeit nach zurückweisen mußten, und einen wahrhaft strafbaren Leichtsinn gezeigt haben. Reka— pituliren wir die Thatsachen. Im Juni, wo das Schicksal Bel— giens als, ein unlösbares Problem erschien, we die Belg!— schen Blätter das Volk zur Verwersung des Protokolle aus—= keiten, als der in seinen Ansichten getheilte Kongreß ge— gen die Präliminar - Alrtikel protestirte, als das Belgische Volk den von London zu erwartenden König nicht wollte, damals faßte Frankreich einen energischen Entschluß, um mit dem widerspenstigen Belgien ein Ende zu machen, und man ent— schied, daß der Französische Botschafter an 2A. Juni Brüssel verlassen solle, wenn bis dahin die Protokolle nicht angenommen wären. General Belliard hätte demgemäß zůurteckkon men mil sen; set es aber, daß er Gegenbefehl erhielt, oder daß er es auf seine Verantwortlichkeit übernahm, kurz er blieb in Brüssel. Während dessen trug unser Botschafter in London, der voraus— sah, daß eine Zwangs-Maaßregel nöthig seyn würde, und de— ren Ausführung nicht fremden Armeen überlassen wollte, der Konferenz die Dienste Frankreichs und Französische Truppen an. Kaum hatte er aber diese Erklärung gemacht, als er von dem Ministerium ein Schreiben erhlelt, das unter den Eindrücken der Ereignisse in Tarrascon aufgesetzt worden war, und worin ihm angezeigt wurde, daß man der Armee nicht ganz sicher sey und den Plan einer Intervention in Belgien alfo auf andere Zeit verschieben müsse. Dies war der Stand der Dinge im August. Da bricht plötzlich König Wilhelm den Waf— fenstillstand und rückt in Belgien ein, und auf ein einfaches Schreiben König Leopold's beflehlt unser Ministerium, das noch vor vierzehn Tagen Mißtrauen in die Truppen setzte und seine Besorgnisse der Konferenz mittheilte, durch den Telegraphen das Einrücken Französischer Truppen in Belgien, ohne einen seiner Verbündeten ju befragen. Diese unerwartete Nachricht brachte in London einen undeschreiblichen Eindruck hervor. Die Stast war in Gährung; alle Gemüther waren kriegerisch gestimmt—

Lord Grey 66 Aufschlüsse, und in demselben Augenblicke

stieg der Marschall Soult auf die Tribune, um zu erklären, daß des Rücksuges der Hollander ungeachtet unsere Truppen nicht nach Frankreich zuruckkehren, sondern angemessene Stellungen einnehmen würden, um Sicherheit dafür zu gewähren, daß die . nicht zurückkehrten. Alls diese Aeußerung nach London am, war unser Botschafter auf dem Lande; die Gährung in London wurde dadurch noch gesteigert. Bald aber desavouirte ein Schreiben des Ministers der auswärtigen Angelegen— heiten die Worte des Marschall Soult, welche nicht die wahre Gesinnung des Ministeriums ausgedrückt hätten. Lord Grey erwiederte, er wolle es glauben, verlangte aber einen Beweis durch die That und vor Allem die Räumung Belgiens. Frankreich versprach diese. Inzwischen gelangte nach Frankreich und England das offizielle Gesuch König Leopolds um eine Englische Flotte und eine Französische Armee zur Si— cherung seines Landes gegen eine zweite Invasson Hollands und zur Begünstigung der inneren Organisation. Hierauf willigten die Konferenz und das Englische Ministerium in einen Aufschub des Rückzuges unserer Truppen; die Konferenz kam überein, die Unterhandlungen zu beschleunigen und die Anordnungen zwischen Holland und Belgien so schnell wie möglich zu beendigen, wor⸗ auf unser Heer sogleich das Land räumen sollte. So standen die Sachen, als vor einigen Tagen im Moniteur ein Artikel er— schien, welcher erklärte, daß 12,000 Mann in Belgien bleiben würden. Nach den wiederholten, dem Lord Grey gegebenen Versicherun— gen und nach den Verpflichtungen, weiche dieser im Vertrauen auf dieselben im Parlamente übernommen hatte, war es schwie— rig, dem Englischen Ministerium eine solche den übersandten Noten widersprechende Erklärung begreiflich zu machen. Dazu kam noch die Verlegenheit, den Unwillen unseres durch diese sonderbaren Widersprüche bloßgestellten Bevollmächtigten zu be— schwichtigen. Noch sonderbarer ist das Mittel, das man zur Abhülfe gewählt hat; man hat den General Baudrand nach London geschickt, um sich mit Lord Grey zu besprechen und dem Artikel des Moniteur Verzeihung zu verschaffen; zugleich wird er unserem Botschafter Aufschlüsse über das Verfahren des Mini— steriums geben können. Wir wissen nicht, ob der seit einigen Tagen nach Brüssel abgegangene Herr von Latour-Manbourg einen ähnlichen Auftrag bei unserem Gesandten in Belgien hat, aber man versichert, daß ernstlich von Eröffnung einer besonderen Konferenz für die Belgische Angelegenheit die Rede gew sen sey, in welchem Falle wir genöthigt seyn würden, einen nenen Bot— schafter zu derselben zu senden. Wir haben bereits einen Bot— schafter und einen Gegenbotschafter in London, einen Botschaf— ter und einen Gegenbotschafter in Brüssel, und wirt werden außer— dem eine Konferenz und eine Gegenkonferenz haben. Man sieht also, daß, wenn es mit der Diplomatie nicht vorwärts will, der Mangtl an Räderwerk nicht Schuld daran ist.“

Bie Gazette de France will wissen, das Ministerium werde auch die letzten 12,000 Mann, welche König Leopold für seine Sicherheit bei sich ju behalten wünschte, aus Belgien zu— rückiehen und dieses Land seinen eigenen Kräften überlassen.

In demselben Blatte liest man folgende Betrach— tungen: „In dem jetzigen Zustande Frankreichs liegt etwas Un— gewöhnliches, das unsere politische Existenz ungewiß macht und

w