1831 / 272 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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Vor einigen Tagen starb der Commandeur des 4dᷣten Linien⸗ Infanterie⸗Regiments der Polnischen Armee, Herr Majewski, im Lager dieser Armee.

Gestern zogen verschiedene Regimenter snedst Artillerie von der Russischen Armee durch die Hauptstadt.

Auf den letzten Warschauer Märkten bezahlte man für den Korzez Roggen 28 32 Fl., Weizen 38 42 Fl., ordi⸗ naire Erbsen 24 30 Fl., Zuckererbsen 30 32 Fl.. Gerste 20 24 Fl., Hafer 15 17 7F1., und für ein Stück Rindvieh 13 18 Dukaten.

War schau, 26. Sept. Den heute hier eingegan⸗ genen Nachrichten zufolge, ist das Rozyzkische Corps am 2ästen d. in das Krakauische Gebiet gedraͤngt und dort entwaffnet worden.

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Pairs-Kammer. Die Sitzung vom 21. Sept. er⸗ öffnete der Handels-Minister mit der Vorlegung des von der Deputirten-Kammer bereits angenommenen Gesitz Entwurfs wegen Bewilligung einer Summe von 2 Millionen Fr, zur Be⸗ endigung verschiedener im Bau begriffener Kanäle. Der Graf von Haubersart berichtete sodann über die in der Sitzung vom gien vorgelegten 5. Gesetz-Entwürfe von örtlichem Interesse und trug auf die Annahme derselben an. An der Tagesord⸗ nung war hierauf der Bericht des Grafen Sim Eon über das von drei Gläubigern des Vicomte Dubouchage bei der Kammer eingereichte Gesuch, ihren Debitor wegen einer Wechselschuld von circa 22,500 Fr. gerichtlich belangen zu dürfen. Bekannt⸗ lich sitzt der Vicomte bereits seit dem 30. Juni d. J. auf den Antrag zweier anderer seiner Gläubiger im Gefängniß, von wo aus er sich am 12. Juli und wiederholt am 20. August in einem Schreiben an den Präsidenten der Pairs-Kammer, so wie dem⸗ nächst in einer in Druck gegebenen Denkschrift darüber beschwerte, daß er, ohne gehört zu werden, gefänglich eingezogen worden sey, und im Allgemeinen die Behauptung aufstellte, daß ein Pair im Laufe einer Session Schulden halber nicht verhaftet werden könne, wobei er sich auf den 43sten Artikel der Charte berief. Der Berichterstatter be⸗ mnerkte jetzt, daß dieser Artikel lediglich die Deputirten angehe; die Frage an sich, ob ein Pair auch im Laufe der Sesston ge⸗ fangen gehalten werden dürfe, habe die Kammer schon dadurch entschieden, daß sie bereits am 29. Januar d. J. auf den An⸗ trag anderer Gläubiger des Herrn Dubouchage ihre Genehmi⸗ gung zur Verhaftung dieses Letzteren ertheilt habe; der Vicomte berufe sich darauf, daß er durch seine Gefangenschaft behindert werde, dem Schreiben des Königs zu gehorchen, das ihm gebiete, bei Eröffnung der Session zugegen zu seyn; ein solches Gebot fasse indessen immer den Vorbehalt rechtmäßiger Behinderung in sich; eine solche sey aber hier vorhanden, und wenn sonach Hrn. Dubouchage ein Vorwurf treffe, so sey es nicht sowohl der, daß er an den Sitzungen der Kammer keinen Theil nehme, als daß er Schulden mache, die ihn daran behinderten. Aus diesen ver— schiedenen Gründen trug daher auch der Graf Siméon am Schlusse seines weitläuftigen Berichts darauf an, den obgedach— ten drei Gläubigern des Vicomte die von ihnen nachgesuchte Er— aubniß zu ertheilen. Die Versammlung beschloß, sich mit die⸗ sem Gegenstande in ihrer Sitzung vom 24sten zu beschäftigen. Die Herzoge von Choiseul und von Laforce, so wie der Graf von St. Priest, statteten hiernächst noch drei Petitions⸗ Berichte ab, worauf die Kammer sich bis zum nächsten Sonn⸗ abend vertagte.

Deputirten-Kammer. Sitzung vom 21. Septem— ber. (Nachtrag.) Hr. Du pin d. Aelt., der im Laufe der Debatte über die äußere Politik des Ministeriums Hrn. Mau— guin auf der Reduerbühne folgte, fand sich durch die Behaup— tung dieses Letzteren, daß das Ministerium den Volksaufläufen nicht freind geblieben sey, veranlaßt, die verschie denen seit der Juli⸗Revolution stattgefundenen Unruhen näher zu charakterisiren.

Er behauptete, daß diese Unruhen immer dasjenige voll⸗ bracht hatten, was von den Journalen vorbereitet worden sey; von Zeit zu Zeit habe sich zwischen den Karlistischen und den Dppofttionsblaͤttern eine auffallende Zaͤrtlichkeit und Uebereinstim— mung der Ansichten kund gegeben; von beiden sey der Radikal ismus,/ die aosolute Freihejt, gepredigt worden. Dieselbe Erscheinung habe sich bei den Unruhen gezeigt. Gleichviel, von wem sie angezettelt worden, jedesmal haͤtten alle Parteien daran Theil genommen; guch die Missethaͤter, Diebe und Vagabunden seyen auf dem Schauplatze erschlenen, um zu pluͤndern, und haͤtten zunaͤchst die Waffenlaͤden angegriffen, um den Glauben zu verbreiten, daß es ihnen nur um Waffen zu thun sey; dann aber haͤtten sie sich auch an die Laͤden der Uhrmacher und Goldarbeiter gemacht, unter dem Vorwande, daß diese zur Partei der richtigen Mitte gehoͤrten. Jede der Unru⸗ hen habe einen Vorwand und einen Zweck gehabt; jenen habe man offen angegeben, diesen aber geheim gehalten. Der offene Vorwand der Oktober- Unruhen sey dieser gewesen, daß die Regierung die gefan⸗ genen Er- Minister retten wolle, der geheime Zweck dagegen der Sturz zes Ministeriums. Der menschenfreundliche Antrag auf Abschaffung der Todesstrafe sey bekanntlich von Hrn. v. Traey gemacht und vom General Lafayette und dem damaligen Großsiegelbewahrer, Hrn. Dupont vr d. Eure, also von Mannern unterstuͤtzt worden, denen, man jene Ab⸗ sicht, die Er- Minister zu retten, nicht unterlegen konne. „Einen noch ernsthafteren Charakter“, fuhr Hr. Dupin fort, „hatten die De⸗ zember- Unruhen. Nachdem auch diese Krise uͤberstanden war, glaub⸗ ten Einige den Staat in so großer Gefahr, daß sie die Regierung ermahnten, ihr Verfahren zu aͤndern, um der Wiederkehr solcher Unordnungen vorzubeugen sie verlangten eine Modification in der bestehenden Ordnung der Dinge. Einige Tage nach jenen Unruhen forderte man vom Könige die flufloͤsung der Kammern und die Ernennung eines neuen Ministeriums, nen meiste Mitglieder man dem Koͤnige vorschrieb. Man wollte sogar d st . serer Instttutionen andern. Es ist nicht meine Absicht, ir⸗ gend Jemand anzuklagen, aber es bleibt immer ein wichti⸗ zes Faktum, daß man die Lage des Staates fuͤr ernst ge⸗ nug hielt, um eine Veraͤnderung der Verfassung vorzuschlagen. Der Minsster, dem man diese Vorschlaͤge machte, erwiederte damals dem Üürheber derselben mit unendlich viel Geist und Kraft: „„Sie sind der Fuͤrst v. Hohenlohe der Freiheit.“ Herr Laffit te mit Warme: „Ich erklaͤre, daß ich kein Wort von dem gesagt habe, was mir der Redner beilegt“ Herr Dupin: „Man hat es mir so er⸗ zaͤhlt.“ Herr Laffitte: „Es ist dennoch nicht wahr.“ Herr Du⸗ pin: „Graf Argout hat es mir erzaͤhlt, ich gestehe es offen und bitte ihn um Erlaubniß dazu, es sagen zu durfen! Herr v. Argout: „Man nimmt mein Zeugniß in Anspruch, ich kann also nicht um⸗ hin, es zu geben. Ich bedauere, daß den ehemaligen Praͤsidenten zes Minister-Rathes in diesem Augenblicke sein Gedaͤchtniß nicht richtig bedient. Er selbst hat mir diese Aeußerung wiederholt und mir erzaͤhlt, er habe sich nach einer lebhaften Erörterung, deren Ge— genstand der von Herrn Dupin angegebene gewesen, jenes Aus druk⸗ ez bedient, der mir eben so richtig als malerisch erschien.“ Herr Laffitte: „Ich erklaͤre nochmals, daß ich nicht nur nichts der⸗ gleichen zu Hrn. v. Argout gesagt habe, sondern daß ich gar nicht im Palais⸗Royal zugegen war, als der in Rede stehende Antrag ge⸗ macht wurde. Herr v. Argout irrt sich, und ich bin bereit, auf alle Einwürfe zu antworten.“ Herr v. Montali vet: „Ich kann mein Zeugniß uͤber ein . historisches Faktum zu dem des Herrn v. Argout hinzufuͤgen. s ist allerdings wahr, daß in den letzten

das System un⸗

Tagen des Dezember dem Koͤnige Bedingungen vorgelegt wurden, daß ich diese Bedingungen gehort habe, und daß die Unterhaltung, in der sie zur Sprache gebrächt wurden, wenigstens zum Theil, bei dem damaligen Befehlshaber der National- Garde in Anwesenheit des damaligen Praäͤsidenten des Minister⸗Raths und meiner stattfand.?“ Hr. Laffit te: „Ich wiederhole, daß ich Niemand im Palais⸗Ro⸗ hal gesehen habe, der Vorschlaͤge gemacht haͤtte; wenn aber Hr. v. Montg⸗= liver von einer beim Gen. Lafayette stattgefundenen Unterhaltung spricht, so ist das eine andere Sache. Ich berichtete getreulich dem Koͤnige bie Unterhaltung, die ich mit dem General Lafayette an demselben Tage hatte, wo er seine Entlassung verlangte, Vielleicht habe ich s zu bedauern, daß der damalige Herr Minister des Innern zu⸗ gegen war; ohne ihn wuͤrde jene Unterredung vielleicht ein besseres Resultat gehabt haben.“ Herr Berryer: „um der Ehre der Kam⸗ mer und bes Landes willen verlange ich den Schluß der Debatte.“ Herr Dubois v. d. Niederen Loire; „Ich bitte um das Wort, um an das Reglement zu erinnern. Viele neue Deputirte, wenn nicht alle, hören mit schmerzlicher Empfindung solchen Debatten zu. Das Reglement gestattet nicht dergleichen Unterbrechungen und Persöͤn—⸗ lichkeiten. Bald sind es Verleumdungen der Journale, bald Ge⸗ ruͤchte über Privat- Unterhaltungen, und wir gewaͤhren dem Lande ein aͤrgerliches Schauspiel; ich bin kein Redner, fuͤhle aber die Verletzung unserer Wuͤrde stark genug, um die Erinnerung an das Reglement oder den Schluß der Verhandlung zu verlangen.“ Herr Du pin: „Man haͤtte den Schluß vor der Anklage verlangen sollen. Es ist sonderbar, daß ian einem auf die Person des Koͤnigs bezüͤglichen Faktum, wobei es sich um eine Veraͤn derung der Ver⸗ faffung handelte, den politischen Charakter absprechen will. Genirt man sich denn, den jetzigen Praͤsidenten des Ministerraths auf die Scene zu bringen? Warum soll sein Vorgaͤnger ein Vorrecht vor ibm haben? Jene Sache war von Wichtigkeit fuͤr das Land, wie für die neuen Deputlrten, und wegen ihrer namentlich habe ich sie beruͤhrt, um zu beweisen, daß eine Reihe von Versuchen gemacht worden ist, um den Konig zu einer Veraͤnderung der Stagts⸗-Ver⸗ fassung zu bewegen. Seine Antwort ist zu edel und schoͤn, als baß ich sie nicht wiederholen sollte. „„Man kann mich, * sagte er, „„in meinem Palaste angreifen; man kann mich in? einem Volks- Aufruhr erschießen, aber ich habe der Char⸗ te Treue geschworen und werde nicht meineidig werden.““ (Bei diesen Worten erscholl von allen Baͤnken rauschender Beifall und der Ruf: Es lebe der Koͤnig!) Wie kann man die Regierung der Beguͤnstigung der Unruhen beschuldigen, wahrend die persznliche Sicherhrit der Minister angegriffen wird. Daß die Minister in Lebensgefahr kommen und genbthigt werden, sich durch die dffentliche Macht beschuͤtzen zu lassen, ist in einem Lande unbegreiflich, das sich civilistrt nennt und so viel Freiheit zu besitzen glaubt, daß es aller Welt davon etwas anbietet. Ich glaube, meine Herren, in meinem Vortrage mehr das wahre Interesse des Landes im Auge zu haben, als wenn ich von der Dplomgtie spraͤche. Warum hbeschaͤftigen wir uns in unserer Lage so viel mit fremden Landern? Man verlangt von der Regierung, sie solle allen Arbeitern Beschaf= figung geben; das ist aber höchst ungerecht. Wenn man 100 Mil⸗ liönen, „ja das ganze Budget, fuͤr diesen Zweck zur Verfuͤgung der Regierung stellte, so wuͤrde dies auch zu nichts fruchten. Das wahre Mittel, den Arbeitern Brod zu verschaffen, ist, den Reichen und überhaupt den Besitzenden Sicherheit zu gewaͤhren; denn die a den Straßen- unruhen Theil nehmenden Leute sind es doch gewiß nicht, die den Arbeitern Beschaͤftigung geben koͤnnen. Die an den Unruhen Theil nehmenden Arbeiter verdienen diesen Namen nicht; sie sind Mäußiggaͤnger, die es vorziehen, 40 Sous dafuͤr zu empfan⸗ gen, daß sie rüfen: Nieder mit, den Ministern! als ehrlich und muͤh—⸗ sam fuͤr sich und ihre Familie das taͤgliche Brod zu verdienen. Ich spreche in dem wahren Interesse der arbeitenden Klassen. Die Pflicht der Kammer ist es, die Beduͤrfnisse des Landes, und nament⸗ uch die des gegenwärtigen Zustandes desselben, zu beruͤcksichtigen; aber sie kommt damit nicht vorwaͤrts. Sie muß entweder dem jetzi⸗ gen oder irgend einem anderen Ministerium die Majoritaͤt geben; denn nichts ist nachtheiliger fuͤr uns, als eine schwankende Kammer ohne Majoritaͤt. Es giebt viele Maͤnner, die nur um die Popularxi⸗ tat buhlen und Alles zum Gegenstande der Opposition machen,. Es fehlt bei uns nur noch, daß der Koͤnig opponirt. Wohin soll das führen? Lassen Sie uns dem Koͤnige und der Charte treu seyn und

uns mit den organischen Stgatsgesetzen, vor Allem mit der Pairie,

und zwar mit Ruhe und Wuͤrde, beschaͤftigen.“

Herr Guizot, der sich nach Herrn Dupin vernehmen ließ, that dies nur in der Absicht, ein ihn persönlich betreffendes Fak⸗ tum zu berühren.

Dieses Faktum, aͤußerte er, sey die von Herrn Mauguin zur Sprache gebrachte Angelegenheit der Spanischen Fluͤchtlinge; er wuͤnsche, daß diese Sache vollig aufgeklaͤrt werde. Als bald nach der Fuli⸗Revolution die in Frankreich und England lebenden Spa⸗ nischen Fluͤchtlinge den Plan zu einer Invasion in Spanien gefaßt hatten, waͤren sie darin von vielen Mitgliedern der jetzigen Opposi⸗ tion ermuthigt worden, die es sich zur Ehre gerechnet haͤtten, die Sache jener Fluͤchtlinge zu unterstuͤtzen; auch haͤtten unter den Blaͤt⸗ tern alle Organe der Opposition dieses Unternehmen offen gelobt und dazu aufgemuntert. Die Regierung dagegen habe ihrer⸗ seits nicht das Mindeste dazu beigetragen, vielmehr diese Sache als eine solche betrachtet, die . nur in Verlegenheit setze; weit entfernt, das Unternehmen zu unterstuͤtzen, habe ihr Interesse sie wuͤnschen lassen muͤssen, daß dasselbe nicht zur Ausfuͤhrung kom⸗ men moge. Allerdings habe die Regierung mehreren Spanischen Fluͤchtlingen Paͤsse ertheilen lassen, um sich nach der Spanischen Graͤnze zu begeben oder auch im Innern des Landes zu reisen, in⸗ dessen'habe man diese ihnen gesetzlich nicht verweigern koͤnnen; die Beduͤrftigsten unter ihnen hatten auch eine Unterstuͤtzung von 3 Sous für die Lieue erhalten. Die Regierung habe sich, indem sie den Fluͤchtlingen erlaubt, in Frankreich zu reisen, streng an die Gesetze gehalten und zugleich jeden Konflikt mit Maͤnnern vermei⸗ zen wollen, von denen das Ministerium, und namentlich er Herr Guizot), taͤglich angegriffen worden sey, weil er nichts mehr fuüͤr das Unternehmen der Flüchtlinge gethan habe. Die Spanische Regierung habe bald uͤber die Anhäufung der Fluͤcht⸗ singe an der Graͤnze gegruͤndete Klage gefuͤhrt, die von dem Fran⸗ dstschen Kabinette hatte beruͤcksichtigt werden muͤssen. Letzteres habe daher die Detaschements der Ausgewanderten von dort entfernen, zerstreuen und spaͤter entwaffnen laͤssen. Das Ministerium habe auf diefe Weise seine Pflicht gegen auf Franzoͤsischem Gebiete be⸗ findliche Fremdlinge zu erfuͤllen gesucht, ohne dadurch seine Verhaͤlt⸗ nisse mit Spanien zu verwickeln. Dies sey das genaue Sachver⸗ häktniß. Nach Beseitigung dieser persoͤnlichen Angelegenheit be⸗ aͤmpfte Herr Guizot die von Hrn. Mauguin gegebene Darstellung der Lage der Dinge in Bruͤssel und Warschau. In ersterer Stadt sey kein Kampf zwischen den Orangisten und der National Partet, sondern zwischen den Letzteren und den Klubs geliefert worden; et⸗ was Aehnliches habe in Warschau stattgefunden. Herr Mauguin urtheile uber die in Belgien und Polen stattgefundenen Ereignisse absichtlich schief, um auch die Lage der Dinge in Paris aus einem falschen Gesichtspunkte betrachten zu konnen.

Deputirten-Kammer. In der Sitzung vom 22. September erfolgte zuvörderst die Aufnahme mehrerer neu ge— wählter Deputirten, worauf die von Herrn Mauguin angeregte politische Debatte fortgesetzt wurde. Der General Lafayette gab unter Anderem seine Verwunderung darüber zu erkennen, daß Tages zuvor zwei Minister (Argout und Montalivet; s. oben) der Verfammlung von einem vertraulichen Gespräche Mittheilung gemacht hätten; der König, äußerte er, müsse es höchst seltsam finden, daß man die Kammer von solchen Dingen unterhalte; was die Sache selbst betreffe, daß man nämlich dem Monarchen gerathen habe, an der Verfassung Hand anzulegen, so antworte er darauf, wie im Jahre 1792 vor der National-Versammlung

an

nal Garde zufolge, letztere nur im Falle eines drohenden Krie⸗ Is mobil gemacht werden solle.

auf eine Denunciation der Jakobiner-Partei: Dies ist nic wahr! Herr Ganneron bemerkte, es sey anfangs seine Abstz gewesen, Hrn. Mauguin auf die Gefahren aufmerksam zu machen die die stäts erneuerte Frage über Krieg und Frieden dem Hann

und. Gewerbfleiß biete; seitdem hätten die Pariser Unruhen stah

gefunden, und er habe nunmehr gehofft, daß sein ehrenwerth Kollege mindestens seine Propofltion vertagen werde, um jen Unruhen keine neue Nahrung zu geben; da dies indessen nit geschehen, die Sitzung des vorigen Tages vielmehr höchst ärgn lich gewesen sey, so schlage er der Kammer vor, nunmehr zu g klären, daß sie, zufriedengestellt durch die von den Ministern g gebenen Aufschlüsse und im Vertrauen auf deren Sorgfalt st die äußere Würde und innere Sicherheit des Landes, zur Tage ordnung schreite; es sey nothwendig, daß der Ungewißheit ? Ende gemacht werde; habe das Ministerium nicht mehr das Vr trauen der Kammer, so müsse es abtreten; habe es sich dageg (wie dies seine Meinung sey) stets des Landes und der Ka mer würdig gezeigt, so müßten jene ewigen Angriffe auf dassel auch aufhören. Nachdem Herr von Tracy verlangt, daß

Berathung fortgesetzt werde, ließ sich der Kriegs-Miniftt

ausführlich über die Lage des Landes in militairischer Hinstt vernehmen. Was zunächst die Armee betreffe, so gebe das Bu

get den Effektiv-⸗Bestand derselben an; sie sey überdies treu erg den, disciplinirt, lernbegierig, und ihr Betragen verdiene übern das größte Lob; er verbürge sich dafür, daß Frankreich auf rechnen könne, und daß sie eher untergehen, als den vaterländ schen Boden vom Feinde betreten lassen werde. „Außer Linie“, fuhr der Marschall fort, „giebt es aber noch eine N, tional-Garde; ein Gesetz über dieselbe verfügt, daß im Falle de Gefahr einzelne Bataillone derselben mobil gemacht werden köm

ten. Man bereitet gegenwärtig eine Arbeit vor, wodurch dit

Bestimmung ins Leben gerufen werden soll; natürlich bedarf!

dazu eines neuen Gesetzes, und dieses soll Ihnen vorgelegt we den, sobald die Umstände es erforderlich machen. Ich glau

hiernach, daß die Kammer über den Vertheidigungs-Zustand M

Landes ganz unbesorgt seyn kann. Noch füge ich hinzu, de nach Ausweis der mir zugehenden Berichte die Truppen üben vom besten Geiste beseelt sind. Ich gebe zu, daß auf eine Punkte (in Brest), auf Anlaß eines neu ernannten, übrige verdienstvollen, Stabs-Offiziers, unruhige Auftritte stattgefunde haben. Dieser Offizier hatte aber, wie ich selbst nicht wußte, früherer Zeit ungünstige Erinnerungen zurückzelassen. Kaum erftt

ich dies, als ich dem Könige vorschlug, ihn abzuberufen; er it seitdi wieder auf den Etat der disponibeln Offiziere gebracht worden.“ NM

General Stroltz erhob sich gegen die von Hrn. Ganneron verlang Tagesordnung. Es müsse, meinte er, über die wahren Absich des Ministerlums hinführo auch nicht der leiseste Zweifel me walten; man solle den unbestimmten Beschuldigungen, die geg dasselbe vorgebracht würden, keinen Glauben schenken; oft ha der Ankläger dabei keine andere Absicht, als die Stelle des geklagten einzunehmen; ohne Zweifel hätten die Minister Fehl begangen, dies sey aber das Loos jedes Menschen, und Niema hätte es in der verwickelten Lage, worin Frankreich und Euro sich befänden, besser gemacht; das Ministerium habe sich als Ministerium des Friedens angekündigt, und, obgleich Solda lobe er dies. Herr Bodin unterstützte die Tagesordnung, we

gegen Herr Tardien die Dieskussion fortgesetzt wissen woll

Der Letztere tadelte namentlich die mnere Verwaltung; übera meinte er, habe man die Anhänger der vorigen Dynastie i Amte behalten; gern wolle er glauben, daß sie ihre Pflicht th

ten; wenn aber schlechte Tage kämen und der Feind an de

Gränze erschiene, so würden sie das Land verrathen. Es se unmöglich, daß unter solchen Umstanden aufrichtiges Vertraue wieder erwachen könne. Der General Bugeaud verlangt den Schluß der Debatte: es sey die höchste Zeit, und Ack' bau, Handel und Gewerbfleiß mahnten täglich daran d man Frankreich die Ruhe zurückgebe; jeder Tag koste dem Lan Millionen. Der Redner kam sodann auf die Polnischen Ang legenheiten zu sprechen und stimmte zuletzt für die Tagesordnum

Der General Lamarque äußerte sich uber den Vertheidigunge !

Zustand des Landes, den er nicht so gut fand, als der Krieg Minister ihn geschildert hatte; namentlich tadelte er es, daß de

Französische Heer nicht längst, gleich dem Preußischen und Oesth reichischen, in Brigaden, Divisionen und Armee⸗Corps getht⸗

sey und sich, wie diese, fleißig im Manövriren übe; Beides s nicht bloß für die jungen Soldaten, sondern auch für die alte Generale gut, die seit 15 Jahren die Hände in den Schoß la

ten und ganz und gar verlernten, wie es im Felde zugehe. A

Schlusse feines Vortrages gab der Redner auch noch den Wuns zu erkennen, daß man der Armee eine Reserve gebe und die m bile National-Garde organisire. bemerkte, daß, was Herr Lamarque verlange, Bildung von Brigaden, Diwisionen zum Theil bereits bestehe: nämlich bei der Nord-Armee. lich, fügte er hinzu, wäre es wünschenswerth, wenn man & gleichen Formationen vervielfältigen könnte; indessen wisse

Kammer am besten, daß es ihm an den benöthigten Geldm teln dazu fehle; die in Belgien stattgefundenen Ereignisse,

deren Folge eine Armee dorthin geschickt worden sey und jetzt

Lager bei Givet aufgeschlagen werde, setzten ihn ohnehin in! Nothwendigkeit, von der Kammer einen neuen Kredit zu verlf gen. Auf den von dem vorigen Redner gegebenen Wink,?

man die Armee im Manövriren üben solle, erwiederte der Mi ster, daß es dazu der Zeit bedürfe; man solle doch nur bedenkt daß das Heer überhaupt erst seit 6 Monaten bestehe; um dasseh auf den Stand zu bringen, auf dem es sich gegenwärtig befin habe es unendlich viele Mühe gekostet, und man dürfe sich da

nicht wundern, daß noch keine Uebungs-Lager aufgeschlagen noch keine Brigade-Generale für die einzelnen Truppen⸗Coh

ernannt worden seyen; übrigens bedürfe es hierzu des Geld und man habe gewiß alle Ursache, die Ausgaben nicht unnütz! Nach einer kurzen Erwiederung des Generals L marque ergriff der Präsident des Minister-Rathö Er erklärte, es sey seine Absicht, die Diskusslon, sich von ihrem wahren Standpunkte entfernt, wieder auf dens

vermehren. das Wort.

ben zurückzuführen; es sey nämlich die Tagesordnung in Ant

gebracht worden; anstatt aber über diese zu sprechen, sey m noch einmal auf die allgemeine Diskussson zurückgekommen,

daß es unmöglich werde, zu erkennen, was die Kammer eigen lich wolle; sie möge sich daher darüber aussprechen, ob sie allgemeine Berathung fortsetzen, oder sich mit der motivirten

gesordnung beschäftigen wolle. General Lamarque habe al neue Punkte in Anregung gebracht, hinsichtlich deren die Ka mer bereits entschieden dem Systeme der Minister beigetreten se

Die Kammer habe in der Adresse den Wunsch einer baldi allgemeinen Entwaffnung von Seiten der Mächte, oder, mit h

deren Worten, der Erhaltung des Friedens, mit der Regierung s theilt.

Der Krieg s-Ministt nämlich und Armee ⸗Cors

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Dessenungeachtet schlage jetzt General Lamarque Mobilmachung von 300 Bataillonen National-Garde vis obschon er wisse, daß, dem Gesetze über die Organisation der !

Die Regierung sey in Bezu f die Vertheidigung des Landes ohne Ge , nf! glare ! sitze, wie der Kriegs-Minister so eben dargelegt, eine gut or— nissrte und disciplinirte Armee, die von 1,506,600 Mann be—⸗ ffneter National- Gardisten unterstützt werde. Ein Theil der ammer mache dem Ministerium Vorwürfe, weil es keine An⸗ alten zum Kriege mache, ein anderer dringe in dasselbe, die all— meine Entwaffnunz zu beschleunigen. Simerseits werfe man m Ministerium vor, es spreche nicht stolz genug zu den aus— irtigen Mächten, anderer seits fordere man es auf, sich zur Ver— eidigung gegen eine zweite Invasion zu rüsten. Die Kammer öge diese Widersprüche mit einander ausgleichen und erklären, ssie die in der Adresse ausgesprochenen 2Alnsichten noch hege, ser ob sie den Antrag des General Lainarque annehmen ble. Herr vx. Mosbourg, welcher Herrn Perier auf der ednerbühne folgte, äußerte, es scheine ihm, daß man e Kammer zu einem allen parlamentarischen Gebräuchen widerlaufenden Schritte verleiten wolle. Er für seine Person sse den Absichten der Minister gewiß alle Gerechtigkeit wider— Ihren; daß man aber die Gesinnungen eines Ministeriums lobe d das Talent der Mitglieder desselben ehrend anerkenne, sey ch kein Grund, sein ganzes System zu billigen. Nach seiner nsicht dürfe die Kammer sich niemals über das Ganze eines zystems aussprechen; sie würde daher durch die Annahme der anneronschen Proposition gegen den parlameirtarischen Gebrauch rstoßen und gewissermaßen Verbindlich keiten gegen das Mini— erium eingehen; er unterstütze daher die einfache Tagesordnung. Ein hestiger Wortwechsel, der sich nun zwischen den Centris d einigen Rednern der Opposition darüber ent spann, ob über die nfache oder die motivirte Tagesordnung votirt werden solle, ranlaßte den Präsident en zu folgender Bemerkung: „Ich aube an den wahren Stand der Frage erinnern zu müssen. heit drei Sitzungen beschäftigt sich die Kammer mit einer Frage, ren im Reglement nicht gedacht ist. Das erste Beispiel von igresssonen dieser Art wurde in der vorigen Session gegeben; her ist über die dabei zu defolgende Ordnung, wie gesagt, im eglement nichts besimmt. Herr Ganneronm hat eine motivirte gesordnung vorgeschlagen, ein Fall, über den sich das Regle— ent ebenfalls nicht ausspricht. Dennoch glaubte Ihr Präsident w dem gegenwärtigen Stande der Frage die Entwickelung die— g Antrages erlauben zu können, wird jedoch die Kammer, enn sie es wünscht, darüber befragen.“ Herr Dupin d. Aelt. ahm jetzt das Wort für die motivirte Tagesordnung; diese sey ine Billigung des ganzen ministeriellen Systems, kein mit den sinistern abgeschlossener Vertrag, sondern mur die Erklarung, die von ihnen gegebenen Aufschlüsse genügten, und daß das zertrauen der Kammer zu ihnen nicht erschitttert worden sey; enn eine motivirte Tages-Ordnung nicht in dem Gebrauche der lammer liege, so sey dies noch kein Grund, es auch heute nicht thun. Jeder Tages-Ordnung liege ein Motiv zum Grunde; dieses auch ausgesprochen werde, ändere nicht die Natur erselben; die einfache Tages-Ordnung habe gewöhnlich den hund, daß die Kammer einer Debatte müde sey und zu etwas nderem übergehen wolle; dies würde aber im vorliegenden Falle nangemessen seyn; die Kammer habe nicht nur dem Ministe— um Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, somd ern auch über das ihrem Schoße Vorgefallene ein Urtheil zu fallen. Die bloße ages-Ordnung würde, insofern sie nur Erniüidung oder Gleich— Ultigkeit, oder das Bedürfniß, zu etwas Anm derem überzugehen,

isspräche, weder die Opposition, noch die Vertheidiger des Mi—

ssteriums, noch das als Beobachter dastehende Land befriedigen. halte die Kammer die Anklage für gegründet, so möge sie es gen; sey sie durch die gegebenen Aufschlüsse befriedigt worden, möge sie dasselbe thun; es bleibe der Kammer darum doch sbenommen, in anderen Fällen das Ministerium zu tadeln. serr Laffitte dagegen unterstützte die einfache Tages-Ord— ung, zu welcher die Kammer, nach seiner Ansicht, um so mehr hergehen könne, als die bisherige Debatte keine Anklage gegen as Ministerium gewesen sey; ein zweiter (Grund für die ein— iche Tages-Ordnung liege darin, daß die Kammer so eben in ren Buͤreaus zwei Propositionen, von denen die eine eine Un— rsuchung ber den inneren und äußeren Ziistand des Landes, je andere die Vorlegung aller auf die Frangzösische Politik be— iglichen amtlichen Aktenstücke zum Gegenstamde gehabt, bereits erworfen habe.) Er verlange daher zwei Dinge; erstens, daß r Präsident den Schluß der Diskussion, urmd zweitens, daß er e einfache Tages⸗Ordnung, welcher der Vorrang vor allen übri— n Propositionen gebühre, zur Abstimmimmg bringe. Die von jerrn Ganneron vorgeschlagene motivirte Tages-Ordnung sey icht nur reglementswidrig, sondern auch überflüssig, da die ein— che den wesentlichen Zweck, nämlich die Debatte zu schließen, hen so gut erfülle. Herr Laurence verlangte das Wort, um gen den Schluß der Debatte zu sprechen; seit vier Tagen habe h die Kammer nur mit den auswärtigen Angelegenheiten beschäf— zt, die inneren habe man ganz bei Seite liegen lassen, und dennoch stinde zwischen beiden dle innigfte Beziehung und Wechselwr⸗ ng. Nach seinem Dafürhalten liege andes in seinem inneren Zustande, der, wenn er noch länger rtdaure, den Untergang desselben herbeiführen müsse; eben so finde sich die Regierung fast in einem Zuft ande der Auflösung

d wisse nicht mehr, wie sie sich halten solle; er habe daher nt Bürgerpflicht erfüllen, die Lage des Landes, die Verhält— sse der Parteien zu einander näher auseinander setzen und dem nisterium einige Mittel an die Hand geben wollen, um dem durch den in der ammer herrschenden Tumult häufig unterbrochenen, Vortrag mit t Betheuerung, daß er nur das Beste des Landes im Auge abe, und mit der Bitte, daß die Versammmlung die Debatte cht schließen möge, ohne eine Darlegung des inneren Zustandes Nachdem Herr Ganneron e Motive seines Antrages nochmals vertheidigt hatte, schlug trt v. Trach vor, die Kammer möge zum ächst die Diskussior

ebel abzuhelfen. Der Redner schloß seinen,

rankreichs vernommen zu haben.

ber die auswärtigen Fragen schließen und dann die Erörterungg her den inneren Zustand des Landes anhören, rum zuletzt mit vollstn— ger Sachkenntuiß bestimmen zu können, ob zu einer motivirten der m einfachen Tagesordnung Anlaß vorhanden seth. Hr. Gu izo ver⸗ ngte, daß die Proposition des Hrn. Gannexon getheilt werk; es äre nämlich sehr möglich, daß die Kammer die auswärtige Holitik 's Ministeriunns billigte und dagegen die innere Venaltung delte; man möge also zumächst ein Urtheil über die erere fäl⸗ n und sich demnächst mit der letzteren beschäftigen; fide man dann, daß diese tadelns werth sey, so könne man, eba so gut

) Diese beiden Propositionen waren (wie runseren lesigen Le— in bereits durch die gestrige Nachschrift bekannt ish, di erstere von jn. Mauguin, die letztere von Hrn. Salverte, Tagesgzuvor einge⸗ acht und vor obiger Sitzung, jene von sänimtlichers Bureans,

Bese von 8 gegen 1 verworfen worden, so daß keine omin beiden in

kr Kammer weiter zur Sprache kommen wird.

das wahre Uebel des

c, 1503 wie dort ein billigendes, hier ein mißbilligendes Votum abgeben. Hr. Odilon-Barrot, der dem vorigen Redner auf der Tri— bune folgte, stimmte dafür, daß man über die ganze Frage zur einfachen Tages-Ordnung übergehe. „Es ist Zeit“, äußerte er unter Anderem, „daß diese Debatte ein Ende nehme, da sie zu keinem nützlichen Resultate führen kann. Hätte das Ministerium nur eine Genugthuung für die gegen emige seiner Mitglieder erhobene Beschuldigung, daß sie emen mehr oder minder direkten Antheil an den Unruhen und geheimen Verbindungen mit der vorigen Regierung genommen, verlangt, so würde ich selbst für eine ausdrückliche und glänzende Ehren-Erklärung stimmen; man muß auch gegen seine Gegner gerecht seyn, und es ist Keiner un— ter uns, der sich nicht gegen solche Beschuldigungen erhöbe. (Zeichen der Verwunderung; alle Blicke sind auf Hrn. Mauguin gerichtet,. Will man aber die Kammer dazu verleiten, eine feierliche Beitritts-Erklärung zu der äußeren oder inneren Poli— tik des Ministeriums abzugeben, so behaupte ich, daß man sie dadurch auf eine falsche Bahn bringt. Die Kammer darf ihren Beifall oder Tadel dem Ministerium nicht durch eine motivirte Tages⸗Ordnung zu erkennen geben, indem sie dadurch, im völligen Widerspruch mit den weisen Anocdnungen des Reglements, eine Frage von höchster Wichtigkeit der vorherigen Prüfung der Bu— reaus entziehen würde. Durch eine Theilung des Urtheils über das System des Minssteriums würde die Würde der Kam— mer aber vollends kompromittirt werden. Wie läßt sich eine scharfe Gränzlinie zwischen der auswärtigen und inneren Politik ziehen? Beide stehen zusammen in genaner Berührung und lassen sich nicht von einander trennen. Aus zwei Gründen also muß die vor— geschlagene Theilung verworfen werden: einmal des Reglements we— gen und zweitens aus einer höheren Rücksicht auf das allgemeine In— teresse des Landes; denn man darf wohl einzelne Handlungen eines Ministeriums, nie aber sein ganzes System, billigen. Ich stimme daher für die einfache Tagesordnung; auf die inneren Angele— genheiten werden wir ohnehin bei den Berathungen über das Budget zurückkommen.“ Herr Laurence bemerkte hierauf: als man beim Beginn der Sitzung die einfache Tagesordnung in Antrag gebracht, habe er geglaubt, daß man es bei der Auf— regung, worin sich die Kammer seit zwei Tagen befinde, für ge— fährlich halte, so wichtige Fragen, wie diejenigen, die er an die Minister habe richten wollen, im Anregung zu bringen. So viel Mühe ihm daher auch seine Arbeit gekostet, so würde er sie mit Vergnügen zurücklegen, wenn er irgend der Meinung wäre, daß die öffentliche Ruhe solches erforderlich mache. Indessen habe der vorige Redner mit dem ihm eigenen Talente die Frage wie— der auf das Terrain zurückgebracht, wo sie sich bei der Eröffnung der Sitzung befunden; er erkläre sonach, daß, wenn man irgend glaube, daß die Ruhe in der Versammlung durch seine Worte gestört werden könnte, er bereit sey, zu schweigen. Als der Red⸗ ner bei diesen Worten durch zahlreiche Stimmen in den Centris mit dem Ausrufe: „Nein, nein! sprechen Sie immer zu!“ un— terbrochen wurde, fuhr er also fort: „Es thut mir leid, daß das, was ich für ein Versöhnungsmittel hielt, einigen Mitgliedern nicht als solches erscheint; dennoch wiederhole ich, daß ich, um die Eintracht aufrecht zu erhalten, bereit bin, meinen Antrag zurückzu— nehmen, insofern die Kammer zur einfachen Tages-Ordnung schrei— ten will. (Stimmen in den Centris: „Das genügt nicht! Sa— gen Sie, daß Sie Ihre Proposltion unbedingt zurlicknehmen!“) Hr. Laurence: „Nun gut, so erkläre ich, daß ich meinen An— trag zurücknehme.“ Sofort riefen mehrere Stimmen, daß man eine so wesentliche Proposition nicht ahnen Weiteres zurücknehme, und der Präsident des Minister-Raths bemerkte, daß Niemand durch die Ankündigung einer solchen Proposition die Kammer im Laufe ihrer Berathungen stören würde, wenn man ihr nicht Dinge von höchster Wichtigkeit mitzutheilen hätte. „Herr Laurence“, suhr der Minister fort, „ifi General-Advokat. Bevor er seine Pflichten als Deputirter erfüllt, liegen ihm Pflichten als Staats-Beamter ob. (Unterbrechung. Wenn mich auch die Meinungen eines Beamten in seiner Eigenschaft als Depu— tirten nichts kümmern, so bin ich doch, als Chef der ganzen Verwaltung, und der Herr Großstegeldewahrer, als Chef der Justiz, berechtigt, einen solchen Deputirten zu mahnen, daß, wenn er der Regierung wichtige Dinge zu offenbaren habe, seine nächste Pflicht ihm gebiete, solches zu thun. Ich fordere also Herrn Laurence hierzu auf. (Abermalige Unterbrechung. Stimme zur Linken: Sie haben kein Recht, einen Deputirten zu etwas aufzufordern! Herr Jollivet: „Wir waren schon am Ziele, und Sie fangen die ganze Diskussion von vorn wieder an!“) Man beschwert sich uͤber die Regierung, daß sie sich nicht zeige, daß sie schlecht berichtet sey. Wie ist dies aber anders möglich, wenn ein Beamter uns von dieser Rednerbühne herab anschuldigen darf, ohne zuvor seine erste Pflicht gegen die Re— gierung erfüllt zu haben? (Neue Unterbrechung: „Es giebt hier keine Beamten, sondern bloß Deputirte!“ Noch einmal, m. H., es ist nicht meine Absicht, die Unabhängigkeit und Freiheit Ihrer Berathungen irgend zu beeinträchtigen; aber ich wiederhole es: wenn man gleichzeitig Beamter und Deputirter ist, so muß man vor Allem die Regierung aufklären. Wir beschwören Hrn. Laurence daher, wenn irgend eine wichtige Thatsache zu seiner Kenntniß ge— kommen ist, sise uns mitzutheilen, was auch daraus entstehen mag.“ Herr Laurence erwiederte Folgendes: „Ich weiß voll— kommen, daß ich General-Advokat bin, glaube indessen, meine Pflichten als Beamter und als Deyutirter mit einander verbin— den zu können. Sobald ich die Thore der Hauptstadt erreicht und meinen Sitz in dieser Versammlung eingenommen hatte, hörte meine Eigenschaft als Beamter für mich auf, und ich be— trachtete mich nur noch als einen Bürger, der, wie jeder andere, dazu berufen ist, sich mit den Angelegenheiten seines Landes zu beschäftigen und seine Meinung darüber, befragt oder unbefragt, abzugeben. Erst, nachdem die Thüren dieses Saales wieder ge— chlossen worden, werde ich mein Amt als General-Advokat wie⸗ der antreten, wenn anders man es mir läßt. Ich hatte die Ab— sicht angekündigt, meine Proposition zurückzunehmen; das Ministe— rium befürchtet aber, daß diese Zurücknahme Besorgnisse fortbeste⸗

hen lassen möchte, die im Interesse des Landes selbst verscheucht

werden müßten. Es führt mich auf das Terrain zurück, das ich nicht aufgegeben, sondern nur augenblicklich verlassen hatte. Ich folge ihm dahin. Sie wissen, m. H., daß zur Erörterung von Fragen über die höhere Politik die Gelegenheit nie fehlt. Ich werde daher meine Proposition vertagen und nicht zurück— nehmen, damit mich nicht der Vorwurf einer Inkonseguenz treffe, den ich mir nicht zusiehen mag. Bleibt also das Ministerium bei der Meinung, daß meine Proposition in dem eigenen Inte— resse des Landes entwickelt werden müsse, so erkläre ich hiermit, daß ich sie wieder aufnehme, jedoch einzig und allein auf seine Aufforderung und um meine Pflicht als guter Bürger zu er— füllen.“ Der Großsiegelbewahrer bemerkte hierauf, daß er an dem Patriotismus des vorigen Redners nie gezweifelt habe; beharre derfelbe bei seiner Absicht, von den Ministern Auf— schiüsse über die innere Verwaltung zu verlangen, so würden sie solche ohne Zaudern und ohne Rückhalt geben. Mehrere Stim⸗

men verlangten hierauf, daß die Fortsetzung der Berathung auf den folgenden Tag verlegt werde, während die Centra sie noch an demselben Tage zum Schlusse bringen wollten. Die Majorität entschloß sich zu dem Letzteren, so daß Hr. Salverte noch um 73 Uhr die Rednerbühne bestieg, um die motivirte Ta— ges-Ordnung, als eine Uebertremung der Befugnisse der Kammer und als eine Verletzung der Vorrechte der Krone, zu bekämpfen. Der Präsident wollte hierauf zunächst über die motivirte Tages— Ordnung, als diejenige, die den weitesten Spielraum biete, ab— stimmen lassen. Der General Demargay verlangte dagegen die Priorität für die einfache Tages⸗Ordnung. Hiernach mußte also zuvörderst über die Frage, welcher von beiden der Vorzug zu geben sey, abgestimmt werden. Die Majorität entschied sich für die erstere; sie lautete, nach der von Herrn Guizot verlaug— ten Theilung, also:

„Die Kemmer, zufriedengesiellt durch die von den Herren Ministern gegebenen Llufschlüsse und im Vertrauen auf ihre Sorgfalt für die Behauptung der äußeren Würde Frankreichs, geht zur Tagesordnung über.“

Auf den Antrag mehrerer Mitglieder der Centra erfolgte hierauf die Abstimmung mittelst Kugelwahl. Während des Na— mens-A Aufrufs, der 357 anwesende Deputirte ergab, herrschte in der Versammlung eine ungemeine Bewegung. In den Wahl— Urnen fanden sich 21 weiße und 136 schwarze Kugeln vor, so daß die Tagesordnung in der obigen Form mit einer Majorität von 85 Stinnnen, durchging. Die Zahl 221 machte großes Auf— sehen, da sie zufällig gerade dieselbe ist, aus der, nach Ausweis der letzten Adresse an Se. Majestät Karl X., die Opposition des Polignacschen Ministeriums bestand. Einiges Gelächter erregte es, daß der General Lafayette, bevor er seine schwarze Kugel in die Urne warf, sie dreimal dem Präsidenten zeigte. Mehrere andere Mitglieder der Opposttion stimmten ebenfalls offen. Die Versammlung trennte sich erst um 8 Uhr. Am folgenden Tage wollte Herr Laurence angekündigtermaßen über die innere Lage des Landes verschiedene Aufschlüsse von den Ministern verlangen.

Paris, 23. Sept. Vorgestern Abend stattete der Kaiser Dom Pedro mit seiner Familie der Königlichen Familie einen Besuch ab.

Der General Jacqueminot, den seine Dienstgeschäfte als Chef des Generalstabes der Nationalgarde mehrere Tage lang abgehalten hatten, den Sitzungen der Kammer beizuwohnen, ant— wortet heute im Moniteur und im Journal des Debats auf die von Herrn Audry de Puhraveau in der Sitzung vom 20sten d. gegen die Nationalgarde erhobenen Beschuldigungen durch die Bekanntmachung des Berichts, den ihm der mit dem Befehle über die am 19ten d. vor der Deputirten-Kammer aufgestellten Nationalgarden beauftragt gewesene Stabs-Offizier erstattet hat.

Dem Journal du Commerce zufolge, würde der von Herrn Salverte eingebrachte Antrag auf Vorlegung der diploma— tischen Aktenstücke günstiger aufgenommen worden seyn, wem der Minister der auswärtigen Angelegenheiten nicht in mehreren Bureaus erklärt hätte, die auf bereits abgeschlossene Verhand— lungen bezüglichen Aktenstücke ständen in so inniger Verbindung mit den noch nicht beendigten, daß der Erfolg derselben durch die Mittheilung der ersteren kompromittirt werden würde; er werde übrigens den einzelnen Herren Deputirten alle von ihnen ver— langte Aufschlüsse geben, nur von der Rednerbühne herab könne er dies nicht thun. Diese Erklärung habe großen Einfluß auf die Verwerfung der Proposition des Herrn Salverte gehabt.

Der Temps sagt: „Man hat bemerkt, daß die Mmorität der Kammer bei der Diskussion über die Adresse nur 73 Stim— men gegen 282 war, gestern dagegen hat sie sich auf 13156 Stim— men vermehrt; das Ministerium zählt also jetzt 6 Geguer mehr, als damals.“ Der Messager des Chambres dringt dar— auf, daß die Kammer durch eine neue Adresse oder ein Manifest ihren Beitritt zu dem System des Ministeriums ausspreche.

Mehrere Oppositions-Blätter hatten gemeldet, unter die Linien-Truppen, die am 17ten d. M. Abends die Räumung des inneren Hofes des Palais-Rohal bewirkten, sey vorher Wein ver— theilt worden. Das Journal des Débats enthält in Be— ziehung hierauf eine Erklärung der Offiziere und Unter-Offiziere des Bataillons, das an jenem Abend den Dienst im Palais— Royal versah, daß eine solche Vertheilung durchaus nicht statt— gefunden und daß jene Behauptungen der Blätter Verleum— dungen seyen.

Die Gazette des Tribunaux meldet, daß mehrere in der gestrigen Nacht an den Straßenecken angeschlagene Zettel, in denen die Bürger zu den Waffen aufgerufen werden, am Mor— gen von der Polizei abgerissen worden sehen.

Herr Lebrun, Mitglied der Französischen Akademie, ist zum Direktor der Königl. Druckerei ernannt worden.

Großbritanien und Irland.

London, 23. Sept. Gestern hielt der König ein Lever, bei welcher Gelegenheit der Amerikanische Minister, Herr v. Bu— ren, vorgestellt wurde. Der Fürst Lieven hatte eine Audienz und überreichte ein Schreiben seines Souverains. In der Ge— heimen Raths-Versammlung wurde Sir Frederik Adam als Geh. Rath beeidigt.

Das neue Linienschiff, der „Donnerer“, wurde gestern in Gegenwart des Königs, der Königin, mehrerer Prinzen und Prinzessinnen und von nahe an 50,0600 Zuschauern zu Woolwich vom Stapel gelassen. Die Herzogin von Sachsen-Weimar taufte das Schiff, indem sie eine Flasche Wein an den Bug warf und dabei die Worte sprach: „In die Tiefe send' ich Dich, o Don— nerer, und lange mögest Du gedeih'n.“ Das Schiff wurde so— dann nach dem neuen Bassin, welches 10 Kriegsschiffe der er— sten Klasse halten kann, gebracht. Der Hof ging in den Docks umher und besah unter anderen die auf Befehl Georgs IV. ge— baute Miniatur-Fregatte „Eagle“ von 32 Kanonen, welche den vierten Theil der Größe einer wirklichen Fregatte von 32 Kano— nen hat und in kurzem vom Stapel gelassen werden wird. JJ. MM. kehrten nach eingenommenen Erfrischungen an Bord der

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wohl von der Versammlung entschieden worden, daß man einen