nemmen. — Es wird von den Bürgern eine Abresse an den König unterzeichnet, in der sie die völlige Hingebung ihres Gu⸗ tes und Blutes für die Sache der Freiheit und des Vaterlandes geloben, aber das bisherige Verfahren der Minister ein unbe— greifliches und wohl schwer verantwortliches nennen.“
— — Paris, 27. Sept. Der Sieg, den das Ministerium in der Sitzung der Deputirten vom 22sten davongetragen hat, indem die Kammer mit einer Majorität von 85 Stimmen die äußere Politik Frankreichs laut und in einer bisher ungebräuch— lichen Form billigte, hat hier unter den Anhängern desselben große Freude erregt. Die ministeriellen Blätter geben sich seit⸗ dem alle mögliche Mühe, um der Ansicht Eingang zu verschaffen, daß dieses Ereigniß, so wie die gleichzeitige Verwerfung der bei— den Propositionen der Herren Mauguin und Salverte, wegen Er— nennung einer Untersuchungs-Kommission und wegen Vorlegung diplomatischer Aktenstücke, nicht minder die in der Sitzung vom 23sten ersolgte Beseitigung des Laurenceschen Antrages durch die einfache Tagesordnung, dem Ministerium auch für die Zukunft eine entschiedene Masorität versprächen und mithin dessen Exi— stenz sicherten. Bevor man sich indessen hierüber ein Urtheil er— laubt, möchte es wohl angemessen seyn, abzuwarten, wie das Ministerium bei den Berathungen über das Pairs— Gesetz und über das Budget von 1832 (denn das von 1831 wird zu keiner erheblichen Debatte Anlaß geben) bestehen wird. Sie dürfen nämlich nicht außer Acht lassen, daß in dem vorliegenden Falle mancherlei besondere Umstände zu dem Be— schlusse beitrugen, den die Kammer zu Gunsten der Minister ge⸗ faßt hat. Hierher gehörte erstens die offenbare Ungeschicklichkeit des Angriffs des Herrn Mauguin, der sich, wie es scheint, dar— über mit den anderen Leitern der Opposition vorher nicht gehörig berathen hatte, weshalb auch die Herren Odilon-Barrot und Bignon sich völlig passiv verhielten; ferner die gleichzeitigen dro⸗ henden Volks-Aufläufe in der Hauptstadt, so wie die beispiellose Heftigkeit der Sitzung vom 2tsten, welche von Augenzeugen den stürmischen Sitzungen des Konvents zur Seite gestellt wird; end⸗ lich die Besorgniß, durch eine, wenn auch nur indirekte, Mißbilli⸗ gung der seitherigen Führung der auswärtigen Angelegenheiten dem Fortgange der Reformbill in England und dem Erfolge der etwanigen Unterhandlungen, die wegen des künftigen Schicksals Po⸗ lens angeknüpft worden seyn möchten, zu schaden. Ueberhauptsscheint das Ministerium es weniger mit einer Opposition in den Kam— mern, als mit einer Volks-Opposition zu thun zu haben, und diese ist ganz unbedenklich nicht sowohl durch die äußere Politik Frankreichs, als durch die Art und Weise, wie die inneren An⸗ gelegenheiten betrieben werden, hervorgerufen worden. Es ist nicht in Abrede zu stellen, daß, was Hr. Laurence hierüber in der Sitzung vom 23sten gesagt hat, unter manchen Uebertreibun— gen auch viele Wahrheiten enthält, und wenn seinem Antrage diesmal auch keine weitere Folge gegeben wurde, so läßt sich doch mit ziemlicher Gewißheit voraussehen, daß die Gegner der Verwaltung bei der ersten sich darbietenden Gelegenheit noch einmal auf diesen Gegenstand zurückkommen werden, wo sie als⸗ dann leicht denjenigen Theil der Kammer für sich gewinnen möchten, der die Mitte zwischen der eigentlichen Opposition und der ministeriellen Partei hält und bei allen Abstimmungen den Ausschlag giebt. Daß das jetzige Ministerium die Popularität nicht unbedingt für sich hat, möchte sich schon daraus folgern lassen, daß fast alle Provinzial-Blätter, selbst diejenigen, die in dem Sinne der jetzigen Regierung redigirt werden, gegen dasselbe zu Felde ziehen. Leicht erklärlich ist daher das Schwanken der eben erwähnten sogenannten neutralen Partei in der Kammer. Diese Partei scheut sich, durch ein festes Anschließen an die Verwaltung deren wenn auch vielleicht unverdiente Unpopulari⸗ tät zu theilen, und sucht also, sobald sie Herrn Périer einmal in irgend einem entscheidenden Augenblicke unterstützt hat, sich bei der nächsten Gelegenheit wieder in demselben Maße der offentlichen Meinung zu nähern. Mit Sicherheit kann sonach das Ministerium auf jene Partei nie rechnen. Vielleicht, daß es ihm gelingt, sich die Stimmung des größeren Publikums zu er— werben, sobald nur erst die eben so wichtige als schwierige Frage über die Pairie auf eine demselben zusagende Weise beseitigt ist. Stärker als je wird indeß seit den letzten hiesigen Volksaufläufen davon gesprochen, daß der König die Absicht habe, das Ministe— rium in dem Sinne der linken Seite zu modificiten. Unter den Personen, die in diesem Falle ans Ruder kommen würden, nennt man vorzugsweise Hrn. Odilon-Barrot, dessen Sprache und Be— nehmen in der letzteren Zeit — seine Ansicht über die bindende Kraft der Traktate der Jahre 1814 und 1815, sein Glaubensbe— kenntniß über die Propagandisten und seine auffallende Zurück— haltung im Laufe und nach dem Schlusse der von Hrn. Mau— guin angeregten Diskusston — allerdings zu der Vermuthung derechtigen, daß er Aussichten auf einen nicht entfernten Eintritt ins Mlnisterium habe. — Die Berathungen über das Pairs— Gesetz werden wahrscheinlich erst im Laufe der künftigen Woche beginnen. Wie es scheint, ist die Opposttion entschlossen, ihre »lnsicht über die sogenannte konstituirende Gewalt der Deputir— ten-Kammer bis aufs Aeußerste zu vertheidigen.
Großbritanien und Irland.
Parlament s-Verhandlungen. Unterhaus. Siz— zung vom 27. Sept. (Nachtrag.) Herr O'Connell trug, in Betracht, daß die zweite Lesung der Irländischen Reform-Bill nicht heute, sondern erst nach Absolvirung der Schottischen Re⸗ sorm-Bill, an die Reihe kommen würde, darauf an, daß die von hm veranlaßte Aufforderung an das Haus (zum Erscheinen sammtlicher Mitglieder) ihre Gültigkeit für den 10. Oktober be— halte. Er gerieth bei dieser Gelegenheit in einen lebhaften Wort— wechsel mit Sir R. Vyvyan, der sich dem Antrage setzte. Herr O'Connell meinte, dies sey eine neue Ungebührlich⸗ keit, die sich das Mitglied für Oakhampton gegen Irland ge— statte, das man im Parlamente immer hintenanzusetzen suche. Sir R. Vyvyan erwiederte aber, daß Irländische Gegen— stände oft noch mehr, als nöthig sey, zur Sprache gebracht wer— den, und daß man oft die halbe Sitzungs-Zeit damit zubringe. Niemand im ganzen Hause spreche auch so oft, wie das ehren⸗ werthe und gelehrte Mitglied für Kerry (Hr. O'C.), welcher zu glauben scheine, das Parlament sey eine Kirchspiels⸗Versamm— sang, in der man über die allergeringsügigsten Dinge sich unter— halten könne. Herr Hunt nahm ebenfalls Partei gegen Hrn. OD'C. und protestirte gegen dessen Anschuldigungen, die er als gleußerungen eines Mitgliedes bezeichnete, dem es bisher noch nicht gelungen sey, zweimal hinter einander von denselben Konsti⸗ tuenten für das Parlament erwählt zu werden“»). Bei der Abstim—⸗ nung über die Schottische Reformbill sey Hr. O' C. nicht, wie es sich ge⸗ iemt hätte, auf seinem Platze gewesen, und doch erlaube er ssch,
Y. Herr O'Connell ist bisher fuͤr drei verschiedene Irlaͤndische Grrafschaften erwaͤhlt worden: zuerst fuͤr Clare, alsdann fuͤr Water⸗ ford und zuletzt fuͤr Kerry.
wider⸗
1522 Andere zwingen zu wollen, im Hause gegenwärtig zu seyn, wenn es ihm gerade für gut dünke. Lord Althorp erklärte, daß er sich dem Antrage zwar nicht widersetze, jedoch bemerken müsse, daß eine Erfahrung von 26 Jahren ihn überzeugt habe, wie an⸗ gelegentlich sich das Parlament mit allen Irländischen Gegenstän⸗ den beschäftige. Sir R. Peel schloß sich der Opposition des Sir R. Vhvhan an, weil auch in Bezug auf die Englische und Schottische Reform-Bill ähnliche Aufforderungen an das Haus nicht ergangen seyen. Herr O'Connell, der nun wie⸗ der das Wort nahm, antwortete zunächst Herrn Hunt, daß er bei der letzten Parlamentswahl unter drei Grafschaften habe wählen können und der Graffchaft Kerry, in welcher er geboren sey, den Vorzug gegeben habe. Niemals habe er, wie das Mit⸗ glied für Preston, für die eine Seite des Hauses gesprochen und mit der anderen gestimmt. Von der Gerechtigkeit der Englän⸗ der gegen Irland dürfe aber am allerwenigsten in einer Sitzung gesprochen werden, in der man sich auf ganz ungewöhnliche Weise einer Aufforderung an das Haus widersetze, bloß weil sie eine Irländische Angelegenheit betreffe. Welches aber auch das Schicksal seines Antrages sey, er würde doch die Genugthuung haben, dem Lande zu zeigen, wie er seine Schuldigkeit gethan und das Haus dies aufgenommen habe. Sir R. Vy vyan entgegnete nun, daß Hr. O'Connell die von ihm gewünschte Ge⸗
nugthuung, eine von ihm ausgegangene Aufsorderung an das
Haus verworfen zu sehen, nicht hahen solle, und daß er (Sir R.) demnach seine Opposition zurücknehme. (Beifall von der Opposstion. Wenn Hr. O'Connell glaube, daß es ihm jemals gelingen werde, das Haus nach Gutdünken niederzudrücken, so irre er sich sehr. Hr. H ume trat jetzt als Vertheidiger des Hrn. O'Con⸗ nell auf, dessen Verfahren er untadelhaft nannte, während er das- jenige des Sir R. V. als ein ihm selten vorgekommenes, eines Eng— lischen Gentleman unwürdiges, bezeichnete. Dieser Ausdruck veran⸗ laßte mehrere Mitglieder, den Redner zur Ordnung zu rufen, worauf er fortfuhr: „Mindestens ist ein solches Verfahren eines Engli⸗ schen Gesetzgebers unwürdig. Wenn ehrenweirthe Mitglieder als Englische Gentlemen behandelt zu werden wünschen, so müssen ste fich auch wie Englische Gentlemen benehmen.“ — Hier er— hob sich der Sprecher und machte Herrn Hume bemerklich, daß dergleichen Ausdrücke höchst ordnungswidrig seyen. Herr Hume aber betheuerte aufs neue, daß das Benehmen mehrerer Mitglieder gegen Herrn O'Connell höchst unschicklich sey, und als Sir Rob. Vyvyan ihn fragte, ob er von ihm etwa meine, daß er sich auf die eines Englischen Gentleman unwür— dige Weise benehme, wich ihm Herr Hume dadurch aus, daß er nun das Wort „Legislator“ für Gentleman ge— brauchte und die Versicherung ertheilte, daß er Niemand habe persönlich beleidigen wollen. Nachdem dieser Gezeustand endlich beseitigt war, entstand in der heutigen Sitzung auch noch ein anderer sehr lebhafter Wortwechsel, in welchen Hr. O'Connell sich verwickelt sah, und zwar in Bezug auf die schon zur Sprache gekommene angebliche Mißhandlung des Deacle'schen Ehepaares in Winchester durch eine Magistratsperson (Hrn. Bingham Ba⸗ ring), die zugleich Mitglied des Parlaments ist. Es wurde auf Untersuchung des Gegenstandes durch einen Ausschuß des Hau⸗ ses angetragen. Hr. O'Connell nannte bei dieser Gelegenheit die Angriffe seiner Gegner „brutal“ und wurde dieses Aus druckes halber zur Ordnung verwiefen. Der Antrag selbst aber wurde von 78 gegen 31 Stimmen verworfen.
London, 28. Sept. Gestern hatte der Baron van Zuhlne van Nyeveldt, der sich hier im besonderen Auftrage Sr. Maj. des Königs der Niederlande befindet, eine Konferenz mit Lord
im auswärtigen Amte. wal Sir Edw. Codrington kreuzt mit seiner Flotte noch der Höhe von Cork, und das Gerücht, daß er daselbst n Bord nehmen werde, ist noch immer in Schwung. gen Sonnabend wurden von Cope (unweit Cork) Loot— „der Flotte gesandt, um diese nach dem Hafen zu ge—
getrieben und zum Theil ganz vernichtet. sämr ser auf der Insel sind mehr oder weniger beschädigt, und der Gouverneur selbst mußte aus seinem Palaste flüchten.
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Aus dem Haag, 30. Sept. Die öffentliche Audienz, welche Se. Majestät am vorigen Mittwoch gewährten, war sehr zahlreich besucht. Man bemerkte unter Anderen mehrere Offi⸗ ziere, die aus Belgischer Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt sind, und die, nachdem sie Ihren Majestäten vorgestellt worden, auch den Prinzessimen von Oranjen und Friedrich ihre Aufwartung machten.
Se. Königl. Hoheit der Prinz Albrecht von Preußen ist am 27sten d. von hier nach dem Hauptquartiere unserer Armee abgegangen.
Heute ist Se. Königl. Hoheit der Prinz von Oranien in Seeland erwartet worden, wo derselbe seinen jüngsten Sohn, den Prinzen Friedrich Hemrich, auf das Kriegsschiff „de Zeeuw“ bringen will, um ihn daselbst mit den Marine-Einrichtungen bekannt machen zu lassen.
Die Einwohner von Thiel, dem Geburtsorte des General Chassée, haben diesem ihrem berühmten Landsmanne einen gol— denen Ehrendegen anfertigen lassen und durch eine Deputation nach der Citadelle von Antwerpen übersandt.
Antwerpen, 29. Sept. Der König hat heute Mittag um 1 Uhr seinen Einzug in die Stadt gehalten und gleich dar— auf die Bürgergarde die Revue passiren lassen. Se. Maj. be— gaben sich darauf nach dem Schlosse, wo sie den Französischen Gesandten empfingen. Bald darauf reiste der König, in Be— gleitung seines Bruders, des Kriegs⸗-Ministers und einiger ande— rer Personen nach Merxem ab, wo er ebenfalls die Truppen musterte.
In dem hiesigen Journal liest man: „Seit mehreren Tagen verkündigten einige Anordnungen am Bord der Hollän— dischen Schiffe einen wichtigen Besuch. Heute Morgen sah man in der That 3 Holländische Dampfschiffe bei Lille ankommen, und das, was bei der Citadelle liegt, segelte den Fluß bis nach jenem Fort hinunter. Gegen 11 Uhr kam dieses Fahrzeug wie— der bei der Stadt vorbei, mit dem Prinzen von Oranien und dem Prinzen Friedrich an Bord, welche bei der Citadelle abstie— gen. Die Gegenwart dieser Prinzen, gerade in dem Augenblick, wo der König Leopold uns besucht und durch seine Gegenwart den Militair⸗Angelegenheiten einen lebhaften Impuls giebt, bie— tet ein sonderbares Zusammentreffen dar.“ (Die Holländischen Blätter melden nichts von einer Reise der Prinzen nach der Citadelle.)
Brüssel, 29. Sept. In der gesirigen Sitzung hf Senatoren-Kammer verlas der Prästdent zwei Gesetz-Er würfe, die bereits von den Repräsentanten angenommen worh sind. Der erste betraf die den Gemeinden mi machenden V schüsse zur Equipirung der Bürgergarden, der zweite die Zul sung fremder Truppen auf Belgisches Gebiet. Ueber letzten eröffnete sich die Diskussion soglesch, während ersterer einer Km mission überwiesen wurde. Hr. v. Beytz erklärte, daß er s zwar dem Entwurf nicht widersetzen wolle, denselben aber da sehr unvollständig finde. Es sey unter Anderem in dem G setze gar nicht ausgedrückt, zu welchem Zweck man das Zuh sen fremder Truppen erlauben wolle, ob bloß zur Aufrechth haltung der Constitution und zur Vertheidigung der besteh den Regierung, oder auch noch zu anderen Zwecken. Eh so sey der Ausdruck „bis zum Frieden“ gar zu unbestimm Herr von Robiano trat dieser Ansicht bei und trug darg an, daß man den ganzen Entwurf an die Sectionen verweise solle, um der unbeslimmten Abfassung desselben abzuhelfen. Ha von Aerschot fand die Ausdrücke in dem Gesetze deutlich; nug und bemerkte, daß es vielleicht unvorsichtig seyn würde, el zu große Bestimmtheit hineinzulegen, weil man dadurch Gefaͤ laufe, Geheimnisse aufzudecken, deren Bekanntwerdung gefährl seyn könne. Auf die Bemerkung des Herrn von Loe, daß d 10. Oktober nicht mehr entfernt und es deshalb nothwendig se rasch einen Entschluß zu fassen, wurde der Antrag des Herrn d Robiano verworfen und das ganze Gesetz mit 27 Stimmen g gen 2 angenommen.
Zu der gestrigen Sitzung der Repräsentanten kamm hatte sich eine bei weitem größere Anzahl von Zuschauern, g zu allen früheren Sitzungen eingefunden. Herr Liedts verh den Inhalt mehrerer Bittschriften, unter denen sich eine von d Offizieren des Iten Jäger-Regiments befand, worin sie erklärtg ihre frühere Bittschrift zurücknehmen zu wollen. — An der U gesordnung war die Fortsetzung der Berathung über die Bit schrift einlger Offiziere des 12ten Regiments, welche sich üb ihre vom Kriegs-Minister verfügte Entlassung beklagten. B vor indeß dazu geschritten wurde, bemerkie der Präsidem daß die Kammer mit Bedauern wahrgenommen habe, m die Berathung in der letzten Sitzung in Persönlichkeitn ausgeartet sey; und Jeder müsse wünschen, daß sie nitz in diesem Tone wieder beginne. Trotz dieser Ermahnun äußerte sich gleich darauf Herr Gendebien in den aller heftigsten Ausdrücken gegen Herrn Lebeau, der ihm in 8 vorigen Sitzung vorgeworfen hatte, daß er einen Bürgerkrie⸗ habe erregen wollen. Herr Gendebien erzählte sehr umständlit seine ganje politische Laufbahn und erklärte hierauf Herrn Lr beau, der nicht anwesend war, für einen Verleumder, weshah er von der Versammlung und dem Präsidenten zur Ordnung ge rufen wurde. Herr Fallon untersuchte in einer langen Redt— ob die Bittsteller irgend ein Recht zur Beibehaltung ihres Ran ges besäßen, beantwortete diese Frage verneinend und trug au die Tagesordnung an. Herr Legrelle erklärte sich für Ueber sendung der Bittschrift an den Kriegs-Minister. Nach dem not mehrere Redner sich über diesen Gegenstand hatten vernehmen lassen, ergriff der Kriegs-Minister das Wort und äußert sich folgendermaßen:
„In der vorigen Sitzung hat ein ehrenwerthes Mitglled all Personen, alle Stellungen und alle Verhaͤltnisse angegriffen. Er— warten Sie indeß nicht von mir, daß ich Ihnen meine politisch Laufbahn oder meine militairlschen Vorgaͤnge d mn. Wenn ich in die Regierung eingetreten, wenn ich vom Subaltern⸗ rasch zum Ober-Offijier erhoben worden bin, so ist dies von der provisorischen Regierung selbst veranlaßt worden. Glauben Sie, daß ich meine jetzige Stellung gewuͤnscht habe, daß sie mir viel Vergnügen macht! Nur Pflichtgefuͤhl hat mich dazu bewegen koͤnnen, den Posten anzu⸗ nehmen, den ich gegenwaͤrtig bekleide. Dadurch, daß man fortwaͤh— rend die Armee beschuldigt, und besonders dadurch, daß man du Offiziere in den Augen der Sohaten herabsetzt, wird man die Dit ciplin nicht wieder herstellen, und dennoch ist diese Diseiplin hoͤch noͤthig, denn der Feind ist nicht weit entfernt, (Bewegung.) Alt die Revolution begann, existirte keine Armee, sie ist ganz aus da Nation hervorgegangen. Man hat sich auf eine Menge Details in Betreff des letzten Feldzuges eingelassen. Man hat von Befehlen und Gegenbefehlen gesprochen, die wegen der Befestigung Löwen erlassen worden seyn sollen, wodurch Lzwen genbthigt worden waͤrt, zu kapituliren Es sind weder Befehle no worden, sondern man hat immer an verschiedenen an den Befestigungen gearbeitet, je nachdem es die Stellungen de Armee erforderten. Löwen hat nicht kapitulirt, weil es sich nicht vertheidigen konnte, sondern weil die Regierung wußte, daß der Ko nig von Holland dem Vorschlage, seine Truppen zurückzuziehen, bet⸗ getreten war, und weil die Vertheidigung Lowens die Zersth⸗ rung eines Theiles der Stadt zur Folge gehabt haben wuͤrde Man beklagt sich, daß ich die Buͤrgergarde, und nament- lich die Artillerie, nicht benutze. Die Buͤrgergarde ist auf den Marsch nach den verschiedenen Punkten, wohin sie beorden worden ist. Zwei Compagnieen Artillerie sind organisirt und wer den heute um 5 Uhr im Kriegs⸗Ministerium inspicirt werden. Di Organisation der Armee findet nicht bloß auf dem Papiere statt; in wenigen Tagen werden alle Corps definitiv organisirt seyn. Ich habe aufgeklakrte Richter zur Seite, welche das, was ; gethan hahe, zu beurtheilen wissen werden. Man hat mich beschuldigt, Septem— ber-Maͤnner entlassen zu haben. Es ist aber kein Offizier entlassen worden, welcher begruͤndete Anspruͤche hatte; es waren zu viel Of fiziere, man mußte einige in Nicht⸗Aktivitäͤt versetzen. Man hät mir besonders die Entlassung eines kommandirenden Offiziers vor— geworfen; aber was wird man erwiedern, wenn ich Beiveise bei bringe, daß er allen militairischen Verordnungen Hohn gesprochen hat, daß er sich foͤrmlich Betruͤgereien hat zu Schulden kommen lassen.“ Hier verlas der Minister einen diesen Umstand bestaͤtigen. den Bericht, woraus hervorging, daß der in Rede stehende Genergl z. B. Schein-Licitationen angestellt und sich unter der Hand mit einigen Leuten verstaͤndigt hatte. Der Minister bedauerte, daß tr zu feiner Selbstvertheidigung solche Aufkläͤrungen geben muͤßtt
Reden Sie, reden Sie!? „Ein anderer Offißier“, fuhr Herr bon Brouckere fort, „ist entlassen worden, weil er vorgegeben hatt, fruͤher denselben Grad besessen zu haben, wahrend wir ein Aktenstuͤg vorgefunden hatten, woraus hervorging, daß er vom Könige Wil— helm entlassen worden war, weil er sich einen Grad zugelegt, den er in Frankreich niemals besessen hatte. Alles dieses beweist wohh daß ich nicht aus Haß gegen die Maͤnner des Septembers gehan delt habe. Uebrigens behaupte ich keinesweges, daß nicht erh en ha⸗ ben stattsinden koͤnnen. Man hehauptet, daß, von dem Augenblicke an, wo die Freicorps durch eine Verf igun des Regenten in die regulgire Armee aufgenommen worden seych, die Iff tere dieser Corps unwidersprechlich ein Recht auf ihre Hrade erlangt haͤtten Ich bemerke dagegen, daß die Verfügung des Regenten nur von det Zukunft spricht, und daß die Organisation der drei darin erwaͤhnten Regimenter nie stattgefunden hät. Die Patente fuͤr Offiziere von Freicorps sind ohne alle Ruͤcksicht vertheilt worden. Man brauchte sich nur an der Spitze von einem Haufen Leute zu melden, um zum Capitgin ernannt zu werden. Und wenn am anderen Tage ein Über diese Beförderung eifersůchtiger Lieutenant dem neuen Capltain einen Theil seiner Leute ü ssan sig gemacht und sich an ihrer Spitze ge= meldet hatte, so erhielt er ebenfalls den Capitains⸗Rang. . dlest Weise hatte man zwei Capitains, wo nur einer noͤthig war. Und glauben Sie, daß alle diese Leute Manner des September waren! Viele, die aus Hollaͤndischen Gefaͤngnissen entwischt sind, haben sich
unkten der Stadt
6 erlassen
Offllleren machen lassen, und nur daburch, daß ein Oberst auf ben ten irre kam, sein ganzes Regiment ein Bad nehmen zu lassen, haben ir die Spuren der Brandmarkung auf den Schultern dieser Offi⸗ re entdecken koͤnnen. ( Allgemeines und anhaltendes Gelaͤchter.) snige der Bittsteller haben nur Freieorps-Patente, andere haben r in! Man hat Ihnen auch von Patenten gesprochen, welche r General Nypels ertheilt hat; Folgendes ist in dieser Beziehung BVerfüuͤgung der provisorischen
Regierung: „„Der General Ny⸗ is ist ermaͤchtigt, Offiziere zu 6 zu ernennen und ihnen
viforische Patente auszufertigen.““ Ist das deutlich? Aber, sagt . fi , der Regent hat die Abshchr gehabt, ihnen alle re Grade in der Armee zu sichern. Wenn dies die Absicht 5 Regenten ge waͤre, so wuͤrde man schon damals cht von den Offizieren verlangt haben, ihre Anspruchs-Be⸗ chtigungen beizubringen. Ich bin uͤbrigens immer der Meinung wesen, daß ich, nicht das Recht, habe, Offiziere der Armee zü tlassen, und deshalb habe ich hieruͤber ein . verlangt. Aber,
det man mir ein, diese Leute waren Offiztere, der Minister selbst
sie dafuͤr anerkannt, indem er sie entlassen hat. Nein, m. H. habe sie immer nur fuͤr Offiziere von Freicorps anerkannt, und shalb habe ich sie entlassen. Ich wiederhole uͤbrigens, daß einige rrthüͤmer stattgefunden haben konnen, und ich werde mich beeilen, bald man mich davon uͤberzeugt haben wird, dieselben wieder gut
achen. . noch e, ,, Devaux, Poschet und Destou⸗ elles sich für die Verweisung der Bittschrift an den Kriegs— inister ausge sprochen hatten, wurde dieser Antrag genehmigt d die Sitzung um 3 Uhr aufgehoben.
Folgende Französlsche Offiziere sind neuerdings in Brüssel gekommen: Die Oberst-Lieutenants Motté und Schaunburg; é Bataillons-Chefs Dutheillet, de la Mothe, Nabaudy, Fare, ousson, Louzeau, Haellin, Renault de Kerbourg und Noié, dbie Herren Lesparda, Berrat, Guerbe, d' Eprämenil, Du⸗ irt, Dorvale, Offiziere verschiedenen Ranges. Alle diese Offi— re erhalten unmittelbar nach ihrer Ankunft eine Bestimmung.
Po len.
Von der Polnischen Gränze, den 2. Oktober. ach mehreren, von verschiedenen Seiten eintreffenden, zuverlãs⸗ en Nachrichten, herrscht in den Ueberresten des Polnischen keres die größte Verwirrung. Ein Theil hatte sich bei Plozk geschifft, war bis Wrozlawek (am linken Weichsel-Ufer) gegan— n, hatte die Russen daraus vertrieben und eine Brücke ge⸗ hlagen. Man glaubte daher, daß eine größere Operation da— nter verborgen liege. Keinesweges. Kurz darauf verließen die olen das linke Ufer; die Russen besetzten Wrozlawek; Oberst Kras⸗ jw nahm ihnen sogar, nach einer schwachen Gegenwehr, die Brücke, d, nach Aussage der Gefangenen, sollte die Armee den Weg nach r Preußischen Gränze eingeschlagen haben und sich in Lipno befin⸗ n. General Anrep ging sogleich zur Verfolgung bei Wrozla— kauf das rechte Ufer, und in den nächsten Tagen muß daher
so mehr die endliche Entscheidung erfolgen, als General raf Pahlen von Gombin bis Brzesc-Kujawski echelonnirt steht d das linke Ufer beobachtet, auch bereits, wie oben erwähnt, en Theil auf das rechte hinüber gesendet hat und der Feld⸗
arschall FFürst Paskewitsch mit dem Corps von Creutz und einem
heil der Garden auf dem rechten Ufer bereits bis in die Ge— nd von Plonsk vorgerückt ist. Mittlerweile sind Flücht⸗ ige und Deserteure schaarenweise auf das Preußische Ge⸗ t übergetreten. Ju Strasburg kamen allein einige und Personen an, unter denen sich Regierungs-Mitglieder, enatoren, Landboten, Offiziere und Privatleute, und na⸗ entlich die Gebrüder Niemojowski, Biernazki, Ostrowski und lichta, so wie der General Skarzynski und die Fürsten Sapieha nden.
3 Oesterre ch.
Wien, 30. Sept. Se. Kaiserl. Majestät haben den kom— andirenden General in der vereinten Banal-Warasdiner-Karl⸗ dter-Gränze, Feldmarschall-Lieutenant Grafen von Lilienberg,
Civil und Militair-Gouverneur von Dalmatien und den ldmarschall-Lieutenant und wirklichen Hofkriegsrath Freiherrn adossevich von Rados zum interimistisch kommandirenden Ge⸗ ral in der vereinten Banal-Warasdiner-Karlstädter-Gränze ernennen geruht.
Der Oesterreichische Beobachter enthält Folgendes:
„In unserer bewegten Zeit hat es oft keine geringe Schwie⸗ kest, die offenkundigsten Thatsachen in dem Nebel falscher Be⸗ te, in welchen Unwissenheit oder vorsätzliche Täuschung sie hüllt, richtig zu erkennen; und selbst, wenn sie mit Akten⸗ cken belegt werden, darf die Kritik auf ihr Recht, sie mit
enge zu prüfen, nicht Verzicht leisten. Unmittelbar nach An⸗ ft der Nachricht von der Einnahme der Stadt Warschau in nris erschienen in den Französischen Journalen jwei Cirkulare
Polnischen Regierung an ihre Agenten im Auslande, wovon s eine, vom 15. August datirt, bittere Klagen über die Euro⸗ schen Höfe, namentlich über das Verfahren des Franzö— hen Minisieriums, das andere, vom 24. August, eine, ar späte, aber ziemlich treue Erzählung der Umstände, iche die Mord-Senen in der Nacht vom 15. zum 16. Aug. beigeführt hatten, enthielt. — Wenn das angebliche Cirkular
i5ßten ächt seyn sollte, so müßte es nothwendig das Werk
Personen gewefen sehn, die an diesem Taze noch die Regie⸗ —ags⸗-Geschäfte verwalteten und am Abend desselben den bhreckens⸗ Männern weichen mußten. Jedermann weiß, daß e Personen der gemäßigteren Partei angehörten, die in keiner er früheren Communicationen die in dem Cirkular vom 15ten rschende leidenschaftliche und feindselige Sprache geführt hat⸗ und denen ihr eigenes Interesse diese schonungslosen An⸗
e gegen eine Regierung, von welcher sie Hülfe erwarteten, tersagt hätte. Erwägt man nun ferner, daß an dem Tage,
das Cirkular geschrieben seyn soll, die Anarchie in Warschau eits auf einen so hohen Grad gestiegen war, daß die Regie⸗
gs⸗Mitglieder, von ganz anderen Sorgen bedrängt, weder igung noch Muße finden konnten, polemisirende Cirku—⸗ gegen fremde Höfe in Umlauf zu setzen — so ergiebt
„ wo nicht mit Gewißheit, doch mit dem höchsten Grade
Wahrscheinlichkeit, daß das Cirkular vom 15ten, nicht an
Tage, von welchem es datirt ist, abgefaßt wurde, sondern
späteres und in so fern schon verfälschtes Fahrikat war. — her den Ursprung und den Zweck Dieser Verfälschung lassen
freilich nur Vermuthungen anstellen. So viel aber ist ge⸗ s, daß das angebliche Aktenstück entweder in Warschau, und ar in den Tagen nach dem 15. August, oder in Paris in dem genblicke der ersten Bestürzung über den Fall von Warschau, fertigt worden feyn muß. War das Erste der Fall, so ist es
Werk der Faction, die sich vom 16ten an im augenblicklichen sit der Macht befand, und die es ihren Absichten gemäß hielt,
Ausfälle gegen die fremden Höfe ihren gestürzten Vorgän⸗ n auf die Schultern zu legen. War die Quelle der Erfin⸗
g in Paris, fo ist der Zweck derselben, das Französische Mi⸗
erium ins gehässigste Licht zu stellen, unverkennbar, und hierzu ben die Tumulte am 17, September und den folgenden Ta—
1525
gen und die Debatten in der Deputirten-Kammer die besten Kommentare geliefert.!“
Folgendes ist der Stand der Cholera hierselbst in den letzten beiden Tagen:
erkrankt. genesen. gestorben.
Vom 2AIsten bis 2838sten Mittags 44 23 22
⸗2Z28sten⸗2yhsten ꝛ 65 28 28
Im Ganzen sind bisher 1315 Personen erkrankt, 360 ge⸗ nesen, 511 gestorben und 444 blieben noch in ärztlicher Be⸗ handlung.
Der Ofener und Pesther Zeitung zufolge, sind seit dem 13. Juni bis 23sten d. M. in 2335 Ungarischen Ortschaften 254,489 Personen von der Cholera befallen worden. Davon sind genesen g3, 502, gestorben 117,782, und in ärztlicher Pflege verblieben 43,205 Personen.
It nn h
Berlin, 5. Okt. In der vorgestrigen Versammlung des Vereins für Gewerbfleiß kamen die Kassen-Angelegenheiten des Vereins und der v. Seydlitzschen Stiftung zum Vortrag; ferner: der Verlust, welchen der Verein durch den Tod des Stellvertreters des Vor— sitzenden, des Hrn. Fabriken⸗Kommissions⸗-Raths Weber, und des Hrn. Fabrik-Unternehmers Tappert erlitten hat (Letzterer ist der erste von den steben Stiftern des Vereins, welchen der Tod dem Vereine entriß); die Wahl eines neuen Schreibers an die Stelle des Hrn. Lebrun, welcher ein Opfer der Cholera wurde; das dem Verein zugefallene Vermächtniß des Hrn. Fabriken-Kommissions— Raths Weber von 10,000 Rthlr. zur Gründung einer Brougham⸗ schen Schule; drei Gutachten der Abtheilungen für Physik und Chemie, so wie für die Baukunst und die schönen Künste, über die fürs künftige Jahr zu stellenden oder wegzulassenden Preis⸗ Aufgaben; die Gutachten der Abtheilungen für Mathematik und Mechanik wegen der Bemerkungen des Hrn. Bau— Conducteurs Jacobi über das Utrechter Prägewerk, so wie über das Wasserrad des Hrn. Wortelman in Stettin; der Abtheilung für die Baukunst und der schönen Künste über den Aufsatz des Herrn Bau⸗Inspektors Schulz: „Was sind die besten Fenster?“ und über die Deutsche unauslöschliche Dinte und Tusche des Herrn Markwardt; der Abtheilung für die Ma—⸗ nufakturen über den Abdampfungs-Apparat des Herrn Bau⸗ Conducteurs Jacobi; über die Oefen des Eisen-Waaren⸗-Händlers Lehmann; über verschiedene Anfragen des Görlitzer Gewerbe— Vereines; über die Versuche mit den von Herrn Petzer in Mühl— heim in 12 Stunden gegerbten und gerathenen Häuten; über die von Herrn Stelling gemachten, die Papier-Fabrication be— treffenden, Anfragen; Mittheilungen des Ministeriums des In— nern für Handel, Gewerbe und Bauwesen über die Erfolge der Rheinischen Dampfschifffahrt; eines Preußen über den Handel von Rio Janeiro; des Herrn Godwin über eiserne in Dublin angewendete Bettstellen; des Herrn Uhlhorn über einen neuen Hygrometer. Herr Landrath Lepsius theilt das von ihm ver— faßte Leben des Erzgießers Peter Fischer in Nürnberg mit; Hr. Bockmühl eine von ihm angewendete Kochbieke; Herr Pietre sein Werk: Traitè sur la fabrication du Papier, Paris 1831. Der Central-Ausschuß des polytechnischen Vereines für Baiern richtet mehrere Anfragen an den Gewerbe-Verein; die Gesell⸗ schaft zur Beförderung der Gewerbe in Würtemberg theilt dem Vereine ihre Verhandlungen mit, eben so die ökonomische Ge— sellschaft im Königreiche Sachsen und der hiesige Verein zur Erziehung ssttlich verwahrloster Kinder die seinigen. Herr Geh. Rath Hermbstädt theilte dem Verein ein Schreiben des Leder-Fabrikanten Bartsch in Strigau nebst einer von dem— selben mit Tormentill-Wurzel gegerbten Probe Sohlleder mit; Gegenbemerkungen der Herren Treu und Nuglisch zu dem Gut— achten des Vereins über ihre Seifen-Proben; Mittheilungen der Rheinisch⸗Westindischen Compagnie und des Deutsch-Amerikani⸗ schen Bergwerks⸗Vereins. — Der Vorsitzende zeigte der Ver— sammlung ein Exemplar der in Frankreich patentirten Lampe manoméfrique von Faillot vor, der Hr. Mechanikus Müller eine Luftpumpe nach Reid, ein Exemplar der zweiten Abtheilung des 1sten Bandes der Elemente der technischen Chemie nebst Kupfertafeln, welches der Verfasser, Hr. Professor Schubarth, dem Verein als Geschenk überreicht hat.
— Der Königl. Französische Botschafter am Kaiserl. Russi⸗ schen Hofe, Herzog von Mortemart, ist am 29. Sept. in Achen angekommen und am folgenden Tage von da nach Paris weiter gereist.
Die Vorlesungen werden auf der hieslgen Universstät zur
gesetzlichen Zeit, den 24. Oktober, anfangen. Daß während des kommenden Winter-Semesters die Cholera-Krankheit sich schon bis auf das linke Rheinufer verbreiten sollte, ist zwar nach dem bisherigen Verhalten derselben durchaus unwahrscheinlich; indessen können wir allen Studirenden, die unsere nach dem Urtheile be⸗ rühmter Aerzte gegen Epidemieen überaus geschützt liegende Uni— versität zu besuchen denken, so wie allen Angehörigen derselben, die Versicherung geben, daß die Behörden in dieser beruhigenden Voraussetzung keinesweges unthätig geblieben sind; sie haben viel— mehr die sorgsältigsten Anstalten getroffen, um für alle Fälle den Studirenden eine so schleunige und wirksame Hülfe zu leisten, wie sie nur immer dieselbe zu Hause und im Schooße ihrer Fa— milie wünschen und erwarten können.
Bonn, den 28. September 1831. Rektor und Senat der Rheinischen Friedrich⸗Wilhelms-Universität.
v. Droste, Prorektor.
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In der Residenzstadt Berlin waren erkr. genes. gestorb. Bestand bis zum 4. Okt. Mittags 1029 226 653 150 Hinzugek. bis zum 5. Okt. Mittags 42 7 27 158
Bis zum 65. Okt. Mittags Summa 1091 233 680 158 Hierunter sind vom Militair . 1 8 ö
In ihren Wohnungen werden behandelt g9 Personen, in den Hospitälern 59.
Regierung s⸗Bezirk Potsdam.
Kreis Teltow-Storkow. Am 28. Sept. ist die Cholera in Spreenhagen ausgebrochen.
Auf dem Kietz bei Köpenik ist am 4. Okt. wieder eine Person an der Cholera gestorben, in der Stadt selbst hat sich dieselbe noch nicht gezeigt.
Regierung s-Bezirk Frankfurt. In der Stadt Frankfurt sind erkrankt genesen gestorben Bestand bis zum 3. Oktober 50 15 32 3 Darunter Militair 1 = 1 ö
Regierung s⸗Bezirk Bromberg. In der Stadt Bromberg sind bis zum 1. Okt. wieder einige Erkrankungen vorgekommen. e Ausbrüche der Cholera sind bemerkt: Kreis Bromberg, in Goscieradz am 28. Sept. Kreis Czarnikau, in Selchow, Gulez, Czyskowo, Smieszkowo, Kruszewo bis zum 26sten Sept. Kreis Gnesen, in der Stadt Wittkowo und in Neu— dorf am 23sten Sept. Regierung s⸗Bezirk Posen. Ausbrüche der Cholera sind bemerkt: Kreis Birnbaum, in Gollmitz am Asten September; Kreis Pleschen, in Baranowo am 2bsten Sexpt.
Wissenschaftliche Nachrichten.“
Schluß der (gestern abgebrochenen) Recension aus den Jahrbüchern für wissenschaftliche Kritik.
Auch bei dem Wechsel⸗Fieber zeigt das Blut eine Neigung, seine waͤsserigen Theile fahren zu lassen, und Bailly hat durch Leichenbff⸗ nungen dargethan, daß die Anfuͤllung mancher Eingeweide mit schwarzem Blut, die blasse Rothe des Darmkanals, ja selbst die Auf⸗ lockerung (das sogengnnte Exanthem) auf der Schleimhaut des Ma⸗ gens und . in der Gallabsonderuͤng, welche Beschaffenheiten die Cholerg haufig zu hinterlassen pflegt, aüch bei den Wechsel-Ficbern nicht selten sind. Die Symptome beider Krankhetten sind oft in nem Kranken so innig verbunden, daß manche Aerzte (Morton, Torti, Praͤtorius, Scardonag u. A.) einen solchen Zustand nicht besser als durch zusammengesetzte Namen Cholera periodica, Fehris inter- miltens cholerica, Lertiana omitata choleriea) zu bezeichnen wußten, und die unter dem Namen Mal de terre und Mort de chien bekannte bg artigste Form der Cholera, welche vorzuͤglich in Bengalen und auf der Küste Koromandel unter den Indiern wuͤthet, macht zuwei⸗ len so deutliche Exacerbationen, die mit Frost anfangen, mit Schweiß endigen und kurze Remissionen zur Folge haben, daß sie von Meh⸗ reren wirklich zum Wechsel Fieber gerechnet worden ist. Kann aber der Zug der Cholera mit der Ausbreitung des Fiebers verglichen werden? Es scheint, daß auf die allmaͤhlige Verbreitung die⸗ ser Fieber in den Jahren 1825 und 1835 zu wenig Aufmerk⸗ samkeit verwendet worden sey, mit Gewißheit moͤchts Ref. nur behaupten, daß die Wechsel-Fieber vor dieser Zeit seit vielen Jah⸗ ren nur auf die Gegenden eingeschraͤnkt waren, wo sie von jeher endemisch herrschten, daß sie spaͤterhin fast uͤber ganz Europg sich ausdehnten, in Polen und Schlesien aber fruher als im noͤrdlichen und westlichen Deutschland epidemisch erscheinen. Indessen ist das langsame Fortschreiten des Wechsel⸗Fiebers in einer bestimmten Rich— tung nicht ohne Beispiel in der Seuchen-Geschichte, und es mag hier genügen, auf die merkwuͤrdige von Wepfer beschriebene Epide⸗ mie des Jahres 1691 zu verweisen, welche, durch besondere Einge⸗ nommenheit des Kopfes und allgemeine Steifheit der Glieder aus⸗ gezeichnet, nach Art der Influenza uͤber weite Laͤnder-Gebiete von Osten nach Westen ziehend, namentlich uͤber Ungarn, Krain, Steier— mark, Kaͤrnthen, Tyrol, Graubuͤndten und die Schweiz, sich bis an den Rhein und wahrscheinlich noch weiter verbreitet hat Wenn nun eine solche Wanderung des kalten Fiebers auch nur einmal stattgefunden haͤtte, so waͤre man schon befugt, dasselbe auch in die⸗ ser Hinsicht mit der Cholera zu vergleichen, die auch erst einmal ih⸗ ren Zug nach Westen unternommen hat; aus allen Umstaͤnden wuͤrde man schließen durfen, daß derselbe epidemische Einfluß, welcher seit einigen Jahren die Wechsel⸗ Fieber erzeugt, entweder mit erhoͤhter Intensitaͤt oder besonders modifieirt, jetzt die Cholera hervorzubrin⸗ gh im Stande sey, womit die Annahme immer vereinbar bliebe,
aß jene tellurisch⸗atmosphaͤrischen Ursachen allmaͤlig uͤber einen gro⸗ ßen Theil des Erdkreises sich verbreiten koͤnnen. Es ist nicht hier der Ort, diese 6 noch weiter zu entwickeln und die Folgerungen darzulegen, welche in praktischer Beziehung besonders fuͤr die den beiden Krankheiten gleichmäßig entsprechende Vorbauungs-Kur sich ergeben; auffallend bleibt es nur, daß die so nahe liegenden Ver⸗ gleichungs-Punkte nicht laͤngst schon nach allen ihren Beziehungen gewuͤrdigt worden sind.
In Zeiten allgemeiner Noth und Verwirrung zeigt sich aber haͤufig ein unsicheres Schwanken guch in dem Gebiete der Wissen⸗ schaft und ihrer Anwendung; die einfachsten Thatsachen werden dann zuweilen auf eine seltsam abenteuerliche Weise erklärt, die Meinun— gn folgen oft unwillkuͤrlich der Bewegung, die durch irgend einen
nstoß hervorgebracht ist, die große Menge, immer geblendet und ohne Pruͤfung dem ersten Eindruck sich uͤberlassend, wird von dem Strome, den sie selbst gebildet, fortgerissen, nicht selten werden selbst die Unterrichteten vom Schwindel ergriffen. Und so verhalt es sich auch bei der Seuche, welche jetzt Europa in Schrecken setzt. Davon zeugen die heillose Furcht, die sich der Gemuͤther bemaͤch⸗ tigt, die Aufstaͤnde und Volkstumulte, die fanatische Vorstel⸗ lung von Verpestern und Vergiftern, welche uns in die Zeit des fi chr en Jahrhunderts zuruͤckversetzt und an die Ausschweifun⸗ gen bei der Mailaͤnder Pest von 1637 erinnert, die Manzoni nicht romanhaft, sondern historisch geschildert hat. Von der Verwirrung zeugen aber auch die Thaten und Meinungen der Aerzte, welche die Cholera als ein ganz neues und außerordentliches Uebel betrachten.
Zuerst hat in der Therapie das rastlose Versuchen und die blinde Nachahmung auf eine Weise uͤberhand genommen, die im neunzehn⸗ ten Jahrhundert fast beispiellos ist und in der Folge ohne Zweifel als die verderblichste verworfen werden wird, wenn unsere Nachkom men erfahren werden, wie hartnaͤckig viele tausend Kranke in Eu ropa mit , , , . und uͤbermaͤßigen Gaben von Queck— silber und Opium bloß deshalb behandelt worden sind, weil fruͤher die Englischen Aerzte in Ostindien von diesen Mitteln Gebrauch gemacht hatten, und wenn es allgemeiner bekannt seyn wird, wie sehr der Erfolg aller Heilmittel von der Periode der Epidemie ab— haͤngig ist, und wie wenig man den Arzneien Wirkungen zuschrei⸗ ben darf, die fast allein in der naturlichen Abnahme der Seuche be—
ruͤndet sind. Jene Landleute in Polen, die ohne Arzt durch ein— ache Schwitzmsttel sich von der Cholera befreiten, konnen den blin— den Empirikern zu nuͤtzlichen Fuͤhrern dienen und Alle beschaͤmen, die in der Kur dieser Krankheit ein Asyl fuͤr die Charlatanecrie ge— funden haben.
Nicht minder schwankend und nachgeahmt, als die therapeu⸗ tischen Methoden, waren auch die Vorschlaͤge, welche sich auf die Sicherstellung der Gesunden bezogen, zumal in Deutschland, wo eine selbststaͤndige Meinung sich selten hervorthut und noch seltener zu behaupten weiß, und wo es fast immer eines auslaͤndischen Impul⸗ ses bedarf, bevor eine bestimmte Ansicht zur herrschenden wird Dies— mal kam der gehoffte Impuls von St. Petersburg, und kaum hat⸗ ten einige Stimmen in der Hauptstadt des Nordens die Cholera fuͤr eine Pest und Kontagion erklaͤrt, so fanden sie auch hundertfachen Wiederhall in den Blaͤttern und Schriften, die unter uns die Lite⸗ ratur des Tages bilden Dieselben Organe, welche weder Arbeit noch Lobsprüche sparen, um jede Engllsche oder Franzoͤsische Schrift uͤber das gelbe Fieber entweder 1 oder im Auszuge zu verbreiten, von den Untersuchungen unseres Landmannes v Reider aber nichts Erhebliches zu sagen wußten, bemaͤchtigten sich der offentlichen Mei⸗ nung uͤber die Cholera und sahen sich bald von einer Menge Hel— fer unterstuͤtzt, die sich beeilten, den angegebenen Ton auf Windes— fluͤgeln n ft tragen Die Wortfuͤhrer konnten mit Sicherheit a, . Beifall, der großen Masse zaͤhlen, weil diese zur naͤheren Pruͤfung der Dinge nicht geeignet und allezeit geneigt ih jede große Epldemle fuͤr ansteckend zu halten. Wurden auch hin und wieder einige Zweifel und Bedenken laut, so blieben sie entweder unbeach— tet, oder man suchte sie durch „sonnenklare“ und „handgreiflich“ ö ,, zu widerlegen, die aber im Grunde nicht viel mehr als Mißverstaͤndnisse und Vermuthungen waren Die Vertheidiger der Kontaglon, unter welchen ohne Zweifel viele ehrenwerthe Maͤnner sich befanden, setzten den Streit um so beharrlicher fort, da Man⸗