Ueber die Temperatur erhältnisse Astens und Eure pas.
Da bei deim gegenwartigen Stande unserer Kenntniß die Laändergestalt, die Configuration des Bodens nach seiner horizonta⸗ len Erstreckung oder der Unebenheit der Krümmung seiner Ober⸗ flaͤche, die relative Stellung der undurchsichtigen gig s sermnal en) und der durchsichtigen liquiden (pelagischen) Massen, die Richtung der großen Gebirgssysteme und das relative Ucbergewicht gewisser Winde, welche von den Waͤrme erzeugenden (absorbirenden und ausstrhmenden) Kraͤften der Erdhülle abhaͤngen, als die Hauptursa⸗ chen der Klimatenverschiedenheit anerkannt worden sind, so können uns bei der Untersuchung der Temperaturverhaͤltnisse Asiens nur allein umfassende geographische Ansichten leiten.
1. Hyp sfom etrifche um rifse der nile rn; Baltischen, Säarmatischen und Sibirischen Ebenen, die sich im West und Ost des Ural, von der Schelde⸗ bis 33. Lena⸗Mündung, ausdehnen.
Bei der Betrachtung der außerordentlichen Zunahme der Win⸗ terstrenge, wenn man unter einem und demselben Breiten- Grade von BKest⸗Euroya nach Ost vorschreitet, hat man dieses Phanomen lange Zeit als Folge eines allmäligen Aufsteigens des Bodens zu außerordentlichen Hochebenen erklart und so von einer einzigen Kaͤlte erregenden Ursache, die überdies irrigerweise von so außer- ordentlicher Bedeutung angenommen worden, das abgelcitet, was eine Felge mehrerer gleichzeitig wirkender Ursachen ist; so vor= ,. der ununterbrochenen Breiten⸗ Zunahme des alten
ontinents, der Entfernung von den Westkuͤsten, d. h. von einem westlichen Meeresbecken, welches eine wenig veraͤnderli⸗ che Waͤrme aufbewahrt, den West⸗ Winden, welche für Qst⸗-Europa und ganz Asten Landwinde sind, die im Norden des Wendekreises vorherrschen. — Genaue n , . haben die Ansichten, welche man sich von der Erhohung des Bodens in diesem Theile der Welt gemacht hatte, ganzlich umgestaltet. Die Hochstufe oder der Fuiminationspunkt zwischen dem Schwarzen. Meere und dem ö . Busen erreicht in dem Waldai eine Höhe von kaum 170
oifen über dem Meeresßspiegel. Die Wolga⸗Quellen, etwas west⸗ fich vom Szero⸗Seliger (Seliger See), haben nach einem Statio⸗ nen- Nivellement des Hrn. Helmersen keine 140 Toisen absoluter
She. Ehemals Lund der Abbe Chappe ruüͤbmt sich einer Zupverlaͤs⸗ igkeit bis auf 2 Toisen) gab man der Stadt Moskau im Niveau des Mozkwa⸗Flusfes eine Höhe von 269 Toisen; aber dieser Punkt zwischen der oberen Wolga und dem Oka⸗Begen, also auf der Suͤd⸗ Abdachung des Kontinents, die von der Hochstufe oder der Wasser⸗ . . des Waldai gegen das Schwarze und Kaspi⸗Meer zu noch mmer mehr berabsinkt, hat nur 76 Toisen; Kasan, an dem mittle⸗ ren Lauf der Wolga, hat nur 45 Toisen uͤber dem Nivegu des Oceans (nicht über dem des Kaspi⸗Sees), wenn man naͤmlich mit Hrn. Arago die mittlere oceanische auf den Nullpunkt redueirte Ba— rometer Höhe zu 760mm, ss annimmt.
Die geringe Hobe, zu welcher diese kontinentalen Massen Ost⸗ Europas gehoben worden, ist sehr beachten swerth, wenn man dieses Phanomen unter dem Gesichtspunkte des mittleren Reliefs des Kon⸗ finents betrachtet, ganz abgesehen von dem partiellen und viel juͤn⸗ geren Phänomen der Gebirgszüge und der lokalen Anschwellungen, welche der Boden der Ebenen im der Naͤhe der Gevinge oft darbietet Moskau und Kasan, wo die Herren Perewostschikoff, Simonoff und
Lobatschewski eine so große Anzahl vortrefflicher Barometer⸗Beob⸗
achtungen angestellt haben mit Instrumenten, welche unter sich und mit denen auf dem Pariser Observatorium von Fortin verglichen worden waren, liegen mitten in den ungeheuren Ebenen, welche von tertiären, theils auch von sekundaͤren Formationen bedeckt sind, in der großen Entfernung von 2306 bis 250 Meilen 25 auf einen Grad des Aequators gerechnet) — also in einer ntfernung, die größer ist, als die ganze Breite von Frank⸗ reich und Beutschland — voin Kaspi⸗Sce, vom Ajow Meer und dem Finnischen Busen. Eine gleich 6 konvere Oberflaͤchen⸗ bildung findet sich auch in dem nördlichen Theile Polens, wo nach Hrn. Lich wd das Vorwerk Belin bei Pinsk nur 68 Toisen und as Plateau von Osmang 14 Toisen hoch ist, was den Hohen von Moskau und der Waldaikuppen entspricht. Bie Baltischen und Sarmatischen Ebenen Ost⸗Europas sind von den Sibirischen Ebenen Nordwest⸗Asiens durch die Uralkette ge⸗ trennt, weiche vom 34sten bis zum 67sten Breitengrade, vom Ire⸗ mel und dem Groß⸗Taganat bis zum Konjenkowskii⸗Fels und dem Parallel von Obdorsk, Höhen von 600 — 80) Toisen darbietet, und sn ihrer Kammlinie dem Gebirge der wenig erhabenen Wogesen des Jura, der Gates und der gold und platinareichen Cordillere von Villa⸗ Tiea in Brafilien vergleichbar ist. Der Ural fesselt un sere Aufmerksam⸗ keit wegen seiner Ausdehnung und Beharrlichkeit in seiner Rich—= tung von ust⸗Urt im Truchmenenisthmus zwischen dem Kaspi⸗ und Aral-Sce bis ber den Polarkreis hinaus, wo im Westen des Obi Herr Adolph Ermann einige Höhen von mehr denn 660 Toisen über dem Meeresniveau gemessen hat. In seinem mittleren Theile unter 36 45 etwas westlich von Fekatherinenburg hat dieser Guͤrtel Pojas) oder diese Felsenmauer in welcher Gruͤnsteinformation, erpentin und Talkschiefer in naber Verbindung vorherrschen, Paͤsse, — 2 abfolute Höhe kaum die der Staͤdte Genf und Regensburg bertrifft.
. den Haidesteppen Nord⸗Brabants kann man von West nach Ot bis zu den AÄsiatischen Steppen, welche den West⸗Ab⸗ bang des Altai umgeben, fortgehen, ja sogar bis zur Chinesi⸗ schen Djungarei, also in einer Erstreckung von 80 Laͤngengra⸗ ben, ohne eine Höhe von 1200 oder 1306 Fuß zu.; uͤbersch rei. ten. Ich charakterisire hiermit die Gestaltung des Europaͤischen und Ksiatischen Bodens als eine Central⸗Zone (des Inneren des alten Kontinents), eine Zone, deren Endpunkte Breda und Semipa⸗ latinsk oder der Chinesische Posten Khon imailakhu zwischen 510 35 und 1450 57 der Breite liegen, eine Distanz, welche ich auf ver⸗ schiedenen Reisen, mit Barometern versehen, zu durchlaufen Gele⸗ genheit hatte, und die das Dreifache des Amazonenlaufes quer durch pie benen von Süd⸗Amerikg betraͤgt. Wenn man inen Weg an= naͤhme, der von den Blachfeldern Brabants zu den Steppen Alsiens purch hohe Breiten, bis über den 6hsten und Gösten Grad hinqus⸗
inge, so würde man eine ununterbrochene Plaine erbalten, welche ö. m, n Kugel⸗Umfang (unter derfelben Breite naͤmlich) leich waͤre. ä Nicht die Boden⸗Erhöhung also ist es, welche die Kruͤm⸗ mung der Isothermen⸗Linien zur konkaven Spitze, die Ab⸗ nahme der mittleren Jahres-Temperatur verursacht, wenn cen⸗ trale Gegenden Euröpas unter einem und demselben Brei⸗ tengrade sich gegen Osten erstrecken. Ueberrascht durch die ge— ringe Erhebung der Umgegend von Tobolsk, das mehr denn 240 Lienes vom Eismeere entfernt ist, hat der Abbe Chappe sich zuerst mit Nachdruck seit dem Jahre 1768 der allgemeinen Meinung von dieser Erhöhung mg e g t. Ungeachtet der geringen nu⸗ merischen Genauigkeit, welche seine landschaftartigen Profile ge⸗ währen, hat doch dieser Gelehrte, dessen Beobachtungen ich in Me⸗ fes und Sibirien wiederholen konnte, das unbestreit bare Verdlenst m Aligemeinen erkannt zu haben, daß bis zum 66sten Lang engrade und zwischen dem 5, und 53, der Breite die Winterstrenge von Nord ⸗Afien in der Bodenerhöͤhung nicht ihre Hauptursache habe.
Erst seit sehr wenigen Jahren sind , Barometer⸗ messungen an den Graͤngen der Chinesischen , , und am oberen Irtysch n. ellt worden, in den Ebenen, wel⸗ che mit denen am Saisan⸗ See unter dem 49sten Breiten⸗
rade in einer Länge von 163 Grad östlich von Tobolsk in Xe nl ung stehen. Das Mittel der Beobachtungen, welche die Herren Ledebour, Bunge, . Gustav Rose und ich in ver⸗ schiedenen , . angestellt haben, giebt fuͤr diese Gegend und einen großen Theil der Kirghisen⸗ Steppe kaum eine Hohe von 200 bis 255 Toisen über dem Spiegel des Meeres.
Die Stellung der verschiedenen . . sowol in zusammenbängenden Letten, als guch in isplirten und sporadischen Bruppen, und das Ver haltni dieser Systeme zu den mehr oder
minder hohen Ebenen dußern elnen großen Eintzuß auf die Verthel⸗ lung der Temperaturen und ihre Vermischung in Folge atmosphaͤri⸗ scher Strömungen. Die Kenntniß des Areals des Gebirgslandes und der Ebenen Asiens wurde für die Klimatologie von außeror⸗ dentlicher Wichtigkeit seyn; diese Schaͤtzungen sind indeß noch we⸗ nig diskutirt worden * und sehr mangelhaft, Für Suüd⸗Amerika, über das ich hinreichend genaue Angaben besitze, habe ich das Ver⸗ haͤttniß des Gebirgsiandes zu dem der Ebenen wie 1 4 gefunden, und in diesem außerordentlichen Theile des Neuen Kontinents nimmt der Hanif e btegeßug, die Cordilleren der Anden, welche wie über einer Spalte von geringer Breite erhoben ist, ungeachtet der Er= streckung von 1230 Seemeilen, kaum ein so großes Areal ein, als das ber wenig erhabenen Gruppe oder Masse der Parimakette und Bra⸗ silien In Süd-Amerika, Asien und Europa ist die höͤchste Kamm-ginie weit entfernt, central zu seyn, sondern mehr den Seiten genaͤhert, welche denjenigen entgegenstehen, nach welchen sich die ausgebrei⸗ tetsten Flaͤchen ausdehnen.
Die niederen Regionen im Norden der Alten Welt von der Schesde bis zum Fenisei, Regionen, deren mittlere Höhe g bis 35 Toisen nicht üͤbersteigt, stehen suͤdlich vom 5 * der Breite im Parallel von Orenburg und Sargtow mit der grogtzen Kon⸗ kavstät oder Deprefsffon West⸗Asiens um den Aral⸗ und Kaspi⸗See in Verbindung. Ein Depressions⸗Phaͤnomen, wel⸗ ches sich wiederholentlich an mehreren Stellen im Innern der Kon⸗ tinente darstellen wuͤrde, wenn man aus dem Grunde der krystalli⸗ nischen oder sekundaͤren Felsbecken die tertiaͤren Lager und die Al⸗ lupions⸗Niederschlage hinwegnehmen koͤnnte. Im Westen des Ural neigen sich die Ebenen Suͤd⸗ Rußlands, in dem alten Kaptschal, ge⸗ gen den Kaspi-Schlund und bilden laͤngs des . zwischen Uralsk und Gurief, so wie langs der Wolga, . schen Sarepta und Astrachan, den nördlichen Abhang dieses Abgrundes Der Sbschtschei⸗Syrrt, der auf unseren Karten verworren dargestellt ist, unterbricht diesen me, =, zwischen dem Kaspi-Bassin und den Ebenen von Simbirsk nur in geringer Laͤnge. Er trennt sich (als Kettenglied) im Süden vom Berge Iremel da vom Baschkiri⸗ schen Ural, wo die Bulaja, ein Nebenfluß der Kamg, bei Belozersk die Kette durchbricht. Auch im Osten des Ural, oder vielmehr seines oͤstlichen Zweiges, Ilmen-Berge, Djambu, Karagai und Kara-Edir-Tau genannt, senken sich die großen Sibirischen Steppen des Tobol und Ishim ebenfalls in suͤdlicher Richtung wie die große Kirghisen Steppe laͤngs der Fluͤsse Turgay und Sarasu in einer westlichen Richtung) zu dem Kraterlande des Aral und Sihon. Diese Bodendepression, die Folge eines Einsturzes oder Einsinkens eines Gewölbes, (wahrscheinlich vor der Erhebung der verschiedenen Gebirgs- Systeme und zusammenfallend mit der An⸗ schwellung der großen Plateaus) verlaͤngert jwischen dem (Köͤsten und 65sten Breitengrade die Belgischen, Sarmatischen und Sibiri⸗ schen Ebenen bis zum Fuße des Hindu-Khu und der Gebirgsgruppe des oberen Oxus, mittlerweile sie mehr oͤstlich schon unter 55 Grad durch den Altai und den Tangaru begraͤnzt wird. Die Einsenkung des Kaspi, Aral und Mawar el Nahar ist nicht bedeutend genug, (ihr Boden ist naͤmlich nur 200 —309 Fuß unter dem Normal- Niveau des Oceans und 500 — 600 Fuß unter dem der Ebenen von Kasan und Tobolsk) um vermdge dieser alleinigen Depression auf eine merkliche Weise den Wechsel, der mittleren Temperatur zu be⸗ stimmen; ihre eigenthuͤmliche Einschließung aber im Suͤden des Aral und der Wüͤste von Kizil Coum giebt ihr ein Klima, welches dem der Nachbargegenden nicht gleicht. Verschteden an Gestalt, getheilt durch verschledene kleinere Bassins, zwischen den Jaxartes⸗
und Orxus⸗-Fluͤssen, hat der Boden dieser kontinentalen Vertiefung,
welcher trocken geblieben ist, von den aͤltesten Völker⸗Wanderungen an, einen höchst' merkwuͤrdigen Charakter politischer Indipidualitaͤt dargethan. Benn hler eben ist es und an dem Südost⸗Nande der Vertiefung, wo durch eine Reihe von Jahrhunderten (wie in Deutschland am Ende des Mittelalters) eine große Zahl (leiner Böͤlkervereine sich erhalten hat, die man heute unter dem Namen der Staaten von Schiwa, Bochara und Samarkand, von Schehr⸗ sabez, Kokan und Taschkent kennt. .
If. Das vermeinte Central-Plateagu der Tatarei.
Im Osten des Meridians von Bolor, zwischen dem Altai und der Himasaja-Kette, eristirt kein Central⸗Plateau der Ta⸗ tarel, das man von der Größe Neu⸗Hollands kennen sollte. Der Zusam menhang und die alte Eivilisation dieses Plateaus, welche die Geo⸗ graphen und Historiker des letzten Jahrhunderts proklamirt hatten, muͤs⸗ sen gleichfalls bezweifelt werden. Man kann in der Sprache einer wissen⸗ chli Geologie nach einem bestimmten Höhenmaße verschiedene Plategu⸗Srdnungen begreifen; das Plateau von Schwaben bat 5h Toisen, das von Baiern oder der Schweiz zwischen Alpen und Jura 260 — 270 Toisen; das Plateau von Spanien 350 Toisen; das von Mysore 355 = 4260 Toifen; die Plateaus von Persien, Mexiko, Bo⸗ gota, Quito, Caxamarca, Antisana und Titicaca haben G50, 1165, 1370, 1430, 2009 bis 2100 Toisen Höhe uͤber dem Meeresspiegel. In der gewöhnlichen Sprachweise aber bedient man sich des Aus⸗ drucks Plateau (Tafelland) nur fuͤr Beden⸗ Erhebungen welche auf die Strenge des Klimas merklich wirken und daher über 300 40 Toisen Höhe haben muͤssen; wenn nun Strahlenberg gesagt hat, daß die Sibirischen Ebenen jenseits des Ural, den er die Ri⸗ pheischen Berge nennt, „zu den Europaͤischen Ebenen wie eine Ta⸗ fel — d. h. Tisch — zu dem Fußboden, auf dem sie sich befindet, verhalte,“ so hat er sicher nicht vermuthet, daß die Central⸗Ebenen der Chinesischen Dzungarei kaum die Höͤhe des Bodensees oder der Stadt Munchen haben. Die Ebenen im Norden des Saisan, welche ich vor zwei Jahren besucht haber umgehen den Tarbagatai und schließen sich denen der Provinz Fli, den Alaktugul und Balkhasch Sen und den Ufern des Tschul an. In dem Bassin zwischen dem Mu⸗ stagh (das Himmelsgebirge) und Kuenlun (Nordkette von Tuͤbet), ein Bassin, welches im Westen von der TransversalsKette des Bo⸗ lor geschlossen ist, offenbart die Vergleichung der Breiten und ge= wisser Kulturen die geringe Plateau⸗ Erhebung in großen Fernen. In Kaschgar, Khotan, Atsu und Kutsche, unter dem Parallel von Sardinien, baut man den Baumwollenstrauch; in den Ebenen von Khotan, unter einer Breite, die nicht suͤdlicher ist, als die von Si⸗ eilten, erfreut man sich eines aͤußerst milden Klimas und zieht eine merkwuͤrdig große Zahl Seidenwuͤrmer. Weiter noͤrdlich in Jar— kend, Hamit, Kharaffar und Kutsche ist die Trauben- und Granat⸗ apfel-Kultur feit sehr hohem Alterthume berühmt. Die Steilheit, welche der Boden in diesem geschlossenen Bassin bildet, ist (merk⸗ würdig genug) der des offenen Bassins der Provinz Ili oder des Thianschan⸗Pelu entgegen. Selbst im Osten von Tangut scheint die Hochebene (oder Steinwüste) der Gobt eine Furche oder merk⸗ wärdige Depression zu enthalten; denn nach Herrn Klaproth be⸗ richten alte Chinesische Traditionen, daß der Tarim, der gegenwär⸗ 6j in den Lop⸗See muͤndet, diesen See einst durchflossen und seine Waffer mit denen des Gelben Flusses vermengt habe, ein Phaäͤno⸗ men, welches die Bildung einer Wasserscheide durch zunehmende Auflagerung bewaͤhrt, und das sich an andere Erscheinungen der vergleichenden Hydrographie anschließt, welche ich in dem historischen Bericht meiner Reise nach den Aequinoetial⸗Gegenden des Neuen Kontinents auseinandergesetzt habe.
Aus dem Ganzen dieser Betrachtungen uber die Bodengestal= tung Asiens folgt, de der mittlere Thell, zwischen 390 — 56 der Breite und den Meridianen des Bolor oder von Kaschmir und des
) Nach Berghaus jüngst erschienenem Lehrbuch der Erdbeschreibung S. 335 verhält sich: ; ; Das Tiefland Das Tiefland Das Hochland
zum Hochlande zum ganzen Erd⸗ zum ganzen Erd⸗ ĩ theile wie theile wie
.
Süd ⸗Amerika Nord⸗Amerika Ganz Amerika
1,06
Baikal⸗Sees oder der großen Hoang⸗he⸗Beugung, ein Boden g
sehr verschiedener Höhe ist, zum Theil üͤberschwemmt und un
heure Länderstrecken enthaltend, Plateaus einer niederen Ordnung, wie z. B von Baiern Sn Rien, Mysore, analog ist. Man vermuthet mit Recht, daß die Bope
Anschwellungen, welche der der Hochebenen von Quito und Titien disen) vergleichbar sind, sich nur vorzugsweise bein
(1596 2000 Gabelung der Kette des Hindu⸗Khu finden, dessen Aeste unter de
Ramen des Himalaia und Kuenlun vekannt sind, d. h. also in Gegenden von Ladak, Tuübet und Katschi, so wie an dem Gehirn
knolen des Ko⸗fo-Nor und in der Gobi nordwestlich vom Insch̃
Wir haben hieraus ersehen, daß Asien, in große Bassins theilt durch ehr se g. verschiedener Richtung und verschiedem Alters, eine Entwickelung des orzanischen Lebens und Anstedeln für Völker-Vereine, fuͤr Jager (Sibirier), Hirten (Kirghisen y
Kalmücken), ackerbautreibende Völker (Chinesen) und Moͤnchspis
(Tubeter), eine Mannig faltigkeit von Ebenen, Terrassen, und Hof gründen im Luftozean darbietet, welche auf eine hoͤchst merkmi dige Weise die Temperaturen und Klimate modifizirt. Eine traun Einfößrmigkeit herrscht in den Steppen von den Ufern des Sih (Jarartes) und der kleinen Kette des Algtau bis zum Eis mern jsenféits des Jenisei aber im Osten des Meridians von Sajansk n des Baikal Ser nimmt selbst Sibirien einen Gebirgs- Chan ter an. (Schluß folgt.)
Nicht Amtliche Cours- Notizen. Berlin, 11. Januar. (Ende der Bön Oest. 53 Met. 993. 48 do. hz. B. Actien 806. Russ. Engl. Poln. Pfbr. Saz. do. Part. O35. Nied. wirhl. Sch. 407. do. 68 Anl. a Neap. Engl. S5z. do. Fale. 4.
London., 3. Januar. ö 38 Cons. 835. Bras. 443. Belg. 13 — 1 Präm. Niederl. Oest. SJ. Russ. neue Anl. 92.
Wien. 5. Januar. ; ĩ 58 Metall. 855. 48 do. 753. Loose zu 190 FI. 179. Ba Actien 11583.
Königliche Schauspiele. Donnerstag, 12. Jan. Im Opernhause: Die Lichtenstein dramatisches Gemälde in 5 Fibtheilungen, nebst einem Vorspit Im Schauspielhause: 1) Le mariage de raison, vaul ville en 2 actes. 3) La premiere reprösentation de: Rahel ou: Le Presbytère de Meudon, vaudeville nouveau en 1 a
Königst ädtisches Theater. Donnerstag, 12. Jan. Das Donauweibchen (Zweiter The
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MAckischRIFET.
Paris, 5. Januar. In der Deputirten-Kammer begam gestern die Berathungen über die Civil⸗Liste. Die “ ersten R ner, die sich darüber vernehmen ließen, waren die Herren von 6 celles, Marchal, Thouvenel und Clere-Lassallez ! sprachen gegen den Gesetz Entwurf, obgleich 2 von ihnen Gunsten desselben sich hatten einschreiben lassen. Der Graf In b ert fand sich dadurch veranlaßt, auf die Ausführung des A Artikels des Reglements der Kammer anzutragen, wonach im abwechselnd ein Redner für und ein anderer wider den, Berathung vorliegenden Gesetz- Entwurf gehört werden soll. den Antrag des Herin Salverte wurde indeß die Reiheft in der die Redner eingetragen waren, beibehalten. Demgen trat auch noch Herr Dupont von der Eure wider Gesetz Entwurf auf. Derselbe wollte für den Fall, daß die tation der Krone nicht vermindert und der König im Gem seiner Privat-⸗Besitzungen und der Orleansschen Apangge bela werden sollte, eine Civil-Liste von nicht mehr als 6 Mill, bem gen. Nach Herrn Dupont ließ sich der Minister des öff en kichen Unterrichts sehr ausführlich zur Vertheidigung der! tiäge der Regierung veruehmen. Ein einziger Ausdruck, des derfelbe sich im Laufe seiner Rede bediente, veranlaßte einen furchtbaren Sturm, wie ihn die Kammer bisher kaum noch lebt hatte. Der Graf von Montalivet bemerkte nämlich, Luxus dürfe aus der Wohnung des Königs von Fta reich nicht ganz und gar verbannt werden, da er sonst bald aus den Wohnungen seiner Unterthanen versch den würde. Bei dem Worte Unterthanen erhob sich s fast die ganze rechte Seite der Opposition und von allen Se erfcholl der Ruf, daß es seit der Juli⸗Revolution in Frank keine Unterthanen mehr gebe. Als vollends der Minister Augdruck wiederholte, ftieg der Lärm aufs höchste und sammis Oppositions⸗-Mitglieder verlangten wie aus einem Munde, der Redner zur Ordnung verwiesen werde. Dies geschah in sen nicht, und da es sonach unmöglich war, die Ruhe wieden zustellen, so blieb dem Präsidenten nichts übrig, als sich zu decken und die Sitzung ju fugspendiren. Nach der Wieder nung derselben bemerkte der Minister, die Franzosen wären n sich gleich; der König aber stehe höher wie sie alle, und sonach er (ber Redner) wohl sagen können, daß die Franzosen des nigs Untergebene, seine Unterthanen, wären. Diese klärung genügte indessen dem aufgeregten Theile der sammlung nicht; man berief sich darauf, daß das 1 Unterthan in der Charte nicht vorkomme und verlangte s auf das bestimmteste, daß der Minisier widerrufe. Da f der Graf von Montalivet hierzu nicht geneigt zu seyn sch die Mehrzahl der Versammlung aber die Berathung fort wollte, fo verließen einige 30 Oppositions-Mitglieder ohne? teres den Saal, indem sie erklärten, daß sie gegen das Bh gen des Mlnisters schriftlich protestiren würden. Jetzt erst kt Letzterer seine Rede zu Ende bringen, er that soiches, inden
den Satz, worin das Wort Unterthan vorkam, noch ein
wiederholte. Am Schlusse der Sitzung trat noch Hr. S' Hen wider den Gesetz Entwurf auf, worauf die Fortsetzung der Deu auf den folgenden Tag verlegt wurde. =
— Hente schloß 5proc. Rente pr. eompt. 9g5. 50. gour. 95. 5h. Zproc. pr. Compt. 66. 55. fin Cour. 6h. Hproc. Neap. pr. comptf. J6. S0. fin our. 77. 5pror. 6 Rente perp. 54. 5proc. Röm. Anl. 743.
Am sserd am, 7. Jan. Niederl. wirkl. Sch. 408. 6 Anl. 91. Span. perp. 48. Oest. Hproc. Met. 83. Neap. Fale.
Frankfurt a. M., 8. Jan. Oesterr. 5proc. Metall, g 4proc. 76. G. 2zproc. 453. 1 proc. 203. B. Bank- 1391. G. Partial. Bblig. 14. Loose ju 100 Fl. 79. Loose 58. B.
Redaeteur John. Mitredacteur Cottel. — mmm
Gedruckt bei A. W. Hayn
deren Hoͤhe wahrscheinlich der
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Allgemeine
Preußischt Staats-Zeitung.
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Berlin, Freitag den 13ten Januar
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Amtliche Nachrichten. Kronik des Tag es.
Seine Majestät der König haben dem Hauptmann und Chef der 1sten Infanterie⸗Regiments-Garnison-Compagnie, von . g, den Rothen Adler-Orden dritter Klasse zu verlei⸗
en geruht.
ö Seine Majestät der König haben dem überzähligen Feldwe⸗ bel Förster, bei der 23sten Infanterie⸗Regiments:Garnison⸗Com⸗ pagnie, den Rothen Adler-Orden Ater Klasse zu verleihen geruht.
Des Königs Majestät haben Allergnädigst geruht, den bis— herigen Senats⸗Präsidenten, Geheimen Justiz-Rath Schwarz, jum Wirklichen ersten Prästdenten des Appellationshofes in Köln ju ernennen. 3 ,
Seine Majestät der König haben dem Schlächter-Meister ö Kühne das Prädikat eines Hof⸗-Schlächters beizulegen geruht.
Angekommen: Der Kaiserl. Russische Capitain im Feld⸗ jäher-Corps, Jako wlew, als Courier von St. Petersburz.
Zeitung s-⸗Nachrichten. Ausland.
Frankreich.
Deputirten-Kammer. In der Sitzung vom 4. Jan. eröffnete Hr. von Corceltes die Berathung über die Civil⸗ Lisie mit einer Rede, worin er die Meinung aussprach, daß nach der letzten Revolution das Königthum sich mehr durch ein mora—⸗ lisches Ansehen, als durch eine starke Civil-Liste zu behaupten su—⸗ chen müsse; es sey zu bedauern, daß die Majorität der Kommis⸗— sion diese Ansicht ganz und gar außer Acht gelassen und durch ⸗ aus keine Vorsichts-Maßregel gegen die mögliche Rückkehr jenes Hof-Systems, dag seit den letzten 40 Jahren vier Threue in Frankreich erschüttert, getroffen habe; mit einer Civil-Liste von der Höhe, wie die Kommission sie in Antrag bringe, bereite man dem Throne aufs neue den unvermeidlichen Sturz; seiner Mei⸗ nung nach, betreffe die Frage über die Civil⸗Liste die ganze Zu⸗ kunft des Landes; der vernünftige Zweck einer Civil-Liste sey, dem Könige und seiner Familie eine unabhängige Existenz zu sbern; hierzu bedürfe man aber nicht eines . von s5 bis 260 Millionen. Der Redner bekämpfte hier die Ansicht, daß die Hauptstadt bei einem verschwenderischen Aufwande des Hofes etwas gewinnen würde. „Sie kennen den Wahlspruch“, lußerte er, „der noch vor wenigen Tagen Tausende von Men⸗ schen um das blutige Panier des Bürgerzwistes versammelte. Es handelte sich bei diesem Streite nicht um die Religion oder die Dynastie, die oft hinreichen, um den Bürgern gegeunseitig die Waffen in die Hand zu geben. Weit schrecklichere Symptome haben sich kürzlich gezeigt, und mir scheint, daß bei so großen Drangsalen, während einerseits das aufgeregte Volk des Unter— richts und der Subsistenz-Mittel entbehrt, andererseits aber Han⸗ del und Gewerbe stocken, jede Verschwendung nicht bloß ein Feh⸗ ler, sondern ein Verbrechen seyn würde.“ Herr Marchal, der sich zu Gunften des Gesetz-Entwurfes hatte einschreiben lassen, be⸗ 7 mit der Erklärung, daß er keinesweges gesonnen sey, alle
estimmungen desselben zu vertheidigen. In dem Betrage der Cwilliste, bemerkte er, liege ein ganzes Shstem; wenn so⸗ nach die Minisfter diesen Betrag nicht selbst hätten feststellen wol—⸗ len, so bewiesen sie dadurch, daß sie entweder gar kein System hätten, oder daß sie es nicht wagten, dasselbe einzuge⸗ stehen. Der Redner ließ sich hlernächst in eine nähere Uutersu⸗ chung des Gesetz-Entwurfes selbst ein, die ihn zu dem Schlusse führte, daß eine Civilliste von 10 Mili. Fr. mehr als hinreichend sey, um dem Könige und seiner Familie eine anständige Existenz zu sichern. „Nur durch eine einfache haushälterische, Lebens⸗ weise“, so schloß Herr Marchal, „kann unser junges Königthum sich die Liebe des Volkes erhalten. Der uns vorgelegte Gesetz⸗ Entwurf entfernt uns aber von diesem Ziele, denn seine Tendenz ist, uns den Sitten und Gewohnheiten der vorigen Dnastie wieder zu nähern; nur wenn derselbe wesentlich modificirt wor⸗ den, kann ich für dessen Annahme stimmen.“ Hr. Thouvenel sprach sich ziemlich in demselben Sinne aus. „Eine starke Civil⸗ liste“, äußerte er, „dient nur dazu, einen glänzenden und prunklieben⸗ den Hof zu gründen, dem sich bald eine Menge von Hofleuten aller Art aͤnschließen. Da das Handwerk angenehm und einträglich ist, so greift das Uebel allmälig immer mehr um sich und steckt zu⸗ letzt die Pairs, vielleicht gar auch die Deputirten an, deren Un⸗ abhängigkeit zu ihren Amtsverrichtungen doch so nothwendig ist.“ Der Redner schloß seinen Vortrag mit einigen allgemeinen Be⸗ trachtungen über die äußeren und inneren Angelegenheiten. „Ist es nicht wahr,“ fragte er, „daß die Minister, anstatt uns die verheißenen Ersparnisse zu verschaffen, täglich neue Summen don uns verlangen? Hatten sie uns nicht die allgemeine Ent⸗ waff nung als nahe bevorstehend angekündigt, und wird statt dessen nicht die Armee täglich noch vermehrt? Sind nicht auch die Gesetze oftmals überschritten worden, und namentlich noch in
neuerer Zeit, wo man dem Publikum den Garten der Tuilerieen
verschließt? War es wohl recht und politisch, dies in einem Augenblicke zu thun, wo die Krone sich gesetzlich noch gar nicht im Besitze des Schlosses der Tuilerieen befindet?“ Herr Thouve⸗ nel erklärte nach dieser Abschweifung, daß er die Civil-Liste verwerfe, indem der Betrag derselben zu hoch sey und gegen die durch die letzte Revolution in Frankreich eingeführten Sitten ver⸗ stoße. Mehrere Stimmen riefen hier, ob denn nicht endlich ein Redner zu Gunsten des Gesetz- Entwurfs auftreten werde. „O ja!“ erwiederte der Präsident; „Herr Clerc-Lassalle hat sich für den Entwurf einschreiben lassen.“ Diese Aeußerung erregte
großes Gelächter, indem Herr Clerc⸗Lassalle ein bekanntes Oppo⸗ sitiong⸗ Mitglied ist.
Dieser erklärte zunächst, daß er die jetzige
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Dhnastie eben so liebe, als diejenigen, die sich als die ausschließ⸗ lichen Vertheidiger derselben betrachteten, daß er sie aber auf die Volks⸗-Interessen stützen wolle und hieran wohl zu thun glaube; Jedermann gebe zu, daß Ersparnisse in die Lanoes⸗Verwaltung eingeführt werden müßten, und sonach sey es nicht mehr als bis⸗ lig, daß der König selbst, der seinen Thron dem Volke verdanke, damit den Anfang mache; bei einer Cwil-Liste von 8 Mill. werde der König mit seinerFamilie sehr gut bestehen können, wenn man ihm überdies noch seine Privatbesitzungen und die ehemalige Orleans— sche Appanage lasse. — Der Umstand, daß noch kem einziger Redner zur Vertheidigung des vorliegenden Gesetz-Entwurfes auf— ge n war, veranlaßte jetzt den Grafen Jaubert, an den
nhalt des 27sten Artikels des Reglements zu mahnen, wonach immer abwechselnd ein Redner für und ein anderer wider ver— nommen werden soll. Er erinnerte dabei an das Sprüchwort: „Wer nur immer eine Glocke hört, der hört auch nur immer einen Ton.“ Eine Stimme aus den Reihen der Opposition rief dem Redner zu, er befinde sich ganz und gar im Irrthume; alle Redner, die disher aufgetreten wären, hätten für die Eivilliste gesprochen, mit dem einzigen Unterschiede, daß sie nur 8 Mill. dewilligen wollten. Hr. Jaubert fuhr fort: „Die beiden Inscrip— tions⸗Listen, sowohl für als wider den Gesetz⸗ Entwurf, sind von der Opposition in Beschlag genommen worden. War dies Berechnung? Ich mag es nicht behaupten; ein solches Verfahren würde in jzu grellem Widerspruche mit der gewohnten Bescheidenheit unserer ehrenwerthen Kollegen stehen. War es Zufall? Ein solcher wäre aber mindestens sehr auffallend. Bei den Einschreibungen über das Budget ist es eben so gegangen; als ich und meine Freunde uns eintragen lassen wollten, war die Liste schon mit Namen besäet, die alle einer und derselben Partei angehören. Die na— türliche Folge hiervon ist, daß wir nicht zu Worte kommen kön— nen, und daß Frankreich zuletzt glauben muß, wir vernachlässigen unsere Pflicht. Hört dieses Verfahren nicht auf, so bleibt der unterdrückten Majorität nichts weiter übrig, als die Debatte, noch ehe dieselbe zur Reife gediehen, schließen zu lassen.“ Bei diesen Worten wurde 3 Jaubert von mehreren Seiten sehr lebhaft unterbrochen. „Dies ist es“, rief Sr. March al, „wo man hin— auswill; die Debatte soll durch einen voreiligen Schluß erstickt werden!“ Hr. Salverte bemerkte, jeder Redner sey Richter über den Inhalt seines Vortrages, und so habe mancher Depu⸗ tirte sich zu Gunsten des vorliegenden Gesetz-Entwurfes einschrei⸗ ben lassen können, ohne darum alle Bestimmungen desselben un⸗ bedingt zu billigen; wenn Hr. Jaubert und seine gleichgesinnten Freunde mit der Eintragung ihrer Namen zu lange gesäumt hätten, so sey dies ihre Schuld; was dagegen die Anspielung auf einen voreiligen Schluß der Dehatte betreffe, so glaube er, daß die Ehre der Krone, die Würde der Kammer und das allgemeine Beste es in gleichem Maße erheischten, die Frage üer die Ci⸗— vil⸗Liste von allen Seiten zu beleuchten und die Berathung nicht eher zu schließen, als bis die Liste der eingeschriebenen Red⸗ ner völlig erschöpft sey. Die Versammlung ging hierauf über obige Bemerkung des Grafen Jaubert zur Tagesordnung über. Herr Dupont v. d. Eure, der sich von Herrn L'Herbette das Wort hatte abtreten lassen, ließ sich jetzt eoenfalls noch gegen die Civil-Liste vernehmen, wobei er sich namentlich darauf Lerief, daß es der Kammer durchaus an den benöthigten Materialien fehle, um sich üder das Einkommen des Königs eine gründliche Kennt⸗ niß zu verschaffen. So mangelhaft aber auch, bemerkte er, die vorge⸗ legten Aktensiücke wären, so ergebe sich doch daraus, daß die Königl. Schlösser, Forsten und sonstigen Immobilien bei weitem mehr kosteten, als sie einbrächten; unter diesen Umständen stimme er dafür, daß man dem Könige nur Saint-Cloud, Fentaine— bleau, die Tuilerieen, den Palast Elhsée-Bourbon, das Palais⸗ Royal und allenfalls das Loupre gebe, alle übrize Schlösser, Domainen und Forsten aber künftig für Rechnung des Staates verwalten lasse; in diesem Falle, fügte er hinzu, wolle er eine Cwillistt von 9 Mill. bewilligen; sollte indeß jener Vorschlag nicht genehmigt und der König auch noch im Genusse seiner Privatbesitzungen, so wie der Orleansschen Appanage, belassen wer⸗ den, so stimme er nur sür eine Civil⸗Liste von 6 Mill.; in beiden Fällen aber glaube er, daß eine Dotation von 59,000 Fr. (statt 1 Mill.) für den Kronprinzen hinreiche, welche Summe man in dem Falle einer Verheirathung desselben verdoppeln könnte. „Wenn dagegen“, so schloß Herr Dupont seine Rede, „die Kammer sich für eine der beiden von der Kommis⸗ sion in Vorschiag gebrachten Summen entscheiden soellte, so verlange ich, daß die bisher aus dem Schatze bejogenen 27 Mill. auf den Betrag der neuen Civil-Liste reduzirt und daß das Mehrerhobene bei den laufenden Zahlungen monatlich mit einem Zwölftel in Abzug gebracht werde.“ Jetzt bestieg der Minister des offentlichen Unterrichts die Tribune, um die 5 Redner zu widerlegen, die sich bisher wider die Civil-Liste hatten verneh— men lassen. „Der zweite dieser Redner (Herr Marchal)“, so begann er, „hat sich gewundert, daß wir bei der Frage über die Civil-Liste Unsere Änsichten nicht offen eingestanden hätten; er fügt hinzu, daß es sich nach seiner Ansicht nur um die Fest⸗ stellung der Bedürfnisse einer Familie und um die Llusgaben eines Hauses handle. Wir sind keinesweges dieser Meinung und glauben vielmehr, daß die Frage sich nicht um eine Familie, son⸗ dern um das Prinzip des Königthums drehe. Um die Ansicht des Ministeriums über diesen Gegenstand in wenige Worte zu⸗ sammemufassen, so begreifen wir eben so wenig eine Republik mit monarchischen, als eine Monarchie mit republikanischen Ein⸗ richtungen. (Belfall bei der Majorität; Murren auf den beiden Seiten der Opposition.) Ueber diese, wie über viele andere Fra⸗ gen ist das Ministerium in seinen Ansichten durch einen uner⸗ meßlichen Raum von der Opposition geschieden. Der vorlie⸗ gende Entwurf scheint beim ersten Anblick nur den König per— sönlich anzugehen, und gewiß würde diese Voraussetzung die ünstigste für die Vertheidigung des Gesetz⸗Entwurfes seyn; denn en, die Entscheidung der Frage nur ven dem Vertrauen ab, welches der Patriotismus und die Tugenden des Königs einflö⸗ ßen, so würde es in dieser Versammlung nicht zwei verschiedene
Firten geben, dieselbe zu betrachten. Aber die Dis kussion hesindet
sich auf einem ganz anderen Gebiete; es handelt sich nicht um die Civil-Liste, sondern um die Lage des Königthums. Das Geld⸗Interesse ist hier dem politischen und gesellschaftlichen un⸗ tergeordnet; nicht ein mehr oder minder vortheilhafter Vertrag mit der Krone soll geschlo ssen, sondern die Lage einer der Staats⸗ gewalten soll in einer des Landes würdigen Weise fest⸗ gestellt werden.“ Der Minister ging hierauf zu der Ge— schichte der seit 1789 votirten Civil-Listen zurück und bemerkte, daß seit jener Zeit überhaupt drei gesetzgebende Versammlungen eine Civil-Liste festzustellen gehabt hätten, nämlich die konstitui⸗ rende Versammlung, welche im Jahre 1791 auf den Antrag von Camus und Barrzte dem Könige einstimmig eine Civil⸗Liste von 25 Millionen, außer der Bezahlung seiner Schulden und dem Genusse sämmtlicher Schlösser und Domainen, bewilligt habe; ferner die Kammer von 1814, welche Ludwig XVIII. und seiner Familie 34 Millionen nebst dem Genusse der Dotation der Krone ausgesetzt habe; endlich die Kammer von 1825, welche einige Monate nach dem Tode Ludwigs XVIII. eine Civil-Liste von 32 Millionen nebst 6 Millionen für das Leichenbegängniß des verstorbenen Königs und für die Krönung seines Nachfol⸗ gers bewilligt habe. Als damals die äußerste rechte Seite aus persönlichem Groll gegen die Orleanssche Linie einen diese Familie betreffenden Artikel des Budgets heftig angegriffen, habe ein Redner der Minorität, der General Foy, diesen einzel⸗ nen Artikel sowohl als das ganze Gesetz vertheidigt, das hierauf mit großer Majorität angenommen worden seyh. Die Ueberein⸗ stimmung dreier so verschiedener gesetzgebender Versammlungen über diefen Punkt zeige, daß es sich hier um ein Prinzip der Gerechtigkeit und der öffentlichen Vernunft handle. Zu diesen drei Epochen habe bei aller Verschiedenartigkeit der Zei⸗ ten, Umstände, Menschen und Leidenschaften doch immer nur ein und derselbe Gedanke die Berathungen über die Ci⸗ villiste geleitet: alle drei Kammern hätten nämlich das ver— fassungsmäßige Königthum gewollt und das Bewußtseyn gehabt, daß bei dieser Regierungsform das Königthum eines aroßen Einflusses bedürfe, den es nicht allein in seiner politischen Wirksamleit, sondern auch in der Unabhängigkeit und Würde seiner persönlichen Lage suchen müsse. Allerdings habe man im Jahr 1791, ohne es zu wissen, der Monarchie tiefere Wunden geschlagen, als dies durch die Verweigerung des Budgets gesche⸗ hen seyn würde; aber wenigstens sey damals die Absicht noch eine reine gewesen; man habe die Monarchie stückweise vernichtet, indem man sie zu befestigen glaubte. Er (der Redner) wolle damit nicht zu verstehen geben, daß es in der jetzigen Kammer Mit⸗ glieder gäbe, welche das Königthum durch Verminderung der Civil⸗Liste herabwürdigen wollten. Es sey aber nicht hinreichend, zu sagen, man sey der verfassungsmäßigen Monarchie und dem Königthum geneigt; man müsse dies auch durch die That beweisen und es zu diesem Behufe vermeiden, den Parteien, welche es auf den Sturz des⸗ selben abgesehen hätten, durch sein Votum indirekt beizustehen. Die Frage über das Budget habe sänmtliche Parteien und Lei⸗ denschaften wieder aufgeregt. Die Republikaner, die den Na⸗ men König und Monarchie haßten und kaum damit zufrieden seyn würden, wenn man aus dem Könige einen Präsidenten und aus dem Throne einen Lehnsessel mache, wollten nur eine Civil-Liste von 500,000 Fr., höchstens von 1 Million; die Anhän⸗ ger der vorigen Regierung, die, wie man aus Erfahrung wisse, mit den Staatsgeldern keinesweges sparsam umgegangen wären, wider⸗ setzten sich ebenfalls einer der Nation und des von ihr gewählten Prin⸗ zen würdigen Civil-Liste; eine dritte Partei, die man die Uebergangs⸗ Monarchisten nennen könne, weil sie der Monarchie nur noch einige Jahre der Existenz gönne, damit während der Zeit die re⸗ publikanische Frucht zur Reife gelangen könne, sey über die Be⸗ stimmung der Civil-Liste verlegen, vereinige sich aber zuletzt mit den Republikanern. Eine vierte Meinung endlich werde durch die Freunde der Juli⸗Monarchie, durch die jetzige Kammer, gebildet, die die Hoffnungen der Parteien nicht nähre und sonach der Krone eine würdige Existenz bewilligen werde. Es handele sich nicht um größere oder geringere Sparsamkeit in den Ausgaden des Königs. JInsofern die Kammer nur die für dessen Bedürf⸗ nisse streng nöthige Summe dewilligen wollte, würde Ludwig Philipp es vorziehen, Nichts von Frankreich zu nehmen, sondern auf dem Throne das einfache und bescheidene Leben fortzuführen, das sei⸗ nen Gewohnheiten und Neigungen hesser zusage; und wenn ein Un⸗ glücklicher an die Pforte seines Palaftes klopfte, wenn ein Künst⸗ ler seine Unterstützung nachsuchte, wenn ein alter Soldat ihm seine Wunden zeigte, würde er zu ihnen sagen: „Der Herzog von Orleans ist es, der Euch diese kleine Gabe reicht; der König der Franzosen kann Euch nichts geben.“ Am Schlusse seines Vortrages drückte der Minister sich folgender— maßen aus: „Der Herzog von Orleans, m. H., ist reich; der König der Franzosen ist es nicht. Die LAusstattung, wodurch die Nation ihren König ehren will, muß ihrer und seiner würdig seyn. Ob die Ihnen in Vorschlag gebrachte Summe von resp. 121 oder 14 Mill. hinreichend sey, darüber haben Sie zu richten. Ich meinerseits glaube dies nicht. Der Repräsentant von 32 Mill. Menschen muß sowohl durch den Einfluß seines Reichthumes, als durch seine Würde, der Erste im Lande seyn; von ihm allein müssen Gewerbfleiß und Künste Schutz und Aufmunterung zu ge— wärtigen haben; der Luxus, auf dem die Wohlfahrt der civilistrten Völker beruht, darf aus der Wohnung des Königs von Frank— reich nicht verbannt werden, denn er würde sonst auch bald aus den Wohnungen seiner Unterthanen verschwinden.“ Hier ereignete sich die (unseren hiesigen Lesern bereits durch die Nachschrift zum gestri⸗ gen Blatte d. St. Z. bekannt gewordene) heftige Scene. Kaum hatte der Minister das Wort Unterthan en ausgesprochen, als fast die ganze rechte Seite der Opposition sich mit der Erklärung er⸗ hob, daß es seit der letzten Revolution in Frankreich keine Unter⸗ thanen mehr gebe. Hr. Laboissidre rief, die Aeußerung des Ministers sey eine Beleidigung für die Kammer und die ge⸗ sammte Nation. Andere Stimmen fügten hinzu: „Wir sind keine Unterthanen! Wir sind es, die dem Könige die Krone aufgesetzt haben! Der König selbst ist der erste Unterthan des Gesetzes! Zur Ordnung mit dem Minifler! Er muß erfahren,
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