Abdruck des Tewdschihats oder der Aemter⸗VerleihungsListe Saͤmmtliche Pforten, und Reichs-Aemter sind, dieser neüen Ein— richtung zufolge, von nun an in vier Klassen getheilt, zu deren erster der Kiajabey, der Defterdar und der Reisefendi allein
gehoͤren. Mehrere nicht unbedeutende Wuͤrden, wie die eines zweiten und dritten Defterdars, und viele untergeordnete KLanzlei⸗Stellen sind abgeschafft worden. Die Uniformirung der Staats-Beamten ist nun ordentlich systemisirt, und vielen Stel— len, die bisher nur eine ungeregelte Einnahme hatten, sind be— stimmte Gehalte angewiesen. Ueberdies sind die Ehrenzeichen, welche mit der Wuͤrde verknuͤpft sind, und vom Vorfahrer auf den Nachfolger im Amte uͤbergehen, nun foͤrmlich unterschieden von den Verdienst-Ehrenzeichen ( Nischani iftihar), welche als Belohnung fuͤr Eifer und ausgezeichnete Dienstleistung ertheilt werden, und selbst nach dem Tode des damit Betheiligten bei der Familie desselben verbleiben. Endlich ist der dem Rama— zan vorangehende Monat Schaban fuͤr die Bekanntmachung der Tewdschihat-Liste fuͤr die Staats-Aemter festgesetzt, waͤh— rend jene fuͤr die Statthalterschaften, wie bisher, nach den Bairams-⸗Festen erlassen werden wird.
Die Turkische Zeitung kuͤndigt ferner die bevorstehende Vermaͤhlung der Großherrlichen Prinzessin und Tochter des Sultans, Saliha Sultane, mit einem bis zu diesem Au— genblicke noch unbekannten Tuͤrkischen Großen an und macht zu— gleich die Ernennung eines Oberst-Hofmeisters (Kiaja) der Prin— zessin in der Person des Elhadsch Veli Aga bekannt.
Der Prinz Eduard von Sachsen-Altenburg, Königlich Bayerischer Oberst-Lieutenant, welcher am 8. d. M. von Nau— plia uͤber Smyrna und Brussa hier eingetroffen war, ist am 17ten Morgens mit einem Sardinischen Kauffahrer wieder nach den Dardanellen abgegangen, von wo sich Se. Durchlaucht am Bord eines Russischen Kriegs-Schiffes nach Nauplia zuruͤckbege— ben werden.
Der vor zwei Jahren in Aegyptische Gefangenschaft gera— thene Statthalter von Acre, Abdullah Pascha, welcher sich seit—⸗ her in Kahira aufgehalten hatte, ist in Konstantinopel ein— getroffen.
Der ehemalige, vor Kurzem in Ruhestand versetzte Inspek— tor der Großherrlichen Muͤnzen, Kazzas Aretin, ist in vergange— ner Woche mit Tod abgegangen.
1 3 n d.
Berlin, 12. Febr. Se. Majestaͤt der König haben dem Justizrath Kretzschmer in Marienwerder fuͤr das Allerhoöͤchstdenen— selben uͤberreichte Werk: „Oeconomia forensis, oder Inbegriff der Grundsaͤtze und Bestimmungen, welche dem Juristen von der Landwirthschaft und dem Landwirthe von dem Rechte zu wissen noͤthig sind“, die kleine goldene Medaille fuͤr Wissenschaft und Kunst zu verleihen geruht.
— Nachrichten aus Koln zufolge, wurde Se. Koͤnigl. Ho— heit der Prinz Friedrich zum gten daselbst erwartet, um die 3 Festtage des Karnevals in der Mitte der Bewohner dieser Stadt zezubringen.
— Heute Vormittag um 10 Uhr starb hierselbst nach kur— zem Krankenlager an einer Lungenentzuͤndung im 6ö6sten Lebens— ehre Herr Daniel Friedrich Schleiermacher, Doktor und rrofessor der Theologie an der hiesigen Universitaͤt, Mitglied der wkademie der Wissenschaften und Ritter des Rothen Adler-Ordens dritter Klasse. Der Staat verliert in ihm einen der gelehrtesten und geistreichsten Theologen und Philologen unserer Zeit, und Berlin insbesondere einen seiner beliebtesten Kanzelredner und weligionslehrer.
— Die Achener Zeitung enthaͤlt in ihrem neuesten Blatte vom 7ten d. M. folgende betruͤbende Meldung: „Leider haben ur unseren Lesern die traurige Nachricht mitzutheilen, daß jede Hoffnung verschwunden ist, den auf der Gouley-Grube verun— dlückten Personen Rettung zu bringen. Die Arbeiten an dem Versuchs⸗-Rettungs⸗Schachte, die bisher einen so guten Fortgang hatten, daß bis zum 5. d. M., Mittags, bereits 87 Fuß auf— aewältigt waren und man jeden Augenblick die Aufdeckung der gesuchten Ablenkung des Schachtes erwarten durfte, sind um kiese Zeit mit einemmale so hoͤchst schwierig und gefahrdro— hend fuͤr das Leben der Arbeiter geworden, daß der Herr Ober— Bergrath Oeynhausen sich veranlaßt gefunden hat, auf Berufung einer Kommission zur Entscheidung uͤber die Frage: ob unter den gegebenen Umstäͤnden mit den angefangenen Rettungs⸗-Arbeiten fortgefahren oder ob dieselben eingestellt werden sollten? anzutragen. Diese, aus Bergwerks⸗Beamten, den mit den Oertlichkeiten am mei⸗ ten vertrauten Gruben⸗Direktoren der Umgegend, Polizei⸗,Verwal⸗ tungs- und Gerichts-Personen zusammengesetzte, Kommission hat sich gestern auf der Grube Gouley versammelt und, da die saͤmmt—⸗ (ichen Sachverstaͤndigen einstimmig erklaͤrten, daß die, in dem Versuchs-Schachte angefangenen Arbeiten, mit Sicherheit fuͤr das Leben der damit Beschäftigten auf keine Weise fortgesetzt werden konnten; daß ferner zur Grabung eines neuen Schachtes au der Stelle, wo man zu den Eingeschlossenen zu dringen hof— fen koͤnnte, eine Zeit von wenigstens 9 Monaten erforderlich sey, und daß endlich ein anderer Versuch, den Verungluͤckten zu helfen, durchaus nicht zu machen sey, einstimmig beschlossen, bie Rettungs-Versuche als durchaus erfolglos aufzugeben und sich darauf zu beschraͤnken, die eingedrungenen Wasser mittelst der vorhandenen beiden Dampfmaschinen zu waͤltigen. Schau— dererregend ist allerdings der Gedanke, daß ein Theil der Ver— ungluͤckten im Stande gewesen seyn kann, noch laͤngere Zeit das Leben zu fristen; indessen troͤstet bei so schrecklichen Bildern ei— nigermaßen die begruͤndete Wahrscheinlichkeit, daß die Leiden die—⸗ ser Ungluͤcklichen nicht lange gedauert haben mogen, und daß Gottes Barmherzigkeit denselben theils ein augenblickliches, theils ein bewußtloses und sanftes Ende gewaͤhrt haben werde.“
— Die katholisch-theologische Fakultaͤt der Akademie zu Muͤnster hat am 6. d. M. dem ordentlichen Professor der Theologie, Pfarr⸗Dechanten und Dom-Prediger Georg Keller— mann, und am 8. dem Bischof von Muͤnster, Freiherrn Caspar Max Droste zu Vischering, dem , von Muͤnster und Bischof zu Calamata in partibus, Freiherrn Clemens Droste zu Vischering, und dem Dom-Propst und General-Vikar des Bisthums Ermland, Martin Fotschki, die theologische Doktor— wuͤrde ertheilt.
— Aus Rawicz, im Regierungs⸗-Bezirk Posen, wird nach— träglich noch uͤber die in Gemaͤßheit des Gesetzes vom 1. Juni v. J., am 13ten v. M. daselbst erfolgte Wahl der Repraͤsentan⸗ ten der Judenschaft berichtet. Die Feier wurde im festlich er— leuchteten und mit dem Bildniß Sr. Majestaͤt des Koͤnigs ge— zierten Tempel, in Gegenwart der ersten Militair⸗, Civil- und staͤdtischen Behoͤrden, mit Psalmen-Gesang und Musik-Beglei— tung eroͤffnet, worauf der Ober-Rabbinr Herzfeld an die ver— jsammelte Gemeinde eine angemessene Rede hielt, der sich ein inbruͤnstiges Gebet auf das Wohl des allverehrten Landesvaters
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ernannte Landrath Stammer verfuͤgte sich sodann, in Begleitung der Synagogen-Aeltesten und der uͤbrigen Stimm-Berechtigten, auf das Rathhaus, wo Ersterer die Waͤhler auf die hohe Be— deutung des Tages und den fuͤr ihre buͤrgerlichen Verhaͤltnisse beginnenden Zeit-Abschnitt aufmerksam machte, und sie zur Be— gründung ihres Kommunalwesens durch Eintracht und Liebe er— mahnte. Demnaͤchst begann die Wahl, welche mit Ordnung, Ruhe und Uebereinstimmung vor sich ging. Um endlich den hochwichtigen Tag auch noch durch eine milde Stiftung zu ver— ewigen, bildete sich aus den Mitgliedern der Judenschaft ein Verein, der 12 arme Schulknaben mit vollstaͤndiger Kleidung versah und kuͤnftig alljährlich 18 solcher Kinder eine gleiche Wohlthat angedeihen lassen will.
— Aus Koblenz meldet man unterm 1sten d. M.: „Die Vegetation ist fortwährend auf eine uͤberraschende Weise vorge— schritten, so daß sie jetzt weiter ist, als sie es im Jahre 1822 und selbst im Jahre 1811 um dieselbe Zeit war. Garten und Felder sind mit Blumen bedeckt, der Spargel kommt zum Vor— schein, Mandel-, Pfirsich, und Aprikosen-Baͤume bluͤhen, der Weizen steht dicht, der Roggen bedeckt den Boden so, daß man keine Erde sieht, und der Klee ist schon mehrere Zoll hoch empor geschossen. Dabei hat das Erscheinen frischer Futterkraͤuter, wel— che es gestatten, das Vieh auf die Weide zu treiben, sehr vor theilhaft auf das Sinken der Fourage-Preise gewirkt. Je un— gewoͤhnlicher dieser fruͤhe Fruͤhling ist, um so großer ist die Furcht vor späterem Froste, der auch dem Weinstock sehr gefaͤhrlich seyn wuͤrde.“ .
— AuPus Stralsund schreibt man, daß die im Laufe des vo— rigen Monats stattgehabten heftigen Stuͤrme, welche meistens aus westlicher Richtung kamen und mitunter 24 Stunden anhielten, laͤngs des Ostsee-Strandes der Dorfschaften Zingst und Prerow nicht unbedeutenden Schaden verursacht haben, indem sie einen großen Theil der Außen-Daͤmme zerstoͤrten und die Laͤndereien die— ses Distrikts in dem Maße uͤberschwemmten, daß von der Win— tersaat wegen des tief eingedrungenen Salzwassers mehrere Jahre hindurch nur ein geringer Ertrag zu erwarten seyn duͤrfte.
— „Der Damm⸗Durchbruch des Rußstroms unterhalb Tilsit“, meldet die Königsberger Zeitung vom Sten, „ist etwa 160 Ruthen weit. Wegen der beträchtlichen Vorlaͤndereien hat jedoch bei der Ueberschwemmung ein so langsamer Wasserzufluß stattge— funden, daß Menschen und Vieh aus der uͤberschwemmten Ge— gend gerettet werden konnten. Es sind indeß 5 Gebaͤude fort— gerissen worden. Zu beiden Seiten des Damm-Durchbruchs be— finden sich noch Eisstopfungen, welche beim abermaligen Eisgange eine größere Gefahr besorgen lassen. Sollte die uͤberschwemmte Gegend nicht bald vom Wasser befreit werden, so kann viel Heu verderben und Mangel an Futter zu Wege bringen. Zur Ver— stopfung des Damm-Durchbruchs werden bereits Vorkehrungen getroffen, und dieselbe wird, sobald trockenes Material vorhan— den ist, erfolzen. Der Wasserstand in der uͤberschwemmten Ge— gend ist vorlaͤufig nicht so hoch, als im Fruͤhjahr 1829.“
Der im Jahre 1813 in der Haude und Spenerschen Buch— handlung erschienene
„Plan von der Voͤlkerschlacht bei Leipzig in einem klei— nen runden Format nebst deutlicher Beschreibung vom Koͤnigl. Preußischen Hauptmann von Neander“ wird gegenwartig zum Besten des Invaliden-Fonds fuͤr den herabgesetzten Preis von 2 Sgr. bei Mittler in Berlin verkauft und allen Vaterlandsfreunden hiermit empfohlen. Berlin, den 6. Februar 1834. Militair⸗Oekonomie⸗Departement. Abtheilung fuͤr das Invalidenwesen. v. Clausewitz.
deteorologische Beobachtung.
1834. Morgens Nachmitt. Abends Nach einmaliger i Jing uhr ihr go uhr, Beobachtung. Luftdruck. 340, s * har. 339. 2 Par. 33h, o Par. Quellwärme 5,7? R.
Luftwaͤrme — 4,9 0 R. 4 O, S O R. — 2,2 0 R.
Thaupunkt = S, * o Ft . 3,3 0 He. = 3, s o J Plutwärme 0,22 R.
Dunstsaͤttg. S8 pCt. 60 pCt. / 87 pCt. Bodenwärme 2,0 9 R.
Wetter.... heiter Reif heiter. halbheiter .
Wind 3 S. S. P SSO. Ausdünst. 0, 0 J Rh. — — — Niederschlag 0,0 o s Rh,
Wolkenzug
Auswärtige Börsen. Amsterdam, J. Februar.
Niederl. wirkl. ScuhRuld 493. 33 do. 943. Ausgesetzte Schuld 1. Kanz-Bill. 2185. 453 Amort. 89. 318 715. Gesterr. 955. Preuss. Prämien- Scheine g5. Russ. (v. 1828) 1023. (v. 1831) 94]. 53 Span. 59. 33 383. Antwerpen, 6. Februar. 38 373. Zinsl. 113. 3. Bras. —.
Wien, J. Fehruar. 53 Met. 9635. 43 do. 86z3. Bank- Actien 1226. Loose zu 100 HI. 206.
Span. 5 5ð à i. Metall. 983.
Part. Ohl. 1363.
ch cha usk le
Donnerstag, 13. Februar. Im Opernhause: Der Kaufmann von Venedig, Schauspiel in 5 Abtheilungen, von Shakespeare. Im Schauspielhause: 1) Li Duchesse et le age, comé-— die en 3 actes, par Mr. Béraud. 2) La seconde année, ou: A qui la faute? vaudeville en IL acte, par Scribe. Freitag, 14. Februar. Im Opernhause: Johann von Paris, Singspiel in 2 Abtheilungen, mit Tanz; Musik von Boyeldieu. Hierauf: Zum erstenmale wiederholt: Die Maske— rade, komisches Ballet in 1 Akt, von Henry. In Seene gesetzt von Dlles. Therese und Fanny Elsler, welche hierin tanzen werden. Im Schauspielhause: 1) Le matin el ie soir, vaudeville en 2 actes. 2) Monsieur Jovial, vaudeville comique en 2 actes. Sonnabend, 15. Februar. Im Schauspielhause: Warum? Lustspiel in 1 Akt, von L. Angely. Hierauf: Das erste De— buͤt, komisches Gemaͤlde in 3 Abtheiluugen, von L. Angely. Im Konzertsaale des Schauspielhauses: Letzter diesjaͤhriger Subscriptions⸗Ball. *
r , 4. Donnerstag, 135. Februar. (In Italiaͤnischer Sprache): Zelmira, Oper in 2 Akten; Musik von Rossini. Freitag, 14. Februar. Zum erstenmale wiederholt: Der Erbvertrag, dramatische Dichtung in 2 Abtheilungen, nach einer Erzählung des E. T. A. Hoffmann, von W. Vogel. Erste Abtheilung: Das Verbrechen, Drama in 1 Akt. Zweite Ab— theilung: Das Gewissen, Drama in 4 Akten. (Hr. Ed. Jerr⸗ mann, vom Koͤniglichen Hoftheater zu Muͤnchen: Daniel, als
anschloß. Der zum Koͤnigl. Kommissarius fuͤr das Wahl⸗Geschaͤft
1
Gastrolle.)
schen unserer und der Columbischen Regierung
Branntwein ⸗Preise sa , ö. . 1834 . Da aß von uart na ralles 5d pCt. oder Richter ö 23 Rthlr., auch 21 Rthlr; 3
Branntwein 20 Rthlr., auch 17 Rthlr. Kartoffel ⸗Preise vom 6. bis 12. Februar 1834. Der Scheffel 12 Sgr. 6 Pf., auch 7 Sgr. 6 Pf.
„ e 2 2 , Neue s n ch richte n
Paris, 6. Febr. Vorgestern Abend hatten der Praͤsident und die Secretaire der Pairs⸗Kammer die Ehre, Sr. Maj. den von dieser Kammer angenommenen Gesetz⸗Entwurf in Betreff des Staatz, Naths zu uͤberreichen. Der Koͤnig empfing sodann den General Pajol, Commandeur der ersten Militair-Division, und den Mar, quis von St. Simon. Gestern nahmen Se. Maj. von dem Praͤsidenten und den Secretairen der Deputirten-Kammer den Gesetz⸗Entwurf in Bezug auf die Gendarmerie fuͤr die westlichen Departements entgegen und arbeiteten dann mit dem Praͤsiden, ten des Conseils, mit den Ministern der Justiz, des oͤffentlichen Unterrichts, des Innern, des Handels und der auswaͤrtigen An— gelegenheiten.
Der Herzog von Orleans ist wieder von einer Unpaͤßlichkeit befallen, und der Ball, den Se. Koͤnigl. Hoheit gestern Abend geben wollte, mußte deshalb verschoben werden.
Am Schlusse der gestrigen Sitzung der Deputirten, Kammer ließen sich, nach dem Großsiegelbewahrer, noch die Herren Garnier-Pages, Salsverte und General Ber, trand wider, Herr Fulchiron aber fuͤr den Gesetz ⸗ Entwurf uͤber die öffentlichen Ausrufer vernehmen, worauf die Fortsetzung der Berathung auf den folgenden Tag verlegt wurde. — In der heutigen Sitzung trat zunäͤchst Herr Chappuis-Montla— ville wider und Herr Viennet fuͤr den Gesetz-Entwur auf. Nachdem sodann noch zwei andere Redner ihre Maj nung abgegeben hatten, wurde die allgemeine Berathung ge— schlossen und es begann diejenige uͤber die einzelnen Artikel. Zu dem ersten waren verschiedene Amendements in Vorschlag gebracht worden. Eins derselben, von Herrn Leyraud, wonach bloß das oͤffentliche Ausrufen (nicht das Feilbieten oder Ver theilen) gedruckter, lithographirter oder geschriebener Schriften, mit Ausnahme der gerichtlichen Erkenntnisse und der Bekannm— machungen der Regierung, verboten seyn sollte, gab Herrn Cabet Veranlassung, sich sehr ausfuhrlich in seinem Sinne uͤber den ganzen Gegenstand der Debatte auszulassen und, wie er sich aus, druͤckte, die Rechte des Volkes, als der Majoritaͤt der Nation, zu vertheidigen. Wir werden auf dessen Rede noch einmal zu— ruͤckkommen. Das Amendement des Herrn Leyraud wurde zu— letzt verworfen.
Die Vorbereitungen zu der Deputirten-Wahl in Rouen deuten auf ein guͤnstiges Resultat fuͤr die Opposition hin, denn die bisher ernannten Wahl-Beamten gehoͤren derselben an; man glaubt, daß die Wahl auf Herrn Treilhard fallen werde.
Der Moniteur meldet nach dem Journal du Havre: „Ein Schreiben aus Martinique vom 14. Dezember berichtet die dort erfolgte Ankunft des Contre-Admirals Mackau an Bord der Fregatte „Atalante“. Sobald Herr von Mackau im Fort¶ Royal angelangt war, beschaͤftigte er sich mit allen noͤthigen Vorbereitungen zu einer erfolgreichen Blokade von Carthagena. Nach einem kurzen Aufenthalte in der Kolonie hat der Ad— miral die Fahrzeuge dieser Station, die Moͤrser und so viel Kriegs-Vorraͤthe, als er auftreiben konnte, so wie die entbehrlichen Truppen mitgenommen. Die Fahrzeuge der Englischen Station haben sich der Franzoͤsischen Schiffs-Abtheilung angeschlossen, um die Blokade mit dem moͤglichsten Erfolg ins Werk zu setzen. Der Beweggrund, der die Englaͤnder veranlaßte, mit uns bei dieser Gelegenheit gemeinschaftliche Sache zu machen, scheint ein aͤhnlicher zu seyn, wie derjenige, aus dem die Differenzen zwi— entsprangen. Man hat zu Martinique erfahren, daß der Englische Konsul von Carthagena mit Herrn Barrot zusammen in Havana angekommen war, aber so wie dieser genoͤthigt, um seiner per— soͤnlichen Sicherheit willen aus dem Lande zu fliehen. In dem Augenblick, wo der Brief, dem wir diesen Auszug entlehnen, an Bord des Schiffes „le Jacques“, das am 1. Febr. auf der Rhede von Havre angelangt ist, abgegeben werden sollte, kam eine Englische Gabarre auf der Rhede des Fort-Royal an. Das Munizipal⸗Conseil von Verneuil hat folgenden Beschluß in seine Register eintragen lassen: „Nach gepflogener Berath— schlagung hat das Munszipal-Conseil einstimmig zu erklaͤren be— schlossen, wie es denn hiermit erklaͤrt, daß es den Schmerz theilt, den jeder Wohldenkende uͤber den Tod des muthigen und unbe— stechlichen Deputirten des Wahl-Bezirks von Verneuil, Herrn Dulong, empfinden muß.“
An der gestrigen Boͤrse war es sehr belebt, und die Fonds gingen, da viel Nachfrage danach war, ein wenig in die Hoͤhe.
Außer dem Schreiben, wodurch Herr Dupont von der Eure der Kammer seine Entlassung einreicht, und das in der gestrigen Sitzung der Deputirten-Kammer vorgelesen wurde, hat derselbe noch ein anderes als Antwort an diejenigen seiner Kollegen ge— richtet, die nach dem traurigen Ereigniß, um dessentwillen er sich aus der Kammer zuruͤckzieht, an ihn geschrieben hatten.
Die hier eingegangene Rummer des in Madrid erscheinen— den Blattes Estrella vom 23. Jan. enthalt die Bestaͤtigung mehrerer bereits bekannten Nachrichten und außerdem noch fol— gende: „Es heißt, der General Freire werde zum Ober-⸗Befehls— haber eines Armee-Corps von 8— 10,000 Mann ernannt wer— den. Man versichert, daß Herr Perez de Castro den Botschafter-Posten in Rom, Herr Bardaji y Azara den zu Paris und der General Alava den zu London erhalten werde. (Diese drei Diplomaten gehoͤrten zu den Constitution— nellen von 1820.) Die in Biscaya befindlichen Truppen em— pfangen auf Kosten des von ihnen besetzten Landes einen verdop— pelten Sold. Im Ministerium des Innern arbeitet man an einer neuen Organisation der Verwaltung dieser Provinz. Die Regierung geht damit um, die Friedens-Gerichte wieder einzu— uͤhren.“ fa — Heute schloß 5proc. Rente pr. compt. 105. 60. sin cour. 105. 80. Zproc. pr. compi. 75. 30. sin Cour. 75. 50. 5proc. Neap. pr. compi. 91. — sin cour. 91. 20. 5proc. Span. perp. 597. Zproc. do. 385. 5proc. Belg. 979. 5proc. Roöͤm. —
Frankfurt a. M. 9. Febr. Desterr. proc. Metall. 97. 971. proc. 877. 87 36. Bank⸗Actien 1490. Part. Obl. 1373. G. Loose zu 100 Fl. 212. Br. Preuß. Praͤm.‘ Sch. 533. G. Holl. 5proc. Obl. g3 15. G. Poln. Loose 633. Span. Hproc. Rente 583. Zproc. do. 377. Br.
Redacteur Cotte. ö
Gedruckt bei A. W. Hayn.
Allgemeine
Amtliche Nachrichten. Kron? des Tages.
Se. Majestaͤt der Koͤnig haben dem Koͤnigl. Wuͤrttembergi⸗ schen Geheimen Nath und Chef des Finanz⸗Departements, von Hderdegen, den Rothen Adler-Orden zweiter Klasse mit dem Htern zu verleihen geruht,!
Se. Majestaͤt der König haben dem Land- und Stadtge— richts Direktor zu Brandenburg, Hofgerichts Rath von Vie— hahn, den Rothen Adler-Orden vierter Klasse zu verleihen
gerüht.
Se. Koͤnigl. Hoheit der Prinz Albrecht ist zur Inspi— rung der Gten Kavallerie⸗Brigade nach Duͤben abgereist.
Angekommen: Se. Durchlaucht der regierende Landgraf zu Hessen⸗-Homburg, General der Infanterie und Gouver— teur von Luxemburg, von Homburg.
Der Bischof der evangelischen Kirche und General-Super, sntendent der Provinz Sachsen, Dr. Draͤsecke, von Mag⸗
deburg.
Zeit nngs⸗RNach richten. Ausland.
n w .
Paris, 6. Februar. In der gestrigen Sitzung der De— zutirten-Kam mer (uͤber welche im Wesentlichen bereits in Rr. 13 der Staats„Zeitung berichtet worden) ließ sich als erster Redner gegen den Gesetz-Entwurf uͤber die offentlichen Aus— rufer Herr Pagüs, vom Arriege-Departement, vernehmen. Er aͤußerte sich etwa folgendermaßen: . .
„Meine Herren, ich moͤchte um Alles in der Welt nicht, daß die Regierung, jener Anarchie der Gemuͤther gegenuber, die sie un bezeichnet und woruͤber sie sich beklagt, unbewaffnet bliebe. Nach Außen hin ist das Land ohne Macht, wenn es dem Ober⸗ haupte an Würde fehlt; im Innern faͤngt die Gefahr da an, wo bie Ehrfurcht aufhoͤrt. Aber die Charte hatte, ehe sie die Juli⸗ Monarchie errichtete, schon die Preß- Freiheit geschaffen; die eine ss eben so heiltg, wie die andere. Wenn Sie eine verwegene Hand nn den Artikel legen, der jene Freiheit gruͤndet, so werden Ihre Gegner nach dem Rechte der Reciprocitaͤt den Artikel gnzutasten sichen, dem wir die Monarchie verdanken. Die Charte ist untheil— bar, oder sie ist nichts. Ahmen Sie nicht der vorigen Regierung nach, sondern verschaffen Sie der ganzen Charte dadurch Achtung, diß Sie dieselbe felbst achten. Die Regierung in Frankreich, wenn sse sich nicht in ungeschickten Handen befindet, wird sich niemals durch die Freiheit beengt fühlen. Das constitutionnelle Gesetz hat die Ausschweifungen der Presse weder gutheißen konnen noch wol— len; ihre Mißbraäuche gehdren in den Kreis der gewöhnlichen Gesetze und es ist geiviß Keiner in diesem Saale, der jene Mißbraͤuche nicht unterdruͤckt zu sehen wuͤnschte. Der Minister macht uns auf oͤffent⸗ lich ausgerufene Flugschriften aufmerksam, die, aufruͤhrerisch,
berleumderisch, obsedn, abwechselnd die Ehre der Burger, die Person des Füuͤrsten, die Sittlichkeit und die Religion
schmaͤhten. Wenn diese Thatsachen wahr sind, so darf kein Zögern stattinden, ein Gesetz ist nothwendig, und die Gerechtigkeit muß üich bis zur Strenge steigern. Dieses Gesetz ist soggr leicht. Die Flugschriften sind entweder bereits verurtheilt, oder sie sind es noch nicht. Im erstern Falle dürfen sie nicht in Umlauf gebracht wer⸗ den, und der Ausrufer, der sie dennoch kolportirte, wuͤrde strafbarer seyn, als der Buchhaͤndler selbst, bei dem sie erscheinen, weil dieser nur den Käufer erwartet, jener ihn aber aufsucht und auffordert. Die noch nicht verurtheilte Schrift hat einen Verfasser, einen Her⸗ ausgeber, einen Drucker, einen verantwortlichen Verleger. Da aber ein Ausrufer keine Verantwortlichkeit darbietet, da er eine Beschlag— nahme erschwert, da durch ihn das Aergerniß groͤßer, die Gefahr bedeutender wied, so geht daraus hervor, daß das bestehende Gesetz nicht Alles vorausgesehen hat, daß es nicht ,,,, gegangen it, daß Ergaͤnzungen nothwendig sind. Der Minister darf sich nicht scheuen, uns deren vorzuschlagen; er kann hier strenge seyn, ohne daß er aufhört gerecht zu bleiben. Wenn der Minister nur die Be— sirafung der Vergehen und die Unterdruͤckung der Mißbraͤuche will, so deufet ihm der Geist der Charte an, was er dem Terte des Ge⸗ sehes hinzufügen muß. Aber kaum sind drei Jahre uͤber die neue Charte hingegangen, und wir haben auch schon, wie fruͤber bei der alten von isi, zwei Arten dieselbe auszulegen. Die von dem Minister bezeichneten Schmaͤhschriften sind, wie ich fuͤrchte, nicht von der angedeuteten Beschaffenheit. Er hat die ver— urtheilten Schniaͤhschriften nicht im Auge, denn fuͤr diese hat ja schon das Gesetz ausgereicht; eben so wenig aber die berurtheilungsfaͤhigen, * denn fuͤr diese waͤrde das Gesetz nusreichen Ec bezeichnet uns Schriften, die er nicht verfolgt hat, und nicht verfolgen will, Schriften, die er nicht verurtheilen lassen will, und die aͤlso gesetzlich auch nicht strafbar sind. Hier sehen wir sonach das Oberhaupt der Justiz bemuͤht, die Presse dem Ur⸗ theile der Gerichtshbfe zu entziehen; hier sehen wir den Minister der Justiz die Justiz des Landes zuruͤckweifen — den Waͤchter der Hesetze das Gefetz mit der Willkuͤr vertauschen! Dieses Aer⸗ serniß betrübt mich, aber es wundert mich nicht. Funfzehn Jahre ling habe ich die vorige Regierung durch ahnliche Maßregeln ihrem Verderben entgegengehen fehen; wir schlagen den Weg der Restau⸗ tation ein. (Bewegung.) Es handelt sich also nicht mehr von Schriften, die das Gefetz verbietet oder verbieten koͤnnte, sonoern bon solchen, die das Ungluͤck haben, dem Minister zu mißfallen. nd wohl zu merken: man erfahrt nicht einmal, aus welchem Hrunde das' Werk mißfallen hat. Wenn man den Verkauf erlaubt, so gewinnt die Polizei ihren Stempel, wenn man ihn verbietet, so berliert der Verfasser die Fruͤchte seines Fleißes. So liefert man asso, unter dem Vorwande, den Mißbraͤuchen vorzubeugen, die Freiheit in die Hände der Polizei und des Fiskus. Es ist die Thor⸗ heit der Restauration in ihken ungluͤcklichsien Tagen und unter ih— ken schlechtesten Ministern. (Beifall zur Rechten.. Die Polizei itz ortan der Tyrann der Volks⸗Presse seyn. Der servile Ausrufer wird chu, der unabhängige wird brodlos gemacht. Die Polizei wird die ecriften, die oͤffentlich ausgerufen werden durfen, nach Gefallen waͤh—= n, und also im eigentlich sten Sinne des Wortes eine Censur handhaben. Was laͤßt sich noch über die Censur und uͤber das Praͤventiv-System
sagen? Wer haͤtte wohl schon den zehnjaͤhrigen Kampf gegen die Ausnahme-Gesetze vergessen? Wer erinnerte sich nicht noch leben— dig unserer beredten Kollegen Foy, Manuel, Lamarque, Constant, Casimir Perier? Die Menge erstickte damals in dieser Kammer die Vernunft und das Talent, und in der andern scheiterte das Genie Chautcaubriands an der Wahl-Urne. Wenn heute, wie damals, die Stimmen, welche zahlen, den Sieg uͤber die, welche wiegen, davon tragen sollten, um wie viel strafbater wurden wir seyn. Wir haben den Abgrund gesehen, zu dem die Willkuͤr fuͤhrt. Die constitution⸗ nellen Gesetze sind die Schranke der Gewalt und der Freiheit; man uͤbertrete sie, und man wird nicht mehr wissen, wo die eine oder die andere still steht; die Zukunft verdunkelt sich und die Sicherheit verschwindet! Aber, sagt man, die Unordnung existirt, und man muß sie unterdruͤcken. Ja, allerdings, sie existirt; aber wer tragt die Schuld? Die Anarchie, woruͤber Sie sich beklagen, entsteht aus den Gesetzen, die Sie gemacht haben. Das Gesetz hat die Anarchie in die Religion, in bie Gesellschaft, in die Politik verpflanzt. Sie haben dieselbe als Grundfatz aufgestellt, und Sie erschrecken nun uber ihre Folgen! Nur der Grundsatz stand in Ihrer Gewalt, die Folgen gehören Ihnen nicht an, sie sind ein nothwendiges, ein unvermeidliches Resultat des aufgestellten Prin— zips. Und jetzt wissen Sie kein anderes Mittel, Ihren Fehler wie— der gut zu machen, als daß Sie die Intelligenz dem Fiskus und der Polizei überantworten wollen! Ich widersetze mich solchen un— wuͤrdigen Maßregeln und stimme gegen den Gesetz-Entwurf!“
Nachdem Herr August Giraud fuͤr, und Herr v. Sade gegen den Entwurf gesprochen hatten, ließ sich der Ju stiz⸗Mi— nister im Wesentlichen folgendermaßen vernehmen: „Es war die Pflicht der Regierung, Maßregeln vorzuschlagen, um den Ihnen bezeichneten groben Unordnungen ein Ende zu machen. Indessen sind von einigen Rednern ernste Einwendungen erhoben worden. Man hat Ihnen gesagt, daß die Charte selbst in Frage gestellt wurde, Und uns angeklagt, daß wir den Weg der Re— stauration einschlugen. Ein Redner hat in dem Ihnen vorgelegten Gesetz⸗Entwurfe beinahe Juli⸗Verordnungen gesehen; er hat gesagt, daß man die Mißbraͤuche der Presse sehr uͤbertreibe, und daß das vorliegende Gesetz der Regierung eine Waffe in die Hand gaͤbe, von der sie einen schlechten Gebrauch machen wuͤrde. Derselbe Redner hat auf eine Anarchie der Meinungen und der Religio— nen aufmerksam gemacht, deren Wurzel er in der Gesetzgebung finden will; und als ich hoͤrte, daß er sich daruͤber beklagte, daß der Staat die Geistlichen der verschiedenen Religionen gleich— maͤßig besolde, glaubte ich in der That, daß er auf Wiederher— stellung des Art. 6. der Charte von 1814 antragen wuͤrde. Er hat, meines Erachtens, den Aetitel der Charte von 1830, wel— cher jedem Franzosen das Recht giebt, seine Meinung zu publi— ciren, nicht besser verstanden. Einige wollen dies Recht so weit ausdehnen, daß die Charte und das Koͤnigthum selbst dadurch in Frage gestellt werden konnten. Ist aber eine solche Ausle— gung wohl zulaͤssig? Andere haben in Bezug auf die Aus— schweifungen, deren Unterdruͤckung wir im Interesse des Landes verlangen zu muͤssen glauben, eine Politik der Verach— tung empfohlen, welche darin bestehen soll, Alles sagen und thun zu lassen. Auch dieser Ansicht kann die Regierung nicht beistimmen. — Die Maßregeln, welche wir vorschlagen, bestehen einzig darin, die Verbreitung politischer Meinungen besonderen Buͤrgschaften zu unterwerfen. Sie haben schon aͤhnliche ange— nommen, als es sich um die Zettel⸗Anschlaͤger (afsicheurs) handelte. Ist nicht der Anschlagzettel auch eine Art der Veroͤffentlichung? Damals sagte man Ihnen auch, daß dem Art. 7. der Charte Gefahr drohe; Sie waren aber der Meinung, daß jene Art der Veroffentlichung, von politischen Parteien zu oͤffentlichen Anreizun— gen benutzt, jeder Bedingung der oͤffentlichen Ordnung zuwiderlaufe. Wenn Sie bedenken, daß der oͤffentliche Ausrufer der Verthei— lung seiner Schriften noch Geberde und Wort hinzufuͤgt, finden Sie dann nicht, daß diese Art der Veroͤffentlichung noch weit gefaͤhrlicher ist, als diejenige, welche Sie durch das Gesetz vom Jahre 1830 beschraͤnkt haben? Nicht ohne gewichtige Gruͤnde ist die Straßen-Polizei der Regierung und den staͤdtischen Be— hoͤrden anvertraut worden; denn in der That ist die oͤffentliche suhe lebhaft dabei interessirt, die sich nicht fuͤglich damit ver— traͤgt, daß man Alles thun und sagen lasse. Der vorliegende Gesetz- Entwurf beraubt Niemanden seiner Freiheit oder sei—⸗ ner Rechte; er bezweckt nur, Buͤrgschaften zur regelmaͤßi— geren Ausuͤbung derselben festzustellen, und wir sind da— her Ihrer Zustimmung gewiß.“ — Nachdem sich noch mehrere Redner (wie bereits erwahnt) fuͤr und wider den Gesetz-Ent— wurf hatten vernehmen lassen, wurde die weitere Berathung auf den folgenden Tag verschoben. Am Schlusse der Sitzung trug Herr Cabet noch darauf an, daß die auf morgen anste— hende Berathung uͤber den ihn persoͤnlich betreffenden Vorschlag bis auf Sonnabend verschoben werde. Dieser Antrag wurde, obgleich sich das Centrum demselben widersetzte, durch eine schwa— che Majoritaͤt genehmigt.
Das Schreiben, mittelst dessen Herr Dupont von der Eure seine Entlassung als Mitglied der Deputirten⸗-Kammer eingereicht hat und das einer der Secretaire, Herr Ganneron, in der obi— gen Sitzung vorlas, lautet also:
„Rouge Périers, den 2. Februar.
Herr Praͤsident! Der Schlag, der dem ungluͤcklichen Dulong, meinem Verwandten, den Tod gegeben, hat mich selbst im tiefsten
Herzen verwundet, so daß ich nicht mehr den Muth in mir fuͤhle, noch laͤnger der Deputirten-Kammer anzugehoͤren. Das Land wuͤrde dabei nichts gewinnen, fuͤr mich aber wuͤrde es eine unertraͤgliche Marter seyn, mich taͤglich verurtheilt zu sehen, gewissermaßen das entsetzliche Ereigniß vor Augen zu haben, das Frankreich einen sei⸗ ner treu ergebensten Repraͤsentanten, dem Eure⸗Departement ei⸗ nen seiner besten Buͤrger, und mir den innigsten Freund entreißt. In der Bluͤthe der Jahre und vor der ihm von der Natur gesetzten Zeit hinweggerafft, stirbt er in einem Zweikampfe und von der Hand seines eigenen Kollegen. Warum darf man nicht hoffen, daß er das letzte Opfer seyn werde, welches dem unmensch⸗ lichen Vorurtheile des Duells gebracht wird! Bevor er zu dem verderblichen Kampfe ging, schrieb er mir einige Zeilen, worin er sagte: „„Ich hinterlasse (in diesem Vertrauen werde ich sterben) einen ehrenvollen Ruf, und dieser Gedanke leiht mir Kraft.““ Werden diese ruͤhrenden Worte, die so ganz sein edles Zutrauen zu dem gerechten Urtheile des Landes ausdrücken, in den Herzen seiner
Feinde einiges Bedauern erregen? Ich wuͤnsche es; ganz Frankreich
aber wird ihnen, ich bin dessen gewiß, Gehbr geben und die bürgerlichen Tugenden Dulongs, seine seltene Uneigennuͤtzigkeit, und das letzte Opfer, das er dem Lande gebracht, in gu⸗ tem Andenken behalten. Aber noch ein anderer nicht minder triftiger Beweggrund, als derjenige, den ich eben angefuͤhrt habe, bestimmt mich, von der Deputirten⸗ Kammer Abschied zu nehmen. Schon laͤngst hatte ich diesen Entschluß gefaßt, als ich sah, wie die Regierung und die Kammern, ihren gemeinsamen Ursprung vergessend, sich je mehr und mehr von der Juli⸗Revolution entfernten, die Grundsaͤtze derselben verkannten und sich von ihren Urhebern und natuͤrlichen Stuͤtzen lossagten, um sich dagegen mit einer , ,, Vorliebe wieder den Maͤnnern und Ueberlie⸗ ferungen der Restauration anzuschließen, und für die Verwaltung des Landes zu thun, was kein Familien-Vater fuͤr die Verwaltung seines eigenen Vermoͤgens thun wuͤrde. Doch war diese den offentlichen Angelegenheiten gegebene Richtung so ganz unnatuͤllich, daß man sich der Hoffnung hingeben durfte, sie werde von keinem Bestande seyn, und die Regierung werde vielmehr, durch die Gewalt der Dinge und durch ihr eigenes Interesse zu einer offeneren und einfacheren Politik zuruͤckgefuͤhrt, sich wieder auf die weite Grundlage unserer Revolution, d. h. auf die Volks-Souverainetaͤt stuͤtzen, auf die Quasi-Legitimitaͤt wie auf die Legitimitaͤt selbst ver— zichten, und ihre Kraft und Dauer nur in ganz liberalen Institu⸗ tionen und in der Befriedigung der Volks⸗Interessen suchen. Ich frage Sie aber aufs Gewissen, ob wir dies erlangt haben, und ob nicht vielmehr dasjenige, das ungestraft bei uns eingefuͤhrt worden, der Belagerungs⸗Zustand der Hauptstadt, die Militair-Gerichtsbarkeit fuͤr die Burger und Deputirten, endlich eine im hoͤchsten Grade inquisitorische und unterdruͤckende Polizei gewesen ist, die sich zu⸗ weilen statt der Gerichts⸗Behoͤrde geltend machte und nüthigen Falls Staats⸗Gefaͤngnisse fuͤr privilegirte Personen einführte, wie z. B das Schloß zu Blaye? (Hr. Ganneron wurde hier in seinem Vortrage durch lautes Murren unterbrochen, worauf sich der Praͤsident mit der Bemerkung begnügte, daß die Kammer selbst die Vorlesung verlangt habe, und jetzt auch hoͤren muͤsse. ) Rechnen wir hierzu ein Budget von einer Milliarde, das durch bestaͤndige Zuschuͤsse noch erhöht wird, ferner eine Armee von 400,000 Mann, die uns weder Krieg noch Frieden bringt, endlich sehr reichlich bezahlte Gesandtschaften, die uns Gott weiß was fuͤr eine Stellung im Auslande geben; und fragen wir uns dann, die Hand aufs Gewissen, ob dies wohl der Pagen d ist, den die Juli⸗Revolution uns verheißen hatte, und ob diese Revolution selbst wohl noch etwas Anderes ist, als eine alte historische Erinnerung, die sich diejenigen, welche am meisten Nutzen daraus ziehen, moͤglichst selten zurückzurufen suchen. Ein solcher Zustand der Dinge, in welchem die Machthaber sich gefal len und der eben deshalb mit jedem Tage bedenklicher wird, bietet dem Lande eine um so großere Gefahr, als es weder in den Wil— len der Regierung, noch in der Macht der jetzigen Kammer liegt, sie abzuwenden. Was bleibt mir hiernach anders übrig, als mich eines mir anvertrauten Mandats zu entaͤußern, das ich, wenn auch nicht mit Glanz, doch mindestens redlich und mit einiger Uneigennuͤtzigkeit erfuͤllt habe, das indessen, wenn ich es noch laͤnger behielte, das Land zu einer irrigen Ansicht verleiten wurde, insofern man naͤmlich glauben konnte, daß ich in der Kammer noch einiges Gute zu stiften vermochte. Ich nehme daher meinen Abschied und ersuche Sie, Herr Praͤsident, dieses Schreiben der Kammer mitzutheilen. Empfangen Sie u. s. w. (gez Dupont (von der Eure).“
Das Schreiben wurde hierauf dem Minister des Innern uͤberwiesen, der jetzt gesetzlich innerhalb zweier Monate das Wahl-Kollegium von Bernay, Behufs der Ernennung eines neuen Deputirten, zusammenberufen muß.
Der von dem Handels-Minister vorgelegte Entwurf zu ei— nem neuen Zoll⸗Gesetze ist noch nicht im Moniteur erschienen.
Der General von Rumigny hat vorgestern wieder das Kom— mando seiner Brigade uͤbernommen.
Das Haupt-Quartier der Nord⸗Armee zu Cambrai hat vom General Saint Cyr-Nugues die Nachricht von seiner Aufloͤsung, vom 1. Februar an gerechnet, erhalten.
Herr Nos, der aͤlteste unserer Maler von Seestuͤcken, ist kuͤrzlich im 81sten Jahre mit Tode abgegangen.
Im Memorial Bordelais vom 2. Februar liest man: „Seit der Abreise der Herzogin von Berry erhielt Hr. Descram— bes, Pfarrer von Blaye, haufig Drohbriefe in Betreff seines Benehmens bei der Entbindung der Prinzessin. Einer dieser Briefe von einem ehemaligen Deputirten hatte vorzuͤglich nach— theilig auf den Geist dieses Geistlichen gewirkt, an dem man in seinen letzten Tagen unzweideutige Zeichen von Wahnsinn be— merkte. Hr. Descrambes ist vorgestern gestorben. Gleich ver— breitete sich das Geruͤcht, er sey vergiftet worden, und dieses ward so allgemein, daß die Behoͤrde dasselbe in Erwaͤgung zie— hen zu muͤssen geglaubt, und, wie man sagt, verordnet hat, die Leiche zu oͤffnen.“
Der Praͤfekt von Lyon hat eine Verordnung erlassen, wo— durch die oͤffentlichen Ausrufer, welche sich mit rothen Muͤtzen blicken lassen wuͤrden, mit 15 tägiger bis 2jähriger Gefaͤngniß—⸗ und 100 bis 4000 Fr. Geldstrafe bedroht werden.
In den 3 Franzoͤsischen Kolonieen Martinique, Guadeloupe und Franzoͤsisch Guiana haben seit dem Ende des Jahres 1839 uͤberhaupt 16,792 Freilassungen von Sklaven stattgefunden.
Großbritanien und Irland.
Parlaments-Verhandlungen. Unterhaus. Siz— zung vom 5. Febr. (Nachtrag) Herr O Connell trug dab— auf an, daß die Stelle in der Adresse, worin das Haus seine Zustimmung zu dem in der Thron-⸗Rede ausgedruͤckten Bedauern und Unwillen, daß die Versuche zur Aufregung des Irlaͤndischen Volkes gegen die Union noch fortdauerten, zu erkennen geben wollte, ganz weggelassen werden moͤchte. Die Thron⸗Rede selbst betreffend, bemerkte er, daß er sie nicht fuͤr so bedeutend habe halten koͤnnen, um sich durch sie zum Unwillen bewegen zu las— sen. Sie sey ein so gutes Stuͤck Geringfuͤgigkeit gewesen, als er nur je an einer erlebt habe, und es sey wirklich nichts in ihr enthalten gewesen, ausgenommen in dem letzten Theil, wo er et— was von dem alten Geist erkannt zu haben glaube, der, wie er mit Betruͤbniß aussprechen muͤsse, sich so oft gegen Irland ge—
) Wir bemerken bei dieser Gelegenheit, daß Herr Garnier-Pages sich nicht. wit vorgestern nach einem flüchtigen Berichte geineldet wurde, der öffentlichen Vorlesung des Dupont'schen Schreibens widersetzt, sondern dieselbe vielmeh
ausdräcküch verlangt hatte.
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