1836 / 61 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

Allgemeine

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Amtliche Nachrichten. Kronik des Tages.

Das 6te Stuͤck der Gesetz⸗Sammlung, welches heute aus— gegeben wird, enthaͤlt unter Nr. 1696. die Genehmigungs-Urkunde der in dem Protokolle der Rheinschifffahrts Central⸗Kommission vom J. De— zember 1834 enthaltenen ergaͤnzenden Bestimmungen zur Rheinschifffahrts- Akte vom 31. Maͤrz 1831. D. d. den 14. Juni 1835,

. den Vertrag zwischen Preußen, Bayern, Sachsen, Wuͤrttemberg, Baden, Kurhessen, dem Großherzog— thume Hessen und den zu dem Thuͤringenschen Zoll— und Handels-Vereine verbundenen Staaten einer— seits und dem Herzogthume Nassau andererseits wegen Anschließung des letzteren an den Gesammi— Zoll-Verein ber ersteren Staaten. D. d. den 10. Dezember 1835, und die Allerhoͤchste Kabinets-Ordre vom 13. Februar 1836, die Verleihung der revidirten Staͤdte⸗ Ordnung vom 17. Maͤrz 1831 an die Stabt Punitz, im Großherzogthume Posen, betreffend. Berlin, den 1. Maͤrz 1836.

Debits-⸗Comtoir der Gesetz⸗Sammlung.

1698.

Im Bezirke der Koͤnigl. Regierung zu Erfurt ist der bisherige Pfarrer in Kella, Georg Montag, zum katholischen Pfarrer in Neuendorf und Besecken⸗ dorf ernannt worden; zu Stettin ist der Predigtamts-Kandidat Karl Gott— fries Bischoff zum Pastor in Groß-Latzkow ernannt worden.

Angekommen: Der Koͤnigl. Hannoversche General⸗Post— meister und Ober⸗Schenk, Graf von Platen-Hallermund, von Hannover.

Zeitungs-⸗Nachrichten. n 8 1 a nd.

Fel an kt ren ch.

Paris, 23. Febr. Der Koͤnig fuͤhrte gestern den Vorsitz im Minister⸗Rathe.

Der heutige Monitear enthaͤlt nachträglich nocheine vom ten d. datirte und von Herrn Persil kontrasignirte Koͤnigliche Verordnung, wodurch der Marschall Graf Gérard zum Groß— Kanzler der Ehren -Legion ernannt wird. Eine zweite Verord— nung vom heutigen Tage ernennt den bisherigen ersten Kabinets— Secretair des Königs, Baron Fain, statt des Grafen v. Mon— talivet zum General⸗Intendanten der Civil⸗Liste.

Die Pairs-Kammer hielt heute eine oͤffentliche Sitzung unter dem Vorsitze des Vice-Präsidenten, Grafen Portalis. Säͤmmtliche Minister waren in derselben zugegen. Nachdem der Baron Mounier eine von ihm herruͤhrende Proposition des In— halts, daß man eine Spezial-Kommission ernenne, die sich mit der Entwerfung eines Geseßz-Entwurfes uͤber die Kompetenz und das gerichtliche Verfahren des Pairshofes beschaͤstige, vorgetra— gen hatte, ernannte der Praͤsident 2 Kommissionen zur Pruͤfung der beiden von der Deputirten-Kammer bereits in der vorigen Session angenommenen Gesetz⸗Entwuͤrfe uͤber die Bankerotte und über die Verantwortlichkeit der Minister und hoheren Beamten. Hiernaͤchst ergriff der Conseils-Praäsident das Wort und ver— las eine Rede, die im Wesentlichen also lautete:)

„M. H. Pairs, Sie alle wissen, daß das Kabinet desinitiv kon— stituirt ist; ich kann und darf in diesem Augenblicke nicht in west— laͤuftige Details eingehen. Das Kabinet, das 3! Jahre lang be— müht gewesen war, bald durch die rechtmäßige Anwendung der Ge— walt, dald durch die Mittel, welche die Gesetzgebung ihm darbot, die Unruhen zu unterdräcken, und dem es mit Huͤlfe der Kammern gelungen war, das Land vor der ihm drohenden Anarchie zu bewahren, dieses Kabinet hat sich aufgeldst. Es hat sich zu meinem großen Leidwesen und ungeachtet meiner aufrichtigsten Bemuhungen aufge⸗ löst, und ich bin dazu berufen worden, das beschwerliche Amt bes— selben fortzusetzen; ich habe indessen der Krone den Rath gegeben, und meine ehemaligen Kollegen haben es mit mir gethan, das neue Kabinet in demselben Sinne zusammenzusetzen, wle das borige. Ich verbuͤrge mich fur die vollkommene Ueberein⸗ siimmung in den Gesinnungen meiner gegenwartigen Herren Kolle⸗ gen, von denen ich zu der gegenwaͤrtigen Erklaͤrung lediglich deshalb aufgefordert worden bin, weil ich bereits eines der ergebensten Mit— glieder des vorigen Kabinets war, das den Ausschweifungen der Anar— hhisten so kräftig widerstanden hat. Ich habe die Verwaltung nicht

bernommen, um irgend einer Meinung zu schmeicheln, mich in ir⸗ gend, cine Bedingung zu fuͤgen ich habe'sie bloß übernommen, da⸗ mit die Grundsaͤtze, die mir seit 5 Jahren die einzig wahren und heissamen geschienen, die Oberhand behielten, und mit Huͤlfe meiner Kollegen wird es mir gelingen, sie auch ferner zu behaupten. Wir werden 4 niemals dulden, daß man zu aufruͤhrerischen Planen Vereine stifte, daß man offentlich das Wesen der beste⸗ henden Regierung in Frage stelle, daß man einen anderen

hig oder eine andere Regierungsform in Vorschlag bringe. Sollte daher ein solches Unwesen sich erneuern, so werden wir zu der kestehen den Gesetz gebung unsere Zuflucht nehmen; in dessen hegen wir die üeberzeugung, daß wir in dieser Beziehung nur wenig zu thun haben werden,; die Gemüuͤther besaͤnftigen' sich je mehr und mehr; er geluͤstet ihnen weniger als je nach geheimen Verbindungen ü unerlaubten Zwecken; sie wollen unsere Inssitutionen nicht mehr stüͤrzen, sie wollen der Früchte derselben theilhaftig werden, und so hat also die Regierung nichts weiter zu thun, als diesen Wunsch des Landes nach Verbesserungen aller Art möalichst zu unterstützen. Aber wie durfen uns auch nicht taͤuschen jede Verbesserung muß langsam geschehen:

tr ) Wir geben auch weiter unten noch einmal ausfuͤhrlich den Vor⸗ ng en Herr Thiers am 22sten in der Deputirten-⸗Kammer gehal— hat, n wovon unsere gestrige Mittheilung nur ein ganz kurzer

Dies, m. H., sind die Ansichten der neuen Verwaltung

das wahrhaft Gute und Dauernde laßt sich nicht improvisiren.

. e ! Mit Maͤn⸗ iern, die anderen Sinnes sind, ließe sich kein Ministerium zufam— mensetzen.

es nichts als eines festen Betragens. Meine Kollegen und ich sind

zu einem solchen enischlossen, und wie hoffen, daß die Kammern uns

dabei unterstuͤtzen werden; wir rech nen namentlich auch auf den Bei stand dieser Versammlung, die überall nur das Gute will und noch kurzlich bei der Ausuͤbung ihrer schweren Pflichten so viel Muth und Beharrlichkeit gezeigt hat. An ihrer Unterstützung wir sind dessen gewiß, wird es nie fehlen, so lange wir das schwierige Amt, das wir dem Vertrauen des Königs verdanken, als gute Bur⸗ ger und in dem wahren Interesse des Landes versehen.“

Unter lautem Beifalle kehrte der Minister nach seinem Platze zuruͤck. Der Graf von Boissy d' Ang las entwickelte darauf seinen Antrag wegen Aufhebung des Korn-Gesetzes vom Jahre 1832. Die Minister des Handels und der Finanzen be— kaͤmpften die Proposition, die auch verworsen wurde. Den Beschluß der Sitzung machten verschiedene Bittschriften-Berichte; zwei Eingaben, worin die Renten-Reduction als eine eben so un— gerechte als unpolitische Maßregel geschildert ward, wurden auf das Nachweis⸗Buͤreau niedergelegt.

Nachstehendes ist der Vortrag, den Herr Thiers in Bezug . das neue Ministerium gestern in der Deputirten-Kammer hielt:

„M. H das Kabinet ist endlich konstituirt. Die Kammer wird es ohne Zweifel billigen, daß ich von selbst und ohne erst eine Auf— forderung dieserhalb abzuwarten, einige kurze Aufschluͤsse gebe. Nach der Auflbsung des alten Kabineis, welchem angehhrt zu haben, ich mir stets zur Ehre rechnen werde, sowohl wegen der Manner, aus denen es bestand, als wegen seiner Bemühungen zur Befestigung der Resultat! unserer Revolution, mußte der König dicjeni⸗ gen Maͤnner zu sich berufen, deren parlamentarische Stei⸗ lung ihm Vertrauen einflößte. Die verschiedenen Combinationen, die nach einander vorgeschlagen wurden, scheiterten aber aus lauter achtungswerthen Grunden, deren nähere Erwaͤhnung hier uͤberfluͤssig seyn wuͤrde. Indessen schien wenigstens et ne That sache aus jenen Versuchen hervorzugehen, naͤmlich die Unmbglich⸗ keit, ein ganz neues Kabinet zu bilden, insofern man nicht die Ma⸗ joritaͤt in dieser Kammer verlieren wollte. Und Ntemand wollte dies Die Nothwendigkeit sprach mit jedem Tage lauter, und so mußte sich zuletzt ein Theil des alten Kabinets aus Pflichtgefuͤhl entschließen, zu der Bildung eines neuen mitzuwirken. Was mich betrifft, so habe ich die schwierige und gefahrvolle Rolle, die mir zu Theil geworden, nicht gewuͤnscht Jedermann wird fühlen, daß, wenn ich bloß mein persoͤnliches Interesse im Auge gehabt, ich jene Rolle, wenn sie mir überhaupt jemals zugedacht war, bei wettem spaͤter hatte wuͤnschen muͤssen. Haͤtte ich indessen unter so ernsten Um⸗ staͤnden ganz zuruͤcktreten wollen, so ware dies eine Schwaͤche und ein Fehler gewesen. Ich habe daher das Geschaͤft angenommen, das die Zeitumstaͤnde mir auflegten. Die neuen Kollegen, die der Koͤnig mir gegeben hat, floöͤßen mir das . Vertrauen ein, und ich bin uͤberzeugt, daß ich es auch ihnen in gleichem Maße einfloöße. Das vorige Kabinet hatte im Laufe der Zeiten eine vollkommene Uebecreinstimmung in Ansichten und Absichten gewonnen. Ich habe jetzt meinerseits den Mangel an Zeit dadurch zu ersetzen gesucht, daß ich mich mit meinen neuen Kollegen uͤber die wesentlichsten Punkte unserer Politik verstaͤndigt habe. Nach einer mehrtägigen gruͤndlichen Erdrterung sind wir uͤber alle Punkte einig geworden; wir wuͤrden sonst die Verwaltung nicht übernommen haben. Ich mag mich hier nicht in eine Definition unseres Systems einlassen: dies führt zu nichts. Gedraͤngt von dem Beduͤrfnisse, unsere Ansichten wenigstens im All⸗ gemeinen zu entwickeln, haben wir früher dergleichen Definitionen zuweilen gegeben; stets sind sie aber am folgenden Tage entstellt worden. Ich werde mich daher wohl huͤten, hier irgend einen be⸗ stimmten Gegenstand zu beruͤhren: meine Kollegen und ich, wir wollen nicht nach Worten, wir wollen nach unseren Handlun⸗ gen beurthellt seyn. Ich berufe mich daher auf diese und glaube, mich dabei nicht auf etwas vollig Ungekanntes zu berufen. Die Maͤnner, die gegenwartig auf der Ministerbank sitzen, haben sich schon alle durch ihre öffentlichen Handlungen bekannt gemacht. Sie werden hoffentlich nicht vergessen, m. H., daß wir fast saͤmmt⸗ lich unter den groͤßten Gefahren bereits das Land verwaltet, und daß wir inmitten dieser Gefahren den Aufruhr mit allen unseren Kräften bekaͤmpft haben. Diejenigen, die der Verwaltung nicht an⸗ gehörten, unterstuͤ‚ßten uns im Schoße dieser Kammer. Was wir vor einem Jahre, vor zwel Jahren waren, das sind wir auch heute noch. Namentlich fuͤhle ich fuͤr mein Theil das Beduͤrfniß, es schon jetzt und ganz laut (denn ich will fuͤr Niemanden dunkel bleiben) zu sagen, daß ich bin, was ich war, naͤmlich ein treuer und er⸗ gebener Freund der Juli - Revolution, durchdrungen aber auch von jener alten Wahrheit, daß man, um eine Revolution zu retten, sie vor Exzessen bewahren muͤsse. So oft der⸗ gleichen Erzesse sich in den Straßen, oder in der mißbraäͤuch⸗ lichen Anwendung unserer Institutionen gezeigt, habe ich dazu beigetragen, sie durch die Gewalt und durch die Gesetze zu unter⸗ drucken. Ich rechne es mir zur Ehre an, daß ich, gemeinschaftlich mit der Majoritaͤt dieser Kammer, hierzu mitgewirkt habe, und ich wurde mich noͤthigen Falls auch ferner denselben Anstrengungen beigesellen, um unser Land aus dhnlichen Unordnungen zu erretten. Dies, m. H., war es, was ich Ihnen mit lauter und vernehmlicher Stimme sagen mußte. Sollte ich nach dieser Erklaͤrung nicht mehr fuͤr den brauchbaren Minister gelten, der alle Nuancen der alten Majoritut um sich ju sammeln vermag, so fuͤge ich mich gern und werde bet dem ersten Zeichen wieder ab⸗ treten. Aber ich glaube vielmehr, daß die Gesinnungen, die ich hier ausdruͤcke, noch immer die der Maioritaͤt sind! Uebrigens mag man auch nicht aus meinen Worten schlleßen, daß es meine und meiner Kollegen Absicht sey, den Zwiespalt der Gemüther fortzupflanzen, den politischen Haß zu verewigen; nein, meine Herren; die Unruhen, die unser schoͤnes Land betruͤbt haben, scheinen ihrem Ziele nahe zu seyn; bessere Tage warten unserer, und wir wollen daher nicht das schbne Bild des Friedens durch die Moglichkeit eines Krieges unnuͤtz truͤben. Auch in dieser Beziehung bleiben wir dem Gedanken des vorigen Kabinettes treu. Als die gegenwaͤrtige Session erßssnet wurde, sagte der Konig Ih⸗ nen, er glaube, daß fuͤr Frankreich der Augenblick gekom⸗ men sey, die Fruͤchte selner Klugheit und seines Muthes zu aͤrndten. „„Lassen Sie uns darauf bedacht seyn““, so sprach er, „„die Gemuͤther zu besaͤnftigen, unsere Gesetze zu verbessern und alle Interessen durch einsichtsvolle Maßregeln zu beschützen.““ Je⸗ dermann hat diesen hochherzigen Worten, die den bestandigen Ge⸗ danken des Koͤnigs und der Kammern ausdruͤckten, seinen Beifall n Dieser Gedanke ist kein anderer, als dem Aufruhr, falls er ich auft.z neue zeigen sollte, eine unuͤbersteigliche Schranke entgegenzusez⸗

Um aber die Fruͤchte dieser Politik zu 4drndten, bedarf

zen, in ruhigen Zeiten aber die Gemüther zu beschwichtigen und alle In⸗ teressen zu foͤrdern. Dieser Gedanke ist nicht von gestern oder heute, er waltete in dem vorigen Kabinette vor, und wird auch in dem jez⸗ zigen vorwalten; nur eine unvernünftige und ihrer Aufgabe un⸗ würdige Verwaltung könnte auf denselben verzichten. ie Grund saͤäze, die ich hier entwickele, sind, ich gestehe es, sehr allgemein; aber nach ihrer Anwendung sollen Sie uns beurtheilen, und in dieser Beziehung wiederhole ich, daß Ste uns bereits kennen, da wir fast Alle schon seit Jabren jene Grundsaͤtze in Ausfuhrung bringen. Schließlich möge die Kammer mir noch gestatten, ihr Wohlwollen fuͤr meine saͤmmtlichen Kollegen und hauptfächlich ihre Nachficht fuͤr mich in Anspruch zu nehmen. Ich habe eine schwere Last auf mich geladen; ich habe es ohne Anmaßung und bloß aus höheren Rück sichten gethan. Mit dem Beistande der Kammern ist Alles moglich; obne diesen Beistand ist Alles gewagt und unmoglich. Die Mini— ster bedürfen des Vertrauens ier ch! Staats ⸗Gewalten. Der Konig hat uns das seinige geschenkt, und wir werden hoffentlich auch das der Kammern erhalten, weil wir den festen Willen haben, es uns zu verdienen.“

In der heutigen Sitzung der Deputirten⸗-Kammer erfolgte die Wahl dreier neuer Vice-Praͤsidenten an die Stelle der in das Ministerium eingetretenen Herren Sauzet, Passy und Pelet. Die absolute Majoritaͤt erhielt bei der ersten Abstimmung nur Herr Calmon und bei der zweiten der Graf Duchatel (der ausgeschiedene Handels-Minister). Ihnen zunaͤchst kamen die Herren Ganneron und Teste. Es sollte daher bei dem Abgange der Post zwischen diesen beiden ballottirt werden. Vorlaͤufig sind die Herren Calm on und Duchätel zu Vice-Praͤsidenten pro— klamirt worden.

In der Sprache eines Theils der hiesigen Blatter ist naturlich durch die Ernennung des neuen Ministeriums eine be— deutende Aenderung eingetreten. Die bisherigen Oppositions— Blaͤtter, der Temps und der Constitutionn el, die seither immer gegen das Ministerium und besonders gegen Herrn Thiers persöͤnlich zu Felde gezogen waren, werden jetzt, wo der ers- parti zum parti-Lhiers geworden ist, ohne Zweifel als Verfech— ter des neuen Ministeriums auftreten. Das erstgenannte der beiden Blatter aͤußert sich heute bereits folgendermaßen: „So übernimmt also endlich, nach einem 17taͤgigen ministeriellen In— terregnum, eine neue Verwaltung die Leitung der öͤffentlichen Angelegenheiten, die den Händen der Doctrinairs entfallen ist. Es ist in dem gegenwärtigen Kabinette keines der Mitglieder der Toterie geblieben. Dadurch erfullt sich schon der hauptsaͤchlichste Wunsch aller Freunde eines weisen und constitutionnellen Fort— schritts und der liberalen und gemäßigten Majoritäͤt der Kammer, die durch ihre Vota so deutlich ihren Wil— len, die Bahn der Reactionen zu schließen, zu erkennen gegeben hat. Das Kabinet, dessen Chef Herr Thiers ist, wird der wahrhafte Ausdruck jener Majoritaͤt seyn; denn es schließt zugleich die drei von ihr ernannten Vice-Praͤsidenten in sich. Wir freuen uns von Herzen uͤber diese dem parlamentarischen Einflusse dargebrachte Huldigung. Wir billigen auch die Frei— muͤthigkeit, mit der das Ministerium durch den Mund des Eon— seils⸗ Präsidenten sogleich auf der Rednerbuͤhne seine Ansichten und Grundsaͤtze dargelegt hat. Nichts ist dem Geiste einer con— stitutionnellen Regierung angemessener. Indessen muͤssen wir doch bemerken, daß diese Erklärung von der Kammer und von dem Publikum, welches die Boͤrse besucht, mit einer gewissen Kaͤlte aufgenommen worden ist. Man darf sich, unsers Erachtens, daruͤber nicht wundern. Der Name des Herrn Thiers erweckt viele Vorurtheile, ungerechte ohne Zweifel, aber seit langer Zeit verbreitete. Eine Veranderung, wie die jetzt stattgehabte, bewerkstelligt sich nicht, ohne zahlreiche Arrangements zu ver— nichten und vorgefaßten Ideen in den Weg zu treten. Uebrigens scheint es auch iemlich natuͤrlich, daß man sich gegenseitig beobachtet Die Aufgabe des neuen Eonseils⸗ Praͤsidenten und seiner Kollegen ist, das oͤffentliche Vertrauen zu verdienen. Das ministerielle Manifest ist nicht so ausfuͤhr⸗ lich, wie man wohl gehofft hatte; indeß findet man doch darin das offene Bekenntniß der Anhänglichkeit an die Juli⸗Revolution, eine bestimmte Buͤrgschaft fuͤr versoͤhnliche Grundsaͤtze und die Gewißheit, daß alle Mitglieder des Kabinets ihren parlamen— tarischen Feldzugs⸗Plan gemeinschaftlich uͤberlegt und festgestellt haben. Dies ist ein Punkt von der groͤßten Wichtigkeit. Die Einheit des Zwecks und die vollkommene Uebereinstimmung der Mittel das ist die sicherste Buͤrgschaft, die das Kabinet fuͤr seinen Nutzen und fuͤr seine Dauer geben kann.“ Der Con- stituti on nel sagt: „Die ,. Thatsache bei der Umgestal— tung des Ministeriums ist die Ausschließung der Doctrinairs Wenn auch das Personal des Kabinets nicht zufriedenstellend ware, so wuͤrde das Land es doch, schon der Maͤnner wegen, die sich nicht darin befinden, guͤnstig aufnehmen. Wir hoffen indeß, daß das neue Ministerium mehr als einen bloß negativen Werth haben werde. Der Conseils-Praͤsident hat heüte die Kam— mer gebeten, das Kabinet nur nach seinen Handlungen zu beurtheilen. Das ist nicht mehr als billig, und die Kammer ist einem Ministerium, das sich durch die Repraͤsentanten der par⸗ lamentarischen Majoritaͤt rekrutirt hat, mehr als Billigkeit, sie ist ihm Wohlwollen schuldig. Die Presse, wenn gleich nicht ei⸗ ner so strengen Verpflichtung unterworfen, ist dennoch ebenfalls gezwungen, billig zu seyn, und muß daher ihrerseits in das Ver— langen des Conseils-Präsidenten willigen. Was uns betrifft, so werden wir das neue Ministerium nach seinen Handlungen beur— theilen, mittlerweile betrachten wir es schon jetzt als einen Fortschritt und als einen Sieg der offentlichen Meinung.“ Der Cour— rier fran gais äußert sich folgendermaßen: „Das Ministerium ist heute zum erstenmale, mit seinem Programme in der Hand, unter den Auspizien des Herrn Thiers, in der Kammer erschie— nen. Fuͤr diesen Letztern war es eine schwierige und unbequeme Aufgabe, der Kammer auseinanderzusetzen, daß er zu gleicher Zeit dieselbe und eine neue Person, der glorreiche Repräͤsentant der Vergangenheit und der aufrichtige Buͤrge fuͤr die Zukunft sey. Er hat sich aus dieser Verlegenheit so gut her— ausgezogen, als es ihm moͤglich war. Herr Thlers hat erklärt, daß er es sich immer zur Ehre anrechnen wuͤrde, ein Mitglied des vormaligen Kabinets gewesen zu seyn. Herr Thiers