1836 / 89 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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mit solchen Belägen zu rechtfertigen. Wir beten taͤglich; fuͤhre uns nicht in Verfuchung! Auch der Starke hat schwache Augen— blicke: Der verstaͤndige Beamte wird neben dem edelsten Bewußt— sein seiner reinen Absicht es dankbar anerkennen, wenn die Bil— dung der großen Masse des Volks ihn den boͤswilligen Verdaͤch⸗ tigungen enthebt, welche die verbreiten moͤchten, deren unlautres Treiben er pflichtmaͤßig zuͤgelt. .

Welche Bildung hier gemeint ist, kann nicht zweifelhaft er⸗ scheinen. Der Mensch wird empfaͤnglich fuͤr Belehrung, indem er der Mittheilungsmittel, der Sprache, des Lesens, des Schrei— bens maͤchtig wird: und vermoͤge deeser Empfaͤnglichkeit muß er angeleitet werden zu so lebendiger Kenutniß und Würdigung sei ner Verhaͤltnisse, daß seine eigne Ueberzeugung, daß sein Gewis— sen ihn noͤchlgt, Wahrheit und Recht uͤberall zu ehren und zu üben. Es sst kein Geringes, was hiermit gefordert wird, Die Kesten der Bildung und des anständigen Unterhalts der Lehrer, der Gewährung schicklicher Räume fuͤr den Unterricht und hin— reickender Lehrmittel; diese Kosten, wie fast unerschwinglich sie zuweilen auch erscheinen, duͤrften doch nur der kleinere Theil bes Vorschusses sein, den die Nachwelt fuͤr ihre Bildung von der Gegenwart erheischt. Daß den Kindern Zeit und Raum versonnt werden koͤnne, Unterricht zu empfangen, seine Frucht sich anzueignen, und in freter Thätigkeit Korper und Geist feibststaͤndig zu entwickeln: das ist wahrlich viel uner— reichbarer. Zur Zeit kann noch kein Volk den Beitrag zu den Erziehungskosten missen, den die Kinder selbst durch haͤusliche und gewerbliche Dienste leisten: nur zu leicht wird das Maaß der Gewoͤhnung zur geordneten Thätigkeit aus Eigennutz oder Noth überschritten, und die Schwaͤche der Kindheit gemißbraucht, um ein thierisches Abrichten fuͤr die Zwecke der Eltern und Mei— ster an die Stelle menschlicher Erziehung zu setzen. Vermag doch selbst die reiche Britania nicht der Fabrik⸗Kinder ,, und ihr Parlament bedingt nur behutsam und spaͤrlich Erleich— terungen fuͤr diese Opfer der Spekulation. Sind die haͤuslichen und gewerblichen Dienste eines Kindes im schulfähigen Alter nur einen Silbergroschen taͤglich, das ist zwoͤlf Thaler jahrlich werth; so steht im preußischen Staate fuͤr 2, 200, 006 Kinder, welche zu Ende des Jahres 1834 oͤffentliche Elementar, und Mittel⸗Schulen besuchten, in Frage: wieviel von einem jährlichen Einkommen von 26,400,006 Thalern entbehrt werden kann und muß, um den Anforderungen auf allgemeine Volksbildung zu gnuͤgen? Es ver— mindert den Wert dieser Dienste keinesweges, daß sie gewoͤhnlich nicht mit Gelde, sondern mit Unterhalt und Pflege bezahlt werden.

Die preußische Regierung hat sich das Lob einer ausgezeich- neten Sorgfalt für allgemeine Volks-Bildung erworben. iese Grundlage foͤrdert zugleich die hoͤhere Bildung durch die Zucht der oͤffentlichen Meinung, und durch die Nothwendig— keit, Rang und Macht uͤber die Geister durch geistige Ueberle— genheit behaupten. Die Regierung hat auch hierin ihren Beruf wohl erkannt, und vielfaͤltig Anstalten fuͤr hoͤhere Bil— dung mit Sorgfalt und Freigebigkeit ausgestattet.

Die hoͤchste Ausbildung, die wissenschaftliche, wie die kuͤnst⸗ lerische, hat drei Bahnen zu durchlaufen. In der ersten erscheint die Selbststaͤndigkeit gewöhnlicher Menschen noch zu wenig ent— wickelt, um ihr einen überwiegenden Einfluß auf den Gang der Beloung einzuraͤumen. Material und Form des Unterrichts ist daher vorgeschrieben: und wenn auch hier die freie Thätigkeit des Lehrers geehrt, der zarte Keim der Selbststaͤndigkeit im Schuͤ⸗ ler beachtet werden will; so bleibt doch vorherrschend die Regel, welche Bedurfniß und Erfahrung begruͤnden, und behutsam sort⸗ schreitend verbefsern. Das ist die Schule im allgemeinsten Sinne des Worts. Erstarkt in dieser Schule geht der Mensch zur zweien Laufbahn uͤber. Noch bedarf er aäͤußrer Auleitung; aber er wahlt sie frei. Keine Verschrift beschraͤnk' hier den Un— terricht: frei wird dargeboten, was der Geist erzeugt; frei wird ausgewählt, was der Geist begehrt. Das ist die Universitaät in ihrer urspruͤnglichen reinsten Bedeutung. Endlich lernt des Führers entbehren und Wissenschaft und Kunst foͤrdern der reich Belabte, zunaͤchst in sich durch eigene Kraft. Indem die Fuͤchte dieler eigenthuͤmlichen Bildung auch außerhalb kenntlich, und ein Gemeingut derer werden, die sie zu nutzen vermogen, eröffnet sich die Akademie, als dritte Laufbahn in unermeß— lichen Raͤumen. ö

Wie vielfache, hoͤchst schwierige und hoͤchst wichtige und fol— genreiche Fragen auch aufgeregt werden mogen uͤber die Gestal— tung der Schulen und der Akademien: so liegt beiden Anstalten doch jedenfalls ein Zweck zum Grunde, der sich mit Leichtigkeit den Beduͤrfnissen jeder Regierung gebildeter oder doch bildungs—⸗ fauͤhiger Staaten anschließt. Wo Bildung beginnen, wo sie fort— schreiten soll, bis zum Erreichen bestimmter Zwecke fuͤr die Ge— werbsamkeit oder auch fuͤr die Gemeine und Staats-Verwaltung, da müssen Schulen sein. Der Regierung bleibt anheim ge⸗ stellt zu bestimmen, was und wie hier gelehrt werden soll. Wer hier lehren und lernen will, muß sich diesen Vorschriften unter— werfen: seine Thätigkeit ist nur frei, so weit die Regierung ihre Beschraͤnkung nicht noͤthig erachtet.

Wissenschaft und Kunst koͤnnen nur gefordert werden durch die schaffende Kraft ausgezeichneter Geister. Aber die Regierun— gen ehren sich selbst, indem sie diese Fortschritte durch Darreichung der aͤußern Hülfsmittel erleichtern. Statten sie Vereine von Ge— lehrten oder Kunstlern zu solchem Zwecke aus; so ist dieses ein freiwilliger Beweis der Achtung, der eben deshalb niemals etwas enthalten kann, was den Absichten der Regierung entgegen waͤre.

Universitäten dagegen waren urspruͤnglich keine Staatsanstalten, sondern freie Privatvereine. Die Lehrer waren nicht vom Staate bestellt und besoldet: das Beduͤrfniß und die Fahigkeit Kenntnisse mitzutheilen, waren ihre Vokation; das Honorar, die freiwillige Gabe dankbarer Zuhörer, ihre Besoldung. Es galt hier keine Vorbereitung fur irgend ein Amt oder Gewerbe: Wissenschaft und Kunst wurden gelehrt und erlernt um ihrer selbst willen. Nicht Theologen, Juristen, Mediziner wurden hier gezogen; son⸗ dern Männer von allgemeiner Bildung, Philosophen im weitesten und edelsten Sinne des Worts. Dieses reine Sireben nach Wis⸗ sen, wie beschraͤnkt auch durch die Geringfuͤgigkeit des damals vorhandnen Vorraths von Sachkenntnissen und durch die Aerm⸗ lichkeit der Huͤlfsmittel, konnte nicht verfehlen einen Geist anzu⸗ regen, welchen fruchtbar fuͤr die Zwecke der Kirche und öes Siaats zu machen verstaͤndigen Vorstehern beider wohl angelegen sein . Sie vereinigten deshalb die Spezialschulen zu Bil— dung der Theologen, Rechtsgelehrten und Aerzte mit diesen Uni—⸗ versitäten, deren Zweck bisher nur allgemeine wissenschaftliche Bildung war; damit der philosophische Geist auch diese Disclpli— nen durchdringe und belebe. Wie viel nun auch die Universitaͤ—⸗ ten hierdurch gewannen an Einfluß, Ansehn und Einkommen: so räum⸗ ten sie doch dem neuen Zusatze nur Gastrecht ein. Die Verwaltung aller allgemeinen Universitätgangelegenheiten verblieb dem Ver⸗ eine habilitirter Magister, das ist derjenigen, deren Faͤhig⸗ keit, allgemein wissenschaftliche Vortraͤge zu halten, die Univer— sitaͤt selbst auf den Grund abgelegter Proben anerkannt hatte.

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Die Professoren, welche die Regierungen anstellten, hatten nur Sitz und Stimme in diesem Vereine, sofern sie habilitirte Ma— gister waren. Dieser Verein waͤhlte fuͤr jeden jährlichen, oder auch wohl nur halbjaͤhrigen Lehrgang das Oberhaupt der Uni— versitaͤt, den Rektor, und die Beisitzer des akademischen Gerichts. Die Mitglieder dieses Vereins sonderten sich nicht in Abtheilun— gen nach der Wissenschaft, die sie lehrten, sondern nach dem Geburtsorte: nicht also in Fakultäten, sondern in Nationen, das ist Landsmannschaften. Die Fakultäten traten nur zusam— men fuͤr die besondern Zwecke ihres Lehrfachs, und hier beruhte nun die Leitung der Fakultäts-Angelegenheiten in der Regel aus— schließlich bei den von den Regierungen angestellten und besolde— ten ordentlichen Professoren. Neben diesen standen mit gleicher Freiheit zu lehren in den Fakultäten die außerordentlichen gliich— falls von den Regierungen angestellten Professoren, und Lie Graduirten, Baccalaureen, Licent aten und Doktoren, welchen nicht die Regierungen, sondern die Fakultäten, auf den Grund abgelegter Proben, das Recht zu lehren ertheilt hatten. i

Diese Verfassung hat auf den aͤltern Universitaͤten bis in sehr neue Zeiten bestanden: das benachbarte Leipzig hatte sie noch im letzten Viertheile des vorigen Jahrhunderts.

Die neuern Universitäten wurden von den Regierungen errichtet, um wissenschaftlich gebildete Lehrer fuͤr Kirchen und Schulen, Staatsmaͤnner, Beamte fuͤr die richterlichen und hoͤhern Verwaltungs⸗Geschaͤfte, so wie auch Aerzte anzuziehn. Es lag denselben daher nicht ein Privat-Verein von habilitirten, nach dem Geburtsorte in Nationen getheilten Magistern zum Grunde; sondern die Grundlage derselben bildeten die von den Regierun⸗ gen ausdruͤcklich fuͤr bestimmte Theile des wissenschaftlichen Un— terrichts angestellten Professoren, welche sich in vier Fakultaͤten vereinigten: namlich in die theologische, juristische und medizi— nische, zur Bildung der Religionslehrer, Rechtsgelehrten und Aerzte; und in eine philosophische, welche die allgemeinen Bil⸗ dungsmittel, Sprachen, Geschichte, Matematik, Naturlehre und Philosophie im engern Sinne des Worts, zur gemeinschaftlichen Benutzung saͤmmtlicher Stubirenden in den drei obern Fakultaͤ⸗ ten enthielt.

Der eigenthuͤmliche Charakter der Universitäͤt, das Studiren nicht um eines aͤußern Zwecks, sondern um der Wissenschaft selbst willen, wurde aus diesen Anstalten verschwunden seyn, wenn nicht uͤberall noͤthig erachtet worden ware, auch den neuen Universitaͤten die Befugniß beizulegen, akademische Grade zu ertheilen. Hier⸗ durch stellte sich das Verhaͤliniß im Allgemeinen so, daß die Be— rechtigung zu lehren auch auf diesen Universitaͤten von der Pro— motion und Habilitation abhing. Wer die Proben des Wissens, welche hierzu erfordert wurden, gebuͤrend ablegte, war dadurch zum Lehren alles dessen ermächtigt, was zum Bereiche der Fa⸗ kultaͤt gehoͤrte, worin er habilitirt war. Selbst zu der Anstel— lung durch die Regierung mnußte die Promotion und Habilitation hinzukommen, um von dem ertheilten Lehramte Besitz zu neh— men: und neben diesen Professoren konnten ohne Bestallung in jeder Fakultaͤt und in ganz unbestimmter Anzahl Privat-Dozen— ten bestehn, die auf den Grund ihrer Promotion und Habißta— tion in Bezug auf die Befugniß 3 lehren wesentlich dieselben Rechte hatten. In Folge dieser Verfassung waren die Regie⸗ rungen zwar versichert, daß gewisse Gegenstände des Unterrichts von den ausdruͤcklich dazu berufnen Professoren vorgetragen wer— den mußten: aber es stand jedem andern Mitgliede derselben Fa⸗ kultaͤt, es sei Professor oder Privatdocent, frei, auch Vorlesungen uͤber denselben Gegenstand zu halten: und es konnte ferner jeder Professor oder Privatdocent auch Lehrvortraäge uͤber solche Gegen⸗ staͤnde des Unterrichts halten, wofuͤr von Staatswegen kein Leh— rer bestellt war; alles, was wissenschaftlicher Behandlung faͤhig ist, stand ihm hierzu offen; nur auf das Gebiet seiner Fakul—= tät blieb er beschränkt. Der Studirende seinerseits mußte sich nun freilich dereinst uͤber den Besitz gewisser Kenntnisse aus— weisen, wenn er von der Regierung Anstellung oder die Befuz— niß zur Praxis erlangen wollte; und diese Nachweisung koante ganz oder zum Theil auch durch Zeugnesse gefuͤhrt werden, daß er Vortraͤge uͤber gewisse Lehr-Gegenstaͤnde gehoͤrt habe. Aber er konnte wahlen ünter sammtlichen Lehrern, welche denselben Ge— genstand vortrugen; und er konnte außer den Kenninissen, deren Besitz er nachweisen mußte, jede andre erwerben, worin Unter, richt dargeboten wurde.

Diesfe Lehr- und Lern-Freiheit gewaͤhrte nun den Vortheil, daß auch in den neuen Anstalten von dem urspruͤnglichen Cha— rakter der Universitaͤt so viel uͤbrig blieb, als sich damit vereini— gen lies. Die Gelegenheit und Anregung zur Pflege der Wis— senschaften um ihrer selbst willen, blieb fuͤr Jeden erhalten, der dafuͤr empfaͤnglich war.

Auch ohne besondre Anstalten zeugte zwar jedes Zeitalter ein“ zelne ausgezeichnete Maͤnner, welche der Wissenschaft lebten, nicht um eines äußern Zwecks, sondern um des Lohnes willen, den die Befriedigung des Dranges sich zu unterrichten gewahrt. Aber das hohere geistige Leben, diese Weihe der Selenkraft, welche hervorgehe aus solcher Beschaͤftigung mit den Wissenschaften, sollten kein verborgner Schatz weniger Auserwaͤhlter bleiben: sie sollten vielmehr uͤberall vorwalten, wo die Standes, Berufs- oder Amtapflichten wissenschaftliche Bildung fordern. Benutzen viele der Studirenden die Lehr- und Lern-Frei— heit, welche die Verfassung unsrer Universitäͤten ihnen ge— wahrt, nicht hierzu: so mag der Fehler bald in mangel— hafter Vorbildung, bald in unzulaänglicher Anregung liegen. Pruͤfungen der Kandidaten, die nicht so wohl auf mit dem Ge— dächtniße erfaßtes, als mit dem Verstande angeeignetes gerichtet sind, konnen freilich den Staat dagegen sichern, daß seine hoͤhern Interessen nicht Menschen Preis gegeben werden, die zum Dienste nur mechanisch abgerichtet und angelernt, aber nicht verstaͤndig und umfassend ausgebildet sind. Aber solche Pruͤfungen kom men zu spaͤt: die Kandidaten begreifen nicht, wo es ihnen ei— gentlich fehlt, und die Pruͤfungskommissionen sind endlich genoͤ— thigt, ihre Forderungen herabzustimmen, wenn die bei weitem groͤßte Mehrzahl der Kandidaten ihnen nicht vollstaͤndig zu gnuͤ— gen vermag.

Mangelhafter Vorbereitung vorzubeugen, sind im preußi— schen Staate Pruͤfungen eingefuͤhrt, welchen sich jeder Inlaͤnder unterwerfen muß, der eine inlaͤndische Universitaͤt besucht. Diese Pruͤfungen sind gewis eine sehr heilsame Anstalt, und die Fort— schritte des Zeitalters bilden an ihnen in einer Richtung, die rei—⸗ nen Gewinn an Zweckmäßigkeit und Zuverlaͤßigkeit hoffen laͤßt.

Mangel an Anregung wuͤrde der Universitaͤts-Verfassung, wuͤrde besonders dem Lehrerpersonal zur Last fallen. So viel ist jedenfalls klar, daß dieser Mangel nur vergrößert werden wuͤrde durch Alles, was die Lehr- und Lern-Freiheit wesentlich ver— minderte: denn eben diese Freiheit enthalt den allgemeinsten und wirksamsten Reiz zum wahrhaft wissenschaftlichen Studiren, zum Pflegen der Wissenschaft um ihrer selbst willen.

Die Lern⸗Freiheit wird von hinreichend vorbereiteten Stu⸗ denten nicht gemißbraucht werden, wenn es die Lehrfreiheit nicht wird. Wen ein wahrhaft anziehender Vortrag, verbunden mit

Darreichung der noͤthigen Huͤlfsmittel zur Benutzung desselben fuͤr keinen Zweig der Wissenschaften zu gewinnen vermag, der ist offenbar nicht hinreichend ausgestattet fuͤr den Besuch einer Universitaͤt. Zu befuͤrchten ist auch nicht, daß vermoͤge der Lern,

freiheit die Richtung der Studien allzufern von der Anwend.

barkeit im Leben bleibe. Aller Erfahrung nach sind es nicht die sogenannten Brod⸗Wissenschaften, sondern die vorbereitenden und allgemein bildenden, welche die große Masse derer vernachlaͤßigt die nur studiren, um durch das Examen zu kommen. Die scl. nen ausgezeichneten Geister, die blind gegen ihre Zukunft sich ungetheilt Studien hingeben, welche der Regel nach nicht zu Brodberwerb fuͤhren, lasse man ihres Glaubens leben. Das Aug, gezeichnete findet endlich auch seinen Platz im Leben: verspaͤte aber um so reicher ausgeruͤstet durch vielseitige Uebung ihrer Geisteskräfte, treten solche Maͤnner in Aemter und Gewerhe gewinnen Vertrauen und Raum fuͤr ihre Wirksamkeit, und per, guͤten dann mit reichen Zinsen das anfangs scheinbar Versaͤumt— Die Lehrfreiheit kann allerdings eben sowohl mannig faltg g mißbraucht werden, wie das Hoͤchste und Heiligste, was der Men hat, Religion und sittliche Freiheit: aber das Oberaufsichtsrecht de Regierungen enthaͤlt hinlaͤngliche Mittel, offenbarem und grohem Mißbrauche vorzubeugen, der die gute Saat zu ersticken droht; und daz minder uͤppig wuchernde Unkraut wird weiser geduldet, als mit G' fahr, den edlen Weizen zu beschaͤdigen, ausgerauft. Die Schwache der menschlichen Natur gestattet nicht, volle Sicherheit gegen se, des Uebel zu schaffen, das der koͤrperlichen und geistigen Wohl fahrt droht. Nur dafuͤr ist zu sorgen, daß uͤberall reine Herzen und reine Haͤnde walten; denn nur darin liegt die volle . waͤhrleistung gegen das Uebermaͤchtigwerden des Boͤsen. Is ih, gend ein Stand, worin Ehrenhaftigkeit und unbefleckter Ruf eh unbedingtes Erforderniß fruchtbarer Wirksamkeit wird: so ist

vorzuͤglich der Stand der Universitaͤts- Lehrer. Große Geisti⸗

gaben sind oft verbunden mit einem Uebermaaße des Selbstze

fuͤhls, oft mit einem Mutwillen, welcher der sittlichen Schrantin

spotttt. Das Lehramt auf Universitaͤten ist wahrlich nicht du Schauplatz, worauf solcher Uebermut sich austoben darf. In Geschaͤfts; und Gewerbs-Leben mag er durch Erfahrung y witzigt, durch die Macht der oͤffentlichen Meinung gebaͤndgh werden. Kein Beispiel ist gefaͤhrlicher fuͤr die Jugend, als glaͤnzenden Verirrungen genialer Maͤnner. Es gilt hier nich ein Verdächtigen aus einzelnen vielleicht nur gemiß deuteten Handlungen; nicht ein Hervorsuchen verschollner Jugendsuͤnden welche mit den Unarten des kindlichen Alters der Vergessenhe

anheimfallen: wer durch Geist und Herz sich gleich auäg⸗

zeichnete Achtung, und den ungetheilten Beifall der Wuͤrd sten seiner Zeitgenossen zu gewinnen wußte, der tra hin an den Altar, welchen der Staat der freien Pfttn der Wissenschaft errichtet hat, und werde der Lehrer seiner zit Lernfreiheit herangereiften Jugend. Befuͤrchtet darf nicht wem den, daß unter solcher Bedingung nur abgelebte Greise diese Heiligthum betreten duͤrften. Zwischen der Flamme rastbsir Ehrsucht des fruͤhern Mannesalters, und dem matten Stra der Abendsonne des Lebens liegt ein Zeitraum von zwanzig Jah ren ruhiger, aber dennoch kraͤftiger Wirksamkeit: und wem Go stes kraft und oͤffentliches Vertrauen vergonnen, waͤrend dieset Zeitraums großen Zwecken ganz zu leben, der darf wohl sagen, er habe genug gelebt. Damit soll nicht ausgeschlossen sein dit fruͤhere Thätigkeit bei der hoöͤchst seltnen fruͤhen Reife des wahr— haft Vortrefflichen, noch das spaͤtre Verweilen der langer au daurenden Kraft nicht minder seltner Oeganisationen: nicht der Ausnahmen, sondern der Regel sollte hier gedacht werden. Das wahre Leben der Unwversitaͤten bedingt fuͤr die Lehren Beweise des innern Berufs, wie nur Maͤnner von seltnen Gt stes gaben, hoher Ausbildung und wahrem Adel der Gesinnum sie zu geben vermoͤgen: denn nur unter solcher Leitung wird di kehrfreiheit ihre goldne Frucht zur Reife bringen; nämlich das Anregen eines Sinnes fuͤr Wissenschaft und Kunst, der den Ge schaͤftskreis aller gebildeten Staäͤnde im offentlichen und Pripa⸗ Leben durchdringt und veredelt. Es darf nicht besorgt werde, daß die Forderung allzuhoch gestellt sei: das lebendig erkanm Beduͤrsniß lehrt unfehlbar die Mittel, den aͤußern Beruf mi dem innern verbinden, der wie selten auch im Allgemt! nen doch zur Zeit wahrscheinlich oͤfter unbeachtet verkuͤn mert, als aufgefunden, und fuͤr das Lehramt benutzt wird.

(Schluß folgt.)

Auswärtige Börsen. Amsterdam, 22. Märæ. Niederl. wirkl. Schuld S6 ls. S c do. 1027, 3. Kaug-hil 24743. Jo Span A6. uzgaivèe 182½ 9. Ausg. Schuid 22.́.. Lin! 1685. Preuss Prüm. Seheine 107 Halu. IIIa. Oexnterr. Mei. I0lis Aut werpen, 21. März. Hassive 185. Frankfurt a. M., 24. März.

Oesterr. S0, Metall. 1038,68. 1031/9. A0, 993. 995,8. 21695

60. Br. 1 O 2866 G. Bank-Acetien 1610. 1638. Fartial- Ob. I G. Loose zu 500 I. 11415. 11415. Loose zu 1090 FI. 2160 Preuss. Präm.- Sch. 603.9 Hr. do. A0 Anl. 9979. (.. Hoh, Loose 66 5/6. Br. d 9½) Span. Anl. A6. 576.

5d 1 5 96. 851 * a. 6 . Hamburg, 25. März. Neue Anl. A2. London, 22. Müræ. Belg. 1031? 9. Cortes —.

Cong. 39,½9 916. Obl. v. 1831 -=

Passive 182M, Aung. Sch. 221 a, 2172 Mο oll. S6 3,3. 30,ꝗ lib Fo Fort. S6 l'/9. do. 309 305. Eugl. Rus. 1099 Brut S᷑'

Columb. 32 5½. Mex. 351 HFeru 25. Chili 48. Neue Anl. a6, karin, 21. März. So, Rente pr. compt. 107. 60. fin cour. 107. 70. 36 tr. compt. 81. 10. in cour. Sl., 18. 55G Neap. 101. S0. Yo Span. Rente 6743. Passive 1838. Neue Ausg. Sch. 22m. Ausg. eh 17. 3 υ Fortug. S0. Wien, 22. Mürz. Fzo9 Met. 103766. AS, 9918. 3 , 757. 1656 Kank-Actien 1359 . Neue Anl. 570.

Königliche Schauspiele.

gerlich und romantisch, Lustspiel in 4 Abth., von Bauernfeld Mittwoch, 30. Maͤrz. Im Schauspielhause; Zum ersthh

male? Kaiser Friedrich 1, Vierter Theil, oder: Friedrich s Ah

schied, historisches Schauspiel in 5 Aufzuͤgen, von E. Raupach. Königstädtisches Theater.

Montag, 28. Maͤrz. Die Reise auf gemeinschaftliche K /⸗

z ; irath en, Posse in 5 Akten, von L. Angely. Vorher: Die Heir n, das Vergißmeinnicht, Lustspiel in 1 Akt, von W. .

Redacteur Rd. Gerte r * a nn mm m. Gedruckt bei A. W. Hayn.

ʒ̃inen Neductions-Plan vorzulegen.

Ausg. Schuld —. Zinsl. 1616. Neue Anl. 16.

21 Yo lll .

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Allgemeine

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Beim Ablaufe des Quartals wird hiermit in Erinnerung gebracht, daß die Bestellungen auf dies- Zeitung nebst Pran Provlnzen aber bet den Koͤniglichen Post⸗Aemtern zu ingchen sind, und daß der Prels für den ganzen Umfang der Monarchse au

Berlin, Dien stag

Gr /

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fenten das Blatt am Vorabende seines Datums durch die Stadtpost frei ins Haus gesandt wird. Um jedoch die erforderliche Stärke ber

wir bitten, die Bestellungen bis spatestens den zsten d. M. an uns gelangen zu lassen, indem sonst die Intereffenten

des Blattes eine Unterbrechung erleidet und nicht sammtliche Nummern vom Anfange des Quartals an nachgeliefert werden

* 1

den 29sten Marz

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umerglion hdier an Orte bel der Redaetlon (Mohren-Straße Rr, S823), in den f 2 Rtiblr. Preuß. Cour. viertel jahrlich festgesetzt ist, wofür den hiesigen Abon—⸗

üuflage für das kommende Vierteljahr abmessen zu können, müssen es sich selost zuzuschreiben haben, wenn die Zusendun⸗ khnnen

l mri ch e M achri ch ten. Krehnit des og es.

Des Koͤnigs Majestaͤt haben den Historien-Maler und Leh— rer bei der Akademie der Kuͤnste, Lengerich, zum Professor Allergnaͤdigst zu ernennen und das daruͤber sprechende Patent

Alerhoͤchstselbst zu vollziehen geruht.

Angekommen:

destage, von Oubril, von St. Petersburg.

ö Zeitung s⸗Rachrichten.

/ a n d. . . ! Paris, 22. Maͤrz. Der Koͤnig arbeitete gestern Vormit—

tag mit dem Conseils-Praͤsidenten, und begab sich Nachmittag

nach Neuilly.

Ueber die gestrige Sitzung der Deputirten-Kammer Herr Berryer, der dem Con— seils-⸗Praäͤsidenten auf der Rednerbuhne folgte, um seine Meinung über die Renten-Reductions-Frage abzugeben, erklaͤrte zunaͤchst, daß es nicht seine Absicht sey, die Politik des vorigen Ministe— riums zu beleuchten, oder an das jetzige Kabinet die Frage zu richten, weshalb es, um sein bisheriges System sortzusketzen, sich von den Maͤnnern getrennt, die es vertheidigt, und dagegen mit Männern verbunden habe, die es fruher bekämpft hatten. Er volle die Frage bloß aus dem finanziellen Gesichtspunkte betrach— ten; entweder sey die beabsichtigte Maßregel schlecht oder sie sey werden,

ist noch Folgendes zu melden:

gut; im ersteren Falle dürfe sie giemals

aber koͤnne

ergriffen

in Verbrechen gegen das Land; wenn letzteres sich in Geld— Verlegenheit befinde, so falle es ohnehin den Kapitalisten in bie

. Haͤnde, und muͤsse so hoch borgen, als diese ihm leihen wollten; hiernach habe dasselbe aber auch unbezweifelt das Recht, in einer

gÿünstizeren Lage das Geld zu nehmen, wo es solches am wohl— 5 seilsten erhalten koͤnne; nichts weiter als dies sey nun die Ren— . ten. Reduction; Herr Humann selbst habe die Nothwendigkeit dieser Maßregel dargethan, und er (der Rebner) koͤnne hiernach nicht begreifen, weshalb, anstatt auf eine ungew sse Zukunft zu vveoerweisen, das Ministerium nicht lieber aleich die Gründe angebe, die es hinderten, die Maßregel sofort in's Leben treten zu lassen. „Wir wollen glauben“, so schloß Herr Berryer seinen Vortrag,

AXaß die Minister es ehrlich meinen und daß sie in der That die Absicht haben, uns in der naͤchsten Session

13 ; ] eg Warum denn aber eine Debatte, die man schon jetzt eroͤffnen kann, bis zum kuͤnftigen Jahre verschieben? Und wenn die Nothwendigkeit einer Ver— tagung vorhanden ist, warum uns solche nicht beweisen? In 14 Tagen werden wir uͤber das Budget zu berathschlagen haben, man zeige uns alsdann, daß in unserm Staats-Haushalte nach

6 Jahren noch immer ein Aus fall ist, und wir woͤllen kein Wert PNöeiter verlieren; aber man verlaͤngere nicht einen Zustand er Ungewißheit, uͤber den wir uns schon so lange beklagen.“ Der DMVDandels-Minister, Herr Passy, der hierauf das Wort er— sriff, verwahrte sich zunäͤchst gegen eine Beschuldigung' des Herrn Aug. Giraud. Auch unter dem vorigen Mini, steriumn, bemerkte er, sey er der Meinung gewesen, ein mal, daß die Renten- Reductions-Frage nicht auf dem 3 ge ., bloßen Proposition von Seiten eines Mitgliebes der . . , und gie g itenc, daß ö. Regierung schw ingemessen finden iöchte, eine Reductson des Fiel en unverzüglich eintreten zu lassen. Der Minister . sich Oodann in eine sehr ausfuhrliche Erörterung der Grunde ein, welche der Regierung eine Vertagung der Maßregel bis fun nächsten Jahre als norhwendig erscheinen ließen; nament— ich berief er sich darguf, daß in einem Lande, wo zum ersten Male eine Renten-Umschreibung von so bedeutendem Umfange die her stanfiade, die Regierung sich großmuͤthig zeigen und den Kapitalisten allen möglichen Spielraum lassen? inüͤsse; letztere wußten jetzt, daß in der nächsten Session ein Ge⸗ . . Entwurf vorgelegt werden wurde, der ihnen die Wahl (ÜUsse, entweder ihr Kapital zurückzunehmen, ober kůnftig

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, ein 8 Pr er Ein ö, s Montag, 28. März. Im Schauspielhause: Die Leibrente, g h bes Prozent an ihrer Eiznahnss zu verlieren; sie hatten

Schwank in' 1 Akt. Hlerauüf: Zum erstenmale wiederholt. Bit

aso bis dahin Ralle Zeit, ihre Maßregeln dana effen ih, Mauguin stimmt: gegen die . ö. die . Ausfuͤhrung der Maßregel fuͤr um so nothwendiger, ö n Humann kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Mi— . . selbst erklart habe, daß sich seit der Juli-Revolution . . hrlich ein Ausfall im Staatahaushalte ergeben habe, und ö ö. . auch im laufenden Jahre wieder zu erwarten . land dert von Lamartine bezeichnete dagegen jeden Reduc— 11 . unmoralische Maßregel. „Alle Sophismen wultukfi. * sagte er, „vermoͤgen nicht das gewaltsame und Gru 3 Derfahren eines Staats zu beschöͤnigen, der seine was i e will, ihm fuͤr 1069 Fr. zu verkaufen, . n Markte fur 110 Fr. absetzen koͤnnen. Wird Uni ldi igt ends das Resultat der Maßregel eine angemessene fuͤr den Treubruch gewähren? Ich sagé, Nein.

. nen: Der Kaiserl. Russische Geheime Rath, außerordentliche Gesandte und bevollmaͤchtigte Minister am Bun⸗

m letzteren a man sich nicht sruͤhzeitig genug dazu entschließen; es sey ihm daher durchaus unklar, was man mit einer Vertagung eigentlich sagen wolle; r halte eine solche fuͤr einen groben Fehler, ja fuͤr

Die zu gewärtigende Ersparniß wird nicht mehr als bis 8 Mil—

lionen betragen, wovon nech die Kosten dieses kolossalen Finanz— Geschaͤfts in Abzug zu bringen sind, waͤhrend andererseits das zu eroͤffnende neue Anlehen von etwa 406 Millionen den Kon— trahenten einen Gewinn von 5 ß pCt. zuwenden und mithin die Kösten der ganzen Operation auf 20 22 Millionen steigern wird. Nicht dadurch, dafß man die Steuern um einige Millio— nen ermaͤßigt, wird man den Zinsfuß des Geldes herabsetzen. Gerade umgekehrt ist in unserem Lande der Grund und Boden in demselben Maße im Werthe gestiegen und der Gewerbfleiß neu be— lebt worden, als wir uns gendthigt gesehen haben, die Steuern zu erhoͤhen, um die Staats-Schuld zu verzinsen. Vor nicht gar langer Zeit fragte ich einige Piemontesische Landleute, warum sie denn mit ihrer Regierung unzufrieden waͤren, da sie doch so sanft und vaͤterlich sey. „„Das ist sehr wahr““, entgegneten sie, „„aber wir bezahlen fast gar keine Steuern mehr, und seit dieser Zeit ruͤhrt sich Niemand mehr und Alles erschlafft.““ Man betrachte die Tuͤrkei; hier giebt es weder Steuern noch Schulden, aber die Tuͤrken sind das elendeste und ärmlichste Volk von Europa. Man spricht uns immer von unseren großen Reich— thuͤmern, deren wir uns zu entledigen suchen muͤßten. Dies ist aber nichts als eine reine Fiction Will man uns zur Kon— version der Rente bewegen, so ruft man uns zu: „„Betrach—

tet unser Defizit; wir gehen unter, wenn wir nicht konvertiren!““ Will man uns zur Konversion zwingen,

so sagt man:

der Schatz hat eine schwebende Schuld von 722 Millionen Fr.

Gꝛuͤnde, die zu Gunsten der Vertagung vorgebracht worden sind.

Durch die Vertagung verpfändet man die Zukunft, Der Sturz des vorma—

Wenn man den jetzigen Moment ins Auge faßt, wenn man den Werih des Geldes bedenkt, so kann es Niemanden einfallen, der Regie— rung die fernere Zahlung von 5 pCt. Zinsen zuzumuthen. Die Regierung zeigt eine uͤberaus große Ruͤcksicht und Sorgfalt fuͤr das Interesse der Rentiers; wenn man ihr aber von der Noth der Ackerbautreibenden, oder von der Ermaͤßigung der Salz⸗Steuer spricht, die hauptsaͤchlich auf den aͤrmeren Klassen lastet, so verschanzt sie sich hinter die Beduͤrfnisse des Schatzes.“ Herr Laffitte wirft den Ministern vor, daß fuͤr außerordentliche Ausgaben uͤber 600 Millionen verwendet worden waren; dies sey mehr, als man fruher gebraucht haben wuͤrde, um die Rhein— Gränze wieder zu erobern. (Murren im Centrum.) Um die Nothwendigkeit der Reduction darzuthun, weist der Redner noch auf etwantae Ausfälle in der Einnahme hin. Eg mird

kaum moglich seyn“, sagte er, „die Abgaben der Spielhaͤuser beizubehalten, nachdem man die Lotterieen abgeschafft hat. Sie sind sehr großmuͤthig gegen das Ausland gewesen; Sie haben bezahlt, was Sie ihm schuldig, und was Sie ihm nicht schuldig waren (Gelaͤchter); aber Sie erfahren nicht, wann Spanien und Belgien uns die ihnen gemachten Vorschuͤsse zuruͤckzahlen werden. Die Gruͤnde, die man fuͤr die Vertagung der Reduc— tion angegeben hat, sind von gar keinem Werth. Wenn die Ausführung der Maßregel eine jährliche Ersparniß von fuͤnfundzwanzig Millionen (?) zu Wege bringt, so wirft man durch die Vertagung bis zum naͤchsten Jahre fuͤnfundzwanzig Millionen zum Fenster hinaus. Die materiellen Schwierigkei— ten, die man der augenblicklichen Reduction entgegensetzt, halte ich alle fuͤr illusorisch; ich glaube, daß man die Reduction, sogar ohne Mitwirkung von Handlungs⸗-Häusern, in drei Wochen be— werkstelligen kann. Ich trage auf die Ueberweisung des Gegen standes an eine neue Kommission an.“ Der Finanz-Minsster, Graf von Argout, begann mit folgenden Worten: „Die jetzige Verwaltung vernachlaͤssigt die Interessen der Steuerpflichtigen eben so wenig als es das vorige Ministerium, eben so wenig, als es Herr Laffitte gethan hat, da er noch Finanz⸗Minister war und die Vorschlaͤge wegen Herabsetzung der Getränk und Salz— Steuer bestimmt zuruͤckwies. Und wie wuͤrbe auch noch irgend eine Regierung möglich seyn, wenn sie alle die Steuern abschaffte, deren Abschaffung man von ihr verlangt.“ (Gelaͤchter und Un— terbrechung.) Herr von Argout entwarf darauf eine ausfuͤhrliche Schilderung von der finanziellen Lage Frankreichs, die er als sehr bluͤhend darstellte, und wiederholte die feierliche Versicherung, daß im naͤchsten Jahre der Kammer ein Gesetz⸗Entwurf uͤber die Ren⸗ en⸗Reduction vorgelegt werden solle. Die Klausel wegen der unvor⸗ hergesehenen außerordentlichen Umstaͤnde sey an sich ganz uͤber⸗ fluͤssig; denn wenn solche Umstaͤnde eintraͤten, so wuͤrde die Kammer von selbst das Ministerium auf die Unzeitigkeit der Maßregel aufmerksam machen. Herr Laffitte habe gesagt, man duͤrfe die Erfuͤllung einer Pflicht nicht aufschieben. Als ein abstrakter Grundsatz moge diese Behauptung gelten, aber auf den vorliegen den Fall sey sie nicht anwendbar, denn eben die Vertagung sey ein Theil der Pflicht, die man zu erfuͤllen habe. Herr Laffitte habe uͤberhaupt viele Dinge vorgebracht; Herr Laffitte: „Ich habe Vieles gesagt, und es bleibt mir noch viel zu sagen uͤbrig!“ Herr von Argout, fortfahrend: „Das ehrenwerthe Mitglied nimmt die Maßregel offenbar etwas zu sehr auf die leichte Achsel; es sind eine Menge Foͤrmlichkeiten und Vorsichts. Maßregeln zu beobachten, die nicht in einigen Wochen zu besei— tigen seyn duͤrften, sondern laͤngere Vorbereitung erfordern. Ich beschwoͤre die Kammer, an die Aufrichtigkeit der von uns ein“ gegangenen Verpflichtung zu glauben. Wir sind redliche Leute!“ (Anhaltendes Gelaͤchter). Herr Laffitte verlangte abermals das Wort zu einer kurzen Erwiederung, und suchte neuerdings zu beweisen, daß die Ausfuͤhrung der Maßregel im Laufe der gegenwartigen Session moglich sey. „Ich glaube“, sagte er, „an die Rechtlichkeit der Minister, obgleich ich stets zu sehr und zu leicht an die Rechtlichkeit der Menschen geglaubt habe (Be— wegung); aber zu leugnen ist doch nicht, daß die Verwaltung sich in Geheimnisse huͤllt, die wir nicht kennen, und ich bleibe also dabei, daß wir wohl thaͤten, uns einen neuen Bericht uͤber die in Rede stehende Maßregel abstatten zu lassen.“ Beim Abgange der Post befand sich Herr Gouin auf der Redner— buͤhne, der die von der Kommission beantragte Vertagung un— terstuͤtzte, und daran erinnerte, daß er bei Vorlegung seiner Proposition selbst den Wunsch ausgedruͤckt habe, daß man die Ausfuhrung der Maßregel der Regierung uͤberlassen moͤge.

Der Herausgeber des kleinen Abendblattes „l' Estafette“, Herr Boule, ist gestern von dem hiesigen Handels-Gerichte zu einem an das „Journal des Debats“ und den „Courrier frangais“ zu zahlenden Schaden-Ersatze von 1900 Fr. dafuͤr verurtheilt wor— den, daß er aus diesen beiden Blaͤttern selbststaͤndige Artikel am Tage des Erscheinens nachgedruckt hatte. Der „Temps“ und die „Quotidienne“, die gleichzeitig gegen Herrn Boulés klagbar geworden waren, sind mit ihrer Klage abgewiesen worden, weil der betreffende Artikel erst am folgenden Tage nachgedruckt wor— den war. Uebrigens hat das Gericht dem Herrn Boulé, unter Androhung einer Strafe von 500 Fr. verboten, kuͤnftig irgend einen selbstständigen Zeitungs-Artikel weder an dem Tage des Erscheinens noch am folgenden Tage nachzudrucken.

Der Direktor der Kriegsschule zu Tours, Graf Karl von Beaumont, ehemaliges Mitglied des gesetzgebenden Körpers und Deyutirter unter der Restauration, ist am 9ten d. M. auf sei— nen Gute La-⸗Motte⸗Sonzay im Departement des Indre und der Loire verschieden.

Das Convents-Mitglied, Lacanal, ist in den Vereinigten Staaten mit Tode abgegangen. Herr Lacanal war Mitglied der Akademie der moralischen und politischen Wissenschaften.

Einige Fahnen, die den Arabern auf der Expedition nach Mascarg abgenommen worden, sind in Paris angekommen, und in der Kirche des Invalidenhauses neben diejenigen aufgehangen worden, die bei dem ersten Feldzuge nach Algier in die Haͤnde der Sieger gefallen waren. Man erwartet noch andere Trophäen von der Expedition nach Tremezen.

Der Phare von Bayonne vom 19ten d. gesteht jetzt selbst ein, daß am 12ten kein Gefecht bei Vittoria stattgefunden habe, und daß er durch Berichte aus St. Sebastian hinters Licht ge— fuͤhrt worden sey. ‚.

Man erzaͤhlt, daß die Franzoͤsische Regierung dem Herrn Mendizabal eine Note habe zustellen lassen, worin sie erkläre, daß, wenn die Hinrichtung der Mutter Cabrera's nicht bestraft würde, oder wenn deraleichen Grausamkeiten sich ernenerten Ce ck as