1836 / 185 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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dazu dienen koͤnnten, ihr Urtheil zu erleuchten.

Bill vollkommmen befriedigt fuͤhlen und daß sie zur augenblick lichen Herstellung vollkommener Ruhe fuͤhren werde, nun aber haben wir im Gegentheil fortwährende Tumulte, es wird eine Reihe von Maßregeln angenommen, der protestantischen Reli⸗ gion hoͤchst verderblich, wir sehen das Zehnten System unauf⸗ hoͤrlich angegriffen, und es ist so weit gekommen, daß das Volk von Irland in unzweideutiger Feindseligkeit unter sich selbst gespal⸗ ten ist.“ Als ob der edle Lord nicht selbst die Schilderung des von der Emancipation zu erwartenden Heiles in das hellste Licht gestellt hätte, und als ob nicht alle diejenigen, welche, wie damals Lord Lyndhurst bei der Emancipations⸗Bill, sich um die Annahme irgend eines Gesetz⸗Entwurfes bemuͤhten, geneigt seyen, zen Folgen ihrer Plane schon im Voraus die güößten Lobes, erhebungen zu machen. Er aber (Lord M.) seinerseits entsinne sich nicht, daß die verstaͤndigen und redlichen Verfechter jener Maß⸗ regel jemals erklaͤrt hatten, daß dieselbe unmittelbar und unverzüg— lich Friede, Zufriedenheit und Ruhe herbeifuͤhren werde, auch wuͤrde es gänzlich der Geschichte des Menschengeschlechts und der Erfahrung aller Zeiten zuwider seyn, wenn man erwarten wollte, daß eine Maßregel, welche eine große Veranderung in den moralischen und sozialen Verhaltnissen einer Nation herbei⸗ zufuͤhren bestimmt war, sogleich ohne Schwankungen und Ruͤck⸗ faͤlle wirksam werden sollte. Man solle nur an die größten Be⸗ gebenheiten in der Geschichte Großbritaniens denken, an die Refor⸗ mation und die Revolution; diese beiden maͤchtigen Veränderungen stelltensich jetzt, bei dem Ruͤckblicke in die Vergangenheit, als zwei isolirte Punkte dar, und doch waͤren sie in der That eine Rei⸗ hefolge der furchtbarsten und erschuͤtterndsten Ereignisse gewe⸗ sen. Was aber die Maßnahmen betreffe, von denen, als einer Folge der Emancipation der Katholiken, die Beeinträchtigung des pro⸗ testantischen Interesses abgeleitet werde, so moͤchte er (Lord M. zum mindesten behaupten, daß das Oberhaus selbst einen großen Theil des angeblichen Uebels haͤtte verhindern koͤnnen, wenn es, na— mentlich bei den Zehnten, die ihm so oft gebotenen Gelegenhei⸗ ten friedlicher Abhuͤlfe nicht leichtsinnig zuruͤckgewiesen hätte. Nachdem Lord Melbourne die Lords beschworen hatte, die Jetzt sich ihnen darbietende Gelegenheit, groͤßerem Unheil vorzubeu— gen, nicht abermals zu vernachlaͤssigen, bat er um die Verguͤn⸗ stigung, auf einige Fakta aufmerksam machen zu dürfen, welche zu d „Im Jahre 1834“, so äußerte er sich, „wurde die Regierung dieses Landes aufgelöͤst, unter Umstäͤnden, deren ich nicht zu erwähnen brauche. Diejenigen, welche die Regierung uͤbernahmen, beschlossen, etwas zu thun, was ich stets als einen gewaltsamen und unverant— wortlichen Akt betrachten muß, und was zu thun ich in ihrer Stelle mir nicht angemaßt haben wurde, naͤmlich das damals versammelte Parlament aufzuloͤsen. Ich behaupte, daß sie ver— pflichtet gewesen waͤren, die Bildung ihres Ministeriums aufzu⸗ geben, wenn sie nicht im Stande waren, es ohne Auflöͤsung des Parlaments irh nen n e Doch dem sey wie ihm wolle, sie loͤsten das Parlament auf, und es wurde ein anderes gewaͤhlt, bei dessen Wahl sie allen Einfluß und alle Macht der Regierung zur Anwendung brachten. Als dieses Parlament zusammentrat, befanden sie sich in einer Minoritaͤt von 7, von 19, von 30; und jetzt ist diese Minoritaͤt angeschwollen auf 86. Was ist die Ursache dieser Erscheinung? Dem Verdienste der Regierung will ich dies so wenig zuschreiben, als Sie dazu geneigt seyn werden, aber ich muß Sie darauf aufmerksam machen, ob die Ursache nicht in Ihrer eigenen Unvorsichtigkeit, in Ihrem eigenen fehlerhaften Handeln, in der Art liegt, wie Sie sich von der Masse des Volks zu trennen suchen, in der Art, wie Sie Alles thun, was unpopu— lair ist, und sich alles dessen enthalten, von dem Sie glauben, daß es Gunst und Popularität zu erwerben geeignet seyn

koͤnnte? (Hört, hoͤrt Ich möchte, daß Sie daruber nachdaͤchten, ob nicht dies die Loͤsung der Frage ist.“

Nachdem Lord Melbourne unter lebhaftem Beifall geschlossen hatte, nahm Lord Lyndhur st das Wort. Sein Vortrag be⸗ schäͤftigte sich zum großen Theil mit der Vertheidigung seiner von Lord Melbourne angegrissenen politischen Handlungsweise und insbesondere mit elner Rechtfertigung seiner oft besprochenen Behauptung, daß die Irlaänder Fremdlinge seyen und daher nicht auf gleiche Behandlung mit den Englaͤndern Anspruͤche machen duͤrften. . „Der erste meiner Ankläger der Zeit nach“, sagte der Redner in letzterer Beziehung, „war ein Mitglied des anderen Säusts (Herr Shiel), das, unmittelbar nachdem die Bill in das andere Haus zu⸗ rückgeschickt worden war, als ein Agitations⸗Apostel nach Irland ge- sandi wurde (hört! hört! und großes Gelächter), um- eine Bewegnug in jenem Lande zu bewirken. Es wurden Versammlungen gehalten, Beschlüsse vorbereitet und die Worte, auf die Der edle Vis⸗ count sich bezogen hat, „Gerechtigkeit für Irland““ und „Fremde dem Geblüte nach““, wurden gebraucht? um eine fleine Aufregung zu bewirken. Ich hege durchaus keine Feind⸗ schaft gegen das ehren werthe Mitglied, laelches auf diese Weise in seinem Berufe arbeitete (hört, hört! und ungehenres Gelächter), und wenn dies jemals der Fall gewesen wäre, so würde sie gänzlich un— serbrückt worden seyn durch das Vergnügen, welches mir der glän= zende und leichte Styl seiner Beredtsamteit gewährt hat. So viel äber meinen ersten Ankläger. Der nächste wa ein Mann von sehr verschiedener Art, denn nichts konnte stärker kontrastiren, als die ge⸗ mäßigte Weise des Einen und die rauhe, derbe und, wenn ich mich fo ausdrücken darf, deutliche Weise des Anderen. Ich werde es niemals vergessen, wie der edle Viscount einst die sen Maun (O'Connell) schilderte und von ihm sagte, daß ein solcher immer einmal im Laufe eines Jahrhunderts unseren Pla⸗ neten befüche, und daß die Menge ihn austaunte, indem sie zweifel haft sey Über seinen Charakter, ob er ein guter oder ein böser Geist fey, ob „„ein Geist des Segens oder Kobolt.““ Der edle Viscount war von solcher Ehrfurcht gegen ihn ergxissen, daß er fast zu sagen schien: „„Ich will Dich Vater, König nennen..“ (Üngcheures Gelichter) Dieser Mann hat in jeder Gestalt und Form Ew. Herrlichkeiten, das Haus Ew. Herrlichkeiten und viele von Ew. Herrlichkeiten persönlich beleidigt. Er hat- Sie sämmtlich ber Pernichtung geweiht, und indem er von Ihrer Höflichkeit Gebrauch macht, kommt er vor die Barre, Ew. Herrlichkeiten, hört Fhren Verhandlungen zu und bezeichnet Sie als seine Schlachtopfer. „Immo verdg etiam in Senatum venit, sit puhlici conzislii particeps, notat et designat oculis ad catdem unumqusm ius nastram.,“““ Wo erhob dieser MiaWnn seine Anklage! Es war in einer Versammlung ber Bewohner von Middleser, wo dieser Gesetzgeber, der in die Freiheit der Institutionen und in seine endlosen Declamationen über Gerechtigkeit fo verliebt ist, zur Erbauung seiner Zuhörer das Andenken eines Monar— chen zum Gegenstande seiner niedrigen Scherze machte Und, fast zu Reicher Zeit mit seiner verächtlichen Lobhndelei den Nachfolger desselben, Se. jetzt regierende Majestät, beleidigte. (Hört! hört!) „Dies ist der Mann, der mich angeklagt hat, und unter solchen Umständen wurde die Anklage gemacht. Es giebt noch einen andern Ankläger, einen Dritten, von dem ich sprechen muß, er ist von guter Familie, von freundlichem Wesen und höchst liebenswürdigen Sitten, nur ein wenig zn sehr dem Ültra-Whiggismus ergeben. Dieser mein ver— muthlicher Antagonist und Ankläger denn ich bin noch im Zwei— fel darüber ist kn langer Zeit ein Mitglied des anderen Han— ses. Als Whig muß er die Berfassung und die Formen des Unterhau⸗ ses studirt haben, und als Führer jenes Hauses war es seine Pflicht, sich mit den Formen und Regleinents und dem gewöhnlichen und pas⸗— senden Verfahren desselben bekannt zu machen. Er mußte wissen,

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woie wichtig es sey, die Unabhängigkeit beider Zweige der Legislatur zu unterstützen; und war es unter diesen Umständen möglich, daß er, die Höflichkeit Ew. Herrlichkeiten benutzend, vor der Barre Ihres Hauses erfcheinen, aufmerksam auf die in der Hitze der Debatte von den Mitgliedern dieses Hauses ausgestoßenen Worte horchen und nun nach dem anderen Haufe zurückkehren konnte, um daselbst zu erzählen, was er gehört, und darauf eine Anklage zu begründen“ (Lauter Beifall. Verfahre ich nicht gerecht gegen den edlen Lord (John Russell), wenn ich ihn meinen muthmaßlichen Ankläger nenne? Fatte ich nicht Recht, wenn ich daran zweifelte? Es giebt noch Einen 4udern Grund, worauf sich meine Ungläubigkeit stützt. Ich hatte lange Zeit die Ehre, Mitglied des andern Hauses zu seyn, and ich erinnere mich sehr wohl des Benehmens des sehr ehrenwer— then Herrn, der damals Sprecher jenes Hauses war, und ich weiß, daß, wenn es einem Mitgliede des Hauses eingefallen wäre, das, was es in Sberhause gehört, wiederzuerzählen, oder sich Bemerkungen darüber zu erlauben, dieses Mitglied dann sogleich würde zur Ord⸗ nung gerufen worden seyn. (Beifall.) Ich, kenne auch den sehr ehrenwerthen Herrn, der jetzt jenes Amt befleidet, und ich bin stolz darauf, ihn meinen Freund zu nennen. Als Gesetzgeber hat er meh⸗ rere Jahre auf der Whig-Seite des Hauses gesessen und muß daher auch mit der Verfassung und den Gesetzen des Parlaments bekannt seyn. Unter solchen Umständen muß ich annehmen, daß der sehr ehrenwerthe Herr eingeschritten seyn würde, um einer solchen Ver⸗ letzung der paͤrlamentarischen Gesetze ein Ziel zu setzen. Dies ist der zweite Grund, weshalb ich nicht glauben mochte, daß der edle Lord einer meiner Ankläger sey. Ein dritter Grund ist, daß er Staats⸗ Secretair für das Departement des Junern ist, was ihn mit der Gerechtigkeitspflege in einige Verbindung bringt, und er mußte ohne Iweifel wissen . daß das erste und Fundamental Gesetz der Gexech— figkeit heißt, Riemanden in seiner Abwesenheit anzuklagen. (Beifall.) Deshalb konnte ich nicht glauben, daß der edle Lord fähig sey, mich auf die angeführte Weise im anderen Hause anzuklagen.“ GIroni⸗ scher Beifall von der ministeriellen Seite.)

Hierauf ging Lord Lyndhurst zu dem Inhalt des ihm ge— machten Vorwurfs uͤber; man habe ihn beschuldigt, sagte er, daß er von den Irlaͤndern geäußert, sie seyen Fremdlinge der Abkunft nach, sie haͤtten eine von der Englischen verschiedene Sprache und verschiedene Sitten; sie betrachteten die Englaͤnder als Eindringlinge und seyen begierig, dieselben aus ihrem Lande zu vertreiben. Das aber habe er nicht behauptet, ja er habe nichts dem Aehnliches gesagt, und nur Unverstand oder Boͤs⸗ willigkeit haͤtten seine Worte so entstellen koͤnnen. Das gehe unter Anderem auch daraus hervor, daß weder Lord Melbourne, noch der Marquis v. Lansdowne, welche doch so lebhaften Antheil an der Debatte genommen, in welcher jene Aeußerung vorgekommen seyn solle, damals durchaus keine Bemerkung daruͤber gemacht haͤtten. Die Sache verhalte sich so. Es sey während der Debatten fortwaͤh⸗ rend die Frage aufgeworfen worden, ob man denn Irland nicht gleich England behandeln wolle? Darauf sey geantwortet wor— den, daß die Minister selbst ja unter die Details ihrer Bill Be—⸗ stin mungen aufgenommen haͤtten, welche von den Anordnungen fuͤr England verschieden seyen, und eins der von ihm (Lord L.) benutzten Argumente sey gewesen, daß es thoͤricht seyn wuͤrde, diesel⸗ ben Institutlonen beiden Landern anpassen zu wollen, wenn nicht der soziale Zustand in beiden Ländern derselbe sey; er habe sein Argument unter Anderem durch das Bett des Prokrustes zu erläutern ge— sucht. Dann haͤtten die Minister die Aufloͤsung der bestehenden Municipalitaͤten in Irland beantragt, weil sie zu Parteizwecken gemißbraucht worden. Er seinerseits habe bemerkt, daß es in Irland zwei Parteien gebe, und daß, wenn nach dem ministe⸗ Tiellen Plane an die Stelle der alten Municipalitaͤten neue ge— setzt wurden, dies nur der einen Partei die Macht rauben hieße, um sie der anderen zu uͤbertragen. Diese Parteien nun habe er so beschrieben: „Auf der einen Seite steht ein Viertheil der Bevoͤlkerung, Englisch der Abkunft und Sitte nach, prote— stantisch in seiner Religion und mit treuer Anhänglichkeit an die Verbindung Irlands mit Großbritanien; auf der andern Seite dagegen Individuen von anderer und in Bezug auf die erwähnte Englische Partei fremder Abstammung.“ Der Sinn, in welchem diese Worte gebraucht worden seyen, liege offen da; er habe gesagt, sie (die katholischen Irlaͤnder) seyen wesentlich von den Engländern verschieden in Sitten, Sprache, Gewohn— heiten und Religion und betrachteten die Englaͤnder als Ein— dringlinge; er gebe auch zu, daß er gesagt habe, sie seyen be— gierig nach einer Trennung von England und wuͤnschten die Engländer aus ihrem Lande zu vertreiben. Nun frage er, ob dies eine richtige Schilderung der beiden Parteien in Irland sey, oder nicht? Als er diese Schilderung gegeben, habe er we— nigstens seiner Ueberzeugung gemaͤß gesprochen, und uͤberdies habe er seine Ankläger selbst als diejenigen zu bezeichnen, welche ihn je⸗ nen Unterschied kennen gelehrt. Lord Londhurst citirte darauf mehrere Verse des Irlaͤndischen Dichters Moore, in denen derselbe die Engländer als Sachsen, Sassenaghs, bezeichnet und keine Ruhe fuͤr Irland prophezeit, so lange des Papisten Spaten und Sichel nur beschäftigt seyn würden, um den Zehnten zu erschwingen, den der Klerus der Sassenaghs einziehe. Er hob außerdem mehrere Aeußerungen O' onnell's hervor, in welchem derselbe, zur Unterstuͤtzung seines Verlangens nach Aufloͤsung der Union, das Englische Parlament ein fremdes genannt. Aus denselben Gedichten und Reden suchte er zu beweisen, daß die Englaͤnder als Eindringlinge verabscheut wurden, und daß die Irlaͤndischen

Katholiken sie baldmoͤglichst ganz aus Irland zu verjagen wuͤnschten. Dann auf die vorliegende Bill uͤbergehend, suchte Lord Lyndhurst noch einmal das Verfahren der Lords

mit derselben in formeller Beziehung zu vertheidigen. Seiner Behauptung zufolge, haͤtte das Unterhaus selbst das Wesen sei— ner eigenen (der urspruͤnglichen) Bill nicht nur, sondern auch das seiner neuesten Amendements mißverstanden. Der Zweck der Bill, in der Einleitung ausgesprochen, sey gewesen, in Ir⸗ land ein System der Munizipal-Verwaltung einzufuͤhren, durch welches Ruhe und Friede im Lande gesichert werden konne. Die— sen Zweck habe man zu erreichen gehofft durch Aufhebung der jetzt bestehenden Munizipalitaͤten, durch die Substituirung ande⸗ rer an ihrer Stelle und dadurch, daß man diesen neuen Muni⸗ zipalitaͤten alle Functionen naͤhme, welche auf die Justiz-Ver— waltung Bezug hatten, die ganz der Krone übergeben werden solltle Dem ersten und dritten Theile des Vorschlages hatten die Lords ihre Zustimmung gegeben, den zweiten Theil der Bill, die Substituirung neuer Munizipalitäten, hatten sie dgge— gen verworfen und etwas Anderes an die Stelle gesetzt. Wie man nun die auf solche Weise amendirte Bill eine Original⸗Bill nennen konne, das moͤchten die Minister erklaͤren. Man habe zwar bemerkt, daß eine große Anzahl neuer Klauseln zwischen Ig und 66) in die Bill aufgenommen worden sey, doch das sey nothwendig gewesen, um uber das Eigenthum der aufzuldsenden Corporationen zu disponiren, und es sey durchaus nicht als et— was Neues zu ' betrachten, da sene Klauseln nur an die Stelle derjenigen gekommen seyen, welche in der Bill selbst auf die nicht genehmigte Instituirung der neuen Munizipalitaͤten Bezug ge⸗ habt; auf den Unterschied in der Zahl dieser und jener Klauseln koͤnne es aber doch sicherlich nicht ankommen. Auch die Veraͤn— derung des Titels koͤnne die Bill nicht zu einer neuen machen, denn dieselbe folge aus den Amendements und sey uͤberhaupt

etwas, was sehr häufig mit den vom Unterhause dem Oberhause n, n, Bills vorgenommen werde. Was nun aber die Bill in ihrer neuesten Gestalt (nach Inserirung der Amendements des Unterhauses) betrifft, so nahm Lord Lyndhurst, ganz abgesehen davon, daß auf 12 Staͤdte das von den Lords mehrfach verwor— fene Prinzip der Beibehaltung von Munizipalitaͤten zur An— wendung gebracht worden, besonderen Anstoß an der Bestim— mung, daß 20 Staͤdten die bekannte 9te Akte Georg's IV. auf— gedrungen werden solle, waͤhrend ihrem Wesen und ihren Be⸗ stimmungen nach uberall die Annahme derselben von Seiten der einzelnen Staͤdte nur eine freiwillige seyn duͤrfe. Er fand dies um so mehr zu tadeln, da man jenen zwanzig

Städten gar nicht einmal die Zeit, gelassen habe, sich daruͤber auszusprechen, ob sie die Annahme fuͤr zweck—

maͤßig hielten oder nicht. Man habe nun zwar gesagt, daß auß diefer Annahme durchaus kein Nachtheil erwachsen koͤnne, da die

Kosten, welche die Ausuͤbung der Akte verursache, (naͤmlich fuͤr Straßen-Pflasterung, Reinigung z.) durch das bei Aufhebung

der Munizipalitaͤten eingezogene Eigenthum dieser letzteren be,

stritten werden sollten; es zeige sich jedoch, daß von jenen 2 Städten 6 gar kein Gemeinde⸗-Vermoͤgen und 9 andere nur eine jaͤhrliche Einnahme von ungefahr 250 Pfd. Sterl. besaͤßen, so daß in LZ von jenen 290 Staͤdten die Einwohner doch nach Anleitung der gten Akte Georg's IV. besteuert werden mußten und also wohl berechtigt seyen, befragt zu werden, bevor man ihnen die Annahme jenes Gesez zes zur Pflicht mache. Schließlich sprach sich Lord Lyndhurs noch gegen die Bewilligung von Munizipalitaͤten an die zwoͤls groͤßten Staͤdte von Irland aus. ment, daß man nur Normalschulen der Agitation errichten und Irland fortwaͤhrenden Unruhen anheimgeben werde, und fuͤgte hinzu, daß er in der gegenwaͤrtigen Maßregel nur den ersten

Schritt zur Vernichtung der protestantischen Interessen in Ir

land und zur Aufhebung der Union sehe und daher nicht Verantwortlichkeit fuͤr die Unterstuͤtzung eines Vorschlages uͤber— nehmen koͤnne, welcher die hoͤchsten Interessen des gesammten . die Unabhaͤngigkeit und Integritaͤt desselben, zu gefaͤhr— en drohe.

London, 28. Juni. Ihre Koͤnigl. Hoheit die W

von Kent hat den Prinzen von Oranien und dessen beide Sohne

auf den 1. Juli zu einem großen Gastmahl eingeladen. Die

beiden jungen Prinzen, seine Soͤhne, machen unterdessen einen

Ausflug nach Cambridge. Die Herzogin von Kent und die

Prinzessin Victoria wollen im Laufe des Spätsommers eine

Graf Pozzo di Borgo ist gestern von hier nach Paris ab—

Er wiederholte das Argu

p,. J. auf eine naher zu bestimmende Zeit zu erheben, nach dem Bericht des Unterhaus Ausschusses fuͤr die Wege und Mittel beantragt worden sind: Braune, oder Muscovade- oder nicht raffinirte Zucker, vom Centner 3 Pfd. 3 She; desgleichen, neiner Britischen Besitzung in Amerika erzielt und von da

eingeführt, 1 Pfd. 4 Sh. ; desgleichen, erzielt in einer Briti⸗

schen Besitzung innerhalb der Graͤnzen des Freibriefes der Ost— indischen Compagnie, wo die Einfuhr fremden Zuckers gesetz lich verboten werden wird, und von dort eingefuͤhrt, 1 Pfd. A Sh. ; desgleichen, in einer anderen Britischen Besitzung innerhalb je— ner Graͤnzen erzielt und von da eingefuhrt, 1 Pfd. 12 Sh;

Melassen 1 Pfd. 3 Sh. 9 Pee. ; desgleichen, erzielt und einge⸗

fuhrt von einer Britischen Besitzung, 9 She; raffinirte Zucker

. 14 8 Sh. ; Candis, brauner, 5 öft 12 Sh., weißer 8 Pfd.

8 Sh.

London, 28. Juni. Was erwartet wurde, ist ge— schehen. Das Oberhaus hat sich durch eine Mehrheit von bei— nahe 100 Stimmen gegen die an seinen Veraͤnderungen der Munizipal⸗Reform-⸗-Bill vom Unterhause gemachten Amendements entschieden. Zugleich ist zu bemerken, daß, so wie die Lords Mel— bourne und Holland es nicht an drohenden Warnungen fehlen

ließen und uͤberhaupt mit einer Heftigkeit sprachen, welche sie

fuͤglich haͤtten den heftigeren Geistern des Unterhauses uͤberlas⸗ sen können, auch Lord Lyndhurst und der Herzog von Welling⸗ ton und andere Tories sich nicht die geringste Muͤhe gaben, die gemaͤßigte Haltung des Unterhauses nachzuahmen und dem— selben auch nur in Worten versoͤhnlich entgegenzusommen. Im Gegentheil schienen, sie, entschlossen, die Vertreter Fer Nation die Heftigkeit einzelner ihrer Mitglieder ent— gelten zu lassen, besonders aber zu zeigen, daß keine Dro⸗ hun; sie schrecken koͤnne. Lord Lyndhurst hielt bei die— fer Gelegenheit eine Rede, welche seines großen Rufes wuͤrdig war, besonders im Anfange, wo er sich gegen die persoͤnlichen Angriffe Shiel's, O'Connell's und Russell s vertheidigte, die ihn fuͤr die schoͤne rednerische Bemerkung, daß die Masse der Irlaͤn—

der Fremdlinge gegen uns seyen in Blut, Sprache und Glauben

und nichts sehnlicher wuͤnschten, als die Verbindung mit England

außzuldsen, hart gegeißelt hatten. Vor Allen gluͤckte es ihm ge—

gen O'Lonnell, welcher eben hereintrat, als von ihm die ziede war. Die Grunde aber, mit denen er den Wi— derstand seiner Partei gegen das Unterhaus zu bemänteln suchte, wurden eben so unerwartet als kraͤftig vom Grafen Grey bekaͤmpft, der mit männlicher Beredsamkeit zeigte, wie sehr das

bewilligten Emancipation der Katholiken, sondern allen Grund⸗

Reise' nach den noͤrdlichen Provinzen von England antreten. Dei der edlen Lords nicht nur dem Sinne der von ihnen

gereist und wöͤd sich von dort zur Herstellung feiner Gesund sitzen des Erhaltungs- Prinzips entgegen, sen, daß sie ein K,

heit nach Italien begeben.

Die Morning Post erinnert daran, daß der jetzt regie⸗ rende Koöͤnig am 3. Mai 1792, als Herzog von Clarence, seine erste Rede im Oberhause uͤber eine Bill gehalten habe, die im Unterhause schon passirt war, und woruͤber dort Zeugen abge— hoͤrt worden waren. Einige Lords von großem Gewicht und Einfluß verlangten nun, daß vom Oberhause nicht erst Zeugen vernommen werden sollten; dem widersetzte sich aber der Herzog von Clarence und sagte unter Anderem: „Noch ein Umstand erscheint mir von großer Bedeutung, nämlich der, daß blinder Gehorsam gegen das Unterhaus, so sehr ich auch jenes Haus achte, das Oberhaus unnuͤtz machen und so das natuͤrliche un

ich nimmer zugeben.“ Das genannte Blatt meint, die gegen. waͤrtigen Verhältnisse machten jene Rede sehr bemerkenswerth.

Lord Lyndhurst ist jetzt, weil er die Leitung der Opposition

im Oberhause bei der Irländischen Munizipal⸗-Bill uͤbernommen hat, die Zielscheibe der heftigsten Angriffe von Seiten der mi— nisteriellen Blatter geworden. Heute aͤußert sich der Glo be foh gendermaßen uͤber ihn: „Der Cicero des Britischen Senats, das Haupt der Repraͤsentanten des Volks im Oberhause denn auf beide Titel macht Lord Lyndhurst stillschweigend Anspruch hielt es fuͤr angemessen, gestern Abend das Mitglied fuͤr Kil— kenny (O'Connell), welches, wie wir glauben, mit andern Mit gliedern des Unterhauses vor der Barre den Debatten zuhoͤrte,

als den neueren Catilina zu schildern, worin zugleich lag, daß

er sich selbst mit dem beredten Konsul verglich. Jedermann aber ma entscheiden, auf welchen Staatsmann der Gegenwart Sallusts

Schilderung von Catilina: Animus audax, spun'dolus, varius, eujus rei lihet simulatar ac dissimulutor, alieni appetens, sui pre- kusus, sætis eloquentiage, sapientiage parum ete. am besten paßt.

Keine öffentliche Person unserer Zeit hat, was Grundsaͤtze an. betrifft, einen so verdächtigen Ruf, wie der edle Baron, der in

seinem politischen Leben Alles, was Unabhängigkeit und Gerad heit im offentlichen Handeln heißt, so ganz verachtete und sich durch seine vielen Wechsel als einen politischen Soͤldner und Gluͤcksritter bewaͤhrte. Seine Herrlichkeit sagt, die Nothwen— digkeit habe ihn und seine Genossen gezwungen, die Emancipp— tiöns⸗-Maßregel des Jahres 1829 anzunehmen. Er moͤchte nun gern aus der Nothwendigkeit eine Tugend machen und es sich und seiner Partei als Verdienst anrechnen, daß sie jene Maßre⸗ gel angenommen, weil sie vorhersahen, daß sie sonst ihre Stellen hätten niederlegen muͤssen, und daß die edlen Lords gegenuber dann ihre Nachfolger geworden waäͤren, Es war also eine hel denmuͤthige Selbstverleugnung von ihm und seinen Kollegen

daß sie am Ruder blieben und eine ihren Grundsätzen wider

sprechende Maßre el annahmen! Ist wohl daran zu zweifeln, daß Lord Lyndhurst unb seine Partei jetzt denselben Heldenmuth wie— derholen wurden, wenn sie wieder zur Macht gelangten? Wu, den sie nicht unter dieser Bedingung am Ende eben so ein fertig und unter demselben Drange der Nothwendigkeit eine noch viel ausgedehntere Irlaͤndische Munizipal-Bill vom Stapel lau— fen lassen? Wenn wir nun Ihre Herrlichkeiten von einem sol— chen Fuhrer zu den uͤbereiltesten und äußersten Schritten fort⸗ gerissen sehen, trotz der ernsten und uneigennuͤtzigen Warnung von Seiten des besten und reinsten Freundes der Ordnung, dessen Liebe zu ihr ihn noch immer von Plänen zu ihrer Reform zu— ruͤckbeben laßt, wenn wir das Haus einem Lyndhurst folgen und einen Grey hintansetzen sehen, so erscheint es uns als ein Senat, in welchem die Catilinais uͤber die Cicero's gesiegt haben.“ Der Marquis von Londonderry hat zum naͤchsten Freitag wieder eine Motion in Bezug auf den Stand des Krieges Spanien und die Verwendung Britischer See⸗-Soldaten in de selben angekuͤndigt. In Dublin hielt am 21 sten d. die große Irlaͤndische Fre maurer-Loge eine außerordentliche Versammlung, in welcher M das Geruͤcht, daß einige Orangisten am 12. Juli ihre Umzug erneuern wollten, falls die Freimaurer die am Johannistag. bei ihnen uͤblichen Festlichkeiten begingen, der Beschluß gefaßt wurde, kuͤnftig am Johannistage kelnen Umzug mehr zu halten und das Gleiche von den Bruͤdern aller Logen zu verlangen, die Ungehorsamen aber mit einer bedeutenden Strafe zu belegen,

Folgendes sind die Abgaben von Zucker, welche, vom 5. Juli

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constitutionnelle Gleichgewicht gefaͤhrden wuͤrde; das aber ** .

faͤhrliches Spiel trieben und hoͤchst wahrscheinlich, nachdem sie Irland in neue Unruhen gestuͤrzt und das Volk dadurch noch ünfaͤhiger gemacht, sich selbst zu regieren, als sie es jetzt glaub— ten, gezwungen feyn wuͤrden, wie bei fruͤheren Gele— genheiten das zu bewilligen, was sie jetzt verweigerten. Aber der greise Staatsmann (dessen Aufrichtigkeit um so weniger zu bezweifeln ist, als er nach keinem Amte mehr strebt und er O Connell persoͤnlich vielleicht mehr entgegen ist, als irgend ein Tory) ließ es hierbei nicht bewenden. Er machte auch einen Vorschlag, wonach das Wahl-System so eingerichtet werden sollte, daß die Katholiken durch ihre Massen die reicheren Protestanten nicht gaͤnzlich ausschließen konnten. Aber die Tories schienen nicht geneigt, einen Mittelweg ergreifen zu wollen, wenn auch Lord Ellenborough zu verstehen gab, daß, wenn dieser Plan in eine neue Bill aufgenommen wuͤrde, seine Partei dieselbe wohl guͤnstig aufnehmen duͤrfte. Die Bill geht also (wahrscheinlich morgen Abend) mit der Erklarung an die Gemeinen zu— ruͤck, daß die Lords von ihrem Prinzip nicht abzugehen gedaͤchten, und ein hierzu ernannter Ausschuß soll die Gruͤnde dafuͤr auseinandersetzen, welche zugleich mit eingesandt wer— den sollen. Diese Gruͤnde koͤnnen natuͤrlich keine anderen seyn, als welche Lord Lyndhurst ausgesprochen, und werden das Unterhaus nicht befriedigen. Dieses wird gewiß nicht zuruͤck— treten, und die Frage ist jetzt nur, ob waͤhrend dieser Session nicht noch eine andere Maßregel vorgeschlagen werden konne, wodurch die Corporationen reformirt werden könnten, ohne die Gefahr, daß die Verwaltung derselben ausschließlich in die Hände des katholischen Pobels falle. O'Connell hat bekanntlich seinen ersten Vorschlag fur den 21sten zuruͤckgenommen und dafuͤr einen anderen ähnlichen Inhalts fuͤr den 30sten angekuͤndigt. Die Mi— nister muͤsse n sich demselben, wie uͤberhaupt jedem Vorschlage fuͤr eine Umgestaltung des Oberhauses, widersetzen; zugleich aber sind sie gehalten, wenn sie nicht O' Lonnell einen Frei— brief fuͤr die Wiederbelebung der Repeal-Aufregung geben wol— len, dem Unterhause zu zeigen, auf welchem Wege sie die Mehr— heit der Pairs dahin zu stimmen vermeinen, daß sie bei der Gesetzgebung fuͤr Irland ihre feindseligen Ruͤcksichten auf die Religion des Volkes fahren lassen wollen. Wissen sie hierzu aber kein Mittel und wollen sie (wie es ihre Pflicht ge⸗ bietet) die Anregung einer so gefaͤhrlichen Frage verhin— dern, so muͤssen sie einer Aufregung in England und Schott— and ihren Beifall geben. Das Oberhaus hat freilich durch seine Entschlossenheit seine eigene Partei sehr ermuthigt; so zahlreich und vornehm dieselbe aber auch seyn mag, so bin ich ech ganz der Meinung Lord Melbourne's, daß sie eben so we— nig als bei den fruͤheren großen Staatsbewegungen, wie na— mentlich die Reformation, die Ereignisse vom Jahre 1688 und die Emancipation der Katholiken, der Gewalt der oͤffentlichen Meinung. wird widerstehen koͤnnen. Es ist eben diese unerschuͤt— terliche Ueberzeugung, welche das Volk so ruhig erhaͤlt und dem Unterhause die stolze Maͤßigung gießt, die es bisher be— wie sen. Auf jeden Fall kann O' Connell auf eine bedeutende Minoritaͤt bei seinem Vorschlage zur Reform des Oberhauses rechnen. Die Englische Zehnten-Bill ist gestern im Unter⸗ hause zum dritten Male verlesen und angenommen worden. Wenn sie das Oberhaus annehmen soll, muß ssie bedeutend geaͤn— dert werden. Auch die Heiraths, und Registrations-Bills wer— n großen Widerstand erfahren, wenn sie nicht gaͤnzlich verwor— en werden.

6 6 n,. 6. 28. Juni. Der regierende Herzog von Sach— 7 urg ist gestern aus Paris hier eingetroffen und in dem i ihn in der Herzogsstraße gemietheten Hotel abgestiegen, wo I die beiden Prinzen, seine Sohne, bereits seit dem vorigen onnabend befinden. . auf der Eisenbahn zwischen Antwerpen und Bruͤssel hätte j etzten Son nabend nicht weit von Vilvorde sehr leicht ein . Unglück passiren koͤnnen. Einige Schienen der Bahn 6 nam lich entzwei und dies veranlaßte bie abweichende gh un mehrerer mit Passagieren besetzten Wagen, die man sedoch gluͤcklicherweise bald wieder ins Geleise zu bringen wußte.

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Schweden und Norwegen.

Stockholm, 28. Juni. Zu n der jetzt hier anwe⸗ senden . von Leuchtenberg Koͤnigl. Hoheit und ihrer Kinder finden jetzt an unserem ho zahlreiche Festlichkeiten statt. Am 2z3sten d. wurden der Herzogin die Mitglieder des diplomatischen Corps vorgestellt. Am Johannis⸗Tage fand ein großes militairisches Fest auf dem Ladugärdsfelde statt, wo sich die gesammte Königliche Familie nebst ihren Gästen einfand, die uͤberall von dem sehr zahlreich versammelten Volke mit Jubel begrüßt wurden.

Der Königl. Kammerherr von Croneborg ist zum Hof— Marschall ernannt worden.

Seit der Wiedereroͤffnung der diesjährigen Schifffahrt sind bloß von Stockholm 123,000 Schiffpfd. Eisen nach dem A lande verladen worden.

n 1a h d.

Bremen, 29. Juni. Die diesjährige Groͤnlandische Fi⸗ scherei ist, wie man vernimmt, sehr guͤnstig ausgefallen. Unter Anderen soll das Schiff „Hannover“, von der Weser ausgegan— ö. einen Fang von 4609 Robben und 2 Wallfischen gemacht haben.

Muͤnchen, 25. Juni. Heute feierte die Ludwig-Maximi— lians-Universitaͤt ihren zb6ästen Stistungstag durch einen Rede⸗ Akt, durch Bekanntmachung des Urtheils der Fakultaͤten uber die eingegangenen Preisschriften und ihrer neuen Preis-Auf— aben für das laufende Jahr. Der Rektor der Universitaͤt, als Wortfuͤhrer derselben, erinnerte an die Stiftung der Hochschule in Ingolstadt, an den Geist, aus welchem sie hervorgegangen, und die Absicht, in welcher sie eingesetzt worden. „Durch Lehre und Kunst“, sagt die Stiftungs-Urkunde, „wird der Weg zum hei—⸗ ligen guten Leben gewiesen, menschliche Vernunft in rechter Er—

kenntniß erleuchtet, zu löblichem Wesen und guter Sitte ge—

zogen, christlicher Glauben genaͤhrt, das Recht und gemeiner Nutzen gepflegt, auch die, so von niederer Geburt herkommen, zu hoher Wuͤrde und Stand gefoͤrdert.“ Nachdem der Schicksale der damals gestifteten Hochschule bis auf diese Zeit Erwähnung geschehen und in Aussicht gestellt worden war, daß die Univer⸗ sitat schon die naͤchste Feier in den neuen praͤchtigen Hallen werde begehen koͤnnen, welche sie ihrem gegenwartigen hohen Beschuͤtzer verdanken wird, wurde der Veraͤnderungen in ihrem Innern gedacht, die in den letzten Jahren eingetreten sind. In Bezug auf den gegenwartigen Stand der Universitaͤt wurde be— merkt, daß sie jetzt 49 ordentliche Professoren, 8 außerordentliche, 11 Brofessores Rẽondorarii, 9 Privat-Dozenten, zusammen 77 Lehrer und in diesem Jahre 1522 Studirende zähle, namlich 192 der Theologie, 459 der Jurisprudenz, 5385 der Staatswirth— schaft, 112 des Forst- und Bauwesens, 277 der Medizin, 73 der Pharmazie, 374 der allgemeinen Wissenschaften Beflissene, d.h. noch in ihren ersten Studienjahren Begriffene; von diesen sind 1456 Inlaͤnder, 66 Ausländer. Eine Vergleichung mit den fruͤ— heren Jahren zeigt, daß seit ihrer Versetzung nach Muͤnchen die Untversitaͤt in den Jahren von 1826 bis 1850 von 1622 auf. 2021 stieg, in den Jahren von 1830 aber bis 1836 von die⸗ ser hoͤchsten Zahl mit jedem Jahre an Frequenz verlor und in dem gegenwartigen auf die angegebene Zahl von 1522 herabkam.

Muͤnchen, 30. Juni. Se. Majestaͤt der Koͤnig sind heute fruͤh um 4 Uhr nach Bruͤckenau abgereist.

In den hiesigen Blattern liest man: „Die verbreite— ten eben so uͤbertriebenen als voͤllig grundlosen Geruͤchte uͤber die Groͤße des Privat-Vermoͤgens und der Appanage Ihrer Ma⸗ jestaͤt der Kaiserin Mutter von Oesterreich hatten ein Uebermaß von Bittgesuchen veranlaßt, welche zwar nicht befriedigt werden konnten, hinsichtlich welcher aber der angestammte Wohlthätig⸗ keits-Sinn der erhabenen Frau mit so vieler Gnade zu verfuͤgen geruhten, daß das Andenken an Allerhoͤchstdero Aufenthalt hier unvergeßlich bleiben wird.“

Stuttgart, 28. Juni. (Schw. Merk.) In der gestri— gen Sitzung der Kammer der Abgeordneten fand die fortgesetzte Berathung der abweichenden Beschluͤsse der Kammer der Stan desherren uͤber das Frohn-Abloͤsungs-Gesetz statt. Nach Art. 44 hat letztere Kammer folgenden Artikel einzureihen beschlossen: „Da in den ergangenen Declarationen der staatsrechtlichen Ver⸗ haͤltnisse der standesherrlichen Haͤuser denselben die Zusicherung ertheilt worden, daß der schon in den beiden Edikten vom 18. November 1817 ausgesprochene Grundsatz der gezwungenen Ab—

loͤsbarkeit der ihnen zuͤstehenden Rechte und Gefaͤlle gegen sie nicht

angewendet werden solle, ehe und bevor die Vereinbarkeit dieses Grundsatzes mit den Bestimmungen des Art. XIV. der Deutschen Bundesakte von der Bundes-Versammlung erklaͤrt seyn wuͤrde; so wird bestimmt, daß, insolange eine Entscheidung der letzteren hieruͤber nicht erfolgt seyn wird, das gegenwartige Gesetz nur mit Zustimmung der betheiligten Standesherren auf dieselben Anwendung finden soll. Von denjenigen Standesherren, von welchen sechs Monate nach Verkuͤndigung dieses Gesetzes ihre Zustimmung zu demselben bei dem Ministerium des Innern nicht angezeigt worden wäre, wird angenommen, daß sie solche ver—⸗ weigert haben.“ Die Kommission will den Artikel nach seiner ganzen Fassung abgelehnt wissen, da sich eine Beschraͤnkung des der Souverainetaͤt zustehenden Gesetzgebungs⸗Rechts in solcher Veise aus keinem staatsrechtlichen Grunde rechtfertigen lasse. Geh. Rath v. Schlaher erinnert an die Declarationen uber die staatsrechtlichen Verhaäͤltnisse der Mediatisirten, welche den— selben das fragliche Zugeständniß ertheilen. Werde hieruͤber im Gesetz nichts ausgesprochen, so muͤßte der Regierung doch das Recht zustehen, bei der Verabschiedung einen auf jene Declara⸗ tion bezuͤglichen Vorbehalt zuzusichern. Uebrigens habe die Regie⸗ rung die Sache dem Bundestage zur nrg, vorgelegt, und es sey zu hoffen, daß diese demnächst erfolgen werde. Aber darum sey die Regierung nie im Zweifel gewesen, ob die Lan— desgesetzgebung das Recht habe, uͤber die fraglichen Rechte der Standesherren zu verfuͤgen. Nach einer zweistuͤndigen Debatte ward uͤber diese Streitfrage von dem Praͤsidenten resumirt. Es wurde nun noch uͤber die Fragestellung debattirt. Freiherr vonHorn⸗ stein bemerkte, daß bei Annahme der Klausel wohl die Rechte der Standesherren gewahrt werden, aber nicht die Rechte der Ritterschaft. Dieselbe duͤrfe in ihren Rechten, welche Art. 14 der Bundesakte ihnen garantire, nicht derogirt werden; daher muͤsse er darauf antragen, daß auch diese Rechte in die Ver— wahrung aufgenommen werden. Geheime Rath von Sch layer eigte, daß es sich um diese Frage hier nicht handle, indem alle

echte auf grundherrlichen Leistungen, die den Standesherren und der Ritterschaft zustehen, der Landesgesetzgebung unterlie— gen. Der Standpunkt wuͤrde ganz verruͤckt werden; denn der Ritterschaft seyen ja keine solche Zugeständnisse gemacht worden, wie einigen Standesherren. Freiherr von Hornstein zog das Letztere ganzlich in Abrede, beruhigte sich jedoch bei einigen wei— teren Erlaͤuterungen. Sofort wurde die fragliche Klausel mit

73 gegen 12 Stimmen abgelehnt. (Fuͤr die Aufnahme dersel⸗ ben stimmte die ganze Ritterschaft; aber nur sie.) Man schreibt aus Kirchheim vom 25. Juni: „Der dies jꝛaͤhrige eben beendigte hiesige Wollmarkt hat ein so reges Leben in unsre Stadt gebracht, wie man sich eines gleichen nie erin⸗ nert. Das zu Markt gebrachte Wollquantum war, in gleichem Verhältniß wie die Zahl der Kaͤufer, weit bedeutender als in den letzten Jahren. Es betrug zwischen 9 und 10,000 Centner, und zwar entsprach Waͤsche und Behandlung der Wolle, so wie die immer fortschreitende Veredlung derselben, ganz dem tuͤchti— gen und gruͤndlichen Bestreben, das unsere Landwirthe auszeich— net. Die Preise uͤbertrafen die vorjährigen um 3 10 pCt. (bei einzelnen Partieen war der Aufschlag noch hoͤher) und zwar vorzugsweise bei den feinern Schaͤfereien. Deutsche und halb veredelte Wolle fand oͤfter nur den vorjährigen Preis und wurde nicht selten sogar unter demselben losgeschlagen. Die ersten Schaͤfereien, wie die Koͤnigliche zu Achalm, die des Instituts zu Hohenheim, die der Freiherrn v. Cotta, v. Tessin, von Ellrichs— hausen, des Geh. Raths v. Kerner, v. Vischer, des Fuͤrsten von Fuͤrstenberg 4 verkauften in absteigender Stufenfolge von 256 bis 150 Gulden pro Centner. Mittlere Wolle ward von 150 bis 90 Fl. pro Centner verkauft, Bastard und Deutsche Wolle n bis M. Fl. pro Centner herunter. Im Ganzen war die Bewegung in den Preisen, mit Ausnahme der letztgenannten Wolle, eine steigende. Indessen kann nur erst das Resultat der demnaͤchst auf einander folgenden Maͤrkte von Goͤppingen und Heilbronn hieruͤber volle Gewißheit geben.“ Karlsruhe, 27. Juni. (Karlsr. Ztg.) Die vater— laͤndische Industrie wird durch ein bedeutendes Unternehmen, dessen Gruͤndung gestern beschlossen wurde, einen großen Auf⸗ schwung erhalten. Es hat sich namlich durch das Banquierhaus S. v. Haber und Soͤhne hier eine Actien-Gesellschaft gebildet, durch welche bei Ettlingen eine Baumwollspinnerei von 26,0006 Spindeln und eine Weberei von 750 Webstuͤhlen errichtet wird. Das Kapital ist auf 2 Mill. fixirt, wovon jedoch vor der Hand nur zwoͤlfmalhunderttausend Gulden in 1200 Actien, jede zu tau⸗ send Gulden, eingezogen wird und der Rest fuͤr eine etwaige Geschaͤfts- Erweiterung in der Zukunft bestimmt bleibt. Die noͤthigen Grundstuͤcke sammt einem trefflichen Wassergefaͤlle in der Naͤhe von Ettlingen sind bereits fuͤr die Gesellschaft ange— kauft, die Baurisse gefertigt und alle Vorbereitungen getroffen, um unverweilt mit den Arbeiten beginnen zu konnen. Dieses großartige Unternehmen ist die Frucht durchdachter und reiflicher Ueberlegung. Mehrere Actionairs, unter denen tuͤchtige Techniker, haben vorher die bedeutendsten Fabriken der Art, im Inlande sowohl als in der Schweiz und im Elsaß, bereist und genau gepruͤft und sich mit kenntnißvollen Maschinen⸗Baumeistern und Fabrikanten in Verbindung gesetzt. Auf diese Erfahrungen und unsere Ver⸗ haͤltnisse wurde der Entwurf der Statuten gegruͤndet und der General⸗Versammlung zur Beschlußnahme vorgelegt. Diese ver⸗ einigte sich am 25sten d. unter der Theilnahme vieler Actionzire aus allen Staͤnden und hat in vier Sitzungen mit gruͤndlicher Umsicht und Ausdauer die Statuten und die dazu gehörigen Be—⸗ stimmungen im Einzelnen gepruͤft und mit großer Stimmen— Mehrheit angenommen. Am Schlusse der Sitzung wurden die Directions⸗Mitglieder gewählt. Diese Fabrik, bei welcher die neuesten Erfindungen und Verbesserungen benutzt, so wie die gereiften Erfahrungen Sachverstaͤndiger zu Rathe gezogen wer— den, verspricht, nicht nur eine Menge arbeitsamer Hände in und um den Fabrikort zu beschäftigen, sondern wird auch zur Betrei⸗ bung anderer Industrie⸗Zweige aufmuntern und anspornen und 1 J Hinsicht fuͤr den Gewerbsfleiß die nuͤtzlichsten Folgen aben.

Schweiz.

Neuchatel, 25. Juni. Von der vorgestrigen Sitzung des gesetzgebenden Korpers hatte man sich großes Interesse verspro— chen, weil die wichtigen eidgenoͤssischen Fragen darin verhandelt werden sollten und man daher glaubte, daß die Opposition sich Muͤhe geben wuͤrde, die verschiedenen Gutachten des Staatsraths, wenn auch nicht zu beseitigen, so doch wenigstens in ihrem Sinne zu modifiziren. Die 12 ersten Artikel des eidgenoͤssischen Cir— culars n ohne weitere Bemerkungen. 3. erste Theil des 13ten Artikels betraf den Entwurf zu einem eidgenoͤssischen Militair-Reglement. Man war beim Beginn der Diskussion dahin uͤberein gekommen, daß jeder Artikel, gegen den sich kein Einwand erhoͤbe, als angenommen betrachtet werden sollte. Ob— gleich nun keine Bemertung gegen das Gutachten in Betreff des Militair-Reglements gemacht werden war, drang doch Herr Jeanrenaud-Besson auf Abstimmung uͤber diesen Artikel, wobei er erklaͤrte, daß er, von der Fruchtlosigkeit der von ihm . machenden Ausstellungen uͤberzeugt, sich auf ein still⸗— chweigendes Votum beschraͤnken werde, was einiges Er— staunen in der Versammlung erregte. Vergebens ersuchte man ihn, sich auszusprechen; er weigerte sich durchaus, und es wurde daher ohne Diskussion uͤber das Gutachten des Staats— raths abgestimmt, welches die Beseitigung mehrerer laͤstigen Bestimmuüngen aus jenem Reglement bezweckte, und dasselbe genehmigt. Der Entwurf zu einem Straf⸗-Codex beschaäftigte die Versammlung sehr lange. Die Kommission hatte die Weg—¶ lassung der Artikel in Bezug auf das Duell vorgeschlagen, und der gesetzgebende Korper stimmte ihr bei, indem er es fuͤr an— gemessener hielt, von dem Duell gar nicht zu sprechen, als es durch eine mit dem Verbrechen in gar keinem Verhaͤltniß ste—⸗ hende Strafe gewissermaßen gutzuheißen. Der 118te Artikel der bei Verbrechen, wenn das Gegentheil nicht bewiesen ist, die Praͤmeditation als Grundsatz annimmt, wurde auch, ungeachtet der Opposition des Herrn von Perrot, verworfen, indem die Versammlung der Meinung war, daß ein Gesetzbuch nicht die Rolle des Richters spielen duͤrfe. Die Todesstrafe veranlaßte eine ziemlich lange Debatte. Der Deputirte von Fleurier wollte die gaͤnzliche Abschaffung derselben und behauptete, sie sey durch die heilige Schrift verboten, was er durch die Geschichte von Kain beweisen wollte. Herr Calamé“, Staats-Secretair, wollte, daß die Neuchateller Deputation bei der Tagsatzung instruirt werden solle, darauf anzutragen, daß der Codex es, so viel als moͤglich, dem Richter uͤber— lassen mochte, ob er auf Todesstrafe erkennen zu muͤs— sen glaube. Herr Lechancelier wies aber auf die Ge— fahr eines solchen Vorschlages fuͤr die militairischen Verbrechen hin, die eine schnelle und strenge Bestrafung erheischten, und wo der Tod, zur rechten Zeit angewandt, das Heil der Armee sichern koͤnne; auch glaubte er, daß das Gesetz den Richter nicht in die unangenehme Lage versetzen duͤrfe, eine Strafe zu ver— haͤngen, die man nur ungern diktire, wenn man sie zu ermaͤßi— gen im Stande sey; das Gesetz muͤsse daher hier dem Rich— ter gewissermaßen zu Huͤlfe kommen und ihm sein peinliches Amt erleichtern, inden es, so zu sagen, die Verantwortlichkeit fuͤr ihn uͤbernehme. Dessenungeachtet wurde das Amendement

des Herrn Calamé mit 40 gegen 27 Stimmen angenommen.