1838 / 62 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

zwischen den Lords Melbourne, Wellingten und Brougham über eine die geheime Abstimmung betreffende Petition TRatt, und im Unterhause kam es, außer Ueberreichung von Biit— schriften und einer längeren Diskussion uber die Irlaͤndischen Armen-⸗ꝛGesetze, zu einigen Interpellationen.

Bereits werden Vorbereitungen zu der neu vorzunehmen⸗

den Wahl in Marylebone (s. das gestrige Bl. der St. Zig) etroffen, und drei Kandidaten von der Reform-Partei, Herr e, Gberst Thompson und Lord Nugent, treten dem Tory⸗ Kandidaten Lord Teignmouth entgegen. Man glaubt, daß die meisten Stimmen sich wohl fuͤr Herrn Ewart aussprechen wer⸗ den, und die ministeriellen Blaͤtter hoffen, daß seine beiden li⸗ beralen Mitbewerber ihm durch Konkurrenz den Sieg nicht ge— faͤhrden werden. Sir James Graham ist am 20sten zum Par— laments⸗-Mitgliede fuͤr Pembroke erwaͤhlt werden.

Vorgestern fand unter dem Versitze des Generals Sir G. Evans in der Kron- und Anker-Tavern das große Vankett statt, welches die hiesigen Freunde Irlands Herrn O Connell zu Ehren veranstaltet hatten. Der General Evans brachte den Toast auf den Gefeierten mit folgenden Worten aus: „Fruͤher hatten drei Zehntel der Irlaͤndischen Bevoͤlkerung keine

timme bei der Regierung des Landes, jetzt aber sind alle Ir⸗ länder den Einwohnern Englands gleichgestellt, und obgleich es unglaublich erscheinen mochte, daß eine solche Veranderung ohne gewaltsame Vorfaͤlle hätte herbeigeführt werden koͤnnen, so ist doch, Dank der Vorsicht, Menschlichkeit und Autorität, womit Herr O'Connell die Sache seines Vaterlandes vertheidigt hat, auf friedlichem Wege erreicht worden, was sonst gewiß nicht ohne Blutvergießen durchgesetzt worden waͤre. (Hort, hort!) Kein Land der Welt besitzt eine so zahlreiche und mächtige Ari— stokratie als das unsrige, maͤchtig nicht nur durch ihre Zahl, sendern auch durch ihre Bildung und Einsicht; aber dennoch hat keines ihrer Mitglieder je eine so große Macht und Autoritaͤt erlangt, als Herr O Connell. (Beifall.) In demselben Verhaͤltniß jedoch, wie seine Macht zunahm, lehrten ihn Weisheit und Maͤßigung, welchen Weg er einzuschlagen habe. Ich brauche sein Lob hier nicht weiter zu verfolgen, und ich glaube, daß das heutige Zeug⸗ niß, welches ihm England zu Theil werden laͤßt, nicht das letzte seyn wird.“ Herrn O' Conneli's Rede war vorzüglich darauf gerichtet, die Englaͤnder aufzufordern, daß sie dabei beharren moͤchten, Irland in der Erkämpfung seiner Rechte zu unter— stuͤtzen. Er aͤußerte sich im Wesentlichen folgendermaßen:

„Ich kann Ihnen versichern, und ich sage es ohne die mindeste Uebertteibung, daß ich nie in meinem Leben einen so mächtigen Ein⸗ druck gefühlt habe, als heute Abend bei meinem ersten Eintrüt in die⸗ fen Saal. Eine tiefe Ehrfurcht überkam mich, als ich diese Versamm— lung sah, und ich fragte mich nach dem Beweggrunde, der so viele Männer dieser Ration veranlaßt haben könne, hier zusammenzulom— men. Ich bin nicht so eitel, dies allein meiner Person zuzuschreiben; ich wéß, daß ich keinen Anspruch auf Ihre Achtung uͤnd auf, ihr Wohlwollen habe, wenn mir mein öffentliches Leben nicht einiges Recht darauf verleiht, ein Leben, das auf den Grundsatz der Sckie sich stützt, deren Mitglied ich bin, sey es nun ein talentbegabtes oder ein talentleses, doch sedenfalls ein eifriges Mitglied, auf den Grund— satz nämlich, daß kein politischer Vortheil durch Gewalt von der Re⸗ gierung erzwungen werden darf. (Hört, bört) Ja, ich bin über— zeugt, daß es die Erinnerung hieran war, die so viele Eagländer heute um mich vereinigt hat, die Erinnerung, daß durch Anwendung physischer Gewalt nicht zu erreichen isßs, was die Gerechtig⸗ feit nicht gewähren kann. (Hört, hört!) Aber vorzüglich sind Sie hier zusammengekommen, nicht um mir Schmeicheleien zu sagen, sondern um Ihre Sompathie für mein Vaterland auszu— drücken, für mein Vaterland, das Jahrhunderte lang torannisirt wor den ist. Ihre Bäter haben dies llarecht geschehen lassen, aber die Söhne sind weiser geworden. (Beifall. Es giebt kein Land auf Erden, welches je durch seine Verbindung mit einem anderen Reiche so viel gelitten hätte, wie Irland durch feine Verbindung mit Eng— land. (Hört, hört!! Wenige von Ihnen wissen vielleicht, daß es vor 230 Jahren in den Augen des Gesetzes in, Irland kein BVerbrechen war, wenn Einer von Englischer Abkunft einen armen Irländer, wie ich zum Beispiel einer bin (Gelächter), wenn er einen solchen todt⸗ schlug, und daß ein eingeborner Irländer kein Eigenthum erwerben konnte. Nun frage ich England ob dies nicht zum wenigsten unge— recht war. Aber noch mebr, er konnte nicht nur kein Eigenihum er— joerben, sondern es war ihm auch verwehrt, sich Kenntnisse zu ver⸗ schaffen. (Pfui, pfui!! Wat das nicht ungerecht? Ja, so war Iltlands Zastand, als ich geboren wurde, jetzt aber ißt es anders. (Hört, böri! Ich drauche es nicht zu verleuanen, daß ich den Engläadern in ibren Freibeirns⸗ kämpfen beigestanden habe. (Hört, höri!! Meine Liebe zu Irland erstreckte sich auch auf England, und ich war bereit, beide zu unter— stützen. Als die Reformbiu sich in Gefabr befand; besann ich mich nicht lange, ob ich dabei emen Vortheil gen innen könne; bei dieser Rill sowobl, wie bri den Munizipal-Reformbills für England und Schottland und bei jener glorreichen Maßregel, welche 80,009 mensch⸗ ichen Wesen ihre Fissein abstrefte, habe ich, ich kann es sagen zu Gunsten der Reformen gestimmt, die allgemein verlangt wurden. (B. ifall.) Ich glaube daber, wohl einigen Anspruch auf Ihre Ruck⸗ siht zu haben, und ich frage nun, sol Irland noch länger in seiner setzigen Lage verbleiben (Rein, nein! Die Engländer haben eine Reformbill erlangt, eine ausgedehnte Maßtegel und doch noch so unermeßlich ring schräünkt im Vergleich zu der Ausdebnung, welche sie hätte erbalten sollen, denn ich nebme feinen Anstand, mich zum entschiedenen Fürsprecher des allgem inen Wahlrechts zu erklären. (Hört, hört! 6 die Eaglische Referm-Bill war im— mer noch unendlich ausgedehnter, als die, welche Irland erhielt; und was die Irländer bedürfen, ist cine Maßregel, die sie gegen die Um⸗ triebe der Spottiswobdeschen Rotte zu schütz'n vermöchie. (Horn! und Murren.) Bestechung der schlimmsten Art ist im Gange, und Meineid herrscht unter den Staatsmännern der Tory-Partei. (Mur— ren.) Irland hat leinen Schutz gegen den Englischen und Schotti⸗ schen Adel. Der Gedanke ist ciupörend, daß Männer, die eine bohe Stellung in der Gesellschaft einnehmen, die selbst Rechispsieger sind und die also über allen Verdacht erbaben seyn und Anderen mit ei— nem guten Beispiele vorangeben müßten, es ist ein schrecklicher Ge— danke, daß solche Männer sich in den Wahl-Ausschüssen des Un⸗ terhauses als meineidig erweisen. (Murren.) Die Zeit ist gekommen, wo dies laut verkündigt werden muß. Gern will ich ein Märtyrer der Gerechtigkeit und Wahrheit seyn, aber nicht des falschen Schwurs, und ich wiederbole es daher, daß in den Torv-Comites des Unterhauses schändliche Meineidigkeit herrscht. (Lauter Beifall.) Ist es nun nicht Ihre Pflicht, mir zu helfen, die fem Zustande der Dinge ein Ende zu machen? Dies kann auf zweierlei Art geschehen: cinmal durch Ausdehnung Ihrer Reform. Bill. Obgleich die Irländischen Mitglieder die Resorm-Bills für England und Schottland durchsetzen halfen, vermochte es doch Lord Stanley über das Grevsche Ministerium, daß es uns nur ein Theil chen von der Akte gab, die man England bewilligte. Der andere Weg ist, daß uns eine eben solche Munizipal-Reform gewährt wird, wie England sie erlangt hat. (Allen gleiche Rechte! rief hier eine Stimme.) Allen gleiche Rechte, wie der ehrenwerthe Herr sagt. Bis jetzt aber heißt es: Allen ungleiche Rechte; denn statt Alle einander gleich zu steilen, hat man den Irländern andere Maßregeln ge— geben, als den Engländern; sie haben aber auf gleiche Gerechtigkeit Ansprach. Die Engländer haben eine Munizipal⸗Reform erhalten; ee , . jämmerliches Possenspiel ist aber die Maßregel für Ir and! Ich bin ein Mann der That, und ich danke den Engiändern far das, was sie für mich gethan haben. Aber was hat die Reform für Irland gethan, und welche Aussichten sind für dies Land vor— banden? Wenn nicht ein Strahl der Vernunft sich über den hohen Charakter und militgirischen Ruhm des Herzogs von Wellington oder

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über die selbsisüchtigen Berechnungen seines Kollegen, Sir R. Peel's, sich ergießt, so hat Irland nicht so bald etwas zu hoffen. Inteß id träste mich immer nech damit, daß der gesunde Snn Jehan Bull cine Verwaltung, die Irland der Herrschaft einer Faction untermünfé, nicht lange am Rader lassen würde. Wäte ich dacen nicht über eugt, so würde ich fast verzwe feln, wenn ich verza cifen dürfie. So mancher Winterschnee auch über mein Haupt gegangen ist, mein But fließt nech füisch und fei in meinen Adern, und ich er. kläre unumwunden, daß Iitland Gerechtigkeit erbalten und, wenn England ibm nicht belfen will, sich selbst daju rerhilfen muß. Man hat gesagt, das Ministerium habe mich unter seine Fittige ge. nemmen; wenn dies der Fall ist, so babe ich demselben u enigstens nech keine Feder ausgerupft, wäbrend ich den Trost babe, daß mein Vaterland ünter jenen Fütigen Schutz gegen böse Rautvegel gefun- den bat. Durch jenes Ministerium und durch den Zauber jenes Scepters, den ich neulich in den Händen eines schönen jungen We— sens sah, ist mein Vaterland beschützt werden, und wenn man Irland leval zu machen wünscht denn die Irländer baben sowehi Herz als Köpf wenn man die Bande, welche die beiden Länder an ein—

ander knüpfen, unauflöslich machen will, dann braacht mau nur durch

das liebliche sylpbenartige Wesen, welches jetzt den Thron dieses Rei⸗ ches einnimmt, seine Rechte wiederherstellen und Gerechtigkeit üben zu lassen. Jetzt ist der Augenblick gekemmen, um dies glorreiche Werk zu vollenden. Bedenken Sie, daß wir jetzt Geschichte machen, und wenn Sie dies im Auge behalten, so dächte ich, müßten Sie Alle bereit seyn, sich dem großen Werke der Regeneratien anzuschlie— ßen. Alle können thaätig dabei seyn, Niemand ist ju gering, um an dem ruhmoollen Werke Theil zu nehmen und die Ver—⸗ einigung zweier Länder zu vollenden, welche die Natur für eine geseüschaftliche Verbindung geschaffen zu haben scheint, wie denn auch Irland steis auf eine freisinnige Art sich dem Bruder⸗Lande angeschlossen und seine Schlachten bat ausfechten helfen. Der Him⸗ mel hat in natürlicher Hinsicht viel für Irland gethan, und es muß England selbst daran liegen, mit einem solchen Lande verbunden zu bleiben, damit beide sich zusammen auch in Zukunft allen Angriffen auf ihre Verfassung und auf ihre Freiheit widersetzen können. (Bei— fall, Ohne diese Vereinigung würde das Königreich auf Sand ge— baut seyn, und wenn ich bedenke, daß ich der besoldete Diener Ir⸗ lands bin, so füble ich mich verpflichtet, für dieses Land eben so zu wirken, wie für England, und beider Wohlfahrt und Glück zu beför— dern, so viel in meinen Kräften steht.“

Bei dem letzten Lever wurden auch die vier Herren O Con— nell, welche Mitglieder des Unterhauses sind, von der Köni— gin empfangen; Herr Morgan O Connell überreichte Ihrer Majestaͤt eine Gluͤckwunsch-Adresse der Grasschaft Meath, und Herr Hume, der ebenfalls vorgestellt wurde, eine Bitischrift, worin um gleiche Beguͤnstigung des oͤffentlichen Unterrichts, ohne Ruͤcksicht auf die Religion, ersucht wird.

Die Morning Chronicle erklaͤrt sich fuͤr ermaͤchtigt, die

Nachricht, daß der nunmehrige Sir George de Lacy Evans sich“

um die Stelle eines Secretairs des Feldzeug⸗Amts beworben habe und nur, weil ihm dieselbe nicht habe verliehen werden konnen, zum Commandeur des Bath-Ordens ernannt worden sey als durchaus unbegruͤndet zu bezeichnen; er habe sich um jene Stelle weder direkt noch indirekt beworben. .

Sir Andrew Leith Hay, der zum Gouverneur von den Bermudas Inseln ernannt worden und deshalb seinen Sitz im

Parlament hat aufgeben muͤssen, wurde, als er kaum des Vor—

rechts, das die Parlaments⸗Mitglieder vor Verhaftung schuͤtzt, beraubt war, von seinen Schuldnern festgenommen und ins Schuldgefaͤngniß gebracht. Man weiß nicht, ob es ihm gelin— gen wird, seine Glaͤubiger zufriedenzustellen.

Das Dampfschiff „Iberia“ hat Nachrichten aus Lissa— bon bis zum 15ten d. M. uͤberbracht, aus denen hervorgeht, daß die Besorgnisse der Regierung vor einer Landung Dom Miguel's in Portugal sich zu mehren scheinen. Der Keiegs— Minister hatte den Cortes ausfuͤhrlichen Bericht erstattet uͤber Alles, was die Regierung uͤber die Plaͤne der Miguelisten in Erfahrung gebracht. Dom Miguel soll große Geldsummen zu seiner Disposition haben, und es heißt, daß eine Anzahl seiner eifeigsten Anhaͤnger Italien verlassen haben, um sich zu den Karlisten in Spanien zu begeben. Damit wenigstens von der Seeseite her die Invasion moͤglichst erschwert werde, hat die Regierung zwei Kriegsschiffe abgesandt, welche vor der Mündung des Guadiana kreuzen sollen. Man glaubte uͤbrigens im Publikum nicht an die Authentizitat der Angaben des Kriegs-Ministers. Der Kriegs- Mini— ster, Baron Bomfim, hat seine Ent assung angeblich deshalb ein⸗ r , weil sich die Koͤnigin seinem und der uͤbrigen Minister

erlangen, ein großes Avancement im Heere vorzunehmen, nicht fuͤgen wollte. Als seinen Nachfolger nennt man den Obersten Mendez. Die Frage wegen der von der Regierung aufzu— nehmenden Anleihe war noch immer beim Alten. Noch am läten debattirte man in den Cortes uͤber Annahme oder Ver— werfung der deshalb gemachten Vorschlaͤge, bei welcher Gele— genheit der Finanz⸗Minister sich bitter betlagte, daß seine Vor— schläge, die der Regierung monatlich 600 Contos geliefert ha— ben wuͤrden, ohne weitere Diskussion bei Seite gelegt worden seyen; er erklaͤrte, daß man die jetzigen Anleihe-Vorschlaͤge an— nehmen muͤsse, wenn man das Land nicht in das tiefste Clend stuͤrzen wolle; jetzt schon sey der Geldmangel so groß, daß die Bewohner des Armenhauses Misericordia wegen Mangel der nothwendigsten Beduͤrfnisse fast umtamen. Die Debaite wurde am läten vertagt und am 15ten fortgesetzt, aber auch an die— sem Tage war eine Beendigung derselben nicht zu erwarten Schon am 1 ten jedoch war eine Anleihe, welche die Herren J. da Silva und Compagnie zu 85 pCt. angeboten hatten, durch die Finanz-Kommission wegen Mangels der ndͤthi en Garantie fuͤr unannehmbar erklaͤrt morden. Waͤhrend die Cortes uͤber die herbeizuschaffenden Geldmittel berathen, sehen sich die Befehlshaber der Truppen und andere Behoͤrden gend— thigt, Geld durch Contributionen zu erheben. Der Stadtraih von Porto unter Anderen hatte eine solche erzwungene Beisteuer, noch dazu unter Genehmigung der Cortes, erheben wollen, fand aber Unwillfaͤhrigkeit, als er seiner Verordnung ruͤckwirkende Kraft geben wollte. Auf Anhalten der in Porto wohnenden Englaͤnder, welche ebenfalls durch diese Maßregel in Anspruch genommen wurden, sah sich der Stadtrath gensthigt, dieselbe zuruͤckzunehmen, entließ nun aber alle bisher von ihm beschaͤf— tigten Arbeiter, unter der Andeutung, er koͤnne sie nicht laͤnger bezahlen, weil die „Fremden“ die Leistung der Abgaben wei— gerten. Der Britische Gesandte hat sich deshalb genöͤthigt ge— sehen, die Kriegsbrigg „Cameleon“ zum Schutze seiner in Porto ansaͤssigen Landsleute dorthin zu senden. Auch der Be— fehlshaber der Truppen in Algarbien sah sich gezwungen, eine Contribution von 85 Contos (6000 Pfund) zu erheben. Der Franzose Mercier, der etwa vor einem Jahre nach dem Ge— mahle der Koͤnigin mit Steinen geworfen hat, ist ohne weitere Strafe aus dem Lande verwiesen worden, nachdem ihm seine Sold⸗Ruͤckstaͤnde ausbezahlt worden waren. General Bacon dagegen, der von Gibraltar wieder in Lissabon angelangt ist, sucht vergebens, unter dem Schutze der Britischen Gesandt— schaft, dis 1000 Pfund einzutreiben, welche ihm die Regierung

noch schuldig ist. Die Portugiesische Kuͤstenschifffahrt durch die letzten Stuͤrme sehr gelitten.

Zu Lasave in Vandiemensland hat am 22. Septem ein heftiges Erdbeben stattgefunden. Am Abende vorher ten die Einwohner ein solches Krachen, dem Geschuͤtzdonn ahnlich, daß sie ein Gefecht der Englischen Kolonisten mit d Eingebornen in der Nahe vermutheten, zu ihrem Erstaun aber nichts fanden und am Ende merkten, daß der Ton 4 den Hoͤhlen an den Bergen hervorbreche. In der Nacht z Uhr erweckte die Ungluͤcklichen das Krachen ihres einstuͤrzn den Kirchthurmes und das Beben des Bodens. Es entsu wer konnte, ans Ufer des Meeres; sehr Viele kamen unter h Trümmern der Häͤuser um. Wahrend des Erdbebens bemer man an dem Horizonte hinausschießende Lichtstreifen.

Aus Rio Janeiro wird vom 25. Dezember gemehe daß Bevollmaͤchtigte unterweges seyen, um zwei neue Anlꝛih in London abzuschließen, jede von 500,000 Pfd., die erste Bezahlung der Brasilianischen Schuld an Portugal, die ande zur Abtragung der im April faͤlligen Dividenden. Es fand in Rio Janeiro bedeutende Verschiffungen, besonders von K fee, nach Europa statt, und es zeigte sich viel Begehr nach g Produkten des Landes. Aus Bahia hatte man noch imm keine Nachrichten.

Schweden und Norwegen.

Christianta, 12. Febr. (Leipz. Allg. Ztg.) Die n ruhen in Kanada, von wo England wahrend der letzten Ih den groͤßten Theil seines Bauholzes bezogen hat, erregen dem hiesigen Handelsstande Hoffnungen einer gesteigerten 1 fuhr von Brettern, wie einer Ermaͤßigung der Britischen Zil durch voelche unsere Wald-Erzeugnisse bisher gedruͤckt worn sind. Bloß durch dergleichen Begünstigungen koͤnnen die Km dischen Holzhandler die Konkurrenz mit den Nord-Europaͤish aushalten, da sie wegen der feuchteren Beschaffenheit ihres des kein sonderlich dauerhaftes Baumaterial zu liefern im Stan sind, wohingegen das insonderheit von Christiania und Dru men verschiffte das vorzuͤglichste seiner Art ist.

Ueber die Bevorzugung der Russen im Handel mit noͤrdlichsten Kuͤsten⸗Gegenden des Landes, wovon in Schwa schen Blaͤttern die Rede gewesen ist, hat im Grunde keine N tion Ursache, sich zu beschweren. Der Verkehr der Norwen und Russen in Finnmarken gruͤndet sich mehr auf gegenseitig Beduͤrfniß als auf Vertrage, wiewohl es auch schon seit du Jahre 1787 an bestimmten Uebereinkuͤnften zur egenseitig Erleichterung nicht fehlt. Der Russe tauscht sein Mehl, won es oort gaͤnzlich gebricht, gegen Fische aus, welche die Norh ger in reichlicher Menge fangen. Es ist keiner Nation wehrt, an diesem Handel Theil zu nehmen, wie man denn wi rend der sechs Monate seiner Dauer im vorigen Jahre Gz th Hanseatische, theils Britische Schiffe im Hafen der aufbluͤh den und trotz ihrer noͤrdlichen Lage sehr freundlichen Sit Tromsde zaͤhlte.

Bei der vortrefflichen Schlittenbahn, die schon sei zn verwichenen Dezember stattfindet, sind hier durchschnittlich U aus Tag ein 1500 Pferde im Zug aus den hoͤheren Gegende wo die meisten Saͤgemuͤhlen liegen, und die Landstraßen waͤhren ein ungemein lebendiges Schauspiel. Die Kaͤlte ist⸗ haltend, erreichte aber nur am 31. Januor 20 21 Grad unserer Gegend, in den hoͤheren Oesterdalen jedoch 27! 0 Gr An der Südkuͤste liegt das Eis so weit hinaus, daß man Christiansand in einer Entfernung von acht Meilen keine offt See sieht. Wegen der aufgehaͤuften Schneemassen konnen die Wolfe nicht mehr in den Waldungen halten und suchen ih Nahrung außerhalb derselben. Schädlich ist dieses Raubthi allerdings, wird aber nicht fuͤr eigentlich gefaͤhrlich gehalt Es hat in solchen strengen Wintern ein leichtes Spiel mit der auf der Flucht tief einsinkenden Elenn, dessen die Menschen wi gen seiner Seltenheit und seiner Harmlosigkeit durch ein aus druͤckliches Gesetz zu schonen gehalten sind.

Deutschland.

Hannover, 27. Febr. (Hann ov. Ztg.) Ueber die hi herigen Verhandlungen der Allgemeinen Stande⸗Versammlu ist Uns Folgendes zur Kunde gekommen. Die Er ste Kan mer, weiche nie so zahlreich versammelt war, hat den Obn schenk und General-Erbpostmeister Grafen von Platen⸗Hallt mund zum Praͤsidenten, den Justizrath von Wangenheim zt Vice-Praͤsidenten, den Landraih von Hodenberg zum Genen Synditus, den Hofgerichts-Assessor von Luͤtcken zum Vice neral Syndikus erwahlt. Die Zweite Kammer, in m cher noch einige staͤdtische Bevollmächtigte fehlen, erwählte Gber-Justizrath Jacob zum Praͤsidenten, den Hr. ja. 9 zum Vice Praäsldenten, den Schatzraih Eichhorn zum Genet Syndikus. Von beiden Kammern ist eine gemeinschafilt Kommission zur Entwerfung einer Antwort auf die Thron⸗ R beschlossen. An die Stände-Versammlung sind bereits gelam ) Die neue Verfassungs⸗Urkunde mit einem standischen Regleme Ueber erstere hat in Erster Kammer die Berathung bereins beyp zen. 2) Koͤniglche Reskripte des Inhalts, daß das Reglement! ig ben den Verhandlungen dieses Landtags zu Grunde zu le sey. ) Ein Koͤnigliches Restript, wonach die Zuordnung land herrlicher Komm effarien fr diesen Landtag unter denselben? stimmungen fuͤr statinehmig erklart ist, unter denen solches dem Landtage von 1832 1863 festgesetzt war. Diesem gem ist der Justz-Kanzlei-Direktor Leist als landesherrlicher M missair in Zweiter Kammer mit der behufigen Legitimation schienen. „) Ein Koöͤnigl. Restript, wonach die ständische o willigung in die Zahlung von Diaten und Reisekosten in, herigem Maße faͤr diesen Landtag erfordert ist. 5) Ein Kinn Reskript, wonach Stande aufgefordert sind, sich mit dem kj von 19,9990 Rihlr. an der Person- und Gewerbe-Steuer! verstanden zu ertlaͤren und zwar in dem Maße, daß solcher . laß den untersten sechs Klassen ausschließlich zu Gute komm möge, indem ihnen die Zahlung dieser Steuer im Monat 9 ganz und fuͤr den Monat August zur Halste erlassen we 6) Ein Koͤnigl. Reskript mit einem Gesetz- Entwurf über Gefangenhaltüng in polizeilichen Arbeitshäusern. 7) Ein? nigliches Reskript, wonach die von den Haͤuslingen zu enth. tenden schutzherrlichen Abgaben aufgehoben werden sollen,n ein desfallsiger Gesetz⸗ Entwurf. 85 Eine Petition der 6 Esens, wonach diefelbe die Berechtigung der Stadt Aurich dermaligen Wahl in Zweifel zieht. YM Eine Petition des schofs Fritze zu Hildesheim, des Inhatts, die Zulassung zi Vertreters fuͤr Hochdenselben gestatten zu wollen. Auch in Erster Kammer beschlossen seyn, die Zweite Kammer zu ein gemeinschaftlichen Kommission einzuladen, um zu berathen, und wie Mitiheilungen von demjenigen, was aus den stůn schen Verhandlungen von Interesse fuͤr das Publikum sn mochte, zu veranlassen seyen. d

Se. Durchlaucht der Prinz Karl von Solms und

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Großherzogl. Badische Oberst Lieutenant von Frankenberg sind von Berlin hier eingetroffen.

Weimar, 28. Febr. Die Genesung des Großherzogs schreitet fortwaͤhrend so sicher fort, daß man sich der frohen Hoffnung hingeben darf, Se. Königl. Hoheit werde in der naͤchsten Woche wieder das Innere des Residenz⸗Schlosses ver⸗ lassen koͤnnen.

Leipzig, 27. Febr. Unsere Universitäͤt hat einen großen Verlust erlitten. Heute feuͤh nach halb 5 Uhr nh ich sanft

err Karl Heinrich Ludwig Poͤlitz, ordentlicher Professor der

taats⸗Wissenschaften, Direktor des akademischen Konviktoriums, Koͤnigl. Saͤchsischer Hofrath, Großherzogl. Hessischer Geheime⸗ rath u. s. w. Viele Jahre hindurch leidend, aber fortwahrend thäͤtig, setzte Poͤlitz seine Vorlesungen erst vor drei Wochen aus.

chon zeigten sich Symptome der Brustwassersucht, die schnell entwickelt, Allen unerwartet fruͤh, seinem sechsundsechzigjähri⸗ en Leben das irdische Ziel gesetzt haben.

Munchen, 21. Febr. Gestern Abend fand unter Vor— tritt von mehr als 209 fackeltragenden Livréedienern mit aller Pracht und Foͤrmlichkeit die Beisetzung der Leiche der Freifrau von Bayersdorf statt. Der Sarg ward einstweilen auf dem allgemeinen Gottesacker im Grabgewoͤlbe der Gräflich v. Rech— bergschen Familie beigesetzt, bis eine Kapelle in der Gegend des freündlichen Starnbergersee's vollendet seyn wird.

Aus zuverlaͤssiger Quelle erfaͤhrt man, daß Se. Majestäͤt die Errichtung einer weiblichen Erziehungs-Anstalt (Pensionats) bei dem Frauenkloster zu Seligenthal in Landshut nach den vorgelegten Grundzuͤgen genehmigt habe.

Spanien.

Madrid, 14. Febr. Man glaubt, daß die Zehnten-Frage zu heftigen Debatten in der Deputirten⸗-Kammer Veranlassung geben werde, doch duͤrfte die Diskussion dieses Gegenstandes nicht eher beginnen, als bis alle Wahlen gehörig gepruft wor— den sind und alle Deputirte ihre Plätze eingenommen haben.

Madrid, 17. Febr. Dem Vernehmen nach, soll heute mit dem Hause Rothschild ein Uebereinkemmen getrossen wor— den seyn, in Folge dessen dem Ministerium bereits Vorschuͤsse gemacht worden wären. Die ganze Anleihe wurde 20 Millionen Realen betragen und zur Deckung der laufenden Ausgaben be— stimmt seyn. Der Rest soll spaͤter gezahlt werden. Zur Ruͤck— . der Anleihe wäre der Erloͤs der Kriegs-Steuer auf Cuba estimmt.

Die Regierung beabsichtigt die Ecrichtung eines Staats— Rathes, der aus 30 bis tz Mitgliedern, 6 fur jedes Ministe— rium, bestehen soll. Die mit Oeganisirung desselben beauftragte Kommission besteht aus vier Deputirten und einem Senator, namlich aus den Herren Martinez de la Rosa, Toreno, Garely, Sancho und Pacheco. q

Der General Carondelet ist zum General-Capitain von Alt— Castilien ernannt worden.

Syrten.

Bairut, 20. Jan. (Journ. de Smyrne.) Seit eini— ger Zeit ist Syrien der Schauplatz wichtiger Ereignisse gewesen und allem Anschein nach bereiten sich noch ernstere vor. Ueber all hat die Unzufriedenheit mit der Aegyötischen Herrschaft den hoͤchsten Grad erreicht; schon haben auf mehreren Punkten Auf— staͤnde stattgefunden und es bedarf nur eines Funkens, um einen allgemeinen Brand zu erregen. Die Drusen, welche bei der Besitznahme des Landes durch die Aegypter zuerst das Zeichen zum Widerstande gaben, und niemals wirklich unterworfen wur— den, sind heute im offenen Aufstande und wenn sie nur Waffen und Munition haͤtten, so waͤre es um die Aegyptische Herr— schaft in Syrien geschehen. Trotz ihrer schlechten Bewaffnung haben sie indeß schon mehrere sie reiche Gefechte bestanden. Sie greifen die Truppen Ibrahim's uͤberall an, wo sie dieselben finden und diese zittern jetzt vor ihnen und nehmen bei ihrer Annaherung die Flucht. Vor kurzem wurde am Fuße des Libanon auf der Seite von Damaskus ein Detaschement von 3090 Mann regu— lairer Truppen von 130 Drusen voͤllig geschlagen; der Oberst und etwa 40 Mann blieben auf dem Platze. Ibrahim Pascha ist im hoͤchsten Grade erbittert uͤber diese wiederholten Nieder lagen, und droht, Alles zu vernichten; allein er besitzt nicht mehr die hinreichende Macht zur Ausfuhrung seiner Projekte. Waffen und Kriegsmaterial hat er genug, aber es fehlt ihm an Menschen. Seine Armee ist seit einiger Zeit bedeutend redu—

zirt und er wagt es nicht, seine Truppenmacht zu sehr zu thei⸗

len, in einem Augenblicke, wo er durch sein Benehmen das Mißtrauen und den Unwillen der Pforte erregt hat und daher die nicht weit von den Graͤnzen Syriens stehende Tuͤrkische Armee fuͤrchtet. Die Eingebornen sind es nicht allein, welche sich uͤber die Aegyptischen Behoͤrden beklagen; selbst in der Armee zeigen sich deutliche Spuren von Unzufrieden— heit. Auch die Desertion uater den Truppen nimmt täglich zu, und die Ueberiaufer gehen theils zu den Drusen, theils auf das Tuͤrkische Gebiet. Vor wenigen Tagen gingen 2600 Soldaten mit Waffen und Gepaͤck zu den Drusen über, nachdem sie ihren Ansuͤhrer, den General Muhammed Pascha ermordet hatten. Ibrahim Pascha sendet einen Cou— rier nach dem anderen nach Kahira, um Unterstaͤtzung von sei— nem Vater zu erhalten. Die neue Aushebung wird mit der groͤßten Strenge und Grausamkeit betrieben und da die in die— ser Beziehung erlassenen Befehle in Aleppo nicht schnell genug ausgeführt wurden, so bediente sich Ibrahim Pascha folgenden Mittels, um zu seinem Zwacke zu gelangen. Er ließ das Ge— ruͤcht verbreiten, daß die Tuͤrkischen Truppen die Gränze uͤberschrit⸗ ten hatten und ein starkes Detaschement derselben sich Aleppo nähere, um, in Folge einer Uebereinkunft mit dem Sultan, diese Stadt zu be⸗ setzen. Eines Morgens verließen alle C l- und Militair-⸗Behoͤrden, nebst der Garnison die Stadt, und bald darauf zeigten sich in der . Truppen mit Tuͤrkischen Fahnen und Uniformen. Die Bewol ner eilten sogleich zur Stadt hinaus und begruͤßten die vermeintlichen Tuͤrken mit lauter Freude als ihre Erretter von dem Aegyptischen Joche. In diesem Augenblicke drang die am Morgen ausmarschirte Garnison plotzlich von verschiedenen Sei— ten wieder in die Stadt, bemächtigte sich aller Thore, und etwa 5000 maͤnnliche Bewohner von Aleppo, die sich außerhalb der Stadt befanden, wurden auf diese Weise gefangen und in einem

verfallenen Khan untergebracht, von wo aus 2809 dieser Un—

luͤcklichen als tauglich zum Kriegsdienst, ohne Unterschied des

tandes, sofort nach Aegypten abgesandt wurden. Die uͤbri— gen mußten bedeutende Geldstrafen bezahlen. Bemerkenswerth ist es, daß diesesmal saͤmmtliche . ohne Loͤsegeld freige⸗ lassen worden sind.

Vereinigte Staaten von Nord-Amerika.

New⸗Hork, 2⁊9 Jan. Die Biene von Neu⸗Or⸗ eans enthaͤlt folgende Details uͤber das (bereits erwähnte)

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Erdbeben, welches am 18. und 19. Oktober die Stadt Acapulco in Mexiko are. „Wiederholte Erderschuͤtterungen haben die Stadt Acapulco fast ganz zerstoͤrt, und selbst in der Haupt⸗ stadt Mexiko hat man die 3. empfunden, wo sie indeß nicht so heftig waren. Acapulco ist dagegen fast ganz in einen Rui⸗ nenhaufen verwandelt. Die Haäͤuser, die Kirchen sind umge⸗ stuͤrst, die Mauern des Cabo Santo sind zerstoͤrt, und es herischt die größte Bestuͤrzung unter den Einwohnern, welche die Nächte auf freiem Felde zubringen muͤssen. Es sind indeß nur wenig Menschen umgekommen, da die Meisten noch Zeit hatten, sich zu retten. Bemerkenswerth ist es, daß in der Hauptstadt Mexiko die Erdstöͤße immer zwei oder drei Tage spaͤter eintreten, als in Acapulco. Der Popocatepetl raucht.“

Während einer Vorstellung von „Robert der Teufel“ stuͤrzte neulich im hiesigen Opernhause der große Kronleuchter in das Parterre herab, ohne jedoch einen Menschen zu beschädigen. Es befand sich namlich am unteren Ende des Kronleuchters eine eiserne Verlaͤngerung von drei Fuß, die schon immer hatte ab— genon men werden sollen, und doch war sie es, die großes Un— gluͤck verhinderte, indem sie tief in die Ballustrade eindrang, welche die Sitze des Parterre von denen des Parquet trennt, so daß der Leuchter selbst die Kopfe der Zuschauer nicht erreichte, und diese nur mit dem Oel der zerbrochenen Lampen uͤberschuͤt⸗ tet wurden.

Inland.

Berlin, 2. Maͤrz. Man schreibt aus Halle unterm 28sten v. M.: „Unserer Stadt und Universitaäͤt ist in der ver⸗ flossenen Nacht einer ihrer aͤltesten und wuͤrdigsten Mitbuͤrger, der Konsistorial⸗Rath und außerordentliche Proöfessor der Theo— logie, hr. Wagnitz, im 83sten Lebensjahre durch den Tod ent— rissen worden. Der Verewigte ist uͤber ein halbes Jahrhundert als Seelsorger an der hiesigen Haupt-Pfarrkirche zu U. L. Fr., deren erstes geistliches Amt er lange Zeit hindurch bekleidete, thaͤtig gewesen und hat sich uͤberdies durch seine Wirksam keit als akademischer Lehrer, so wie als , n. und Volks⸗Schrift⸗ steller, die allgemeine Achtung und Liebe auch in einem weite— ren Kreise zu erwerben gewußt.“

Wissenschaft, Kunst und Literatur.

Martin Luther's Leben von G. Pfizer. 1836. XXIV. und 91I Seiten.

Während die Schweizerischen Reformatoren im Ablaufe der letz— ten Jahre reichlich mit Biegrapbieen veischen wurden, ist über un— sere Dentschen kaum etwas Erhebliches in dieser Art erschienen. Man hat sich begnügt, ihre Werke iheilweise neu herauszugeben und ein— zelne Momente ihres Lebens und ihrer Schriften kritisch zu beleuch— ten. Worin liegt der Grund? Shue Zreifel in dem richtigen Be— wußtscon der Schwierigkeit einer solchtn Aufzabe, welche durch den Blick auf einzelne ausgezeichnete Leistungen theologischer und nicht töeolegischer Biographik der Gegenwart noch erböht werden mußte.

Hiermit wollen wir gegen das vorlicgende Werk um se weniger ein ungünstiges Urtheil zum voraus erwecken, als der Perfasser auf den Rühm eines allen Anforderungen des Theologen, Historiters und Kritikers genüzenden Werkes (ju dessen Ausarbeitung es wohl auch einer Reihe von Jahren bedurfte) keinerlei Anspruch macht. Sein Buch soll, wie er selbst sagt, „nur die rechte Mitte halten zwischen einer nur äußeren Geschichis-Erzählung, wobei die eigentlichen Trieb— federn, Streitpunkte, Glaubens-Differenzen n. s.. w. nicht in ihrer Bedeutung und in ihrem Einfluß hervorgedeben würden, auf der an— deren Seine zwischen einer für nicht wissenschaftlich u id theolog isch gebildete Leser unverständlichen, gelehrten Erörterung der theolo⸗ gischen und kirchlichen Strenifragen.“ Mit gedrängter Andeutung und Wärdigung der dogmatisch⸗ kirchlichen Fragen soll Faßlichktit und Anschaulichkeit verbunden werden. Der Verfasser will also diese bi⸗ storische Erscheinung, „der keine andere ähnliche an die Stite gesetzt werden kann“, dem Bewußiseyn eines gebildeten Publikums nahe bringen oder, mit einem Werte, ein Volksbuch im höheren Sinne des Wortes liefern. Lierdurch ist aber so wenig einem umfassenden biographi⸗ schen Werke über Luther der Platz versperrt, daß vielniehr dem selben hier⸗ durch nur der Eingang bei cinem größeren Publikum gebahnt wer— den kann. Dieser Aufgabe, deren Schwierigfeit dem Kenner nicht entgebt, ist der Verfasfer auch durch seine ganze Arbeit hindurch sich stets bewußt geblieb:n.

In einer Einleitung legt der Verfasser die Grundsätze vor, die ihn bei seiner Geschichtsschreidung leiteten. Zugleich werden die älteren und neueren Behandlungsweisen kritisch durchgegangen Am wenig⸗ sten sagt dem Verfasser die Methode derer zu, welche sich auf einen angeblich ausnehmend hohen Standpunkt der Geschichtsbetrachtung stelen, was dann zur Folge hat, „daß die wichtigsten und tiefsten Un—⸗ terschiede, als in solcher Höhe und Ferne verschwindend und gering— fügig, nicht beachtet, die in ibrem Wesen verschiedensten Erscheinun⸗ gen und Thatsachen einer flüchtigen Aehnlichkeit zu lieb zusammenge— stellt und parallelisirt, kurz die Gestalten und Bestandiheile der Ge⸗ schichte nach den sonderbarsten Launen und Grillen schematisirt, und wie in architektonisch-chrematische Figuren will lürlich zusammengelegt werden als ein vielfach mißhandelter Stoff füc eint oft geistreiche, oft armselige und abgeschmackte, aber immer der Wabrheit nachtheilige Reflexion.“ Mit Recht wird bemerkt, wie bei einer solchen ver— meintlich erbabenen, großartigen und tiefsinnigen, in der That aber frivolen Geschichisbehandlung die Personen nur nech „als Träger oder Spmbole gexisser willkürlich in sie gelegten Ansichten gelten, ihre Eigenihümlichkeit und allen ihren Charakter verlieren, so wie auch der auf solche Weise gekitzelte Geschmack die derbere, aber nabrbafte Kest der wirklichen Geschichie nach und nach ver— schmäht.“ Gegen die einseitige unwahre Methode, welche nur jedesmal so viel des Faktischen erzählt, als es zur Begründung oder Bestäligung ihrer Maximen dient, bemerlt unser Biograph: „Luther ist nicht wie cine balb ausgearbeitete Figur, die nur die Vorderseite dem Beschauer darbeut, sondern eine vollendete, ganz frei in der Geschichte hervortretende gediegene Gestalt, dit man von allen Seiten betrachten und beleuchten mag.“ So wird denn die wahre Methode, Lutber's Biographie zu schrei⸗ ben, mit Wenigem dabin ausgedrückt: „Am Ehrendsten für Luiher ist gewiß ine solche Darstellung seines Lebens, welche mit möglichster Treue Alles und Jedes aufnimmt, soweit die Fülle des Stoffes es gestattet, und getroͤst dem Eindruck eutgegensicht, den das Ganze auf empfängliche Gemüther machen muß.“ Dabei abtr hat der Bersasser, und mit Recht, alles das aus dem Spiel gelassen, was entweder nur dem Parteihaß Stoff geben, oder bet dem veränderten Geschmack der Zeit dem Mißverständniß ausgesetzt seyn könnte.

Das Leben selbst entfaltet sich in 38 Perikopen, deren Inhalt durch folgende Ueberschriften bezeichnet wird: Luther's Jugendjahre; Luther's Klosterjahre; Luther an der Universität in Wittenberg; Lu⸗ ther's Reise nach Rom; der Ablaß; Miltitz und Eck; der Bann u. s. w. Von den allgemeineren heben wir bier nur heraus: Die Stimmung in Deutschland; Luther's Politik; Luther und Erasmus; Luther's Privatleben; Luther und das neue Kirchenthum; Luther und Melanchton; Luther als Prediger, Gelehrter und Schriftsteller; Lu— ther's Welt- und Lebens⸗Ansicht.

Dem größeren Theil der Erzäblung nach tritt der Geschilderte in ganz unmittelbarer Weise, ohnt sich in dem Biographen zu reflekti⸗ ren, vor das Auge des Beschauenden. Mit vieler Kunst und schönem Takt hat der Verfasser aus Luther's eigenen Worten ein Ganzes musivisch zu komponiren gewußt. In anderen Partieen, besonders in den schwierigen, der Controverse anheim fallenden, hat er sich an

Stuttgart

Partieen 1 Lutber' s

die bewährtesten Quellen gehalten. Ueberall tritt das Bestreben ber⸗

vor, das Fakltische heraus sustellen, Meflerxion und historisches Senti⸗ ment zurücktreten zu lassen. Rur wo es ganz noth g erschien. entschloß sich der Verfasser nachzuhel fen, namenilich durch Zusammen⸗ ordnen des Zerstreuten dem Ganzen die rechte Klarheit * verschaffen.

Als Charakteristisches darf ferner die Unbefangenhelt hervorgeho⸗ ben werden, welche ung deshalb vorzüglich als die rechte erscheint, weil sie mit einer Begeisterung für jene große Zeit und den, der die Seele derselben war, gepaart ist.

Diese Unbefangenheit nehmen wir theils in der Schilderung Lu⸗ ther's selbst wahr, theils wenn der Verfasser die entgegenstedenden Für letziere verweisen wir auf das Kapttel von erhältniß ju Erasmus 8. Ddöh seg.) wo vielleicht eher Lu⸗ ther oft zu nahe getreten und das halbe, unentschiedene Wesen sines gelehrten Freundes zu sehr verschlesert wird. Ferner die Apologie Karl's V. p. 191 seq.) die man von mancher Seite anzufechten geneigt feyn könnte; endlich die kiare leidenschaftlese Würdigung des Papsithums von histerischer Seite (p. 82 —— Das Erstert tritt J. B. hervor in der Erzählung ven dem Streste Luther's mit Heinrich VIII. (02 u. f.). Luther's übergroße Heftig⸗ feit, namentlich in dem Schriftwechscl, wird one Hebl dargelegt, und in Abrede gesiellt, daß bier und sonst „gerade eine solche Sprache nöthig und ersprießlich gewesen sey, um die Sache der Reformation sicgreich durchzuführen; denn sie habe wehl mehr erbittert, als über⸗ end und gewonnen.“ (S. z73.) Hinwiederum feblt es uicht an Au⸗ eutungen, wie solche auffallende Erscheinungen erklärt, und unter welche Gesichtspunfte fie gestellt werden müßten.

„Wo Luther nur Uebdelwollen und Bosheit sah oder zu setzen Laubte, da legte er auch seinem Eifer keine Zügel an, und die Schnelligkeit, mit welcher stine gewaltige Feder die Ergüsse seines Zorns hervorströmte, und die Rastlosigkeit seines Geistes ließen ihn nicht lange jwischen Worten und Ausdrücken wäblen. Er trug stin Herz auf der Zungt und wie sollte mau ibm rerargen, wenn die⸗ ses Herz aber auch imenschlichen Schwächen, dem Zorn und der Lei⸗ denschaftlichkeit, zugänglich war, zumal da der Gegenstand seines Streitens und Kämpfens, und die Inuigkeit seiner Ueberzengung auch das an fich minder zu Billigende dech wieder vergdelte. Die⸗ jenigen freilich sehen sich durch seine maßlose Sprache sehr in Ber⸗ legenheit gesetzt, welche ibn ganz und gar unter dem Gesichtspunkt eines Heiligen glauben auffassen zu müssen; aber wie sehr dies Luther's eigenem Bewußtseyn und Gefühl widerspricht, braucht kaum erwäbnt zu werden.“

Unter den konzentrirenden Tadleaur des Buches erscheinen be⸗ sonders interessant: „Die Stimmung in Deutschlaud.“ „Luther's Politil“ (d. h. seine Eikärungen über bürgerliche und siaatliche Berbältniffe, besonders über die Relation der Reichsfürsten zum Kaiser. „Luther und das neue Kirchenthum“, und vorzugsweise der letztö unter den oben angegebenen Abschnitten. Als das eigentliche Fundament seiner Weltanschauung bezeichnet der Verfasser durchaus richtig. die höchsie Religiösität, o der diejenige Gesinnung, welche alles eigene oder fremde Thun und Leiden, alles, was überall ge⸗ schicht, auf Gott zurückführt oder mit Rücksicht auf ihn betrachtet.

Weniger kann man beistimmen, wenn (p. S9) es von Luthern geradezu heißt: er habe von der eigentlich philosopischen Speculation Über die Gegenstände der Religion nichts wissen wollen.“ Es hat dics nur dann eine Wahrheit, wenn es so viel bedeutet ais: Luther habe sich an das einfache Verständniß gehalten und nichts wissen wollen von dem hochfliegenden, excentrischen Rationalismus eder Mysticismus, der dem eigenen Licht, sey es das der Vernunft oder einer gewissen Inspiration, eine höhere Instanz zutheilt. Aber kei⸗ nesweges darf damit gesagt werden, daß es Luthern überhaupt an Siun für theologische Speculation und Mysiik, im guten Sinne des Worts, gefehlt babe. Das Gegentheil bezeugen seine Lieblings bücher, seine früheren Studien und die bei Beb indlung der sublimsten Dog—⸗ men durchschimmernde religiös⸗-pbiiosopbische Ansicht.

Uebrigens scheint es, als ob der Verfasser iheils durch das ver— ber Bemertte, noch mehr aber durch das Folgende, die gegebene Be⸗ hauptung selbst tbeilweise aufhöbe. ;

Bei einer neuen Bearbeitung wäre vielleicht für die Umgebun⸗ gen Luther's, sowohl die befreundeten als die feindlichen Personalitä—⸗ ten, zum besseren Sachverständntß noch eine genauere Zeichnung im wünschen, auch für die Bildungsjahre Luther's chier ist 4. B. die An⸗ aelegenbeit mit Alexius wobl zu kurz abgefertigt, auch nicht in ihrer Tiefe begriffen) und was sonst sein einfach schmuckloses Privatleben betrifft, würde immer noch mehr Detail will kemmen seyn. Hierzu dürften die Reformations-Almanache mit Mutzen gebraucht werden. Die rier Kupfer stehen nicht in richtigem Verhältniß zu der schö⸗ nen Diction und sonstigen würdigen Ausstattung. d.

Wann wurde die Buchdruckerkunst erfunden? Fast allgemtin nahm man bisher das Jahr 140 als das Jahr der Erfindung an. Denn das Jabr 1438 in Böttiger's Geschichts⸗ tafeln und 1136 in Schaab's Geschichte der Buchdruckerkunst, stützen sich auf gar keine geschichtlichen Gründe. Herr Baumeister Weiter in Mainj, der unlängst eine vortreffliche Geschichte des Buchdrucks geschrieben, hat eben ein Schriftchen berausgegeben: „Beantwortung der Frage: in welchem Jabre ist die Buchdruckerkunst erfunden wor⸗ den?“ Wenn wir unter Buchdruckerei das Drucken mit beweglichen Buchstaben verstehen (denn das Drucken mit Holztafeln haben schon die Siner vor Jahrtausenden gehabt), so ist erstens Mainz der Ort, weitens das Jahr 1150 die Zeit der Erfindung. Herr Wetter führt ir. sieben wichtige Zeugnisse an: I) Gutenberg selbst nennt am Schlusse des von ihm 160 gedruckten Wörterbuchs Catholicon, Mainz als den Erfindungsort, alma in urbe Maguntina u. s w. 2) Sein Gehilfe Peter Schöffer nannte dem Abt Tritbem in seinen Annalen des Klosters Hirschau Mainz und das Jahr 1150 als Ort und Zeit der Erfindung, his 6 (100) in civitate Moguntina in venta et excogitata est ars illa mirabilis et prius inaudita imprimendi et caracterizandi libros per Joannem Gutenberger, eivem Moguntinum. z) Der Sohn des Peter Schöffer, Johann Schöffer, sagt in der , , der von ihm 1505 zu Mainz gedruckten Deutschen Ueber etzuug des Livius an den Kaiser Maximilian l.: „Solch wergk, das in der löblichen Stadt Menz gefertigt und getruckt ist, wöll Ew. Ko. M. gnediglich ufnemen, in welcher Stadt anfengklich die wunderbare Kunst der Truckerei, und im ersten von dem kunstreichen Johann Gut— tenberg, da man zalt nach Christi unsers Herrn Gedurt 1150 erfun⸗ den u. s. w.“ 4) Derselbe Johann Schöffer nennt, am Schlusse des von ihm zu Mainz 1518 gedruckten Breviarium Historiae Francorum des Abts Trithem, Mainz die erste Erfinderin der Buchdruckerkunst im Jahre 1380. 3) Die Kölner Chronik sagt: etzu Menz am Ryne, do man schrevff MUCCCCkL, do began man tzu drucken, und was das evrste Bouch dat man druckte, die Bvbel zu latin u. s. w.“ 6 Ein Neapolitaner, Mariangelus Accursins, im Anfange des 16en Jahr⸗ hunderts, schrieb auf einen auf Pergament gedruckten Donat, daß die⸗ ser Donat zuerst von einem Mainzer Bürger, Johann Faust, 1450 gedruckt sei' 7) Bergellanus in seinem 5a ju Mainz gedruckten Lobgedichte auf die Buchdruckerkunst sagt, daß Gutenberg 1480 zu Manz die Erfindnng gemacht habe. Da nun Mainz als Ersindungs-⸗ ort fesisteht, so kann die Erfindung nur entweder vor 1320 oder nach 1424 geschehen sein, weil Gutenberg jene 23 Zwischenjahre zu Straß burg fich aufhielt. Daß man so lange das Jahr 1110 als Grsindungs⸗ jabt annahm, kam wobl daher, daß Guttenberg in jenem Jabre zu Straßburg mit Holztafeln zu drucken anfing. Aber der Diuck mit

beweglichen Lettern geschah durchaus 10 Jahre später. Z e.

Aus vwiürtige körse n.

Amsterdam, 25. Februar. Neue Anl. 181. Antwerpen, 2A. Februar. Passive Zinal. Sisz. Neue Anl. 18166. Br. 2/1. G. Frankfurt a. M., 27. Februar. Oesterr. So,, Met. 2 G. A0, 101. G. 26 in ö oiiss. * io, 253. 2656. Hank. Actigd 1726. 723. Hard. oll. 1801/.. G. Loon zu doo Fl. 1211/6. 1207 /.. Loose zu 100 FI. 261. 6.