1838 / 132 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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erst eine einzige dieser Gewalten 18. worden; zweien an · dern steht noch volle Macht zu, das Gesetz anzunehmen oder zu verwerfen. Jedes Vergessen dieser Grundsaͤtze, jede morali sche Gewaltthätigkeit wurde eine Beleidigung gegen die Majestät unserer Verfassung seyn.“

Der Temps will wissen, ein großer Theil der Depu⸗ tirten habe beschlossen, das Budget nicht eher zu bewilligen, bis das Renten- Reductions⸗-Gesetz auf offizielle Weise durch den Moniteur publizirt worden sey.

Mehrere Journale hatten das Geruͤcht verbreitet, daß der Graf Molé am Sonnabend fruͤh seine Entlassung eingereicht gehabt, und daß der Konig die Annahme derselben verweigert hätte. Das Journal des Paris widerspricht diesem Ge— euchte auf das Bestimmteste.

Als man einen Witzling fragte, was er dazu sage, daß die Minister nach der Niederlage in der Deputirten-⸗Kammer ihre Stellen nicht niederlegten, erwiederte er: „Ich schließe daraus, daß die parlamentarische Todesstrafe abgeschafft worden ist.“

Wahrend im Westen, Norden und Osten Frankreichs die Festlichkeiten am Namenstage des Königs durch rauhes und regnigtes Wetter gestoͤrt wurden, hatte man in Bordeaux und in anderen Städten des Suͤdens an demselben Tage das schoͤnste Wetter und den hellsten Sonnenschein.

Der Lord Seymour hat an dem gestrigen ersten Tage der Wettrennen, wie sich voraussehen ließ, saͤmmtliche Preise ge— wonnen.

Das Benefiz der Dlles. Elsler hat uber 30, 009 Fr. einge⸗ tragen; aber die lebenden Bilder scheinen dem Franzoͤsischen Publikum nicht sehr sasese g zu haben.

Die Regierung soll heute auf telegraphischem Wege die Nachricht von der Ankunft des Infanten Don Francisco de Paula und seiner Familie in Bayonne erhalten haben.

Im Journal du Commerce liest man: „Das Spa— nische Ministerium fahrt noch immer fort, mit Herrn Aguado wegen der Anleihe von 500 Millionen Realen zu unterhandeln. Es hat jetzt den Herrn Marliani abgesandt, der der Ueberbrin⸗ ger eines Traktats ist, welchem nur noch die Unterschrift des genannten Banquiers fehlt. Herr Aguado hatte einen Beweis von Klugheit gegeben, indem er sich von dieser Sache zuruͤckzog. Sein Name konnte in der That an den Boörsen von Paris und London nicht wieder erscheinen, ohne Mißtrauen und Murren zu erregen. Man wuͤrde sich augenblicklich sowohl des Ursprun⸗ ges seines ungeheuren Vermoͤgens, als des damit verbundenen Unterganges der Besitzer Spanischer Papiere erinnert haben. Herr Aguado scheint allerdings auf den Beistand der Regierung gerechnet zu haben. Die ministeriellen Journale sollten ihm geöffnet und in denselben seine Anleihe gepriesen wer— den. Wer steht aber Herrn Aguado fuͤr die Erfuͤllung so schoͤner Versprechungen? Wenn das Kabinet der Tui— lerieen Spanien haͤtte retten wollen, so wuͤrde es laͤngst gerettet seyn. Das Kabinet haͤtte ihm laͤngst Menschen oder Geld ge— ben konnen und kann es noch. Auf welche Weise aber hat es sein Wohlwollen an den Tag gelegt? In der Politik sprechen Thatsachen lauter als Worte und stets muß man in den That⸗ sachen das Geheimniß der Gedanken suchen. Die Franzoͤsische Politik hat Spanien alles verweigert; sie hat sich selbst gewei⸗ gert, England zu unterstuͤtzen, und es ist 8 sogar gelungen, diesem Lande einen Widerwillen gegen die Spanischen Angele— genheiten einzufloͤßen. Auch jetzt ist es der Zweck des Franzoͤ— sischen Ministeriums, die Spanische Anleihe scheitern zu machen, und in den Handen des Herrn Aguado wird sie gewiß schei— tern; die Bittschrift der Inhaber Spanischer Fonds an die Kammern ist der beste Beweis dafuͤr. Wir werden dieselbe naͤchstens mittheilen und man wird sehen, was sie fuͤr eine Sprache fuhren.“ .

Das Meämorlal Bordelais meldet, nach einem Schrei⸗ ben aus Madrid, daß die Reise des Grafen von Toreno nach Paris nur so lange aufgeschoben sey, bis man Nachrichten von Herrn Marliani erhalten habe, der bekanntlich zur Anknuͤpfung neuer Unterhandlungen in Bezug auf eine Anleihe nach Paris gesandt wurde.

An der heutigen Boͤrse stieg die Franzoͤsische 5 proc. Rente trotz der Annahme des Konverstons⸗-Gesetzes. Man schmeichelt sich mit der Hoffnung, die Pairs-Kammer werde den Gesetz⸗ Entwurf entschieden zuruͤckweisen, und die Frage daher bis zum nächsten Jahre verschoben werden. Die Qn een des Sie⸗ ges uͤber Negri hat auf die Course der Spanischen Papiere keinen Einfluß geaͤußert.

Großbritanien und Irland.

Parlaments-Verhandlungen. Oberhaus. Siz— zung vom 4. Mai. er Marquis von Londonderry wuͤnschte zu wissen, was die Regierung zu Gunsten der armen aus Spanien zuruͤckgekehrten Legionairs zu thun Willens sey, deren Forderungen sich jetzt auf 300,000 Pfd. beliefen und de— nen der hiesige Spanische Gesandte kein Gehoöͤr schenken wolle. Lord Melbourne beschraͤnkte sich aber auf die ganz allgemeine Antwort, daß die Regierung sich aus allen Kraͤften bemuͤhen werde, eine baldige Berichtigung jener Forderungen zu Stande zu bringen. Graf Wicklow uͤberreichte mehrere Bittschriften aus Irland, in denen das Haus ersucht wird, keine Maßregel zu genehmigen, durch welche die Unterstuͤtzung auf arbeitsfaͤhige Arme ausgedehnt wurde. Eine andere von ihm vorgelegte Petition war direkt gegen die vom Unterhause angenom— mene Irlaͤndische Armen -⸗Bill gerichtet, namentlich gegen die Errichtung von Arbeitshäͤusern, weil solche Anstalten fuͤr die an keinen Zwang gewohnte Irlaͤndische Bevölkerung durchaus nicht paßten, und gegen die den Armen⸗Kommissarien zu verleihende Gewalt, weil dieselbe viel zu umfassend sey. „Ich glaube“, sagte der Graf, es werden aus allen Grafschaften, aus allen Gegenden Irland'es ahnliche Bittschriften einlaufen, denn ich kann mich keiner Maßregel erinnern, gegen die alle Klassen so eingznommen gewesen waͤren, wie gegen diese Armen⸗Bill. Und doch sind alle Einwohnerklassen des vereinigten Königreichs der Ansicht, daß die Zeit gekommen sey, wo fuͤr die Irlaͤndischen Armen irgendwie von Seiten der Gesetzgebung Sie n. werden muͤsse; ich glaube daher, daß dies Haus jene Maßregel nicht wired verwerfen durfen, ohne dem Parlament eine andere zur Erwägung anzuempfehlen. Ich fur mein Theil weiß aber keine andere Maßregel vorzuschlagen, denn je mehr ich mich mit dem Gegenstande beschaͤftigt habe, desto schwie⸗ riger finde ich ihn; ich werde mich daher uch der uns vorljegenden Bill bei der zweiten Lesung nicht widersetzen, in der Hoffnung, daß sie im Ausschusse noch manche Verbesserun⸗ gen wird erhalten können.“ Der Marquis von Clanricarde dagegen, der zur Whig⸗Partei gehort, erklärte, daß er gegen die Bill stimmen werde. Mit th übereinstimmend sprach sich der Marquis von Londonderry aus, der zugleich sein Er— staunen daruber kund gab, daß das Ministerium, da es doch

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nell s folge, hier . dessen Ansicht handle. Viscount Eorton

richtete hierauf an den Premier ⸗Mnister die Frage, ob die Regierung das Gesetz, wonach ein Jeder, der sich unrecht— mäßig einen kirchlichen Titel anmaße, zu einer Geld— strafe von 100 Pfd. verurtheilt werden solle, gegen den katho⸗ lischen Prälaten Dr., Mac Hale in Anwendung zu bringen ge⸗ i. sey, der sich in gewissen Briefen, die er Ser das in

rland eingeführte Unterrichts⸗System an den Minister des Innern geschrieben, den Titel eines Erzbischofs von Tuam an⸗ gemaßt habe, indem er sich John Tuam unterzeichne. Die Ant— wort Lord Melbourne's, daß die Regierung es aus mehre⸗ ren Gruͤnden, die er hier nicht auseinandersetzen koͤnne, ange⸗ messen gefunden habe, keine gerichtliche Verfolgung auf Grund jenes Gesetzes gegen den genannten Pralaten einzuleiten, zog dem Minister einige heftige Vorwuͤrfe von Seiten der Grafen Wicklow und Winchilsea zu, die in dem Benehmen der Minister eine Aufmun⸗ terung der Katholiken zu gesetzwidrigen Handlungen er— blicken wollten; der Herzog von Wellington aber verthei⸗ digte Lord Melbourne's Ansicht von der Sache, indem er be— merkte, daß es allerdings nicht angemessen seyn wuͤrde, eine ge⸗ richtliche Berfolgung einzuleiten, wenn man nicht ganz gewiß überzeugt sey, daß die Unterschrift, deren sich der genannte Praͤ— lat bedient habe, eine Verurtheilung desselben, auf Grund der katholischen Emancipations⸗Akte, zur Folge haben wuͤrde.

London, 5. Mai. Ihre Majestäͤt die Königin ertheilte gestern dem Fuͤrsten Esterhazy eine Audienz; auch die Tochter desselben, die Graͤfin Chorinsky, wurde von Ihrer Majestaͤt empfangen.

Die Unumstoͤßlichkeit der Anspruͤche des Koöͤnigs von Han⸗ nover auf die fernere Erhebung seiner Britischen Apanage wird vom Standard noch durch solgende Bemerkungen bekräftigt: „Georg III. war gesetzlicher Erbe bedeutender erblicher Reve⸗ nuͤen. Diese Einkuͤnfte kaufte ihm der Staat vermittelst eines fuͤr das Publikum hoöͤchst vortheilhaften Handels unter der Be⸗ dingung ab, daß fuͤr den Koͤnig und seine Familie durch eine Civilliste in angemessener Weise gesorgt werden solle. Ein Theil des solchergestalt dem Koͤnige von England gegebenen Aequiva— lents ist das Jahrgeld fuͤr den Koͤnig von Hannover. Diese Annuitaͤt haͤtte der letztere Monarch an dem Tage, wo sie ihm durch das Gesetz gesichert wurde, verkaufen, er hatte den Werth derselben in Landbesitz daheim oder im Auslande oder auch in Britische oder fremde Fonds umtauschen koͤnnen. Wie kann man daher behaupten wollen, daß diese Annuität wie ein gewoͤhnliches Gehalt zu betrachten sey, der einzige Gr und, worauf Herrn Hume's abgeschmackter Vorschlag sich stuͤtzte« Man weiß uͤbri⸗ gens recht gut, wovon die Feindseligkeit des Herrn Hume ge— en den Herzog von Cumberland herruͤhrt. Er wollte gern die Johnstonesche Familie, deren minorenner Erbe unter der Vormund⸗ schaft Sr. Koͤnigl. Hoheit stand, und die nach dem damaligen Wahl⸗-Systeme uͤber den Parlamentssitz fuͤr Weymuth zu ver—⸗ fuͤgen hatte, fuͤr immer dieses Sitzes berauben und bedurfte dazu nur der Willfährigkeit des Herzogs von Cumberland. Er war dreist genug, Se. Koͤnigliche 3 dadurch bestechen zu wollen, daß er sich erbot, kuͤnftig bei allen Angelegenheiten im . ganz nach dem Willen des Herzogs zu stimmen.

er vechtliche hochherzige Prinz begegnete diesem gehaͤssigen Vorschlage, wie es sich gebuͤhrte, er warf den Proponenten zur Thuͤr hinaus. Von dem Tage an war der Herzog von Tum— berland und Koͤnig von Hannover das bestandige Ziel von Herrn Hume's Angriffen und Verleumdungen.“ Lord Melbourne hat seinem Privat ⸗Secretair, Herrn San⸗ son, ein Amt als Zoll- Kommissar verschafft, was den Stan—⸗— dard zu der Bemerkung veranlaßt, dies sehe fast aus, als ob der Premier⸗Minister sein Haus bestelle. Graf von Belfast ist zum Vice⸗Kammerherrn des Koͤnigli⸗ chen Haushalts ernannt worden. Der Englische Gesandte in Lissabon, Lord Howard de Wal⸗ den, wird dieser Tage hier eintreffen und erst nach der Kroͤ—⸗ nung wieder auf seinen Posten zuruͤckkehren. Die Oppositions⸗Blaͤtter sind sehr erfreut daruͤber, daß end⸗ lich dem Dienst von Englaͤndern in dem Spanischen Buͤrger⸗ kriege durch die Aufhebung der Erlaubniß zu Anwerbungen ein Ende gemacht sey, denn die Ausnahmen, welche die Regie—⸗ rung, nach Lord Melbourne 's Erklaͤrung, fuͤr einzelne Indivi⸗ duen noch zulassen will, halten jene Blaͤtter fuͤr unbedeutend, da sich schwerlich noch Viele finden durften, die so thoͤricht seyn wuͤrden, um eine solche Erlaubniß nachzusuchen, und diejenigen, die dies etwa noch thaͤten, jedenfalls als unsinnige Abenteurer 9 betrachten waͤren, denen eine civilisirte Nation mit Freuden

alet sagen koͤnne. Der Morning Herald, der die Zahl der von den 15, 000 Mann der Britischen Legson durch das Schwert, durch Krankheiten oder Hungersnoth Umgekommenen auf 10,000 angiebt, bemerkt ubrigens, daß man die Nicht-Er⸗ neuerung der Suspension des Verbots von Anwerbungen fuͤr fremden Dienst weder dem Parlament noch der Presse zu ver⸗ danken habe, sondern nur der Unmöglichkeit, eine neue Legion zu Stande zu bringen, da sich in England Niemand mehr finde, der sich der Spanischen Treulosigkeit zum Opfer hingeben moͤchte. Der Irlaͤndische Central-Registrirungs-Verein, der in Dublin von O Connell organisirt worden, hat nach dessen Ab⸗ reise am Montage seine erste wöchentliche Versammlung gehal⸗ ten, in welcher mehrere Irlaändische Parlaments- Mitglieder, die Herren Maule, Hume, YJates, Reddington, Evans, Somers und Archbold, und drei katholische Geistliche in denselben auf— genommen wurden. Jedes dieser Mitglieder steuerte 5 Pfund, Herr Archbold allein 25 Pfund zu dem Fonds des Vereins bei, den die Tories bekanntlich als eine neue katholische Asso— ciation betrachten. - Kuͤrzlich wurde in Dublin ein Pair, Graf Roscommon, zu einer polizeilichen Strafe von 5 Shilling verurtheilt, weil er auf oͤffentlicher Straße so betrunken gewesen, daß er sich nicht mehr hatte aufrecht halten koͤnnen. Am andern Tage, als er von dem Friedensrichter verhoͤrt wurde, wollte er seinen Hut nicht abnehmen, indem er auf das Privilegium als Pair Anspruch zu haben glaubte. Ein Konstabler mußte ihm daher den Hut mit Gewalt vom Kopfe reißen. Als der Verurtheilte sich entfernte, rief er dem Friedensrichter noch einmal zu: „Sie sollen von mir hoͤren; ich werde Sie uͤber mein Privilegium belehren.“ Der Friedensrichter antwortete darauf; „Wenn Sie noch ein Wort sprechen, so werde ich Sie verhaften lassen; nehmen Sie sich in Acht.“ Dem Vernehmen nach, hat die Regierung zu den Kosten des Niederreißens der Bank-⸗Truͤmmer 200,009 Pfd. beigetra—⸗ gen und zum Bau einer neuen Boͤrse 150,000 Pfd. bewilligt. Die Britische und auswaͤrtige Bibel⸗Gesellschaft, welche am 2ten d. ihre Jahres-Versammlung hielt, hat im vorigen Jahre eine Einnahme von 97,237 Pfund gehabt und 590,98 Bibeln

von demfelben vertheilten Bibeln belaͤuft sich setzt 16, Ss, 05. ö ö fetzt ichn Das Typhus⸗Fieber hat im letzten Monat hier in dom unter der aͤrmeren Volks-⸗Klasse sehr um sich gegriffen, fun die Armen⸗Kommissarien sich veranlaßt gefunden haben 9 Aerzte zur Angabe von Vorkehrungen egen die weitere R breitung dieser Epidemie aufzufordern. ie Letzteren erklz aber, daß sie den Grund des Uebels nicht in ortlichen Umz den finden koͤnnten, da es sich in den gesundesten und rein en Theilen der Stadt eben so wie in den bevölkertsten chmutzigsten gezeigt habe. Es wurde darauf von der * Kommission beschlossen, in jedem Armen-⸗Bezirk ein besonden Hospital zur Aufnahme der Typhus⸗-Kranken einzurichten. Das andere große Dampfboot, welches zwischen En lan und den Vereinigten Staaten fahren soll, der „große Wesnn⸗ ist nun ebenfalls abgegangen und am 15. April auf seinem * nach New⸗York unter 450 40 Br. und 37 50“ L. vorn Schiffe „Henry Brougham“ getroffen worden. 5 Die Chinesische Regierung hatte bekanntlich vor einigen naten neue Verordnungen zur Unterdruͤckung des Opiumhandelh⸗ lassen. Kaufleute, die an demselben Theil genommen, sollten g Canton vertrieben und die in diesem Handel beschaͤftigten Sh in Beschlag genommen werden. So befahlen die Behoͤm von Pecking. Aber trotz dem ist der Handel zu Lintin, so n in anderen viel noͤrdlicheren Hafen und zu Macao, sortges worden; Tausende von Kisten sind die Bocca passirt, und ziemlich ansehnliche Menge Opiums hat auf fremden Sch seinen Weg nach Whampoa und auf fremden Boten nach Cg ton gefunden. Man hat daher neuerdings in Canton eine gif Anzahl von Schleichhaͤndlern gefangen und ihre Boͤte in IJ! schlag genommen, und die Ortsbehoͤrden haben sich in feierlih Prozession nach dem Paradeplatz begeben, um die verbon Waare daselbst zu verbrennen. Dessenungeachtet zweifelt m daß die Befehle der Regierung in irgend einem Falle streng vollzogen worden sind. Im Gegentheil, es sollen gan Quantitaͤten, die angeblich der Vernichtung preisgegeben wu den, heimlich beiseit geschafft worden seyn. „Wer die Chinesn kennt“, sagen die in Canton erscheinenden Englischen Zeinmn gen, „der glaubt auch nicht an die Verbrennung eines einzig Pfundes Optums; vielmehr weiß man, daß die Regierungöbhsn selbst diesen Handel am meisten getrieben haben.“

Belgien.

Bruüͤssel, 6. Mai. Die Repraͤsentanten⸗Kammer hat in ihrer letzten Sitzung den Bericht der Central⸗-Section lber die neue Anleihe vernommen. Hiernach soll nunmehr die Negfe— rung ermächtigt werden, ein Kapital von 37 Millionen Fi. zy A1 pCt. Zinsen aufzunehmen. Bei geringerem Zinsfuße kam das Nominal⸗Kapital auch vermehrt werden. Von dieser An leihe sollen 10 Millionen zur Einlssung der umlaufenden Vn sorscheine und das Uebrige zu den ferneren Kosten der Eisen bahnen verwandt werden. g

Naͤchstens soll nunmehr die tagliche Postverbindung dutz Dampfboͤte zwischen Dover und Ostende zu Stande kommen.

Gestern ereignete sich auf der Eisenbahn ein Vorfall, leicht sehr ernste Folge haͤtte haben koͤnnen. Der Zug, welchn um 6 Uhr 35 Minuten Morgens von Ans abging, hatte bi Strecke bis Coorbeck⸗Loo bei Löwen gluͤcklich zurückgelegt. Do fuͤhlten die in fuͤnf Wagen des Zuges sitzenden Reisenden plot, lich eine sehr heftige Erschuͤtterung, in Folge deren sie gegen einander geworfen wurden, waͤhrend sie ein schreckliches Ges raͤusch vernahmen. Endlich sprang einer der Wächter des Wa genzuges mit Lebensgefahr zur Erde, und gab denen bei den Maschine Beschaͤftigten ein Zeichen, still zu halten, was dem auch bewerkstelligt wurde. Da bemerkte man denn, daß R fuͤnf Wagen aus den Schienen gewichen waren. Die meisnz der Einsitzenden kamen mit der Furcht davon, nur zwei ob drei wurden leicht beschaͤdigt.

Luͤtti ch, 6. Mai. Es giebt einige Blaͤtter, die jesutst genug sind, sogar die Existenz der Jesuiten in Abrede zu stu len, wobei sie denn uͤber die „Jesuiten Riecher“ unserer Zu spotten, welche sie mit denen von 17890 vergleichen. Zu dieß Blaͤttern gehort der „Courrier de la Meuse“ nicht, er ist vit mehr so aufrichtig, nicht bloß das Daseyn der Jesuiten, sonde auch ihre fruchtbare Wirksamkeit einzugestehen. Hoͤren m was er in seinem neuesten Blatte zu . Rechtfertigung sa⸗ „Denjenigen, die uns fragen, was denn die Jesuiten eigentss gethan, daß sie so große Vorurtheile, einen so allgemeinen derwillen von Seiten irreligioͤser Leute und besonders der w. tairianer gegen sich haben, antworten wir: sie haben es ve dient, daß das Tridentinische Konzilium ihren Orden heilig und fromm erklaͤrte, daß zwanzig Paͤpste hinter e ander sie belobten, daß in dem Augenblicke, wo die Franz schen Parlamente, Werkzeuge des Jansenismus und der Vt taireschen Philosophie, sie nach Moͤglichkeit verfolgten, der Fra zoͤsische Klerus, den der Koͤnig um seine Meinung uͤber Jesuiten befragt hatte, in einer Versammlung von einundfunf Praͤlaten, ohne die deputirten Geistlichen mitzuzaͤhlen, nachdem zwei Monate mit der Pruͤfung der dem Orden gemachten Vorm zugebracht, erklaͤrte, daß er die Lehre der Jesuiten heilen ihre Moral lauter befunden, daß sie treu dem Koͤnige sexn und daß ihre Erhaltung der Kirche wie dem Staate nun waͤre, weshalb denn auch der Klerus auf die Beschuͤtzung Jesuiten antrug. Sie haben es ferner verdient, daß Klemens! ihr Institut im Jahre 1765 bestätigte, indem er erklaͤrte, er damit nur die gerechten Wuͤnsche der Bischoͤfe erfuͤlle, wee in allen katholischen Landern den Orden seiner Sorgfalt enrnh len haͤtten; daß man auch heutzutage noch, ungeachtet de Ce, schrel's irreligioͤser Schriftsteller, das hoͤchste Vertrauen in s setzt, indem man ihnen die Erziehung der Jugend ier der sie eine lebendige Anhaͤnglichkeit an die katholische Reli einflͤßen. Und wenn man uns dann endlich fragt, warum irreligidsen Leute, die kleinen Voltairianer, Alles gegen Patres Redemptoristen gesagt und sie mit einem Worte ver theilt zu haben glauben, indem sie sagen: das sind Jes ten, so antworten wir ihnen: darum, weil die Redemptoris⸗ wuͤrdige Nacheiferer der Jesuiten und weil ihre Anstrengungh eben so fruchtbar an gluͤcklichen Resultaten sind.“ Der hier erscheinende „Politique“, fruͤher das Organ sogenannten Union und seitdem eine Art von richtiger Mi, zwischen den Ultramontanen und deren Gegnern bildend, 6 jetzt allmaͤlig immer mehr auf die Seite der Ersteren 1

widersetzt sich darum auch der Kandidatur des bekannten . gemeisters von Tilff, Herrn de Neef, fuͤr die naͤchsten Ba zur Repraäͤsentanten⸗Kammer. Das „Journal de Linge n. diese Kandidatur unterstuͤtzt und uͤberhaupt sowohl die llt 2

montanen als jede Ünton mit denselben bekämpft, wird dart, vom „Politique“ des Orangismus beschuldigt, wogegen ich

in jeder anderen Itländischen Angelegenheit dem Rathe O'Con—

vertheilt. Die Gesammtzahl der seit Stiftung dieses Vereins

doch jenes Journal ausdruͤcklich verwahrt, und in der

von demselben nicht sagen, daß es jemals in den Ton 3 7 der „Industrie“, des „Messager de Gand“ und des ee oraugistischen Blätter eingestimmt habe.

nde. Bruͤssel ist unter den Auspizien der Belgischen Bi—

schose und unter der Leituug des Abb Vandoorslaer eine große Mädchen⸗Schule gegruͤndet worden, in der sowohl Kinder als crwachse ne Madchen, solche nicht ausgenommen, die bereits in Dienst⸗ und anderen Verhaͤltnissen stehen, in weiblichen Hand⸗ beiten, so wie im Lesen und Schreiben und in der Religion

rrichtet werden. Ganz nach dem Beispiele der fruͤheren Schul⸗Einrichtungen der Jesuiten, verbindet auch diese Anstalt mit den Zwecken, die ihr zum Grunde liegen, die trefflichsten und nuͤtzlichsten praktischen Unterweisungen, die uͤberdies auch unentgeltlich ertheilt werden. Deshalb ist auch die Frequenz der erst vor kurzem gestifteten Schule schon sehr bedeutend; sie zaͤhlt bereits nahe an 1100 Schalerinnen, von denen uͤber 6090 n' dem Alter von 13 bis 209 Jahren sich besinden. Täglich wird in 38 verschiedenen Klassen Unterricht ertheilt, und zwar immer in denjenigen Stunden, in welchen die betheiligten Schuͤ⸗ serinnen am besten von Hause oder von ihren Veschaͤstigungen abkommen koͤnnen. Bei der vor einigen Tagen stattgefundenen öffentlichen Prufung dieser Anstalt bemerkte man ungemein vile Priester und unter ihnen den neuen Paͤpstlichen Nuntius, Nonsignore Fornari, die sich sämmtlich sehr beifaͤllig uͤher die großen Verdienste des Abbé Vandoorslaer und seiner Schule aussprachen. , ̃

In Bezug auf die bekannten Demonstrationen der Luxem⸗ burgischen und Limburgischen Deputirten äußert sich die In⸗ dustrie: „Weiß man wohl, um was es sich eigentlich bei al—= lem diesem Spektakel handelt? Um nichts weiter, als um die einträͤglichen Stellen, die einige Beamte in den Gebietstheilen bekleiden, die in Gemaͤßheit der 23 Artikel abgetreten werden sollen. Sie sind es auch, die die Bevölkerung aufzuregen su— chen. Was die Einwohner betrifft, so sind sie ganz indifferent, und man kann versichern, daß sie die öffentliche Ruhe nicht stoͤ— ren werden, um sich den sehr negativen Vortheil zu schaffen, Belgische Buͤrger zu bleiben. So wenigstens sprechen diejeni⸗ gen, mit denen wir uns daruber unterhalten haben. Das Pe—

ütionenwesen, zu dem man jetzt seine Zuflucht nimmt, ist einzig

und allein das Werk jener um ihre Stellen besorgten Beamten. Im Lande macht man sich uͤber diese Nachaͤfferet des Jahres 830 allgemein lustig.“ i ͤ

ö m na rk.

Kopenhagen, 1. Mai. (Kieler Bl) Wie verlautet, wird der präsumtive Thronfolger, Prinz Christian Friedrich, Königl. Hoheit, diesen Sommer eine Reise ins Ausland machen und namentlich auch Berlin und Wien besuchen. Ob ihn sein Sohn, Prinz Friedrich Karl Christian, welcher sich gegenwartig als Commandeur des Fuͤhnschen Infanterie⸗Regiments in Fri—

dericia aufhält, auf dieser Reise begleiten werde, scheint noch un— ausgemacht zu seyn.

Die Trüppen⸗Sammlung in Juͤtland ist wegen des Besuchs

des Großfuͤrsten von Rußland abbestellt worden, und dagegen

soll in der Nähe von Kopenhagen ein Kavallerie⸗Mandver ver⸗ anstaltet werden, wozu außer den Seelaͤndischen Regimentern auch die in Juͤtland garnisonirenden beiden Regimenter leichter Dragoner kommandirt werden duͤrften.

Deutschlan d.

Hamburg, 10. Mai. Der Koͤnigl. Schwedische Ge— schaͤftstraͤger und Kammerherr, Graf von Wrangel, ist gestern mit viermonatlichem Urlaub nach Holland mit Familie abgereist, und wird die hiesige Koͤnigl. Schwedische Gesandtschaft waͤh— rend dieser Zeit von dem General-Konsul und Kammerjunker von Stahl ad interim versehen.

Die Prinzessin Friederike von Oldenburg, Tochter des Großherzogs, ist gestern hier angekommen.

YJtälj s n.

Rom, 1. Mai. Am 29sten v. M. machten Se. K. Ho— heit dc Großherzog von Toskana und Se. K. Hoheit der Her— zeg zohann von Sachsen einen Ausflug nach Tivoli, von dem sie an äbend wieder nach Rom zuruͤckkehrten.

Span ien.

Madrid, 28. April. Der Infant Don Francisco de Paula ist am 2ö5sten in Valladolid angekommen und von den Behdrden und Einwohnern mit großem Enthusiasmus empfan— gen worden.

Die Bewohner von Saragossa haben eine Deputation hier— her gesandt, um der Regierung den Zustand Ober-Aragonien's zu schildern. Das Ministerium hat hierauf sogleich den Be— fehl ertheilt, daß der General Espartero 3090 bis 4000 Mann seiner Dipiston zur Unterstuͤtzung des Generals Santos San Miguel absenden und der Bꝛigabier Aspiroz mit seinem Corps nach Saragossa marschiren soll.

Die Hof-Zeitung berichtet, daß der General Oraa ohne Widerstand in Ehelva eingerückt sey.

Die Nachricht von dem Aufstande Muñagorri's gegen

Don Carlos ist hier mit großer Freude aufgenommen worden. Man will hler wissen, daß Basilio Garcia gegen den Tajo hin marschire.

Y nil and.

Berlin, 11. Mai. Bei den haͤufiger werdenden flachen Daͤchern warnt das hiesige Polizei⸗-Präsidium unter Strafandro— hung, sich anderer Methoden der Dachdeckung als der mit Metall oder der sogenannten Dornschen eher zu bedienen, als bis davon, unter Beschreibung der Methode und Angabe der anzuwendenden Masse nach deren Bestandtheilen und Mischungs—

erhaͤltniß, Anzeige gemacht und ihre Feuersicherheit durch eine amtliche Pruͤfung festgestellt ist, damit zur Dachbedeckung nicht assen gebraucht werden, welche entweder an sich den Brand verstaͤrken und sich durch Flugfeuer entzuͤnden oder beim Brande durch Herabfließen als siedende Fluͤssigkeit das Loͤschen erschweren. 86 Potsdam, 8. Mai. Vom 18ten d. M. ab wird hier mit nigl. Genehmigung die Mahlsteuer versuchsweise nicht mehr nach den beiden verschiedenen Satzen von Weizen und von an— deren Getraidearten, sondern nach einem einzigen Mittelsatz von z Sgr. fuͤr den Centner bei der Koͤrner-Versteuerung, und so erhältnißmäßig von anderen dieser Steuer unterworfenen Ge— senstinden erhoben werden, wogegen die hier versteuerten, wenn ); nach anderen mahlsteuerpflichtigen Städten, oder die in die— n versteuerten, wenn sie nach Potsdam gehen, keine Freiheit genießen. ; ng ee en, . Mai. Unsere Brücke ist wieder zu passiren 26. Ie, die bisher mangelhafte Verbindung beider Weichsel— hergestellt. Nervoͤse Fieber, welche besonders die hoheren

Klassen ginnen, bat uns noch nicht verlassen.

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n der Umgegend ist am 26. und 27. April das Domainen⸗ . Brzczinko bis auf die Wohnung des Beamten abgebrannt und fast das ganze Inventarium, darunter uͤber ein halbes Tausend veredelter Schaafe, verloren gegangen.

Pillau, 2. Mai. Der Winter ist mit seinem Eise end⸗ lich abgezogen, und die wiedereroͤffnete Schifffahrt hat ein neues Leben in unsern Ort gebracht. Am 20. April loͤste sich das Eis des Elbinger und Königsberger Haffes und begann fortzutreiben. Das Eis war muͤrbe, die Abstroͤmung schwach, und so war der Eisgang, dem wir mit manchen Besorgnissen entgegen sahen, am 26. beendet, ohne irgend Beschädigung an den Hafen-Werken angerichtet zu haben. Seit Eroͤffnung der Schifffahrt bis zum Schlusse des Monats sind 28 Schiffe hier eingekommen und 17 ausgegangen.

Wohlau, 6. Mai. Auch in unserer Stadt wurde der zum fuͤnfundzwanzigsten Male wiederkehrende 2. Mai auf eine wuͤrdige Weise begangen. Ein zu diesem Zweck zusam— mengetretenes Comité hatte für die unbemittelten Krieger eine Summe zusammengebracht, aus der ihnen an diesem Tage eine Freude bereitet werden sollte. Eine ansehnliche Zahl versam— melte sich auf dem Markte vor einer Laub-Pyramide, die mit der Buͤste des Koͤnigs, dem eisernen Kreuze und verschiedenen Ornamenten geschmuͤckt war. Von hier begab sich das Corps in die Kirche, um dem Herrn fuͤr die in jener drangvollen Zeit e, . Huͤlfe den Dank darzubringen. Nachher wurde auf dem Markte von den Kriegern und dem Volke das Volkslied abgesungen, an welches sich ein dem Köoͤnig gebrachtes Lebehoch anschloß. Die uͤbrigen Kampfesbruͤder versammelten sich, ohne Unterschied des Standes, zu einem Mahle, wahrend auf dem Markte ein bis gegen Abend sich fortziehendes froͤhliches Lager⸗ leben begann. Erhebend war es, die theilweise schon bejahrten Landleute, im freudigen Andenken an jene ersten Tage, den Muth fuͤr einen gleichen Kampf aussprechen zu hoͤren.

Erfurt, 9. Mai. In dem Dorfe Kaisershagen, im Kreise Muͤhlhausen des Regierungs-Bezirks Erfurt, ist im verwichenen Jahre vielleicht weiter noch, als die Provinz Sachsen reicht, das erste Beispiel auf dem Lande der Ver— such gemacht worden, während der Aerndte eine sogenannte Klein“ Kinderschule zu unterhalten. Das Pfarrhaus und das Schulhaus graͤnzen so aneinander, daß der Spielplatz, auf wel⸗ chem Die Kleinen versammelt wurden, aus den Fenstern beider Wohnungen uͤbersehen werden konnte. bei üblem Wetter zur Zuflucht, da die Aerndte-Ferien es ge⸗ stattet hatten, sie zu raͤumen. Man hat sich uͤberzeugt, daß die Kinder, deren Aeltern auf Feldarbeit gehen, unter der Obhut einer Aafseherin, die von dem Pfarrer und dem Schullehrer geleitet und unterstuͤtzt wird, besser versorgt sind, als wenn sie, wie Zufall und Umstaͤnde sonst es mit sich bringen, anderen, der Aufsicht selbst noch beduͤrfenden Kindern uͤberlassen oder als eine hinderliche Last zur Arbeitsstaͤtte mitgenommen, wenn nicht gar zu Hause eingeschlossen werden, und man will in diesem Jahre den gelungenen Versuch wiederholen. Ein solches Beispiel verdient, allgemeiner bekannt zu werden, weil zu sei⸗ ner Nachahmung die Mittel an vielen Orten gegeben sind, ohne daß man die Ausfuͤhrung bisher fuͤr moͤglich oder noͤthig gehalten hatte.

Wissenschaft, Kunst und Literatur.

Beschreibung und Geschichte der Schloßkirche zu Quedlinburg und 6e. Alterthuͤmer von E. F. Ranke, Direktor des Gymnasiums zu Göttingen, und Professor F. Kugler; herausgegeben zum Besten der Herstellung der Orgel in dieser Kirche von W. E. Fricke, Prediger an derselben. Nebst acht Tafeln Grundrisse uͤnd Abbildungen. Berlin 1838.

Dieses Sr. Königl. Foheit dem Prinzen Karl gewidmete Werk, dessen Liebe und thätige Theilnabme für die vaterländischen Alterthü— mer sie hervorgerufen hat, würde auch ohne deu mildthätigen Zweck die hohe Unterstützung verdienen, deren es sich erfreut. Es ist ein neuer bedeutender Beitrag zur gründlichen Erforschung der beimischen Kunst des Mittelalters, welche in dem Kirchenbau und dessen man⸗ nigfaltiger Ausschmückung ihre wurdigste Bestimmung, ihr höchstes Ziel fand. Es liefert abermals den erfreulichen Beweis, daß auch in Üünserem nördlichen Deutschland diese Kunst früh eine bedeutende, zu— vor kaum geabnte Höhe erreichte.

Wie die Gegend des Unterharzes zu den schönsten im Herzen des Deutschen Vaterlandes gehört, wie sie die Urgeschichte desselben in wundersamen Bildungen und Steintafeln vor Augen stellt, und an den daraus erwachsenen Sagen vor Allem reich ist, so ist sie, auf der alten Gränzscheide Hoch⸗ und Riederdeutscher, so wie Slavischer Zunge, auch für die Volks-Geschichte eine der wichtigsten Stellen, und mit und an dieser Deutschen und Sächsischen Stammgeschichte nicht minder wichtig für die Kunst. Und hier ist wieder die vielthürmige alterthümliche Buedlinburg, auf dem Felsen über der am Roß⸗ trapp entspringenden Bode, ümburget von wunderlichen Höhenzügen, Bergtrümmern, Felsmauern (Teufelsmauern genannt) und zum Tbeil darin eingehauenen Burgen (wie der Regeustein), hier ist Suedlin⸗ burg eine Hauptstelle, als Stammhaus der Sächsischen Kaiser, unter welchen Deutschland einer auf dem festen Grunde der Herr⸗ schaft des Großen Karl und der Fränkischen Kaiser gediehenen kräf⸗ tigen und reichen Bildung nach allen Richtungen sich erfreute. In dieser glorreichen Zeit, welche unter Otto dem Großen im höchsten Glanze prangte, ward das Deutsche Reich erst recht selbstständig, westlich durch das ihm von Ratur und Geschichte gehörige Rbeinland (Lothringen) verstärkt, östlich erst eigentlich gefriedigt durch die völlige Bisiegung der Slaven und Ungarn an der Saale und am Lech,. Aus Anlaß eben dieser Kriege ward aus der Pfalz Quidlingen (auiti— singa curtis 88 i) im Thale, die Suedlinburg (Raidilingaburg 922 auf dem Felsen; es war der heimische Lieblingssitz Kaiser Heinrich's 1, des eben so trefflichen und glücklichen Hausvaters, wie Landesvaters, und seiner frommen und Königlichen Hausfrau Mathilde, vom Stamme Witekind's; es ward beider Begräbnißstatt im neu erdauten Gotteshause, und so ihr Stammheiligthum, verehrt und verherrlicht Lurch die bei den Königen dieses Hauses herkömmliche Feier des höch⸗ sten chrisllichen Festes, im Kreise der Ihrigen und der Edlen des Reichs, deren Töchter die reiche Stiftung aufnahm und fromm erzog. Auch unter den Hohenstaufischen und Habsburgischen Herrschern er⸗ hielt das hohe Haus sich in seiner Würde, und von jedem wichtigen Zeitalter zeugt hier noch ein Denkmal. ; .

So stellt die auf den lebendigen Fels gegründete, auch dem A1Adpestel⸗ fürsten Petrus gewidmete Stift s- und Schleßkirche Suedlin⸗ burgs eine durch Stein und Bild redende Geschichte des Vaterlan— des Und seiner Kunstbildung dar, wie nicht leicht irgend eine andere. Die Geschichte dieser Kirche, welche in frübster Zeit bauptsächlich zu— gleich die Stadtgeschichte vertritt, hat Herr Direktor Ranke urkund⸗ sich und gründlich dargesiellt, und das Buch schlicßt sich so der Ge⸗ schichte Kaiser Heinrich's l von Dr. Waitz an; womit Professor 2. Nanke's Jabrbücher des Deutschen Reiches unter dem Sächsischen Hause kürz⸗ sich (1837) bier begonnen baben. Anf der anderen Seite reibet sich die kunstgeschichtliche Beschreibung nebst erläuternden Abbildungen

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Die Schulstube diente

von Professor Kugler, welche bei weitem den größeren Theil des ni . Werfes ausmacht, den trefflichen in diesen Blättern auch schon augeieig. das Lateinische Langkrenz; wie well früber scheu im gleich'eitigen ten Puttrichschen Heften ven den Kirchen derselben Gegend an. Auf Bierec der Bpzantinischen Kirchen das gleichseitige Exiech sche Kreuz.

biese Darstellung müssen wir hier etwas näher eingeben, da sie eigen⸗ ihlmliche Ergebnisse gewonnen hat und willlemmen darbietet.

Zwar nur in kleinem Umkreise, aber um so sicherer, und ven so bedem̃end em Mittelpunkte aus sebr reich und vollstãndig, eröffnet sich hier eine überraschende Uebersicht des ältesten rundbogigen Kir⸗ chenbaues, d. h. der dltesten Baufunst überhaupt und der damit so genau verbundenen mannigfaltigen Bildnerei. Daß dieselbe mit der neuen Glaubenglehre aus den Südländern den Deuischen zulam, ist keine rwe. und für gewisse durchgreifend unterschiedene 2 derselben sind daher die Benennungen Rom a nisch und Byja ntinisch ganz gehörig, ohne damit vollständige oder unmittelbare Ueberliefe⸗ rung aus jenem West⸗ und Oströmischen Reiche zu behaupten. Daß in Deutschland etwas . Reues und Eier e dh, daraus ge⸗ bildet wurde, bezeugt auf äbnliche Weise der Rame Gothisch, wo⸗ bei man gerade uicht an Osi⸗ und Wesigothen denkt. So bedient sich 33 * der Berfasser dieser herkömmlichen Ramen, und wir thun asselbe.

Anfäuglich und durch die Karoliuger-Zeit hin waltet eine dunkel überlieferte, kräftige, meist rehe Nachbildung der Antike, in Bezie⸗ bung auf Baukunst, der Römische Basiliken-Styl, d. H. Laug⸗ Vierecke, durch Pfeiler und Säulen mit Bogenstellungen in drei Langschiffe getheilt, und an der Morgeuseite cin Queerschiff mit Al⸗ tar⸗-Nische, übrigens bohe glatte Wände mit kleinen Feustern and flacher Decke Byzantinisch dagegen sind die Kirchen in gleichsei⸗ 6 Viereck, mehr auf Pfeilern als auf Säulen, mit Gewölben. ischen und Kuppeln emporgebaut; wie noch die Sophien-Kircht in Konstantinopel seit dem Gten Jahrhundert vorbildet: in welcher Art das Abendland nur wenig aufzuweisen hat, namentlich Deutschland etwa nur die Grabkirche Karls des Großen in Aachen, nachdem die noch vollständiger diese Bauart darstellende Marien⸗Kirche auf dem Harlunger⸗-Berge bei Brandenburg, die auch dem Gründer Auedlin⸗ burgs ünd Eroberer Brandenburgs zugeschrieben wird, durch die Bar⸗ barej neuer Zeit nur noch in Abbildungen übrig ist. Wie der Basi⸗ liken, Styl fortgehbend mehr in Verbindung seiner Bögen und Rischen mit Wölbung tritt, besonders in den Gruftkirchen (erzpta, für den Nacht- und Todtendienst), im Chor darüber und in den Seitenschif⸗ fen, und deshalb die Wände durch Pfeiler verstärkt und rer⸗ ziert wie er bei solcher mannigfaltigen Aueiguung und Ausbil⸗ dung in dieser Sächsischen Zeit zur reichsten, eigenthämlichsten Entfaltung gelangt: so geschieht dasselbe mit dem Byzjantini⸗ schen Styl in der Hohenstaußischen Zeit; und auf den Grund eben solcher Verbindung mit dem Basiliken-Styl, aber mit rölliger , und Umbildung desselben, durch „bewußtes Eingeben anf den Geist des klassischen Alterthums“ (S. 141), mit eigenem Sinne und innigem Gefühl, erscheint vornämlich unter dem großen Kaiser Friedrich II. dieser neue Byzantinische Styl in seiner reizend⸗ sten und reichsten Blüthe. Die mannigfaltigen Mischungen und all mäligen Uebergänge zeigen sich auch an den hier vorgeführten Bau Er fn dieses kleinen Umkreises auf sehr anziehende und merkwürdige

eise.

1) Zu den ältesten Ueberbleibseln, gleichsam Inkunabeln dieser Art, gehört die St. Wipertikirche der alten Pfalz Duidlingen, im Thale (jetzt eine Kornscheune), deren kleine Gruftkirche auf Säu⸗ len mit Jonifchen Knäufen und Attischen Füßen ein gerades Ge⸗ bält und Tonnengewölbe trägt: welches gerade Gebälk, so viel ich weiß, nur noch zu Lorsch an der Bergstraße vorkommt.

2) Die Kirche des vormaligen Klesters Westergröningen, beim Städtchen Gröningen, deren Seitenschiffe jetzt abgebrochen sind. zeigt schon höhere und reichere Entwickelung, mit mannigfaltige u Säulenköpfen, doch mehr nur noch ausgemeißelte Zeichnung, denn wirkliche Hervorbildung; am Westende bat sie eine merkwürdige, syä⸗ ter (vielleicht zum Ersatz der fehlenden Gruftkirche) eingebaute dunkle Kapelle mit Tonnengewölbe, in Byzantinischer Bauart, außen ver⸗= ziert mit großen halb erbobenen Bildern Chrisiti und der Apostel aus Stuck, im schweren strengen Styl des beginnenden 12ten Jahrhunderts. Eigen⸗ thümlich ist der achteckig aufsteigende Thurm über dem Kreuze; hier so selten, als häufig bei den Angelsachsen. Am Rheine zeigt sich diese Verbindung auch schon früh zum hohen Kuppelbau ausgedildet, 1. B. am Dom zu Speier, wie fruher schen in Italien, wo er noch mit dem Gothischen Styl verbunden wurde, in Florenz und Mailand. und damit ein noch nicht erreichtes Ziel eines zum gemeinsamen Gipfel zusammen- und emporstrebenden Kirchenbaus, das lebendigste Aufsprießen und Erblühen des Thurmes aus der Kirche, andeutet, welches der Neu-⸗Römische Kuppelbau, seit der Peterskirche, nicht er= reichen kann.

z) Die Schloßkirche zu Gernrode, erbaut vom Markgrasen Gero 960, in ähnlicher Art, hat noch einen Theil der Gruftkirche im Kreuzflügeil. Das Langschiff ist später westlich verlängert und auch durch eine Altar-Rische geschlossen, neben welcher außen zwei runde Thürmet steben; im östlichen Seitenschiff ist ein dem vorigen äbn⸗ licher kabellenartiger Einbau: alles in Bpzantinischer Art; der letzte auch an der Außenwand (nach der Kirche) reich mit Bildwerk ge⸗— schmückt, zum Theil aus Stuck und jünger, schon im sehr ausgebil⸗ deten Styl. Einen Theil des eben so gebauten Kreuzganges bat die Verwendung des Tbüringisch⸗Sächsischen Vereins für Geschichte und Alterthum löblich vor dem Abbruche bewahrt, Das Grabmal des Stifters mit seinem ruhenden Bilde ist eine tüchtige Arbeit des 16ten Jahrhunderts.

Y Die Kirche zu Frose, von demselhen Stifter, der jetzige Bau sichtlich jünger, hat noch am Westende über der Vorhalle die (sonst meist von der Orgel verdrängte) Empore oder Loge mit Pfetler⸗Bö— gen, dazwischen Säulen mit kleineren Bögen, nach Bwyzantinischer Weise. Die beiden Thürme gehen schon in den älteren Gothischen Spitz bogen über.

5) Die Kirche des Klesters Huvseburg, 1080 gegründet: jün— gerer Basiliken⸗Stvl; wie bei der vorigen Emrore, steben dier unter den großen Pfeilerbögen des Schiffes selber, Säulen mit kleineren Doppel— bögen; vermutbhlich jünger ist die durch die Orgel verbaute große Rische am Wesiende, neben welcher die beiden Thürme, laut Inschrift vom Jahre 1487, sieben. .

6) Die Klosterkirche zu Drübeck, gestiftet am Ende des 9ten Jahrhunderts: der jetzige Bau ist jünger, im mehr entwickelten Basi— siken-Stol, dann aber fast durckweg im ausgebildeten Byzantinischen Styl am Ende des 12ten Jahrhunderts umgestaltet, durch rundbo— gige Kreuzgewölbe (davon etzt nur noch Spuren) und durch Anbau einer großen Nische am Westende, daneben zwei zierliche Tbürme stehen; ja, zur gleichartigen Durchführung dieses Umbaus im Innern wurden sogar die alten, an sich guten Säulenköpfe mit Stuck bekleidet und dem neuen Styl gemäß verziert. Die Gruft⸗ kirche, mit Kreuzgewölbe auf Pfeilern und Säulen, ist durch einen Gotbischen Umban des Chors sebr beeinträchtigt.

7) In der ursprünglichen Anlage dagegen, mit der freisten und schönsten Entfaltung, stellt sich dieser Bozautinische Styl an der Kirche des ehemaligen Klosters Kenradsburg dar, auf welche schon im Jahresberichte der Leipziger Deutschen Sprach- und Altertbums Geselschaft 1831 die Beschreibung des Herrn von Horn, mit Abbil⸗ dungen ven Gevser d. J. (Pattrich's Gebülfen) aufmerksam gemacht bai. Ober- und Unterkirche entsprechen nur dem Eber und Duer— schiffe der sämmtlichen vorigen Basiliken (außer Rr. 1); beide. mit ibren drei Nischen, daden aber Bogenstellung Koischen diesen drei Abtbeilunzen, so daß bier auch drei Schiffe ent— sieben; in der Unterfirche durch Säulenbogen, in der Ober⸗ kirche durch Pfeiler mit größeren Bögen über zwei kleineren: alles ist mit Kreujgewölben gedeckt, in den reinsten woblgefälligsten Ber— hältnissen und reicher Ausbildung, namentlich auch der verbundenen Pfeilet und Säulen und deren Berzierungen, besonders in der Un— terkirche, wo paarweise gemusterte Säulen mit mannigfaltigen Knäu— fen an die reichste Gruftkirche, des Freisinger Doms, erinnern, und obne Zweifel gebört dieser Bau ebenfalls dem Ende des zwölften

) Ursprünalich bei der beidnischen Basilika dachte man natür=

lich nickt an das K 7 auch trüt dieses bei den änesten 'ristlichen Basiliken nicht bervor; später allerdings scheun absichtlich und sichtiich