1841 / 162 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

Zeitungs-Nachrichten. Ausland.

Rußland und Polen.

Warschau, 8. Juni. Se. Majestaͤt der Kaiser hat zur Aufmunterung des Kunstfleißes im Königreich Polen die Summe von 12,000 Silberrubel fuͤr den Ankauf von Gegenstaͤnden der in Warschau bevorstehenden Industrie⸗Ausstellung angewiesen und dem Fuͤrsten Statthalter die Auswahl der zu kaufenden Sachen anheimgestellt.

Der Erbgroßherzog von Hessen-Darmstadt ist auf seiner Nuͤckreise von St. Petersburg und Moskau heute fruͤh hier ein-

getroffen.

Frankreich.

Paris, 7. Juni. Der Moniteur Parisien enthaͤlt folgende Anzeige: „Das Unwohlsein, von dem der Conseils— Praͤsident, Marschall Soult, befallen worden, erregt noch immer einige Besorgnisse. Der Herzog von Orleans beehrte heute (6ten) den Marschall mit seinem Besuche; die Unterredung dauerte lange. ;

Ueber die ministerielle Krise, wenn man eine solche anneh— men will, sind die verschiedensten Geruͤchte im Umlauf. Die dem Ministerium befreundeten Blatter behaupten fortwährend, dasselbe werde nicht aufgeloͤst werden, und der Marschall Soult habe seine Entlassung nicht eingereicht. So meldet die Presse,

in dem Zustande des Marschalls sey schon eine bedeutende Besse⸗

rung eingetreten; gestern habe er schon aufstehen und alle seine Kollegen empfangen koͤnnen, so wie auch den Herzog von Orleans, der zweimal bei ihm gewesen ist und sich lange mit ihm unterhalten. So⸗ dann behauptet sie, es sey unrichtig, daß der Conseils-Praͤsident seine Entlassung eingereicht, er habe sie bloß einreichen wollen und heute habe er schon nicht mehr von einem solchen Vorhaben gesprochen. Sie fuͤgt dann hinzu: „Schwerlich wird der Mar— schall Soult nächsten Mittwoch in der Pairs-Kammer erscheinen; sein Gesundheitszustand wird bis dahin wahrscheinlich noch nicht wieder hergestellt seyn, und zudem ist es wahrscheinlich, daß der Marschall wenig geneigt seyn wird, eine Diskussion wieder aufzu— nehmen, die nicht eine sofortige Erledigung finden kann. Es ging zwar das Geruͤcht, das Ministerium wolle die Deputirten⸗ Kammer zusammenrufen, um ihr noch in dieser Ses— sion die Amendements der Pairs-Kammer vorzulegen, und es hoffe, eine hinreichende Anzahl Mitglieder zusammenzu— bringen; wir halten indeß diese Hoffnung fuͤr wenig gegruͤn— det.“ Dagegen versichert der Constitutionnel, es habe sich nichts im Gesundheitszustande des Marschalls geaͤndert. Sein Uebelbefinden dauere fort, und sein Seelenzustand bleibe derselbe,

700 nach Paris begeben, um der Franzoͤsischen Regierung diese In⸗ strumente zum Kauf anzubieten. Israel Levy Lillykrap scheint 25 bis 26 Jahre alt zu seyn; er hat das Aussehen und das Beneh— men eines Arbeiters; im Augenblick seiner Verhaftung fand man nur eine Summe von zwei Sh. bei ihm. Es wurde sofort eine Untersuchung eingeleitet.

Gestern sind aus London zwei Couriere, welche der Franzoͤ— sische Geschaͤftstraͤger in London, Herr von Burqueney, mit De— peschen fuͤr Herrn Guizot abgeschickt, hier eingetroffen. Diese beziehen sich, wie es heißt, auf die orientalische Feage.

Der Infant Don Francisco de Paula ist am 3. Juni mit seiner Gemahlin, der Infantin Louise Charlotte, auf dem „Cha— teau⸗Margauxr“ bei Bordeaux angekommen. Die Briefe aus Bordeaux bestätigen, daß der Infant dort zu verweilen beabsich— tige, bis er nach Spanien zuruͤckkehren koͤnne. Es heißt, der aͤl— teste Sohn des Don Francisco de Paula sey zum Gemahl der ungen Koͤnigin von Spanien bestimmt.

Der Artiste berichtet folgende Umstaͤnde uͤber eine Vor— lesung, die vor einigen Tagen in der Abbaye⸗-aux-bois stattfand: „Herr von Chateaubriand hat noch einmal das Grabkaͤstchen ge— öffnet, in welchem die Memoiren D'outre⸗Tombe ruhen. Er hat einen Abschnitt dieser Mittheilungen, welche die Nachwelt allein lesen soll, aus demselben hervorgeholt, und ein gewaͤhltes Publikum vernahm einige Stunden die gewaltige Stimme, welche aus der jenseitigen Welt heruüͤbertoͤnen wird, um der dies— seitigen ihr letztes Wort zuzurufen. Die hundert Tage in Gent und in Paris und die Jugend und die Kindheit bilden die Ge— genstaͤnde der Vorlesung.“

Boöoͤrse vom 7. Junt. Heute wurde das Coupon der 3proc. Rente detaschirt. Sie blieb 5 C. höher als am Sonnabend. Die proc. Rente behauptete sich auf dem letztvorigen Cours. Es haben, wie man sieht, die Geruͤchte von Aenderungen des Fran— zoͤsischen Kabinets und die Niederlage des Britischen Ministeriums keinen Einfluß auf die Course der Renten geuͤbt.

X Paris, 6. Juni. (Verspaͤtet) Es ist heute gegruͤndete

wie sein Kollege, Herr Guizot, sage. Der Marschall Soult be— harre auf dem Entschlusse, seine Entlassung einzureichen. Das

genannte Blatt findet diese Empfindlichkeit sehr begründet. Die— selbe, meint es, liege im Charakter des Ministers und im Geiste der Institution. Das Siecle, der Temps, die France, und andere Blatter berichten gleichfalls, daß sich der Marschall nicht habe zufrieden stellen lassen, trotz der zwei Besuche, welche ihm der Herzog von Orleans im Laufe des gestrigen Tages abgestattet. Das Journal des Debats sagt gar nichts uͤber die Vor— gaͤnge, welche das allgemeine Interesse in Anspruch nehmen. Der „Temps“ will wissen, als der Herzog von Orleans ge stern zum erstenmale in dem Hotel des Conseils-Praͤsidenten er— schienen sey, habe dieser denselben nicht empfangen koͤnnen, was große Sensation gemacht habe.

Wahrend es noch sehr fraglich ist, ob es dem Kabinet nicht gelingen werde, die Stoͤrung, welche das Ambrugeacsche Amendement ihm bereitet hat, zu uͤberwinden, waͤhrend sogar noch das Vorhandenseyn einer ministeriellen Krise in Abrede ge— stellt wird, sind, wie immer in solchen Faͤllen, schon neue Mini— ster Lombinationen im Umlauf. So behaupten einige Blaͤtter, der General Schramm oder der Marschall Valse wuͤrde bei der Umgestaltung des Kabinets das Portefeuille des Krieges erhal— ten. Auch hat man in Erfahrung gebracht, daß der Graf Mols gestern eine Audienz beim Koͤnige hatte und den ganzen Abend mit Herrn Guizot im Ministerium der auswärtigen Angelegen— heiten konferirte. Man schreibt Herrn Guizot laͤngst die Absicht zu, sich mit dem Grafen Mols und der konservativen Partei zu verbinden, und meint, daß er diese Gelegenheit, sich dem Praͤsi— denten des Kabinets vom 15. April zu naͤhern, bereitwillig er— griffen habe. Wenn Herr Guizot auch einige Schritte gethan hat, um den Marschall Soult zurückzuhalten, so glaubt man doch, er werde nicht so dringend gewesen seyn, daß sich dieser hätte sollen von seinem Entschlusse abbringen lassen.

Das neueste Bulletin uͤber den Gesundheitszustand Mar— schall Soult's berichtet, daß dieser eine im hoͤchsten Grade unru— hige Nacht gehabt, daß sich aber am Morgen einige Besserung eingestellt habe. Der Herzog und die Herzogin Decazes, der Graf Appouny, mehrere Minister und eine große Anzahl anderer hoher Personen fuhren diesen Morgen bei dem Conseils-Praͤsiden— ten vor, um sich nach dessen Befinden zu erkundigen. Die Er— krankung des Marschalls Soult scheint sehr ernster Natur zu seyn.

Der Temps stellt folgende diplomatische Veränderungen in Aussicht. „Herr von Barante wurde in St. Petersburg durch 2 Casimir Perier ersetzt werden. Der Graf Flahault wuͤrde 63 82 en,. . an j Stelle des Grafen von

e , 8 er Nachfolger des Herrn Guizot in London i e , mn, ,, er Herzog von Montebello wuͤrde die Gesandt— schaft in Neapel dem Marquis von Dalmatien überlassen und nach Rom gehen. Herr Bois⸗Lecomte ist zum Gesandte ü Ha dridꝰ dess inte i . s zum Gesandten in

adrid designirt, und an dessen Stelle im Haag wuͤrde Herr von Bussieres treten. 66 z

Der Gazette des Tribunaux wird aus Boulogne— sur⸗Mer vom Aten d. M. geschrieben, daß man am 2ten ein mit dem Londoner Paketboot angekommenes Individuum ver haf⸗ tet habe, unter dessen Gepäck die Douane-Beamten eine Art Hoͤllenmaschine und eine Pistole nebst dazu gehorigen Kugeln und Pulver gefunden; die Maschine besteht aus einer 8 bis 9 Centimetres langen und 6 Centimetres breiten Eisenplatte, die auf der einen Seite eine Holzdecke hat, und auf deren anderer Seite 15 Läufe angebracht sind, die durch 3 sehr leicht bewegliche Hähne zugleich abgeseuert werden; der, welcher die Maschine gebrau— chen will, hängt sie mit einem Tragbande, das um den Hals geht, an, so daß sie auf der Brust ruht; die Laufe sind sehr kurz und konnen unter einem weiten Gewande verborgen wer— den; sie sind so angebracht, daß sie ein Kreisfeuer bilden. Die Pistole hat sechs Läufe; diese liegen zu je zwei uͤbereinander— der, und zwar so, daß die Kugeln sich kreuzen koͤnnen. Der Mann, bei dem man diese Waffen gefunden, nennt sich Israel Levy Lil— lykrap; er 3 als Waffenschmied zu Bridgewater ansaͤssig zu seyn, er sey der Erfinder der Maschine und der Pistole, er hätte dieselben im vorigen Februar verfertigt; er wolle sich nun

zu hoffen war, ist eingetreten. Der Marschall Soult bleibt, nach—

verdrängen, ganz grundlos sind.

in der Armee mit festem Willen die Disziplin, sondern er ist auch

Hoffnung vorhanden, daß es, ungeachtet der eingereichten Entlassung von Seiten des Martschalls Soult, dennoch zu keiner eingentlichen Minister-Krise kommen werde. Wiewohl die Minister in der Pairs-Kammer und in dem offiziell anerkannten „Messager“ jeder Erklärung daruͤber auswichen, und der „Moniteur parisien“ dieselbe deshalb fuͤr ungegruͤndet erklaͤrte, weil es nicht wahrschein— lich sey, daß der Marschall eine Verwaltung verlassen wuͤrde, an deren Spitze ihn der Konig gestellt, so ist es nichtsdestoweniger wahr, daß er seine Entlassung eingereicht hat. Die einfluß— reichsten ministeriellen Deputirten, welche in solchen Fallen dem Kabinette mit Rath beistehen, haben daher gestern, als eine Folge jenes Ereignisses, auf den Messagerieen ihre Plätze, die sie bereits zur Abreise genommen, wieder abbestellt. Durch sie hat man auch heute das Resultat der Berathung erfahren, die gestern fruͤh zwischen dem Koͤnige und Herrn Guizot in Neuilly stattfand. Beide sind durchaus uͤber das, was zu thun ist, ein— verstanden. Man wird alles versuchen, um den Marschall von seinem Entschlusse zuruͤckzubringen. So hat der Koͤnig gestern gleich zwei freundliche Billets an ihn geschrieben, indeß zur Ant— wort erhalten, daß der Marschall nichts Anderes darauf zu er— widern habe, als was man bereits wußte. Als darauf die Her— ren Guizot, Duchatel und Humann in seinem Hotel erschienen, wurden sie nicht vorgelassen, weil der Marschall ernstlich krank sey. Sollte er nun fortfahren, auf seinem Entschlusse zu bestehen, so wird man, wie wir vernommen haben, ganz einfach das Porte— feuille des Kriegs-Ministeriums einem weniger hochstehenden Mi— litair, wahrscheinlich dem General Schneider, geben, und Herr Guizot würde alsdann die Praͤsidentschaft des Conseils übernehmen. Auch scheint es gewiß zu seyn, daß weder Herr Villemain noch Herr Te ste dem Austritt des Marschalls folgen werden. Denn da die wohlwollenden Bemuͤhungen des Koͤnigs, so wie die er— waͤhnten gestrigen Schritte der uͤbrigen Minister, beweisen, wie man von keiner Seite etwas Feindliches gegen den Marschall im Sinne führte, so koͤnnen natuͤrlich diese Minister die Verantwort— lichkeit nicht uͤbernehmen, eine foͤrmliche Krise herbeizufuͤhren, wenn der Marschall, nach den gegebenen Erklärungen uͤber das Vorgefallene bei seinem Entschlusse beharren wollte. Doch glaubt man, daß er sich dem Wunsche des Köoͤnigs und seiner Kollegen fuͤgen werde, wie er es schon bei ahnlichen Gelegenheiten gethan hat; und da so in jeder Weise die Zukunft des Kabinets ge— sichert ist, so werden, um dieses unangenehmen Zwischenvorfalls willen, die inneren Geschaͤfte selbst durchaus keine Storung er— leiden.

X Paris, J. Juni. Was gestern mit einiger Zuversicht dem ihm der Herzog von Orleans selbst einen Besuch abstattete, und ihm dadurch die ehrenvolle Genugthuung ward, die seine verletzte Empfindlichkeit verlangte. Man erfaͤhrt heute, daß der Marschall schon Sonnabend Abend, als er noch nicht erkrankt war, Herrn Guizot zu sich berufen, um ihn in Kenntniß zu setzen, daß er wegen der ihm widerfahrenen Kraͤnkung aus dem Mini— sterium treten wolle. Der Minister beschloß hierauf, in Ueber— einstimmung mit allen seinen Kollegen, in dieser Beziehung die Sache des Marschalls beim Koͤnige zu fuͤhren und erwirkte in Neuilly den gestrigen Schritt des Herzogs von Orleans. Die— ser Umstand ist deshalb zu erwähnen, weil er beweist, wie alle bisherigen Insinuatlonen der Oppositions-Blaͤtter, Herr Guizot wolle den Marschall Soult und seine Freunde aus dem Kabinet

Natuͤrlich ist diese Wendung der Dinge fuͤr die Ruhe des Landes hoͤchst erfreulich. Denn der Marschall Soult ist nicht allein als Kriegs⸗Minister in Verwaltungssachen sehr tuͤchtig und uͤbt

fuͤr jedes Kabinet gerade bei den jetzigen Verlegenheiten eine wahre Stuͤtze. Ohne Politiker im hoͤheren Sinne des Worts senn zu wollen, macht er freilich, im Bewußtseyn seines großen Turghäͤi— schen Rufes und der Bedeutung, welche ihm die Umstaͤnde verliehen haben, keine geringen Anspruͤche, welche seine Kollegen bisweilen in Verlegenheit bringen koͤnnen; auch ist er kein Red— ner, und die Kammer kann kaum die Ungeduld verbergen, die sie ergreift, wenn er auf die Tribuͤne steigt; seine Gegner aus der Partei des Herrn Thiers wissen das wohl zu benutzen, und namentlich pflegt Herr Billault, Staats- Secretair des Handels im Kabinet des 1. März, dem Marschall jedesmal bei den par⸗ lamentarischen Debatten gegenuͤberzutreten und mit dem geübten Worte des Advokaten den zoͤgernden ,, . des alten Helden die Spitze zu bieten. Allein was den Marschall Soult so Überaus wichtig für jede ministerielle Combination macht, ist, daß er, in Folge der Verwirrungen, Spaltungen und Lagen, in welche der Coali— tions⸗Kampf alle parlamentarisch bedeutenden Manner gebracht hat, fast der einzige Mann ist, der in dieser Weise Praͤsident jedes Kabineis werden kann, das mit der jetzigen Kammer leben und

Weder Herr Mols noch Herr Guizot, noch Herr von Lamartine

zu einer politischen Partei gehoͤrte, und dann, weil seit der Lon— doner Ovation sein Ruf außer aller Konkurrenz ist.

Großbritanien und Irland.

London, 5. Juni, Abends. Die Berichte in den verschie— denen Blaͤttern uͤber den Schluß der gestrigen Unterhaus-Sitzung lauten nicht ganz uͤbereinstimmend. Nach der „Times“ mußte man fuͤr das Wahrscheinlichste halten, daß Lord J. Russell die Korngesetze nicht mehr zur Sprache bringen, sondern daß sogleich die Parlaments-Aufloͤsung erfolgen werde; nach dem Berichte die— ses Blattes hatte der Minister namlich auf die Bemerkung Sir R. Peel's, er nehme es fuͤr ausgemacht an, daß der edle Lord die Korngesetze am Montage nicht vorbringen wuͤrde, weiter nichts als: „In keinem Fall“ geantwortet, und damit waͤre von dieser Sache nicht weiter die Rede gewesen. Nach anderen Blaͤttern aber wurde Lord J. Russell schon bei der Anzeige, daß er am Montag noch die noͤthigsten Subsidien vorschlagen wolle, durch den lau— ten Ruf: „Die Korngesetze, die Korngesetze!“ unterbrochen, und er ant— wortete darauf: „Ich werde am Montag anzeigen, welches Verfahren ich in Bezug auf diese Frage einzuschlagen beabsichtige; da aber der sehr ehrenwerthe Baronet (Sir R. Peel) es fuͤr angemessen gehalten hat, neue Beschuldigungen gegen das Ministerium zu erheben, so muß ich mir bis Montag Zeit nehmen, um zu er—

mehr als ein einflußreiches Mitglied derselben in sich aufnehmen will

wägen, welche Schritte ich zur Rechtfertigung des Ministeriums am besten zu thun haben möchte.“ Hiernach koͤnnte man wohl annehmen, daß der Minister sich nur noch uͤber die Form, in welcher der Antrag hinsichtlich der Korngesetze zu stellen waͤre, berathen und am Montag den in dieser Hinsicht gefaßten Ent schluß ankuͤndigen wolle. Auch wurde nach denselben Berichten Lord John Russell vor der Vertagung des Hauses von den Herren Hindley und Hume nochmals dringend aufgefordert, bald moͤglichst, also vor der Parlaments-Auflöͤsung, eine Diskussion der Korngesetze zu veranlassen und nächsten Montag den Tag fuͤr diese Debatte zu bezeichnen. Man hat hinlaͤngliche Zeit gehabt“, sagte Herr Hume, „diese Frage in Erwaͤgung zu ziehen, und Niemand zweifelt daran, daß die Korngesetze noch zur Sprache kommen muͤssen. Da Dienstag der naͤchste Tag ist, an dem dies statt finden kann, so sollte der edle Lord gleich jetzt, ehe er das Haus verlaͤßt, diesen Tag dazu anberaumen.“ Von einer weiteren Antwort Lord J. Russell's auf diese Aufforderungen wird indeß in keinem Blatte etwas gemeldet, und die Absicht der Minister muß daher immer noch dahingestellt bleiben, wenngleich es im Lauf der Debatte uͤber die Peelsche Motion von Mitgliedern der Verwaltung, namentlich von Sir George Grey, fuͤr durchaus zweckmäßig erklart worden ist, durch eine besondere Debatte uͤber die Korngesetze die oͤffentliche Meinung noch vor der allgemeinen Wahl moͤglichst aufzuklären, um so mehr, als Sir Robert Peel noch gar nichts Bestimmtes uͤber seine Ansicht in Bezug auf die Getraide Frage angedeutet habe. Daß aber das Ministerium sich nicht zuruͤckziehen, sondern das Parlament aufloͤsen werde, wird wenig— stens von den ministeriellen Blaͤttern als ausgemacht angenom— men; die „Morning Chronicle“ bemerkt, es gehe aus der Schluß— Erklärung Lord J. Russell's ganz deutlich hervor, und dem ver— breiteten Geruͤcht zufolge, duͤrfte die Auflsösung, wie „Times“ und „Standard“ angeben, am 12ten oder 16ten erfolgen. Die Tory⸗Blätter suchen die Sache jedoch noch i zeifel zu stellen, und Tory such he jedoch noch in Zweifel zu stellen, und sprechen von Uneinigkeit im Ministerium uͤber den zu fassenden Entschluß; namentlich soll, dem „Standard“ zufolge, Lord Mel bourne sich der Parlaments-Aufloͤsung widersetzen. Jedenfalls berathen die Minister noch daruͤber, welchen Gang sie einschlagen sollen. Um 12 Uhr Mittags versammelte sich heute das ganze Kabinet, nachdem Lord Melbourne eine Audienz bei der Köni⸗ gin gehabt hatte. Die Minister blieben drei Stunden zusammen und gleich darauf fuhr Lord Melbourne wieder nach dem Palast. Der Hof wollte sich naͤchsten Montag nach Windsor begeben man glaubt aber, daß derselbe wegen der Minister-Krisis in Lon— don bleiben wird.

Zu den beredtesten Vertheidigern des Ministeriums gegen die Angriffe der Tories gehörte bei den letzten Debatten der bekannte Rechtsgelehrte und Fuͤrsprecher des schriftstellerischen Eigenthums, Herr Talfourd, der in seiner Rede unter Anderem sagte;

„Den Tories mag es ganz wohl anstehen, an die Zeiten zu erin nern, wo es überwiegender Majorttäten im Unterhause bedurfte, um ministerielle Maßregeln durchzuführen, wo indeß diese Majoritäten auch vorzugsweise dazu benutzt wurden, das Volk mit neuen Steuern zu belasten, kostspielige Kriege zu führen und Eingriffe in die Rechte und Freiheiten des Volkes durchzusetzen. Aber Sir James Gra ham, der sich jetzt den Tory-Argumenten anschließt, rühmt sich doch, in der Schule von Fox herangebildet und ein Anhänger dieses großen Mannes zu seyn, und da hätte er sich wohl selbst sagen können daß For nur mit Verwunderung die aus seinem Munde geslossenen Worte würde angehört, daß er ihm würde gesagt haben: „„Ma— joritäten sind nicht immer Wahrheit, Macht ist nicht immer Recht, und es ist oft rathsam, gute Grundsätze ans Licht zu fördern, wenn man auch nicht die Hoffnung hat, sie un⸗ verweilt durchzusetzen.“ Als in den Jahren 1831 und 1832, und zwar mit Hülfe Sir James Graham's, die Grundsäulen des ver derbten damaligen Systems der Tories gestürzt wurden, mußte man natürlich die Frage aufwerfen, wem nun die Leitung der Angelegen heiten nach dem neuen System zu übertragen sey, ob den Feinden oder den Freunden desselben, und man entschied sich, wie billig, für Letztere. Diese aber, wiewohl bemüht, die Vortheile, welche die von ihnen be wirkte organische Umgestaltung gebracht hatte, allmälig auszudehnen waren nicht im Stande, ihre vom Siege entflammten Anhänger zu befriedigen, und fanden zu gleicher Zeit bei ihren Gegnern fortwähren⸗ des Mißtrauen vor. Sie konnten nicht hoffen, nachdem einmal der erste Glanz des Sieges verschwunden war, sich denselben. Im⸗ puls, der ihnen zum Siege verholfen hatte, fernerhin in gleichem Maße nutzbar zu machen. Es wurde daher offenbar, daß sowohl die Partei der Whigs, als die Regieryng selbst sich nach neuen Duellen der Gewalt üumsehen und dieselben unter denen suchen mußten, welche zwischen den äußersten Parteien mitten inne standen, und daß die Regierung, um liberale Maßregeln durchzusetzen und zugleich wet— terem Ümsichgreifen radikaler Uniwälzung ein Ziel zu setzen, kein an— deres Mittel besaß, als ihre Maßnahmen so zu entwerfen, daß sie den Beifall bald der einen, bald der anderen Partei⸗Nüance erhielten. Auf diese Weise aber veränderte sich durchweg der Charakter sowohl der Pflichten und Obliegenheiten als der Hülfsmittel der Regierung. Wäre dies nicht der Fall, wäre es nicht ehrenwerth, Maßregeln borzubringen, für welche auf Unterstützung der politischen Gegner gerechnet wird, so würde die Regierung stets nur einer der beiden äußersten Parteien Übertragen werden können, und in diesem Falle würde Sir R. Peel eben so viel Ursache haben, die Lage der Dinge zu bedanern, wie die jetzigen Minister; gelänge es ihm auch jetzt, dieselben zu stürzen, fo würde er sicherlich binnen kurzem sich genöthigt sehen, die Hülfe der Whlgs gegen die Anforderungen seiner eigenen Oraugistischen Inhänger und feiner Chartistischen Bewunderern in Anspruch zu nehmen. Sir James Graham hat mit Spott der Unterstützung erwähnt, die Sir R. Peel den Ministern habe zu Theil werden lassen, aber so edelmüthig auch diese Unterstützung gewährt worden, so kann man doch nicht ver⸗ kennen, daß die Minister ein Recht hatten, auf dieselbe zu rechnen

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noch selbst die Herren Dufaure und Passy würden irgend einem unter ihnen die Praͤsidentschaft des Conseils einräumen; dem Marschall Soult aber unterwerfen sich alle; einmal, weil er nie

Insbesondere war dies der Fall bei der Privilegien⸗Frage, denn es lag Ten so im Interesse Sir R. Peells, wie in dem der Minister, das Ge⸗ wicht, welches das Unterhaus durch seine Privilegien erhalten zu bewahren. Der Vorwurf, daß die Minister überhaupt ihre beLeutendsten Maßregeln nur mit Hülfe der Spposition hätten durchsetzen können, besagt nun aber dech gewiß nichts Anderes, als daß die Opposition sich eben so wie die Minister von der Gerechtigkeit der vorgeschlagenen Maßregeln überzeugt batte, und die Opposition erklärt daher eigentlich nichts Anderes, als daß sie den Ministern ihr Vertrauen nicht schenken könne, weil sie so oft mit ihnen übereingestimmt habe. Will man freilich die Frage wie

in Glücksspiel betrachten, dann allerdings ist man berechtigt, Grund⸗ sätze gleich Rechenpfennigen zu behandeln, mit denen das Spiel betrie⸗

ben werden soll; hat aber die Regierung die Pflicht, das allgemeine Beste zu berücksichtigen, so muß sie auch Maßregeln in Vorschlag brin⸗ gen, welche auf den Beifall der verschiedenen Parteien im Lande rech⸗ nen können.“ 1 . ; .

Zu Anfang der gestrigen Sitzung des Unterhauses richtete

Lage der Dinge auf Candien und erhielt zur Antwort, daß so⸗

bald die Britische Regierung Nachricht von den auf der Insel ö en Je ö ausgebrochenen Unruhen erhalten, sie an den Britischen Gesand— Versichern kann ich Ihnen, daß, wenn Englische Kriegsschiffe sich zei ten in Konstantinopel Instructionen geschickt habe, durch welche ihm aufgegeben werde, sein Moͤglichstes zu thun, um die Tuͤrki⸗ sche Regierung zu vermoͤgen, daß sie mit der Griechischen Be⸗

voͤlkerung von Candien ein Abkommen treffe, welches einerseits

fuͤr sie selbst zufriedenstellend waͤre, andererseits aber der Griechi⸗

schen Bevoͤlkerung der Insel vollkommene Sicherheit ihrer Per⸗— sonen und ihres Eigenthums verbuͤrge; auch sey dem Gesandten

aufgegeben worden, bei der Tuͤrkischen Regierung darauf zu drin⸗

gen, daß sie keine strengere Maßregeln ergreife, als die Noth⸗ wendigkeit unbedingt erheische.

Einer der Redner, welche im Lauf der letzten Debatten uͤber die Peelsche Motion die ministerielle Politik vertheidigten, Sir George Staunton, sprach bei dieser Gelegenheit auch uͤber die Chinesischen Angelegenheiten, die er mehr als Andere zu beur— theilen im Stande ist, da er China aus eigener Anschauung kennt. Seine Bemerkungen sind unter den jetzigen Umstaͤnden, wo dort ein ernstlicher Krieg bevorzustehen scheint, von besonde— rem Interesse. Der Redner wandte sich namentlich gegen Sir

Kuͤstenwaͤchtern weggenommen worden ist.

James Graham's Vorwuͤrfe und sagte im Wesentlichen:

„Ich behaupte, daß das jetzige Ministertum durch das, was bis⸗ her in China geschehen ist, sich Anspruch auf den Dank des Landes er⸗ worben hat. Sämmtliche Britische Bewohner von Canton waren ge⸗ fangen genommen, ihr Leben bedroht und 2 bis 3 Millionen Pfd. St. ihnen abgepreßt. Wenn die Regierung nicht Kraft genug besäße, so große Ungebühr zu rächen, so würde das ein wahrhaftes Unglück, seyn, und die Üngelegenheiten, welche der jetzige Krieg verursacht, können dagegen gar nicht iZn Betracht kommen. Man hat der Aeußerung Napoleons erwähnt, daß ein Krieg mit China für England verderblich seyn würde; nur eine geringe Autorität seyn in den Chinesischen Angelegenheiten; mit größerem Rechte würde man sich auf den Herzog von Wellington berufen, der gerade in Bezug auf diesen Krieg erklärte, daß ein jeder Krieg, wie viel Unglück er auch mit sich führen möge, unvermeidlich sey, wenn es sich um Ahndung so großer Beleidigungen handle, wie die Chinesen den Engländern zugefügt haben. Die schnelle Ausrüstung der nach China abgesendeten Expedition gereicht der Energie des Bri⸗ tischen Volkes und des General-Gouverneurs von Ostindien zur größ⸗ ten Ehre. Freilich haben die später folgenden Ereignisse Manchen und darunter auch mich selbst getäuscht, aber überrascht worden bin ich nicht; ich habe bekanntlich sogar selbst früher erklärt, daß auf eine schleinige Beendigung des Krieges nicht gerechnet werden könne, daß man sich vielmehr auf einen harten und langwierigen Kampf gefaßt machen müsse. Ein entscheidendes Urtheil kann man über das, was geschehen ist, nicht fällen, so lange es noch an den detaillirten amtli⸗ chen Berichten fehlt, indeß kann man nicht umhin, die Ansicht zu he⸗ gen, daß möglicherweise die Diskussionen, welche im vorigen Jahre über bie Sache in Parlamente geführt wurden und die nur kleine Majori tät, welche sich entschieden für den Krieg aussprach, den Englischen Un⸗ terhändler zu dem Bestreben veranlaßten, die Sache möglichst schnell zu Ende zu bringen, aus Furcht, man möge ihn vom Mutterlande aus gänzlich im Stich lassen; gewiß ist es aber, daß jene Diskussionen auf die Chinesen eingewirkt haben, denn es existirt ein Promemoria des Commissair Lin an den Kaiser, in welchein dieser aufgefordert wird, den Krieg mit Kraft fortzusetzen, da die Engländer nicht einig seyen, weil eine Chinesische Partei in England bestehe und die Minister nicht im Stande seyn würden, den Krieg 9. Ende zu führen; damit steht denn ohne Zweifel auch in Verbindung, daß der Kaiser nicht einmal die so wenig zufriedenstellenden Konzessionen des Commissair Kischin hat ra⸗ tifiziren wollen. Hätte man also im vorigen Jahre die Sache nicht zur Parteifrage gemacht, so würde möglicherweise der Friede mit Ching etzt abgeschloffen seyn. Indeß was auch den Unterhäudlern zur Last fallen mag, die Regierung kaun jedenfalls kein Tadel treffen; sie hat, sobald die vergeblichen Bemühungen des neuen Unterhändlers bekannt wurden, sogleich einen anderen, Sir Henry Pottinger, abgeordnet, und nach Allem, was ich von ihm weiß, befindet sich die Angelegenheit bei ihm in sicheren Händen. . ; ö.

Obgleich man glaubt, daß die vorletzte Notirung von 2 Sh. fuͤr Congo-Thee sich nicht werde behaupten konnen, hob die Spe⸗ culationssucht diesen Artikel gestern doch auf 2 Sh. 11/2 Pee.

Die neueste Volkszaͤhlung in den Vereinigten Staaten hat eine Bevoͤlkerung von 17, i006, 572 Koͤpfen, worunter 2,369,553 Sklaven und 371,606 freie Farbige, ergeben. Im Jahr 1830 betrug die Bevoͤlkerung nur 12,856,407 Koͤpfe.

Mistreß Fry hat in London eine Gesellschaft protestantischer barmherziger Schwestern gegruͤndet.

Deutsche Bundesstaaten.

Muͤnchen, J. Juni. (A. 3.) Es sind seit dem Jahre 1815 unzählige Memoiren erschienen, und doch haben wir immer noch kein Werk uͤber die Erlebnisse und Thaten Herzogs Eugen von Leuchtenberg. Erwaͤgt man die Rolle, welche Eugen Veau— harnais seit dem Aegyptischen Feldzuge gespielt, so kann es keinem Zweifel unterliegen, daß in der Geschichte unserer Zeit vom Ende des vorigen Jahrhunderts bis zum Jahre 1814 ein sehr wichti— ges Material mangelt, so lange diese Memoiren fehlen, die durch einige, theils unbedeutende, theils vielfach falsche, ja luͤgenhafte Werke keineswegs ersetzt sind. Diese Luͤcke soll endlich ausge— fuͤllt werden, indem Se. Kaiserl. Hoheit der Herzog von Leuch— tenberg die zahlreichen Papiere seines Vaters Herrn Derode, ehemaligem Professor an der Militair-Schule von St. Cyr, uͤber— gab, um sie zu einem uͤbersichtlichen, auf echte Dokumente gestuͤtz ten Werke zu verarbeiten. .

. Hannover, 9. Juni. Braunschweig ist heute von Braunschweig hier angekommen und im Koͤniglichen Ernst-Palais an der Adolph-Straße abgestiegen.

Se. Durchlaucht der Herzog von

ö m

* Nadrid,; 1. Juni. Herr Caballero hat der Kammer der Abgeordneten, deren Mitglied er ist, einen Antrag uͤber die Eintheilung und die Besoldung der Geistlichkeit vorgelegt. Nach seinem Plane wird Spanien in so viel Bisthuͤmer getheilt, als Provinzen vorhanden sind; die Baskischen Provinzen wurden aber bloß ein Bisthum bilden. Madrid, Sevilla, Granada, Va— lencia, Barcelona, Saragossa, Burgos und Eorußia würden“ Erz⸗ bisthuͤmer werden. Der Erzbischofprimas von Spanien erhielte

. 1 Napoleon aber, ein so großer Krieger er auch war, kan .

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g0, oo, die uͤbrigen Erzbischoͤfe jeder 60,000, die Bischoͤse jeder 50,000 Realen. Außer dem Primas und den 7 Erzbischoͤfen würden 39 Bischoͤfe, 9000 Pfarrer erster, 1000 zweiter, 1500 dritter und 5660 vierter Klasse; 000 Pfarr-Vicare und 15,009 Kirchenverwaltungen existiren. Die hohe Geistlichkeit würde nach dem Entwurfe 12,216,000, die Pfarrgeist lichkeit 199 Millionen, die Seminarien 4 Millionen und die andere Geistlichkeit 14, 260,000, das Ganze 139,116,090 Realen kosten. 3 Es heißt, Herr Gamboa sey zum diesseitigen Gesandten in London bestimmt.

Cartagena, 25. Mai. Wir haben wieder ein Schmugg⸗ lerschiff im Hafen, welches unter Englischer Flagge von unseren Der Englische Vice⸗

Konsul schickt Protestation auf Protestation ein, weil man ihm

ö F 2 1 e é ow 9 ü. J 9 28 9 Schiffes —oackbo d Lord Teignmouth eine Anfrage an Lord Palmerston uͤber die nicht erlauben will, sich an Bord des Schiffes zu begeben, und

weil das Urtheil uͤber die Sache dem Zollgericht uͤbergeben wor— den. Wir wollen sehen, wie sich die Mißhelligkeit endigen wird.

gen sollten, um das Schmugglerschiff mit Gewalt wegzunehmen,

wie sie es schon einmal gethan haben, sie sich diesesmal seiner

nicht so leicht bemächtigen werden. Die Behoͤrden sind ent—

schlossen, wenn sie den Versuch erneuern, wacker auf sie schießen

zu lassen.

O Madrid, 31 Isabella mit einem bisher den angestrengt lingen wollen. Die Ha Art von Flechten bedeckt, w und ihrem Gesichte ein wenig anziehendes Aussehen geben. Die Spanischen Aerzte nennen dieses Uebel Ichthiosis, waͤhrend Fran— sische gar die Symptome der lépre darin erkennen wollen. Im vorigen Sommer wurde die verhaͤngnißvolle Reise nach Barce— lona unternommen, weil die Leibärzte der Koͤnigin glaubten, daß die Anwendung von Mineralbaͤdern, die sich in der dortigen Gegend vorfinden, eine heilsame Wirkung hervorbringen wuͤrden. Leider aber hat sich das Uebel durchaus nicht vermindert, und demnach hat der Regent, besorgt um das persoͤnliche Wohlseyn der Köͤni— gin, die Leibaͤrzte befragen lassen, ob es rathsam sey, in diesem Sommer die Badekur in Barcelona abermals zu versuchen. Fuͤr den Fall einer bejahenden Antwort wuͤrde der Regent, der entschlossen ist, sich von der Person der Koͤnigin, als einem ihm anvertrauten Unterpfande, nicht zu trennen, dieselbe dorthin begleitet haben. Vor einigen Tagen hielten nun die Leib— aͤrzte, mit Zuziehung mehrerer anderer ausgezeichneter Aerzte, eine Berathschlagung, nahmen eine Okular-Inspection vor und erklaͤrten endlich einstimmig, daß die Badekur nur dann Erfolg hoffen lasse, wenn sie Jahr aus Jahr ein unausgesetzt stattfände. Da nun aber ein bestaͤndiger Aufenthalt in Barcelona nicht wohl thunlich sey, auch die juͤngere Schwester der Königin im vorigen Sommer sehr von den Fatiguen der Reise gelitten habe und eine Trennung beider Schwestern ohnehin Niemand anrathen moͤge, so schlugen die Aerzte die Bereitung von kuͤnstlichen gallertartigen Baͤdern vor, welche die Koͤnigin hier in Madrid zu nehmen habe. Auch stellten sie die entfernte Aussicht, daß das Uebel sich mit dem Eintreten Ihrer Majestaͤt in das gereiftere Alter mildern werde.

Unterdessen sind von einer ziemlich unerwarteten Seite her Anspruͤche auf die Vormundschaft uͤber die Koͤnigin und deren Schwester erhoben worden. Ferdinand VII. uͤbertrug jene naäͤm— lich in seinem Testamente der ihn uͤberlebenden Koͤnigin Christine und verfuͤgte, daß, auf den Fall des Ablebens oder der Verhin— derung derselben, der von ihm eingesetzte Regentschafts-Rath die Vormundschaft fuͤhren solle. Von den Personen, aus denen dieser bestand, sind seitdem der Kardinal Marcs y Catalän, der Mar— quis von Santa Cruz, der Herzog von Medina Celi und die beiden Raͤthe von Castilien, Puig und Caro mit Tode abgegan— gen. Im Namen der Ueberlebenden aber hat der Herzog von Baylen (Castaños) an die Cortes eine Schrift uͤbergeben, um die Vormundschaft in Anspruch zu nehmen, falls sie fuͤr erledigt er— klaͤrt werden sollte. Hiergegen erheben sich jedoch die Machthaber des Tages fast einstimmig, indem die Personen, welche auf diese Weise zur Vormundschaft gelangen wuͤrden, nicht fuͤr aufrichtige Anhänger des herrschenden Systems gehalten werden können, und man uͤberdies in der Ertheilung jenes Amtes an den De— putirten Arguslles ein Mittel zur Aussöoͤhnung zwischen Trinita— riern und Unitariern zu erblicken glaubt.

Der Infant Don Francisco de Paula hat nunmehr unter dem 2lsten d. von Paris aus ein Schreiben „an den Regenten der Spanischen Nation“ gerichtet, wor— in er zwar sorgfaͤltig vermeidet, ihn direkt anzureden, ihm aber, der Spanischen Nation und sich selbst Gluͤck dazu wuͤnscht, daß die Regentschafts-Frage auf eine so erfreuliche Weise geloͤst sey. Wenn aber der Infant in diesem Schreiben behaup— tet, der jetzige Regent hätte „Spaniens Ehre und Unabhaͤngig— keit, Constitution und Thron, Freiheit und Gesetze von drohen— dem Schiffbruche gerettet“, so klingt dieses in dem Munde des Infanten etwas zu bescheiden. Denn Jedermann, und zumal Espartero, weiß hier, daß noch im vorigen Jahre jener Prinz selbst gegen die damalige Regentin und gegen den bestehenden Thron Spaniens, und zwar vom Auslande her, alle nur denkba— ren Mittel in Bewegung setzte.

Im Uebrigen hatten manche Personen geglaubt, daß Espar— tero nach seiner Ernennung zum Regenten sich mit einer Art von Hofstaat umgeben und auf einem glaͤnzenden Fuße zu leben an— fangen werde. Diese Voraussetzung hat sich nicht bestaͤtigt. Rathschlaͤge in diesem Sinne hat der Regent zuruͤckgewiesen und dadurch aufs neue bewährt, daß es ihm an einer tiefen Kenntniß des Spanischen National-Charakters nicht fehlt. Ein Grundzug desselben besteht in der Eifersucht, mit welcher das Volk auf die allgemeine Gleichheit, so weit wie wenigstens diese sich in der aͤußern Erscheinung darthun kann, hält. Alle seyen gleich elend oder gleich erhaben, das ist der Wahlspruch der Spanier. Wer es den Andern an Glanz zuvor thun will, wird sich nur ins Verderben stuͤrzen. Aus diesem Mangel an allem aͤuße⸗ ren Gepraͤnge, ja in der Regel selbst an dem Schicklichen, schließen Fremde haufig auf allgemein hier herrschende Armuth. Nichts ist irriger. Der Reiche verbirgt hier, wie im Orient, seine Schaͤtze, um nicht den Neid seiner Mitbuͤrger auf sich zu ziehen. So hat denn der Regent erklärt, er sey vor wie nach General Espartero und wolle als General leben. Er bewohnt noch das am Eingange des Prado und der Straße Alcala belegene Haus, welches zugleich der Sitz der General⸗Inspection der Provinzial— Millzen, und als solches die Wohnung des Generals Linage ist, und kaum ist diefes auf eine noth duͤrftige Weise eingerichtet. Im untern Theile desselben befindet sich eine Wache von 16 Mann Garde⸗Infanterie und eben so vieler Kavallerie. Fruͤherhin hatte Espartero acht Feld⸗Adjutanten, die unmittelbar den Dienst bei

igen der Aerzte nicht hat ge— dajestät ist naͤmlich mit einer

ihm versahen; setzt ist ihre Zahl auf sechs beschraͤnkt worden,

anntlich ist die junge Koͤnigin el behaftet, dessen Heilung

sich wie Fischschuppen ablösen

und einer von ihnen, ein in England erzogener Sohn des in den Nordprovinzen gefallenen Generals Gurrea, dient ihm als Pri⸗ vat Secrctair. Die uͤbrigen, jetzt Adjutanten des Regenten ge⸗ nannt, koͤnnen mit Kammerherren verglichen werden. Ihrer je zwei haben den täglichen Dienst im Vorzimmer des R n und an sie wenden sich die Personen, welche bei letzterem * zu haben wuͤnschen. Der Regent empfaͤngt, wenn er 1 e schaͤftigt ist, Jedermann; selbst wenn er sich rasirt oder im * ten lustwandest, ist er zuganglich, und alle Abende versammelt sich bei seiner Gemahlin eine Tertulia ganz auf Spanische Weise. Fuͤr Entgegennahme von Petitionen ist der Donnerstag bestimmt. Die Minister⸗Sitzungen finden Abends neun Uhr, und nicht mehr im Köoͤniglichen Palaste, sondern in der Wohnung des Regenten statt. Espartero raucht ohne Unterbrechung Cigarren und verlaͤßt sein Haus fast nie. Auf seinem Schreibtische liegen bestandig Biographieen Napoleon's.

Dle Truppen, die um die Hauptstadt zusammengezogen wa— ren, um uͤber die freie Loͤsung der Regentschafts⸗Frage zu wachen, haben nunmehr eine andere Bestimmung erhalten. Seit dem . Sktober v. J. bis Ende Maͤrz sind 83,06 Mann aus der Armee getreten und seitdem noch 11,000 Mann verabschiedet worden, so daß die Stärke der Armee sich im Ganzen noch au 140,000 Mann Infanterie und 11,9000 Mann Kavallerie belaͤusft.

Vorgestern sst der Marschall Saldanha von hier nach Lissa⸗

bon zuruͤckgereist.

n eld hn d.

Landsberg, 11. Juni. Wie die Woll maͤrkte in Breslau

und Posen vor dem bestimmten Tage ihren Anfang genom: nen

haben, so ist es auch hier der Fall gewesen, indem die Anfuhr

Wolle schon am Iten d. begann, täglich zunahm, und bis auf

wenige verspaͤtete Quantitäten, die heute noch eintrafen. gestern

schon als beendigt anzusehen seyn duͤrfte. Ein großer Theil der

der Wolle ist beim Transport hierher von der regnerigten und stuͤr⸗

mischen Witterung betroffen und aufgehalten worden. An Kaͤu⸗

fern hat es nicht gefehlt, und schon am gten d. begann der Han⸗

del, welcher gestern mit Lebhaftigkeit fortgesetzt wurde und heute

beendigt werden duͤrfte, da außer den jetzt angekommenen Posten

nur noch sehr wenige lagern. Das Quantum der bis jetzt einge⸗

fuͤhrten Wollen betragt etwa 13, 000 Ctr. und es sind nach den

verschiedenen Sorten dieselben Preise wie in Breslau, nament⸗ lich die feine Mittelwolle mit einem Aufschlage von 10 bis 15 Rthlr. der Ctr. bezahlt worden. Die Waͤsche war fast durchgan⸗ zig gut; einzelne Stamme nur wurden darin getadelt und obwohl init Recht befuͤrchtet werden duͤrfte, daß hier wie uberall, eine geringere Ausbeute der Schur, die nach dem großeren oder gerin⸗ geren Futtermangel und nach der vorjaͤhrigen duͤrren Sommer⸗ weide verschieden ausgefallen ist, und welche nach den Wahrneh⸗ mungen und unverhoölenen Aeußerungen der Schaferei⸗ Besitzer ungefähr 10 bis 20 pCt. betragen hat, auch eine Verminderung der Wolle am Platze gegen voriges Jahr zur Folge haben wuͤrde, so haben wir uns dessen ungeachtet einer Zunahme an Zufuhr zu erfreuen grhabt.

Die Korn-Gesetzgebung Englands und Frankreichs in ihrer geschichtlichen Entwickelung und ih rem politischen Charakter nach.

(Schluß. Vergl. die gestr. Nummer der St. Ztg.)

In Frankreich änderten sich während einer Periode von 300 Jahren, von 1455 bis 1764, die Korngesetze fast in jedem Augen⸗ blick. Zur Zeit des Ueberflusses und der niedrigen Preise hob die Regierung das Ausfuhr⸗Verbot auf; aber zur Zeit des Man⸗ gels wurde das Verbot mit der äͤußersten Strenge erneuert. Das Edikt von 1764 sollte dem Prohibitiv⸗System ein Ende machen. Da jedoch die schlechten Aerndten von 1769 und 1770 zu ernst— lichen Besorgnissen Anlaß gegeben hatten, so wurde das neue Sy⸗ stem aufgegeben und bis zum Jahre 1787 die Ausfuhr successiv erlaubt oöder verboten, indem man theils auf das Edikt von 1764 zuruͤckkam, theils auf administrativem Wege dies bewirkte. Die Erklaͤrung vom 7. Juni 1787 nahm die Freiheit des Getraide— Handels im Prinzip an, aber ein Beschluß vom folgenden Jahre verbot uͤberhaupt die Ausfuhr von Franzoͤsischem Getraide. Nach einigen anderen Veraͤnderungen wurde die Ausfuhr aller Ge— traide⸗Artendurch das Dekret vom 10. September 1789 verbo⸗ ten. Hierauf erschienen die gewaltsamen Maßregeln des Kon— vents, das im Jahre 1797 von dem Direktorium erlassene Ge⸗ setz, die Dekrete des Kaiserreichs und zuletzt blieb die Ausfuhr bis zum Jahre 1820, wo Getraide in geringen Quantitäten aus Frankreich ausgefuͤhrt wurde, suspenditt. Die einigermaßen ra— tionelle Getraide⸗Gesetzgebung beginnt erst nach dieser Zeit; indem namentlich allmaͤlige Aenderungen endlich das Gesetz vom Jahre 1832 herbeifuͤhrten.

Dies sehr komplizirte und auf mehrere fruͤhere Bestimmun⸗ gen gestuͤtzte Gesetz eignet sich nicht gut zu einer Analyse; wir wollen daher nur den Geist und die Haupt-Klauseln desselben herausheben, indem wir uns auf einige Beispiele stuͤtzen. Frankreich ist fuͤr die Erhebung der Getraide⸗Zoͤlle in vier große Klassengeth eilt In jeder dieser Klassen giebt es Normal⸗Maͤrkte ( Marchès règu- sateurs), welche in jedem Monat die Elemente der offiziellen Preise liefern. Der auf den Normal⸗Maͤrkten festgesetzte Preis des ein⸗ heimischen Getraides dient fuͤr sich allein dazu, die Ein- und Aus— fuhr aller Getraide⸗ und Mehl-Arten zu reguliren. Das Verbot der Ein- und Ausfuhr existirt nicht; es ist durch eine Reihe von Zoͤllen ersetzt, die nicht nur nach den Getraide⸗Arten, sondern auch nach der Bewegung des Steigens und Fallens der Getraide⸗ Preise veraͤnderlich sind. Wenn also der Preis des einheimischen Getraides sich auf den Normal-Maͤrkten vermindert, so ist das aus dem Auslande kommende Getraide und Mehl bei der Ein— fuhr in Frankreich einem Zolle unterworfen, der um so mehr steigt, je niedriger die Preise im Innern sind, während in dem⸗ selben Falle eine successive Herabsetzung der Ausfuhr; Zölle fuͤr unser Getraide eintritt. Wenn dagegen der Preis des einheimi— schen Getraides auf denselben Maͤrkten steigt, so sinkt allmaäͤlig der Eingangs-Zoll, waͤhrend die Ausfuhr einem immer hoͤheren Zoll unterworfen wird. Einige Beispiele werden zeigen, wie diese Zoͤlle festgestellt worden sind.

J) Einfuhr auf Franzoͤsischen Schiffen und zu Lande. Sobald der Preis des einheimischen Getraides auf den Normal Maͤrkten uͤber

26 Fr. in der ersten Klasse,

24 9 O zweiten v

22 n

20 Y vierten » betraͤgt, ist die Einfuhr des Getraides einem festen Zoll von 25 Cent. fuͤr das Heetolitre ') unterworfen. Mit jedem Franken,

1 Fectolitre = 1 Scheffel 13 Metzen Preuß. Maß.