1841 / 175 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

und Arbeitslohn und uber die Billigkeit der Steuern auf Le— bensmittel. Unter Anleitung des Grafen Fitzwilliam, eines hoff— nungsvollen Schülers der höheren Klasse, uͤbten sie sich fuͤr gründlichere Prufung, sammelten Thatsachen und Beweismittel und kräftigten ihre Einsicht durch Anstrengung. Verstaͤndige Zu— höͤrer sahen mit Frenden, daß so viele kluge Köpfe sich so nütz— lich beschäftigten. Daß ploͤtzlich Lord Brougham's helle, empha— tische Stimme dazwischen erschallte, machte eine uͤber— raschende Wirkung. Es lebt jetzt kein Staatsmann, der Lord Brougham an Einsicht gleichstande. Er hat zu seiner Zeit der Sache einer vernünftigen Regierung Dienste geleistet, deren kein Anderer fähig war. mit einer Verwegenheit aufs Spiel, die ein minder kraͤftiger Geist ohne völligen und unersetzlichen Untergang nie haͤtte begehen duͤr— fen. Jetzt steht er da in der Reife seiner Kraft, durch Zeit und Erfahrung gestärkt. Er steht da, frei von allen Partei⸗Verbin— dungen. Im Vertrauen auf seinen eigenen Genius und aus— dauernden Sinn lehrte er eine Versammlung, die naturlich nicht mit ihm gleichfühlen kann, ehrfurchtsvoll und besorgt auf ihn ho

ren. Selbst der aufgeregteste Theil der Demokratie betrachtet ihn mit Wohlwollen. Er vermag die große Sache, die jetzt an

hängig ist, mit mehr Kenntniß, größerer Belehrung und staͤrke— rem Nachdrucke zu vertheidigen als irgend ein lebender Redner. Er vermag sie den Lords annehmlicher zu machen als irgendwer, ihm werden die Chartisten großere Aufmerksamkeit schenken als irgend einem Anderen. Wird er der Wortfuͤhrer der Grundsaͤtze, unbekümmert, wer sich anschließe oder nicht, so kann er sich zum

Vertreter fuͤr die Rechte der Industrie und zum Cenralpunkte

fuͤr die Vereinigung der verschiedensten Richtungen machen. Er

kann fuͤr Handelsfreiheit jetzt mehr thun, als er einst gegen die

Geheimeraths-Befehle gethan und so seinem Lande einen Dienst leisten, der seine fruͤheren Dienste eben so weit übertrifft, wie

Lord Brougham's gereifte Kraft Henry Brougham's wunderliche

Energie .

Bei Gelegenheit des mit einer Majorität von einer Stimme angenommenen Antrages Sir R. Pechs gegen die Minister wird von hiesigen Blattern bemerkt, daß schon fruͤher in zwei sehr wichtigen Fallen die Entscheidung nur durch eine gleiche Majori— tät erfolgt sey, nämlich im Jahre 1831, wo Lord J. Russell's Reformbill, und im Jahre 1701, wo die Erbfolge des Hauses Hannover mit einer Majoritaäͤt von nur einer einzigen Stimme durchgesetzt worden.

O Connell hat in Irland an die katholische Geistlichkeit eine Adresse erlassen, worin er dieselbe zur thaͤtigsten Mitwirkung bei den Wahlen auffordert.

Im Jahre 1860 wurden 146 Bills vom Parlament ange— nommen, wovon aber erst 95 von der Königin sanktionirt sind.

N ieder l! and e.

Aus dem Haag, 20. Juni. Am 15ten d. hat hier die Auswechselung der Ratificationen eines Handels-Vertrages zwischen dem Königreich der Niederlande und der Repuvblik Texas statt— gefunden. General James Hamilton fungirte dabei als Bevoll— mächtigter der Letzteren. Das Handels blad sagt, dieser Traktat sey von derselben erleuchteten Politik beseelt, die den Abschluß der fruheren Verträge mit dem Deutschen Zollverband und Frank— reich herbeigefuͤhrt.

K /

Brüͤssel, 21. Junt. Der Köoͤnigl. Preuß. Gesandte bei der Eidgenossenschaft, Geheime Legationsrath Dr. Bunsen, ist auf der Retse nach London von Berlin hier eingetroffen und im Ho— tel des Königl. Preuß. Gesandten abgestiegen.

Es heißt, daß der Baron von Stassart, der sich mit dem Ministerium ganzlich ausgesoͤhnt hat, zum Staats-Minister oder zum Gesandten in Frankfurt a. M. ernannt werden wird.

Das Palais in Bruͤssel (Palast des Prinzen von Oranien), bas Sr. Majestaͤt dem Könige der Niederlande gehort und das so viele Jahre unter Sequester stand, wird jetzt auf Befehl und auf Kosten Sr. Majestäͤt ausgebessert, und zwar ganz so, wie es bereits von der Sequestrirungs-Kommission angeordnet war.

Während des Monats Mai sind auf den Belgischen Eisen⸗ bahnen 52,000 Personen mehr als im Mai 1840 befoͤrdert wor— den. Man schreibt dies dem herabgesetzten Tarif zu. Die Ein— nahmen im Monat April 1841, wo noch der alte Tarif galt, be— / trugen i161, 0660 Fr.; im Mai stiegen sie unter dem neuen Tarif auf 507,000 Fr.

» Brüssel, 21. Junt. Der Ausgang der Wahlen hat in der Stellung der verschiedenen Parteien zu einander und dieser zu dem Ministerium nicht einige unbedeutende Veraͤnderungen hervorgebracht, welche die Aufgabe des letzteren immerhin etwas schwieriger machen. Der Minister des Innern, Herr Nothomb, hatte bei seinem Antritte in dem Rnndschreiben an die Gouver⸗ neurs der Provinzen erklärt, daß das neue Kabinet bei den bevor⸗ stehenden Wahlen keine Veranderung fuͤr noͤthig erachte, da es mit der Kammer in ihrer zeitweiligen Zusammensetzung regieren zu können glaube. Es war damit zugleich angedeutet, daß das Ministerium bei den Wahlen sich neutral verhalten würde, falls es sich nicht durch eine ungerechte Provocation von der liberalen Seite zu einem enischiedenen Auftreten genoͤthigt sehe. Daß nun die liberalen Blätter gleich von Anfang an das Kabinet sehr hef— tig angegriffen haben, ist bekannt, wir haben aber auch sogleich bemerkt, daß alle Gemaͤßigteren, welche bei den Wahlen den Ausschlag geben, eine ruhig beobachtende Stellung genommen hatten. Sei es nun aber das feindliche Auftreten jener Blätter, oder seyen es andere Rücksichten, Thatsache ist es, daß mehrere Miiglie der des Kabinets auf eine entschiedene Weise den Regierungseinsluß in den verschiedenen Provinzen zu Gunsten der katholischen Partei angewandt haben. Diese letztere hatte nun die, fuͤr sie guͤnstigen Umstaͤnde benutzen zu muͤs⸗ sen geglaubt, um in den Lokalitäten, wo sie Herr zu seyn meinte auch die sehr gemäßigten liberalen Deputirten auszuschließen uns selbst solche, die man mit mehr Recht zu der kathoͤlischen als der liberalen Seite gezählt hatte; man wollte, scheint, jetzt unbedingte Partei Männer haben, auf die man bei jeder Gelegenheit zaͤhlen konnte. Das Land hat nun freilich anders entschieden. Alle li— berale Deputirten, ohne eine einzige Ausnahme, die vermittelnden sowohl wie die durchaus entschiedenen, sind wiedererwählt worden, und zwar, was wohl zu begchten ist, durch die alleinige Staͤrke der liberalen Meinung. Jetzt beschweren sich nun diese Depu— tirten über die unduldsame Weise, mit welcher man gegen sie ver— fahren ist, so wie uͤber den Antheil, den mehrere Mitglieder des Kabinets bei den Wahlen gegen sie genommen haben. Die Folge davon ist, daß sich auch diese vermittelnden Deputirten durch die letzten Vorgänge gezwungen sehen, sich auf eine ent— schiedenere Weise der liberalen Meinung anzuschließen und dieje⸗ nigen als Gegner anzusehen, von denen sie selbst als solche behan⸗ delt worden sind. Es treten daher freilich dieselben Deputirten,

Oft setzte er seinen hohen Ruf

sprochen, reiste er noch denselben Abend nach Weimar ab.

Ce erforderlichen Lokalitaͤten und eine Summe von 7000 Fl. zur Berfuͤgung gestellt, damit dieser die von ihm erfundene elektromag— Hetische Maschine im Großen herstellen konne, an welche Bedin⸗ ung die von der Bundesversammlung bewilligte Nationalbeloh—

aber mit einer anderen Richtung, in die Kammer wieder ein.

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Demohngeachtet kann das Ministerium wohl sicher seyn, keine systematische Opposition zu finden, vielmehr darauf rechnen, zweckmaͤ⸗ ßige Gesetzantraͤge von einer bedeutenden Majoritaͤt unterstuͤtzt zu sehen. Eine systematische Opposition ist zum erstenmale unter dem vorigen Kabinette von der katholischen Seite versucht worden; allein die Wahlen haben gezeigt, wie eine solche im Lande nicht hinrei— chenden Anklang findet. Wollte nun jetzt die liberale Partei eine aͤhn⸗ liche Stellung einnehmen, so wuͤrde sie fich einem gleichen Schick— sale aussetzen. Freilich wird eine Folge der Vorfaͤlle der letzten drei Monate seyn, daß die Diskussionen in der Deputirten⸗Kam⸗ mer, im Anfange wenigstens, unter groͤßerer Aufregung gefuͤhrt werden, und das Kabinet einen etwas schweren Stand haben wird, da es nicht stark an gewandten Rednern ist, und die Last

der Diskussion fast ausschließlich auf den Minister des Innern

ruhen wird. Die Redner-Talente befinden sich zum größten Theil auf der liberalen Seite; allein obgleich solche Talente ihren Einfluß in jeder gesellschastlichen Berathung ausüben, so ist dies doch in der hiesigen Deputirten-Kammer weniger der Fall. Es herrscht hier im Allgemeinen ein praktifcher nüchterner Sinn, der sich durch Redefertigkeit wenig bestechen laͤßt. Moͤge daher das Ministerium nur nützliche Gesetz⸗Vorschlaͤge machen und es wird der Beistimmung der großen Masjoritaät nicht erman— geln. Es ist auch hohe Zeit, daß ein Ministerium durch ein ent schiedenes Auftreten die verschiedenen wichtigen Gesetz Entwuͤrfe, die seit drei Jahren schon in den Kartons schlummern, wirklich zur Berathung bringe, und es ist das jetzige Kabinet vielleicht

durch seine Stellung zu den Parteien mehr dazu geeignet, diese

Gesetze durchzubringen, als es das fruͤhere war. Denn die ka—

tholische Partei, die sich mit der Zufammensetzung des Kabinets gleich Anfangs zufrieden zeigte, darf jetzt um so weniger an einen, ernstliche Opposition gegen diese Gesetz Entwürfe denken, als ihr zufuͤhren und in die Leipzig-Dresdner, etwa l Stunde vor ihrem Eintritt in den Bahnhof, einmuͤnden zu lassen.

die letzten Wahlen die liberale Richtung des Landes unverkenn bar angezeigt haben. Sie ist daher gezwungen, einige Konzessio

nen zu machen, damit das Ministerium auch die gemaͤßigte libe⸗ Wenn daher das Kabinet nur

rale Meinung befriedigen kann. einig in sich selbst bleibt und durch seine Gesetzantraͤge einen festen aber versöhnlichen Willen kundgiebt, so wird es von keiner ernst— lichen Gefahr bedroht seyn.

Deutsche Bundesstaaten.

(Prot. Ausz.) Zweite Kammer.

Allgemeine

Hannover, 145. Juni. (Sitzung vom

Stände⸗Versammlung.

10. Juni.) Der Präsident verkuͤndigte den Eingang einer Vor⸗

stellung des Moor⸗Commissairs Wehner zu Goͤttingen wegen Ver⸗ letzung der Verfassung durch die gegen ihn verfuͤgte Konfinirung. Zu den Vollmachten des Grafen von Kerff-Schmiesing und Frei— herrn von Ketteler-Bollen schlug Herr Buddenberg vor, „um Auskunft daruͤber zu bitten, ob dieselben zur Mitgliedschaft erster Kammer qualifizirt seyen, da sie in Preußen domizi⸗ lirt und Preußische Unterthanen seyen, aber nicht konstire, daß in diesem Staate nicht das Gegentheil vorgeschrieben sey.“ Herr Wedekind emendirte, „da zuverlaͤssig bezeugt sey, daß der Graf von Korff-Schmiesing und Freiherr von Ketteler— Bollen Preußische Unterthanen, in diesem Staate aber, bei Er— mangelung allgemeiner Stände, die Reziprozitaͤt nicht beobachtet werden konne, dieselben fuͤr zuläͤssig nicht zu erachten seyen.“ Diesem Antrag raͤumte Herr Buddenberg die Praäͤcedenz ein; er wurde jedoch abgelehnt, dagegen der Antrag des Herrn Budden— berg mit großer Majorität genehmigt. Das Koͤnigl. Schreiben wegen des Haushalts der General Kasse wurde an die Budget- Kommission verwiesen; desgleichen das Kabinetsschreiben uͤber die

Adresse wurde gewahlt, so wie zur Konferenz uͤber die Zulassung des Herrn Stuͤve. (Sitzung vom 11. Juni.) Der General— Syndikus referirte aus der Vorstellung des Advokaten Detmold wider im Verwaltungswege gegen ihn verfuͤgte verfassungswidrige Freiheits-Beschraͤnkung mit dem Antrage, „die Vorstellung dem Kabinet zu uͤberweisen und dabei zu erkennen zu geben, daß, da wenn es sich so verhalte eine solche administrative Be— schraͤnkung der persoͤnlichen Freiheit mit den Rechten der Un— terthanen und der Landes Verfassung durchaus unverein⸗ bar erscheine, Staͤnde die schleunigste Abstellung damit zu beantragen fuͤr dringende Pflicht halten muͤssen.“ Herr Klenze schlug verbessernd vor, „einfach bei Koͤnigl, Kabinet um baldthunlichste Aufhebung der Maßregel quaest. nachzusuchen.“ Herr Siemens aber einzuschalten, „in sofern solches mit Vor— wissen des Kabinets geschehen.“ Beide Amendements wurden (ersteres mit 52 gegen 2 Stimmen) abgelehnt und der Antrag des General-Synditus mit 69 gegen 7

7 Stimmen angenommen. Die Kammer schritt zur ersten Berathung des Gesetzes uͤber die Rechtsverhaͤltnisse der Juden und gelangte bis zum §. 55. Leipzig, 23. Juni. (. A. 3.) Den Bitten seiner Freunde nachgebend, nahm Thorwaldsen gestern die Einladung zu einem rasch beschlossenen Festmahl an, zu dem sich um 1 Uhr gegen 80 Maͤnner und Frauen im Gartensaale des Hotel de Saxe verei⸗ nigten. Der hochgefeierte Gast wurde bei seinem Eintreten in den Saal mit Musik empfangen; Toaste, Musik und Gesang er⸗ heiterten das Mahl, und als die Tafel aufgehoben, nahm Men⸗ delssohn-Bartholdy an einem Fortepiano Platz und entzuͤckte durch sein Spiel alle Zuhoͤrer, wobei uns die Erinnerung um so schmerz— licher war, daß wir diesen allverehrten Künstler nun bald, wenn auch hoffentlich nicht auf immer, scheiden sehen. Einige von einer kunstgeuͤbten Dilettantin mit gewohnter Vollendung vorgetragene Lieder beschlossen diesen allen Anwesenden gewiß unvergeßlichen Tag, und nachdem der Ehrengast sich auf das herzlichste ausge—

Der Fürst von Fuͤrstenberg hat dem Mechaniker Wagner

ung von 100,000 Fl. geknuͤpft ist. K In Bayern ist das Verbot der Pferdeausfuhr vom 22. Jury a auf zwei Monate verlängert worden.

A Leipzig, 23. Juni. Gestern Vormittag 9 Uhr fand in der hiesigen Buchhändler-Boͤrse die erste General⸗Versammlung der Saͤchsisch⸗Bayerischen Eisenbahn-⸗Compagnie statt. Wohl sel— ten hat sich bei uns, denen dergleichen oͤffentliche Versammlungen dech im Ganzen noch etwas Neues sind, an eine solche zin so lebhaftes und thaͤtiges Interesse geknuͤpft, als an die gestrige. Wochenlang vorher war man darauf durch Wort und Schrift vorbereitet worden, und am Tage der Versammlung selbst war ganz Leipzig in Bewegung; wer' nicht selbst mitwirken konnte, der theilte wenigstens die allgemeine Spannung und Erwartung, mit welcher man dem Resultate dieser Zusammenkunft entgegen⸗ sah. Um diese ungewöhnliche Bewegung zu erklaren, müß ich

einige Verhaͤltnisse genauer berühren, um welche es sich hierbei vorzugsweise handelt.

Nachdem nämlich die Hauptfrage wegen des Baues der Leipzig⸗Hofer Bahn entschieden, und dadurch die Besorgnisse zer⸗ streut waren, welchen man sich vorher in Bezug auf das allge⸗ meine Saͤchsische Interesse hingegeben hatte, erhob sich eine

zweite Frage von zwar nur lokaler, aber um so unmittelbarerer Wichtigkeit fuͤr die Bevoͤlkerung Leipzigs, die Frage naͤmlich: wo soll die neue Bahn ausmuͤnden? Die oͤffentliche Meinung theilte sich in Bezug auf diese Frage in zwei scharf getrennte Parteien. Die eine verlangte, im Interesse des Publikums, der Bahn selbst, der beiden anstoßenden Bahnen und endlich im In⸗ teresse Leipzigs und Sachsens, die unmittelbare Verbindung des neuanzulegenden Bahnhofes mit den beiden schon bestehenden, dem der Leipzig Dresdner und dem der Leipzig⸗Magdeburger Bahn. Es sey zweckwidrig, meinte man, die Ausmändungen der Bahnen, auf deren Wechselverkehr hauptsaͤchlich gerechnet sey, zu trennen, und so einen langwierigen und kostspieligen Transport der Personen und Guter von einem Bahnhof in den anderen herbeizuführen. Ein solcher Mißgriff muͤsse sich nothwendig in einer verminderten Benutzung der Bahn fuͤhlbar machen, und wenn es besonders noch dahin kommen sollte, daß uͤber Eisenach und Koburg eine Parallelbahn mit der Leipzig-Hofer angelegt wuͤrde, so werde der Personen-Verkehr und besonders der Guͤter— Transport sich auf jene Bahn werfen und die unsere verlassen, um den Verzoͤgerungen und den Kosten der Umladung zu ent— gehen. Daher wurde vorgeschlagen, den Bahnhof entweder in die Gegend des Schießhauses, also dicht neben den Leipz ig⸗ Dresdner, oder zwischen diesen und den Leipzig⸗Magdeburger, oder endlich hinter diesen zu verlegen, die Bahn selbst also auf einen Umweg um den ganzen suͤdoͤstlichen Theil der Stadt herum⸗

Dagegen erhob sich nun aber eine andere Partei mit den energischsten Vorstellungen und gleichfalls unter Aufzählung vie— ler gewichtiger Gruͤnde fuͤr ihre Ansicht. Dieser zufolge, beruhen

die Bedenken der Gegenpartei auf grundlosen Voraussetzungen,

da einmal, was den Personen-Verkehr anbetrisst, nicht leicht

Jemand durch Leipzig durchreisen werde, ohne sich hier aufzuhal⸗

ten, zumal da die Fahrzeiten der verschiedenen Bahnen schwerlich

so zusammenstimmen möchten, daß der Reisende sofort nach seiner Ankunst auf der einen mittelst der anderen weiter befoͤrdert werden koͤnnte, ferner auch suͤr einen solchen Fall durch das bequeme und billige Droschken-Fuhrwerk hinlaͤnglich gesorgt sey, und endlich bei den Guͤtern eine ÜUmladung und Verpackung ohnehin, auch zwischen den eng beisammengelegenen Bahnhoͤfen stattfinden muͤsse. Ferner wurde, als Grund wider die Vereinigung der Bahnhoͤfe ange— fuͤhrt, daß kein passender Platz fuͤr einen dritten Bahnhof zu er⸗ mitteln seyn werde, da es schon fuͤr die beiden vorhandenen an den noͤthigen Raumlichkeiten fehle; daß die Zusammendraͤngung eines so ungeheuren Materials, einer so großen Menge von Guͤ— tern und Personen, vielfache Uebelstaͤnde und Gefahren mit sich bringe, und besonders die polizeiliche Kontrole und die Aufrecht— erhaltung der Ordnung außerordentlich erschwere; daß das Ein— muͤnden einer Bahn in die andere und die Verschmelzung beider in eine auf eine ziemliche Strecke hoͤchst bedenklich sey; endlich daß dadurch den Unternehmern ein Mehraufwand von ungefaͤhr 200,000 Rihlr., wegen des großen Umwegs, den dann die Bahn nehmen muͤsse, den Reisenden aber aus demselben Grunde eine Verzoͤgerung und Vertheuerung ihrer Reife erwachsen werde. Auch wurde darauf Bezüg genommen, daß, im Falle noch eine

ö r leichen das Kabine eiben e Bahn von hier nach Suͤrrenberg und weiter nach Naumburg, Wahl der Schatzraͤthe und das Koͤnigl. Schreiben uͤber die Dienstanwei⸗ sung fuͤr das Schatz-Kollegium. Die Kommission zur Entwerfung der

zu Stande kommen sollte, der Bahnhof derselben nothwendig von den beiden bestehenden entfernt, dagegen ziemlich auf dieselbe Seite der Stadt gelegt werden wuͤrde, fuͤr welche man den Saͤchsisch⸗ Bayerischen in Anspruch nehme. Neben diesen allgemeineren, aus dem Interesse der Bahn selbst abgeleiteten Gruͤnden wurden nun aber auch Ruͤcksichten der Gerechtigkeit und Billigkeit zu Gunsten der Stadttheile geltend gemacht, welche den Bahnhof in ihrer unmittelbaren Nahe zu sehen wuͤnschten, um dadurch einen lebendigeren Antheil an den Gesammt⸗Verkehr Leipzigs zu erhalten, dessen betraͤchtliches Wachsthum ihnen bisher so wenig zu Gute gekommen ist, daß sie vielmehr nur noch mehr versoͤdet sind, als fruͤher, da die ganze Bewegung der Reisenden und Be— sucher Leipzigs sich auf die Gegend der beiden Bahnhoͤfe und der Post, und auf die innere Stadt konzentrirt.

Dies war der Stand der Parteien in der Bahnhofs ⸗Frage, welche seit Monaten die Gemuͤther beschaͤftigte und besonders in dem hiesigen Tageblatte (welches, beilaͤufig gesagt, in allen solchen Fragen unseres lokalen offentlichen Lebens eine Macht ist) in ei—

ner wahren Fluth von Aufsaͤtzen diskutirt wurde. Dieser Streit,

bisher nur vor dem Forum der oͤffentlichen Meinung gefuͤhrt, sollte nun in der General⸗Versammlung der Actionaire seine fak— tische Entscheidung erhalten, zwar nicht unmitteldar, aber doch in sofern, als von der in dieser Versammlung vor— zunehmenden Wahl des Ausschusses hoͤchst wahrscheinlich das Schicksal der Bahnhofs-Angelegenheit abhinge. Daher bot denn jede der beiden Parteien Alles auf, um sich den Sieg bei den Wahlen zu sichern; Wahl-Kandidaten-Listen wurden mehrere Tage vorher verbreitet und den Actionairs, welche man zu gewinnen hoffte, zugesendet; Besprechungen fan⸗ den statt; auf der Straße, am Eingange in das Versammlungs— Lokal und selbst innerhalb desselben sah man die Fuͤhrer von beiden Seiten thätig durch Vertheilung von Actien und durch Zusprache die Stimmen ihrer Partei zu verstaͤrken. Daher bot die unge— woͤhnlich zahlreiche Versammlung (uͤber 500 Personen, welche zu— sammen fast 21,006 Stuͤck Actien repraͤsentirten) einen äußerst belebten und interessanten Anblick dar. Die Verhandlungen selbst, welche der Wahl vorangingen, waren dagegen, wie vorauszusehen, von geringerer Bedeutung, und bestanden nur in einem Vortrage des bisherigen Vorsitzenden, Kaufmann Olearius, welcher die Entstehung und den bisherigen Fortgang des Unternehmens schilderte, und am Schlusse desselben die Versammlung, der Form wegen fragte, ob sie sich definitiv als Actien-Gesellschaft konsti⸗ tuiren wolle, und einer auf diese Abstimmung Bezug nehmen⸗ den Rede des Königl. Kommissars, Kreis-Direktors von Fal⸗ kenstein, welcher in dem Namen der Königl. Saͤchsischen und Herzogl. Sachsen-Altenburgischen Regierung die Zusicherungen der von beiden Regierungen dem Unternehmen zu gewaͤhrenden Unterstuͤtzung wiederholte, der Uebereinkunft zwischen den genannten beiden Staaten und der Krone Bayern gedachte wonach die ganze Straße von Leipzig bis Nurnberg binnen 6 Jahren vollen— det seyn soll, zugleich auch die Weiterfuͤhrung der Bahn vom letzteren Orte bis Augsburg, auf Staatskosten verheißen wird, und endlich der Versammlung eroͤffnete, daß zu den zwei statutenmäßig von den beiden Regierungen zu' besetzenden Stellen im Direktorium der Compagnie, von Seiten der Königl. Säch“ sischen Regierung der Regierungsrath Freiherr von Friesen, von Seiten der Herzogl. Saͤchsischen, aber der Pr. Hofmann, Advokat in Leipzig, ünd bisheriger Secretair der Gesellschaft, er⸗

nannt worden sey. Hierauf wurden noch folgende Fragen, nam, lich 1) ob die Gesellschaft alles dasjenige gutheiße und bestaäͤtige, was das provisorische Comité angeordnet habe, und 2) ob die Gesellschaft ein Gesuch an die beiden Regierungen richten wolle, des Inhalts, daß die Verzeichnung des Actien-Kapitals vom 1. Juli d J. an beginne, vom Vorsitzenden gestellt, und von der Versammlung durch Acclamation bejaht, sodann aber zur Wahl geschritten, deren Resultat jedoch offiziell erst morgen be— kannt gemacht werden wird.

Frankfurt, 22. Juni. Dem Comité fuͤr Errichtung eines Monumentes fuͤr Gothe wurde in seiner gestrigen Sitzung zwei Skizzen Schwanthalers, welcher seit wenigen Tagen hier anwesend ist, aber der gestrigen Sitzung nicht beigewohnt, vorge⸗ legt. Man entschied sich fuͤr die Skizze, welche den großen Dich ter in wuͤrdiger Haltung stehend, mit einem Urberwurf, dem Griffel und der Rolle in der Hand, darstellt. Die Basreliefs zeigen die Bekraͤnzung Goͤthe's von den Musen und die bekann— testen Personen seiner Meisterwerke. Schwanthaler wird nun ruͤstig mit der Arbeit beginnen und wir durfen aus seiner Hand ein neues Meisterwerk erwarten.

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Franzssische. Blätter theilen ein Schreiben aus Syra vom 6. Juni mit, welches Nachstehendes aus Kandien meldet: „Den glaubwuͤrdiasten, uns neuerdings zugegangenen Nachrichten von der Insel Kandien zufolge, haben die Griechi schen Insurgenten bereits eine in drei Corps getheilte Armee von 15,0900 Mann unter den Waffen. Das erste, aus mehr als 000 Mann bestehende Corps hatte eine konzentrirte Stel⸗ lung bei Stiliari inne; das zweite Corps von 66160 Mann ist zur Vertheidigung einer unbezwinglichen Stellung bei Castro, so wie der benachbarten Distrikte aufgestellt; ein drittes Corps von 6000 Mann ist im Innern der Insel zerstreut, wo es die wich⸗ tigsten Punkte besetzt hält. Man sieht taͤglich bewaffnete Grie⸗ chen aus allen Theilen der Europaͤischen Tuͤrkei hier eintreffen; Deserteure der Armee des Koͤnigs Otto, Offiziere und Soldaten, begeben sich mit Waffen und Gepäck nach Kandien, obgleich die Regierung die strengsten Maßregeln getroffen hat, um dieser Auswanderung Einhalt zu thun. Die Kandiotische Armee ist mit Waffen und Munition sehr gut versehen. Die Kandiotische Regierung hat in Smyrna allein 1500 Faͤsser Pulver und ganz neuerdings 000 Flinten gekauf die ihr vor einigen Tagen in sehr gutem Zustande uͤberliefert worden sind. Die gegenwartig in den Haäͤfen von Kanea und Kastro versammelten Tuͤrkischen Streitkräfte bestehen aus 12, 900 Mann und ihre Flotte schaͤtzt man auf fuͤnf bis sechs Linienschiffe nebst Transport- und an— deren kleinen Schiffen. Eine Englische Fregatte und eine Fran⸗ ösische Fregatte und Korvette liegen auf der Rhede vor Anker.

Vor drei Tagen kauften 30 Hydrioten im hiesigen Hafen zwei Schiffe, die fie als Brander ausruͤsten wollen; sie sind unver- üͤglich nach Kandien abgereist, um bei erster Gelegenheit die Tuürkische Flotte in Brand zustecken. Wir erfahren aus Konstantinopel, daß Herr Titoff, Rus⸗ sischer Geschaͤftsträger bei der Osmanischen Pforte, dem Divan eine sehr energische Note uͤberreicht hat, die sich auf die furcht— baren Niedermetzelungen, deren die Tuͤrken sich in 710 Bulgari— schen Doͤrfern schuldig gemacht haben, so wie auf die bedeutende Zahl christlicher Bulgaren bezieht, die ihrer Heimath entrissen

und als Sklaven verkauft worden sind. Im Namen seines Sou— verains, des Beschuͤtzers der Christen im Orient, protestirt er mit Nachdruck gegen das barbarische Recht, welches sich die Tuͤrki schen Befehlshaber in Bulgarien angemaßt haben. In Folge dieser Note sind die Pascha's von Bulgarien nach Konstantinopel berufen worden, um Rechenschaft uber ihr Benehmen abzulegen. Die Tuͤrkischen Behoͤrden in Bulgarien und den benachbarten Provinzen haben den Befehl erhalten, alle bis heut von den Tuͤrken bis zum heutigen Tage zu Sklaven gemachte Bulgaren auf Ko— sten der Pforte loszukaufen, in ihre Dorfer zuruͤckzubringen und ihnen die noͤthigen Mitttel zu geben, damit sie ihre durch die Tuͤrken gepluͤnderten oder niedergebrannten Häuser wiederher— stellen und ihre Beschaͤftigungen als Ackerbauer wieder beginnen koͤnnen. Gleichzeitig hat die Pforte dem Fuͤrsten von Serbien auf offizielle Weise ihren Dank dafuͤr zu erkennen gegeben, daß er die fluͤchtigen Bulgarischen Christen aufgenommen und ihnen ein Asyl gegen die Grausamkeiten der Tuͤrken gewaͤhrt hat.

Nachschrift. Man theilt uns so eben die durch ein Eng; lisches Dampfboot von Kandien nach dem Pyraͤus gebrachte offi zielle Nachricht mit, daß die Tuͤrken, nachdem sie die Festungen Kanea und Kastro verlassen, um zu versuchen, ob sie sich im In⸗ nern der Insel halten koͤnnten, zuruͤckgeworfen und gezwungen worden sind, sich in jene beiden festen Orte einzuschließen, wo Das Signal zu Feindseligkeiten ist von den Tuͤrken in Bulgarien und auf der Insel Kandien gegeben worden und wird in allen Provinzen der Europaͤischen Tuͤrkei, deren Bewohner der Mehrzahl nach Christen sind, Wiederhall

sie eng blokirt werden.

finden. Schon ist die Insurrection in Macedonien und Thessalien organisirt. Wir haben mehrere mit dem Siegel der dort einge—

setzten neuen Behörden versehenen Aktenstuͤcke gesehen und mit

Freuden das Griechische Kreuz erblickt mit der Umschrift: „Ma. kellonon politeia“, Thessalan politeins. Romanien, ganz in der Naͤhe von Konstantinopel, in kurzem sich

unabhaͤn⸗gig erklaren und seinen alten Namen „Thracien“ wieder Vor langer Zeit hat man gesagt, daß die Tuͤrken in Europa gelagert seyen; der Augenblick naht heran, wo sie gezwungen seyn werden, ihre Lager zu verlassen.“

annehmen werde.

. 3 Rio Janeiro, 14. April. Schneller und ploͤtzlicher, als

es irgend Jemand erwarten konnte, hat das Ministerium der Andrada's sein Ende genommen, und damit schließt wohl uͤber⸗ haupt das politische Leben dieser Familie, die seit 20 Jahren in der Geschichte Brasiliens eine bedeutende Rolle gespielt hat. Mit ihnen zugleich nahm sofort auch Limpo de Abreu seinen Abschied, und nach einigeni Zoͤgern folgten schweren Herzens die beiden

Cavalcanti; nur Aureliano, der Minister der auswärtigen Ange— legenheiten, blieb und erreichte so das Ziel, welches er unstreitig im Auge hatte, als er am 23. Juli v. J. den Andradas, feinen Todfeinden, sich als Kollege anschloß.

Es war zunaͤchst eine Palast⸗Intrigue, der das „Ministerium Die Andradas hatten zwar den

der Majorennitaäͤt“ unterlag. Kaiser möͤglichst mit ihren Kreaturen umgeben und wußten Leute, die ihnen haͤtten entgegenwirken koͤnnen, mit großer Strenge von ihm fern zu halten; aber das Hof-Personal hatten sie nicht ver—⸗ andern koͤnnen, und in der Verblendung ihres Stolzes gaben sie sich auch nicht die geringste Mühe, ihre Feinde zu schonen. Ja, als der Ober⸗Hofmarschall (Mordomso mor), Marquis S. Idas da Palma, auf seine Guͤter ging und der Kaiser schon seinem fruheren Voruunde, dem Marquis von Itanhaem, die interimistische Verwaltung dieser Stelle versprochen hatte, erklärte Antonio Car-

nun: t auf seinen Wunsch, den Grafen Rio Pardo zum General zu er⸗ nennen; freilich findet diese Wahl auch nicht allgemeinen Beifall,

Man glaubt, daß auch

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los Andrada, daß nach alten Portugiesischen Gesetzen ihm, als Minister des Innern, die Interims-Verwaltung gehöre, unbe— kümmert um den Eindruck, den dies auf den Kaiser selbst und auf den ganzen Hof machen mußte. Aureliano aber, dem der Kaiser und seine Schwestern von jeher das größte Vertrauen be— wiesen, wußte, wie es scheint, den Ausbruch dieses Mißvergnuͤ—

gens kiug zuruck zu halten, bis der rechte Augenblick gekommen war. Ein scheinbar zufaͤllig in einer Abend⸗Gesellschaft des Kai sers gesprochenes Wort gab das Signal, und als der Kaiser, von der Menge von Anklagen, die sich ploͤtzlich von allen Seiten erhoben, uͤberrascht und betroffen, Aureliano in sein Kabinet berief, nahm dieser den Zeitpunkt wahr, die Lage des Landes zu schildern. Seines Erfolges sicher, erhob er sich in dem nächsten Minister Conseil mit einer Enischie denheit, die man bis dahin nie an ihm wahrgenommen. Der Gegenstand der Dis kussion war die Provinz Rio grande; Aureliano erklaͤrte, falls der Kaiser die Vorschlaͤge der Andradas billige, muͤsse er um seine Entlassung bitten, und da diese mit demselben Dilemma ihm ent⸗ gegen traten, so mußte sich der Kaiser entscheiden, und er entschied für Aureliano. ö . Bald nach dem „glorreichen 23. Juli“ hatte der Kaiser be kanntlich eine politische Amnestie erlassen, und mit diesem Dekret sandte man nach Rio grande einen Deputirten, Alvares Machade, einen Mann, der sich durch eine gränzenlose Geschwaͤtzigkeit eine

Art von Bedeutung in der Kammer verschafft hat. Er erhielt

jedoch keinen offiziellen Charakter und kam dadurch gleich in eine

schiefe Stellung zu dem General Andrea, der zugleich Praͤsident in jener Provinz

Inas,

und Militair⸗-Kommandant (general da

war. Bento Gonzalves, der Chef der Insurgenten nach dem

der alte Bento-Manoel sich kurz zuvor unterworfen und nach

gern

Montevideo zuruͤckgezogen hatte, erklaͤrte, er wolle unterhandeln, aber nur in Gemeinschaft mit den uͤbrigen Aufruͤhrern, und da er durch Andrea von diesen getrennt und blokirt sey, so muͤßten die Regierungs-Truppen zuruͤckgezogen werden. dem General, der ihm erklaͤrte, die Amnestie koͤnne nur fuͤr die

jenigen gelten, welche die Waffen niederlegten, er werde sicherlich

nicht den Rebellen den Gefallen thun, seine vortheilhaften Stellun gen zu verlassen. Das wollten die Andradas gerade; sie wuͤnsch ten einen Vorwand, den verhaßten Andrea zu entlassen. Alva res Machado wurde Präsident, und man schickte ihm als Gene

ral das Armas den Marschall Joao Paulo dos Santos Bar“ Von

reto, der sich durch seine friedliche Gesinnung empfahl. neuem begannen die Unterhandlungen, und als sie abgebrochen werden mußten, weil die Bedingungen der Insurgenten wahrhaft naiv unverschaͤmt waren, hatten diese inzwischen ohne Schwert

streich sich aus ihrer Klemme befreit und stehen jetzt wieder mit

frischer Kraft im Felde. Wahrend man aber die Regierungs

Truppen verstaͤrkte und von hier drei Offiziere schickte, um unter

des Marschalls Oberbefehl die drei Waffengattungen zu komman— diren, erschien ein hr. Vieira, ein sehr angesehener Riogran— denser, der eine Art neutraler Stellung behauptet, d. h nicht selbst die Waffen gefuͤhrt hatte, mit neuen Vorschlaͤ— gen: man solle ihm die Praͤsidentschaft und zugleich carte

General seiner Wahl zu ernennen;

blanche geben, einen dann garantire er die Unterwerfung der Provinz. Und darauf

gingen die Andradas ein! Vieira reiste ab, mit dem Versprechen,

Mit diesen Vorschlaͤgen kam der gefällige Vermittler zu

fessor der Chirurgie an der Lehranstalt in Bahia. Von einer Absendung nach Goyaz war keine Rede, und ein Regierungs— Journal zußerte die Hoffnung, man werde ihn ruhig hier lassen ünd ihm nach so langer Gefangenschaft nicht noch ein so hartes Exil auferlegen. Das jetzige Ministerium jedoch hat ihn sogleich unter Eskorte dorthin abfuͤhren lassen; es heißt, er habe sogar hier in der Umgegend neue Umtriebe angefangen; inwiesern es wahr ist, daß man bei ihm verräͤtherische Briese von A. EC. Andrada gesunden habe, weiß ich freilich nicht, gewiß aber ist, daß die beiden Bril— der nach ihrer Provinz, S. Paulo, zuruͤck wollten, daß man ib⸗ nen jedoch Schwierigkeiten machte, worauf sie sich an den Kaiser

wandten, der ihnen schreiben ließ: er glaube zwar nicht an verleum—

derische Geruͤchte, wuͤnsche aber, daß sie bis zur Kröoͤnung hier blieben.

So hat Antonio Carlos die allgemeinen Angelegenheiten des Landes gelenkt; sein Bruder, Martin Francisco, ist mit den Fi⸗ nanzen nicht gluͤcklicher gewesen. Die Kammer hatten ihm be⸗

kanntlich einen sehr bedeutenden Kredit bewilligt, und die natur⸗ liche Folge davon war, daß die Kapitalisten ihr Geld zuruͤckhiel⸗

ten und der Zinsfuß stieg, das nannte aber der Minister eine Verschwöͤrung der Böͤrse gegen den Staat, und Kampf gegen die Börse wurde sein Losungswort. Montezuma wurde nach Eng— land geschickt, um eine Anleihe zu machen, und so sicher rechnete man auf das Gelingen, daß man die fälligen Zinsen nicht remit— tirte, wodurch denn, da alle Versuche bis jetzt fehlgeschlagen sind, die Lage der Regierung nur verschlimmert worden ist. Die Glaäu— biger der Arfenale wurden indeß gezwungen, Apolices (Stgate—, schuldscheine) zu einem Course zu rechnen, den ihnen der Mmi⸗ ster vorschrieb? diefer that ferner, was er einst dem Minister Can, dido Baptista als das abscheulichste Verbrechen vorgeworfen: er nahm als Anleihen aus der Amortisationskasse das Geld, wel⸗ ches zur Tilgung bereit lag; dazu hatte er das Gluck, einen ungewöhnlich reichlichen Ertrag der Zölle zu erhal— ten Da aber alles das nicht ausreichte, so wendete er sich an einzelne Kapitalisten und erhielt auf diese Weise nicht unbedeu⸗ tende Summen zu maͤßigen Zinsen zum Theil ganz zinsfrei, aber freilich immer nur auf kurze Zeit; dergleichen hieß dann Patriotismus und wurde mit dem Christus Orden belohnt. Kurz, unwurdiger und kleinlicher kann das Finanz⸗-Devartement nicht geleitet werden, und der Vorwurf, welchen Martin Francisco als Oppositions⸗Deputirter dem damaligen Finanz / Minister machte, trifft ihn selbst vollkommen. Wie es eigentlich mit den Finanzen steht, wird man freilich erst erfahren, wenn die Kammern zu— sammenkommen. Gegenwärtig ubrigens ist dies Ministerium wieder in der Hand von Calmon, dem Brasilianischen Financier

par ex ellence. ;

ö übrigen Mitglieder der jetzigen Verwaltung sie datirt vom 23. Maͤrz sind: Minister des Innern, der Senater Can, dido José de Araujso Vianna; der Justiz, Paulino Josẽ Soures de Souza; des Krieges, José Elemente Pereira, und der Ma⸗ rine, Marquis Paranagua. Doch halt man dies nur sur eine vorlgufige Combination; man wollte nicht sofort in das andere Extrem fallen, dessen „Unvermeidlichkeit“ doch Jeder einsieht, nämlich Vasconcellos in das Ministerium zu berufen; dieser hat gehalten, was er erklärte; er hat die Fensterscheiben, die man

ihm am 25. Juli eingeschlagen, nicht machen lassen und die Läͤ—⸗ den auf der ganzen Front seines Hauses geschlossen gehalten.

seine Ernennung sofort zu erhalten; sie war ausgefertigt und lag

dem Kaiser zur Unterschrift vor, als Aureliano seinen letzten Ver— such machte. Saturnino,

Aureliano's Bruder,

denn Saturnino war schon einmal Präsident, und man warf ihm

vor, sich zu viel in die militairischen Operationen zu mischen und

seinen Unterbefehlshabern

Das

zwischen dem Kommandirenden und Mißtrauen und Zwietracht zu nähren indeß nimmt ploͤtzlich einen gewaltig patriotischen Aufschwung; während ein reicher Kaufmann 3 Contos (etwa 500 Pfund St.) zu den Kriegs-Kosten schenkt, tritt eine Anzahl Anderer zusam men, um auf ihre Kosten ein Bataillon auszuruͤsten und vorlaͤufig fuͤr ein Jahr zu besolden.

Auch in den noͤrdlichen Provinzen hat die Regierung der Andradas eben keine glanzende Folgen gehabt. Der Zweck, den sie vorzugsweise im Auge hatten, waren die Deputirten⸗Wahlen, und diese Ruͤcksicht besätimmte die Wahl der neuen Praͤsidenten. Die Folge davon ist, daß Para, welches, kaum heruhigt, eben anfing, seinen uner⸗ meßlichen naturlichen Reichthum etwas zu entwickeln, schon wie⸗ In Ceara ist es schon zu blutigen Auftritten gekommen, diese Provinz ist indeß so groß und zugleich so wenig bevölkert, daß Bewegungen der Art fuͤr das Ganze von Unstreitig die bluͤhendste Provinz ist ist so

populair, daß keines der Ministerien, die in den letzten Jahren

der in dumpfer Gaͤhrung ist.

geringer Bedeutung sind. aber Pernambuco; der Praͤsident, F. do Rego Barros,

auf einander folgten, ihn zu entlassen wagte; die Truppen dieser

Provinz, die besten des Landes, waren immer am schnellsten bei der Hand, und zwar in dem fernen Rio grande eben sowohl als in Bahig; die Andradas aber wußten ihm unter der Hand solche

Widerwaͤrtigkeiten zu bereiten, daß er seinen Abschied forderte,

und das hätte hoͤchst wahrscheinlich zum Abfalle dieser Provinz Besonders traurig ist der Zustand von Bahia in Folge der obgedachten Amnestie; politische Mordthaten werden am Tage

gefuͤhrt.

mit voͤlliger Straflosigkeit veruͤbt. In der Provinz Sergipe

zwischen Bahia und Pernambuco erschien kuͤrzlich in einer kleinen Stadt mit Tagesanbruch ein Trupp von etwa 50 Mann, angefuͤhrt von einem Pater, umstellte das Haus des Friedens.; Fuͤnf ohne daß sich

richters und eroͤffnete ein regelmäßiges Feuer auf dasselbe. Stunden lang vertheidigte sich der Ungluͤckliche, eine Hand in der Stadt ruͤhrte; endlich unterlag er; die Rotte drang in das Haus, zerriß und verbrannte säͤmmtliche Akten

und zog dann ganz ruhig ab. Nun erst kam der Juiz de direito zum Vorschein, es dauerte jedoch ein paar Tage, ehe aus der

Hauptstadt der Provinz ein kleines Detaschement erschien und die In—

struction des Prozesses begann, natuͤrlich eine ganz leere Foͤrn⸗

lichkeit. Dergleichen Vorfaͤlle, die in den Provinzen gar keine Seltenheit sind, zeigen dann, wie gering das Gebiet ist, auf wel— ches die Regierung eine regelmäßige Wirkung ausuͤben kann, und wie wenig noch von den großen Kuͤsten⸗Staädten aus, der Sinn fuͤr wirkliche Civilisation in das Innere des Landes einge— drungen ist.

Die Amnestie wurde uͤbrigens ohne Weiteres auch auf die jenigen ausgedehnt, die wegen der letzten Revolution in Bahia theils zum Tode, theils zu ewigem Gefängniß verurtheilt waren, und deren Urtheil in letzter Instanz noch nicht gefaͤllt war; nur ist ihnen der Aufenthalt in anderen fernen Provinzen vorgeschrie— ben. So erschien in Rio der Dr. Sabino, Chef jener Empörung, dem Goyaz zur Wohnung angewiesen war; er lebte anfangs als Gast in dem Hause des Justiz⸗-Ministers Limpo und betrieb, wie es heißt, eine Reclamation bei der Regierung: als Folge

der Amnestie verlangte er seinen ruͤckständigen Gehalt als Pro—

Der erste Schritt des neuen Ministeriums war zum Praͤsidenten und,

hiesige Publikum

Berlin, 25. Juni. Wir geben nachstehenden Bericht uͤber das Woll⸗Geschaͤft seit Ende Junt 1840 und uͤber den diesjähri—⸗ gen Woll-Markt in Berlin, abgestattet von dem vereideten Ke⸗ sonial, Produkten und Manufakturwaaren⸗Makler Herrn J. A. König hier: 1 .

„Gleich nach Beendigung des hiesigen vorjährigen Woll—( Marktes bis gegen Ende August v. J. war der Umsatz von Wolle hier sehr unbedeutend und das Wenige, was verkauft wurde, be— zahlte man 4 ä 6 Rthlr. unter dem Markt-Preise. Die Zufuhren waren sehr bedeutend, wodurch sich die hiesigen Lager haͤuften,

so daß sich anfangs September ein Vorrath von 560 69, 000 Ctr. gebildet hatte. Durch die alsdann von Zeit zu Zeit hier einge⸗ troffenen fremden Käufer namentlich Franzosen, Niederländer, Rheinländer, so wie Fabrikanten aus dem Gebiete des Zoll-Ver— bandes, belebte sich zwar der Umsatz doch nur zu gedruͤckten Preisen circa 2 à 4A Rthlr. unter den Markt ⸗Preisen. Erst im Spätherbst und bis Ende April d. J. erhoben sich die Preise der feinen Gattungen bis zu den vorjährigen Markt— preisen, in einigen Fällen sogar mit einer kleinen Erhohung uͤber den Marktpreis, und wurden diese Gattungen auf dem Platze geraͤumt. Auch von anderen Gattungen wurde Bedeutendes umgesetzt, aber nur selten die vorjährigen Marktpreise erreicht. Die Zuführen dauerten, wenn auch schwaͤcher, bis zu Ende Fe⸗ bruar d. J. fort, die inländischen Fabrikanten blieben Kaͤufer und zwar nicht unbedeutend, obgleich die sehr gedruͤckten Preise des Fabrikats kaum in richtigem Verhaͤliniß mit dem rohen Pro⸗ dukt standen. Von England lauteten die Berichte uͤber den Ar— tikel wegen der in jenem Lande, wie bekannt, herrschenden Miß⸗ konjunkturen, fortdauernd unguͤnstig, so daß nur wenig Neigung ur Speculation auf die diesjährige Schur entstehen konnte, es wurde daher auch nur wenig auf Kontrakte abgeschlossen.

Wenn dessenungeagchtet auf den diesjährigen dem unsrigen vorangehenden Maͤrkten eine unerwartete Erhöhung der Wollpꝛeise stattfand, so durfte sich dies aus folgenden Ursachen erklären lassen: 1) waren die Preise auf den gedachten Markten im v. J. unge⸗ faͤhr nur eben so viel niedriger als auf dem hiesigen Markte; 2) ist die Waͤsche in diesem Jahre überall bedeutend besser als im vorigen Jahre; 3) hat man im Allgemeinen in diesem Jahre eine ins Gewicht leichter fallende Wolle geschoren und so duͤrften aus diesen Gruͤnden sich die dem Namen nach höͤher bezahlten Preise für den Konsumenten eigentlich nicht hoöͤher als voriges

ahr stellen. : ö

Wenn nun auch hier hoͤhere Pteise als im vorigen Jahre angelegt worden sind, so mogen die al 2 und 3 angefuͤhrten Gruͤnde ebenfalls dazu beigetragen haben. .

Durch die von den hiesigen Behsrden in diesem Jahre ge— troffene zweckmäßige Einrichtung der Kontrolle der wirklichen Zu. fuhren zum hiesigen Markte haben sich folgende Resultate ergeben:

Die Zufuhren zum diesjährigen hiesigen ö. ö

Markte betrugen circa Jo, 000 Err.

Bestand von der vorjaͤhrigen Schur, groöͤß— . tentheils ordinaire ünd Mittel Gattung 1000 Tren, Won Err.

V hiervon wurden verkauft 8

Es bleibt daher Bestand Litea ,, der meistens aus ordinairen, Mittel, und fein . ö steht, die nur sehr wenig in erster Hand ve er. eis von 16839 war das herangebrachte Quantum incl. des Be nur circa 55,000 Ctr.