1841 / 231 p. 3 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

Ueberhaupt ist dieser Aufstand der Kandigtischen Ritter viel⸗ leicht eine der intessantesten Erscheinungen fuͤr die Philo sophie der Europaͤischen Staaten⸗Geschichte. Wir Finden hier, in der Tiefe des Mittelalters, freilich unter ganz anderen Verhaͤltnissen, die Analogie von Ereignissen wieder, wesche in neuerer Zeit un⸗ sere Bewunderung erregt haben, und fur alle Zukunft als Epo— chen der Weltgeschichte gelten werden. So wie sich seit dem letz⸗ ten Viertheil des achtzehnten Jahrhunderts die Kolonien des Ame⸗ rikansschen Kontinents von ihren Europäischen Mutterläͤndern mit mehr oder weniger Gluͤck, losgerissen haben, so versuchten es da— mals, um die Mitte des vierzehnten Jahrhunderts, diese Ritter, sich der Zuchtruthe einer maͤchtigen Mutterstadt zu entziehen; sie wollten ihre Unabhaͤngigkeit, ihre eigene Regierung, natuͤrlich nach den Ideen der Zeit ünd den Beduͤrfnissen der Verhaͤltnisse, die ihnen gegeben waren.

Dies beweißt gleich der erste Schritt, den man that, nach⸗ dem man sich einmal des Herzogs und seiner Raͤthe versichert hatte. Man waͤhlte aus der Mitte der aͤlteren Ritter den Ohe Jes Tit Gradonico, Marco Gradonico, zum Herzoge und Fsiellte ihm vier der erfahrensten Lehnsleute, Franzesco Mudatio, Marco Fradello, Andrea Panthales und Bartholomeo Grimaldi, als Raͤthe zur Seite. Um hierauf zunäͤchst das einheimische Volk fuͤr diese neue Ordnung der Dinge zu gewinnen, ließ man auf der ganzen Insel verkuͤndigen, der Lateinische Kultus sey abge⸗ schafft, und in Zukunft werde nur der Griechische Ritus geduldet werden, fuͤr dessen Annahme sich auch bereits der Herzog und seine Räthe durch eine oͤffentliche Freierlichkeit foͤrmlich erklart hatten. Alle Insignien, welche an die Herrschaft der Republick erinnern mochten, wurden herabgezissen und zerstoͤrt, und so sah man in kurzer Zeit an den öffentlichen Gebaͤuden und auf den Panieren der neuen Regierung nicht mehr das Bild des heiligen Markus, sondern den Kopf des heiligen Titus, des Schutzpatrons der Insel und der Familie Gradonico.

Die Nachricht von diesen Vorfaͤllen machte in Venedig einen unbeschreiblichen Eindruck. Auf dergleichen Dinge war die Si— gnorie in keinem Falle gefaßt. Wahrscheinlich konnte man in der Eile nicht einmal fogleich uͤber eine Macht gebieten, welche hinge— reicht haben wurde, die Rebellen mit Gewalt zum Gehorsam zu zwingen. Nothgedrungen beschloß der Senat zuerst eine gůͤtliche Ausgleichung zu versuchen. In dieser Absicht wurde unverzüglich eine Botschaͤft nach Kandia abgesandt, welche die Insurgenten der Gnade und der Verzeihung der Signorie versichern sollte, wenn sie sich dazu verstehen wuͤrden, zur alten Treue zuruͤckzukehren. Sie bestand aus fuͤnf Proveditoren, Andrea Contareno, Pietro Ziani, Francesco Bembo, Giovanni Gradonico und Laurentio Dandolo, lauter Maäͤnner von hohem Ansehen und großer Ge⸗ wandheit. Die Insurgenten weigerten sich nicht, diese Botschaft anzunehmen und den Vorschlaͤgen des Senats Gehoͤr zu geben. Man schickte den Gesandten sogar eine Deputation nach der küei⸗ nen Infel Standia entgegen und ließ sie unter sicherem Geleit durch die mit bewaffnetem Volke uͤberfuͤllten Straßen von Kandia nach dem Palast bringen, wo die neue Regierung, inmitten einer Schaar Bewaffneter, ihre Sitzungen hielt. Als diese jedoch ver— nommen hatte, daß der Zweck ihrer Sendung kein anderer sey, als im Namen des Senats die Unterwerfung der Insurgenten zu verlangen, da gab man ihnen stolz zur Anwort: Man habe die Waffen ergriffen, um die Freiheit der Insel zu schuͤtzen, und werde nie dulden, daß der Senot die einmal zugestandenen Privilegien aufhebe oder verletze. Mit dieser Antwort kehrten die Abgeord⸗ neten, unverletzt, sogleich wieder nach Venedig zuruck. Der Se⸗ nat entschied sich hierauf ohne Weiteres fuͤr die Unterwerfung der Insel durch die Waffen.

Waͤhrend man hierzu die Vorbereitungen machte, steigerte ein verungluͤckter Angriff des Venetianischen Geschwaders, welches alljaͤhrlich nach Cypern und Alexandrien abgeschickt wurde, auf die Kuͤstenfestung Settia die Erbitterung der Venetianer und den Muth der Rebellen. Indessen ging die Signorie bei ihren R⸗ stungen mit großer Umsicht und Entschiedenheit zu, Werke. Die Anstlfter des Aufruhrs wurden sogleich nach der Ruͤckkehr der Ge⸗ sandten fuͤr vogelfrei erklaͤrt. Um der Insel von außen her alle Zufuhr und Huͤlfe abzuschneiden, schickte der Doge an alle der Republik befreundete Mächte Eilboten mit der Bitte ab, daß sie sowohl sich selbst aller und jeder Unterstuͤtzung der Kandiotischen Rebellen enthalten, als auch ihren Unterthanen den Verkehr mit denselben gaͤnzlich untersagen inoͤchten. Papst Urhan n, damals zu Avignon, Kaiser Karl IV., die Koͤnige von Frankreich, Un⸗ garn und Cypern, die Koͤnigin von Neapel, ja selbst die Republik Genua gingen auf dieses Verlangen ein, und verpoͤnten allen Handel und Verkehr ihrer Unterthanen mit der Insel Kandig hei harten Strafen. Pietro Lusignani, Konig von Cypern, sagte der Sig— norie sogar noch seine persoͤnliche Huͤlfe mit einer Schaar auser. lesener Ritter zu, waͤhrend Papst Urban V. die Rebellen durch einen Hirtenbrief an den Erzbischof von Kandia zur Eintracht und zur Ruͤckkehr zu dem alten Gehorsam ermahnte. Doch an⸗ perte dieß Alles nichts in der entschiedenen Stellung, welche die Insurgenten einmal gegen angenommen hatten.

die Republick Die Ermahnungen zur Versöͤhnung, welche einige Wenige ver— suchten, blieben ohne Wirkung. . Jacopo Mudatio, Vruder des zum Mitgliede des Rathes erwaͤhlten Francesco Mudatio, erschien init dergleichen Anträgen selbst vor der neuen Regierung. Kaum hatte er aber seine Rede, voller Vorwuͤrfe und Schmaͤhungen ge— gen seinen eigenen Bruder, begonnen, als man ihn greifen ließ And mit Gewalt aus dem Sitzungssaale hinauswarff. Die Macht, womit die Venetianer diese Hartnäckigkeit zu brechen gedachten, bestand aus dreiunddreißig Dreiruderern und zwblf Lastschiffen, unter dem Oberbefehl des Dominico Michaele, und einer sehr bedeutenden Landmacht, welche, aus ganz Italien zusammengebracht, unter das Kommando des Vexonesers Luchino dal Verme gestellt wurde. Ihm zur Seite standen zwei der ausgezeichnetsten Capitaine der Rupublik, Giovanni Dandolo und Pietro Morosini. Auch wurden der Expedition noch besonders fuͤnf Proveditoren beigegeben, (Pietro Trevisano, Nicolo Justiniani, Giovanni Mocenico und die Bruͤder Marco und Boetio Qui— rinih welche über die Insurgenten das gerichtliche Urtheil sprechen und die gebührenden Strafen verhaͤngen sollten. Sie dekamen zu diesem Zwecke unbeschränkte Vollmacht, und eiserne Strenge ward als der Grundsatz festgesetzt, nach dem sie verfahren sollten. Es wurde ihm namentlich anbefohlen, gegen zehn der Ritter, welche als die Urheber des Abfalls betrachtet wurden, ohne Wei— teres die Todesstrafe zu verhaͤngen, und sie, im Falle sie entkom— men sollten, so lange zu verfelgen, bis sie das Schwert der Ge— rechtigkeit erreicht haben 1oürde. Au ördu daß der erste Angriff sogleich auf die Stadt Kandia gemacht wer— den sollte, weil man hoffte, daß nach Unterwerfung des Sitzes

der Regierung, wůrde. !

Die Ruͤstungen hindurch. Erst im hja Am ersten Mai warf sie in ; siebentausend Schritt westlich von Kandia.

verzoͤgerten sich durch das ganze Jahr 1363

Luchino dal Verme

Auch verordnete der Senat, sich der uͤbrige Theil der Insel von selbst ergeben

Fruͤhjahre 13614 ging die Flotte unter. Segel. dem Hafen von Fraschia Anker, nur

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setzte sogleich seine Truppen ans Land, und marschirte ohne Auf⸗ enthalt gegen Kandia, während Dominico Michele die Stadt von der Seefeite angreifen sollte. Die Insurgenten, hiervon benach— richtigt, zogen mit allen ihren Truppen den Venetianern entgegen und boten ihnen unkluger, Weise mit weit unterlegener Macht die Schlacht, unter der Fuͤhrung des Francesco Mudatio. Die ersten verzweifelten Angriffe der Rebellen waren heftig und un⸗ gestuͤm, wurden aber von den dichten Reihen der Venetianischen ruppen mit Muth ausgehalten, und dies entschied natuͤrlich den ien fuͤr Luchino dal Verine. Denn gleich der erste Angriff, den er seinerseits machte, noch ehe die Insurgenten ihre Schlachtlinie wieder gebildet hatten, warf sie auseinandrr und noͤthigte sie zu aufgelͤster Flucht nach den naͤchsten Gebirgen. In Kandia, welches fast aller Truppen entbloͤßt war, konnte man, nach dieser Niederlage, nicht mehr an Wiederstand denken. Um sich die Gunst Sieger noch einigermaßen zu gewinnen, befreite man noch ihrem Einzuge den Herzog Leonardo Dandolo und seine Raͤthe aus dem Gefaͤngnisse, und bͤsfnete selbst die Thore, durch welche, wie es im Chronisten heißt, kurz darauf der Capitain und die Proveditoren der Republik unter dem ruhmreichen und triumphi— renden Paniere des heiligen Marcus ihren Einzug hielten. Allein diese erzwungene Bereitwilligkeit vermochte nicht die Strenge zu mildern, weiche die Beschluͤsse der Signorie gegen die Aufruͤhrer diktirt hatte. Schon am 15. Mai fiel, nach kurzem Prozesse, auf Befehl der Proveditoren, das Haupt des Herzogs der Rebel— len, Marco Gradonico, auf der Plattform der Festung unter dem Schwerte des Henkers. Mit ihm zugleich und zwar, auf aus— druͤcklichem Befehl, ihm zu beiden Seiten, wurden zwei der Haupt— anstifter des Abfalls, Marco Fradello und Gabriel del Abbado,

hingerichtet.

T

8

Als warnendes Beispiel sollten ihre Leichen so lange auf der Plattform liegen bleiben, bis es die Probeditoren fur gut befinden waͤrden, sie hinwegnehmen zu lassen. Wer es wagen sollte, eine derselben, offen oder verstohlener Weise, aufzuheben, wurde durch eine besondere Verordnung mit dem Verluste der Hand bedroht. Ihre Guͤter, bewegliche und unbewegliche, wur— den zum Nutzen der Republik eingezogen.

Dies war der Anfang eines furchtbaren Blutgerichtes, wel— ches Hierauf mehrere Monate lang, wie ein entsetzliches Verhaͤng— nißt, durch die ganze Insel ging. Denn auch Kanea und Rethimo fielen, wie alle übrigen unbedeutenderen Städte und Festungen, ohne Schwertstreich in die Haͤnde der Venetianer, und wo die Proveditoren erschienen, da hinterließen sie auf lange Zeit die blutigen Spuren ihres unerbittlichen Urtheils. Ein großer Theil der Ritter kam durch das Schwert des Henkers um; ein ande— rer wurde ausgeknüͤpft; ein dritter mußte die entferntere Theil— nahme an dem Aufstande durch die Verbannung buͤßen. Das Schicksal der ersteren traf auch einen der Hauptanstifter Tito Ve⸗ mero, welcher sich noch vor der Einnahme von Kandia nach Nea— pel begeben sollte, um von hier aus den Genuesern, den Catalo— niern und einigen anderen Staaten im Geheimen die Herrschaft der Insel anzubieten, wenn sie sich dazu verstehen wollten, die Insurgenten gegen die Venetianer zu unterstuͤtzen. Allein seine Anträge fanden nirgends Gehör; und als er folglich unverrichte— ter Sache und ohne Kenntniß der Dinge, welche unterdessen vor— gefallen waren, nach der Insel zuruͤckkehrte, ward er schon im Meere von den Venetianischen Schiffen aufgegriffen, an das zu— naͤchst liegende Ufer geschleppt, und ohne Weiteres enthauptet. Nur Tito Gradonico entkam mit einigen seiner Anhänger nach Rhodos. Desto strenger verfuhr man gegen seine Familie. Alle noch ubrigen Glieder derselben wurden, zugleich mit den Resten der Familie Beniero und den Soͤhnen der Ritter, welche zur Todes— strafe verurtheilt worden waren, zur weiteren Verfuͤgung des Se— nats, nach Venedig geschickt. Nur die schwaͤchsten Kinder, kranke Greise und hochschwangere Frauen, welche man den Gefahren einer unmittelbaren Abreise nicht aussetzen konnte, erhielten eine Frist von sieben Monaten. Alle Lehenguͤter der Verbannten so— wohl, wie der Hingerichteten, fielen der Republik anheim. Also endigte dieser ungluͤckselige Aufstand der Venetianischen Ritter im Sommer des Jahres 1364.

In Venedig verursachte die Nachricht von der Niederlage der Rebellen unendlichen Jubel. Nach dreltaͤgigen feierlichen Dank— festen folgten, zur Verherrlichung des Triumphes der Republik, glaͤnzende Festspiele, welchen der Doge und der ganze Senat, der eben anwesende Koͤnig von Cypern, und der gefeierteste Dichter seines Zeitalters, Franzesko Petrarka, beiwohnten. Auch die der

Republik befreundeten Maͤchte nahmen Theil an diesem Jubel und

wuͤnschten der Signorie durch offizielle Sendschreiben Gluͤck. Auf Kandia selbst veranstaltete der neue Herzog, Pietro Morosini, zum Andenken des Sieges, ein am 10. Mai jedes Jahres wieder— kehrendes Dankfest, welches zuerst durch feierlichen Gottesdienst in den Kirchen beider Konfessionen und dann durch glaͤnzende Rit⸗ terspiele verherrlichet werden sollte.

Zum erstenmale wurde dieses Dankfest im Jahre 1365 un⸗ ter betruͤbten Umstaͤnden gefeiert. Denn waͤhrend man sich in Kandla dem unfreiwilligen Jubel hingeben sollte, erhob sich in den Bergthaͤlern von Lassiti ein neuer Aufstand, welcher, klein im Entstehen, bald einen sehr drohenden Charakter annahm. An der Spitze desselben standen drei Bruͤder aus der Familie Kalergis, denen sich, auf die erste Nachricht, eine ziemliche Anzahl der fluͤch⸗ tig gewordenen oder verbannten Ritter, vorzuͤglich aus den Fami— lien Veniero und Gradonico, beigesellten. Es hatte auch dieser Aufstand das Schicksal aller übrigen. Die Venetianer zogen in der Eile Truppen herbei, schickten abermals Proveditoren nach der Insel, erlitten in mehreren Gefechten bedeutende Verluste, tru— gen am Ende aber doch den Sieg davon, nur mit dem Unterschiede, daß fie diesmal den Sieg nicht sowohl der Ueberlegenheit ihrer Waffen, als der Noth und dem Verrathe ihrer Gegner zu verdan⸗ ken hatten. Denn der damals auf der ganzen Insel herrschende Mangel an Lebensmitteln machte sich auf der von allen Seiten eingeschlossenen Hochebene von Lassiti doppelt fuͤhlbar. Die Be⸗ wohner derselben dachten daher in der Verzweifelung nur an ihre eigene Rettung, und unterwarfen nicht nur sich selbst den Vene— tianern, sondeen lieferten auch die Anstifter des Aufruhrs fr eiwil⸗ lig in die Haͤnde des Herzogs und der Proveditoren. Die drei Bruͤder Kalergis, zwei Venleri und eine Menge anderer Ritter empfingen den Lohn ihres Abfalls, nach den mit Blut geschriebe⸗ nen Gesetzen der Signorie, unter dem Beile des Henkers.

Auch ihre Anhaͤnger traf diesmal ein harter Richterspruch. Denn in Folge des Aufstandes ließ der Senat nicht nur den Burg⸗ flecken Anapolis den Boden gleich machen, sondern vererdnete auch, daß fernerhin die ganze Hochebene Lassiti, in eine Wuͤste verwan⸗ delt, weder von Menschen noch Vieh betreten und bebaut werden solle. Die Bewohner derselben wurden mit Gewalt hinwegge⸗ schleppt, ihre Haͤufer niedergerissen, und Alle, die es wagen wür⸗ den, fortan daselbst zu wohnen, zu saͤen oder ihr Vieh zu weiden, mit dem Verluste eines Fußes und ihrer Heerden, bedroht. Also blieb einer der fruchtbarsten Landsiriche der Insel ein ganzes Jahr⸗ hundert wͤste liegen, bis es der Scwat fuͤr ndthig hielt, den An⸗ bau desselben durch eine besondere Verordnung pvoöm 30. Novem⸗ ber 1463 wieder zu gestatten, um von hieraus fuͤr die damals ge—

gen die Tuͤrken ausgeschickte Flotte den noͤthigen Unterhalt zu be—

ziehen. Allein diese Erlaubniß gab, wie es scheint, kurz darauf wieder zu neuen Mißbraͤuchen, neuen Besorgnissen Anlaß. Schon im Jahre 1471 wurden die daselbst neu errichteten Wohnungen abermals dem Boden gleich gemacht, und der Anbau des Landes durch gewisse Beschraͤnkungen erschwert, bis endlich eine Verord— nung vom 11. September 1497 die Benutzung der ganzen Ebene der unmittelbaren Aufsicht und dem Gutdünken des Herzogs und seiner Räthe unterwarf.

Dauer der Eisenbahnkahrten am 19. August 1841.

Abgang Von Pots da m.

AbSang Von Eerli n.

Zeitdauer

St. M.

Zeitdauer

.

Um 65 Uhr Morkens ... 10 Uhr Morgens. .. ö z Morgens. ... 143 . ö Vormittags. 10 . *. ? Nachmittags 42 Nachmittags

Nachmittags 1606 . Abends ...

10 S5 Abends...

Abends . . .. 52 Abends...

Vormittags. Nachmittags

Meteorologische Beobachtungen.

j s 1811. Morgens Nachmittags Nach eiumaliger 19. August. 6 Uhr. 2 Ubr. 10 be.

Abends Beobachtung.

Luftdruck...

Luftwürme ...

310, 12 Par. 3 10, 30 Par. 3 10, 24 Far. Quellwärme 83 R. * J 4 19,2 K 11, R. Fluss me 16,0* HR. * 81 Mn. 16 10,3 R. . R. Roden wärme 16,5 .

83 pCt. n pCt. 83 pCt. Ausdünstung 0, 039 Rb. heiter. heiter. heiter. Niedersehla 0. XW. XW. NRW. Wärme wechsel 4 20, ] 8.

Wolkenzug . .. XV.

Tagesmittel: 310,32 Par. 4 .

Thaupunkt ...

PDunstsättigung

B ör s 1841.

E erlniner Den 20. August Pr. Cour.

Geld. . ief.

104 Aetienm. 101 Brl. Pots. Eisenh. do. do. Prior. Act. 1 ? Med I. pz. Risenb. 199 do. do. Prior. Act. 102 Berl. Anh. Eisenbk. —; do. do. Prior Act. Düss. Elb. Eisenhb. do. do. Prior. Act.

Rhein. Eisenb.

RBrief. Geld.

101 1013

St. Schuld- Sch. Pr. Engl. Obl. 30. Sch. der

Seehandlung. Kurm. Schuldv. 5 Berl. Stadt- O0bl. 1037 103 Ell, nger do. 85 1600 in Th. 48 1023

124 Prim. 1027 80 2

103 1021

Danz. do. Westp. Pfandhbr. Grossh. Pos. d. Ostpr. Pfandb. Pomm. do. Kur- u. Neum. do.“

Schlesische do.

102 . 1053 93 1033 102 102 1013 102

Gold al mareo Friedrielisd'or Andre Goldmün-

zen à 5 Ih.

Discouto

Auswärtige Börsen.

Amsterdam, 16. Juli. Kanz. Bill. 25 ö ö. 5 Spau. 18 6 ö Sch. boi. —. Oesterr. 1043.

Antwerpen, 15. Au. Ziusl. —. Neue Anl. 183. 86.

Frankfurt a. M., 17. Aut. Oesterr. 5 Met. 107. 1065. 4, 983 . 235 55 Br. 15 21 Rr. Rank - Act. 1913. 1911. PFartial- Ol. —. zu 500 FI. 1333. 1333. Loose zu 100 FI. —. PFreuss. Präm. Sch. 795 6. do. 45 Anl. 162 G. Tol. 735 . 55 Span. Aul. 193. 19; 243 3 Holl. 5015. 504. ;

Eisenbahn - Actien. St. do. linkes —. München Dresden 99 G. Köln- Aachen 99 G.

Hamburg, 18. Aug. Bank- Actien 1580 G., Engl. Russ. 108.

Petersburg, 13. Ausg. Lond. 3 Met. 397. amb. 31165. Faris 410 Poln. à Par. 300 EI. 69. do. 500 FI. 73. do. 200 FI. 25 .

wirkl. Schuld 513. 55 40 Tiusl. —.

Niederl.

Passive. —.

1007. Ausg. Freuss.

Präm.

18

Loose Loose

Germain . rechtes

Basel 215 Ke.

Versailles Ufer —.

Augsbur Stra ssburs 1. ipꝛis ;

Königliche Schauspiele.

Sonnabend, 21. Aug. Im Schauspielhause: Der Ball zu Ellerbrunn, Lustspiel in 3 Abth., von C. Blum. Hierauf: Drei Genre-Bilder. 1) Der Spanische Contrebandier und seine Ge— liebte; 2 Der Pyrenaͤische Gebirgssaͤnger und die Bearnerin, und 3) Hans und Grete, ausgefuͤhrt in Dialog, Gesang und Tanz von Hrn. Schneider und Dlle. Polin.

Sonntag, 22. Aug. Im Opernhause: Der Oper in 5 Abth., mit Ballet, Musik von Auber. baum: Margarethe.)

Preise der Plätze: Ein Platz in den Logen des ersten Ranges 1 Rthlr. 10 Sgr. Ein Platz in den Logen des zweiten Ranges 20 Sgr. Ein Platz in den Parquet-Logen 1 Rthlr. ö

Im Schauspielhause. Zum erstenmale wiederholt: Die Ka— detten, Lustspiel in 3 Abth., von A. P. Hierauf: Erziehungs— Resultate, Lustspiel in 2 Abth., von C. Blum.

Montag, 23. Aug. Im Schauspielhause: Symphonie von L. v. Beethoven. Hierauf: Iphigenie auf Tauris, Schauspiel in 5 Abth., von Goͤthe.

Feensee, große ö. ö (Dlle. Gruͤn⸗

Königsstädtisches Theater. Sonnabend, 21. Aug. Italienische Opern⸗Vorstellung. JL PDuaritani. Opera in 3 Atti. Musica del Maestro Cav. Vincenzo Bellini. Preise der Plätze: Ein Plaßz in der Orchester-Loge 1èRthlr. 10 Sgr. Ein Platz in den Logen und im Balkon des

ersten Ranges 1 Rthlr. u. s. w.

ch her. in . und. Deutscher Sprache, sind im Billet⸗Verkaufs⸗Bůreau und Abends an der Kasse à 5 Sgr. zu haben. ö ,, 22. Aug. Der Talisman, Posse mit Gesang in 3 Akten, von J. Nestroy. (Herr und. Mad. Beckmann werden, von ihrer Urlaubsreise zuruͤckgekehrt, hierin wieder auftreten.)

Montag, 23. Aug. (Italienische Opern-Vorstellung.) L2Aj0

nelle imbarazzo. (Der Hofmeister in Verlegenheit.) Opera buffa in 2 Atti. Musica del Maestro Gaetano Donizetti.

Verantwortlicher Redaeteur Dr. J. W. Zinkeisen.

Gedruckt in der Decker schen Geheimen Ober⸗Hofbuchdruckerei. Beilage

Beilage z

Candtags - Angelegenheiten.

Provinz Schlesien.

Denkschrift zu dem in Nr. 225 der St. 3. gegebenen Landtags⸗ Abschiede.

Den kschrift des Ministers des Innern zu der Petition der Schle— sischen Provinzial-Staände in Betreff des Verfah⸗ rens bei Feststellung der Ablösbarkeit der auf erb⸗ lichen Dreschgärtner-Stellen in Nieder-Schlesien haftenden Handdienste.

Durch die Allerhöchste Kabinets Ordre vom 4. August 1835 sind allerdings die fruͤher zuweilen erhobenen Zweifel daruber: ob die auf Dreschgaͤrtner- Stellen in Schlesien haftenden Hand dienste nur uf Grund gegensceitiger Einwilligung oder auch auf einseitige Antraͤge abgelost werden konnen? . don den Standen angegebene Weise, naͤmlich dahin er⸗

die Abloͤsbarkeit der auf Dreschgaͤrtner⸗Stellen haftenden enste davon abhaͤngt, ob jene als Acker-Nahrungen anzu sehen oder nicht ö K

und bei Beantwortung dieser Frage sind in Schlesien, mit Aus⸗

nahme des zum Bezirk der Ober⸗Schlesischen Landschaft gehdrigen

Theils, eben so wie in Preußen, Psommern und den Marken, die

Bestimmungen der Allerhoͤchsten Deelaration vom 29. Mai 1816 maßgebend.

In derselben ist zwar im Art. 4. bäuerlichen Stelle angegeben,

daß ihre Hauptbestimmung sey, Ackerwirth zu ernaͤhren; der Begriff einer Ackernahrung jedoch erst im Art. 5, und zwar eigentlich nur negativ, im Gegensatz einer Dienst⸗Familienstelle, duͤrch die Bestimmung festgestellt: daß eine Stelle nur dann zur Klasse der Dienst⸗Etablissements gehoͤre, wenn der Besitzer nur zu Handdiensten pflichtig sey, bis her zur Bewirthschaftung derselben kein Zugvieh gehalten habe und solches auch zur Bewirthschaftung nicht erforderlich sey.

Da diese drei negativen Eigenschaften neben einander erfordert werden, so genügt der Mangel einer derselben, namentlich also auch der Umstand allein,

daß zur Bewirthschaftung der Stelle Zugvieh erforderlich ist, um die Annahme, daß selbige ein Dienst - Etablissement sey, aus— zuschließen. Des Umstandes, ob die Stelle einer ganzen Familie hinlaͤngliches Auskommen gewaͤhrt, ist dabei eben so wenig gedacht, wie des Umstandes, ob das erforderliche Zugvieh aus der Stelle selbst ernaͤhrt werden kann; noch weniger aber ist angeordnet oder auch nur angedeutet,

daß eine Stelle, zu deren Bewirthschaftung Zugvieh erforderlich

ist, dessenungeachtet als Dienst-Familienstelle angesehen werden

solle, wenn sie nicht gleichzeitig dem Besitzer und seiner Familie

hinlaͤngliches Auskommen außer dem fuͤr das Zugvieh noöͤthigen

Futter gewaͤhrt.

Waͤre aber fuͤr Falle dieser Art, die nicht bloß vorkommen kon nen, sondern wirklich nicht selten vorkommen, eine Beschraäͤnkung des Begriffs der Acker Nahrungen und in Folge dessen der Ablos⸗ barkeit der auf solchen Stellen haftenden Handdienste beabsichtigt, so hatte dies ausdrücklich ausgesprochen werden muͤssen, und La solches nicht geschehen ist, auch sonst nichts vorliegt, was eine solche Annahme irgend begruͤnden konnte, vielmehr hiernach die Hinläng⸗ lichkeit des Ertrages zum Auskommen der Familie des Besitzers und zur Ernährung des Zugviehs als ein irrelevanter Umstand aun— zusehen iff, so bedarf derfelbe auch keiner Erdrterung,. Die dieser halb' von der General-Kommisston zu Breslau, mit Bezug auf An= weisungen des Ministeriums des Innern, unter dem. 22. August 1837 und is. Funi 1839 eriassenen Instructionen erscheinen daher voll kommen gerechtfertigt, die dagegen von den Schlesischen Provinzial Ständen erhobenen Bedenken aber unbegruͤndet.

Auch die Anweisung, . K daß in Gegenden, wo es gewohnlich ist, Kuͤhe als 3ugvieh zu, ge brauchen, diefe bei der Gespannhaltung beruͤcksichtigt werden sollen,

ist vollkommen den in Nieder-Schlesien zur Anwendung kommenden gesetzlichen Vorschriften entsprechend. k In der Declaration vom 29. Mai 1816 ist namlich nur vom Zugvieh ohne irgend eine Beschraͤnkung die Rede und nichts ent halten, woraus gefolgert werden konnte, daß darunter nur Pferde und Zugochsen gemeint gewesen,

ungeachtet es schon damals sehr wohl bekannt war, daß es Gegenden und Provinzen giebt, in denen nicht blos die meisten baͤuerlichen Wirthe, selbst die Spanndienstpflichtigen, sondern sogar die Be sitzer groͤßerer Guͤter die Kuͤhe als Zugvieh benutzen.

Unter diesen Umstaͤnden koͤnnen nur die Lokal-Verhaͤltnisse dar uͤber entscheiden, ob Kuͤhe, die zur Anspannung benutzt werden, als Zugvieh anzusehen sind oder nicht, und die desfallsige Anweisung ist ö weiter, als eine aus der Anwendnng der allgemeinsten Rechts und Auslegungs⸗Regeln von selbst hervorgehende Folgerung.

Der von mir erlassenen Anordnung aber, . daß bei Streitigkeiten sowohl daruͤber, ob zur Bewirthschaftung einer bestimmten Stelle Zugvieh erforderlich,

als daruͤber, . . ob die bisher zur Anspannung benutzten Thierarten ortsüblich und im gewöhnlichen Sprachgebrauch als Zugthiere gelten koͤnnen, das schiedsrichterliche Verfahren eingeleitet werde,— liegt die Ruͤcksicht zum Grunde, daß Fragen dieser Art nur unter genauer Beruͤcksichtigung aller obwaltenden Verhaͤltnisse beantwortet werden konnen und daher recht eigentlich zu den nach 8. 31 der Ver⸗ ordnung vom 30. Juni 1834 zum schiedsrichterlichen Verfahren ge eigneten Gegenstaͤnden gehoren, welche besser von verstaͤndigen, der Oekonomie , Maͤnnern an Ort und Stelle, nach eingenom menem Augenschein, entschieden werden koͤnnen, als von entfernt woh nenden Behoͤrden. ö

Die zugezogenen Schiedsrichter haben nun zwar, wie sich nicht in Abrede'stellen laßt, in den vorgekommenen einzelnen Fallen mehr⸗ fach sehr verschiedenartige Ausspruͤche gethan, welche vielleicht nicht uͤberall durch wirkliche Verschiedengrtigkeit der Verhaͤltnisse und Um staͤnde motivirt seyn mogen; indeß kann daraus, wie auch des nigs Majestäͤt bereits bei Gelegenheit einer Spezial-Beschwerde aner— kannt haben, die Unangemessenheit dieses Verfahrens im Allgemeinen nicht gefolgert werden. Einzelne Mißgriffe lassen sich bei keiner menschlichen Einrichtung vollstaͤndig verhüten, und schon der Um stand, daß bisher in Schlesien, wie in den meisten Provinzen, das wohlthaͤtige Institut der Schiedsrichter zu wenig gewuͤrdigt und he⸗ nutzt wurde und die Feststellung des Begriffs der Ackernahrung bis⸗ her nur in der Hand der Auseinanderfetzungs-Behdrde und ihrer Kom— missarien lag macht es sehr erklaͤrlich, wenn die desfallsigen Ansich— ten der Landwirthe, aus, denen die Schiedsrichter gewahlt werden, nicht augenblicklich zur Reife gelangt und die ersten Entscheidungen hin und wieder mangelhaft ausgefallen sind; theilweise hat dazu aüch wohl die mangelhafte Stellung der Fragen beigetragen

Der Wiederholung dieses letzteren Uebelstandes glaube ich genuͤ⸗ gend vorgebeugt zu haben, und die haͤufigere zuziehung der Schieds— richter, der damit verbundene Austausch der Ideen und' die Bekannt- werdung wohl motivirter Entscheidungen wird, wie sich mit Zuver— sicht hoffen laßt, wesentlich zur Berichtigung irriger und schwanken= der Ideen beitragen und bald um so sicherer z angemessenen und konsequenten schiedsrichterlichen Ausspruͤchen fuͤhren, je mehr sich die

als eines der Merkmale einer

ihren Inhaber als selbsistaͤndigen

1029

n Staats-Zeitung MW 231.

Parteien auch ihrerseits bestreben, nur die verstaͤndigsten und vorur— sheilsfreisten Manner zu Schiedsrichtern zu wählen.

Dierauf möglichst hinzuwirken, ist den Behoͤrden zur Pflicht ge⸗ macht; auch find bereits mehrere recht gut motivirte Entscheidungen zu meiner Kenntniß gelangt, und hoffentlich durfte bald die Ueber⸗ ien ng Platz greifen, daß der eingeschlagene Weg nicht blos der einfachste, kuͤrzeste, am wenigsten kostspielige, sondern auch überhaupt der geeignetste ist und dadurch den gerügten Uchelstaͤnden besser vor⸗ gebengt werden wird, wie solches durch legislative Maßregeln oder auf andere Weise geschehen könnte. .

So lange naͤmlich nicht alle Dienste, in aͤhnlicher Art, wie sol⸗ ches in der Ablöͤsungs-Ordnung vom 13. Juli 1829 fuͤr einen Theil der Monarchie geschehen, fuͤr ablösbar erklart werden, sondern die in der Ablösungs⸗Ordnung vom 7. Juni 1821 angeordnete Beschraͤn⸗ kung uberhaupt beibehalten wird, kann auch in dem Wesen der letz= teren nicht fuͤglich eine Veranderung getroffen werden, ohne denje⸗ nigen gegruͤndete Veranlassung zur Beschwerde zu geben, deren Verhaͤltniß dadurch alterirt und denen dadurch eine ihnen durch das Gesetz, ohne Bestimmung einer Frist, zur Ausuͤbung eingeräumte Befugniß wieder entzogen werden wuͤrde. Es wuͤrde daher im⸗ mer die Unterscheidung zwischen Acker-⸗Nahrungen und Dienst⸗Fa⸗ milienstellen beibehalten werden muͤssen und nur davon die Rede seyn koͤnnen, auf welche Weise desfallsige Zweifel am angemessen— sten zu erledigen waͤren. Der Antrag der Staͤnde ist auch nur auf desfallsige naͤhere Bestimmungen gerichtet; indeß ergiebt sich bei naͤherer Prufung bald, daß eine ganz genaue, jeden Zweifel und je⸗ des Schwanken ausschließende Feststellung unmoglich ist und jeder desfallsige Versuch die Zweifel und Bedenken eher vermehrt als vermindert.

Mag das Wesen der Acker⸗Nahrung nur darin,

daß zur Bewirthschaftung der betreffenden Stelle Zugvieh noͤthig, oder zugleich darin,

daß solche auch hinlaͤngliches Futter liefert und einer ganzen Fa—

milie ausksͤmmliche Sübsistenz gewaͤhrt, ö oder in irgend etwas Anderes gesetzt werden: immer ergeben sich Fragen, welche nicht nach allgemeinen, unter allen Umstaͤnden passenden und anwendbaren Normen beantwortet werden koͤnnen, sondern deren Beantwortung hauptsaͤchlich von den im einzelnen konkreten Fall obwaltenden Verhaͤltnissen abhaͤngt, und diese sind so mannigfaltig, daß sie sich gar nicht im voraus uͤbersehen, noch weniger unter gewisse Regeln bringen lassen.

Die Majoritaͤt der Staͤnde hat zwar darauf angetragen:

auch in Nieder-Schlesien, wie in Ober-Schlesien, den Umfang und die Qualitaͤt des Grundbesitzes entscheiden zu lassen, indeß steht diesem Antrage, abgesehen von dem Widerspruch einer sehr bedeutenden Minoritaͤt, und namentlich des ganzen Standes der Landgemeinden, abgesehen ferner davon, daß auch die fuͤr Ober— Schlesien ergangene Verordnung vom 13. Juli 1827,

wonach nür ein Besitzstand von 25 Morgen mittlerer Bodenklasse,

oder einem entsprechenden Quanto in anderen Klassen, die Regu—

lirungs⸗Faͤhigkeit begründet, —⸗ in der praktischen Anwendung schwankend ist, da fast Alles davon ab⸗ haͤngt, welche Bodenklasse als Mittelklasse angesehen und welches Ver⸗ haͤltniß bei der Reduction anderer Klassen auf dieselbe zum Grunde gelegt wird, der erhebliche Umstand entgegen, daß aus gleicher Quan⸗ titaͤt und Qualitaͤt des Besitzstandes keinesweges ein gleiches Beduͤrf— niß in Beziehung auf Spann Viehhaltung, noch weniger die Gleich heit des Futtergewinnes oder gar des Geld Ertrages folgt, und daß so wenig in der einen als in der anderen Beziehung ein uͤberall pas⸗ sender Normalsatz aufgestellt werden kann. .

Nicht blos die Art der Bewirthschaftung, die Lage und die Ver haͤltnisse des Orts und der Umgegend, sondern auch die Persoͤnlich— keit, Lebensweise und Vermöͤgens-Lage des Besitzers und andere aͤhn⸗— liche Umstaͤnde uͤben den entschiedensten Einfluß und fuͤhren, bei glei cher Groͤße und Beschaffenheit des Grundbesitzes, zu den ungleichsten Resultaten.

Bei Erlaß der Verordnung vom 13. Juli 1827 ist zwar hierauf nicht Ruͤcksicht genommen, indeß hat dadurch auch die Abloͤsungs Ordnung nicht deklarirt, sondern in der That abgeaͤndert werden sol⸗ len, und diese Abaͤnderung beruht, wie im Eingang ausdruͤcklich be⸗ merkt ist, auf ganz speziellen Gruͤnden, namentlich den eigenthuͤmli⸗ chen und abweichenden Rechts -Verhaͤltnissen der kleinen Rustikal⸗ Besitzer in Ober⸗Schlesien, der dort allgemein vorhandenen Gelegen⸗ heit zur Benutzung des Spann-Viehes und der Schwierigkeit, die Dienste der Gartner durch gedungene Arbeiter zu ersetzen.

Diese Gruͤnde passen auf Nieder-Schlesien uͤberall nicht, wo die groͤßte Mannigfaltigkeit der. Verhaͤltnisse stattfindet, große Flaͤchen von Aeckern und Wiesen mit Waldgegenden, gewerbreicher Verkehr mit ausschließlicher Beschraͤnkung auf den Landbau, die Naͤhe großer Staͤdte, Fluͤfsse und Chausseen mit voͤlliger Isolirung in den viel⸗ fachsten Abstufungen wechseln; wo der Ertrag und Werth der laͤnd lichen Grundstuͤcke so verschieden ist, daß z. B. in den naͤchsten Dor fern bei Breslau der Morgen guten Bodenz in der Regel eben so hoch bezahlt wird, wie ein ganzer Bauerhof in manchen entlegenen Theilen der Provinz.

Gerade hier wuͤrde es daher am wenigsten angemessen seyn, die Ablosbarkeit der Dienste lediglich von der Quantitaͤt und Qunalitaͤt der zur verpflichteten Stelle gehdrigen Grundstuͤcke abhaͤngig zu ma chen und dafur ein bestimmtes, in der ganzen Provinz zur Anwen⸗ dung kommendes Maß festzusetzen. Selbst eine distriktsweise Feststel lung von Normalsaͤtzen, in aͤhnlicher Art, wie sie nach der Ablöͤsungs⸗ Ordnung vom 13. Juli 1829 stattgefunden, um die Graͤnze zu be⸗ ssimmen, über welche hinaus der Verpflichtete zu einer Land-Abtre⸗ tung nicht gezwungen werden kann, wuͤrde den dortigen Verhaͤltnis⸗ sen nicht entsprechen. Selbst wenn wie jedenfalls geschehen muͤßte eine sehr große Zahl von Distrikten gebildet und fuͤr jeden der⸗ selben ein besonderer Rormalsaz bestimmt wuͤcde, durften, hei der großen Mannigfaltigkeit der Verhaͤltnisse, immer noch sehr viele ein⸗ zelne Faͤlle vorkommen, in denen der in dem betreffenden Distrikt zur Anwendung kommende Normalsatz den Lokal⸗Verhaͤltnissen keineswe—⸗ ges entspraͤche, und mithin die Folge eintreten, daß Dienste abloͤsbar wurden, die es gegenwartig nicht sind, und umgekehrt.

Es durften also auch dadurch die Beschwerden nicht erledigt werden, waͤhrend sich deren Beseitigung in Folge der angeordneten, mit den bestehenden gesetzlichen Vorschriften uberall im Einklang stehenden und zugleich zur Abkuͤrzung der Verhandlungen, so wie zur Verminderung der Kosten, wesentlich beitragenden Maßregeln mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarten laßt.

Unter diesen Umstaͤnden kann es nicht fuͤr angemessen erachtet werden, ö. .

dem Antrage der Schlesischen Provinzial-Staͤnde Folge zu geben. Berlin, den 19. Juli 1841. (gez. von Rochow.

Provinz Posen. Denkschrift zu dem in Nr. 226 3er St. Z. gegebenen Landtags- Abschiede.

Denkschrift

über den Zustand der Rechtspflege in der Provinz Posen und über die von dem Landtage in Antrag ge— brachte Erweiterug der Kompetenz der dortigen Land- und Stadt-Gerichte. Vor der Reorganisation der Justiz Behörden im Jahre 1835 wurde in der Provinz Posen die Rechtspflege verwaltet von:

1) 7 Land⸗Gerichten . ; ) ein jedes berselben erstreckte sich uͤber 4 bis 5 landraͤthliche

.

Kreise mit 160 bis 200, 000 Einwohnern, einem jeden Land⸗

gerichte waren 5 bis 6 Friedensgerichte untergeordnet, ; Hypotheken- Deputationen über adliche Guter, welche mit

den Landgerichten zu Posen und Bromberg verbunden waren, 3) 4 großen Inquisitoriaten, und

4) von dem Sber⸗Appellationsgericht zu Posen,

aus 2 Senaten bestehend.

Den Friedensgerichten waren: die Bagatell-Sachen, Possesso⸗ rien Prozesse bei staͤdtischen und baͤuerlichen Grundstuͤcken, Inju⸗ rien⸗Prozesse, Holz-Defraudationen und in Kriminal-⸗Untersuchungs⸗ sachen die Feststellung des Thatbestandes und Verhaftung des Ver⸗ brechers, die Vormundschafts- und Nachlaßsachen bis zu 200 Tha⸗ lern und endlich die Ausübung der freiwilligen Gerichtsbarkeit über Gegenstaͤnde bis zu 200 Thaler, die Auf⸗ und Annahme von letzt⸗ win gen Verordnungen und einseitigen Handlungen unter Leben⸗ digen;

den beiden Hypotheken -Deputationen die Führung des Hypothekenbuchs uͤber saͤmmtliche adliche Guter, den In g ü isi⸗ torigten die Fuͤhrung der fiskalischen und Kriminal⸗Untersuchun⸗ gen uͤberwiesen.

Alle übrigen Rechts⸗Angelegenheiten der Civil⸗ und Kriminal⸗ Gerichtbarkeit mit Einschluß des Erkenntnisses 1ster Instanz gehör⸗ ten zum Ressort der Landgerichte.

é. Dem Ober-Appellationsgerichte stand das Recht der Ober⸗Auf⸗ sicht zu.

Der 4ste Senat des Ober-Appellationsgerichts erkannte in 2ter; der 2ꝛte Senat desselben in letzter Instanz. Die Amts⸗Geschaͤfte dieser Behoͤrden hatten im Laufe der Zeit dergestalt zugenommen, daß die Friedens- und die Landgerichte die ihnen dolle een nn Ar⸗ beiten zu uͤberwaͤltigen nicht im Stande blieben; der Zustand der Rechtspflege verschlimmerte sich von Jahr zu Jahr, bis zu einem bedenklichen Maße, und von allen Seiten her wurden Klagen laut.

Des hochseligen Koͤnigs Majestaͤt fanden sich dadurch zu einer

gruͤndlichen Reform des Justizwesens im Großherzogthum Posen ver⸗ anlaßt. Die Verordnung vom 16. Juni 1834 uͤber die Einrichtung der dortigen Justiz-Behoͤrden wurde erlassen und mit großen Opfern fuͤr die Staaskassen, aber mit eben so großer Umsicht ins Leben gerufen.

In Folge derselben wird gegenwaͤrtig die Justiz statt der Friedens⸗

und Landgerichte: von 30 kollegiglisch gebildeten Land- und Stadgerich⸗ ten verwaltet, an 33 Orten werden Gerichtstage gehalten, die Geschaͤfte der Inguisitoriate bis auf das zu Posen sind auf die Land⸗ und Stadt⸗ gerichte uͤbergegangen. ö

Die beiden Ober-Landesgerichte haben mit Ruͤcksicht auf das Ressort der beiden landschaftlichen Directionen die Führung des Hy⸗ pothekenbuchs uber die Domginen und Ritterguͤter, alle auf dieselben sich beziehenden und damit in Verbindung stehenden Rechts⸗Angele⸗ genheiten, Prozesse, Vormundschaften und Nachlaß⸗Regulirungen,

außerdem aber alle wichtigeren Angelegenheiten, die Prozesse über

persoͤnliche Verbindlichkeiten, deren Gegenstand 3600 Rthlr., die Vor⸗ mundschaften und Nachlaßsachen, wenn der Nachlaß 25090 Rthlr. und bei obwaltender Guͤter⸗Gemeinschaft 5000 Rthlr. uͤbersteigt, die Abfassung der Erkenntnisse in Kriminalsachen

in wichtigeren Faͤllen in 1ster Instanz,

in minder wichtigen (deren Entscheidung in 1ster Instanz den Land⸗

und Stadtgerichten zusteht) in 2Ater Instanz,

6 Oberaufsicht uͤber die Land und Stadtgerichte zugetheilt erhalten.

/ Das Ober⸗Appellationsgericht erkennt in 2ter Instanz in allen Eivilsachen und in den Kriminalsachen, in denen die Ober⸗-Landesge⸗ richte in 4ster Instanz erkannt haben.

Das Gehtime Ober-Tribunal entscheidet auf die Rechts⸗ mittel der Revision und der Nichtigkeits-Beschwerde.

Diese neue Organisation der Gerichte hat den davon gehegten Erwartungen vollkommen ensprochen, der gegen waͤrtige Zustand der Rechtspflege laͤßt kaum etwas zu wuͤnschen uͤbrig, saͤmmtliche Ge⸗ richts⸗-Behörden erfuͤllen die Pflichten ihres Berufs mit regem Dienst⸗ eifer, großem Geschick und ruͤhmlichem Fleiß; der ganze Geschaͤfts⸗ Betrieb ist fast durchgehends musterhaft. Keine Klage uͤber mangel⸗ hafte Justiz-Einrichtungen hat sich seitdem vernehmen lassen.

Dieses gluͤcklichen Erfolges ungeachtet bringt der Landtag nach eben erst abgelaufenen 6 Jahren neue Veraͤnderungen in Antrag.

Es wird gewuͤnscht, den Land- und Stadtgerichten:

1) die Civil⸗-Prozesse bis 40090 Rthlr.,

2) alle Todes-, Bloͤdsinnigkeits- und Prodigalitaͤts⸗Erklaͤrungen, insofern kein Rittergut zum Vermdgen des Provokaten gehört, und

3) unter gleichen Beschraͤnkungen alle Vormundschaften zu uͤůber⸗ tragen.

Nach diesen Antraͤgen wuͤrden von den beiden Ober⸗Landesgerich⸗ ten die jetzt bei denselben anhaͤngigen

400 Prozesse uͤber Objekte von 500 Rthlr. bis 4000 Rthlr.,

welche bei den Ober⸗Landesgerichten als persoͤnlicher Gerichts⸗ stand verhandelt werden, .

9 Vormundschaften,

1. Nachlaß⸗Regulirung,

12 Bloͤdsinnigkeits⸗Prozesse,

é Prodigalitaͤts Prozeß und

78 Todeserklaͤrungen auf die Land- und Stadtgerichte uͤbergehen.

Diesen Antraͤgen steht entgegen, daß diese Ressort⸗Veraͤnderung eine nicht unerhebliche Verminderung des Geschaͤftskreises der Ober— Landesgerichte und konsequenterweise eine Verminderung des Arbeits- Personäls bei denselben zur Folge haben wuͤrde, ohne allgemeine Vor— theile dadurch zu erreichen.

Wenn es einzelnen Stadt- und Landbewohnern bequem erscheinen mag, einen wichtigeren Prozeß in ihrer Naͤhe verhandelt zu sehen, so wurden durch die Gewaͤhrung des Antrages andererseits die Besitzer von Ritterguͤtern, die in allen Real- Angelegenheiten bei den Ober⸗ Landesgerichten Recht nehmen muͤssen, nicht blos in den minder wich⸗ tigen, sondern auch in den wichtigeren persoͤnlichen Rechtsstreitigkei⸗ ten den Land- und Stadtgerichten uͤberwiesen, alle Gerichts- Einge⸗ sessenen aber in der Freiheit ihrer Wahl unter der großeren Zahl der bei den Ober-Landesgerichten angestellten Justiz⸗Kommissarien be⸗ schraͤnkt werden.

Dazu kommt, daß nach einer uralten Sitte die meisten wohlha— benden Einwohner der Provinz und alle Geschaͤftsleute sich zu be⸗ stimmten Zeiten des Jahres in Posen und Bromberg einfinden, und daß hier alle wichtigeren Geschaͤfte abgeschlossen und erfuͤllt werden. Würde der Antrag des Landtags gewahrt, so wurden die Kontrahen⸗ ten ihre Gegner oft bei entfernten Land⸗ und Stadtgerichten belangen muͤssen und doch auch, wenn sich der Verpflichtete in Posen oder Bromberg betreffen laͤßt, vor den Land- und Stadtgerichten dieser 1 Orte als Gerichtsstand des geschlossenen Kontrakts belangen

oͤnnen.

Der Theilungs⸗Grundsatz von 500 Rthlr. entspricht genau den gesetzlichen Vorschriften uͤber das Rechtsmittel der Revision und dem angeordneten Instanzenzuge. Die bei den Ober⸗Landesgerichten ange⸗ stellten Justiz Kommissarlen wuͤrden endlich durch eine solche Veraͤn⸗ derung einen Theil der Mittel zu ihrer Subsistenz verlieren.

s ist, im Allgemeinen betrachtet, ein offenbarer Vorzu für die Bewohner der Provinz Posen, daß alle wichtigeren Prozesse, ormund⸗ schaften und Rachiaß ? Regulirungen bei den Ober? gandesgerichten konzentrirt sind und dort ihre angemessene Behandlung ö bei

Bei Untersuchungen des Gemuͤthszustandes erleichtern die beiden großen Provinzial⸗Staͤdte die Zuziehun ę— 1 * geschickter Va lhverfiandigen. Prodigalitats-Prozeffe kommen uberhaupt nur.

selten vor.