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zu diesem Ziele fuͤhren kann und es ist wohl nicht ohne Interesse— denselhen etwas naͤher zu beleuchten.

Sobald die revolutiongiren Leidenschaften etwas gestillt waren, lenkte die Regierung sogleich ihr Augenmerk auf die Verbesserung der industriellen und kommerziellen Lage des Landes. Im Jahr 1833 wurde die Ausfuhrung eines Eisenbahn-Systemg beschlossen, welches in dem Umfange, in welchem es schon ausgefuhrt ist, in Europa noch einzig dasteht. Ueber das ganze Land, in allen Richtungen, ist fast dieses Netz schon ausgebreitet; uͤber 100 Mil⸗ lionen Fr. sind darauf verwendet worden. Der Hauptzweck bei Anlegung desselben war, Antwerpen mit dem Rhein in Verbin— dung zu setzen und naͤchstdem den inneren Verkehr nach allen Selten zu beleben. Der erste Zweck kann nun freilich nicht in dem Grade erreicht werden, als man es sich versprochen hatte, da die Erfahrung schon hinreichend bestaͤtigt hat, daß eine Eisen— bahn nicht um gleichen Preis, wie die Schifffahrt, die Waaren transportiren kann. Seibst wenn die Bewegungskraft fuͤr Eisen— bahnen z. B. durch Galvanismus sich vervollkommnete, so wuͤrde doch die Schifffahrt, wo außerdem gewiß dieselbe Kraft angewen— det werden koͤnnte, immer vortheilhafter bleiben. Dabei bleibt aber die Eisenbahn fuͤr leichtere und schnell zu expedirende Waa— ren immer von großem Nutzen, und die bedeutende Expedition, wie sie hier seit einem Jahre organisirt ist, beweist dies zur Ge— nuͤge. Allein auf einen Transito-Handel, in der Weise wie man ihn erwartete, darf Antwerpen der Natur der Sache nach nicht zählen. Daher kann man auch der Regierung nicht wohl rathen, die Maßregel zu nehmen, die ein Antwerpener Journal beantragt hat, namlich auf der Eisenbahn die Expedition umsonst zu uͤber— nehmen. Es wurde dies gewiß zu bedeutenden Kosten fuͤhren und, da die innere Production am wenigsten dabei interessirt ist, durch das Gesammt⸗Interesse des Landes nicht begruͤndet seyn. Die

Regierung hat die Gefaͤlle auf die inneren Gewaͤsser fuͤr die Ex— pedition der Steinkohlen nach Holland herabgesetzt und sehr wohl daran gethan; selbst wenn der ganze Zoll erlassen ware, wuͤrde immer noch das Land durch den Absatz eigener Produkte gewin— nen. Allein diese Maßregel kann keine Analogie fuͤr den Tran— sito-Handel begruͤnden. Eine andere Frage ist es freilich, ob man nicht wohl thun wuͤrde, den Transport von einigen Hauptprodukten des Landes, z. B. des Eisens auf der Eisenbahn, mit einigem Schaden zu unternehmen. Es scheint wenigstens, daß, wenn nicht die Eingangszoͤlle in Deutschland ein Hinderniß in den Weg legten, die Belgischen Eisen-Fabriken mit anderen vor— theilhaft konkurriren konnten. Durch den Anschluß des Großher⸗ zogthums Luxemburg an den Deutschen Zoll-Verein werden frei— lich dessen Eisen-Fabriken einen bedeutenden Vortheil voraus ha— ben; allein durch verschiedene Maßnahmen, z. B. durch Handels— Vertrag, koͤnnte auch der Belgische Absatz nach Deutschland, wel⸗ ches fuͤr sein großes Eisenbahn-System diesen Artikel noͤthig hat, bedeutend gewinnen.

Nach der Franzoͤsischen Seite hin ist außer der Eisenbahn die Sambre durch einen Kanal mit der Oise und Seine in Ver— bindung gesetzt worden, so daß jetzt binnen 30 Stunden Die Steinkohlen von Charleroi nach Paris gelangen koͤnnen. Die Wichtigkeit dieses Verbindungsmittels wird sich gewiß bald bedeu— tend herausstellen.

Ein zweites Hauptmittel welches die Belgische Regierung zur Ausbreitung des Handels ergriffen hat, besteht in der Reorganisi⸗ rung und Vermehrung der Konsulate. Dieses Mittel konnte erst zweckmäßig angewendet werden, als das Land sich einigermaßen in den Augen der anderen Staaten konsolidirt hatte. Daher, sind die Konsulate besonders erst in den letzten Jahren vervielfaͤltigt Vermittelst der Konsuln sind fuͤr die Schifffahrt guͤn— worden. Fast alle Amerikanischen Staa—

wrden. stige Traktate geclossen ten, so wie die Tuͤrkei, nehmen die n EG c benen der am meisten beguͤnstigten Nationen auf. Das vorige Ministerium hatte die Absicht gehabt die Zahl der onsulgte zu vermehren und einigen eine großere Bedeutung zu geben. Leider hat eine kleinliche Opposition dieses verhindert, wie es ihr auch fast gelungen wäre, die Industrie⸗ Ausstellung zu vereiteln. Die Strafe ist aber fast auf dem Fuße nachgefolgt. Die Opposition hatte verhindert, daß in Spanien, trotz des bedeutenden Leinwandhan— dels, welchen Belgien dahin treibt, ein General Konsul ernannt wurde. Vor kurzem hat nun Spanien die Eingangszblle auf die Veinwand bedeutend erhoͤht. was bei gehöriger Vertretung der Velgischen Handels⸗-Interessen vielleicht gar nicht, oder nicht in dem Umfange stattgefunden hätte,. Ickt ist die Regierung genöthigt, einen Spezial⸗-Bevollmaͤchtigten dahin zu senden. Ffůͤr den es sicherlich schwerer seyn wird, in n,, . gefaßten Ent⸗ schlusse Modisicatienen zu erwirken. Die rganisation der on: sulate hat freilich bis jetzt noch keine sehr hervorspringende Vor theile erzeugt; allein man muß wohl bedenken, daß die Thatigbeit derselben erst auf die Dauer fruchtbringend seyn kann. Deen Handels-Verbindungen knüpfen sich nicht leicht in einem Lande, Gewohnheit, Zutrauen sind erst, das Werk von. mehreren Jahr⸗ zehnten wirklichen ö Außerdem sind die Konsulate nur e von der Regierung dem Ha . ö . selbst gebrauchen lernen muß, Der inn e An⸗ trieb muß in dem Unternehmungsgelste der Handelnden selbst lie⸗ gen. Dle Regierung macht, haäusig Mittheilungen an die Hand . welche sich in den respektiven Landern am besten absetzen. jetzt hat der Handel nur zu wenig Gebxauch dapon gemacht. Nach der Organisirung der Konsulate hat die Regierung an— gefangen, Expeditionen zu veran nd n verschiedentlie Ermunterung zu geben. Die erste Expedition dieser Art fand im Jahre 1839 ssatt? als in Gent die Krisis in der Kattun-Fabri—

Bis

nehmen jetzt die Belgischen Schiffe gleich

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ndel dargebotenen aͤußeren Mittel,

1114

cation eintrat. Dle Regierung leistete damals Garantie bis zu

einer bestimmten Summe, mehrere Schiffe wurden befrachtet und die Expedition hatte nicht ungenuͤgende Resultate. Eine Expedi—⸗ tion in groͤßerer Art und Bedeutung ist aber vor einigen Mona— ten von der Regierung angeordnet worden. Die Regierung equi— pirt fuͤr mehrere Jahre ein Staatsschiff, auf welchem ein fruͤhe— rer wohlunterrichteter Konsul eine Expedition hauptsaͤchlich nach Ostindien unternimmt, mit allen Zweigen der Belgischen Indu⸗ strie, die in diesen Gegenden auf Absatz rechnen koͤnnen. Es scheint naͤmlich, daß die meisten Artikel, welche Belgien nach Ame— rika ausfuͤhrt, von den Amerikanern nicht selbst verbraucht, son— dern von ihnen fast saͤmmtlich wieder nach Ostindien expedirt wer— den. Es wuͤrde daher fuͤr Belgien sehr vortheilhaft seyn, wenn es fuͤr Verkauf und Einkauf direkte Verbindungen mit diesen Ge— genden anknuͤpfen könnte. Es ist diese Expedition ein Bersuch, der zur Nachahmung aufregen und auf diese Weise bedeutende Folgen haben kann.

Um die inlaͤndische Schifffahrt zu beguͤnstigen, ist auch mehr— fach vorgeschlagen worden, Differenzial-Zoͤlle fuͤr die Schiffe fest— zusetzen, je nachdem es in- oder ausländische sind. Die Frage ist zu wiederholtenmalen in den Kammern zur Sprache gekommen; fuͤr ihre Loͤsung im Interesse der nationalen Flagge sind nicht un— wichtige Gruͤnde angefuͤhrt worden, die Regierung hat aber auch erhebliche Gegengruͤnde geltend gemacht, und obgleich die Frage wohl noch nicht definitiv entschieden ist, so haben sich doch die Kammern bis jetzt im Sinne der Regierung ausgesprochen.

Um die Atlantische neue Dampfschifffahrt fuͤr den Belgischen Handel zu benutzen, hat die Regierung das größte Englische Dampfschiff, die „British Queen“ angekauft. Freilich haben sich, nachdem ihr Bruder, der „Praͤsident“, verungluͤckt ist, viele Stimmen gegen diesen Ankauf erhoben. Man behauptet, daß. man sich in England von den Uebelständen solcher großen Schiffe uͤberzeugt habe und die neueren Dampfschiffe viel kleiner baue. Die letztere Thatsache scheint richtig zu seyn. Man erwartet das Schiff bin— nen kurzem im Hafen zu Antwerpen. Seine letzte Reise von New-NYork bis Liverpool soll die kuͤrzeste gewesen seyn, die man in der Dampfschifffahrt kennt.

Daß der Handel mannigfache Stuͤtzen in fruͤher bestehenden und neu errichteten Banken gefunden hat, ist bekannt. Die so— genannte alte Bank, die aͤlteste und vorsichtigste, hat bedeutend fuͤr Belebung des Handels gewirkt. Die Bank von Belgien wurde 1835 gegruͤndet. Hatte dieselbe sich auf die wirklichen Bankge— schaͤfte beschraͤnkt und sich nicht auf eine, zudem mit ihrem Kapitale un— proportionirte Industrie⸗Kommandite eingelassen, so wurde die Krisis von 1838 nie eingetreten seyn. Ihre fruͤhere Sukkursale, die jetzt unab⸗ haͤngige Luͤtticher Bank, hat immer gute Geschaͤfte gemacht. Vor eini⸗ gen Tagen ist eine neue Bank in Gent mit einem Kapitale von 10 Millionen Franken von der Regierung autorisirt worden. Die Graͤnzen ihrer Thaͤtigkeit sind jetzt besser, als fruͤher bei der Belgi— schen Bank, bestimmt und ein Koͤniglicher Kommissar ist zur Beaufsichtigung ernannt worden. Wir werden noch einmal auf diesen Gegenstand zuruͤckkommen.

Auf diese Weise hat die Regierung der Industrie und dem Handel sehr wirksame Mittel an die Hand gegeben, deren Be— nutzung freilich hauptsächlich von der Einsicht, Thaͤtigkeit und dem noöͤthigen Muthe des Handels-Standes selbst abhangt. Be— denkt man ferner, daß die Regierung sich immer hat angelegen

seyn lassen, mit den Nachbarstaaten Handels-Vertraͤge einzugehen, so darf man gewiß behaupten, daß dieselbe die richtige Bahn be— treten hat, um die politisch ausgesprochene Unabhängigkeit ohne Gefahr auf der Grundlage des materiellen Wohlseyns zu befesti—

gen, und man darf in die Weisheit der Regierung das Vertrauen

setzen, daß sie sich durch momentane Bedraͤngnisse nicht von dem einmal betretenen Wege wird abbringen lassen.

wislenschast, Kunst und Literatur.

Berlin, 8. Sept. Gestern wurde zu ehrendem Andenken des der Kunst und seinen vielen Freunden so plotzlich und fruͤh entrisse⸗ nen Friedrich Curschmann, in der Singakademie ein Requiem gesungen, wie dies, ein schoͤner, frommer Brauch, jedem dahinge— schiedenen Mitgliede geschieht. Bei der allgemeinen Liebe, welche sich der Verstorbene in hohem Grade zu erwerben gewußt hatte, konnte es nicht fehlen, daß die Versammlung ungewöhnlich zahl⸗ reich war, und daß die Anwesenden von der Feier tief ergriffen wurden. Unter den zur Ausfuͤhrung gebrachten Musikstuͤcken wa— ren zwei Compositionen Curschmann's, den Beschluß machte Mo⸗ zart's Requiem. Das musikalische Publikum darf wohl hoffen, aus Curschmann's Nachlasse recht bald noch durch eine reiche Gabe erfreut zu werden; der großen Zahl seiner Verehrer wuͤrde es dabei gewiß erwuͤnscht feyn, wenn einer seiner naͤheren Freunde es uͤber— nehmen wollte, dieser letzten Gabe einige biographische Nachrichten uͤber ihn hinzuzufuͤgen. Außer den weit verbreiteten Liedern Cursch— mann's, (unter denen hier vorzugsweise auf die vor einem Jahr er— schienenen „sechs geistlichen Lieder“ aufmerksam gemacht werden soll, weil sie ahnen lassen, daß der Komponist sich, bei aller Lebens

frische und Lebenslust, welche in jeder Beziehung gluͤckliche Ver⸗

haltnisse gestatteten, auch damals schon mit dem Tode in einem schoͤnen Bilde vertraut gemacht habe,) besitzen wir eine kleine Oper von ihm: Abdul und Erinnieh, die außer in Kassel, wo sie

nach den Berichten der Konsuln, Handels-Kammern uber die Produkte,

lassen und ihnen verschiedentliche

vielen Beifall fand, wohl nirgend zur oͤffentlichen Auffuuͤhrung ge— kommen ist. Hat Curschmann, wie er auf seinem Schmerzenslager sich selbst ausgesprochen haben soll, auch kein groͤßeres Werk hinter— lassen, was er bei einer langeren Lebensdauer ausfuͤhren zu koͤnnen wünschen mußte und hoffen durfte, so wird sein Andenken unter uns doch kein vorübergehendes seyn, und seine Compositionen wer⸗ den seinen Namen noch spaͤteren Generationen zu ihrer Lust und Freude aufbewahren.

Einladung an die Philologen und Schulmänner Deutschlands.

Nachdem zu der vom 29. September bis 2. Oktober d. J. in Bonn zu haltenden vierten Versammlung Deutscher Philologen und Schulmaͤnner nunmehr die gnaͤdige Genehmigung St. Ma⸗ jestat des Königs in der huldreichsten und zum tiefsten Dankgefuhl verpflichtenden Weise eingegangen ist, beehren sich die Unterzeichnenden, ihre fruͤhere Einladung zu eifriger Theil⸗ nahme um so angelegentlicher zu wiederholen. Sie fuͤgen die erge⸗ benste Bitte hinzu, daß es den geehrten Herren, auf deren erfreuliche Anwesenheit der Verein hoffen darf, gefallen moͤge, von dieser ihrer Absicht, so wie von dem etwaigen Wünsche, eine vorausbestellte Pri⸗ vat- oder Gastwohnung vorzufinden, bis spaͤtestens zum 24. Septem⸗— ber eine kurze an den mitunterzeichneten stellvertreten-— den Geschaäftsfüͤhrer gerichtete Mittheilung zu machen, damit fuͤr die im liberalen Sinne der hoͤchsten Staats-Behoͤrde zu treffenden Vorbereitungen durch die vorlaͤufige Uebersicht der zu er⸗ wartenden Frequenz ein ungefährer Maßstab gewonnen werde, Zu⸗ gleich sind die Herren Theilnehmer ersucht, unmittelbar nach ihrer Ankunft in Bonn, moͤge diese mit Post oder Dampfschiff erfolgen, ihren ersten Weg den auf das Rathhaus seyn lassen zu wollen, um daselbst die auf ihren Namen gestellten Eintritts- Karten in Empfang zu nehmen, so wie die erforderlichen Wohnungs-Nachweisungen und sonstige ihnen wuͤnschenswerthe Auskunft zu erhalten.

Bonn, 2. September 1841. ;

F. Ritschl,

F. G. Welcker, ö. erster Geschaͤftsfuͤhrer. stellvertretender Geschaͤftsfuͤhrer.

Neunzehnte Versammlung der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Aerzte.

Die unterzeichneten Geschaͤftsfuͤhrer Deutscher Naturforscher und Aerzte fuͤr deren zu Braunsch weig am achtzehnten dieses Mo— nats und an den folgenden Tagen 8. J. stattfindende neunzehnte Versammlung wiederholen hierdurch ihre in den oͤffentlichen Blaͤt— tern des In- und Auslandes mehrmals bekannt gemachten Einladun— gen mit der Bemerkung, daß die Legitimat ions-Karten vom 14. September an bis zum Schlusse der Versammlung zu Braun— schweig im Empfangs-Buͤreagu im Herzoglichen Bevern⸗— schen Schlosse nebst dem Programme, welchem die Statu⸗— ten beigefuͤgt wurden, ausgegeben werden.

In diesem Empfangs- Buͤregn werden auch den von auswaͤrts eintreffenden Mitgliedern der Gesellschaft auf Verlangen Wohnungen angewiesen.

Braunschweig, 6. September 1841.

von Strombeck. Dr. Mansfeld.

Meteorologische Beobachtungen.

Abends 10 Uhr.

Nach einmaliger Beobachtung.

1841.

7. September.

Nachmittags 2 Uhr.

Morgens 6 Uhr.

Quell wärme 86 . Flusswärme 15,07 FR. Eodenwärme 15,17 R. Ausdünstung O, 038, Rh.

334,5 1 bar. 335, a9 Par. 336, 2 par. 4 8,87 R. 4 13,07 R. 4 9, 10 R. 4 7,0“ R. 4 8,5) R. 4 5,8) R.

87 pCt. 58 pCt. 77 pCt. , beiter. bhalbheiter. heiter. Niedersehlag 0, 022 Rh. S8wW. NW. VW. Wärme wechsel 4 13,1 ö

Wolkenzusg. .. W. 7,865.

Tagesmittel: 335,389“ Par. 4 10,37 R.. 4 7,

Luftdruck . ... Luftwärme . .. Thaupunkt ... Dunstsü‚ttigung

Auswärtige Börsen.

wirk!l. Schuld 511. 5 do. 101. ziuol. 54.

Niederl.

Amsterdam, 3. Sept. Kanz. Bill. 25 55. 5 Sprau. 20. Prüm. Seb. Hol. Oesterr. —.

Hamburg, 6. Sept. Bank- Aetien 1600 .

, . 59 Rente sin our. 117. 5. 7, 45. 55 104. 60. 55 Spau. Rente 3 * Port.

Petersburg,

. . . * Fassive. D Preuss

5 Ausg. —.

Engl. Russ. 108 . 35 Rente sin eour. 223. Passive 5.

Cour.

Nœapl. sin

37 Aug. Lond. 3 Met. 39. IIamb. 311. Paris 412. Folu. à Par. 300 FI. 70. do. 500 FI. 733. do. 200 EI. 255.

wien, 3. sert. S3 Met. jür. 43 97z. 335 23 19 —. Baulk-Actien 1558. Aul. de 1834 1347. 4e 1839 1073.

Königliche Schauspiele.

Donnerstag, 9. Sept. Im Schauspielhause. Auf Begeh⸗ ren: Götz von Bexlichingen mit der eisernen Hand, Schauspiel in 5 Abth‚, von Goͤthe.

Freitag, 10. Sept. Im Opernhause: Der Postillon von Lonjumeau, komische Oper in 3 Abth., Musik von A. Adam. (Mlle. Kunth, vom Kaiserl. Hof-Theater zu Petersburg: Mag— dalene, als letzte Gastrolle.)

Königsstädtisches Theater.

Donnerstag, 9. Sept. Der Talisman. Posse mit Gesang in 3 Akten, von J. Nestroy.

Freitag, 10. Sept. Der Vater der Debuͤtantin. Posse in 4 Akten. von B. A. Herrmann. Vorher: Nummer 777. Posse in Akt, von Lebruͤn.

Sonnabend, 11. Sept. (Italienische Opern-Vorstellung.) La Prova di un' Opera seèria. (Die Opernprobe.) Opera husfa in 2 Alti. Musica del Maestro Francesco Gnecco.

Verantwortlicher Redacteur Dr. J. W. Zinkeisen.

Gedruckt in der Deckerschen Geheimen Ober-Hofbuchdruckerei.

Allgemeiner Anzeiger für die Preusgischen Staaten.

Bekanntmachungen.

Bekanntmachung.

Hagelschaden und Mobiliar-Brand— Versicherungs- Gesellschaft zu Schwedt a. d. O. Zur Wahl eines vierten Haupt-Direktors und Be- hnuls Beschlulssassung über andere wichtige So,'ietäts-

Angelegenheiten laden wir die sämmtlichen resp. MitQ 6

glieder unseren Gesellschast zu einer extraordinairen n dem Konserenz Saale unseres Societätshauses stalt kindenden General Versammlung aul den

5. Oktober d. J.. Vormittags 10 Uhr,

hierdurch ergebenst ein.

; Schwedt, den 3. September 184. ; die IIaupt- Direction.

zie rold. Kieckebus-ch.

Meyer.

Literarische Anzeigen. So eben ist bei W. Heinrichshofen in Mag— deburg erschienen und in gallen Buchhandlungen, in Berlin bei Ferd. Duͤᷣmmler,

Einen allgemeinen

Regierungsrath und beider Rechte Doktor. Ur und letter Bd. 14 Thlr. Beide Bde: (62 Bog.)

Ir Band, enthaltend eine Kritik der bisherigen Sysieme, den Verfassung.

Ilx Band: 1) die Rechtsordnung des kirchlichen Lebens (Lehramt, kirchlicher Gottes⸗ dien st, Kirchengut, zucht); 2) das Verhaͤltniß des Stagts zur

Linden 19, zu haben: Recht

. . Kirche Jesu Christi

von ö

Das d

das, was wahrhaft wirklich

staltung

37 Thlr. begreifen. Wie

Begriff der Kirche und ihre

Anhang: Kirchen⸗

Kirche (Substanz des christlichen Staats, seine Stellung zur Kirche und zu den christ—⸗ lichen Parteien, Christlichkeit der Stagts⸗ verfassung und ihre Erweisung in Ehe, Eid und oͤffentlichem Unterricht). 1

Es ist hier aus dem in der heiligen Schrift ge⸗ gebenen Begriff der Kirche das Wesen derselben, . ihre Verfassung und die daraus hervorgehende ge⸗ sammte kirchliche Rechtsordnung in ihrem Zusam⸗ menhange mit dem staatlichen Leben entwichelt, um geworden in der Ge⸗ der Einen allgemeinen Kirche in sei⸗ ner inneren Begrundung und Nothwendigkeit zu daraus die rechte Stellüng der Ku Kirche zu allen Parteien und Sekten hervor⸗ tritt, so auch die Substantialitaͤt ihres Verhaͤltnis⸗ ses zum Staat, mit welchem sie kraft der untheil- baren Einheit des menschlichen Lebens nothwendig zu einer Einheit des Qrganismus verbunden ist, ohne daß deshalb die durch den Begriff gesetzte

Differenz zwischen beiden aufgehoben wurde.

Uebrigens verweisen wir auf die Ankuͤndigung in Rheinwald's Repertorium 21. Januar 1840 und em— pfehlen diese Schrift den Geistlichen und anderen kirchlichen Beamten, so wie allen denen, die sich fuͤr das Leben der Kirche und ihre Ordnung inte⸗— ressiren.

In der Fos. Lindauer schen Buchhandlung in Munchen ist so eben erschienen und in Berlin bei E. S. Mittler (Stechbahn 3) vorraͤthig:

München's vorzuͤglich ste dᷣffentliche n st a 8 e. Ein kritisch-erlaͤuternder Leitfaden fuͤr Einheimische und Fremde von Wilhelm Fußli aus Zuͤrich.

Mit 6 Stahlstichen und einem Stadtplane von

Muͤnchen. gr. 12. Eleg. geb. Preis 1 Thlr. 15 Sgr. Beilage

1115

Beilage zur Allgemeinen Preußischen Staats-Zeitung é 250.

Nussland und Polen.

St. Petersburg, 31. Aug. Ueber die projektirte Eisen— bahn zwischen St. Petersburg und Moskau sind bisher sehr wi— dersprechende Geruͤchte verbreitet gewesen. Es hieß vor kurzem, Deutsche Kaufleute seyen bei dem Unternehmen betheiligt, doch vernimmt man jetzt, daß zu diesem Behufe in England ein Ac— tien-Verein zusammentrete, dem unsere Regierung ein gewisses Zins⸗ Minimum auf die anzulegenden Kapitallen garantiren wolle. Hinzugefuͤgt wird, die Eisenbahn-Linie solle uͤber Rybinsk, am Wolga-Ufer, gefuͤhrt werden, wodurch zwar ein Umweg von 50 Werst entstehe, jedoch die Getraide-Zufuhr der Wolga auf die Ei— senbahn geleitet werde. Letztere wuͤrde sonach eine Ausdehnung von 110 Deutschen Meilen erhalten.

Oesterreich.

w Prag, 4. Sept. Die große Sorge unserer Zeit, daß mit der zunehmenden Bevoͤlkerung auch die Anzahl der Armen steigt, verliert da viel von ihrem Gewichte, wo die Mittel der Woͤhlthaͤtigkeit durch oͤffentliche oder Privat-Anstalten ebenfalls eine Zunahme zeigen. Neben manchen Maͤngeln bietet in dieser Hinsicht unsere Stadt viel des Erfreulichen, und unseren zahlrei— chen Wohlthaͤtigkeits-Anstalten, die ihren Bestand in oͤffentlichen Mitteln finden, steht ein kraͤftig wirkender Gemeinsinn in Uebung der Privat-Wohlthaͤtigkeit zur Seite, die dem Freunde der Hu— manitaͤt um so hoͤher gilt, wenn sie nicht einer gesetzlich gebote— nen Buͤrgerpflicht etwa, sondern den eigenen Eingebungen christlicher Milde ihre Wirksamkeit verdankt. Ein auch fuͤr ent— ferntere Kreise interessantes Beispiel dieser Art bietet das kuͤrz— lich veröffentlichte Resultat der sogenannten Neujahrs-Entschul— digungs-Karten, welche der Oberst-Burggraf von Chotek, kurz nach seinem Antritte der Landes-Administration, bei uns einführte. Gemaͤlde beruͤhmter Meister, die religiͤse Beziehungen haben, bilden die Sujets dieser Karten, die in verjuͤngtem Maßstabe in Stahl gestochen, meistens von höherem artistischen Werthe sind, wie z. B. die juͤngsten fuͤr 1811: Bendemanns „Jeremias“ und Holbein's „Pilgerfahrt“, beide von Dobler gestochen. Diese in Tausenden von Abdruͤcken gefertigten, mit fortlaufenden Num— mern versehenen Karten werden jedesmal gegen Neujahr von Käufern aller Klassen und Konfessionen fuͤr 20 Kr. das Stuͤck erworben, und die in den Zeitungs-Beilagen bekanntgemachten Namen der Abnehmer befreien diese nach einem gewissermaßen stillschweigend zur Uebung gewordenen Uebereinkommen nicht nur von dem oft zweideutigen, meist aber laͤstigen Herkom— men der persoͤnlichen Neujahrs-Gratulationen, sondern be— wirken auch, neben Unterstuͤtzung der Armen, Verbreitung des Kunstsinnes. Die in den 16 Kreisen Böhmens fuͤr die Enkschul— digungs⸗Karten von 1811 den Orts-Armen zugeflossenen Betraͤge ergeben den erheblichen Erlös von fast 14,900 fl. E.-⸗-WMüänze, und mit Einrechnung des Erloͤses von den fuͤr die Hauptstadt Prag be— sonders angefertigten Entschuldigungs-Karten, so wie jener vom Lande, die zum Vortheile der hiesigen Kleinkinder⸗Wart⸗Anstalten hier verkauft wurden, betragt die ganze blos in diesem Jahre den Armen-⸗Anstalten zugeflossene Summe 16,071 fl. 55 kr. E.-Muͤnze. Gemaͤß den amtlichen Ausweisen ist ubrigens seit dem Jahre 1828, wo bei uns die Einfuͤhrung dieser eben so wohlthaͤtigen wie be— quemen Observanz begann, die Einnahme fuͤr die Entschuldigungs— Karten fortwährend gestiegen, wodurch dem gewoͤhnlichen Etat der Armen⸗Anstalten eine neue Gesammteinnahme von 168,715 fl oder ungefahr 113,900 Thaler seit dem Jahre, 1828 zugeflossen ist; ein Betrag, der um so beachtenswerther für ein Land wie Bbhmen, das doch keinesweges zu den geldreichen gezaͤhlt werden kann.

Türkei.

Die neueste, nach Berlin gekommene Nummer der Tuͤrki— schen Zeitung Takwimi Wakaji vom 27. Dschemasi II. (15. August) enthaͤlt uͤber die Feuersbrunst von Smyrna folgenden Artikel: „Am 19ten d. kam in Ismir (Smyrna) in einem Kaffee— hause ein Feuer zum Ausbruch, das, obwohl die herbeigeeilten Beamten auf seine Löͤschung große Muͤhe verwendeten da durch Gottes Rathschluß ein heftiger Wind der Flamme Nahrung gab und sie weit um sich greifen ließ 17 Stunden lang an— hielt und in den Stadtvierteln der Muhammedaner und der Raja's die meisten Haͤuser und Buden in Asche legte. Mehr als 20,000 Menschen sind obdachlos, und der Mangel an Brod ist, weil das Feuer auch die Muͤhlen verzehrt hat, sehr empfindlich geworden. Die Kunde von diesem Ungluͤck und Elend hat das erbarmende Gemuͤth Sr. Hoheit tief bewegt, und sofort ist das Handels-Ministerium angewiesen worden, eine reichliche Großherr— liche Unterstuͤtzwng an Mehl und noch andere Gnaden-Geschenke fuͤr die armen Abgebrannten auf einem Dampfboote nach Smyrna abgehen zu lassen.“

Ferner meldet das gedachte Blatt mit Bezug auf obige Nach— richt: „Se. Hoheit der Sultan hat kurzlich die Patriarchen der Griechen, der Griechischen Armenier und der katholischen Arme— nler, ingleichen den juͤdischen Ober⸗Rabbiner, zur Audienz gezogen und ihnen einen, mit dem hohen Schriftzuge Sr. Hoheit (der Tugra) geschmuückten Ferman uͤberreichen lassen, worin Hoͤchst— selbige Ihren Großherrlichen Willen kundgiebt, den in Syrien wohnen— den Raja's aller Konfessionen in jeder Lage Schutz zu gewähren und hre Wohlfahrt und Sicherheit fest zu begruͤnden. Bei dieser Ge— genheit erhielten sie von Seiten des mit anwesenden Groß— Wesir's noch muͤndlich die Zusicherung des thätigen Erbarmens Sr. Hoheit, nebst den noͤthigen Ermahnungen und Warnungen. Diese ausgezeichnete Gnade des Sultans bestimmte die geistlichen Oberhaͤupter der Raja's, ihre dankbaren Gefuͤhle in einem Ge— bete um Steigerung der Macht und Herrlichkeit ihres Gebieters auszusprechen.

Da die Geschäͤfte des Emir Beschir in Konstantinopel eine rasche Erlzdigung derselben wuͤnschenswerth machen, so ist (wie dieselbe Tuͤrkische Zeitung meldet) der Seckelmeister des Fiskus zu seinem hiesigen Agenten ernannt worden. Ein angesehener Euro—

Kͤischer Kaufmann, Clias Chaja, soll gewisse Angelegenheiten es Patriarchen der Margniten ins Reine bringen.

Dleselbe Zeitung meldet auch die Ernennüng des wuͤrdigen alten Effaad Efendi zum Chef der Emire oder Vice ⸗Mufti (naßkih - l- eschraf .

Aegypten.

Alexandrien, 6. Aug. (Journ. de Smyrne. Pascha hat nunmehr die Nachricht erhalten, daß a , 5 zehn Millionen vom Tribut erlassen habe. Man weiß nicht, wodurch er 4 Gunstbezeigung erlangt, hat, denn die Vertrauten des Palastes haben bisher noch nichts daruber geaͤußert, woraus her⸗ vorgeht, daß sie nichts wissen, da sie nicht die Leute sind, die

lange Zeit ein Geheimniß zu bewahren vermoͤgen. Die Nachricht selbst ist vom Publikum mit großer Freude aufgenommen worden, indem dadurch auch der letzte Vorwand zu einem laͤngeren Wi— derstande von Seiten Mehmed Ali's verschwindet.

Die Anwesenheit der Englischen Linienschiffe „Rodney“ und „Calcutta“ auf der hiesigen Rhede ist noch immer der Gegenstand der Unterhaltung, und man erschoͤpft sich in Muthmaßungen, ohne daß noch Jemand im Stande gewesen wäre, den eigentlichen Zweck ihrer Mission zu errathen. Man behauptet noch immer, daß es sich darum handle, die in Bezug auf die Entlassung der Syrischen Soldaten vom Commodore Napier gethanen Schritte zu unterstuͤtzen, da der Pascha keinesweges geneigt scheint, in jene Maßregel zu willigen. Uebrigens zieht sich diese Angelegenheit so sehr in die Lange, daß man an ihrer Erledigung zweifelt und nicht daran glaubt, daß dies der einzige Grund der Anwesenheit der Englischen Kriegsschiffe sey.

Johann Friedrich Herbart. Nekrolog.

Vor kurzem schied aus der Reihe der Lebenden ein Mann, der, so entgegengesetzt die Urtheile des Beifalles und Mißfallens sind, welche uͤber ihn ergingen, nach allgemeiner Anerkennung zu den aus— gezeichnetsten Denkern unseres Vaterlandes und unseres Zeitalters ge rechnet wird. Wie auch einst die Geschichte den denkwuͤrdigen Zeit— raum in der Entwickelung der Philosophie auffasse, welcher von der durch Kant begonnenen Reformation in ununterbrochener Kette bis in die Gegenwart hineinreicht; was sie auch im Ueberblicke des Gan— zen als den wesentlichen Ertrag der Gegensaͤtzs und Kaͤmpfe ansehen mag: dem Namen Herbart' z wird die Tiefe, die Besonnenheit, der Umfang seiner philosophischen Untersuchung und ihr eigent hum liches Verhaͤltniß zur vorherrschenden philosophischen Zeitrichtung im— mer eine bedeutende Stelle darin sichern.

Johann Friedrich Herbart wurde 1776 zu Oldenburg ge— boren, wo sein Vater die Stelle eines Justizraths bekleidete. Wie fruͤhzeitig schon ein selbsistaͤndiges Nachdenken in ihm erwachte, er⸗ fahren wir mittelbar von ihm selbst; denn in dem Vorworte zu der ersten Ausgabe seiner „Hauptpunkte der Metaphysik“, welche er 1806 fuͤr seine Zuhdrer drucken ließ, sagt er: „In der Stille sind die Ge— danken, deren kuͤrzeste Bezeichnung hier erscheint, waͤhrend des Lau» fes von achtzehn Jahren auf eigenem Boden gewachsen und gezogen. Seyen sie nun auch anderen Denkern empfohlen!“ Der Religions— Unterricht hatte dein zwoͤlfiaͤhrigen Knaben die Veranlassung zu ern— steren Fragen gegeben und zu einer Gedanken-Vertiefüng, in wel— cher noch der Mann den Anfang seiner philosophischen Entwickelung erkannte. Mit dem achtzehnten Jahre bezog Herbart die Universi⸗ taͤt Jena. Es war dies die Zeit, wo Fichte durch die Festigkeit sei⸗ ner üleberzeugung, durch die Energie seines Charakters und durch die hinreißende Kraft seiner Rede eine Begeisterung fuͤr Philosophie unter der akademischen Jugend erregte, der an Lebhaftigkeit kaum die Zeit der kraͤftigsten Wirksamkeit Hegel's in Berlin gleichkommen mochte. Wenn Fichte uͤber die meisten seiner Zuhoͤrer die geistige Gewalt uͤbte, daß er sie, seiner eigenen Forderung gemaͤß, zum Ver⸗ staͤndniß, und dies hieß ihm zugleich zur Beistimmung, zwang: so war dagegen sein Einfluß auf Herbart der entgegengesetzte; denn je mehr sich dieser in Fichte's Speeculation vertieste, üm so fester ward ihm die Ueberzeugung, daß das Ich nicht das Absolute sey, welches die Welt, das Nicht-ich aus sich produzire, sondern vielmehr „von tau⸗ sendfaͤltigen Bedingungen umwickelt“ und nur aus ihnen begreiflich. Eine Hauslehrerstelle in der Schweiz, welche Herbart nach seinen Studienjahren annahm, brachte ihn in eine Bekanntschaft mit Pe— stalozzi, welche zu einer seiner fruͤhesten literarischen Arbeiten „Pe— stalozzi's A B E der Anschauung“ den naͤchsten Anlaß gab, ohne den Inhalt und Charakter dieser interessanten Schrift wesentlich zu bestimmen. Nach Deutschland zuruͤckgekehrt, hielt er seit 1802 phi— losophische Vorlesungen an der Gottinger Universitaͤt und ward 1805 daselbst zum außerordentlichen Professor ernannt. Im J. 1809 folgte er einem Rufe als ordentlicher Professor an der üniver— sitaͤt zu Koͤnigsberg. Was er dieser Universitaͤt waͤhrend der vierund— zwanzig Jahre seiner Lehrthaͤtigkeit war, das bewahren alle diejeni gen in dankbarer Erinnerung, welche, blos als Zuhoͤrer in seinen Kol⸗ legien, oder in naͤherer Beziehung zu ihm, besonders durch seine paͤ— dagogischen Uebungen, seine philosophische Anregung erfuhren; zugleich aber lebt in allen gebildeten Kreisen der Stadt das Bild des Man⸗ nes, dessen vielseitige Bildung den Gelehrten vergessen ließ, und dessen großgrtige Perssnlichkeit, wo sie Hochachtung gebot, zugleich Liebe einfloͤßte. Der Wunsch Herbart's, nach Hegel's Tode an einen Platz gestellt zu werden, der ihm eine ausgebreitetere Wirksamkeit zu sichern schien, ging nicht in Erfuͤllung. Im J. 1833 folgte er dem Rufe als ordentlicher Professor und Hofrath nach Gottingen. Hier wirkte er in unermuͤdeter, durch das Alter nicht geschwaͤchter Thaͤ tigkeit als Lehrer und Schriftsteller bis in die letzten Fahre, ja bis in die letzten Tage seines Lebens. Anfaͤlle von Podagra, von welchem er im letzten Jahre oͤfters zu leiden hatte, brachten darin keine we— sentliche Stoͤrung, und die Ruͤstigkeit seiner aͤußeren Erscheinung taͤuschte selbst naͤher Befreundete mit falschen Hoffnungen. Er selbst hatte in der letzten Zeit die bestimmte Ahnung seines nahen Todes und sprach dabei gegen einen nahen Freund nur den Wunsch aus, daß es ihm vergoͤnnt seyn moͤge, eine psychologische Untersuchung, die ihn eben beschaͤftigte und zu der er sich vorzuͤglich berufen glaube, abschließen zu konnen. Noch am 11. August las er seine Kollegien mit der edlen, kraftvollen Bewegsamkeit, welche seine Schuͤler an ihm gewohnt waren; in der folgenden Nacht traf ihn ein Anfall von Stickfluß, der, nach scheinbarer Genesüung am 14ten des Morgens wiederholt, sein Leben endete.

Wollte man diese einfachen Umrisse von Herbart's aͤußerem Leben weiter im Einzelnen ausführen, wollte man noch die ausgebreiteten Studien hinzufuͤgen, welche er den Philosophen aller Zeiten, beson⸗ ders denen des Alterthums und der letzten Jahrhunderte, der natur⸗ wissenschaftlichen Forschung, der Mathematik in ihrem ganzen Uum— fange widmete, man wuͤrde damit nur den Umfang des Gebietes, den Reichthum des Stoffes bezeichnen koͤnnen, welchen er beherrschte; die Eigenthuͤmlichkeit des Gepraͤges, welches er jedem Stoffe gab, bleibt, daraus unbegriffen, die selbststaͤndig freie That seines philoso⸗ phischen Geistes. Und in diesem eigenthuͤmlichen Gepraͤge ist bei Herbart waͤhrend einer vierzigjaͤhrigen schriftstellerischen Laufbahn kein Wechsel zu bemerken; so wenig irgend eine seiner Schriften mit einer anderen so zusammenstimmt, daß sie dieselbe ersetzen oder durch sie entbehrlich werden konnte, so sind es doch dieselben Grund-Ideen, welche alle seine Schriften, selbst die in weiteren Abstaͤnden von ein— ander entfernten, durchdringen. Schon seine fruͤhesten Schriften, einerseits praktischen Inhalts (Allgem. prakt. Philosophie 1808. Allgem. Paͤdagogik 1806 u. a.), andererseits theoretischen (Ueber philosophi⸗ sches Studium 1807. Hauptpunkte der Metaphysik 1808. Einleitung in die Philosophie 1813, 4te , 1837. u. a.), enthalten eine zwar

edraͤngte, aber vollstaͤndige Darstellung der Grundzuͤge seines philo⸗ ophischen Systems, und in der Ueberzeugung, die Einsicht in das Wesen seiner Speculation und die unbefangen Pruͤfung dem gruͤnd⸗ lichen Forscher damit eröffnet zu haben, wendete Herbart dann alle seine geistige Kraft auf die Ausbildung der Psychologie. Aber „die schoͤne charaktervolle Sprache“ in den prgktischen Schriften, welche Jean Paul einmal rühmt, schien den meisten Lesern die Schaͤrfe der darin herrschenden Begriffe zu verdecken, und die Gedrungenheit der Gedanken in dem wichtigsten Werke der zweiten Reihe, den meta⸗ if en Hauptpunkten, brachte mehr Mißdeutungen als Verständ⸗ niß hervor. Herbart's Philosophie blieb großentheils unver⸗

standen oder unbemerkt. Erst als er in der „Psychologie als Wissenschaft, neu gegruͤndet auf Erfahrung, Metaphysik und Mathematik. 1824 2 Bde.“ das Werk seines Lebens dem Publikum uͤbergab und bald darauf die ausfuͤhrliche Darstellung der Meta⸗ physik nebst den Anfaͤngen der Natur⸗Philosophie folgen ließ (1828 2Bde,), erbffnete er sich ein Verstaͤndniß auch in weiteren Kreisen, worauf gestuͤtzt er in seinen folgenden Schriften einzelne Seiten der Philosophie einer weiteren Ausbildung zufuͤhrte. Und wenn seitdem auch andere Denker bemuͤht waren, selbststaͤndig die von Herbart aufgestellten Prinzipien zu entwickeln, so hat man nicht mit Unrecht zuweilen von einer Herbartschen Schule gesprochen. Es ist hier nicht der Ort, den Reichthum und die Vielseitigkeit von Herbart's literarischer Thaͤtigkeit auch nur andeutend zu bezeichnen. Schon der fluͤchtigste Blick darauf wuͤrde uns nicht nur die Energie des Geistes zeigen, mit welcher er ein halbes Jahrhundert hindurch, unbekümmert darum, was auf das Zeitalter Eindruck machen und seinen Beifall gewinnen koͤnne, der Erforschung der reinen, uͤber allen Wechsel der Zeit erhabenen Wahrheit sich hingab, sondern eben so sehr ein kuͤnstlerisches Talent der Darstellung, wie es sich mit dem philosophischen Genie selten vereinigt findet. Herbart besaß in der muͤndlichen Rede, im zusammenhaͤngenden Vortrage wie im Gespraͤche, eine Gewalt des Gedankens uͤber die Sprache, welche bewaͤltigend wirkte, ehe sie erhob. In seinen Schriften bekundet sich diese Herrschaft zunaͤchst in der Mannigfaltigkeit der Darstellung; denn von der gedrungenen Kernsprache der metaphysischen Haupt⸗ punkte bis zum Tone des anmuthigen Gespraͤches, in welchen Iro⸗ nie und Humor leicht eingehen, oder der erhobenen Rede, welche Ueberzeugung fordert und erzwingt, werden alle Formen der Dar⸗ stellung durchlaufen, deren die Prosa im wissenschaftlichen Gebrauche faͤhig scheint. Jeder Gedankenkreis findet wie von selbst die ihm eigenthuͤmliche Darstellungsform, und alle Kunst der Sprache dient wieder nur der Sache, der Darstellung einer Gedankenwelt, deren willkuͤrliche Feststellung seines Lebens Werk und Tugend war. Ein Bild dieser Gedankenwelt, eine Skizze des philosophischen Systems wuͤrde erst die geistige Gestalt des Denkers uns vor Augen stellen. Wir muͤssen uns dies hier versagen und konnen nur die Stellung, in welcher Herbart's Philosophie zu der gesammten philosophischen Entwickelung der neueren Zeit steht, nach ein paar Hauptgesichts⸗ punkten im Allgemeinen bezeichnen.

Kant spricht einmal den Gedanken aus, die Philosophie sey bis⸗ her von der Voraussetzung ausgegangen, unsere Erkenntniß muͤsse sich nach den Gegenstaͤnden richten, doch habe sie auf diesem Wege zu keinem wesentlichen Fortschritte gelangen koͤnnen. „Man ver⸗ suche es daher einmal, ob wir nicht in den Aufgaben der Meta— physik damit besser fortkommen koͤnnen, daß wir annehmen, die Gegenstaͤnde muͤssen sich nach unserer Erkenntniß rich⸗ ten.“ Kant's eigene philosophische Richtung ist in diesen Wor⸗ ten nur uneigentlich und halbwahr bezeichnet, aber es ist, als habe der Ausspruch eine prophetische Wahrheit gewinnen sol⸗ len. Denn Fichte's Idealismus, Schelling's Identitäts⸗-Philosophie, Hegel's absolute Dialektik, in ununterbrochener Folge und in steter Steigerung und Schaͤrfung des Gedankens einander fortsetzend, verfolgen den hier bezeichneten Weg bis dahin, wo die nothwendi⸗ gen Momente des Denkens zugleich die des Seyns selbst, die Dia⸗ lektik des Denkens die immanente Diglektik der Sache ist. In man— nigfachen Modificationen schließen sich den genannten drei Heroen der neueren Philosophie fast Alle an, welche auf diesem Gebiete mit einiger Bedeutung aufgetreten sind. Herbart's Philosophie bildet zu dieser gesammten Richtung den entschiedensten Gegensatz; sie kann keiner ihrer einzelnen Erscheinungen untergeordnet werden, sie laͤßt mit keiner, selbst mit der Kantischen nicht, eine wesentliche Vergleichung zu. Denn wo es sich um die Erkenntniß dessen han⸗ delt, was ist, ist die Erfahrung, welche uns gegeben und an deren

Auffassung wir gebunden sind, fuͤr Herbart die einzige sichere Grund⸗ lage, und der Gedanke, aus dem reinen Denken züm Seyn zu ge⸗ langen, ist, auz dem Bereiche seiner Speculation verbannt. Sie Erfahrung ist ihm aber nur die Basis der Erkenntniß, nicht selost schon Erkenntniß, denn ihre Auffassung fuͤhrt auf widersprechende Begriffe, welche einen Fortschritt im Denken verlangen, um richtig, d. h. widerspruchslos denkbar zu werden. Die zugleich widersprechenden und durch die Erfahrung gegebenen Begriffe sind fuͤr die Herbartsche Metaphysik die Probleme, welche ein nothwendiges Fortschreiten des Denkens uͤber die Erfahrung hinaus motiviren. Der Widerspruch in den Begriffen ist daher ein eben so bedeutendes Moment in der Herbartschen, wie in der Hegelschen Spe⸗ eulgtion; aber die verschiedene Stellung zu deniselben charak⸗ terisirt am leichtesten den Gegensatz der beiden Systeme. Bei Hegel ist der Widerspruch in die Sache selbst verlegt, und dem dia⸗ lektischen Denken ist es wesentlich, daß es den Widerspruch festhalte; Herbart dagegen sieht im Widerspruche nur eine unvollendete Re⸗ flexion uͤber die Erfahrung, welche noch die Ergaͤnzungen suchen muß, durch die jene Erfahrungsbegriffe widerspruchslos denkbar werden. Heraklit und Parmenides scheinen in ihrer alten Größe, erfuͤllt mit der gesammten neueren philosophischen Bildung, aufer— standen zu seyn. Hegel verwickelte die Knoten immer fester, welche Herbart zu 15sen bemuͤht ist; Hegel's Resultate sind Herbart's Pro⸗ bleme. Dasselbe Ueberschreiten der Erfahrung, welches schon im gewohnlichen Denken vorkommt, wenn man zu der an sich undenk⸗ baren Veraͤnderung die Ursache voraussetzt, welche doch als solche niemals Gegenstand der Erfahrung ist, dasselbe Ueberschreiten, aber mit methodischer Nothwendigkeit, hat bei Herbart die Meta⸗ physik durchzuführen, um zu den Voraussetzungen zu gelangen, durch welche die Erfahrung begreiflich wird, und so „die Erfahrung mit sich selbst zu versöhnen.“ Am ausfuͤhrlichsten hat Herbart in die— sem Sinne die Psychologie bearbeitet. Die Thatsache der inneren Erfahrung, daß uns das Selbstbewußtseyn als Identitat des Sub- jekts und Objekts gegeben ist, als Identität also dessen, was nur im Gegensatze zu einander seine Bedeutung hat eine Thatsache, welche Fichte zuerst mit der ganzen Eich nf seines Geistes heraus⸗ stellte und mit genialer Kuͤhnheit zum Prinzipe seines Systemes er— hob fuͤhrt in nothwendigem Gedankengange zu den Voraus— setzungen, unter welchen die Entstehung solcher Identitaͤt denkbar wird. Der Charakter der Psychologie wird damit wesentlich umge⸗ staltet; denn wenn diese Wissenschaft von Aristoteles bis auf unsere Zeit a11gem eine Klassenbegriffe der Seelenerscheinungen, wie Verstand, Vernunft, Gefuͤhl u. a. als reale Kraͤfte der Seele bald offen, hald verdeckter, bald als neben einander bestehend, bald als Entwickelungen aus einander, darstellt, so führt dagegen Herbart's pech tg Theorie auf die einzelnen, individuellen Zustaäͤnde der, Seele, die einfachen Empfindungen und Vorstellungen zurück, welche erst durch ihren Gegensatz in der Einheit der Seele zu Kraͤf= ten werden und durch die mannigfaltigsten Verhaͤltnisse der ge⸗ genseitigen Hemmung und Verschmelzung den ganzen Reichthum der , Phaͤnomene von den einfachsten Anfaͤngen bis zu ih⸗ rer hoͤchsten Spitze im Selbstbewußtseyn erzeugen. Da die indivi⸗ duellen Vorstellungen ihrer Intensitaͤt nach eine Groͤßenvergleichung schon erfahrungsmiaͤßig zulassen, so ist hiermit der hypothetischen Anwendung der Mathematik der Zugang eroͤffnet, wodurch den ge⸗ fundenen Gesetzen mit leichterer Beweglichkeit zugleich höhere Be stimmtheit gegeben wird. Die Großartigkeit des Gedankens, der Naturlehre der Seele dasselbe Mittel wissenschaftlicher Sar, eben, durch welches die Erkenntniß der gesammten Natur erstarkt ist, die Ausdauer in dessen Ausfuhrung und die dadurch gewonnene äberraschende Einsicht in die gewöhnlichsten und darum,. wichtigsten Seelenerscheinungen; dies Alles sollte dahin führen, nicht, es bisher mannigfach geschehen ist, das Beguenie und Gelegene aus dem Zusammenhange herausgerissen zu entlehnen und sich anzueig- nen, sondern die Theorie im' Ganzen und Einzelnen zu prüfen, um sie, wenn ihre Grundlage fest ruht, in ihrer Entwickelung weiter zu fuhren. Herbart, der von den Jahren feines akademischen Stu—⸗