1841 / 255 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

benmeisterin der Königin angenommen, welches bisher von der Herzogin von Sutherland bekleidet wurde.

Die konservativen Blatter sind sehr ärgerlich uͤber das Chi— nesische Erbstuͤck, welches ihnen ihre Vorgänger hinterlassen ha⸗ ben. Die letzten Berichte aus China erscheinen hier keineswegs befriedigend, weil offenbar die Absicht des Kaisers daraus hervor— geht, aufs Aeußerste Widerstand zu leisten. Nun zweifelt man zwar keinesweges daran, daß die von dem Reich der Mitte auf— gebotenen Truppen sich vor dem Donner der Britischen Kanonen wie Spreu zerstreuen werden; indessen koͤnnte die Sache sich sehr in die Laͤnge ziehen und wegen der Finanzen uͤberaus lästig wer den. Der Globe rechtfertigt das Zögern des Capitains Elliot mit der Absicht, die Thee-Ausfuhr zu befördern. Nach diesem Blatte hat Sir Henry Pottinger die buͤndigsten Instructionen mitgenommen, namentlich sollte die Muͤndung des gelben Flusses aufs Strengste blockirt werden. Indessen scheint Ane Landung nicht beabsichtigt, weil man die Vernichtung der wehr- und harm⸗ losen Einwohner vermeiden mochte. Dagegen glaubt man, daß Canton ein Opfer der Flammen werden duͤrfte, wenn das dort zusammengeraffte Gesindel, welches von den Chinesen Militair ge— nannt wird, sich unterfangen sollte, die Faktorei anzugkreilen.

Lord Lyndhurst bekleidet jetzt das Amt eines Lord⸗Kanzlers zum drittenmale. Zuerst wurde derselbe im Jahre 1827 zu die⸗ sem Posten ernannt, als die Verwaltung des Herzogs von W. el⸗ lington zusammentrat, Er blieb in demselben bis zum November 1830. Demnaͤchst erhielt er im Dezember 1834 vom Koͤnige Wil— helm IV., als Sir Robert Peel zum erstenmale Premier⸗-Minister war, zum zweitenmale das große Siegel, das er bis zum April 1835, wo sich dieses Kabinet wieder aufloͤsen mußte, inne hatte. Der Fall, daß derselbe Staatsmann dieses hohe Amt zum drit— senmale erhielt, kommt in der Geschichte Englands nur selten vor. Lord Brougham hat dasselbe bekanntlich vom Jahre 1830 bis zum Jahre 1834 bekleidet.

Herr H. Manners Sutton hat bereits seine Functionen als Unter-Staats⸗-Secretair des Innern an der Stelle des Lord Seymour angetreten. ; . l

Die regierende und die verwittwete Koͤnigin haben jede 25 Pfd. Sterl. fuͤr das dem verstorbenen Maler Wilkie zu errichtende denkmal unterzeichnet.

Der Prinz Ernst von Hessen-Philippsthal, welcher Montag von dem Landsitze der verwittweten Koͤnigin zurückkehrte, stattete gestern dem neuen Premier-Minister, Sir Robert Peel einen Be— such ab.

London, 7. Sept. Da das neue Ministerium nun— mehr seine Functionen angetreten hat, so ist auf, die politische Auf⸗ regung ein Augenblick der Ruhe gefolgt. Die Zeit ist noch nicht gekommen fur Sir Robert Peel, sich daruͤber zu erklaren, welches Verfahren er zu befolgen, oder welche Maßregeln er vorzuschla gen beabsichtigt. Die ministeriellen Journale sprechen mit Zuver sicht von der Starke der neuen Regierung und die Fuͤhrer der Whig⸗Partei erklaren, daß sie sich jeder bloß saetidsen Oppositien enthalten wollen. Die Rede Sir Robert Pees's zeichnete sich aus durch Offenheit, und die Gesinnungen, welche er uͤber die Politik des Voͤlkerrechts aussprach, waren friedlich und staatsmaͤnnisch.

Gestern wurde ein Kabinets-Rath gehalten, nach dessen Be— endigung der Graf Aberdeen in seiner Wohnung in Downing— Street die Besuche der fremden Gesandten empfing. Beide Par⸗ lamentshäͤuser versammelten sich gestern, indeß kam nichts von Interesse vor. Der Antrag fur die Bewilligung der Subsidien wird morgen im Unterhause zur Erorterung ,

In der vorigen Woche hielten die Patrone der Kuͤnste eine Versammlung, um sich uͤber ein dem verstorbenen Sir David Wilkie zu errichtendes Monument zu berathen. Unter den An⸗ wesenden bemerkte man Sir Robert Peel, welcher praͤsidirte, und Lord John Russell. Nach einigen Debatten entschied man sich dafur, die Bildsaͤule des ausgezeichneten Kuͤnstlers in der National— Gallerie aufzustellen. Es wurde eine Kommission ernannt, und die eröffnete Subscription betragt bereits 1006 Pfd.

Eine der letzten Handlungen des vorigen Ministeriums war

die Bewilligung von Pensionen a4n die Herren Hr. Anster und Carey, von denen bekanntlich der Erstere die beste Englische Ueber— setzung des „Faust“, der Letztere die beste Uebersetzung von Dante's „Göttlicher Komodie“ geliefert hat. . Gestern Abend ist das Covent Garden-Theater unter der Leitung der Madame Vestris mit dem „Gommernachts-Traum). von Shakespeare wieder erdffnet worden. Es ist dies die sechzigste Vorstellung dieses Stuͤckes, seit die genannte Kuͤnstlerin es im vorigen Jahre wieder auf, die Buͤhne brachte. Die innere Aus schmückung des Theaters ist sehr geschmackvoll. Die Ankuͤndigung von Stücken wie „the Critik“ und „the Rivals“ von She— ridan giebt ein guͤnstiges Zeugniß fuͤr den Fortschritt in der Leltung unserer Theater und, wie wir hoffen, auch in dem Geschmack des Publikums. Man ist hier na— mentlich Herrn Macready Dank schuldig, da er waͤhrend das Coventgarden-Theater unter seiner Leitung stand, eifrigst. und nicht ohne Erfolg bemüht war, den Geschmack fuͤr das hoͤhere Drama zu beleben. Dem Vernehmen nach ist Miß Adelaide Kemble als Prima Donna bei dem genannten Theater engagirt; sie wird dort zum erstenmal die Englische Buͤhne betreten. Es geht ihr ein großer Ruf als Sängerin und Schauspielerin Hor— aus. Einem Theater-Gerüͤchte zufolge, beabsichtigt Mistriß Nor⸗ ton, sich der Buͤhne zu widmen. Wie viel an diesem Gerüchte wahr ist, weiß ich nicht, das dramatische Talent ihrer Familie (der Sheridans) und andere Ursachen, sprechen jedoch dafur.

Vei dem beruͤhmten Buchhaͤndler Murray ist Lockhart's Uebersetzung Spanischer Balladen erschienen, die an Schoöͤnheit der Ausfuͤhrung wohl Alles übertrifft, was in dieser Art sowohl hier als vielleicht auch in anderen Ländern erschienen ist. Das Werk ist in klein 419. und jede Seite hat einen Rand von verschiede—⸗ nen in Holz geschnittenen und mit bunten Farben gedruckten Zeich⸗ nungen. Die Vignetten. sind Holzschnitte und übertreffen Alles, was wir bisher in dieser Art gesehen haben. Bei demselben Ver— leger erscheint eine Ausgabe von „Child Harold“, die an pracht— voller Ausstattung jenem Werke nichts nachgiebt.

Die mit den Angelegenheiten der Königlichen Boöͤrse beauf⸗ tragt Kommission hat in dieser Weche eine Sikaung Zehalten, um Anerbietungen wegen des 2 iederaufbaues der Bbrse entgegenzu— nehmen. Die Ausführung des Baues wurde Herrn Jackson aber⸗ tragen; er legte zwei Veranschlagun gen vor; die niedrigste zu 115,906 und die höͤchste zu 1245700 Pfd. Die Arbeiten muͤssen im Sommer 1844 beendigt seyn.

Belgien.

Brüssel, 8. Sept. Es heißt, der Koͤnig werde die bevor⸗ 3 2. Sessson unserer Kammern in eigener Persen er⸗ bͤffnen und man verspricht sich von der Thron⸗-Rede einen guͤnsti⸗

a Eindruck auf das Land. . 2 * von Rothschild aus Paris befindet sich seit gestern hier. Seine Anwesenheit soll mit den Unterhandlungen wegen Anle—

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gung einer Eisenbahn zwischen Valenciennes und Paris in Ver⸗ bindung stehen. Auch Herr Aguado befindet sich in Bruͤssel, wie denn überhaupt jetzt hier ein starkes Zusammenstroͤmen von Frem⸗ den stattfindet. ; . ; Der Minister des Innern hat der Handels-Kammer in Gent

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die Frage vorgelegt, ob er es fuͤr wuͤnschenswerth halte, daß sich s 5 P 2 4

Frankreich und Belgien uͤber 10 pCt. vereinigen, der bei d

De Erzeugnissen erhoben werde?

einen herabgesetzten Zoll von 5 bis n gegenseitigen Einfuhren von Landes⸗ Die Handels-Kammer soll geant⸗ worte haben, daß, so gefaͤhrlich auch die Französische Konkurrenz sey, man doch mit Dankbarkeit Alles aufnehmen wurde, was die gegenseitigen Handels-Beziehungen erweitere. In Bezug auf die jetzt zwischen Frankreich und Belgien hin⸗ sichtlich der Zöll-Verhaͤltnisse stattfindenden Unterhandlungen will man hier in Erfahrung gebracht haben, Ersteres bezwecke dabei hauptsaͤchlich den Taback-Schmuggel zu interdruͤcken, der an der Franzoͤsisch⸗Belgischen Graͤnze auf kolossale Weise getrieben werde. In Folge der Zoll-Vereinigung, hinsichtlich gewisser Artikel, worunter der Taback, würde dieser auch in Belgien zu einem Monopol der Regie⸗ rung und dadurch natürlich allem Schleichhandel gesteuert werden. Es fragt sich jedoch, ob dadurch nicht der Letztere bloß von einer Gränze an eine andere verlegt werden wurde.

Dänemark.

Kopenhagen, 9. Sept. (Alton. M.) Ist die Verbin— dung zwischen hier und dem nahegelegenen S chweden auch sehr lebhaft, so können doch die Dampfschisse nach der Ostkuͤste Schwe⸗ dens ihre Rechnung nicht finden; denn „Lejonet“ stellte seine Tou⸗ ren schon vor einiger Zeit ein, und Sperrige“ macht jetzt bekannt, daß es seine letzte Reife in dieser Woche machen werde; kuͤnftig wird die Dampfschiff-Communication nach Norden sich also auf das Norwegische Schiff, das nach Gothenburg geht, die Schwe dischen auf Malm, und das Preußische, welches Ystadt anlaufen will, beschraͤnken.

Der Redacteur des Figaro hat wieder die allerhoͤchste Er— laubniß erhalten, im Rosenborger Garten am 22. d. M. Konzert und Vauxhall zu geben, bei welchen seine Abonnenten freien, an— dere Leute fuͤr Geld, Zutritt haben.

Die Kandidaten Sivertsen und Paulsen, welche von der Ge⸗ sellschaft fuͤr Nordische Alterthuͤmer nach Schweden gesandt wa— ren, um die in Stockholm und Upsala aufbewahrten, zur Is laͤn⸗ dischen Literatur gehdrenden Handschriften zu untersuchen und zu exerpiren, sind in diesen Tagen sehr befriedigt von dort zuruͤckge— kehrt. Nach ihren Aeußerungen sollen sich dort auch viele merk— wuͤrdige Handschriften und Diplome, in Betreff der alteren Ge— schichte Daͤnemarks, befinden, weshalb „Dagen“ vorschlaͤgt, einen hiesigen Geschichtskundigen dorthin zu senden, um die gehörigen Abschriften derselben zu besorgen.

Deutsche Bundesstaaten.

Mzünchen, 8. Sept. (A. 3.) Gestern Nachts wurde auf dem St. Petersthurm die sinnreiche Vorrichtung des Professors Steinheil gepruͤft, mittelst welcher bei Feuersbruͤnsten der Thuͤrmer schnell und bestimmt anzugeben vermag, wo der Brand stattfindet. Die Versuche, im Beiseyn des Regierungs-Praͤsidenten, Freiherrn von Hörmann, vorgenommen, lieferten die guͤnstigsten Resultate.

Der Königlich Preußische General der Infanterie, Freiherr von dem Knesebeck, ist hier angekommen.

Auf dem heute Morgen nach Augsburg abgegangenen Dampf⸗ wagen-Transport wurden zum erstenmal Pferde erpedirt. Ein neues großes Lokomotiv, das erste hier in Munchen gefertigte, wird mit Anfang Oktober in Wirsamkeit treten.

Kassel, 9. Sept. Seit Anfang dieses Monats ist das Kur— hessische Armee-Corps zu den Herbst-Mandvern hier und in der Umgegend zusammengezogen. Fuͤr einen Theil der Infanterie ist seit dem 2ten d. M. bei Wahlershausen ein Lager aufgesteckt, welches am Ften d. die Leibgarde und das 2te und 3te Infante— rie-Regiment unter dem Kommando des Herrn General-Majors Ries von Scheuernschloß bezogen haben. Das Üste Infanterie⸗ (Leib) Regiment, die beiden leichten Bataillone, die Garde du Corps und das 2te Dragoner-Regiment „Herzog von Sachsen— Meiningen“, so wie die Artillerie, stationiren in der Residenz. Das Leib-Dragoner-Regiment kantonnirt in den Doͤrfern der Um— gegend. bis jetzt noch brigadeweise geuͤbt worden.

Die Truppen sind

Frankfurt a. M., 19. Sept. Der Herr Fuͤrst von Metternich verweilte in dieser Weche nur einen Tag am ten in unserer Stadt und kehrte Abends auf den Johannis— berg zuruͤck. Wie wir hoͤren, wird Se. Durchl. den Aufenthalt am Rhein nicht uͤber den 2usten d. erstrecken und vielleicht noch früher die Ruͤckreise nach Wien uͤber Karlsruhe, Stuttgart ꝛc. ꝛc. antreten. J ürst wird in den verschiedenen Residenzen

Der Herr ß

einen kurzen Aufenthalt nehmen und ven dem Bundes⸗Praͤsidial⸗

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Gesandten, Herrn Grafen von Muͤnch-Bellinghausen begleitet werden. Der Herr Graf wird mit nach Wien gehen und erst im naͤchsten Jahre, und dann wohl nur auf kurze Zeit, hierher zurückkehren. 4 .

Se. Koͤnigl. Hoheit der Kurfuͤrst von Hessen ist noch in unserer Stadt anwesend. Es ist wahrscheinlich, daß dieser Fuͤrst in unserer Stadt nun einen dauernden Aufenthalt nehmen werde, da die Frau Gräfin von Reichenbach mehrfache Guͤter⸗Acquisi⸗ tionen auf unserem Stadtgebiet gemacht hat, in der Stadt selbst sich auch ein großes Palais erbauen ließ.

Se. Durchlaucht der Landgraf von Hessen-Homburg wird

gegen Ende d. M. Mainz wieder verlassen und nach Homburg zuruͤckkehren. . Der Baron James von Rothschild ist nach kurzem Aufent⸗ halt wieder nach Paris zuruͤckgereist. Er begab sich indessen zu⸗ naͤchst nach Bruͤssel und wurde von seinem Neffen, dem Baron Anselm von Rothschild, Kaiserl. Oesterreichischem General⸗Konsul dahier, begleitet. Der Baron Salomon von Rothschild wird noch einige Zeit in unserer Stadt verweilen. ;

Rubsni wird, natuͤrlich gegen hohes Honorar, in den naͤchsten Tagen in unserem Theater auftreten und wahrscheinlich Lißt ein driktes Konzert darin geben. Selten finden hier, wo man den Konzerten nicht sehr geneigt ist, so viele Konzerte statt, als in die—

sem Sommer. ö

Unsere Messe ist in den Hauptgeschäften zu Ende und nach allen Urtheilen lieferte der Großhandel im Allgemeinen keine he⸗ friedigende Resultate, wenn auch in einzelnen Artikeln einiger Ab— satz stattfand. Das Leder war zu hohen Preisen gesucht, da der Markt darin nicht uͤberfüllt war. In Wolle wird allem Anschein nach auch auf dieser Messe nicht viel gethan werden. .

Die Bbrsen-Geschaͤfte sind fortdauernd ziemlich lebhaft. Bei den festen Friedens-Verhaͤltnissen und dem Geld⸗Ueberfluß, der an hiesigem Platze herrscht, zeigt sich die Speculation in den meisten Fonds lebhaft, die Kündigung stark, wodurch allen Gattungen ein Impuls zur sesten Haltung gegeben wird. Die Taunus Eisen⸗

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bahn-Actien halten sich fest auf 122 123 Fl. Agio. Die Fre— quenz der Bahn ist auch in diesem Monat uͤberaus stark und da demnächst auch der Guͤter- und Schlachtvieh-Transport in Gang kommt, wird sich die Einnahme der Bahn noch wesentlich erhd⸗ hen. Dabei ist der Direktor der Bahn, Rath Beil, unablaͤssig bemüht, dem Dienste der Bahn die moglichste Vollkommenheit zu verleihen. In diesem Augenblick ist man beschaͤftigt, auf der Bahn Signal⸗Glocken als Telegraphen aufzustellen, damit man rasch von einem etwaigen Unfall in Kenntniß gesetzt werden kann. Die Fahrten auf der Taunus-Eisenbahn erleiden aber selten auch nur die geringste Stoͤrung.

Schweiz.

Bern, J5. Sept. (A. 3.) Abermals ist ein Akt des Klo— ster-⸗Drama's abgespielt, ohne daß man der Loͤsung viel naͤher ge— kommen wäre oder sich eine endliche, den Beduͤrfnissen von Ruhe, Ordnung und freier Selbstentwicklung des Schweizerischen Volkes entsprechende Loͤsung in nahe Aussicht stellte. Die Tagsatzung hat sich gestern nach zweltägigen schmerzlichen Geburtswehen auf den 25. Oktober vertagt. Daß es heilsam war, daß sie auseinanderging, mußte jedem anschaulich werden, der diesen letz ten Sitzungen beiwehnte; ob ihr neues Zusammentreten nach der Wesnlefe heilsam feyn werde, ist lange nicht so klar. Was die Sache selbst nun betrifft, so war sie gewiß im Grunde im Februar dieses Jahres eben so spruchreif, als sie es Ende Okto⸗ bers geworden seyn wird. Hat man seit dieser Zeit an Einsicht gewonnen, sind die Leidenschaften abgekühlt? Kaum wird dieses Jemand behaupten koͤnnen; und waren den auch zusammenge— fragene Bittschriften, diplomatische Verwendungen, Volks⸗Ver⸗ sammlungen die wahren Mittel dazu? Schwerlich. Am ersten Tage in der Sitzung des 3. September begann man mit Able— sung zahlreich unterschriebener Bittschriften aus dem Kanton Lu— zern, wonach diejenige der Zuschrift von Schwamendingen solgte. Die Umfrage kam an dem Tage bis zu Waadt, und wurde dann wegen vorgeruͤckter Zeit erst am folgenden Tage sort— gesetzt. In der Umfrage sprachen sich die Gesandtschaften von Zuͤrich, Glarus, Freiburg, Baselstadt, Schaffhausen, Appenzell, St. Gallen, Graubündten, Waadt, Wallis, Neuenburg und Genf fuͤr die Einholung von Instructionen aus, waͤhrend Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden, Zug sofort dem Kanton Aargau Wiederherstellung sammtlicher Klöster anbefehlen, ihnen gegen— sber Bern, Soldthurn, Basel-Landschaft, Aargau, Thurgau, Tessin den Gegenstand sofort aus dem Abschiede und den Traktan— den wegweisen wollten. Das Schlußvotum des Herrn Neuhaus gab noch zu einem ziemlich scharfen Geplaͤnkel Anlaß, welches auf dem Punkte war, in bittere Persoöͤnlichkeiten auszuarten. Erst fielen die Antraͤge aller verschiedenen S taͤnde in Betreff des Tages der Wiedervereinigung in die Minderheit. Endlich ent⸗ schieden 12 Staͤnde fuͤr den 35. Oktober. Dann behandelte man noch unter dem Vorsitz des Herrn von Tillier den Vorschlag der Kommission uͤber die Bittschriften, religidse Garantien, Amnestie, uber die beide Meinungen ohne Mehrheit in den Abschied ficken Was es nun serner geben wird, das weiß jetzt wohl noch Nie mand, und die Parkelen werden sich wohl huͤten, sich zu vorlaut auszusprechen, bevor sie wissen, wie die Karten im Schweizer Volke gemischt sind. Vermuthlich wird die Tagsatzung etwa am 8. September auseinander gehen.

In Basel-Landschaft schwebt jetzt, ein Salinenstreit, der zu Verwickelungen mit Frankreich zu fuͤhren droht, indem Ba sel-landschaftliche Burger, welche der Regierung das Salz-Regal absprechen und „auf ihrem Grund und Boden“ auf Salz bohren lassen wollten, woran man sie verhinderte, sich mit einem Fran zosen assozlirt haben, damit dieser die Intervention Frankreichs anrufen könne. Die Sache ist vorlaufig bei dem Landrathe von Basel-Landschaft zur Verhandlung gekommen, bei welchem Herr Mesmer, einer der Unternehmer der Privat-Saline, sich uͤber die Regierung beschwerte, welche durch einen aͤlteren Salz⸗-Vertrag (mit den Herren Glenk und von Seckendorfs) gebunden ist. Das Basel-landschaftliche Volksblatt berichtet uͤber diese Sitzung des Landraths, in welcher man jedoch nach vielen Diskussionen im Geiste dieser rustikalen Versammlung zu keinem definitiven Be⸗ schlusse kam und am Ende zur Tagesordnung uͤberging.

. ; Italien.

Nom, 31. Aug. (A. 3.) Gestern fruͤh hat der Papst Rom verlassen, um seine Reife nach Loretto ꝛc. anzutreten. Man sagt hier allgemein, jedoch ohne daß die Nachricht zu verbuͤrgen ist, er werde in Civita Castellano bei seiner Durchreise mehreren dort wegen politischer Vergehen im Kastell in Haft sitzenden Gefange nen ihre Freiheit schenken. 2 .

Spanien.

Paris, 8. Sept. Die Regierung publizirt nachstehende te— legraphische Depesche aus Bayonne vom 5. September: „Die Madrider Hof-Zeitung publizirt ein Dekret vom 30sten v. M. wodurch die früher bewilligte Amnestie unter der Bedingung der Eidesleistung auf die Karlisten aller Kategorieen ausgedehnt wird. Ausgenommen von derselben bleiben die Generale und Obersten und die Civil-Beamten gleichen Ranges.“

Madrid, J. Sept. Dem Hablador zufolge, beschaͤftigt sich die Regierung ernstlich mit der Befesitigung von Cadir. Auf

den hoͤchsten Punkten der Stadt sind bereits Batterieen errichtet. O BV́tadrid, 1. Sept. Die Jahresseier des glorreichen Aufstandes“ vom vorigen September hat stattgefunden, ohne durch irgend ein stoͤrendes Exeigniß unterbrochen worden zu seyn. Das Ahuntamiento scheint Besorgnisse vor der unter den Truppen herrschenden Stimmung gehabt zu haben, denn es ließ gestern ankündigen, daß es heute jedem Soldaten der hiesigen Besazung vier Reälen (einen Franken) verabreichen lassen werde. Mehrere Garde-Offiziere, unter denen auch ein Sohn des ermordeten Ge— nerals Quesada, erhielten plotzlich vorgestern die Anzeige, daß sie mit gleichem Range zu entfernten Linien-Regimentern versetzt wuͤr— den, und den Befehl, sich augenblicklichst dorthin zu begeben. Diese BVersetzung ohne Rang ist eine Degradirung, und da dleses Schick sal gerade solche Offiziere betreffe, deren Dienstalter und ausge— zeichnete Laufbahn Anspruͤche auf Beförderungen zu geben schien, und diese Maßregel in offenem Widerspruche mit den Zusagen stehe, welche in dem die Reform der Armee verfuͤgenden Dekrete gegeben würden, so will man die Veranlassung ihres harten Schicksals in ihren politischen Gesinnungen suchen. Jene Offiziere wohnten neulich ganz ruhig einer Sitzung des Preß-Geschwornengerichts bei. Gleich darauf untersagte der Kriegsminister allen Offizieren, in diesen Sitzungen zu erscheinen. Diesem Verbote folgte das, sich auf gewisse politische Blatter zu unterzeichnen, Mittheilungen an Zei⸗ kungen zu richten, und politische Gespraͤche zu fuͤhren. Die se Verbote erregen hier vorzuͤglich deshalb Aufsehen, weil die vielen, gegen die fruͤhere Regierung gerichteten Flugschriften und Seitunge⸗ Altikel des setzigen Kriegs-Ministers, von dem eben jene Verbote

herrühren, noch nicht vergessen sind. Die beiden militairischen Journale, die bisher hier erschienen, haben nun eingehen müssen.

Der gestrige zweite Jahrestag. des Vertrages von Vergara⸗ von welchem man sich so schoͤne Fruͤchte ver sprach, verging ohne die geringste Feierlichkeit. Desto geraͤuschvoller war der heut ge. Es scheint, daß der Regent die Erhebung vem vorigen Sep temer fuͤr glorreicher hält, als die Abschließung senes Vertrageg, der bem Blutvergießen Einhalt that, und die Aussicht 2 bessere Zukunft erbffnete. Bereits um sieben Uhr die sen Morgen ver⸗ fuͤgte sich der Regent zu Pferde begleitet von allen gi an de sen⸗ den Generalen und mit einer Bedeckung von hundert Mann Ka⸗ vallerie, an das Ayuntamiento und von dort zu Fuß mit unmt⸗ lichen Mitgliedern desselben, mit dem Senate, den Deputirten, Behörden u. s. w. in die Kirche San Isidoro, wo ein feierliches Tedeum gesungen wurde. Die National. Miliz und Truppen bil⸗ deten ein Spalier in den dorthin fuͤhrenden Straßen. Ven der Kirche verfuͤgten sich saͤmmtliche Personen wieder nach em n un- tamiento, und wahrend der Regent und die Gemeinderaths⸗Glieder, welche an dem Aufstande besonders Theil genommen hatten . ter ihnen namentlich Herr Ferrer, anit dem amm hert he nl rr und den Großkreuzen des panischen Karls und e weil eien ö. dischen Lowen⸗Ordens geschmuckt auf dem irn, nn. de⸗ Milizen und Truppen voruͤber. Die National⸗— ili zie „Es lebe die Tonstitution! es lebe der Regent!“ Die eg beobachteten das tiefste Stillschweigen. Der welcher vor einem Jahre auf den Feuer geben ließ, erhielt heute Brust zu tragendes Ehren⸗

silirten laut genug: Truppen dagegen ht Offizier der National-Miliz, Ofsiz iona General-Capitain Aldama . * * auf der zur Belohnung ein aul en zeichen Nachdem die Truppen desilirt hatten, begab sich 1 ) * =. * ; z ; der Regent mit seiner Suite und Bedeckung in raschem *. ! 2 ; r ö. ĩ . J ; = ä: r Gallop in seine Wohnung zuruͤck. Auf Befehl des Ayuntamien⸗ to's schmuͤckten die Einwohner ihre Balkone mit Teppichen; es erhob sich diesen Nachmittag ein solcher Orkan, daß ein großer heil jenes bunten Zierrakhes in Stuͤcke zerrissen umherflat⸗ ferte. Diesen Abend mussen die Balkone erler chtet werden, und 1 1 * 1 * 9 . ; ; . 3 ür den tanzlustigen Pbbel sind Geruͤste vor dem Ayuantamiento und im Prado aufgeschlagen. Es ist heute ein Dekret er fangenen oder ausgewanderten nige Erweiterungen erhaͤlt.

Okersten und Generale, so wie von ausgeschlossen. z . un 8. alle im Hafen von Carthagena die im mittellaͤndi⸗ 66 . . 14 e,, , . schen Meere kreuzende Nord⸗Amerikanische Esk dre, bestehend aus bem Linienschiff „Delaware“ von 166, der Fregatte „Brandywine“ * 2 1 81 71 ö. * 3. von 60, und der Korvette Eyane von * Kanchen. e , Die Gaceta verkuͤndigt heute, daß die neuen Zoll-Gesetze und Tarife unverweilt im Druck erscheinen, und mit dem ersten November draft treten sollen. November in Kraft treten ö j Die Gemahlin des Regenten wird morgen oder uͤbermorgen nach den Baͤdern von Carratraca bei Malaga abreisen. Der Regent hat gestern das Großkreuz des St. Johanniter Ordens angelegt, welches in Spanien bekanntlich mit der Krone inkorporirt ist. Wenn der Herzog von Vittoria nicht bereits, und namentlich seit einem Jahre so viele Beweise ritterlichen Ge⸗ sinnungen abgelegt hatte, so wuͤrde das Ordens-Kapitel ihm schwer lich die Ahnenprobe erlassen haben.

schienen, in welchem der den ge⸗ Karlisten zugestandener Indult ei⸗ Indessen bleiben noch immer alle Civil-Beamte gleichen Ranges da—

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Ehrenbreitstein, 7. Sept. (Rhein- u. Mosel⸗-Stg.) Unsere Bohr-Verfuche nach warmen Mineralquellen erfreuen uns, wie bekannt, in der neuesten Zeit mit höͤchst gůnstigen technischen Erfolgen. Wir haben jetzt die gegruͤndetste , e ij das geseßzte Ziel zu erreichen, welches nicht nur von hoher Wichtigkeit sür uns und unsere Nachbarstadt Koblenz seyn mußte sondern auch eine glaͤnzende Krone den wissenschaftlichen Forschungen bereitet. . Bekanntlich verdanken wir die erste Anregung zu diesem Unter⸗ nehmen dem Herrn Leopold von Buch, dem gründlichen und gluͤcklichen Forscher im Gebiete der Geologle, dzssen Yoraugs⸗ gungen bereits zur Halfte erfuͤllt sind, denn derse b erklärte daß schon in einer Tiefe von etwa 300 Fuß das Bohrloch, wenn much nicht warme Wasser, doch gewiß eine reichere Sauer quelle hervorbringen werde, ohne dem hiesigen, seit Jahrhunderten bereits ruͤhmlich bekannten, Sauerbrunnen zu schaden. Diese Sauerquelle ist bereits gefunden. In einer Tiefe von 3ih Fuß wurde ein Saͤuerling im Diorit angebohrt, wel⸗ cher die ersten Tage schwach, aber, allmaͤlig staͤrker wurde und binnen vierzehn Tagen die süßen Wasser des Bohrlochs bis auf 180 Fuß uͤber der Sohle, also in der. Hoͤhe, des Rheinspie⸗ gels, ansaͤuerte. Ueber dieser Hohe ist bis jezt kein auerwasser kemerkbar, und es scheint hier ein Abfluß. der Wasser im lllge⸗ meinen stattzufinden, der auch den Saͤuerling wegfuͤhrt. Die Be⸗ stimmung des Herrn von Buch, daß ein im Bohrloch gefundener Saͤuerling der hiesigen Sauerquelle keinen Schaden thun wurde, scheint sich ganz zu bestaͤtigen; nicht allein ist, nicht die g ringste Verminderung der hiesigen Sauerquelle zu verspuͤren, sondern das Sauer wasser des Bohrloches zeigt auch nicht den geringsten Ei— sengehalt, denn die empsindlichsten Reagentien auf Eisen. lassen nicht einmal eine Spur desselben vermuthen, wohingegen in un— serer Sauer quelle dasselbe sogleich gesunden wird. Es scheint also bas Mineralwasser des Bohrlochs mit dem der hiesigen Sauer— quelle in keinerlei Zusammenhang zu stehen.

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Duvergier de Hauranne über den Vertrag vom 13. Juli und die gegenwärtige Lage Frankreichs. IR Paris, 5. Sept. Herr Duvergier de Hauranne, noch

unläangst einer der eifrigsten Juͤnger der doctrinairen Schule, ist

in letzter Zeit von deren Meister abgefallen, und hat zu der Fahne des Herrn Thiers geschworen, wie der Graf Jaubert und meh⸗ rere andere der früheren warmen Anhaͤnger der Politil des jeki⸗ gen Ministers der auswärtigen Angelegenheiten. fleißig gearbeiteten Auffatze, den die neueste Nummer der Revue des deu r mo ndes, freilich nicht ohne Verwahrung gegen ihre Soli⸗ daritaͤt mit den darin niedergelegten Ansichten, mittheilt, unter sucht Herr Duvergier de Hauranne den Gang der Franzoͤsischen Politik seit dem Vertrage vom 15. bis zu jenem vom 13. Juli. Seine Arbeit ist eine scharfe Kritik des an die Stelle der Thiers⸗ schen Tendenzen getretenen Regierungs⸗Verfahrens, eine Kritik, welche nicht ien in derben Andeutungen über das Ministerium GSoult-Guizot hinausgeht, um die oberste Leitung des Franzoͤsischen Staatswesens uͤberhaupt anzugreifen. Abgesehen davon, daß die ser Artikel hier großes Aufsehen macht, ist er mit so vieler Sach⸗ enntniß abgefaßt, daß er, troßtz aller Parteilichkeit und Befangen⸗

In einem sehr

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heit der Urtheile und Folgerungen des Verfassers, ein allgemeines Interesse darbietet West entfernt, die darin ausgesprochenen An⸗ sichten flir die richtigen zu halten, glauben wir doch, schon aus den angegebenen allgemeinen Gruͤnden, daraus einige Mittheilun⸗ gen machen zu dürfen. 1 4

Herr Duvergier de Hauranne leitet seinen Aufsatz durch ei⸗ nen Auszug aus einer vom 23. Juli 18490 aus London datirten Depesche des Herrn Guizot ein. „Mrd Palmerstom“, heißt es darin, „hat lange Zeit der Zuwversicht gelebt, daß, wenn es Ernst werde, Frankreich nachgeben und es machen werde, wie die ubrigen vier Kabinette. An die Stelle dieser Zuversicht ist folgende Ansicht getreten: die vier Kabinette werden ihr Vorhaben durchsetzen; Frankreich wird ruhig werden und nach abgethaner Sache, unge⸗ achtet seiner augenblicklichen Verstimmung, das gute Verhaͤltniß zu England wieder anknüpfen. Der Europaͤische Frieden wird nicht gestoͤrt, England und Frankreich werden nicht mit einander verfeindet und die orientalische Angelegenheit wird geordnet wer— den, wie es England gewollt hat. Dieser Engpaß ist mehr be⸗ schwerlich als gefahrvoll. Seyn Sle gewiß, fuͤgt Herr Guizot hinzu, daß dies die Ueberzeugung des Lord. Palmerston, und daß diefelbe auf seine Kollegen übergegangen ist.“

Nun denn, sagt Herr Duvergier de Hauranne, die Voraus⸗ setzungen des Lord Palmerston sind buchstaͤblich in Erfuͤllung ge— gangen; derselbe Mann, welcher das Englische Kabinet als Ge— sandter in London so gut durchschaute, hat als Minister gesche—⸗ hen lassen, daß dessen Berechnungen, so wenig vereinbar mit der Würde und mit den Interessen Frankreichs, Punkt fuͤr Punkt, eintraͤfen.

Eine solche Loͤsung des Knotens beleidigt aber nicht allein die Franzoͤsische Ehre und die Franzoͤsischen Interessen, sondern sie steht auch im foͤrmlichsten Widerspruch mit den fruͤher bestimmt und positiv ausgesprochenen Forderungen der Franzoͤsischen Poli— tik. In seiner vielbesprochenen Note vom 8. Oktober stellte Herr Thiers als unerläßliche Bedingung der Fortdauer des Friedens auf, daß Mehmed Ali wenigstens im ungestoͤrten Besitze Aegyp— ens gelassen werde. Die in Bezug auf diese Note stattfinden⸗ den parlamentarischen Verhandlungen thaten dar, daß die Kam⸗ mer einstimmig der Ansicht war, erstens die von Herrn Thiers erhobene Forderung als das Minimum der Fran— zösischen Anspruͤche aufrecht zu erhalten, und zweitens, daß Frank⸗ reich nicht wieder in den Europaͤischen Verein treten duͤrfe, ehe die ihm durch den Vertrag vom 15. Juli angethane Beeintraͤch— tigung durch wesentliche Zugeständnisse wieder gut gemacht sey. Zum Beweise dieser doppelten Behauptung (itirt Herr Duvergier de Hauranne eine Reihe von Rednern, welche als gemäßigte und friedfertig gesinnte Maͤnner bekannt sind, und in deren Worten er gleichwohl die Bestätigung jenes zwiefachen Pestulats der Fran— zoͤsischen Politik findet.

Gleichwohl, sagt er weiter, ist nichts von dem geschehen, was Frankreich in so ausdruͤcklicher Weise verlangt hat. Der Anspruch Frankreichs, Mehmed Ali wenigslens im Vesitze Aegyptens zu schutzen, ist zuerst durch die vom 2. November datirte Antwort des Lord Palmerston auf die Note vom 8s. Oktober dem Grundsatze nach geläugnet, zerstoͤrt worden, und hat alsdann durch den Hattischerif vom J. Juni ein thatsaͤchliches Dementi erhalten. Denn was ist sene bedingungsweise Belehnung des Vice-Koöͤnigs mit der Herr— schaft uͤber Aegypten, da es auf der Hand liegt, daß Mehmed Ali bie ihm vorgeschriebenen Bedingungen weder erfuͤllen wird, noch erfuͤllen kann! Nein, das in der Note vom 8. Oktober aufge⸗ stellte Minimum ist durch jene precaire Verleihung des Besitzes von Aegypten nicht gewährt. Noch weniger ist aber die Bedingung erfüllt, von der Frankreich seinen förmlichen Wiedereintritt in den großen Rath der Maͤchte abhangig gemacht hat. Weit entfernt, irgend ein bedeutendes Zugestaͤndniß als Pfand der völligen Bersoͤhnung zu erlangen, hat ja Frankreich, wie eben dargethan worden, viel weniger erhalten, als es am 8. Oktober als Conditio sine q ud non des Friedens aufgestellt.

Nichtsdestoweniger sind nun durch den Traktat vom (13. Juli die diplomatischen Verhaältnisse wieder auf den alten Fuß gesekt, auf dem sie vor dem Vertrage vom 15. Juli waren., Und da— mit ja kein Zweifel an der Demuͤthigung Frankreichs uͤbrig bleibe, hat man gleichzeitig durch einen von den vier Maͤchten unterzeich⸗ neten Vertrag konstatirt, daß der Zweck des Traktats vom 15. Juli vollig erreicht sey!

Pruͤfen wir jetzt den Inhalt des am 13. Juli von den Ge— sandten der fuͤnf Maͤchte unterzeichneten Protokolls. Indem das⸗ selbe die Dardanellen und den Bosporus fuͤr die Kriegsschiffe aller Nationen sperrt, spricht es nur einen seit undenklicher Zeit anerkannten Satz des Europaͤischen Voͤlkerrechts aus, Freilich hat Rußland versucht, dies Gesetz zu seinen Gunsten durch den Vertrag von Hunkiar Iskelessi zu modisiziren, allein Frankreich sowohl als England haben bekanntlich von Anfang an gegen diesen Ver— trag proteslirt und erklaͤrt, daß sie ihn als nicht existirend betrachten. Das alte Bblkerrecht in Bezug auf die Meerengen war also, fuͤr diese beiden Staaten wenigstens, unveraäͤndert geblieben, und eine neue Bestätigung desselben war nicht nur uͤberfluͤssig, sondern sie konnte auch die Prokeslation gegen den Vertrag von Hunkiar⸗Is⸗ keleffi und des durch dieselbe gewahrte Vöͤlkergeseß nur schwaͤchen. Unter solchen Umstaͤnden kann man dem Vertrage vom 13. Juli nur die Bedeutung, nur den Zweck beilegen, daß Frankreich durch ihn, als den ersten seit einem Jahre gemeinschaftlich mit den uͤbrigen Maͤchten vollzogenen Akt, Illles anerkenne, was inzwi— schen ohne seine Mitwirkung, ja wider seinen Willen, geschehen sey.

So hat denn Frankreich, nachdem es 1315 einen großen Theil seiner Territorialmacht eingebuͤßt, und in dem vorigen Jahr— zehend seine revolutiongire Bedeutung nach und nach verloren, endlich auch seinen diplomatischen Einfluß vernichten lassen!

Geit der Mitte des vorigen Jahrhunderts hat Frankreich eine Menge Europaͤischer und Außereuropaͤischer Besitzungen ver— loren, waͤhrend alle seine Nachbarn sich seit jener Zeit wesent⸗ lich vergrbͤßert haben. Canada, Louisiana, St. Domingo und andere Antillen, Gorea, Madagascar, die Isle de France, den groͤßften Theil der Niederlassungen in,. Ostindien, Minorka und mehrere von Ludwig XIV. erbaute Graͤnz⸗Festungen sind ihm ent⸗ rissen worden, ohne daß es die mindeste, Entfchaͤdigung erhalten hat. Denn Algerien ist als eine solche bis jetzt nicht anzusehen; man muß wenigstens abwarten, daß Frankreich einen Seekrieg uͤberstanden hat, ohne es wieder zu verlieren,

Herr Duvergier fuͤr seine Person halt nicht viel von der Afri⸗ kanischen Eroberung und zaͤhlt . auf deren Nutzen und Dauer „Soll ich Alles sagen, was ich den fe? fragt er. Ich fuͤrchte, daß fuͤr gewisse Politiker Algerien dadurch seinen vorzuͤglichsten Werth erhält, daß es Frankreich Illusion macht und die kriegerische Lei⸗ denschaft, die in unserem Volke kocht, auf ein fernes Länd ablenkt. Ich fuͤrchte, daß man es bequem sindet, auf diese Weise die hoch⸗ herzigen Gefühle des Landes zu taͤuschen und sein Verlangen nach Macht und Ruhm zu befriedigen, ohne sich zu komproinittiren. Algerien gewährt, ohne andere Gefahr als die, viele Soldaten und viel Geld zu verlieren, die Mittel, Kampfe zu liefern, stolze Bul⸗ setins zu erlassen und ein großes Gebiet zu erobern. Ohne Alge—

rien waͤre es wohl möglich, daß Frankreich öfter um sich blickte, und daß es zuweilen durch das Bewußtseyn seines Sinkens heftiger aufgeregt würde. Wenn 80 000 Mann in Afrika beschaäftigt sind, so kann man dieselben überdies nicht in Europa verwenden, und dies giebt einen Grund mehr, sich am Kanal und am Rhein vor⸗ sichtig und behütsam zu jeigen. Zwei Dinge, sagte Lord Palmerston im vorigen Sommer, bürgen mir für Frank⸗ reich. Algerien war das Eine. Das andere nennt * Duver⸗ gier nicht, weil er seinen Lesern zutraut, daß sie es schon errathen werden, und in der That ist diese ganze Stelle durchsichtig genug, jede nähere Bezeichnung der eigentlichen „Wurzel alles Uebels“ äͤberflüssig zu machen.

Den Verlusten Frankreichs werden die Erwerbungen der. ubrigen Maͤchte entgegengestellt. Hatte das durch dieselben ent⸗ standene Mißverhaͤltniß nicht 1839 Frankreich bestimmen sollen, „sein bescheiden Theil mit den Waffen in der Hand zuruͤck zu ver⸗ langen“, wie eine zahlreiche und maͤchtige Partei damals forderte? Herr Duvergier halt dafuͤr, daß Frankreich wehl that, sich in kei⸗ ssen Territorial-Krieg zu stuͤrzen, weil es bei einem solchen doch zu viel gewagt haben würde, da es mit großen inneren Schwie⸗ rigkeiten zu kämpfen hatte, und da außerdem seine militairische Starke durch die Restauration sehr vernachlässigt war. „Diese Ind keine anderen Gründe sind es, aus welchen die ausgezzichne⸗ ten Manner der Majoritaͤt, die Herren Périer, Thiers, Guizot die Meinung bekaͤmpften, die da wollte, daß Frankreich sich auf Belgien und auf den Rhein werfe. Kein einziger dieser Staats⸗ manner leugnete, daß die Verträge von 1815 Frankreich aber Ge⸗ bähr verkleinert haben, und daß es ein großes Opfer sey, bei diesen Vertraͤgen zu verharren.“ Natuͤrlich war bei solchen Ansichten der Verzicht auf den Territorial-Krieg nur ein augenblicklicher, nur ein bis auf güͤnstigere Zeiten guͤltiger.

Die nämlichen Räcksichten und außer ihnen wohl auch ein gewisser Respekt vor dem Voͤlkerrecht verhinderten Frankreich, die seiner Revolution inwohnende Gewalt durch positive Unterstuͤtzung des Polnischen und des Italienischen Aufstandes geltend zu machen. Frankreich beschraͤnkte sich darauf, die vor seinen Thoren, in Bel⸗ gien und in der Schweiz wirklich siegreichen Revolutionen unter seinen Schutz zu nehmen, und Herr Duvergier billigt auch diese Maͤßigung, weil durch ein anderes Verfahren eben so viel auf das Spiel gesetzt worden seyn wuͤrde, als bei einem offenen Angriffs⸗ kriege. „Diese Grunde mußten, meiner Meinung nach, die Ober⸗ hand behalten. Man muß indessen gestehen, daß Frankreich sich selbst einer sehr reellen Kraft beraubte, indem es den Enthusias⸗ mus und die Sympathie der Völker erlbschen ließ.“ Nachdem Frankreich auf diese Weise auf die Vergrößerung seiner Territorial= Macht und auf die Geltendmachung seiner revolutionairen Ge⸗ walt verzichtet hatte, blieb ihm noch sein diplomatischer und mora—⸗ lischer Einfluß. In den ersten Jahren nach der Juli⸗Revolution wußte die Regierung denselben mit Geschicklichkeit und mit Erfolg zu handhaben, zumal in Italien, in Belgien, in der Schweiz, in Griechenland, in Spanien, in Portugal, in S üd-Amerika und im Orient. Was ist nun aber in diesem Augenblicke von jenem Ein⸗ flusse uͤbrig geblieben? Herr Duvergier de Hauranne antwortet ohne Zögern: Nichts!

In Italien hat Frankreich Ancong geräumt, und damit die unmsttelbare Einwirkung, die es auf den Geist der Italienischen Voͤlker ausuͤbte, aufgegeben. Ueberdies, wuͤtde Oesserreich wohl den Vertrag vom 15. Juli unterzeichnet haben, wenn es den Schluͤssel der Lombardei noch in den Händen Frankreichs ge wußt haͤtte? .

In der Schweiz ist die gemäßigte Partei gesprengt, welche nach 1836) in vieken Kantonen an das Ruder kam, und in wel cher die Franzbsischen Sympathien vorherrschten. Die politische Macht im der Eidgenossenschaft theilt sich jetzt zwischen Radikalen und RNetrograden, die aber freilich in ihrer Anti⸗Frgnzoͤsischen Ge⸗ finnung einig sind. Die schweren Verstöße und Mißgriffe, durch welche sich Frankreich das Wohlwollen der Schweiz entfremdet hat, sind noch in Aller Gedaͤchtniß. Herr Duvergier glaubt in⸗ beffen, daß die Regierung durch die in der Aargauischen Kloster— sache gethanen Schritte auf den guten Weg zurkckgekehrt ist, eine ,, die von wenigen Oppositionsmännern getheilt werden uͤrfte.

Eine noch schwerere Niederkage hat die Franzoͤsische Politik in Spanien erlitten. Man weiß, was Frankreich seit dem 16ten Jahrhundert Alles gethan hat, um Spanien in seine Wirkungs- sphaͤre zu ziehen, weil es die Nothwendigkeit einer festen Allianz mit diesem Lande fruͤhzeitig erkennt. So in neuester Zeit die Unternehmung Napoleons von 1808, die einen sehr legitimen Zweck“ hatte, der freilich durch „ungerechte und ungluͤckliche“ Mit⸗ tel verfolgt wurde; so der Heerzug von 1823, „der sich vom rein Franzbsischen Gesichtspunkte sehr wohl rechtfertigen läßt.“ Was ist nun heute als Resultat aller jener Anstrengungen übrig ge⸗ blieben? Die Frankreich ergebene Regentin ist vertrieben, die Frankreich von jeher feindselige exaltirte Partei hat das Heft in Händen, zwei dem Englischen Einflusse huldigende Maͤnner stehen als Re⸗ gent und als Vormund der jungen Koͤnigin an der Spitze des Staats. Die Franzoͤsische Politik hat offenbar dies Alles ver— schuldet. Nachdem sie sich fuͤr die gemäßigte Partei erklärt hatte beschraͤnkte sie sich auf fromme Wuͤnsche fuͤr deren Gedeihen. statt sie mit Fes igkeit, Kraft und Ausdauer zu unterstuͤtzen. Eng? and dagegen stachelte durch alle ihm zu Gebote stehenden Mittel die anarchischen Leidenschaften auf, beguͤnstigte die Emeuten, wußte Generale und andere einflußreiche Mannen für sich zu gewinnen, und konnte so auf Kosten Frankreichs zum Ziele gelangen.

Portugal steht zwar selt einem Jahrhundert üntet Englischen Protektorat, allein Frankreich galt doch etwas in diesem Lande zu der Zeit, als sein Gesandter den Koͤnig Johann XI. gegen die Komplotte Dom Miguels und Lords Beresford schutzte, als der Admiral Roussin den Tajo hinauffuhr, als Dom Pedro in Frankreich seine constitutionelle Armee warb u. s. w. Heutiges Tages ist Alles anders. Frankreich spielt keine andere Rolle mehr in Portugal, als die des passiven Zuschauers, und scheint keinen weiteren Zweck dort zu haben, als den, sich vergessen zu machen.

Die Franzoͤsische Politik befindet sich allerdings in einer guüͤn⸗ stigerfn Lage in Belgien, allein auch hier haben die ihr feindlichen Einflüsse in den letzten Tagen an Konsistenz gewonnen. England und Deutschland protestiren gegen das Projekt eines Fran⸗ zoͤsisch-Belgischen Zoll-Vereins, ja, Deutschland tritt als Mitbewerber Frankreichs um ein Zoll- und Handelsbuͤndniß mit Belgien auf. „Für jedes Ministerium, das ein wenig Blut in den Adern hat, würde diese unglaubliche Opposition Englands und Deutschlands ein entscheldendes Argument zu Gunsten des Vereinigungs⸗Pla⸗ nes seyn. Fuͤr das Ministerium vom 29. Oktober ist sie, nach der in' der orientalischen Angelegenheit bewiesenen wachheit. eine herrliche Gelegenheit, sich in den Augen der Landes wieder. zu heben, Und Europa zu zeigen, daß sich nicht etwa Aller durs mar, ,n. 4. rr Denn ich will nicht Einschuͤchterung von ihm erlangen laͤßt. n ub . glauben, daß das Kabinet, nachdem es di r , 1 . verbindung feurig aufgegriffen, jekt . für ö. 6. zi sey; ich will nicht glauben, daß es, set m ihm gewssse Noten