1841 / 281 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

it der beabsichtigten Landarmee- Entwaffnung oder 1 in genauer Verbindung. Ein Theil der Opposition will naͤmlich' auch keine Armee⸗Verminderung und keinen Frie⸗ densfuß, ein großer Theil wurde aber in eige Verminderung der Armee willigen, wenn eine gute Reser ve fuͤr das stehende Heer gebildet wird. Seßt der Marschall Soult sein Kriegs⸗Reserve⸗ Projekt durch, so können von jedem Bataillon eine gewisse An⸗ zahl Compagnieen entlassen und nur die Gadres beibehalten werden. Dies wurde natuͤrlich eine große Qekonomie zur Folge haben. An eine Wiederaufloͤsung der unter Herrn Thiers neu gebildeten Infanterie⸗ und Kavallerie⸗Regimenter wird gar nicht mehr ge— dacht, obgleich fruͤher Herr Passy in der Kammer eine solche verlangte. Das Projekt des Marschall Soult geht nur darauf hinaus, ungefaͤhr 200 Mann von jedem Batai on zu entlassen, also 2 Compagnieen, und mit der entlassenen Mannschaft eine

eri eserve zu bilden. . um Paris gehen rasch und unge— saͤumt vorwärts; einige Forts, z. B. das von Charenton, steigen bereits mit ihren Bastionsmanern vorzugsweise schnell empor. Die Truppen⸗Division unter dem Befehle des General⸗Lieutenants Schneider, welche an den Befestigungen und namentlich in der Ebene von Saint Denis links bis zum Boulegner Gehoͤlz hin und rechts bis Charenton zu arbeitet, ist jetzt auch durch das 17te leichte Infanterie Regiment verstaͤrkt worden. Ein Theil des Bou⸗ logner Behoͤlzes hinter Auteuil ist bereits ganz abgeschlagen. Das Holz ist meistbietend verkauft worden. Mehrere Unternehmer, welche durch Kontrakt mit der Regierung einen Theil der Arbei⸗ ten übernahmen und sich verpflichteten, die gewisse Anzahl Arbei— ter zu stellen, haben Bankerott gemacht. Jetzt stehen daher die⸗ selben Arbeiter, nach dem Verschwinden der Unternehmer, welche sie gedungen hatten, unter der direkten Leitung der Militair⸗ Ingenieure. Die Regierung kann auf diese Art die Disziplin Unter den Arbeitern leichter aufrecht halten. Ende Oktober wird das Arbeiten an der Einfassungs-Linie an vielen niedrig gelegenen Punkten, wie z. B. in der Ebene von Saint Denis und in der plaine du tomheaun, wegen Feuchtigkeit fuͤr den Winter einge— stellt werden. Eben deshalb, wird auch jetzt bei der guten Wit⸗ terung so stark daran gearbeitet, den Erd-Aufwurf vor dem Win⸗ ter zu einer gewissen soliden Höhe zu bringen, damit der Regen nicht die vollendete Arbeit während des Winters allzusehr beschaͤdige.

Die Angabe Englischer Blaͤtter, daß bereits ein großer Theil der Karlistischen Soldaten in Folge der Amnestie uach Spa—⸗ nien zurückgekehrt sey, ist irrig. Wie sehr diese zogern und von den Legitimisten hier zurückgehalten werden, bezeugt eine Procla⸗ mation, welche mehrere Präfekten im Suͤden an die Spanier dieser Tage verbffentlicht haben, um sie aufzufordern, Frankreich zu verlassen und nach Spanien heimzukehren, wo sie ein guter Empfang erwarte. Diese Préclamationen sind in panischer Sprache in den verschiedenen Depots der Spanischen Refugiers verbreitet worden, da jetzt alle Unterstuͤtzung der Soldaten von

Seiten der Regierung aufhört. Diesen Aufforderungen haben jetzt auch gegen 1200 Soldaten Folge geleistet, es bleiben jedoch noch immer mehrere Tausende in Frankreich. Die Regierung laßt jetzt diesen wissen, daß sie, wenn sie nicht nach Spanien zu⸗— räckkehren, in Nord- Französische Garnisonen verlegt werden sollen, wo bekanntlich weniger Karlistische Sympathieen herrschen, als in Suͤd⸗Frankreich.

Großbritanien und Irland.

Parlaments-Verhandlungen. Oberhaus, Sitzung vom 1. Okto ber. Veranlaßt durch eine im Unterhause gemachte Motion auf Vorlegung eines Nachweises uͤber die seit dem 4. Juni in der Admiralität vorgenommenen Ernennungen, erhob sich Graf Minto, der ehemalige See-Minister, und vertheidigte die Art und Weise, wie er als solcher bei der Vergebung von Stellen ver⸗ fahren sey. Er rechtfertigte etwa 20 von ihm vorgenommene Er⸗ nennungen, und zwar, wie es schien, zu vollkommener Zufrieden⸗ heit des Hauses, da ihm Niemand antwortete. (Von den Tory⸗ Hlaättern wird indeß entgegnet, daß damit noch nicht die vielen anderen Ernennungen, vielleicht zweihundertmal so viel in fuͤ nf Jahren, als die gerechtfertigten 20, entschuldigt seyen, und daß man nur an das Spruͤchwort erinnern konne: Qui s'excuse, Saccus.) =

Als sodann die zweite Lesung der Bill wegen der Fundirung von Schatzkammer⸗Scheinen beantragt wurde, kadelte Lord Mel—⸗ bourne die Finanzplaͤne des Ministeriums, indem er sagte, man haͤtte wenigstens, wenn man doch durchaus zu dem Mittel einer Anleihe, um das Defizit zu decken seine Zuflucht habe nehmen wollen, die Sache so einrichten muͤssen, daß der Erfolg des Pro⸗ jektes gesichert gewesen wäre, was jedoch nicht der Fall sey; im Uebrigen wiederholte der Lord sast nur dasselbe⸗ was schon im Unterhause von Lord 89 Russell gegen die Zuruͤckhaltung des Mi⸗ nisteriums mit den von ihm beabsichtigten permanenten Abhuͤlfe⸗ Maßregeln gesagt worden. Graf Ripon erklaͤrte es aber fuͤr ei— nen Irrthum, wenn man behaupte, der Plan des Kanzlers der Schatzkammer sey fehlgeschlagen; uͤbrigens, fuͤgte er hinzu, wurde auch das vorige Ministerium, ware es am Ruder geblieben, sich am Ende nicht anders als durch eine Anleihe aus der Verlegenheit haben helfen können. Der Herzog von Wellington, welchem Lord Melbourne gesagt hatte, er brauchte nur. eine Meotion in Vetreff der Korngesetze anzukündigen, und es wurden sich schon Mitglieder genug zur Berathung einsinden, so vorgeruͤckt auch die Zeit der Parlaments⸗Sitzungen sey, antwortete hierauf, er danke dem ed— len Lord fuͤr eine so schmeichelhafte Meinung von seiner Autori— taͤt, aber er habe niemals daran gedacht, einen Plan zur Aende— rung der er selehe vorzuschlagen. Nach einigen weiteren De— batten erhielt die obengenannte Bill ihre zweite Lesung, und die Bill zur Verlangerung der Armen-Kommission passirte dann noch den Ausschuß.

London, 5. Okt. Morgen wird die Königin in Schloß Windsor eine Geheimeraths-Versammlung halten, in welcher Ih— rer Majestaͤt die Thron⸗Rede zum Schluß des Parlamentes zur Genehmigung vorgelegt werden soll. Heute Nachmittag wird durch die Kbnigliche Kömmission im Oberhause mehreren Bill s, welche von beiden Haͤusern angenommen sind, die Sanction Ihrer Ma⸗ jestät ertheilt worden. Bestern Nachmittag war Kabinets-Rath bei dem Premier⸗-Minister, vermuthlich um die noͤthigen Anord— nungen zur Prorogation des Parlamentes zu treffen.

Die Ernennung Lord Cowley's zum Botschafter in Paris scheint nun entschieden zu seyn; ein konservatives Blatt, der Eourier, meldet, daß der Franzobͤsischen Regierung schon förm⸗ liche Anzeige davon gemacht worden sey. „Man wird allgemein ugeben,“ fügt dies Blatt hinzu, „daß die Ernennung dieses lie—⸗ ke ne ole und verdienten Edelmannes vollkommen passend und angemessen ist. Sir Robert Gordon wird im Vertrguen als Gesandter fuͤr Wien bezeichnet, und mit einer einzigen Aus

nahme vielleicht, koöͤnnte dieser Posten wohl nicht besser besetzt werden. Sir Robert ist, wie sein edler Bruder, der Graf von Aberdeen, ein Mann von ausgezeichnetem Geist und hat sich als

1250 Diplomat im Staatsdienst durch sein Talent, seine Gewandt⸗ heit und sein savoir faire in Stellungen, welche den Ver⸗ ein aller dieser Eigenschaften erforderten, sehr hervorgethan. Beiläufig duͤrfen wir aber wohl fragen, ob denn Lord Strangford, Lord Heytesbury und Lord Stuart de Ro⸗ thesay vergessen werden sollen.“ Dieselbe Frage wirft auch die Times auf, indem sie bemerkt: „Es sind dies Namen von mehr als Europäischer Beruͤhmtheit, aufs engste und ehrenvollste mit allen großen Ereignissen und denkwuͤrdiger Geschichte der Welt seit laͤnger vielleicht als dreißig Jahren vor der Ministerial— Umwälzung von 1830 verknüpft. Wir wollen keine gehaͤssigen Unterscheidungen machen, aber wahrlich, die Dienste, Talente und Anspruͤche dieser ausgezeichneten Maͤnner können denen keines Anderen nachgesetzt werden, in der öffentlichen Meinung nehmen wenigstens die des Lord Stuart de Rothesay und des Lord Heytesbury einen großeren Raum ein als die irgend eines lebenden Diplomaten ohne Ausnahme. Lord Heytesbury soll Indien, wofuͤr er waͤhrend der kurzen fruͤheren Verwaltung

Sir R. Peel's im Jahre 1835 bestimmt war, abgelehnt haben,

aber es ist uns nicht zu Ohren gekommen, daß er sich auch aus— druͤcklich geweigert haͤtte, einen Dienst in Europa zu uͤbernehmen. Lord Stuart ist vom Geruͤcht fuͤr Indien genannt worden, und man weiß sehr wohl, daß bei dem Direktorium der Ostindischen Compagnie seine Ernennung weit populairer seyn wuͤrde, als die irgend eines anderen Individuums. Die Art, wie er die Regie— rung und die Angelegenheiten Portugals in finanzieller, bkonomischer und politischer Hinsicht als vornehmstes Mit— glied des Regentschafts-Rathes im Peninsular-Kriege lei— tete, zeichnete sich, wie allgemein anerkannt, durch Geschick— lichkeit, Energie und Emsigkeit fast ohne gleichen aus. In un— glaublich kurzer Zeit stellte er Ordnung inmitten allgemeiner Anar— chie her; er schuf eine Stagts-Einnahme, die fuͤr alle die großen, stets zunehmenden Ausgabe-Beduͤrfnisse ausreichte, und der außer— ordentliche Werth seiner Dienste laßt sich daraus abnehmen, daß der große Herzog (Wellington) durch ihn in den Stand gesetzt wurde, aus Portugal jene unermeßlichen Huͤlfsquellen zu ziehen, durch die er seine Sieger-Laufbahn in Spanien zu verfolgen ver— mochte, und ohne die er sich wahrscheinlich auf die bloße Verthei— digung und Occupation von Portugal haͤtte beschraͤnken muͤssen. Wir wissen, daß die kompetentesten Richter, die zu den Portugie— sischen Akten Zugang hatten, anerkannt haben, daß Portugal weder vor— her, noch seitdem ein so vollkommenes, klares und einfaches Finanz⸗ System besessen, als das, welches von Lord (damals Herrn) Stugrt wahrend seiner Verwaltung eingeführt und in jedem Regierungs-De— partement beharrlich durchgeseßt wurde. Fuͤr die Regierung eines so maͤchtigen Reichs, wie Indien, mit so außerordentlichen, verwickel⸗ ten und weitverzweigten politischen, fiskalischen, materiellen und kommerziellen Interessen, koͤnnte Niemand vor der bffentlichen

Meinung fuͤr desser geeignet gehalten werden, vermoͤge fruͤherer

Dienste und Erfahrungen, als Se. Herrlichkeit, falls diese Stel— lung ihm zugedacht seyn sollte. Zum Schlusse dieser Bemerkungen muͤssen wir noch, wenn uns nicht ungerechte Vergeßlichkeit vor— geworfen werden soll, eines aaderen Namens von hohem diplo— matischen Ruf erwaͤhnen, wir meinen Sir Ch. Vaughan, dessen Wie— deranstellung in aktivem Dienst fuͤr das Land sehr vortheilhaft und ehren⸗ voll seyn wurde.“ Man kann auch aus diesem, wie aus anderen Ar— tikeln der Times ersehen, daß dieses Blatt eine Section der Tory⸗Partei vertritt, die sich den Entscheidungen des Premier— Ministers nicht ganz zu uͤberlassen gesonnen ist, sondern auf eige— nen Füßen stehen und demselben auf gute Manier und mit äͤuße— rem Anstande hier und da ein wenig unter die Hand geben möchte, wie er das Land zu regieren und seine Bevollmaͤchtigten und Ge— huͤlfen auszuwählen habe. So faͤhrt die Times auch fort ihre Einwendungen und Bedenklichkeiten gegen die Ernennung Sir Stratford Canning's zum Gesandten in Konstantinopel auseinanderzu— setzen, wovon schon neulich Erwaͤhnung geschehen; dieser Diplomat meint sie, werde dort, bei seinem Mangel an Kaltbluͤtigkeit und Vorsicht, die schwierigste Stellung haben, einmal den Russischen Agenten gegenuber, weil von dieser Seite her die entschiedenste Abneigung gegen ihn vorhanden sey, zweitens bei der abwechseln— den Insolenz und Servilitaͤt der Politik des Serails und drit— tens in Betracht der mit Englands Interessen kollidirenden Zwecke und Forderungen Frankreichs in den orientalischen Angelegenhei— ten. „Im Ganzen also“, schließt das genannte Blatt, „sind wir geneigt, es zu bedauern, daß Sir Stratford Canning sich nicht mit der ruhigeren Gesandtschaft in Wien begnuͤgt hat.“

Irland wurde bekanntlich als die Haupt-Schwierigkeit fuͤr Sir R. Peel's Verwaltung bezeichnet; die ministeriellen Blaͤtter glauben jedoch schon jetzt die feste Ueberzeugung aussprechen zu koͤnnen, daß Irland gar keine Schwierigkeiten darbiete. „Die Konservativen dieser Insel“, sagt der Standard, „Protestanten sowohl wie Katholiken, sind von den redlichen Absichten der Re⸗

gierung und von der Wichtigkeit, ihnen allen moglichen Beistand, sey es thaͤtigen oder stillen, zu gewaͤhren, zu tief durchdrungen, als daß sie nicht das Aeußerste aufbieten sollten, um zu beweisen, daß die Androhung von Schwierigkeiten grundlos sey.“ wird, um dies zu belegen, die Rede zitirt, welche Herr F. Folliott, der von der Grafschaft Sligo einstimmig zum Parlaments-Mit— gliede gewaͤhlt worden, an seine Konstituenten gehalten, und das ge— nannte Blatt bemerkt dabei, daß die Waͤhler dieser Grafschaft, die stets fuͤr die Orangistischste in Irland gegolten, Aeußerungen

Einerseits

wie folgende mit dem allgemeinsten Beifall aufgenommen: „Ich

bin überzeugt, daß ich die Gesinnung jedes Protestanten ausspre— che, der mich hort, jedes Protestanten im Lande, wenn ich sage,

daß ich den Mann verachten wurde, der im Stande waͤre, seinen Nachbar, der sich von seinem Gewissen zu einer anderen Gottes⸗ Verehrung gedrungen fuͤhlt, in seinen Gefühlen zu verletzen und zu beleidigen.“ Andererseits wird auf O'Connell's gemaßigtere Haltung hingewiesen, als ein ungerkennbgres Zeichen, daß er fuͤr seine Agitation nicht mehr den fruheren Boden finde, daß das so lange von ihm bethoͤrte Volk seiner Taͤuschungen muͤde sey und sich nach Ruhe sehne. .

Nachrichten aus Lissab on vom 27. September zufolge, war das Vertrauens-Votum der Deputirten-Kammer, durch welches die Minister autorisirt werden, die Steuern und anderen bffent⸗ lichen Einnahmen fuͤr die Zeit vom 1. Oktober 1841 bis zu Ende Junt's 1812 im voraus zu erheben, vom Senat am 23sten be⸗ staͤtigt worden, hatte daun die Kbnigliche Genehmigung erhalten und war in der Regierungs-Zeitung als Gesetz erschienen. Die Regierung war aber noch nicht im Stande gewesen, auf diese Er⸗ mächtigung hin die projektirte Anleihe von 900 Contos Reis auf— zubringen.

Auf der kuͤrzlich erst eröffneten Eisenbahn zwischen London und Brighton hat sich am Sonnabend ein Unglücksfall ereignet, der vier Menschen das Leben kostete. Als namlich der von zwei Maschinen soribewegte Wagenzug den Durchstich im Copyhold- Huͤgel bei Cuckfield erreicht hatte, wich die erste Lokomotive, man weiß nicht durch welchen Zufall, aus den Schienen und fuhr links in die Wand des Durchstichs hinein; halb blieb sie noch auf der

Bahn stehen und versperrte dadurch der folgenden Lokomotive

den Weg, die nun ebenfalls, aber nach der rechten Seite hin, nebst drei Wagen von der Bahn wich. An der ersteren sprang der Kessel, weil sich vermuthlich das Sicherheits— Ventil verstopft hatte; auch stießen die Wagen in Folge der ploͤtz— lichen Hemmung so furchtbar zusammen, daß einer derselben ganz in Stuͤcken zerschmettert wurde. Sechs Personen wurden dabei verwundet, vier toͤdtlich und die beiden anderen auch lebensgefaͤhr— lich. Unter denen, die auf der Stelle todt blieben, wurde einem der Kopf abgerissen, dem anderen der Brustkasten zermalmt. Den Uebrigen fehlte es zwar nicht an augenblicklichen Beistand, da sich sechs Aerzte auf dem Zuge befanden, aber auch bei vier anderen, minder furchtbar verletzten Passagieren, war keine Huͤlfe mehr an— wendbar.

7 London, 5. Okt. Das Parlament soll sich uͤbermor— gen vertagen. Das Unterhaus versammelte sich gestern gar nicht,

indem die Minister natuͤrlich Debatten zu vermeiden suchen, welche das Land aufregen, und zwar mehr als irgend etwas Anderes. Im Oberhause jedoch veranlaßte Lord Melbourne den Grafen Ripon und den Herzog von Wellington etwas zu sagen, und letzterer sagte dann mehr, als seinen Kollegen lieb seyn mochte. Peel hatte namlich die Erwartung erregt, daß er in dem jetzigen Getraide⸗ Gesetz einige Veranderung zu machen gedenke, und gar viele von den Mittelklassen, die ihre Stimmen Maͤnnern von sei— ner Partei gaben, hatten erklaͤrt, daß sie solches in der Erwartung thaͤten, Peel's Weisheit würde, selbst mit Bei— behaltung der wandelbaren Skala, das Gesetz fur den Han⸗ delsstand betraͤchtlich zu ermaͤßigen wissen. Er selbst hat auch, seitdem er Minister geworden, nichts geäußert, welches eine solche Erwartung niederschlagen könnte. Graham und Stanley ließen in den Reden, welche sie bei ihrer neulichen Wiedererwaͤhlung hielten, freilich den Wunsch der Aristokratie durchblicken, wenn man es ihnen erlauben wollte, das Gesetz zu lassen, wie es ist. Der Herzog aber sagte: Er koͤnne kein Parlament berufen, um demselben zu sagen, er wolle das Getraidegesetz verandern, denn er habe keine solche Absicht; könne es auch gar nicht, da er noch gar nicht daruͤber nachgedacht habe! Dieses jst ein bedeutendes Gestäͤndniß, welches die Gegner werden trefflich zu benutzen wissen, wenn es auch von anderen Ministern ind den Journalisten der Partei noch so mildernd gedeutet wer— den kann. Freilich ist auch Wellington der Mann nicht, der da sagt, was er nicht sagen will.

Inzwischen werden immer fort Versammlungen zur Ab fassung von Bittschriften an die Koͤnigin gehalten, das Haus nicht auseinander gehen zu lassen, obgleich nun ein jeder weiß, daß solche nichts helfen werden, indem die Mi— nister ihren Entschluß unwiderruflich gefaßt haben. Aber man laßt sich hier, wenn man sich einmal zu einem politischen Verfah ren entschlossen hat, durch den Gedanken, daß solches unmittelbar nichts hilft, nicht irre machen. Schon daß man die Bittschriften nicht ans Parlament, sondern an die Koͤnigin richtete, hat seine Bedeutung. Man will damit erklären, daß das Parlament fuͤr die Buͤrger-Klassen kein Gefuͤhl habe. Nun, wird man sa gen: es sind so viele hundert von so vielen Tausenden unterzeich nete Bittschriften an die Königin gegangen, und ohne Erfolg ge blieben. Dieses beweist, daß auch die Monarchin nichts gegen die Oligarchie vermag. Dies wird in kurzem eine ziemlich allge meine Sprache werden, und ich muͤßte mich sehr irren, wenn die Bewegung nicht auch die Massen mit fortreißt. O'Connor und einige andere Chartisten-Häupter arbeiten zwar aus Leibeskraͤften mit Wort und Schrift daran, diese von den Mittelklassen getrennt zu erhalten. Aber man darf sie nur ernstlich und anhaltend als besoldete Emissaire der Gutsher— ren ausschreien, um ihren Einfluß gänzlich zu vernichten. Schon wird die Erklaͤrung Wellington's, es fehle nicht an Lebensmitteln im Lande, bei den duͤrftigen Arbeitern in den Fabrikgegenden vielfach benutzt.

Auch hat man hier und da Winke von einem passiven Wi— derstande gegen die Entrichtung der direkten Steuern fallen las— sen. Dies waͤre ein verzweifelter Vorschlag, der aber in den Faͤ— brikgegenden wohl Anklang finden duͤrfte, aber auch Viele von der weiteren Theilnahme an der Bewegung zuruͤckschrecken wurde. Ueberhaupt herrscht unter den Gegnern des Getraide-Gesetzes noch großer Zwiespalt uͤber die Art und Weise, wie dasselbe be— kriegt werden solle; denn wahrend ein Theil fuͤr drohende Bewe— gungen ist, welche die Gutsherren einschuͤchtern sollen, erwartet der andere alles, wenn auch etwas langsamer, durch fortgesetzte Diskussion erlangen zu koͤnnen. Nur der Troß der Konservati— ven vermochte es, alle Theile zu vereinigen, wenn anders die bisherigen Haͤupter der League nicht von ihrer Seite zu weit gehen.

Niederlande.

Aus dem Haag, 14. Okt. In der zweiten Kammer der Generalstaaten wurde heute der Bericht der Central-Section uͤber das Budget von 1842 und 18413 abgestattet. Es geht daraus hervor, daß man in dieser Kammer fortwährend unzufrieden ist über den Mangel an Sparsamkeit, der auch in dem neuen Bud— get zu bemerken sey. Man sprach die Besorgniß aus, daß Ver— mehrungen der Staatsschuld auch fernerhin unvermeidlich seyn wuͤrden, um so große Ausgaben zu decken. Einschraͤnkungen und Vereinfachungen des Staatshaushaltes haͤlt man fuͤr dringend nothwendig. Auch sprach man sich gegen die Bewilligung eines zweijährigen Budgets aus, indem man unter den gegenwart gen Uümstaͤnden, da noch so wenig geschehen sey, um den früher geaͤußerten Wuͤnschen der Kammer zu entsprechen, höchstens auf den Zeitraum eines Jahres zur Bewilligung der Steuern g. sich verstehen koͤnne.

Belgien.

2. Antwerpen, 5. Okt. Wenn man, wie ich in den letzten Wochen gethan, das juͤngste Europaͤische Tö⸗ nigreich durchwandert hat, fuͤhlt man nichts lebhafter, als die vbllige Abwesenheit einer einzigen, durchgreifenden Volks— thuͤmlichkeit. Könnte man die Verschiedenheit der Sprachen, der Sitten und der Abstammung, als einzigen ausreichenden Grund der Losreißung Belgiens von Holland ansehen, so wurde man Muͤhe haben zu finden, weshalb die Zerfaͤllung in Belgien nicht weiter um sich greift. Troß aller Versuche und Maßregeln zur Foͤrderung der Centralisation, ist dieses Land noch immer ein Konglomerat, ein Fbderativstaat, wie zur Zeit Karls des Kuͤhnen. Größer als diese sich am Ende aufhebenden Provinzial⸗Indi— vidunalitaͤten, ist jedoch die Kluft, welche die beiden Volks— Staͤmme scheidet, die man zusammengefaßt Belgier nennt. Von diesen beiden Volksstaͤmmen ist es der Welsche oder, wie er hier genannt wird, der Wallonische, der in seiner Hinneigung zu Frankreich die Belgische Revolution gemacht hat, ünd an dessen äußerster Spitze und Vorhut die Luͤtticher stehen, von deren unruhvollem Geiste schon die Jahrbuͤcher des Mittelal⸗ ters voll sind. S

So wie Bruͤssel, wenngleich nur in jenen höheren Staͤnden Welsch, in den mittleren und niederen rein Flaͤmisch,

der Mittelpunkt jener Bewegungs-Partei ist und zur Hauptstadt des Reichs gemacht wurde, eben so ist Gent, reich an großen und alten Erinnerungen und Schätzen, der Hauptsi der Flaͤmischen, am Hergebrachten hangenden, mit Deutschland verwandt fuͤhlen⸗ den, an Seelenzahl großeren Partei. . Als eine seit fuͤnf Jahren stets wachsende und gegenwartig zum völligen Ausbruch gekommene Wirkung dieser Spaltung ist denn auch anzusehen, daß, während die BVeeintraͤchtigung und Ver⸗ draͤngung der eigenen Sprache (der Franzoͤsischen eine der Haupt⸗ beschwerden der Urheber der Revolutien in Bruͤssel gebildet hat, jetzt in Flandern und insbesondere in Gent, eine systematische und gehaltvolle Reaction der Flaͤmisch Sprechenden gegen die, Wel⸗ schen stattfindet. Die Sammlung, Erklaͤrung und Sichtung sprachlicher, volksthuͤmlicher und sachlicher Alterthüͤmer und Reste der schoͤnen rein germanischen Vorzeit, ist das Ziel der eifrigsten Be⸗ mähungen, einer Reihe sehr unterrichteter, scharfsinniger, uner⸗ muͤdlicher, meist juͤngerer Schriftsteller geworden, unter denen ich nur die mit Recht Deutschland werthe Namen Willems, Serrene, Voisin, Blommaͤrt, St. Gerois, Dacker u. s. w. anfuͤhre. Nicht allein durch den Druck in Flaäͤmischer Sprache, in der ein volles Drittel al⸗ ler im vorigen Jahre in Belgien erschienenen Originalschriften abgefaßt waren, sucht man dieselbe neu zu beleben und zu verbreiten. Es hat fich auch ein eigenes Flaͤmisches Theater in Gent, im Ge⸗ gensatze des prachtvollen Franzoͤsischen, gebildet, dessen Schauspie⸗

ler saͤmmtlich Dilettanten sind. Ein dortiger Arzt, von Peene, ist der Haupt-Dichter fuͤr dieses junge Theater, auf welchem ich das rein Gentische Stuͤck Jakob von Artevelde mit Begeisterung auf— führen sah, in welchem die Frau des Dichters mit Gluͤck die Rolle der Christine von Artevelde gab.

Die dritte große Stadt Belgiens, Antwerpen, wuͤrde durch ihren Brabantischen Ursprung und ihre Lage gleichfalls vollig zur Flaͤ— mischen Partei gezahlt werden muͤssen, wenn nicht die Rivalität gegen Holland, so wie die mehr kosmopolitische Farbung der Han⸗ delsstadt hier der Entschiedenheit auf jener Seite ein betraͤchtli— ches Gegengewicht darboͤte.

Wie weit die Folgen dieser tiefgehenden, aber nur wenig sichtbaren Bewegung gehen werden, laͤßt sich schwer im voraus sagen. Auch das politische Element sucht sich derselben zu bemächtigen, wie man denn z. B. in Bruͤssel bei den eben beendigten, nur als Lustbarkeit be— trachteten September-Festen allgemein das Geruͤcht verbreitet hatte, es werde ein Orangistischer Aufstand stattsinden. Am wichtigsten durften bei dem herrschenden Zeitgeiste die kuͤnftigen Zoll-Ver— haͤltnisse dieses Landes auch fuͤr die oben beruͤhrte Sprach- und Stammfrage werden und deshalb nichts seyn, als dieselben ins Auge zu fassen.

Dentsche Bundesstaaten.

München, 3. Okt. Das große Landwirthschafts-Fest auf der Theresien-Wiese hatte heute bei guͤnstiger Witterung statt. Ihre Masestaͤten der Koͤnig und die Koͤnigin trafen nach 2 Uhr auf dem Festplatze ein und wurden von den Tausenden, welche die Anhoͤhe und die Ebene bedeckten, mit dem lautesten Jubelruf be— gruͤßt. Es ist dies unstreitig der schoͤnste und ergreifendste Mo— ment des Festes. Der ganze Vorgang bot uͤbrigens auch in die— sem Jahre nichts Neues. Nach geschehener Vertheilung der Preise an die Landwirthe begann der Wettlauf von 31 Rennpferden.

Stuttgart, 1. Okt. Hier ist folgende Proclamation er— schienen:

„An Mein Volk. Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Württemberg. Liebe Getreue! In dem allgemeinen und vegeister⸗ ten Antheil, den Mein Volk durch Abgeordnete aus allen Staͤnden und Klassen desselben, aus allen Ober-Aemtern und Gemeinden des Koͤnigreichs, an der Feier meines fuͤnfundzwanzigjährigen Regie rungs-Jubilaͤums genommen, habe Ich mit freudiger Rührung neue sprechende Beweise seiner Mir stets bewaͤhrten Treuez Liebe und An⸗ hänglichkeit erhalten. Ich folge daher gern dem Drange Meines Herzens, indem Ich, Meinen saͤmmtlichen geliebten Unterthanen, und insbesondere denjenigen, welche bei dieser Feier persöͤnlich mit⸗ gewirkt haben, Meinen gnaͤdigen Dank und zugleich Mein aller hoͤchstes Wohlgefallen uͤber den Sinn fuͤr Anstand und Ordnung, welcher diese Feste auszeichnete, hiermit öffentlich ausdruͤcke. Ich ertheile hierbei mit wahrem Vergnuͤgen Meinen getreuen Untertha⸗ nen die Versicherung, daß Ich in ihren dankbaren Gefuͤhlen und Gesinnungen den schoͤnsten Lohn fur Dasjenige finde, was Ich im Laufe Meiner fuͤnfundzwanzigjaͤhrigen Regierung fuͤr ihr wahres Wohl zu wirken bestrebt gewesen bin, daß ihr Gluͤck und ihre Wohl fahrt auch ferner das einzige Ziel Meiner landesvaͤterlichen Bemuͤ hungen seyn werde, und daß Ich die allguͤtige Vorsehung, mit ge— ruͤhrtem Danke fuͤr ihren bisherigen Beistand, anflehe, auch in Zu⸗ kunft diese Meine Bemuͤhungen mit ihrem goͤttlichen Segen zu be gleiten. Hiernaͤchst verbleibe Ich allen Meinen getreuen Untertha nen mit Meiner Koͤniglichen Huld und Gnade zugethan. Gegeben Stuttgart, den 3. Oktober 1841. Wilhelm. Auf Befehl des Koͤnigs: der Staats⸗Secretair Vollnagel.“

Darmstadt, 5. Okt. Die gestrige Nummer der Großher— zoglich Hessischen Zeitung enthaͤlt folgende offizielle Anzeige: ‚Darm— stadt, 1. Oktober. Heute ist der von Sr. Koͤnigl. Hoheit dem Großherzoge zum Finanz⸗-Minister befoͤrderte Ober-Finanz-Kammer— Praͤsident von Kopp von Sr. Excellenz dem dirigirenden Staats— Minister Freiherrn du Thil beeidigt und in sein neues Amt ein— gefuͤhrt worden.“ Sonach hat der im August verstorbene Finanz⸗ Minister von Hofmann einen Nachfolger erhalten.

Leipzig, 7. Okt. Se. Majestäͤt der Graf von Nassau ist diesen Abend halb 6 Uhr auf der Leipzig-Dresdener Eisenbahn hier angekommen und hat seine Reise ohne Aufenthalt nach den Nie— derlanden fortgesetzt.

Vesterreich.

Wien, 4. Okt. Se. Majestäͤt der Kaiser haben Sr. Durch⸗ laucht dem regierenden Fuͤrsten Karl Anton zu Hohenzollern-Sig— maringen, das Inkolat des Herxrenstandes in dem Koͤnigreiche Böhmen und den inkorporirten Provinzen Maͤhren und Schlesien verliehen.

Schweiz.

Luzern, 30. Sept. Die Regierung des Kantons Luzern hat an nn eidgendssische Stände nachstehendes Kreisschrei⸗ ben he, nge ge h i der Aargguischen Kloͤster erlassen:

„E h . iebe Eidgenossen Die hohe Tagsatzung hat am ten d. M., nachd em sie einen umfassenden Kommissional-Bericht in der Augelegenhejt Der Kloͤster des Kantons Aargau vernommen, sich auf den 35sten Weinmongt vertagt. Dig wichtige Angelegenheit, welche im Laufe dieses Jahres die dohe Tagfatzung bereits in zwei Ver sammlungen waͤhrend einer Neihe von Sitzungen beschaͤftigt hat dird also in einer dritten wie derkehren, und in den meisten hohen eid en dssi⸗ schen Staͤnden werden vorher die obersten Stellvertreter des Volk 3 usan ? mentreten, um neuerdings über die Instruction, weiche der an , destag zu sendenden Ehrengesgndtschaft zu ertheilen ist, Rath zu pff en. Bet der Hochwichtigkeit dez in Frage liegenden Gegenstandes 651. gesammte Schwei erische Eidgenossenschaft, so wie insbesondere fuͤr die

ten Formen eines Gerichtshofes, es bedarf nur einer unparteiischen

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wir zufolge unserer Stellung im Bunde als reinkatholischer Stand,

der von jeher die Wahrung der Rechte seiner Glaubensgenossen im

gesammten Vaterlande zu einer besonderen Aufgabe sich gemacht hatte,

einer uns obliegenden Pflicht nachzukommen, wenn wir mit der ernst⸗ lichen Bitte an Euch, G. . Es, gelangen, eine reife Würdigung der obschwebenden Bundes⸗ und konfessionellen Frage angedeihen zu las⸗ sen, und Euere Gesandtschaft mit solchen Instructionen zu versehen, welche geeignet sind, das Ansehen des gebrochenen Bundes herzustellen und die Besorgnisse der religioͤz beaͤngstigten Gemuͤther des katholi⸗ schen Volkes verschwinden zu machen. Wir erlauben uns in der rei⸗ nen Absicht, zu Erreichung dieses Zieles unser Mögliches beizutragen, mit gegenwaͤrtigem Schreiben an Euch zu gelangen, und die Wich⸗ tigkeit der obschwebenden Angelegenheit sowohl fuͤr den Bund als auch die konfessionellen Verhaͤltnisse unseres Vaterlandes Euch zu

Gemüuͤthe zu fuͤhren.

24 Die Veranlassung zur Aufnahme des Artikel XII. in den Bun⸗ des Vertrag, wodurch „der Fortbestand der Kloͤster und Kapitel, und die Sicherheit ihres Eigenthumes, so weit es von den Kantons-Re— gaierungen abhaͤngt, gewaͤhrleistet wurde“, gab bekanntlich eine vom

7. Mai 1815 datirte an die damalige hohe Versammlung eidgenossi

scher Staͤnde gerichtete Note des apostolischen Nuntius in der Schweiz.

Saͤmmlliche Staͤnde waren bei der mehrmaligen Berathung dieses

Gegenstandes vollstaͤndig daruͤber einverstanden, daß eine solche Be

stimmung der Interesse der Beruhigung der katholischen Bevölkerung

der Schweiz entweder auf dem Wege eines Konkordates oder Aufnahme in den Bundes-Vertrag, zu einer stagtsrechtlichen Geltung erhoben werde. Zur vollen Beruhigung der Kloͤster und mit ihnen der katho lischen Staͤnde wurde sogar von der Fesistellung einer solchen Bestim mung auf dem Wege des Konkordates abgesehen und in den Bundes-Ver trag der Artikel, wie er lautet, aufgenommen. Aus dem ganzen

Verlaufe der Berathung dieses Artikels ergiebt es sich, daß es im

Willen der den Bundes-Vertrag berathenden und abschließenden

Staͤnde lag, auf eine unzweideutige Art die katholische Bevölkerung der Schweiz und die Kloͤster uͤber den ferneren Fortbestand und die Sicherheit des Eigenthums der letzteren zu beruhigen und vollkom men sicher zu stellen; aus allen Verhandlungen leuchtet die Loyali

taͤt der eidgenoͤssischen Staͤnde klar und auf eine erfreuliche Weise hervor.

Eine unbefangene Pruͤfung und Auslegung des Artikels XII. selbst ubrigens, abgesehen von seinem geschichtlichen Ursprunge, lediglich seinem Wortlaute nach, fuͤhrt zu einem eben so unzweideutigen Resultate. Der Bund, das darf dem bestimmt gefaßten Wortlaute des Arti⸗ kels XII. gegenuber, nicht gelaͤugnet werden, hat die Fortdauer der Kldster und Kapitel auf, dem gesammten Schweizerischen Staatsgebiet gewaͤhrleistet. Durch diese Gewaͤhrleistung, wenn ihr irgend ein Sinn ünterlegt werden will, hat der Bund die Pflicht uͤbernommen, wo die Fortdauer derselben bedroht werden sollte, seine Intervention zu Gun sten des oder der bedrohten Kloͤster eintreten zu lassen. Der Bund hat also durch diesen Artikel Rechte und Pflichten erhalten, Rechte gegenuͤber den souverainen Staͤnden, Pflichten gegenuͤber den Kloͤstern und der gesammten katholischen Bevölkerung der Schweiz, welche die Kloͤster als Institute ihres Glaubens betrachtet. Die vom Bunde diesfalls übernommene Pflicht begruͤndet fuͤr ihn die moralische und rechtliche Nothwendigkeit, vorkommendenfalls von seinem ihm zustehen den Rechte Gebrauch zu machen. P Die Kantone haben also durch den Artikel XlI. eine Verpflich tung gegenuͤber von Dritten uͤbernommen; diese Dritten sind vorab die kalholische Bevölkerung der Schweiz und sodann die Kloͤster. Der Einwurf, als haben durch den Bundes-Vertrag, als ein gegenseitiges Buͤndniß lediglich zwischen einzelnen Staaten, keine Verpflichtungen gegen Dritte, beim Vertrage Fremde gegruͤndet werden koͤnnen, darf wohl kaum im Ernste gemeint seyn; ist es doch rechtlich und ge schichtlich, unbesteitten, daß zwischen Staaten und Individuen oder Corporationen eben so gut rechtliche Verhaͤltnisse begruͤndet werden ͤ koͤnnen, als zwischen einzelnen Staaten. Der Artikel All des Bundes -Vertrages ist uͤbrigens nicht der einzige Artikel desselben, wo Verpflichtungen gegen Dritte und deren wohlbegruͤndete Rechte anerkannt wurden. Wir verweisen hier auf

Artikel XIII, mittelst welchem die Helvetische National-Schuld als eine auf dem Bunde ruhende Vekpflichtung, als eine Verpflichtung

gegen Dritte nicht unter den Vertragschließenden nicht Mitbegriffene, anerkannt wurde. Hat man je gewagt, diese Verpflichtung gegen die Glaͤubiger der Helvetischen National⸗Schuld in Zweifel zu ziehen, von dieser Verpflichtung willkuͤrlich eine Ausnahme zu gestatten? Wuͤrde ein Antrag, zu welcher Zeit und unter was immer fuͤr keiti⸗ schen Zeitumstaͤnden derselbe gestellt worden waͤre, daß der Bund vor diesem Artikel seine Augen schließe, nicht als ein Brandmal auf die Ehre der Schweizerxischen Nation angesehen worden seyn? Ist die

Schweizerische National⸗Ehre minder betheiligt, wenn Willkuͤr uͤber einen anderen Paragraph des Bundes den Stäb bricht?

Der Große Rath des Kantons Aargau hat durch sein Dekret vom 13. Januar, wor urch saͤmmtliche auf Aargauischem Staatsge⸗ biete gelegene Kloster aufgehoben wurden, eine offenbare Verletzung des Artikels XII. des Bundes-Vertrags begangen: zweimal hat die⸗ ses die Bundes⸗-Versammlung ausgesprochen, und mit diesem Aus⸗ spruch die Pflicht zur Wiederherstellung des verletzten Bundes in dem Sinne anerkannt, wie dieselbe von uns so eben als aus dem Bundes-Vertrag hervorgehend entwickelt worden ist. Wir geben uns mit aller Beruhigung der Erwartung hin, daß diesen Standpunkt des Bundesrechts und der Bundespflicht die hohe Tagsatzung in die— ser Angelegenheit bis Austrags derselben einnehmen werde.

Saͤmmtliche Mitglieder der von der hohen Tagsatzung nieder gesetzten Kommission, mit Ausnahme eines einzigen, haben ebenfalls diesen bundesrechtlichen Standpunkt zur Grundlage ihrer daherigen Antraͤge gemacht Die Verschiedenheit ihrer Antraͤge ist nur dem Mangel einer konsequeuten Durchfuͤhrung desselben zuzuschreiben.

Die einzige konseguente Durchfuhrung dieses bundesrechtlichen Stand⸗ punktes bietet das erste Minoritaͤts Gutachten der Tagsatzungs-Kom mission dar, dasselbe einzig haͤlt an denjenigen Boden fest, welchen der einzelne Mensch, wie die obersten Behörden eines Staates, Stell⸗ vertreter von Völkern oder von Staaten zur Richtschnur ihrer Hand⸗ lungsweise den Boden des unzweifelhaften Rechtes, der Gerechtig keit an, welche fruchtlos, durch keine Nebenruͤcksichten, mogen ste auch noch so hochklingende Namen tragen, verleitet, Recht und Un⸗ recht auf ihrer Wagschale mit hellem Blicke abwaͤgt und ihren Entscheid da fallen laßt, wo die Wagschale des Rechts uͤberwiegt. Dieses hehre Richteramt bekleidet die hohe Tagsatzung im vor⸗

liegenden Falle, es ist die höchste Würde, welche eine Behdrde be⸗

kleiden kann; zu ihrer Ausuüͤbung im vorliegenden Falle bedarf es

eben so wenig eines Plaͤdoyer von Advokaten, als der aͤußeren tod⸗

Abwägung des im Bunde gegebenen Rechtes mit der Handlungs weise der Staats-Behoͤrden von Aargau; ihr Entscheid wird und kann kein anderer seyn, als der von der ersten Minderheit der Kom⸗ mission beantragte, der Wiederherstellung saͤmmtlicher durch die Staats-Behöorden von Aargau aufgehobenen, vom Bunde garantir⸗ ten dortigen Kloͤster.

Wir wollen hier nicht wiederholen alle Erdrterungen, welche im besagten Minoritaäͤts-Gutachten zur Widerlegung der gegen die Kloͤster erhobenen Anschuldigungen durchgefuhrt sind. Es ist daselbst nach⸗ gewiesen, daß alle gegen die Aarganischen Kloͤster angebrachten An⸗ schuldigungen eben nur Anschuldigungen, Verdaͤchtigun gen, Andich⸗ tung verbrecherischer Absichten noch keine Beweise der Schuld sins; es ist daselbst nachgewiesen, daß bloße Aussagen, kommen sie aus dem Munde einer Regierung oder eines Einzelnen, noch keine Thatsachen, angeführte Thatsachen noch keine erwiesene, keine wirkliche Thatsa⸗ chen, daß erwiesene Thatsachen der Schuld Einzelner noch keine er⸗ wiesene Thatsachen der Schuld einer ganzen Gemeinschaft sind, daß dle im Bunde ausgesprochene Garantie der Klöͤster eine hohle Phrase ist, wenn heute oder morgen eine Regierung mit blößen Anschuldi= gungen, unerwiesenen Vorgaben, deren Güuͤltigkelt vernichten kann. Die Behoͤrden Aargan's haben aber weiter nichts als solche unerwiesene Vorgaben zur Rechtfertigung ihrer bundeswidrigen

katholischen Staͤnde und Einwohner unseres Vaterlandes, glauben

Handlungsweise vorgebracht. Wir fragen, zu welchem Zwecke jene

Garantie zum Bundes⸗Gesetze erhoben worden ist? Von woher eine Gefährdung des Fortbestandes der Klöͤster zu befürchten war, wenn nicht von denjenigen Standen, und namentlich den Ständen ge⸗ theilten Glaubensbekenntnisses, welche auf ihrem Staatsgebiet Kiö⸗ ster zahlten? Indem der Bund die Kloͤster unter seinen Schutz nahm, hat er sie gegen willkfirliche, ihre Existenz bedrohende Ver= fuͤgungen der Stagtz⸗Regierungen solcher Stande in Schutz genom⸗ men? Und sollen bloße Aussagen solcher Staats⸗Regterungen 9ge⸗ nügen, um den Bund seiner Verpflichtung zu entledigen? Bieder war die Handlungsweise der eidgenbssischen Staͤnde, als sie den Bundes⸗ Vertrag abschloffen; durfte aber ihre Handlungsweise bieder genannt werben, wenn zur Entkraͤftung einer übernommenen Ver⸗ pflichtung bloße Worte aus dem Munde Solcher genügten, gegen deren willkürliche Handlungsweise die üͤberndmmene Verpflichtung als Schutzwehr eines Dritten zu dienen hat? Dürfte dieses eine Be⸗ ruühigung der Klöͤster und der katholischen Bevblkerung in Beziehung auf die Fortdauer von jenen genannt werden, wie die Mehrheit der zagsatzungs⸗Kommission in ihrem daherigen Berichte den 27. Mai 1814 die Aufnahme der Garantie des Foͤrtbestandes der Kloöͤster in den Bundesvertrag genannt hat? Die Garantie des Fortbestandes und der Sicherheit des Eigenthums der Kloͤster und Stifte abseiten der Kontra⸗ benten des Bundes Vertrages war ein freier Akt der Gerechtigkeit, das dadurch den Kloͤstern und der ratholischen Bevdlkerung gegen einen Stand und noch weniger kofessionelle Abgeneigtheit gegen diese katho⸗ lischen Institute nicht brechen. (Schluß folgt.)

Italien.

Neapel, 25. Sept. Wie es heißt, beabsichtigt Se. Maje⸗

stat auf mehrere Monate nach Sicilien zu gehen. Auch spricht man hier allgemein von einer bevorstehenden Minister-⸗Verände⸗ rung; der bisherige Chef des Kriegs-Departements, General Bro⸗ chetti, soll seine Dimission eingereicht aber nicht erhalten haben;

er schmeichelte sich namlich, bei der letzten Minister-Ernennung

Kriegs⸗-Minister zu werden.

Rom, 27. Sept. Die Zuruͤckkunft des Papstes ist nun auf den 6. Oktober festgesetzt. Ueber die Feierlichkeiten, welche man bei seinem Empfange beabsichtigt, verlautet vorlaͤufig Folgendes. Die Besitzer der Roömischen Campagna werden bei Ponte Molle eine Ehrensaͤule errichten und 6000 Stadt-Arme mit Wein, Fleisch und Brod erquicken; ferner werden in jeder der 14 Regionen zwer arme Maͤdchen Aussteuer erhalten. Der Roͤmische Senat wird. am Abend des Tages das Kapitol prachtvoll erleuchten und in jeder der 51 Parochieen zwei Aussteuern aussetzen. Die Beam— ten mehrerer Verwaltungszweige geben neben einer Summe fuͤr Almosen dem Volke ein brillantes Feuerwerk, welches auf dem

Monte Pineio abgebrannt wird. Der Senat nnd mehrere Cor⸗ porationen ziehen dem Papste entgegen, und das heilige Kollegium wird ihm mit dem Dekan, dem bejahrten, wuͤrdigen Kardinal WPacca an der Spitze, in St. Peter empfangen, wo er am Grabe

dieses Apostels sein Gebet verrichten wird.

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Türkei.

Konstantinopel, 22. Sept. (L. A. 3) Bekanntlich ist /

schon zweimal die Anferderung geschehen, die Englischen Militair— Commissaire moͤchten Syrien verlassen. Dies vielleicht voraus⸗ sehend, hat die Englische Regierung jetzt den in Beirut fungiren— den interimistischen Englischen Gengeralstabs-Chef, Obersten Rose zu ihrem General-Kon sul fuͤr Syrien ernannt, und alle dort anwesenden Englischen Offiziere sind diesem General-Konsu— late attachirt. Bei Dschuni, wo vor einem Jahre die Tuͤrkischen und Englischen Truppen landeten, haben die Offiziere letzter Na tion, ohne Erlaubniß der Tuͤrkischen Regierung, bedeutende Be— festigungen trazirt, und solche theilweise schon ausgefuͤhrt. Hier ist vor einigen Tagen wieder ein unangenehmer Konflikt

zwischen. Tuͤrken und der Desterreichischen Kanzlei vorgefallen. Eine Tuͤrkische Patrouille fand des Nachts zwei Kavasse der Oesterreichischen Kanzlei in einem verdaͤchtigen Hause, wo sie oben⸗ drein sich Thaͤtlichkeiten erlaubten. Sie wurden verhaftet, und der Pascha von Topschana ließ ihnen die Bastonade geben, was polizeigesetzlich geschehen konnte. Am Morgen wurden fie rekla⸗ mirt, und jetzt, wollen diese Taugenichtse gegen die Tuaͤrkische Be—⸗ horde Klage fuͤhren. Sie werden aber schwerlich Gehör finden

da sie selbst von der Oesterreichischen Kanzlei als schlechte Sub⸗ jekte bezeichnet sind. .

Aegypten.

. Alexandrien, 17. Sept. (L. A. 3) Wie man vernimmt, wird Ibrahim Pascha die Leitung der Geschaͤfte ubernehmen und Soliman Pascha (Qberst Selves) tritt an die Spitze des Heeres ͤ Man fahrt in der Befestigung der Staͤdte und des Litorale fort; 40 Kanonen von 80, à la Paixhans, und 18,009 Kugeln sind eben von Toulon angekommen und fuͤr neu zu errichtende Bat—

terieen bestimmt; eine gleiche Anzahl erwartet man von Brest fur die Festung Abukir. Die Armee ist noch immer vollzaͤhlig und nichts laßt vermuthen, daß der Pascha auf Entwaffnung denkt! Die politischen Angelegenheiten bieten wenig Interesse, da der Vice Kbnig

in Folge eines starken Rittes krank geworden war. Im ersten Augenblicke waren die Aerzte unruhig über die Folgen aber jetzt sind ihre Besorgnisse ziemlich verschwunden, und der Vice Koͤntg kann ohne Gefahr seine Reise unternehmen. Der Englische Han⸗ dels⸗-Konsul, Herr Larking, ist von seinem Posten abberufen worden weil seine Stellung zum Vice-Koͤnig ihm die Intexessen seiner Landsleute nicht kraͤftig zu beschuͤtzen erlaubte. Der Secretair des

Oberst Hodges wird ihn ersetzen. Am vorigen Sonnabend ließ

der Aberst. der National-Garde das Haus des Russischen Kon— suls durchsuchen, weil er einen Diener des Konsuls verhaften wollte, der sich an diesem Tage nicht beim Manbver eingefun⸗ den hatte, Da aber die Janitscharen herbeieilten, konnten die Sol⸗ daten nicht in das Haus eintreten und mußten sich unverrichteter Sache zuruͤckzlehen. Als Herr Kraͤhmer Genugthuung fuͤr diese Beleidigung forderte, hat ihm Boghos-Bey geantwortet daß er ihm diese nicht geben könne, da in Alexandrien Niemand die An— wesenheit eines Russischen Konsuls kenne, weil seine Flagge und sein Wappen noch nicht aufgepflanzt feyen. J 6 Dampfschiff hat auf dem Ruͤckwege von Beirut das Li— nienschiff „Rodney“ und das Dampfboot „Medea“ angetroffen die die Aegyptische Fregatte und Brigg aufsuchten, welche die Syrier an Bord haben und die durch einen heftigen Sturm ge⸗ trennt worden waren. In demselben Sturm ist auch Ein Tärki— sches Schiff mit Mannschaft und Gütern in geringer Entfernung von Alexandrien untergegangen, nur ein Malteser, den einige Fischer am folgenden Morgen im Meer aufgefangen haben, ist gerettet worden. :

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Inland.

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Breslau, 7. Okt. Die Breslauer Zeltung ent aͤlt folgenden Bericht uͤber den ehen beendigten Herbst= ö. markt: Nach dem vergangenen Frühjahrs- olltnarkt, der ekanntlich wider Erwarten eine anfehnliche Preis- Erhdhung brachte, worin aber die uͤbrigen Maͤrkte, namentlich der Berliner, dem unsrigen nicht