1841 / 323 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

der ein Grundeigenthuͤmer wahrscheinlich aus politischen Grunden ermordet worden, naͤmlich Herr R. Ch. Walsh, Friedensrichter der Grafschaft, welcher nach seiner Wohnung, Glenard, bei Dun⸗ garvan, zuruͤckfuhr und eine Stunde von seinem Hause todt ge⸗ funden wurde. Der Thaͤter ist noch unentdeckt.

Der Orientalist Graf von Munster beschäftigt sich mit der Abfassung einer großen Kriegs⸗Geschichte der Muhammedanischen Volker von Muhamed bis auf die jetzcge Zeit. Den Trans‘ tions of the Madras Literary Society zufolge, sammelt er dazu Quellen in der Arabischen, Tuͤrkischen, Tatarischen, Per sischen und Hindostanischen Sprache und in allen in Indien ge schriebenen Mundarten.

Die Nachricht von dem gewaltsamen nse hat sich als eine Taͤuschung herausgestellt und giebt den Engli schen Blattern Anlaß zu sehr bitteren Bemerkungen uͤber solche unzuverlaͤssige Berichterstatter.

Tode der Miß Anson

Belgien.

Brüssel, 15. Nov. Gestern fand in Gegenwart MM die Austheilung der Preise an die Konkurrenten bei Gewerbe-Ausstellung Statt. Hr. Ch. von Brouck:r Namen der Pruͤfungs-Kommission einen Vricht uͤber schritte der Belgischen Industrie ab und erklärte, Lieselbe der Regierung die Austheilung von 11 goldenen 10 silbernen und vergoldeten, 102 silbernen, 287 bronzenen? 2d aillen, und 118 ehren volle Erwähnungen vorgeschlagen habe. Das Ministerium habe dies nicht nur Alles genehmigt, sondern auch einige höhere Aus zeichnungen hinzugefuͤgt. Es wurden sodann die Preise ausge theist und außerdem die Ernennung mehrerer Fabrikanten Rittern des Leopold-Ordens publizirt. 3

Der Observateur berichtet, daß eine Versammlung der Deputirten der katholischen Partei stattgefunden, um den Vom schlag des Herrn Brabant, die Universitaͤt Lowen zu einer juristi schen Person zu erklaͤren, in Erwaͤgung zu ziehen. Ueber die ge faßten Beschluͤsse zirkuliren mehrfache Geruͤchte; nach einigen soll der Vorschlag zurückgenommen, nach anderen bloß dessen Diskuß sion verschoben werden.

ĩ ßen

dieselbe der

* Brüssel, 15. Nov. In den Kammern ist bis jetzt kein erheblicher Gegenstand zur näheren Erörterung gekommen, die Ant wort des Senats auf die Thronrede ist wie gewohnlich nur eine Paraphrase. Die wenigen Worte, welche der Minister des In nern in Bezug auf die Handels-Negociationen zu äußern Gele genheit hatte, haben noch keinen Aufschluß gegeben. Der Mini ster erklaͤrte, daß mit mehreren Staaten: Dänemark, Oesterreich und Haiti ein Handel- und Schiffs-Traktat abgeschlossen sey, und daß mit einigen anderen Laäͤndern die Unterhandlungen

ie vielleicht zu einem Resultat fuͤhren

eigentliche Leitung des Unterrichts aber der Regierung vorbeha ten wird. Die Discussion dieses Entwurfes ist seit 7 Jahren jn den Kammern in der katholischen Partei vereitelt worden. In welchem Verfall der öffentliche Unterricht gerathen, ist be kannt. In der Repraͤsentanten-Kammer wird nun die Op po⸗ sition unstreitig eine nahere Erklaͤrung vom Ministerium uͤber diese beiden Hauptpunkte verlangen. Die Prinzipien der Oppo sition uͤber den Unterricht sind bekannt. Im vorigen Jahre hat ten gleich beim Beginn der Kammer. Sitzungen die damaligen Minister des Innern und der Justiz sich sehr bestimmt uüͤber den respektiven Antheil des Staates und der Geistlichkeit an dem Unterrichte ausgesprochen, und ihre damals entwickelten Grund— sätze sind gewissermaßen das Programm der gemaͤßigten liberalen Partei geworden und werden sicherlich auch bei der naͤchsten Dis kussion ihre heftigen Vertheidiger finden. Ueber den anderen Punkt, die Handels-Verhaͤltnisse, hat sich dagegen die Opposition bis jetzt noch nicht ausgesprochen. Wir haben uns bei jedem Erscheinen einer neuen Nummer der unter der Leitung des Herrn Devaux erschei— nenden Revue nation ale vergeblich nach einem Artikel uber die sen wichtigen Gegenstand umgesehen; ein gleiches Stillschweigen hat freilich auch das Organ der katholischen Partei beobachtet, aber aus einem erklaͤrlicheren Grunde, da ihr Haupt-Redacteur der Deputirte, Herr Deschamps, einer der nach Paris abgesandten Haupt-Commissaire war. Wir sind daher auf die Unterhandlun— gen in der Repraͤsentanten-Kammer gespannt, da wir voraus— setzen, daß der Gegenstand von den Haäuptern der Partei, aus einem hoͤheren Standpunkt besprochen werden wird, als dieses von mehreren Tages-Blaäͤttern geschehen ist.

Die Regierung hat den von neuem zur Huͤlfe des Grafen Lehon nach Paris abgesandten Handels⸗-Commissairen eine besen dere Discretlon zur Pflicht gemacht. Daß es sich um keine Zoll— Vereinigung handelt, koͤnnen wir auch diesmal versichern. Die Hauptartikel woruͤber man von Belgischer Seite einen Traktat wuͤnscht, sind Eisen, Steinkohlen und Leinwand. Die Journale scheinen ebenfalls eine groͤßere Discretion uͤber die wie— der aufgenommenen Unterhandlun zen beobachten zu wollen. Sie haben nicht einmal den Abgang der neuen Commis— saire angezeigt, obgleich derselbe ihnen wohl nicht unbekannt geblieben ist.

Daß das Ministerium keine systematische Opposition in den Kammern finden wird, haben wir mehrmals ausgesprochen. Einen ersten Beweis davon liefert im Senate von einen der waͤrmsten Vertheidiger des fruͤheren Ministeriums abgegebene Erklarung, daß er die gegen die vorigen Minister angewandte und von ihm: hart getadelte, nach bloßen Tendenzen richtende Opposition nicht selbst gegen die neuen Minister anzuwenden gedenke, vielmehr die Handlungen derselben abwarten werde und däß er, falls diese vom Geiste der Unparteilichkeit eingeflbßt seyen, sich offen dem Mini— sterium anschließen werde. Die Minister können unter dieser Bedingung dergleichen Gesinnungen der Majoritaͤt in der Repraͤ— sentanken⸗Kammer versichert seyn. Man ist der blos politischen Diskussion muͤde und wuͤnscht an die Erbrterung der, manche Ver— besserungen beantragenden, GesetzEntwuͤrfe zu gehen.

Von dem veruͤngluͤckten Komplott ist kaum noch die Rede;

die Untersuchu 8 werden indessen noch fortgesetzt. Die Preis⸗

ertheilung fuͤr die Industrie⸗Ausstellung hat gestern in Gegenwart des Koͤnigs vor einem zahlreichen Publikum statt— gefunden. Das Bemerkenswertheste ist wohl die Rede des Be— richt-Erstatters der Jury, Herrn Charles de Broucktre, der offen⸗ bar auf die jetzigen Handels-Negociation mit Frankreich anspielte und die Meinung aussprach, daß wenn Belgien nicht einige wich⸗ tige Reductionen des Franzoͤsischen Zolltarifs erhielte, es ebenfalls Prohibitiv Maßregeln nehmen muͤsse, obgleich ein Prohibitiv⸗Sy—

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stem fuͤr ein Land zweiten Ranges sich noch weniger passe, als

fuͤr große Länder. Deutsche Bundesstaaten.

München, 15. Nov. (Münch. 3.) Ueber die letzten Augenblicke Ihrer Majestät der Koͤnigin Caroline erfahren wir aus zuverlaͤsssger Quelle noch folgendes Nähere: Als die Aerzte gegen 8 Uhr Abends erklart hatten, daß das Aeußerste zu befuͤrch⸗ fen stehe und der Moment der Aufloͤsung nahe, begaben sich Se. Majestät unser allergnaͤdigster Konig, Se. Majestaͤt der Koͤnig von Preußen und Allerhoͤchstdessen Gemahlin, welche das Kran— kenbett ihrer hohen Mutter seit der Verschlimmerung ihres Zu— standes nicht mehr verlassen hatte, nebst saͤmmtlichen uͤbrigen Mit⸗ gliedern der Königlichen Familie in die Gemaͤcher der Sterben— den. Allmaͤlich draͤngte sich auch die Dienerschaft herzu, um die geliebte Herrin noch einmal zu schauen, so daß bald Alles in dem Gemach der theuren Dahinscheidenden weinend auf den Knieen lag. Der Kabinetsprediger Ihrer Majestät der Koͤnigin⸗ Wittwe, Herr Ministerial-Rath von Schmidt, näherte sich der hohen Scheidenden, um ihr die letzten Trostesworte der Religion zu spenden, wobei sie mit vollem Bewußtseyn, doch gaͤnzlicher koͤr— perlicher Entkräftung, durch mehrmaliges Neigen des Hauptes ihren Antheil zu erkennen gab. Ihre Augen blieben diese Zeit uber geoͤffnet und schlossen sich erst mit dem letzten Athemzuge. Nachdem Herr Kabinets-Prediger von Schmidt sich von dem Ab— leben Ihrer Majestaͤt uͤberzeugt hatte, sprach er einige ergreifende Worte zu saͤmmtlichen Anwesenden, welche sich hierauf tief er—

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derte von Ungluͤcklichen gemacht, die an ihr eine unersetzliche Stuͤtze verloren und deren heiße Dankesthraänen ihr in die dunkle Gruft nachfolgen werden. Noch zwei Tage vor ihrem Tode soll Ihre Majestät hinsichtlich der Bittgesuche mehrerer Armen und Be draͤngten persoͤnlich verfuͤgt haben.

Dem Vernehmen nach wird Se. Majestaͤt der Koͤnig von

Preußen erst nach der Leichenfeier von hier abreisen.

München, 15. Nov. (A. Z.) Die entseelte Huͤlle Ihrer Majestät der Koͤnigin Caroline wird nach der heute stattfindenden

Obduction und Einbalsamirung morgen auf dem Paradebette aus

h gestellt. Das blasse freundliche Antlitz der Entschlummerten (vor welchem Hofmaler Stieler so eben eine trefflich gelungene Zeich nung gefertigt) zeugt von keinem schweren Kampf, und sanft scheint der Engel des Todes sie berührt zu haben. Ein schbuer Trost ist der edlen Fuͤrstin dadurch geworden, daß in der Stunde des Scheidens ihre Lieben um sie versammelt waren. JJ. MM. Koͤnig Ludwig und Koͤnigin Therese, JJ. MM. der Koͤnig und die Koͤnigin von Preußen, JJ. KK. HH. der Kronprinz

D 1 Prinz Karl, die Herzogin von Leuchtenberg und Her— zogin Max, die Erbgroßherzogin Mathilde van Hessen, die

Prinzessin Adelgunde und der Erbgroßherzog von Hessen knieten

weinend um das Lager der Sterbenden, und unter diesen hoͤchsten Personen die Frauen und Diener der Koͤnigin, selbst den untersten Hausbedienten war der Eintritt gestattet, ein erschuͤtternder, aber auch rhrender und erhebender Moment. Ihre Majestäten der Koͤnig und die Königin von Preußen haben gestern das Palais des Herzogs Max bezogen. Das Programm zur Begraͤbnißfeier, die Freitag Nachmittag stattfinden duͤrfte, ist noch nicht erschienen. Diesen Mittag (von 12 bis 1 Uhr) hat das Geläute begonnen, das sechs Wochen hindurch fortgesetzt wird. Das Hoftheater bleibt 14 Tage geschlossen.

Augsburg, 16. Nov. Se. Majestaͤt der Koͤnig von Preu— ßen traf, von kleinem Gefolge begleitet, gestern Vormittag gegen halb 11 Uhr hier ein und stieg im Gasthof zu den drei Mohren ab, wo Se. Majestäͤt der König von Wuͤrttemberg ihn erwartete. Auf der Mitt der Haupttreppe begruͤßten sich beide Monarchen auf das herzlichste und zogen sich sodann zu ungestoͤrter Bespre— chung in ihre Gemaͤcher zuͤruͤck, bis zur Tafel, die in den Appar tements Sr. Majestaͤt des Koͤnigs von Wuͤrttemberg stattfand, und zu der die beide Monarchen begleitenden Kavaliere beigezogen wurden. Nach aufgehobener Tafel kehrte Se. Majestaͤt der Koͤ—

Ü Uhr stattfin— denden Elsenbahnfahrt nach Muͤnchen zuruͤck, Se. Ma⸗ jestaͤt der Konig von Wuͤrttemberg ge— die Ruͤckreise nach Stuttgart antrat.

Stuttgart, 15. den Gesetzentwurf, d J S. das gestr. Bl. der St. Z.) von Werner: Billig muͤsse man sich die Frage zur ern— sten Pruͤfung vorlegen, ob man nach fuͤnfund zwanzigjaͤhrigem Frie den noch ferner Frieden erhalten werde. Er habe in dieser Be— ziehung keine solche sanguinischen Hofnungen; es sey kaum ein Jahr, daß es den diplomatischen Bemuͤhungen gelungen sey, die in Ssten und Westen erwachte Kriegsfurie zu beschwoͤren; es werde Niemand dafuͤr buͤrgen koͤnnen, daß es ferner gelinge. Aus die— sen Gruͤnden sey er fuͤr die Verwilligung. Der Redner erbittet sich vom Ministertische Aufklaͤrung uͤber Zahlenverhaͤltnisse, indem nach seiner Berechnung das Erforderniß um 100 Mann sich ge— ringer stelle, beruhigt sich aber mit der erhaltenen Erlaͤuterung. Düvoernoy: Das Ergebniß der heutigen Berathung lasse sich mit Gewißheit voraussehen; man moͤge Gruͤnde vorbringen, welche man wolle, man werde immer mit Bundes-Bestimmungen darauf antworten, obschon auch diese schon viele Interpretationen erfahren haben. Ob eine Erleichterung des Volkes eintreten solle, haͤnge allein von dem guten Willen der Regierung ab. Was das Nationalgefuͤhl betreffe, so koͤnne dasselbe nur dadurch geweckt und gehoben werden, daß allenthalben der Rechtszustand herge— stellt und gesichert werde, wozu der Deutsche Bund gerade jetzt bei einem groͤßeren Volksstamme die beste Gelegenheit habe. Frei— herr von Wöllwarth: Nicht der verminderte Effektivstand, son— dern die politischen Verhaͤltnisse seyen der Grund des Verlangens der Regierung; denn im Jahre 1839 sey der Mannschaftstand noch geringer gewesen, als jetzt, gleichwohl aber habe die Regie⸗ rung nur 356 Mann verlangt. Wir leben keinesweges im sicheren Frieden, und nur die Weisheit eines Königs im We— sten habe bis jetzt den Ausbruch des Ungewitters abgewendet. Wir sollten die nach unseren Verhaͤltnissen möglichen Vertheidi⸗ gungs-Maßregeln nicht zurkickweisen, es fey doch ein Schritt zum Ziele. In unserer Macht liege es nicht, die stehenden Herr welche allerdings ein Uebel seyen, abzuschaffen; uͤbrigens naͤhere sich unser Militair-System der Landwehr. Wa a fer: Wenn er auch die Nothwendigkeit einer Deckung des Ausfalls im aktiven Heere nicht wi⸗ dersprechen koͤnne, so habe doch die Regierung selbst anerkannt, daß die⸗ ser Zweck auf verschiedenen Wegen erreicht werden koͤnne. In dem von der Regierung im April diefes Jahres uͤbergebenen Gesetz⸗Entwurfe, betreffend die außerordentliche Aushebung in Kriegszeiten, sey ge—

sagt, daß durch diese die staͤrkeren ordentlichen Aushebungen ver— mieden werden. Welcher Weg der beste sey, koͤnne nur eine Pruͤ⸗ fung beider Entwuͤrfe zeigen, daher er wuͤnsche, die Berathung des heute vorliegenden Entwurfes auf die des im April dieses Jahres eingebrachten Entwurfs auszusetzen.

Minister von Schlayer: Was die Vorwuͤrfe gegen den deutschen Bund betreffe, so sey bereits von dem Ministertische Pantwortet worden. Auf die Aeußerung des Abgeordneten Duvernoy, daß es in den Willen der Regierung gestellt sey, das elt zu erleichtern, muͤsse er erwiedern, daß die Regierung indessen elles gethan habe, um die Bundesbestimmungen in dem gelindesten Sinne auszulegen und anzuwenden. Jetzt liege aber eine bundesgeseß iche Interpretation vor, welcher sich weder Re— gierung noch Staͤnde entziehen konnen.

von Stump: Die Mehrheit der Kommissionen, zu der er gehoͤre, sey von dem einfachen, Grundsatz ausgegangen, daß da das Erforderniß zu Erfuͤllung der Bundespflicht 21,0090 Mann be— trage, der Effektivbestand aber nur 18,839 Mann sey, eine Ver— mehrung der auszuhebenden Rekrutenzahl (1000 statt 3500) statt haben muͤsse. Man koͤnne nicht sagen, daß die 500 Mann es nicht ausmachen, sie bilden einen Theil des Deutschen Bundes— heeres, von dessen Kompletirung es sich handle. Holzinger: Regie— rung und Staͤnde gingen bei der Exigenz und beziehungsweise Verwil ligung der Rekruten seit 1820 einerseits von der noͤthigen Erfuͤllung der Bundespflicht, andererseits von dem hiernach sich ergebenden jaͤhr lichen Beduͤrfnisse der auszuhebenden Mannschaft aus, bei dessen Erhebung die Große des Ausfalls in Folge von Befreiungen haupt saͤchlich maßgebend war. Daß jetzt ein größerer Ausfall als in den fruͤheren Jahren stattfinde, ist nicht behauptet, und es reduzirt sich Grund fuͤr die neue Exigenz auf die Sicherheit des Deutschen erlandes in dieser Zeit. Daß der Bundespflicht mit der seit 7 verwilligten Rekrutenzahl von 3500 genuͤgt wurde, ist in den staͤndischen Verhandlungen wiederholt anerkannt. Diese Bundespflicht wurde nicht erweitert. Die Interpretation der Bundes-Kriegs-Ver fassung vom Juni d. J. bezieht sich nur auf die Reserve, welche ja erst nach ausgebrochenem Kriege in Folge eines besonderen Bundes beschlusses aufgerufen werden kann. Stahl ist mit den Verthei— digern des Kommissions-Antrages der Ansicht, daß durch die Aus hebung von 1000 Mann eine gleichere Vertheilung auf die Al tersklassen erzielt werde und wuͤnscht Aufhebung aller Standes Befreiungen ohne Ausnahme, und der Beschraͤnkung auf das Normalmaß, denn kleine Leute seyen auch Leute und haufig staͤr ker und ausdauernder. Knapp: Er koͤnne sich nicht enthalten, seine Verwunderung daruͤber auszusprechen, wie man uͤber einen Gesetzes-Entwurf lange streiten koͤnne, der sich lediglich auf Zahlen stuͤtze. Wenn die Regierung ihre Verpflichtung gegen den Bund kenne und in der bisherigen Erfah rung den Maßstab fuͤr rliche Mannschaft funden habe, so hätte das Ergebniß laͤngst klar seyn sollen; seyen die genannten beiden Factoren gleichgeblieben, so sehe er keinen Grund ein, warum man eine größere Mannschaft verlange. Der Ministertisch habe wahrend der Debatte die Interpretation der Bundesbestimmung als neuen Grund geltend gemacht. Er koͤnne uͤbrigens sein Befremden nicht zuruͤckhalten, daß dieses entschei denden Grundes in dem Begleitungs-Vortrag mit keinem Wort erwahnt worden sey, was ihn, wenn er auf einen Erfolg rech konnte, zu dem Antrag bestimmen wuͤrde, die Sache an die Kom— mission zuruͤckzuweisen. Durch die Zeitumstaͤnde sinde er diese Maßregel nicht gerechtfertigt, und wenn auch Vorkehrungen noͤthig wären, so sey ditese Maßregel sevensalls unzurelchend.

Minister von Schlayer: Er sey mit dem Abgeordneten, der so eben gesprochen habe, darin einverstanden, daß es sich von einem einfachen Rechnungs-Exempel handle, weswegen er auch nicht begreifen koͤnne, wie man zur Lösung dieses Rechnungs Exempels die Kommission beauftragen solle. Ein Faktor sey das Bundes-Erforderniß, der andere der Ausfall; beide stehen fest, und die Kommission hatte daruͤber die befriedigendste Auskunft erhalten oͤnnen, wenn sie solche verlangt haben wuͤrde. Die Bemerkung, 7

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daß man in Erwartung eines neuen Rekrutirungs-Gesetzes dle tzt beantragte Abaͤnderung im Anstand lassen solle, scheine ihm ganz unbegruͤndet, denn beide Gesetze stehen in keinem Kausal zusammenhange: das eine Gesetz bestimme die Normen der? hebung, das andere aber die Zahl der erforderlichen Mannschaft. Deffner: Gerade dieses sey der Zusammenhang dieser

den Gesetze, wenn nach dem neuen Gesetze die Befreiungsgruͤnde se

beschraͤnkt werden, der Ausfall von selbst geringer werden muͤss

Uebrigens muͤsse er sich die bestimmte Anfrage an das Kriegs Ministerium erlauben, ob sichere Aussicht vorhanden sey, daß wir die schon lange zugesicherten Bundesfestungen endlich er halten werden; was von dem Kriegs-Minister bejaht wird. Frhr. von Berlichingen: Er danke unsern Nachbarn im Westen, daß sie uns aus unserem Suͤndenschlafe der letzten 25 Jahre geweckt haben; sie haben Einen Ausdruck von Kraft

Einigkelt in Deutschland hervorgerufen; sie haben uns die Hoff

nung gebracht, daß wir eine Bundesfestung am Ober-⸗Rheine er halten; wir sollten uns nicht wieder in den Schlaf lullen lassen, vielmehr die Regierung in ihren Maßregeln zur Sicherung des Baterlandes unterstuͤtzen. Der Praͤsident bringt sofort die Frage zur Abstimmung: Soll der Kommissions-Antrag angenommen wer den? Diese Frage wird mit 62 gegen 14 Stimmen bejaht.

Schweiz.

Zürich, 12. Nov. (Schweizer Blatter.) Ingenieur Wild schlaͤgt die Herstellung einer Handelsstraße von Basel nach Mailand vor, so daß der Weg von einem die ser Punkte zu dem anderen in fuͤnfundzwanzig Stunden Zeit zuruͤckgelegt wurde und Waaren in Einer Fracht und Spedition von dem einen Ende der Straße zu dem anderen gelangen konnten. We Basel Mailaͤnder Straße ist ein Glied der Ostende⸗Köln-Straßburger Straße auf der einen, der Mailand-Venediger auf der anderen Seite. Wird die Basel-Mailaͤnder. Straße 16 ö wie Wild sie vor⸗ schlaͤgt, und die Mailand Venediger Eisenbahn vgllendet, so macht , , he 3650 Wegstunden von der, Nordsee an das Adriatische Meer in 2 Stunden, eine Geschwindigkeit, welche nur bei diesem Alpenpaß erreicht werden kann. Ueberdies fuͤhren zu der Ostende⸗ Venediger Linie zu beiden Seiten Straßen, Fluͤsse, Kanäle und Eisenbahnen; in ihrer ganzen Laͤnge ist sie mit Staͤdten besetzt, um sie herum wohnt eine dichte Bevdlkerung, laͤngs derselben Wohlstand, Handel und Gewerbe. Daß der Zug des Welthandels wieder die Richtung uͤber Alexandrien nimmt, ist kaum zu bezweifeln, so daß von und nach England Personen und Waaren durch das kontinentale Europa ihre Straßen nach dem Mittellaͤndischen Meere nehmen; und da ist dann allerdings die Linie, welche am leichtesten und schnellsten durchlaufen werden kann, diejenige von der Rheinmuͤndung zur PoerrpÖ%t9dvg.t. Das Projekt von Hrn. Wild verdient um so mehr alle Aufmerksam— keit, da bereits von zwei Seiten darauf hin gearbeitet wird, der Schweiz den großen Verkehr zu entreißen; Oesterreich zieht naͤm— lich durch die Donau-Dampfschiffe und durch die Commmuni— cationen von Triest aus den Handel nach Wien, Frankreich nach

Paris von Marseille uͤber Lon und Muͤhlhausen. Wer wird da nicht mit dem Verfasser ausrufen: Schweizer, wendet Eure Kraͤfte dem nuͤtzlichen Leben zu. Und was antwortet die Wirk— lichkeit? Drei Klostertagsakungen!

Italien.

Livorno, 10. Nov. Heute Morgen um 8 Uhr ist unser Großherzog mit seiner erlauchten Familie Gemahlin, Schwe— ster und Tochter, so wie der Großherzogin-Wittwe und der Prin— zessin Amalie von Sachsen mit einem ansehnlichen Gefolge, auf dem Toskanischen Dampfschiffe Leopold II. von hier nach Neapel abgereist, woselbst diese hohen Herrschaften einige Zeit zu verweilen gedenken. Das schoͤnste Wetter begleitet sie.

Zu Montevideo in Süd-Amerika leben dermalen so viele po— litische Fluͤchtlinge aus Italien, daß sie ein demokratisches Journal in ihrer Sprache herauszugeben angefangen haben.

Spanien.

O Madrid, 1. Nov. Am 15ten v. M. uͤberreichte Herr Olozaga dem Franzoͤsischen Kabinet eine Note, in welcher er auf Befehl seiner Regierung verlangte, „due le gouvernement fran gais ordonnat“ die Vertreibung der Königin Christine aus Frank— reich. Am 18ten erhielt er eine kurze, aber aäußerst scharfe Ant— wort, die ungefähr so lautet: „Man wolle vor der Hand den ungebuͤhrlichen Ton, in welchem seine Note vom 15ten abgefaßt gewesen, unberuͤcksichtigt lassen und nur die Hauptsache beruͤh— ren. Die Koͤnigin Christine sey in Folge einer gegen sie als Regentin gerichteten Bewegung gendthigt worden, Spanien zu verlassen, und habe in Frankreich ein Asyl gesucht. Einer Schutz suchenden, verfolgten Fuͤrstin, zumal aber einer Nichte der Königin der Franzosen, koͤnne die Franzoͤsische Regierung, ohne sich zu entehren, ihren Schutz nicht versagen und muͤsse daher das Ansuchen des Spanischen Gesandten nachdruͤcklichst zuruͤckweisen. Dieser von Sr. Majestät dem Koͤnige in Gemeinschaft mit seinem Ministerrathe gefaßte Beschluß werde dem Gesandten hiermit zu erkennen gegeben.“

Herr Olozaga hat sich nunmehr insofern ln eine zweideutige Stellung versetzt, als er zuerst hierher meldete, die Königin Christine habe, ihrer ihm gemachten Erklaͤrung zufolge, durchaus keine Theilnahme an der Bewegung genommen, und dann doch von der Franzoͤsischen Regierung verlangte, die Koͤnigin aus Frankreich zu vertreiben.

Außerdem verlangte er, daß der Spanische General Cleonard, der in Bayonne thaͤtig war, von dort ins Innere geschickt und daß der Franzoͤsische Konsular-Agent in Bilbao, der an der dorti— gen Bewegung Theil, genommen haben soll, zur Verfuͤgung der Spanischen Behoͤrden gestellt werde. Ersterer Punkt wurde ihm bewilligt, ruͤcksichtlich des letzteren sagte man ihm, falls ich mich recht erinnere, wuͤrde man Erkundigüng einziehen Der wirkliche Konsul war schon seit zwei Monaten von Bilbao abwesend.

Unterdessen ist das Verhaͤltniß zwischen dem hiesigen Minister Präsidenten und dem Franzoͤsischen Geschaäftstraͤger noch gespann ter geworden. Letzterer hatte, wie ich Ihnen neulich meldete, von Ersterem die Zusicherung erhalten, daß die Regierung alle Vor— kehrungen getroffen habe, um sein Hotel vor jedem Angriffe sicher zu stellen. Darauf kamen aber die Franzoͤsischen Blaͤtter mit der von dem Franzoͤsischen Geschaͤftstraͤger am Sten v. M. nach Paris abgefertigten telegraphischen Depesche hier an, und diese mißsiel dem Minister Praͤsidenten Gonzalez so, baß er visev Mi (ßsücign in einer Note dem Herrn Pageot zu erkennen gab und die Er— ro artung aus sprach, dieser werde den Text jener Depesche berich⸗ tigen. Herr Pagest erwiederte darauf, er habe nur von seiner Regierung Vorschriften zu zmpfangen und nur an diese Rechen schaft uber seine Schritte abzulegen.

. Darauf richtete Herr Gonzalez eine neue Note an Herrn Caqgeot, indem er ihm sein Befremden zu erkennen gab, 6. ß er etwar fur seine personliche Sicherheit befuͤrchte, da doch ganz Europa wisse, daß keine Bevoͤlkerung so großmuͤthig gegen Fremde waͤre, wie d von Madrid. Herr Pageot erwiederte ihm darauf, der Minister hats seine erste (in meinem letzten Briefe erwaͤhnte) Note offenbar nicht „rstanden; er (Pageot) haͤtte keinen Schutz fuͤr sich persoͤnlich, sondenn fuͤr das unter dem Voͤlkerrechte ste— hende Hotel der Franzoͤsischen Wotschaft verlangt. Dieser Noten wechsel verlaͤngerte sich, und die Tarterkeit des Tones wurde ge— steigert.

Die Munizipalitaͤt von Madrid bestand darauf, daß der Ge— neral Concha sich im Hotel der Franzoͤsischen Totschaft befaͤnde, und daß man in dasselbe eindringen muͤßte. Ein Memgglied machte en Vorschlag, an ein an dasselbe stoßendes hoͤlzernes Gebarde Feuer zu legen, um unter diesem Vorwande in das Hotel eindringen zu g Vorschlag wurde jedoch natuͤrlich nicht ange—

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konnen. Dieser nommen.

Herr Pageot hat die Nachricht erhalten, daß die Abreise des Herrn von Salvandy auf unbestimmte Zeit verschoben worden sey. Etwa acht Tage vorher hatte Herr Pageot verlangt, von hier versetzt zu werden. Die Franzoͤsische Regierung hat uͤbrigens, wie ich höre, sein ganzes Benehmen gebilligt.

Der Kriegs- Minister hat befohlen, die von den Cortes am 14. August dekretirte Aus hebung von 50, 000 Mann zu beschleu— nigen, und sogar von Cadiz sind alle Truppen nach dem Innern abmarschirt, so daß die National-Miliz dort den Dienst versieht. Diese Maßregel scheint mit dem im Englischen Interesse von dem hiesigen Ministerium befolgten Plane in Verbindung zu stehen.

England haͤlt naͤmlich jetzt den Zeitpunkt fuͤr günstig, den Franzoͤsischen Einfluß von der Halhinsel ganz, auszuschließen, und zugleich den Englischen Baumwollen⸗Waaren die freie Einfuhr in dis Spanischen Häfen zu erbffnen. Zu diesem Vehufe zieht die Spanische Regierung alle ihre Truppen an die Nordgranze, um in den Baskischen Provinzen die Fueros zu unterdruͤcken und die Zoll-Linie an die Franzbsische Graͤnze zu ver⸗ legen, wie in diesem Augenblicke geschieht. Zu gleichen Zeit nimmt man aber aus der in Barcelona stattfindenden Volks— bewegung Veranlassung, Truppen nach Catalonien zu schicken, und allem Anschein nach wird sich Espartero, ehe er nach Madrid zuruͤckkehrt, selbst dorthin begeben, um Vorkehrungen ge— gen einen Aufstand zu treffen, auf den man fuͤr den Fall der Freigebung der Einfuhr der Englischen Baumwollen-Waaren ge⸗ faßt seyn muß. Diese wird, wle kaum zu bezweifeln, von Seiten der Englischen Regierung gegen einen Tarif, neben welchem die Fabrikanten Cataloniens nicht bestehen koͤnnen, binnen kurzem erreicht werden, und um Esparters um so geneigter zu einem

solchen Zugestaͤndnisse zu machen, set man ihm das Messer auf

die Brust, indem die Journale des Englischen Ministeriums (Standard, Po st) auf der einen Seite eine bbse Miene gegen ihn persoͤnlich annehmen, und auf der anderen ihm doch zeigen, daß England die einzige Macht sey, die ihn noch unterstuͤken und retten könne. Er muß daher zugreifen, und sich zum Herrn von Ca— talonien machen, ehe die Bewegung von Barcelong zu weit um sich greist. Ein Dekret des Regenten vom 27sten befiehlt

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demnach, daß alle „Sicherheits-⸗Junten“, als nicht mehr erforderlich, sich sofort auf! öosen sellen. Wir erhielten zwar grade vorgestern die Nachricht, daß die Einwohner Barcelona's, sobald (man weiß nicht recht warum?) die Truppen von dort ausmarschirt waren, die gegen die Stadt gerichtete Seite der Ci⸗ tadelle demolirten; indessen glaube ich, daß, wenn die Regierung ernstlich will, die dortige Junta sich, so wie die uͤbrigen, aufloͤsen werde. Denn nur mit der (freilich geheimen) Einwilligung und Beguͤnstigung der Regierung ist sie zusammengetreten. —ᷣ

Durch die Freigebung der Einfuhr Englischer Baumwollen— Waaren erreicht England seinen Hauptzweck, und macht sich Spa— nien so zinsbar, wie Portugal es ihm bereits ist. Natuͤrlich wird Frankreich alles aufbieten, um jenes Zugestaäͤndniß zu verhindern, oder doch, da jenes nicht mehr zu hintertreiben seyn moͤchte, Spa— nien seinen Zorn entgelten zu lassen. Französische Baumwollen— Waaren koͤnnen mit den Englischen nicht konkurriren, und die einzigen Artikel, deren freie Einfuhr in Spanien Frankreich nach Aequivalent verlangen könnte, namlich Weine und Seiden— waaren, schließen sich von selbst vom Spanischen Markte aus, da dieses Land Wein im Ueberfluß erzeugt, und Franzoͤsische Seidenwaaren, obgleich verboten, von Spanischen Fabrikanten uberall fuͤr inländische Fabrikate verkauft werden.

Allein die Franzoͤsische Regierung hat an Spanien wegen nd Kriegskosten von 1823 noch eine Forderung von 8 Mil— ionen Fr. Kapital und 25 Millionen ruͤckstaͤndiger Zinsen geltend u machen, und vielleicht duͤrfte sie durch Bestehen auf schleunige Zahlung das Spanische Kabinet in Verlegenheit zu setzen suchen, falls dieses die von Seiten Englands verlangten Konzessionen macht.

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ie hiesigen ministeriellen Blaͤtter

waltigsten Propagandismus predigenden Sprache und fordern das

Franzoͤsische Kabinet, im Gegensaß zu nd in sehr hohem

Tone zum Kampfe heraus. Die meisten

bekannte Marliani.

Hier in Madrid li

. . ( ist die Mehrzahl heren Staͤnden ngehoͤrenden Fzam 1

in tiefe Trauer versetzt. Die naͤchtlichen neulich in n Palasten des Herzogs von Frias und der Gräfin del Mon— ijo, zu Verhaftungen. Der in die Ereignisse der Nacht Brigadier Quirogaey Frias, obgleich zur Gefaͤngnißstrafe verurtheilt, soll schossen werden. Gleiches Schicksal wer Fulgosio erdulden, die fruͤherhin unter Don Carlos dienten. Der Marschall Saldanha ist eigentlich nur deshalb gekommen, um sich von dem Zustande der Dinge zu unterrichten Er wird nicht in Hauptquartier Esp irtero's, sondern gerade Valencig gehen, um sich von dort nach Italien einzuschiffen sich auf seinen Gesandtschaftsposten nach Wien zu begeben. Thore sind hier seit vorgestern wieder geoͤffnet. Regierung scheint nun doch entschlossen zu seyn, auf den Dezember einzuberufen.

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a Haussuchungen dauern fort und führen biswe NS 1 t

Mexiko. Die Hamburger Neue Zeitung theilt uber den Ver— lauf des Ausstandes, welcher am 31. August in der Stadt Mexiko gebrochen, folgende Auszuͤge aus Privatbriefen mit, die ihr 6 dieser Hauptstadt zugegangen und bis zum 14. September

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der in diesen Tropen so heftigen Gewitter mit Sturm und Regen sich entladen wollte, wurde ich durch ein sonst ungewöhnliches Geraͤusch auf der Straße ans Fenster gerufen; ich erblickte nun, wie große Massen Leute hin und her liefen und Jeder seiner Wohnung zueilte. Anfangs glaubte ich, die Leute fuͤrchteten sich vor dem Regen, allein da ich bemerkte, daß unsere Nachbaren ihre Fensterladen zumachten so stellte ich Nachfragen an und erfuhr zu meinem Erstaunen, daß ein naher Verwandter des Praͤsidenten Bustamente, der General Va leneig, welcher im vorigen Jahre gegen die Revolution kaͤmpfte und der deshalb noch vor wenigen Wochen einen werihvollen Ehren- Saͤ bel erhalten hatte, sich gegen die Regierung erklärt habe. Hier nennt man dies nicht rebelliren, sondern pronunziren, und die Rebellen nen nen sich Rronunciados. General Valencia hat sich mit den besten Truppen pronunzirt und die sogenannte Citadelle eigentlich Ta⸗ backsfabrik, ein isolirtes mit Graͤben umgebenes Gebaͤude am Rande der Stadt in Besitz genommen. Die Anzahl dieser Truppe wird zwischen 700 und 2000 Mann, je gierung, ten wird, Cortazar aus dem Innern kommen ; .

Abends 7 hr. Der alte Praͤsident scheint noch fest ent schloffen zu seyn, seine Herrschaft zu vertheidigen; ich sah ihn an der Spitze seiner ihm treu gebliebenen Truppen durch die Stadt vom Palaste ausziehen; es mogen wohl 300 Mann Infanterie und 350 Mann Kavallerie seyn; um sich vor der Bevölkerung den An schein zu geben, als wäre er noch im Besitz vieler Truppen, waren sie zwei und zwei aufgestellt. Da ich als Neuling in diesem Lande zum erstenmal in meinem Leben die Soldaten sich zur Schlacht vorbereiten sah, so erschuͤtterte mich sehr der tiefe Ernst, d allen Gesichtern war, und die bedeutungsvollen Bewegungen des Ganzen. Die Mexikaner sind gewohnt, sich zu schlagen, allein jetzt sollen dies Soldaten gegen Regimenter kaͤmpfen, worunter viele ihrer Freunde, Bekannte und Verwandte, mit denen sie noch vor einigen Tagen in Eintracht lebten. Der Praͤsident Bustamente wohnt schon seit einiger Zeit im Kloester St. Agustin, welches er sicherer als den Palast glaubt. Der Palast ist dadurch besonders vertheidigt, daß die Thuͤrme der nebenstehenden Kathedrale mit Ka nonen besetzt wurden. In diesem Lande sind alle Gewoͤlbe und Mauern erstaunlich solid gearbeitet; jedes Haus kann eine gute Verschanzung werden. ö

Abends 10 Uhr. Um fuͤr den Fall einer Sperrung der Stra ßen keinen Hunger zu leiden, haben wir uns verprovigntrt unb, um uns gegen Pluͤnderer zu vertheidigen, alle Waffen in AIrdnung ge bracht, Kugeln gegossen und Patronen angefertigt. Zu Morgen fruͤh erwartet man einen Angriff auf die Citadelle.

j. September. Da das Haus, in welchem ich wohne, ganz in der Raͤhe des Klostecrs St. Agustin liegt, so hoͤrte ich waͤhrend der ganzen Nacht das Rufen der Schildwachen „quien vive!“ „sen— tinels alerta!““ Mit Recht wird dem Praͤsidenten Bustamente vorge⸗ worfen, daß er die besten Augenblicke unbenutzt voruͤbergehen lasse und so ist es auch jetzt der Fall. Als ich heute Morgen vor der Stadt spazieren ging, sah ich, wie die Pronunzirten sich ungestoͤrt mit Mu⸗ nitlon und Lebensmitteln versorgten. Die Pronunzirten haben schoͤne Kanonen und sind die am besten gekleideten Soldaten. Die eigent— liche Ursache, daß es dem General Valeneig gelang, rasch so viele Truppen an sich zu ziehen ist, daß er jedem seiner Soldgten taglich einen harten Spanischen Thaler giebt, waͤhrend die Regierungstrüp⸗= peu fast keine Loͤhnung erbalten, Bustamente hat die Zugaͤnge des Klosters St. Agustin mit Wollsacten verschanzt; bei den Kanonen vor dem Palaste stehen brennende Lunten, . .

Abends 11 Uhr. Eben wurde hier unsere starke Thur noch mit Balken und Sandsaͤcken verrammelt; andere auslaͤndische Haͤuser haben dasselbe gethan. Waͤhrend dieser Zeit hörten wir von St. Agustin schießen. . e 6

2. Septem ber. Die Kanonade von gestern war nur auf einige Desertenrs gerichtet, die aus St. Agustin fortliefen. Valeneig hat

der auf

am Rande der Stadt nach und nach alle feste Punkte in Besitz ge⸗

nommen, namentlich die Kirchen; derselbe erließ eine Proclamation, worauf die Regierung antwortete und auch darin sagte, daß die Aus⸗ laͤnder an diesem Bürgerkriege Schuld seyen; indessen haben die Ge⸗ sandten gleich darauf Noten überreicht, worin sie erklaren, daß sie fuͤr alle daraus den Auslaͤndern entstehenden Nachtheile die Mitglie⸗ der der jetzigen Regierung persoͤnlich verantwortlich machten. eit gestern sind alle Waarenlager geschlossen und ist der Befehl ergangen, die Haͤuser nicht zu verlassen. Heute Mittag wurde heftig gefeüert, mehrere Bomben geworfen, wovon aber nur wenige trafen, wir höͤr⸗ 2 deutlich das Pfeifen der Kugeln, welche uͤber unser Haus weg⸗ flogen.

3 September. Der Kampf waͤhrt laͤnaer, als man erwartete, in diesen Tagen sind manche Granaten und Bomben aus den Ver⸗ schanzungen geworfen worden, ein eigentlicher Angriff fand aber nicht statt; s sind wohl mehr Menschen, die zufaͤllig auf der Straße kamen, als Soldaten erschossen. Der Magistrat hat dem Praͤsiden⸗ ten alle Vollmachten uͤbergeben, dieser hat die 15 pCt. Konsumozoll aufgehoben, aber nur auf unbestimmte Zeit. Man redet viel davon, daß eine Pluͤnderung stattfinden werde.

September. Die Stadt ist in Belagerungsstand erklart worden, Santana ist noch in Perote und soll sich vorlaͤufig nicht weiter wagen, weil 7090 Mann ganz vorzuͤglicher Kavallerie der Re⸗ gierung ihn verhindert, die Ebene vor Puebla zu passiren.

UI. September. Heute zog der Praͤsident mit seinen Truppen gegen die Citadelle, kehrte aber bei Zeiten wieder zuruck, weil er fuͤrchtete, abgeschnitten zu werden. öi 14. Septem ber. Da die Regierung seit der Franzbsischen Blokade eine große Furcht vor Reclamationen Europaͤischer Mächte hat, so erließ sie in einem Buͤlletin die Aufforderung, daß die Aus⸗ laͤnder ihre National- Flagge von den Haͤusern wehen lassen möchten, damit im Fall einer Plünderung nur die Mexikaner heimgesucht wuͤr⸗ den, aber noch ist keine Flagge erschienen. Der Kongreß giebt sich allegerdenkliche Mühe um noch bis zum 31. Dejember zu regieren. Hestern war der Eczbischof in der Citadelle, um ein Triumwvirat zwi⸗ h en Sahtang, Balencig und Bustamente zu Stande zu bringen, die v onuztirten wollen aber nichts von solchen Vertraͤgen wissen und al⸗ lein herrschen. General Paredes wird am 17ten d. mit 14 Kanonen und 3000 Mann erwartet; wahrscheinlich wird dann Bustamente von allen seinen Truppen verlassen werden; bis dahin sitzen wir in unse⸗ ren verschanzten Haͤuseen. ;

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Der Präsident der Republik hat unterm 10. Sept. eine Pro⸗ 1 254 1 * 1818 1 ĩ , . 7

clamation an seine Mitbuͤrger gerichtet, welche solgendermaßen beginnt: . 34 . Mexikaner ; Militgir⸗Revol den ist, das s

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diese wuͤrde der Friede erhalten worden seyn, Ueberlegung und die Macht der Zeit und der Aufklaͤrung wuͤrden unsere politischen

Irrthuͤmec verbessert haben, es wurden die Leidenschaften nicht aufgeregt, noch die heiligen Namen der Freiheit und des Pa⸗ triotismus gemißbraucht worden seyn; unsere verarmte Schatzkammer wuͤrde geordnet seyn und Ueberfluß an Geld haben; in den höchsten Graden der Gesellschaft wurden nur Verdienst und Tugend sich zei⸗ gen, welcher Art auch die politische Ansicht seyn moͤchte, ohne sie end⸗ lich wuͤrde Mexiko eine ausgezeichnete Stellung unter den eivilisirten Voͤlkern der Erde einnehmen. Aber durch einen unerklaͤrlichen Wi⸗ zerspruch haben Einige, welche fuͤr unseren Ruhm und unsere Gluͤck⸗ eligkeit fochten, sich immer gegen die rechtmaͤßigen Behoͤrden empoͤrt, ndem sie das Ungluͤck, die Unordnung, Fruͤchte ihrer Verraͤthereien, benutzen. Sie beklagen sich daruͤber, daß die Autoritaͤten keine Ener⸗ gie besitzen, und sind selbst die Ersten, welche Insubordination und Ungehorsam proklamiren; sie beklagen das dffentliche Elend und bö⸗ ren nicht auf, sich auf Unkosten des Volks zu vergroͤßern und ihre Leidenschaften zu befriedigen; sie nennen die Regierung despotisch, wahrend sie mit hoͤchster Milde und Nachsicht handelt, und sie ver⸗ letzen die der ganzen Nation gebuͤhrende Achtung, indem sie sich Re⸗ formatoren und Befreier derselben nennen.“

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Praͤsident spricht dann noch weiter uͤber die Charakter— losigkeit Parteifuͤhrer, worauf er zu einer Rechtfertigung seiner Verwaltung uͤbergeht und hieruͤber unter Anderem sagt:

„Umgeben von Schwierigkeiten, waͤhrend die Republik von so verschiedenen Meinungen und Parteien bewegt wurde, die Triebfedern des Gehorsams und der Achtung gegen die Gesetze und Behoͤrden schlaff waren und jene von inneren und aͤußeren Feinden angegriffen war, lasteten auf mir alle Unordnungen der fruͤheren Revolutionen. Meiner immer reinen und patriotischen Absicht standen Ereignisse im Wege, die ich, wenn ich sie auch voraussah, nicht verhindern konnte; und die Nation kann nicht vergessen, wie groß die Verlegenheiten waren, in welche mich der Ehrgeiz der einen, das ausschweifende Be⸗ nehmen anderer, und mehr als Alles die verschiedenen Urtheile der guten Mexikaner uͤber die Maßregeln des Heils und der Ver⸗ großerung des Vaterlandes versetzten. Und wie kann ich einen einstimmlgen Beifall haben, wenn sich die Gemuͤther entzuͤnden und sich die blutigste und ungluͤckseligste Anarchie vorbereitet? Ich kann mich jedoch guf Euren unparteiischen Ausspruch be⸗ kufen, und Euch mit Freimuth und Wahrheit versichern, daß ich kein Mittel irgend einer Art versaͤumt habe, um die revolutiongire Unordnung im Zaum zu halten. Ich habe lebbaft (mit gutem Er⸗ folg, so weit es im Bereiche der erhabenen Kammern stand) auf constitutionelle Reformen gedrungen; ich babe zur Bekleidung der Ministerien Männer von bekannter Rechtlichkeit und Geschicklichkeit berufen; ich habe so viele Verbesserungen eingeleitet, als mir in den Zweigen der Staats-Verwaltung aängemessen schien; ich babe mich bemüht, gewissenhaft die Verpflichtungen des dͤffentlichen Schatzes zu erfuͤllen; ich habe puͤnktlich die zur Deckung der Zinsen der auswärtigen Schuld bestimmten Summen bezahlt, und ich babe die individuellen Garantieen aufs hoͤchste geachtet und vertheidigt. Ich habe mehr gethan; ich habe die Beleidigungen und die Angriffe dergessen, welche der Ehrgeiz oder die Verkehrtbeit auf mich machte; und ich habe waͤhrend der bedenklichen Periode meiner. Verwaltung eine Politik verfolgt, welche vielleicht nicht das Richtige fraf, die aber gewiß das Verdienst der Nachsicht und der Duldung hat.

Nachdem der Praͤsident ferner erklärt hat, da er sich stets nur als Organ des im Kongresse ausgesprochenen Nationalwillens betrachtet habe, vergleicht er hiermit das Benehmen der Gegen⸗

Partei, indem er von ihr sagt: