1841 / 336 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

Angelegenheiten herbeiwuͤnschte, was ihm von jenem Blatte sehr verargt und als ein blos aus religidösem Parteihaß, hervorgehen der, dem politischen Charakter und der Stellung O'Lonnell's ganz widersprechender Wunsch dargestellt worden war; d

Was dann die weitere Behauptung der Mor ning⸗Chro⸗ nile betreffe, sagte O'Connell, als ob er durch Herabsetzung

Espartero's Englands Macht zu schwachen suche, so sehe er keinen Grund, weshalb er England stark wunschen solle, so lange die Tories am Ruder seyen, um sein Land zu, beschimpfen und zu unterdrücken. Sein Antrag, daß dem Comité der Auftrag ertheilt werde, eine Bitschrift an die Koͤnigin um Lord de Grey's und Lord Eliot's Absetzung dem Vereine vorzulegen, wurde hierauf angenommen. - ö . . .

In den hiesigen Blättern wird jetzt wieder lebhaft uͤber die Kaͤuflichkeit der Offizier-Stellen verhandelt, und namentlich Oberst— Lieutenant Mitchel empfiehlt aufs dringendste, die jetzt als Pri⸗ vateigenthum behandelten Patente, sobald sie feil wurden, vom Staat aufkaufen zu lassen, damit dieser sie allmaͤlig nach Ver— dienst zu vertheilen das Recht erhalte.

Die Silber-Ausfuhr aus dem Londoner Hafen war waͤhrend der am letzten Donnerstage abgelaufenen Woche sehr bedeutend, indem sie 150,000 Unzen nach Rotterdam, 194,131 nach Ham— burg, 200,000 Unzen nach Calais betrug.

Auf der London⸗Croydon-Eisenbahn ist gestern fruͤh um 3 Uhr ein abermaliger Einsturz der Erdwaͤnde jenseits Neweroß erfolgt und hat die Schienen fast 360 Fuß tief bedeckt. Sogleich wurden uͤber 100 Arbeiter und zwei Maschinen in Thaͤtigkeit gesetzt, um die Erde wegzuschaffen, was jedoch mehrere Tage dauern wird.

Eine Zeitung von Monmouth berichtet, daß dieg Kartoffel— Aerndte in ganz Wales weit unter dem gewoͤhnlichen Durchschnitts— ertrage geblieben, und das bei dem nassen Wetter große Massen in der Erde verfault seyen. Auch aus anderen Theilen des Lan— des vernimmt man dieselbe Klage.

Die zu Falmouth liegende Aegyptische Korvette ist aus der Quarantaine entlassen worden. Ihre Mannschaft besteht aus 32 Aegyptern und 1090 Maltesern. Ihr Befehlshaber, Mahomed Seid, ist Capitain in der Aegyptischen Flotte und hat einen Se— cretair nebst einem Maltesischen Dolmetscher bei sich. Die La— dung von 3000 Quarter Weizen, welche sich sehr erhitzt hat, da sie 106 Tage im Schiffe war, soll sofort ausgeladen und gela— gert werden.

Belgien.

Brüssel, 29. Nov. Der Koͤnig befindet sich jetzt auf sei— nem Landgut Ardenne im Belgischen Luxemburg.

Vorgestern Abend ist auf der Eisenbahn zwischen Bruͤssel und Mons ein Zug von acht Wagen aus den Schienen gewichen. Gluͤcklicherweise war jedoch an dieser Stelle die Bahn ganz im Niveau mit dem Boden, so daß, obwohl mehrere Wagen um— stuͤrzten, die Passagiere doch nicht erheblich verletzt wurden. Es ward dadurch nur ein Aufenthalt von vier Stunden herbeigefuͤhrt.

Die Regierung hat der Repräsentanten-Kammer einen Ge— sez Entwurf vorlegen lassen, wodurch das Kontingent der Armee fuͤr 1842 auf 10900 Mann und das des effektiven Truppenstan— des auf 30,000 Mann festgesetzt wird. Ein anderer Gesetz-Ent— wurf bestimmt die Zoll-Buͤreaus, uͤber welche in Zukunft Preu— ßische Steinkohlen, die durch das diesseitige Luxemburgische gehen, in Belgien eingefuͤhrt werden koͤnnen. ..

* Brüssel, 29. Nov. Die Kammer der Repraͤsentanten ist jetzt in den Sectionen, mit der vorläufigen Pruͤfung der ver— schiedenen Zweige des sich auf 105 Millionen Fr. belaufenden Budgets beschäͤftigt. Bei Vergleichung desselben mit dem vom vorigen Jahre bemerkt man keine erhebliche Veränderungen und die Diskussion desselben wird auch minder heftig als in der vori— gen Sitzung seyn.

Die vor einigen Tagen vom Minister der auswaͤrtigen An— gelegenheiten uͤber die theilweis vollzogene, jetzt aufgehoben, Fran— zoͤsische Truppen-Konzentrirung an der Belgischen Graͤnze ge— machte Mittheilung, welche so merkwuͤrdig von der ersten Erklaͤ— rung abweicht, ist allgemein aufgefallen und mußte natuͤrlich einigen Eindruck machen. Der Minister hatte bekanntlich in der Kammer mit einer besonderen Emotion erklart, daß diese mi— litairische Maßnahme ganz ohne Wissen der Belgischen Regierung getroffen sey, und daß er selbst die Thatsache zu seinem nicht ge— ringen Erstaunen erst durch die Tagesblaͤtter erfahren und unmit— telbar von der Franzoͤsischen Regierung eine nahere Erklarung ver— langt habe. Wenn daher derselbe Minister nach 5 Ta— gen, binnen welcher Zeit die Information in Paris stattge— funden hatte, versicherte, daß die Truppen ⸗Konzentrirung, moͤge sie von der Belgischen Regierung hervorgerufen seyn oder nicht, ein neuer Beweis der Sympathie Frankreichs fuͤr Bel— gien sey, so mußte diese Sprache in der Kammer wie im Publi— kum wohl auffallen und die Opposition schickte sich auch un— mittelbar an, diese schwache Seite anzugreifen, um tiefer einzudrin— gen, als die Majoritaͤt eben so schnell dem Minister zu Huͤlfe kam und durch den votirten Uebergang zur Tagesordnung das weitere Eingehen in den Gegenstand verhinderte. Die erste, rasche von der Stimmung des Augenblicks eingegebene Erklarung mochte von der nachbarlichen Regierung etwas uͤbel empfunden werden; die letzte Mittheilung war dagegen von diplomatischen Ruͤcksichten ein— gefloͤß—t, denn es bleibt Thatsache, daß das Belgische Ministerium eine solche militairische Maßregel nicht nachgesucht hat. Sollte sie aber die Franzoͤsische Reglerung genommen haben, weil sie, wie der hiesige Minister des Innern zu verstehen gab, der neulichen Con— spiration eine zu große Wichtigkeit beigemessen, so kann dies un— moglich nach den bffentlich bekannt gewordenen Thatsachen, son— dern nur nach diplomatischen von der Belgischen Regierung selbst

ausgehenden Berichten geschehen seyn. Es ist dies auch dle kon— seguente Auslegung, welche jener Erklaͤrung des Ministers des Innern gegeben ward. Die Untersuchung des Komplots ist aller— dings allmalig ausgedehnter geworden; es war unverkennbar auch in der Absicht inquirirt, allen Verzweigungen desselben, auch mit dem Nachbarlande auf die Spur zu kommen. Ob aber die Un— tersuchung den Gerüchten, welche gleich anfangs in Umlauf kamen, aber auch zum großen Theil widerlegt wurden, eine festere Unter— lage geben wird, bleibt dahin gestellt. Man hat freilich in letzte⸗ rer Zeit von Holland aus besondere Rucksichten gegen die im Bel— gischen herrschenden Ansichten und Interessen wahrnehmen wollen und dafur Thatsachen angefuͤhrt, wie die projektirte Vollziehung des Konkordats in Hollands, die innere und äußere Pélitik in Bezug auf, die Luxemburgischen Angelegenheiten, die Ernennung zu den hoͤchsten Staats-Aemtern von noch kuͤrzlich entschieden Bei— gisch gesinnten Personen, u. a. m. Allein, ohne die Bedeu⸗ denthelt dieser Thatsachen zu bestreiten, mochten wir uns doch nicht uber Tendenzen 1 einlassen, bei der ein

ehlgreifen sehr leicht ist. Seh gg n n, n, die von verschiedenen Seiten in den Deutschen Journalen enthalten waren, und Lon den hiesigen mit⸗ getheilt wurden, daß die Deutschen Machte uͤberhaupt jede Bedro⸗

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hung Belgiens von einem Nachbarlande, von welchem es durch einen voͤlkerrechtlichen Akt separirt ist, entschieden mißbilligen und noͤthigenfalls selbst Belgien Beistand leisten wurden, sind als ein Beweis des immer freundlicheren Vernehmens zwischen Deutsch— 3 und Belgien mit besonderer Zufriedenheit aufgenemmen worden.

Die Handels-Negociationen in Paris haben ihren stillen Fort— gang. Eine Hauptschwierigkeit bildet der Leinwand⸗Artikel. Ohne die Zuruͤcknahme der letzteren von Frankreich festgesetzten Beschrän— kungen, werden die Flanderischen Provinzen, wo die Leinwand⸗Fa— brication den Hauptbetrieb der sehr bevoͤlkerten Ortschaften bildet

von dem Handels-Traktate keinen Gewinn haben, der dann nur

den Wallonischen Provinzen zu Gute kommt, und in diesem Fall duͤrfte selbst ein Traktat in den Kammern bei den Flandrischen De— putirten Opposition finden. Allein man darf auch nicht vergessen, daß die Leinwand-⸗Fabrication sich jetzt in allen Ländern in einer durch den Uebergang von der gewohnlichen Weberei zur Maschinen-⸗We— berei hervorgerufenen und immer bedeutender werdenden Krise be— sindet, und man kann es gewiß der Franzoͤsischen Regierung nicht verargen, wenn sie auch fuͤr die zahlreiche von dieser Industrie lebende Population besonders der noͤrdlichen Provinzen des Lan— des diesen Uebergang durch großere Beschuͤtzung der einhei— mischen Weberei zu vermitteln sucht; man muß sich nur keine Illusionen mehr uͤber das Endresultat des kaum eingeleiteten und schon so sichtbar sich nach der einen Seite hin entscheidenden Kampfes zwischen der alten und neuen Fabricationsweise machen. Wir glauben daher auch, daß die hiesige von der Kammer in Be— treff des Leinwand-Artikels eingesetzte ÜUntersuchungs-Kommission noch zu sehr an das lange Nebeneinanderbestehen der beiden We— bearten geglaubt und sich deshalb in mehreren von ihr vorgeschla— genen Maßregeln vergriffen hat.

Die katholischen Journale haben bis jetzt kein Wort uͤber die vom Roͤmischen Hofe an die hiesigen Bischoͤfe erlassene Ermah— nung fallen lassen, dem Antrage um Konstituirung der katholischen Universitäͤt als Civilperson keine Folge zu geben, obschon mehrere liberale Journale die Nachricht wiederholt als gewiß mitgetheilt haben. Einige Verfechter der katholischen Meinüng in der Kam— mer sind des Vorfalls wegen besonders gegen das Ministerium, als den Betreiber der Maßregel, sehr uͤbel gestimmt, und man behauptet sogar, daß dieselben auf die Diskussion des Antrages bestehen wollen, was aber nicht glaublich scheint. Wohl duͤrfte aber waͤhrend des jetzigen Stillschweigens der katholischen Blatter von den Bischöofen selbst ein Versuch gemacht werden, in Rom andere Ansichten von der Sache hervorzurufen.

Deutsche Bundesstaaten.

Stuttgart, 25. Nov. (Wuͤrtt. Bl.) Die Sitzung der Abgeordneten-Kammer, in welcher die (gestern erwaͤhnte) Verwer— fung des Antrages auf eine Staats⸗-Anwaltschaft erfolgte, begann damit, daß der Präsident mit Bezug auf die gestrigen Ver— handlungen die Frage richtete, ob auch daruͤber ein Widerspruch statt— sinde, daß in den unterstellten schwersten Straffaͤllen das bffent— liche und muͤndliche Schlußverfahren stattfinde, was durch Zuruf von der Versammlung bejaht wurde.

Ruͤmelin von Weinsberg: Bevor auf die Diskussion selbst eingegangen werde, muͤsse er sich dahin aussprechen, daß, nachdem der akkusatorische Prozeß verworfen worden sey, nach seiner An— sicht ein oͤffentliches Verfahren unausfuͤhrbar sey, weil der akku— satorische Prozeß die unentbehrliche Grundlage eines bͤffentlichen Verfahrens bilde.

von Scheurlen: Der Herr Abgeordnete habe wohl den Franzöͤsischen Anklage-Prozeß im Auge, diesen habe die Kammer allerdings verworfen, damit habe aber die Kammer noch nicht erklaͤrt, daß sie ein oͤffentliches Schluß-Verfahren nicht wolle; er sey keinesweges der Ansicht, daß die Oeffentlichkeit unvereinbar sey mit demjenigen Verfahren, wie es der Entwurf und die Kommis— sion in groͤßerer Ausdehnung wolle. Nach seiner vollen Ueber— zeugung gewähre das Schluß-Verfahren wichtige Garantieen, die gewiß mehr seyen, als eine bloße Foͤrmlichkeit, fuͤr welche man das Schluß-Verfahren ausgeben wolle.

Knapp: Wenn wir davon ausgehen, daß die offentliche Schlußverhandlung dazu bestimmt sey, die Treue der Akten zu konstatiren, wenn diese Akten die einzige und unmittelbare Grundlage der Entscheidung bilden sollen, wenn der Richter der— jenige bleiben soll, welcher zugleich den Anklaͤger gegen den Ange— schuldigten macht, so muͤsse man allerdings zugeben, daß in dem neuen Schlußverfahren keine Spur des Anklage-Prozesses sey. Wozu man dem Publikum ein Schauspiel bereiten solle? Ob es nicht eine Taͤuschung sey, wenn wir in diesem Schlußverfahren eine Anklage vorstellen, zugleich aber sagen, es finde ein Anklage— verfahren nicht statt? Wenn wir das Schlußverfahren einzig als die Kontrole der Vollstaͤndigkeit der Akten betrachten, so falle von selbst die Nothwendigkeit eines Anklaͤgers hinweg. Einem Verfahren, zu dessen Behuf man einen Staats-Anwalt bestellen wolle mit den gefäͤhrlichsten Attributen im Inquisitions-Prozeß, koͤnne er seine Zustimmung nicht geben.

Direktor von Bezzenberger: Schon in der gestrigen Sitzung habe er ausgesprochen, daß das Schlußverfahren kein Schauspiel seyn solle und auch nicht sey. Es sey bestimmt fuͤr den Angeklagten, um diesem Gelegenheit zu geben, vor dem er— kennenden Richter seine Vertheidigung vorzutragen, fuͤr den Rich— ter, um sich von der Treue der Akten zu uͤberzeugen, und fuͤr das Publikum, um die Gesetzlichkeit des Verfahrens zu erkennen. Bei dem bffentlichen Schlußverfahren sey aber die Bestellung eines Anklaͤgers unentbehrlich. Der Vortrag einer Anklage-Akte sey nicht zu umgehen, was aber von einem Mitgliede des Gerichts nicht geschehen koͤnne, ohne daß die Stellung des Gerichts gegen— uͤber Son dem Angeklagten verruͤckt wuͤrde, ein Mißstand, der auch dadurch keinesweges vermieden wuͤrde, wenn sich auch dieses Mit— glied des Gerichts der Theilnahme an der Entscheidung enthal— ten wurde.

Die Debatte ging nun zu den Paragraphen uͤber, welche die

Stellung des proponirten Staats-Anwalts betreffen. Folgendes sind die Hauptbestimmungen des Entwurfs:

IIn hoͤheren Straffaͤllen sind die eingekommenen Akten, sobald sie von dem Gerichtshofe fuͤr geschlossen angenommen worden, dem bei demselben angestellten Staats-Anwalt zu uͤbergeben.“ „Der Stagts-Anwalt ist vor allem zu pruͤfen verpflichtet, ob alle Umstände, welche auf das End -urtheil von Einfluß seyn können, durch die Untersuchung in das Klare gesetzt seyen. Entdeckt er hierbei wesent= liche Maͤngel, so hat er die zur Hebung derselben erforderliche Wieder- Aufnahme der uten fach ug bei dem Gericht schriftlich in Antrag zu bringen. Halt dagegen der Stagts⸗ Anwalt die Unter⸗ suchung fuͤr erschöpft, jedoch weder Verurtheilung noch Entbindung des Angeschuldigten von der Instanz fuͤr begründet, so hat er den Antrag auf Freisprechung des Angeschuldigten zu stellen, Tritt das erkennende Gericht diesem Antrage bei, fo findet das Schluß Ver⸗ fahren nicht statt, sondern es ist das auf Freisprechung gerichtete Erkenntniß sogleich an das üntersuchungs Gericht auszufertigen. Wird aber ein solcher Antrag von dem erkennenden Gerichte ver worfen, oder reichen nach dem Erachten des Staats-Anwalts die

erhobenen Beweise zur Verurtheilung oder zur Entbindung des An= geschuldigten von der Insianz hin, so soll der Stagts-Anwalt diese Meinung in Form einer Anklage-Akte naͤher begruͤnden.“

Die Kommission, welche den Staats-Anwalt nicht zu einem bloßen Gehuͤlfen des Gerichts gemacht wissen will, stellt hierbei den Antrag, statt der Schlußworte: „so foll begruͤnden“, zu setzen: „so soll der Staats-Anwalt die gegen den Angeschul— digten sprechenden Gruͤnde zwar in seinem Vortrag zusammen— stellen, ohne aber gendͤthigt zu seyn, einen Antrag auf Verurthei— lung oder Instanz-Entbindung in einem Anklage-Akte zu stellen.“

Direktor von Bezzenberger: Es sey mit der Stellung des Staats⸗-Anwalts nicht so unvereinbar, wie die Kommission an— nehme, wenn der Staats-Anwalt verpflichtet sey, auch gegen seine Ansicht eine Anklage zu stellen. In Frankreich, dem Vaterlande der Staats-Anwaltschaft, werde es nicht anders gehalten, denn dort habe der Staats-Anwalt gleichfalls Weisungen von dem Ap— pellhofe zu empfangen. In der Praxis wuͤrde sich die Sache nach dem Antrage der Kommission ganz mißlich machen; es ware eine Klage ohne Petitum, es muͤßte auch einen uͤbeln Ein— druck machen, wenn man zum voraus wuͤßte, daß der Staats— Anwalt und das Gericht verschiedener Ansicht seyen. .

Knapp: Eine solche an den Staats-Anwalt ergehende Weisung des Gerichts zeige, daß bereits ein Beschluß des letzteren vorliege. Das Gericht sage, der Stagts-Anwalt halte den Angeklagten fuͤr nicht schuldig, es halte ihn aber fuͤr schuldig. Hierdurch habe das Ge— richt in der That schon das Schuldig beschlossen; es sey dies ein neuer Beweis, daß diese Staats-Anwaltschaft in das ganze Sy stem nicht passe. Man spreche immer gegen fremde Institutio— nen, nehme aber jetzt gerade diejenige auf, welche die Lage des Angeklagten verschlimmere, dem außer dem Richter noch ein be sonderer Anklaͤger gegeben werde. Direktor von Bezzenber— ger: Es sey nicht nöͤthig, daß das Gericht uͤber die Schuld des Angeklagten schon im Reinen sey; es sey dies rechtlich nicht moͤglich, da ja die Vertheidigung noch nicht eingekommen sey. von Rum mel: Er sey uͤberzeugt, daß man den Staats-Anwalt nicht brauche. Das ganze inquisitorische Verfahren wuͤrde durch den Staats-Anwalt turbirt, und er sey fuͤr die Reinhaltung del selben. von Probst: Der Staats-Anwalt wurde uͤber den Richter gestellt.

Knapp: Er muͤsse einen dem Kommissions-Antrage und dem Entwurf entgegenstehenden Antrag stellen: „daß der Referent die Anklage-Akte zu fertigen habe, derselbe aber von der Entscheidung ausgeschlossen seyn solle.“ Dem Wuͤrttembergischen Publikum werde durch die Aufstellung eines besonderen Staats-Anwalts von unserem Prozeß keine andere Meinung beigebracht. Man werde wissen, daß wir Inquisitions-Gerichte haben, welche die Untersuchung von Amtswegen beginnen, fortfuͤhren und das Erkenntniß von Amts wegen auf den Grund der Akten uͤber die darin vorkommenden Anschuldigungen aussprechen, ohne daß sie an den Antrag des Staats-Anwalts gebunden seyen. Die Staats-Anwaltschaft pafsfe zu dem Inquisitions-Prozesse nicht und sey nicht nur uͤberfluͤssig, sondern auch gefaͤhrlich. Er bemerke, daß die hoͤheren Gerichte seine Ansicht getheilt haben, indem sie bei der Begutachtung des Entwurfs von 1828 sich gegen dieses neue Institut, als der Un abhaͤngigkeit der Gerichte gefährlich, ausgesprochen haben. Auch dem Mlnisterium selbst habe der Staats-Anwalt bedenklich ge schienen, indem es ihn erst durch seine selbstständige und unab— haͤngige Stellung empfohlen habe, welche freilich jetzt durch Zu ruͤcknahme des Art. 367 beseitigt sey. Es sey gefaͤhrlicher, wenn die von dem Ministerium in vielfacher Beziehung abhängigen Richter vor der Entscheidung eines Falls die Ansicht desselben erfahren, als nachher. Man koͤnne dem Publikum doch durch Bestellung eines Staats-Anwalts nicht glauben machen, daß das Gericht neutral sey. Wenn sich auch der Vertheidiger durch schoͤne Darstellung auszeichne, so stehe ihm der ruhige Vortrag des Referenten entgegen. von Mosthaf: Wenn wir einen Anklaͤger bekommen, so bekommen wir auch einen Staats-Anwalt mit Rekursrecht, und das wuͤnsche er nicht, denn durch der Staats-Anwalt bekomme der Richter immer einen Wink von Administrativ-Behöͤrde. Die Erfahrung sey auch nicht die, d die Gerichtshoͤfe zu gelind sprechen. von Zwergern: Das im Entwurf gegebene Schlußverfahren sey nichts Anderes, als eine dramatische Darstellung des Prozesses. Wenn die Kammer im Jahre 1833 um Oeffentlichkeit und Mündlichkeit gebeten habe, so habe man keinen Staats-Anwalt gewollt; es sey nichts Ande res, als eine Verstaͤrkung der Regierungs-Gewalt in Untersuchungs sachen. Die Regierung stelle die Richter an; sie werde nur solche anstellen, auf die sie sich verlassen koͤnne. Das Aergste aber sey, daß die Regierung, damit nicht zufrieden, auch noch ein Rekurs recht wolle.

Staatsrath von Prieser: Er haͤtte nicht geglaubt, daß der Regierung der Vorwurf gemacht werden wuͤrde, sie strebe, ihren Ein fluß auf die Straf-Rechtspflege zu verstaͤrken. Mit gerechter Ent ruͤstung weise er diesen Vorwurf zuruͤck. Nur um die Sicherheit der Rechtspflege zu begruͤnden und ihre Garantieen zu erhohen, habe sich die Regierung veranlaßt gesehen, den Staats-Anwalt einzufuͤhren. Wenn von dem Vertheidiger eine mit allen Red nerkuͤnsten ausgeschmuͤckte Vertheidigung vorgetragen werde, so muüsse diesem ein Gegner gegenuͤbergestellt seyn, wenn das Gericht nicht in dem nachtheiligsten Licht erscheinen solle; ohne eine solche besondere Person konne ein oͤffentliches Verfahren gar nicht statt finden. Der Stagts-Anwalt sey keine gefährliche Person, wie ihn der Abgeordnete Knapp geschildert habe; er habe nicht fämmtliche Attribute des Franzoͤsischen Staats-Anwalts; die Oeffentlichkeit hebe gewiß alle Besorgnisse. Das erkennende Gericht bleibe vor wie nach unabhaͤngig, und es sey fuͤr die Ermittelung der Schuld wie der Unschuld gleich verpflichtet; uͤberdies stehe 1a der Staate⸗ Anwalt dem Defensor gegenuber und vertrete hier die Stelle einer Partie, welche einem Mitgliede des Gerichts nicht uͤbertragen wer— den koͤnne. . 4

von Scheurlen: Der Abgeordnete Knapp wolle durch seinen Vorschlag eine Einrichtung einführen, welche 19 in keiner anderen Gesetzgebung finde. Er wolle sich nur die Bemerkung erlauben, wie denn die Stellung des ö serenten gegenuber vom Vertheidiger beschaffen seyn solle? Dieser werde in jenem ein Mitglied des Gerichts sehen und koͤnne leicht in seiner Stellung schwankend werden. Er lege einen großen. Werth darauf, daß der Angeschuldigte vor den erkennenden Richter gestellt werde, er finde hierin fuͤr jenen eine bedeutende Garantie. Wolle man aber diese Garantie, so sey eine andere Person als der Referent zu Struirung der Anklage noͤchig von Gmelin stimmt diesen Gruͤnden bei. Vom Staats-Rekurse sey jetzt noch keine Rede, den habe die Kammer noch in ihrer Hand. Holzin⸗ ger: Wenn man, wie der Abgeordnete von Mosthaf, das Schlußverfahren fuͤr eine Komödie halte, und jenes nicht wolle, so werde man auch keine Schauspieler wollen. Er halte aber das Schlußverfahren fuͤr einen sehr wichtigen und zweckmäßigen Schlußstein in dem Baue unseres Prozesses. Er könne sich nicht von der Ueberzeugung trennen, daß die unmittelbare Wahrneh— mung bei der Beweisfrage eine Hauptsache sey. Hierdurch erlan⸗

gen das entscheidende Gericht, die Parteien und das Publikum vollkommene Kenntniß von den entscheidenden Thatsachen und Beweisen. Daraus werde aber auch die Nothwendigkeit hervor— gehen, daß der Anklaͤger eine vom Richter verschiedene Person seyn muͤsse. Daß diese der Referent sey, konne er nicht anneh— men; wer sollte bei der Entscheidung referiren?

Du vernoy: Gestern sey von einer Seite her der Versuch gemacht worden, das oͤffentliche, muͤndliche Verfahren zu verdaͤchti⸗ gen, weil es sich auch in einem Staate befinde, wo noch Formen bestehen, die man in Deutschland nicht kenne. Heute trage man aber kein Bedenken, das Institut der Staats-Anwaltschaft auf jede Weise zu vertheidigen; man bedenke aber nicht, daß hiebei ein Land in Frage komme, vor dessen Institutionen gestern ge— warnt worden sey: man ziehe hierbei nicht in nähere Erwaͤgung, daß der Staats-Anwalt zu einer Zeit dort entstanden ist, wo das ultramonarchische Prinzip jede freie Außerung zu ersticken drohte. Man habe schon den Trost gehort, daß die Gerichte fuͤr die Schuld, wie fuͤr die Unschuld gleich thaͤtig zu seyn verpflichtet seyen; jetzt wagt man aber, doppelte, ja in gewissen Fällen dreifache Angriffe gegen den Angeschuldigten zu unternehmen. Camerer: Nach seinem Erachten habe der Abgeordnete Knapp uͤberzeugend darge— than, daß man einen Staats-Anwalt nicht nur nicht brauche, son— dern auch, daß ein solcher gefährlich sey, namentlich wenn man seine Einwirkung auf das Gericht vor der Entscheidung der Sache ins Auge fasse. Man brauche auch keinen Staats-Rekurs, und es wäre dieser mit dem Staats-Anwalte, der überdies im Ge— richte sitzen soll, dem er aber die Thuͤre verschließen wolle, eine bedeutende Schaͤrfung des bestehenden Rechts. Man habe gestern gehoͤrt, daß man am Bestehenden festhalten soll, und man moͤge dies bei der vorliegenden Frage besonders beherzigen.

Frhr. von Linden: Durch die Anklage-Akte des Staats— Anwalts und durch das bͤffentliche Schlußverfahren werde dem Re— ferentenwesen eine heilsame Schranke gesetzt. Der Referent sey derjenige, welcher die Sache allein bearbeite und alle Faͤden der— selben in seiner Gewalt habe. Er koͤnne befangen werden, und dies sey die bedenklichste Seite unseres Verfahrens, wobei auch Eitelkeit ins Spiel kommen koͤnne. Wenn nun kuͤnftig nicht bloß dieser Vortrag, sondern die Verhandlungen im Schlußverfahren den erkennenden Richter bei der Entscheidung leiten, so werde auch der Staats-Anwalt nicht weiter bedenklich erscheinen. Waaser: So sehr er die gegen den Antrag des Abgeordneten von Gerabronn (Knapp) erhobenen Bedenken theilweise anerken— nen muͤsse, so halte er es doch noch fuͤr besser, diesem Antrag bei— zutreten, als fuͤr einen vom Ministerium ganz abhängigen Staats— Anwalt zu stimmen, und dadurch ein gesetzliches Organ zu schaf— fen, durch welches die Ansichten und Wuͤnsche des Ministeriums den Gerichten in den vor ihnen anhaͤngigen Straffaͤllen zukom— men koͤnnen. Es scheine ihm eine solche Schoͤpfung nichts Ge— ringeres als die verfassungsmaͤßig garantirte Unabhaͤngigkeit der Gerichte wieder aufzuheben, daher er sich dagegen erklaͤre.

Bei der hierauf erfolgenden Abstimmung wurde (wie bereits erwahnt) die zu dem Schlußverfahren in höoͤheren kreisgerichtli— chen Fallen durch den Gesetz-Entwurf und nach dem Kommissions— Antrag in Antrag gebrachte Staats-Anwaltschaft mit 142 gegen 36 Stimmen verworfen.

Würzburg, 30. Nov. Der hier herauskommende Fraän— kische Courier, welcher acht Tage lang nicht ausgegeben wurde, ist heute zum ersten Male wieder erschienen. Er giebt die Gruͤnde nicht an, weshalb die Unterbrechung eigentlich eingetreten, doch geht aus einem an der Spitze des Blattes besindlichen Artikel hervor, daß ein Verbot nicht stattgefunden und die Redaction vielmehr sich selbst veranlaßt gefunden habe, ihre Zeitung einige Tage lang nicht erscheinen zu lassen.

Dresden, 1 Dez. Der Schauspieler Pauli, ein auch im übrigen Deuschland ruͤhmlichst bekannter Kuünstler, ist am 28. No— vember mit Tode abgegangen und heute unter zahlreicher Theil— nahme zur Erde bestattet worden.

Italien.

Nom, 20. Nov. Prof. Welcker aus Bonn ist vorgestern Abend von Florenz hier eingetroffen, und hat bereits gestern in der Sitzung des archaͤologischen Instituts präͤsidirt. Er beabsich— tigt einen Theil des Winters hier zuzubringen und dann uͤber Neapel, Sicklien und Griechenland noch einmal hierher zuruͤckzu— kehren.

Spanien.

Barcelona, 21. Nov. Der Belagerungs-Zustand waͤhrt noch immer fort, doch haben keine Verhaftungen stattgefunden. Maͤn versichert indeß, daß der gewoͤhnliche Zustand in wenigen Tagen wiederhergestellt werden solle, und daß die drei entwaffne— ten Bataillone der National-Garde reorganisirt werden wuͤrden. Der Constitucional, welcher noch immer gegen diesen excep— tionellen Zustand energisch protestirt, enthalt eine Proclamation, welche die National-Gaͤrde, das Ayuntamiento und die Provinzial— Deputation von Taragona in dieser Beziehung an den Regenten gerichtet haben.

O Madrid, 21. Nov. Wenn ich Ihnen gestern als meine Vermuthung aussprach, daß die durch das Eco del Commercio vertretene Partei der Central-Junta vom September vorigen Jahres von nun an der Regierung den erbittersten Widerstand leisten, und die dem Anschein nach unterlegene Sache der Junta von Barcelona verfechten und wo moöoͤglich wieder aufrichten werde, so sindet sich diese Ansicht durch einen Artikel, welchen das er— waͤhnte Blatt heute enthält, nur zu sehr gerechtfertigt. Die Re gierung selbst hat vermittelst Einberufung der Cortes ihren Geg— nern die Schranken des Kampfplatzes geöffnet, und der Feind ent⸗ wickelt bereits heute mit ziemlicher Offenherzigkeit seinen Plan fuͤr den bevorstehenden Feldzug. Das Eco spricht zuerst seinen Tadel darüber aus, daß man so lange mit der Einberufung der Cortes gezögert habe, und sagt dann ziemlich spoͤttisch, die Vertreter des Volkes wuͤrden wohl von den umsichtigen Maßregeln unterrich— tet werden, durch welche die Regierung dem Ausbruche der gro— ßen Verschwoͤrung vom Oktober Sorzũübeugen gewußt hätte.

„Wir werden, sagt jengs Blatt, die Belohnungen oder die Strafen erfahren, die man den Beamten der Regierung ertheilt hat, die nichts thaten, um der Explosion der Mine vorzubeugen; denn bis jetzt haben wir mehr Belohnungen als Straf⸗lirthelle gesehen.“

Als den Hauptpunkt aber, der in den naͤchsten Cortes zur Sprache kommen werde, bezeichnet das Eco die Lage von Barcelona. „Wir sind äͤußerst uͤberrascht, heißt es, durch die Richtung die der General-Capitain nach seinem Einrücken in Bartelon eingeschlagen hat. Der Belagerungszustand, unter den Umständen, in denen sich Barcelona befindet, ist widerrechtlich, mit den neuesten Verordnungen in Widerspruch, und uͤberdies in jeder Hinsicht unnuͤtz“ Um die Widerrechtlichkeit darzuthun, beruft sich das Eco auf ein Dekret, welches die provisorische Regentschaft am

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14. Januar erließ, und in welchem es ausdruͤcklich heißt, daß nur in den Fallen, wenn eine Ortschaft wirklich und in der That durch aͤußere oder innere Feinde belagert ware, die Militair⸗Behörden den Belage⸗ rungszustand aussprechen koͤnnten, und es dagegen bei geseßzlicher Strafe streng untersagt waͤre, unter was sonst fuͤr Umstanden den Belagerungszustand zu verhängen.“ (Dieses Dekret erließ die Re⸗ gentschaft, um auf die Moderirten den Vorwurf zu werfen, als ob sie nur vermittelst der Verkuͤndigung des Martial⸗-Gesetzes haͤtten regieren koͤnnen, waͤhrend den Progressisten der bloße Buch— stabe des Gesetzes genuͤge. Ehe das Jahr um ist, haben die Ur— heber jenes Dekretes Gelegenheit, die Unfehlbarkeit ihres Aus— spruches zu erproben.) „Barcelona“, fährt das Blatt fort, „war von außen durch Niemand belagert, es sey denn durch den Ge— neral-Capitain selbst, der sich in der Umgegend mit beträchtlichen Streitkraͤften aufgestellt hatte. Im Inneren leistete Niemand Widerstand, man verschloß dem Militair-Chef die Thore nicht, und man räumte sogar alle Hindernisse aus dem Wege, die sich dem Einruͤcken der Truppen haͤtten entgegenstellen koͤnnen.“ Dann erweist das Eco, daß es voͤllig unnuͤBß war, Varcelona im Bela— gerungszustand zu erklaͤren, da nicht einmal uͤber Madrid, waͤh— rend des Ausbruchs des offenbaren Aufstandes vom J. Oktober, jene Maßregel verhaͤngt worden waͤre. „Wir werden sehen“, heißt es weiter, „auf welche Weise sich die Regierung vor den Cortes rechtfertigen wird, wenn ihr diese und andere Bemerkungen vorgelegt werden. Die uͤbrigen Verfuͤ— gungen des Generals van Halen sind nicht weniger gesetzwidrig,

denn kein Militair-Chef hat, wo die Gesetze Castiliens gelten, dle Befugniß, Provinzial-Deputationen, Ayuntamientos oder National— Milizen aufzuloͤsen. Es ist noch sehr die Frage, ob die hoͤchste Regierung selbst dies konne; aber Niemand bezweifelt, daß die Militair-Behoͤrde gesetzmäßig unbefugt ist, dergleichen vorzu— nehmen. . . Fuͤr die letzten Akte der Volks-Behörden von Barce— lona hatte der General-Capitain ihnen nur dankbar seyn muͤssen; fuͤr die ersten konnte er sie keinesweges verdammen, denn wenn aus ihnen die Errichtung der Junta hervorging, so erwarb sich diese auch den Beifall des Herrn van Halen, des Gefe politico und der Regierung selbst. . Da man nun einmal unbedachtsamerweise an— gefangen hat, in den Angelegenheiten Barcelona's seit der Proclamation des Regenten auf eine so verkehrte Weise zu verfahren, und da man seitdem die neuerlichen Unbesonnenheiten begonnen hat, welche die Lage noch mehr verwickeln, so muß die Regierung uͤber diesen Zustand gar sehr nachdenken, dem einmal veruͤbten Uebel abzuhel— fen, und dessen Zunahme vorzubeugen suchen; denn auf die Re— gierung werden die Folgen fallen, sie wird den Angriffen ausge— setzt seyn, welche die parlamentarische Redner-Tribuͤne gegen sie richten wird, und unter anderen Uebeln kann das schlimmste von allen eintreten, daß naͤmlich die Cortes inmitten heftiger Opposi— tions-Konflikte, die man fuͤr jetzt gar sehr vermeiden sollte, eroͤff— net wuͤrden.

Diese Sprache ist deutlich genug; in ihr liegt eine direkte

.

Aufforderung an die Patrioten Barcelona's, sich den vom General van Halen getroffenen Maßregeln zu widersetzen, wahrend dieser verkuͤndigt, Jeden, der seinen Befehlen nicht gehorche oder sie be— krittele, erschießen lassen zu wollen. In ihr liegt zugleich eine offene, gegen das jetzige Ministerium und dessen System ausge— sprochene Kriegs-Erklaͤrung, und mit Recht darf man nunmehr fragen: Auf wessen aufrichtigen Beifall kann der Regent bei sei— ner bevorstehenden Ruͤckkehr hier rechnen? Uebermorgen soll er hier eintreffen.

Rubini, der sich hier am 17ten in Lucia di Lammermoor hoͤren und bewundern ließ, ist von der hier fast immer toͤdtlichen Pulmonie befallen worden. Er wird in dem Palaste des Herzogs von Osunng mit der größten Sorgfalt behandelt.

Nachschrift. Der oben mitgetheilte Artikel des Eco hat hier das allergrößte Aufsehen erregt.

Türkei.

Konstantinopel, 3 Nov. (Jour. de Smyrne.) Das Benehmen der Griechischen Regierung gegen die Pforte in Bezug auf muselmaäͤnnisches Eigenthum in Griechenland und die in Chalois statt gehabten Angriffe auf die Unterthanen des Sultans, bilden jetzt den Hauptgegenstand aller Unterhaltung.!

Am vorigen Donnerstag speisten die Repraͤsentanten Frank reichs, Englands und Rußlands bei dem Minister der auswaͤrti gen Angelegenheiten, Rifaat Pascha. Nach dem Diner fand auf Verlangen des Ministers eine lange Konferenz uͤber die Griechi— schen Angelegenheiten statt. Unabhaͤngig von dieser Konferenz hat die Pforte diesen drei Gesandten eine offizielle Note uͤber sandt, worin sie, nach Aufzahlung ihrer gerechten Beschwerden gegen die Griechische Regierung den Wunsch ausspricht, die ver schiedenen zwischen beiden Landern schwebenden Fragen durch die Mitwirkung der drei Hoͤfe auf freundschaftliche Weise erledigt zu sehen. Sollte jedoch die Griechische Regierung, trotz der Ver— mittelung der Schutzmaͤchte, bei ihrer Weigerung, der Gerechtig— keit Gehoͤr zu geben, und sich zu einer freundschaftlichen Aus— gleichung zu verstehen, beharren, so werde die Pforte sich ge— zwungen sehen, Repressalien zu gebrauchen. Die Antwort auf diese Note kennt man noch nicht, da aber die Billigkeit und das gute Recht unbestreitbar auf Seiten der Pforte ist, so zweifelt man nicht daran, daß die Gesandten die gesetzmäßigen Forderun— gen derselben nachgeben, und sich bei ihren Höfen nachdruͤcklich dafuͤr verwenden werden, um endlich einmal den so gegruͤndeten Beschwerden der Pforte Abhuͤlfe zu verschaffen.

Da die Differenzen, welche seit einiger Zeit zwischen dem Fuͤr— sten von Serbien und einigen der hoͤchsten Beamten dieser Pro— vinz bestanden, durch die Vermittelung und die Weisheit des Os— manischen Ministeriums ausgeglichen sind, so hat der Sultan den noch hier befindlichen Serbischen Deputirten die Erlaubniß zur Abreise ertheilt und Emir Efendi beauftragt, sie zu begleiten. Avram, Chef der Serbischen Deputation, wird heute die Ehre ha— ben, sich persoͤnlich bei dem Sultan zu beurlauben.

Konstantinopel, 10. Nov. (A. 3.) In Folge der Kon— ferenz vom 29. Oktober haben die Repraͤsentanten von Frankreich, Großbritanien und Rußland eine gemeinschaftliche Note an die Pforte erlassen, worin sie mit Vermeidung aller Beruͤhrung der eigentlichen Frage und der gegen Griechenland von der hohen Pforte erhobenen Klagen blos die Nachtheile aufzählen, die aus der fortgesetzten drohenden Haltung des Ottomgnischen Gouverne— ments fuͤr die Ruhe des Orients und selbst für den allgemeinen Frieden entstehen mußten. Vorzuͤglich wird dem Tuͤrkischen Mi— nisterium die Unvermeidlichkeit ans Herz gelegt, worin sich Grie— chenland versetzt sehen mochte, seinerseits Gegenmaßregeln zu er— greifen, die zur Sicherheit des Griechischen Gebiets, zum mindesten in Zusammenziehung eines Griechischen Corps an der Thessalischen Graͤnze bestehen mußten. Diese Vorstellungen scheinen nicht den Eindruck bei der Pforte hervorgebracht zu haben, den man viel— leicht erwartete, denn der Befehl, welchen der Großherr erlassen, in der Gegend von Larissa ein großes Lager zu koncentriren, ist nicht nur nicht zuruͤckzenommen worden, sondern es ergingen in

den letzten Tagen von hier aus in die sudlichen Provinzen Detail⸗ Befehle daruͤber ab; so sind mehrere Abtheilungen ilizen von Albanien und Macedonien nach jener Gegend beordert, und von unserem Paschalik einige regulaire Truppen nach Thessalien instra⸗ dirt worden. Nebst dem genannten wird auch bei Sophia an der Donau ein zweites und in der Ebene von Adrianopel ein drittes Lager errichtet.

! Eine Klage sonderbarer Art ist von den schismatischen Ma⸗ roniten des Libanon bei der Pforte anhaͤngig gemacht worden. Sie behaupten, daß die Geistlichen der unirten Maroniten das Recht nicht hatten, Priestermuͤtzen von derselben Form und dem⸗ selben Schnitt wie die Geistlichen der Nichtunirten zu tragen, und bitten die Pforte um Abhuͤlfe gegen diesen Mißbrauch. Die Katholiken wenden dagegen ein, die Priesterschaft der Maroniten hätte sich in fruheren? Zeiten immer dieser Muͤßen bedient, und gerade die Schismatiker haͤtten durch ihr Schisma das Recht auf das Tragen der streitigen Kappen verloren. Die Nichtunirten erwiedern darauf, nicht sie seyen die Abtruͤnnigen, sie seyen viel⸗ mehr dem Glauben ihrer Baͤter stets treu geblieben, sondern ihre Gegner, die durch ihren Abfall von der Religion ihrer Vorfahren (einer Art von Monotheismus) und durch ihre Vereinigung mit Papst (im Jahre 1736) nicht mehr zu ihrer Kirche und ihrem Ritus gehoͤren. Die Pforte soll nun diesen Streit entscheiden! Wir wurden dies nicht der Erwähnung werth gefunden haben, wenn nicht diese Spaltung unter den Maroniten den Drusen den Vorwand geliehen haͤtte, den bekannten Einfall in die Maronitische Provinz Chalfun zu machen.

Die Wiederbelebung der Griechischen Tragödie. (Vergl. Staats-Zeitung Nr. 308 und 316.)

Als der große Lorenzo von Medici, dessen Andenken jetzt so vieles unter uns Geschehende zuruͤckruft, seine Lehrer, den Erklaͤ—⸗ rer Dante's, Landino und den Uebersetzer Plato's und Plotin's, Ficinus, die drei poetischen Bruͤder Pulci, den gelehrten Politian, den Architekten Alberti, den Dichter Accolti und andere der ersten Geister Italiens in Florenz um sich versammelte und auf seinen Anlaß Politian die Nachbildung einer antiken Tragoͤdie unternahm, ahnete wohl kein Mitglied jener heiteren „platonischen“ Aka⸗ demie, viel weniger die Zeitgenossen, was aus jenem spielend aus⸗ geworfenen fruchtbaren Keim sich entwickeln werde. Etwa 1474 wurde Politian's wundersamer Orfeo zu Ehren eines Kardinals Gonzaga zum erstenmal aufgefuüͤhrt. Zwar die beabsichtigte Wiedererweckung der alten Buäͤhne blieb aus; aber eine neue Kunstgattung, die Oper, hatte ihren Anfang gefunden, um bis auf unsere Tage, diesseits und jenseits der Alpen, immer reichere Bluͤthen zu treiben und alle Welt zu erfreuen. Nicht das abgestor— bene, verwelkte, fremd gewordene, ein frisches, junges Leben ging hervor! Ein ähnliches Unternehmen bietet sich jetzt dar, hervor⸗ gerufen mit gebildeteren, geistigen und äußeren Mitteln durch Königliche Kuünstliebe. Nur im Hinblick auf den aus diesem Wurf des Genies zu erwartenden Erfolg und im Sinne des erha— benen Veranstalters, hielt es der Unterzeichnete des Versuches werth, den gemachten vielversprechenden Anfang von dem gefaͤhr— lichen Erproben schwankender antiquarischer Hypothesen zu be— freien, damit die wahrhafte Schoͤnheit der antiken Tragoͤdie, un— verdunkelt durch Mißverständnisse, nicht blos der gelehrten For— schung, sondern, wo möglich, der lebendigen Kunst unserer Zeit, als Vorbild allseitiger Vollendung, zu gute komme; und um zu hindern, daß nicht jene erkaͤltende Kritik der Halbwissenden, die schon anfing sich laut zu machen, die aufleuchtende Flamme, noch ehe sie gezuͤndet, wieder ausloͤsche.

Nach dem Erscheinen meines zweiten vorlaͤufigen Versuches uͤber die Einrichtung des Griechischen Theaters in Nr. 316 der St. Ztg., nahm gleich in dem folgenden Blatte Nr. 317 ein hoch⸗ verdienter Gelehrter, welchem man besonders in diesem Gebiete gern die erste Stimme zugesteht und der bei den so gelungenen Auffuͤhrungen der Antigone selbst betheiligt war, hiervon Veran⸗ lassung, uͤber den besprochenen Gegenstand seine beistimmende An— sicht zu ußern, mit gewohnter Gelehrsamkeit sich auch uͤber die Punkte verbreitend, welche ich zum Theil mir noch vorbehalten hatte, und mit der Andeutung, daß es wuͤnschenswerth scheine, die Verhandlung nunmehr als geschlossen anzusehen. Obwohl aufgefordert, demungeachtet auch meinerseits fortzufahren, fuͤge ich doch fuͤr jetzt mich gern der Weisung meines gelehrten Freundes. Nicht, daß ich alle Fragen schon fuͤr erschoͤpft hielte, um die Akten zu schließen; sondern weil ohne genaues Eingehen auf Einzelnhei—⸗ ten der geschehenen Auffuͤhrungen, die kaum denen, welche das Gluͤck hatten, dabei gegenwärtig zu seyn, jetzt noch deutlich genug vorschweben, uͤber ein solches Thema sich nichts Befriedigendes sagen laßt; und weil hoffentlich die Gelegenheit, darauf zuruͤckzu—⸗ kommen, bei dem rege gewordenen offentlichen Antheil an dieser Wiederbelebung der Griechischen Tragoͤdie, durch eine neue Dar— stellung der Antigone oder eines anderen Stuͤckes, worauf auch Boeckh hindeutet, wohl nicht lange auf sich warten lassen wird. Gleichwohl muß ich um Erlaubniß bitten, schon jetzt noch einmal das Wort nehmen zu duͤrfen, um wenigstens das Ziel anzudeuten, wohin ich meinen Vortrag richten wollte; zumal da dasselbe sich als ein ganz anderes ausweisen moͤchte, als vermuthlich von den meisten nachsichtigen Lesern der bisher von mir veroͤffentlichen Be⸗ merkungen vorausgesetzt worden seyn mag. Nur muß ich be⸗— dauern, daß die nothwendige Kuͤrze, welche die allgemeinere Be— stimmung der St. Ztg. mir zur Pflicht macht, bei der Wichtig⸗ keit der zu beruͤhrenden Fragen, die zu wuͤnschende klare Verstäͤn— digung erschweren wird. Muß ich doch fuͤrchten, der Geduld po— litischer Leser schon laͤngst viel zu viel zugemuthet zu haben.

Die durchaus eigenthuͤmliche Schoͤnheit der Griechischen Tra— goͤdie beruht auf dem gleich schwebenden, mit dem feinsten Sinne bemessenen harmonischen Einklang aller dabei zusammenwirkenden Kuͤnste. Poesie, Musik, Tanz, Vortrag, ideales Kostuͤm und mi— mische Darstellung vereinigten sich zur Hervorbringung eines be— seelten organischen Ganzen, das diesem Allen zugleich angehoͤrt und in dessen vollendetem Wohllaut die Leistung seder einzelnen Kunst eben sowohl bedingt als gehoben ward durch den Wechsel— Einfluß saͤmmtlicher ubrigen, während Alles emporgetragen schien durch die heiligende Bestimmung des theatralischen Spieles uͤber— haupt, als einer religibsen Festfeier fuͤr ein ganzes versammeltes Volk, woran der gegenwartige Altar in der Mitte der Orchestra bestaͤndig erinnerte. Wird einer der nothwendigen Faktoren die— ses feingewogenen, innigst verbundenen harmonischen Verhäͤlt⸗ nisses abgeandert oder ganz weglassen, oder ein bedingendes Mo⸗ tiv geschwächt, so verschwindet der Zauber, der nur der Zusam⸗ menwirkung aller angehoͤrt. Ja, noch mehr! Wird jenes magi⸗ sche Band der Schönheit, die schlechterdings und allenthalben nur auf Einklang und Steig erung beruht, aufgelbst, so erscheint der Beitrag jeder einzelnen Kunst, für sich allein betrachtet, viel leicht seltfam beschränkt oder selbst mangelhaft, wahrend vorher Alles und Jedes eine höhere Bedeutung erhielt durch seine noth⸗