1841 / 340 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

Der Englische Ingenieur Mills hat der. Franzoͤsischen Re⸗

gierung einen? Plan eingereicht, wonach alle Häuser in Paris, bis

6 dritten Stockwerk hinauf, mit trinkbarem Wasser, und zwar

edeutend wohlfeiler als jetzt, versehen werden sollen. Bei den vergleichenden Berechnungen, die bei dieser Gelegenheit zwischen London und Paris angestellt werden, ergiebt sich, daß London 191,966 Häuser enthält, in welchen 1,146,396 Einwohner leben, während Paris nur 10000 Häuser hat, in welchen 909, 126 Ein⸗ wohner leben, so daß im Durchschnitt auf ein Haus in London etwa 6 Bewohner, und auf ein Haus in Paris etwa 22 bis 23 Bewohner kommen. Man hat berechnet, daß die Stadt Paris für trinkbares Wasser jährlich etwa 4 Millionen Fr. bezahlt, und

soll diese Ausgabe, nach dem Anschlage des Herrn Mills, auf

1,500 00 Fr. beschränkt werden. Der Contre-Admiral Parseval-Deschene ist zu See-Praͤfek⸗ ten von Cherbourg ernannt worden.

In Coulommiers hat vor einigen Tagen ein Wachtmeister

des hten Lanzier⸗Regimentes, Namens Martin, ein Portefeuille gefunden, welches 34,000 Fr. in Bank-Billets enthielt. Er beeilte

sich, seinen Fund einem Notar zu uͤbergeben, der den Besitzer

bald ermittelte. Ein nicht unbedeutender Theil jener Summe ward dem Finder als Belohnung angeboten; derselbe weigerte sich aber hartnaͤckig, irgend etwas anzunehmen, da er, wie er sagte, nur seine Schuldigkeit gethan hätte. Ein seltenes Beispiel von

Uneigennuͤtzigkeit, Rechtlichkeit und wahrer Sittlichkeit in unserer

geldgierigen Zeit!

Ein Schneidergeselle, der von Quenisset als bei dem Atten— tate vom 13. September betheiligt denunzirt worden war und sich lange den polizeilichen Nachforschungen entzogen hatte, stuͤrzte sich gestern, als man im Begriff stand, ihn zu verhaften, drei Stock hoch zum Fenster hinaus und blieb auf der Stelle todt.

Börse vom 2. Dezember. Das Sinken der Franzoͤsi— schen Renten dauerte heute fort, und wurden Gruͤnde verschiede— ner Art fuͤr diese ruͤckzaͤngige Bewegung angegeben. Es hieß, das Haus Rothschild wuͤrde in der bevorstehenden Liquidation viele Renten liefern, um Geld fuͤr die naͤchsten Termine der Anleihe anzuschaffen. Man sprach auch von neuen diplomatischen Zwistig⸗ keiten, die durch die Griechische Frage veranlaßt worden waͤren. Die 3 proc. Rente fiel von 80. 20 auf 79. 75 und schloß zu 79. 95.

; FR Paris, 2. Dez. Das Journal des Täbats be⸗ kaͤmpft heute die Kandidatur des Herrn von Lamartine fuͤr den Vor— sitz in der Kammer, indem es behauptet, daß dieselbe nur von der Partei des Herrn Thiers ersonnen sey und unterstuͤtzt werde um dem Ministerium gleich mit dem Beginn der Sitzung eine Ver— legenheit zu bereiten. Wir wollen es dahin gestellt seyn lassen in wiefern diese Auslegung der Beguͤnstigung der Lamartinischen Kan— didatur durch einige der dem Chef des vorigen Kabinets ergebe— nen Blaͤtter sich rechtfertigen lasse; das Wichtige bei dieser Sache ist, daß die Regierung die Bewerbung des Herrn von Lamartine um den Praͤsidentenstuhl desavouirt, daß sie sich fuͤr die Wiedererwaͤh⸗ lung des Herrn Sauzet erklart, und daß damit eine Veraͤnderung in der Gruppirung der parlamentarischen Parteien, wie sie die

unvermeidliche Folge eines Praͤsidentenwechseis gewesen seyn wurde,

aus dem politischen Feldzugsplane des Ministeriums beseitigt zu seyn scheint.

Die Meinung aller der Verhaͤltnisse Kundigen gebt dahin,

daß das Ministerium auch ohne außerordentliche Vorbereitungen auf eine staͤtige Majoritaͤt rechnen koͤnne, die, ohne sehr bedeutend zu seyn, doch hinreichen werde, um seinen Bestand bis an das Ende der Session sicher zu stellen. Zwar hoͤrt man von die— ser und jener Seite die entgegengesetzte Ansicht laut werden, und selbst von der Aufloͤsung der Kammer als dem einzigen Rettungs⸗ mittel des Kabinets sprechen, allein dies Alles ist nur Partei⸗Tak— tik, Spiegelfechterei, die keinen anderen Zweck hat, als das Pu— blikum irre zu leiten und den Anhang der Regierung zu verwir⸗ ren. Die einzige wirkliche Gefahr, der das Kabinet fuͤr die naͤch⸗ sten sechs Monate ausgesetzt ist, ist die der inneren Uneinigkeit, welche durch irgend eine der schwebenden Geschaͤftsfragen, am leichtesten durch irgend eine Finanz-Kontroverse zum unheibaren Ausbruche gebracht werden konnte. Die große finanzielle Schwie⸗ rigkeit, welche die Regierung vor sich hat, besteht in der Aufgabe, die umfassenden Unternehmüngen zum oͤffentlichen Nutzen, beson— ders die den Bau von Eisenbahnen, welche die bͤffentliche Mei— nung gebieterisch fordert, mit der Fortsetzung der Befestigung von Paris und mit der fortdauernden Unterhaltung eines Heeres von S0, 000 Mann in Afrika zu vereinigen. Frankreich hat Kraͤfte zu großen Dingen, aber zur gleichzeitigen Ausführung dreier Unter— nehmungen, wie die genannten, ist es doch zu schwach, oder seine anderweltigen kostspieligen und dringenden Staats⸗Beduͤrfnisse lassen ihm wenigstens keine zureichenden Mittel dazu uͤbrig. Nun wird die Regierung um keinen Preis den Pariser Festungsbau aufgeben, sie wird ihn selbst nicht lauer als bisher betreiben wol— len, denn sie fuͤhlt fehr gut, daß die Vollendung dieses Werkes, auf das sie so große Hoffnungen setzt, mit jeder Zoͤgerung proble— matischer wird. Was ferner Afrika betrifft, so hat das Ministe— rium, weit entfernt, eine Verminderung der Occupations-Kosten fuͤr zulaͤssig zu halten, die Verstaͤrkung der dortigen Armee um S000 Mann beschlossen, wodurch denn das Afrikanische Budget allermindestens auf jene hundert Millionen gebracht werden wird die der General Bugeaud noch vor drei oder vier Jahren von der Kammer, wie die chimarifche Erfuͤllung einer unerlaͤßlichen Bedingung der wirklichen Besitznahme von Algerien forderte. Was kann ünter solchen Umstäͤnden für Eisenbahnen und andere oͤffent⸗ liche Anlagen übrig bleiben, welche bei dem Mangel an solidem Associations geiste in Frankreich nur auf Kosten, oder wenigstens mit nachdruͤcklicher Unterstuͤtzung von Seiten des Staats ausge— fuhrt werden koͤnnen? Allerdings hat die Regierung noch 300 Millionen von der in der vorjaͤhrigen Session bewilligten Anleihe k ihrer Disposition, aber es ist sehr zweifelhaft, ob sich das Ka— inet zum zweitenmale dahin einigen könne, den Kredit des Staats auf schwere Bedingungen hin, für Zwecke in Anspruch zu nehmen, . Nothwendigkeit nicht Jedermann als erwiesen er— Eine der belangreichsten industriellen und ir ö lichen Fragen, mit denen sich die Kammer zu ee , rh, wird, ist auch dieses Mal das Verhältniß des einheimischen zum Kolonialzucker. Alle bisherigen Versuche, ein gewisses Gleichge— wicht zwischen diesen beiden Zweigen der Zucker-Fabrication hör— zustellen, haben sich als ungenuͤgend exwiesen, wenigstens in dem Sinne, daß weder die Westindischen Pflanzer, noch die Franzoͤsi—= schen Ruͤbenzucker-Fabrikanten durch die ergriffenen Maßregeln zufriedengestellt worden sind, so daß vielmehr beide Theile von der n,, ihrer gegenseitigen Konkurrenz ihren unvermeidlichen uin erwarten. Bie Kolonisten verlangen Gleichheit der Be— steuerung für beide Produkte, das heißt mit anderen Worten die vollstaͤndige Confiscation der einheimischen Industrie, die Vertre⸗ ter des Ruͤbenzuckern dagegen wollen sich nur mit Beguͤnstigungen begnügen, welche den Kolonial⸗Zucker so gut wie ganz vom Fran⸗ zöͤsischen Markte ausschließen wuͤrden. Da sie nd bn nicht hof⸗

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fen důrfen mit solchen Forderungen durchzudringen, so erbieten sie sich, ihre Industrie gegen vollständige Entschädigung fallen zu las⸗ sen, und es ist gewiß, daß eine große Zahl von Zuckerfabriken schon seit Jahren nur aus Speculätion auf diese Entschaͤdigung fortbetrieben wird. In der bevorstehenden Sikung der Kammern wird diese Angelegenheit allem Anschein nach zu einer definitiven Entscheidung kommen. Sprache, was gar nicht unwahrscheinlich ist, die Legislatur wirklich das unbedingte Todes- Urtheil uber die einheimische Zucker-Industrie, so wuͤrde damit dem Staatsschatze ein neues Opfer von 10 bis 50 Millionen auferlegt. ;

Großbritanien und Irland.

Lon don, 1. Dez. Bei dem Lever, welches neulich der neue Vice-Köoͤnig von Irland, Graf de Grey, hielt, hatten sich einge— funden: 11 Pairs und Herren vom Adel, 11 Bischoͤfe, 5 katho— lische Bischoͤfe, 35 Soͤhne von Lords, 45 Baronets und Ritter, 10 Dechanten, 11 Archidiakonen, 300 Geistliche, 13 Richter, 3 Serjeants, 25 Kron-Advokaten, 14 Generale, 51 Obersten, 10 Majore, 110 Capitaine der Armee und der Flotte, 38 Lieutenants, 22 Mitglieder des Parlaments, 140 Vice-Lieutenants der Graf— schaften, nicht vom Adel; 90 Doktoren der verschiedenen Wissen⸗ schaften, 6 Aldermen; zusammen etwa 1000 Personen. Dabei sind der Hofstaat des Vice-Koͤnigs und die Beamten und Pri— vat-Personen, die in jene Klassen nicht gehbren, noch gar nicht gerechnet. Die ganze. Anzahl soll an 1506 bis 1600 betragen ha— ben waͤhrend in fruͤheren Zeiten 600 schon fuͤr eine zahlreiche Versammlung galt.

Die Times haͤlt den Whig-Blaͤttern vor, wie sehr sie sich in ihrer Hoffnung getaäuscht hätten, daß Irland einem konservati— ven Ministerium unuͤberwindliche Schwierigkeiten in den Weg legen würde. „Es wurde“, sagt sie, „seine Schwierigkeiten haben, das uͤbermuͤthige Vertrauen zu schildern, womit jene Blatter ver— kuͤndigten, daß ein konservatives Ministerium auch nicht eine Woche lang die Verwaltung in diesem Lande fuuͤhren konnte. Der Lord von Derrynane (O'Connell) sollte 6 Millionen Repealer nicht gerade unter den Waffen, aber doch mit sehr unlenksamen Gesinnungen zur Disposition haben. Die katholische Geistlich— keit, hieß es, wuͤrde einen Donner von Schmaͤhungen erlassen, wie olcher feit Jupiters Zeiten ganz aus der Mode gekommen. Die Orangisten wuͤrden solche ausschließliche Vorrechte erlangen, und die Vice-Koͤnige wuͤrden so fuͤgsam seyn, dieselben zu gewaͤhren, daß das Gesetz uͤber Emancipatien der Katholiken zu einem tod— ten Buchstaben heruntersinken wurde. Protestantische Unterdruͤk⸗ kung, Englische Bajonette, Toryistische Uebergewalt und allgemei— ner Aufruhr wurden an der Tagesordnung seyn. Mit einem Worte, Irland wuͤrde fuͤr Sir R. Peel nicht nur eine unuͤber⸗ steigliche Schwierigkeit bilden, sondern sogar zu dem Siegeswagen werden, in welchem der Liberalismus wieder zu dauernder Macht emporsteigen würde. Ist denn aber nicht wirklich Herr Daniel O'Connell zum Lord-⸗Mayor von Dublin ernannt worden? Was

denken Sie davon? Ja, was denken Sie davon? Was koͤnnten

wir anders davon denken, als daß dieser verschmitzte alte Schau⸗ spieler auf der einen Seite fuͤr seinen Mantelsack gut gesorgt und auf der anderen Seite seine politischen Einfaltspinsel herrlich uͤberlistet hat. Dadurch, daß er nun seinen Leichnam in seinen büͤrger⸗ meisterlichen Sammetrock huͤllt, hat er wirklich eine neue vor— theilhafte Stellung angenommen, um Aufmerksamkeit zu erregen und die Spenden seiner Landsleute an sich zu ziehen; aber was die Ausfüͤhrung der kuͤhnen Plane des Liberalismus betrifft, so hat er sich dadurch in der That wenigstens fuͤr zwoͤlf Monate ben Maulkorb angelegt. Waͤre dieser geehrte Repealer in einer verhaͤltnißmäßigen Privatstellung geblieben, so waͤre sein immer⸗ waͤhrendes Keifen und Schelten an der Kornboͤrse oder anderwaäͤrts fuͤr das Ministerium Sir R. Peel's eine laͤstige Unbequemlichkeit gewesen. Aber jetzt hat dieser ungluͤcksbringende Tiger sich we⸗ nigstens fuͤr ein ganzes Jahr selbst in Ketten gelegt. Jetzt darf er nicht ein einziges Wort sagen, was die strengen gesetzlichen Graͤnzen uͤberschritke. Er hat sich feierlich zu einem conventionellen Anstand fuͤr diese ganze Zeit verbuͤrgt, und dies ist vorzuͤglich nothwendig, um Irland an die aufrichtige Verwaltung Sir R. Pecl's zu gewoͤhnen und die Macht des leitenden Ministers zu befestigen. Verlaßt Euch darauf, wir werden zwoͤlf Monate hin— durch einen ertraͤglichen Frieden haben; und wir sind sehr geneigt, zu glauben, daß am Schlusse derselben, wenn das Irlaͤndische Volk die Wohlthaten einer guten Verwaltung gekostet und sich des Aufhdrens der politischen Unruhe erfreut hat, O'Connells Ge— werbe am Ende ist.“

Die Morning Post versichert, das Ministerium sey in Begriff, mit dem Roͤmischen Hofe in Unterhandlung zu treten, um eine Englische Legation in Rom einzurichten und damit der Papst einen Gesandten am Englischen Hofe beglaubige. Die Er⸗ nennung O'CLonnell's zum Lord-Mayor von Dublin soll das Ka— binet zu dieser Maßregel bewogen haben. „Es ist bekannt“, sagt das genannte ministerielle Blatt, „daß der Mangel diplomatischer Verbindungen mit Rom die Ursache vieler allgemeinen und beson⸗ deren Uebelstaͤnde gewesen ist, und wir sind uͤberzeugt, daß die Wiederanknüpfung solcher Beziehungen viele wohlthaͤtige Folgen haben muß. Wir wissen, daß dies ein Punkt ist, worüber man an die Lärmglocke schlagen wird, allein die Englische Kirche ist zu fest begründet, als daß man noch den alten Vorurtheilen und Befuͤrchtungen von der Anmaßung Roms nachzugeben hatte.“

In Bezug auf die Verhandlungen, welche zwischen Rifaat Pascha und den Repraͤsentanten Englands, Rußlands und Frank— reichs uber die Differenzen der Pforte mit Griechenland stattge⸗ funden haben sellen, sagt die Morning Chronicle: „Der, wie man behauptet, von Herrn von Pontois gegebene Rath ist einer doppelten Erklärung fähig. Er ist vollkemmen richtig in Bezug auf allgemeine Prinzipien, und es zeigt sich darin ein gewisses In— teresse, das mit den Gesinnungen uͤbereinstimmt, welche einen der altesten Verbündeten der Pforte beleben muͤssen. Indeß hat sich Frankreich immer geneigt gezeigt, das Ansehen des Sultans zu schwaͤchen. Es hat laͤngst feindselige Absichten in Aegyp— ten, an der Kuͤste von Afrika und in Griechenland eoffenbart, und

offenbart dieselben noch jetzt. Wenn nun der Franzoͤsische Gesandte

der Pforte den Rath giebt, sich gerade der Maßregeln zu enthalten, die Frankreich fuͤr sich selbst als dringend ergreift und aufrech

haͤlt, wenn Frankreich der Pforte räth, sich eines bewaffneten

Friedens zu enthalten: dann darf es nicht Wunder nehmen, wenn die Osmanische Regierung die Redlichkeit dieses guten Raths in

.

und Seemacht vermehrt und ihrer neuen Macht zur Aufrecht⸗

haltung der Integrität ihres Gebietes vertraut. Wie es schent,

leugnet ubrigens Herr Piscatory, daß er der Urheber eines Vor

schlages sey, wonach die Pforte, um den Differenzen ein Ende zu machen, Thessalien an Griechenland abtreten sollte; auch ist. die Franzbͤsische Regierung selbst, wie wir hoöͤren, nicht geneigt, einen solchen Apfel der' Zwietracht unter die anderen Mächte zu werfen.

Die Kommsssion fuͤr Untersuchung des Brandes im Tower hat ihren Bericht abgestattet. Ueber das Entstehen des Feuers enthaͤlt derselbe auch nur Muthmaßungen. Verschiedene Andeu⸗

Steuer ! 2 336 4 ĩ 0 9 9 3 a6 * or 9 Frage stellt und nach Frankreichs eigenem Vorgang ihrg Land- „ber mit allen Landestheilen dem großen Zoll-Verbande sich an

tungen von absichtlichen Brandstiftern waren vorgebracht worden, aber trotz aller Untersuchungen hat man keine Spur einer solchen That entdecken koͤnnen. Doch fuͤgt der Bericht hinzu, daß bei der Lage der Gebäude ein solcher Frevel leicht zu begehen gewesen sey. Der Bericht tadelt auch, daß zu wenig Waͤchter angestellt sind, und daß diese nicht von Einer verantwertlichen Person kon— trollirt werden. Eben so werden die Loöͤsch⸗Anstalten getadelt.

Es scheint, daß der Prozeß wegen der falschen Schatzkammer⸗ scheine nicht in der jetzt eroͤffneten, sondern erst in der naͤchsten Assisen⸗Session vorkommen werde.

Auf Veranlassung der Befoͤrderungen, welche neulich in der Englischen Flotte stattgefunden haben, enthalten bffentliche Blatter folgende Erläuterung der England eigenthuͤmlichen Benennungen

Admirale, Vice-⸗Admirale und Kontre⸗Admirale der rothen, weißen

und blauen Flagge: „In der Englischen See⸗-Taktik nahm sonst nach altem Herkommen der Ober⸗Befehlshaber der ganzen Flotte mit seinen Schiffen seine Stellung in der Mitte der Flotte, im

Mitteltreffen ein und fuͤhrte, um die Schiffe seiner Divi⸗

sion von denen des Vordertreffens und des Hintertreffens zu unterscheiden, eine rothe Flagge, geviertheilt durch ein St. Georgs-Kreuz; der Befehlshaber, der ihm am naͤchsten stand, der Vice? Admiral, welcher das Vordertreffen befehligte, fuͤhrte eine weiße Flagge, geviertheilt durch ein St. Georgs-Kreuz; der Be⸗

fehlshaber, welcher das Hintertreffen befehligte, der Contre⸗Admi—⸗

ral fuͤhrte eine blaue Flagge, geviertheilt durch ein St. Georgs— Kreuz. Daher stammen die Benennungen Admiral der rothen, weißen und blauen Flagge. Sie dienten, wie gesagt, Anfangs dazu, unter den Flagge⸗-Offizieren der Flotte, je nach der Wichtigkeit der Stel lung, die ihnen anvertraut war, einen Unterschied zu machen. Spaͤter, als man nicht nur Admirale, sondern auch Vice-Admirale und Con— tre-Admirale hatte, fuͤhrte man unter den Offizieren auch dieser Grade die naͤmliche Classification nach den Flaggen ein, und diese Abzeichen, welche im Anfange die Stellung im Treffen und den wirklichen Dienst dieser Offiziere bezeichnet hatten, wurden allmà lig nur die Bezeichnung einer Klasse des Ranges. Wenn man diese Benennungen jetzt durch genaue Bezeichnung erklären wollte, so muͤßte man statt Admiral der rothen Flagge Admiral erster Klasse, statt Admiral der weißen Flagge Admiral zweiter Klasse u. s. w. sagen, so wie man im Franzoͤsischen auch Schiffs⸗Capi⸗ e. der ersten Klasse und Schiffs-Capitaine der zweiten Klasse 66,

Niederlande.

Aus dem Haag, 2. Dez. Das Journal de la Haye widerspricht der vom Journal'de Luxemburg gegebenen Nach— richt, daß der Konig Großherzog die Franzoͤsische Sprache als amtliche Geschaͤftsspraͤche des Großeherzogthums Luxemburg, nut alleiniger Ausnahme der auf den Deutschen Bund Bezug haben⸗ den Mittheilungen, angeordnet habe. Das erstgedachte Blatt ver sichert, es sey keinerlel Beschluß in diesem Sinne gefat.zt worden.

Belgien.

Brüssel, 2. Dez. Der Fuͤrst von Chimay und seine Fami⸗ lie sind gestern aus dem Haag hier angekommen, .

Im Ami de l' Ordre liest man: „Es scheint, daß man sich zu Arlon viel von einem Umstande unterhält, der mit dem Kom plott von Bruͤssel in Verbindung stehen soll. Da die Sache die größte Oeffentlichkeit erhalten hat, so ist es nicht unschicklich, da von zu sprechen. Man sagt, aus einem in der Wohnung einer der verhafteten Personen aufgefundenem Papiere ergebe sich, daß man sich im Interesse des Komplotts, in dem an der außersten Graͤnze des Großherzogthums Luxemburg, eine kleine Meile von Arlon, gelegenen Dorfe Eischen mit Bewaffnungen beschäftigte. Man soll dort 200 Flinten und 1000 Kilogr. Schießpulver empfangen haben, und schon soll eine gewisse Anzahl Individuen angeworben gewesen seyn.“

Am 30. November sind der Ex-Capitain im Fsten Linien-Re giment, Jean Bapt. Ghobert, und Franz van Pottelsberg, ehe maliger Unteroffizier im 2ten Cuirassier-⸗Regiment, nach dem Ge faͤngnisse gebracht worden. Der ersfe ist beschuldigt: I) schriftlich und unter gewissen Umstaͤnden Mord angedroht zu haben; 2) eines Attentats gegen die Person des Koͤnigs. Der zweite ist eines Komplotts gegen die Sicherheit des Staates und eines Attentats gegen die Person des Köoͤnigs angeklagt. Beide sitzen in strenger Haft. Im Observateur liest man in Bezug auf die beiden Verhafteten: „Das Geruͤcht geht, daß die gegen diese beiden Per sonen gerichteten Verfolgungen durch die Entdeckung einer Korre— spondenz veranlaßt worden sey, worin die Rede von einem gegen die Person des Königs auszuführenden Attentate die Rede war; dieser Brief soll aus Irrthum an ein Individuum abgegeben worden seyn, welches den naͤmlichen Namen fuͤhrte, wie jenes, an welches der Brief gerichtet war. Die Person, an welche der Brief abgegeben worden, soll geglaubt haben, den Inhalt desselben der gerichtlichen Behoͤrde mittheilen zu muͤssen.“

Antwerpen, 1. Nov. Diesen Morgen brach an Bord des im hiesigen Bassin liegenden Dampfschiffs „Britisch Queen“ unter dem Bormast Feuer aus. Durch schnelle Huͤlfe ist es ge— lungen, sich des Feuers zu bemeistern.

Deutsche Bundesstaaten.

Stuttgart, 3. Dez. Sitzung der Kammer der Abgeord⸗ neten vom J. Dezember. An der Tages-Ordnung war die Fort— setzung der Berathung des Entwurfs der Strafprozeß- Ordnung. In Folge des in der Sitzung vom 25, November den Kommission ertheilten Auftrags hat dieselbe uͤber die Einrichtung des oͤffent⸗ lichen, mündlichen Verfahrens in den höheren kreisgerichtlichen Straffaͤllen Bericht erstattet. Hieruͤber soll aber erst in der mor genden Sitzung berathen werden, und ward bee wegen ö Berathung auf den ganzen zweiten Titel des fe, ziehung hat, auf dessen dritten Titel, von der Ferm und eschasfenh eit der einzelnen Untersuchungs⸗-Handlungen, uͤbergegangen.

Sich erem

Braunschweig, 3. Dez. (Hannov. Ztg.) Vernehmen nach ist hier heute von der Staͤnde⸗ zersammlung mit bedeutender Stimmenmehrheit, dem. Kommissions⸗Antrage gemaͤß, beschlossen worden: Herzogliche Regierung zu ersuchen, zu vermit⸗

eln, daß das Herzoͤgthum bis zum 1. Januar 1813 noch im nee Verbande mit Hannover und Oldenburg verbleibe, dann

chließe, auch wenn Hannover und Oldenburg diesem nicht beitre—

en sollten.

Oesterreich.

Prag, 3. Dez. (L. A. 3.) Auf offiziellem Wege ist hier aus Wien jetzt bekannt geworden daß man höͤchsten Orts be⸗ schlossen hat, zwischen Wien und Dres den eine Eisenbahn⸗Verbin⸗ dung herstellen und diese durch das Elbthal fuͤhren zu lassen. Es sind jetzt alle moglichen Begünstigungen dieses Planes zu erwar— ten und auch die Garantie fuͤr pCt. Zinsen zu hoffen.

Schweiz.

Zürich, 1. Dez. (8. P. A. 3.) Nach dem Journal de Geneve wird die Stimmung in Genf wieder mißtrauisch und unruhig. . . Entwerfung eines Wahlmodus hat diese Felge haben muͤssen. Man will es vom Staats⸗Rathe, noch mehr aber von dessen Um⸗ gebungen nicht recht begreifen, daß sie nicht auf Umwegen wieder Einiges gut zu machen trachten sollten. Indessen versichert das genannte Blatt, daß nach seinen , , alle diese Besorg⸗ nisse ungegruͤndet seyen; der Staats⸗-Rath arbeite an seinem Ent— wurfe aufrichtig, ohne Ausfluͤchte; wie auch ein ehemali— ger erster Syndik in der Kommission des Repraͤsentan⸗ ten-Rathes geäußert habe: man solle sich nur gestehen, daß man das Spiel verloren habe, man solle es sich ganz ge— stehen. Was ferner der Unruhe Nahrung zu geben scheint, ist bie dem Vereine vom 3. Maͤrz von welcher Seite, ist nicht vollig klar gemachte Zumuthung, sich nun aufzulbsen, worin die Bevblkerung vom 22. November nur able Absichten säͤhe. Endlich hat Professor Cherbulliez eine Flugschrift herausgegeben, worin er erklärt, daß das am 22. November Beschlossene durch Gewalt ertrotzt worden sey, folglich nicht verpflichte. Dessen unge⸗ achtet wird nichts mehr hindern können, daß die kuͤnftige Verfas⸗ sung in den Händen des Verfassungs⸗Rathez liegen wird. Auch fin⸗ ben wir in den Berichten aus Genf keine Grunde, warum man nicht die Erfuͤllung aller der Wuͤnsche hoffen durfte, die besonders die Eid⸗ genossenschaft in dieser Sache haben muß. Wir meinen vor allen den Wunsch, daß nicht nur kein fremder Einfluß die Bewegung selbst vergifte, sondern auch die neue Verfassung und das neue Leben nicht geeignet werden, die Republik fremden Gefahren auszusetzen. Fuͤrs zweite, daß den volksthuͤmlichen Grundsaͤtzen eine' volle Anerkennung zu Theil werde; denn gerade die Genfer Ereignisse haben wieder bewiesen, daß ohne dies kein Schweizer— Kanton! auf festen Fuͤßen steht. Drittens, glauben wir, muß der Eidgenossenschaft daran liegen, daß die reichen Geistes— kraͤfte, die große wissenschaftliche und weltmaͤnnische Bildung, die in Genf sich finben, den lokalen, wie den eidgendssischen Geschäften zugewendet bleiben; es sind dies Kraͤfte, woran die Schweiz keinen Ueberfluß besitzt, und die ihr doch in ein— zelnen Lagen und Faͤllen zu unschaͤtzbarem Vortheile gereichen können. Die Anforderung des Publikums vom 22. November an den Wahl-Modus des Verfassungs⸗-Rathes besteht vornehmlich in zwei Punkten. Das 2lste Altersjahr solle nicht nur zur Theil— nahme an den Wahlen berechtigen, sondern auch waͤhlbar machen. Sodann scheut man die langen Wahllisten, da sie ein Mittel seyen, neben den rechten Leuten auch mißbeliebige zu heben: des— halb wuͤnscht man theils eine groͤßere Zahl von Wahlkreisen, so daß in jedem nur wenige Wahlen zu treffen waren, theils uͤber⸗ haupt nicht allzuviele Mitglieder, hoͤchstens sechzig; denn sonst waͤre man gendͤthigt, alle tauglichen Männer zu wahlen, ohne Ruͤcksicht auf deren Ansichten.

Italien.

Neapel, 21. Nov. (.. 3.) Se. Majestaͤt der Konig befindet sich fortwährend in Palermo, woselbst man seine Anwe⸗ senheit zu benützen sucht, um ihn zu bewegen, den auf den Schwe—

fel gesetzten Ausfuhrzoll von 8 Tarj per Cantaro ( 1 Fl. 36 Kr.), ͤ

der vom 1. Januar 1812 an in Kraft treten soll, aufzuheben, und eine freie Ausfuhr dieses Artikels zu gestatten, die zunächst allein im Stande ist, die so mißliche Lage dieser Insel in etwas zu lin— dern und Tausenden brodloser Menschen ein Unterkommen zu verschaffen. Se. Majestaͤt wird von allen Seiten her mit Bitt— schriften in diesem Sinne bestrmt, und so hofft man, daß der junge Monarch am Ende doch noch dem allgemeinen Wunsch ent— sprechen wird. Das Elend in Sieilien ist in der That furchtbar: große bewaffnete Banden zu Fuß und zu Pferd durchstreifen in allen Richtungen die Insel und verlangen oft nichts Anderes, als Brod und Arbeit. Eine davon hat sich sogar an den Pferden und dem Gepaͤck Sr. Majestaͤt selbst vergriffen, nach erfolgter Aufforderung jedoch Alles wieder zuruͤckerstattet.

Florenz, 27. zov. Den von Neapel eingelaufenen Nach— richten zufolge, verfuͤgte sich Se. Kaiserl. Hoheit, der Großherzog von Toscana, am Bsten d. nach Palermo, um dem dort anwe— senden König und der Königin beider Sicilien einen kurzen Be— such abzustatten, worauf derselbe, so viel man vernimmt, sogleich die Ruͤckreise in seine Staaten antreten duͤrfte.

. ; Spanien.

Madrid, 25. Nov. Heute um zwei Uhr begab sich das Offizier-Corps der National-Garde, seinen Kommandanten, Gene⸗ ral Ferrer, an der Spitze, zum Regenten. Der General uͤbergab im Namen der National-Garde dem Herzog eine prachtvolle in Gold ziselirte Dose, in welcher eine sehr schoͤne Decoration vom 7. Oktober mit einer Adresse der National-Garde an den Regen— ten enthalten war. Dieser heftete sogleich das Kreuz an seine Brust und sagte, er waͤre um so gluͤcklicher und um so stolzer, sich mit dieser Decoration zu schmuͤcken, als sie ihm von denjeni— gen geboten wuͤrde, die sie am meisten verdient gehabt. Espartero mischte sich hierauf unter die Masse der Offiziere, die seinen Salon anfuͤllten, und unterhielt sich lange Zeit freund— schaftlich mit ihnen. Das Kreuz vom 7. Oktober besteht aus vier Hellebarden, in deren Mitte sich das Constitutionsbuch, auf wel—⸗ chem die Krone Spaniens liegt, befindet, ein Lorbeerzweig flicht von der einen Seite und ein Olivenzweig von der anderen Seite die Hellebarden in einander; das Band ist roth, wie das der Ehren-Legion, mit zwei kleinen weißen Streifen. Diesen Abend waren der Triumph-Bogen und eine große Anzahl Haͤuser wieder illuminirt und im Theater forderte das Volk mit großem Unge—

staͤn die „Espartero- und Riego-Hymne“; nach dem Theater

spielte die Musik der National-Garde unter den Fenstern des Herzogs.

Portugal.

Lissabon, 22. Nov. Bekanntlich haben sich 300 Christi⸗ nische Soldaten auf Portugiesisches Gebiet gefluͤchtet; auf das Ansinnen Espartero's, dieselben auszuliefern, suchte die Portugie⸗ sische Regierung durch Zögerungen die Sache hinzuhalten, bis sich der Zorn des Regenten etwas gelegt hatte; nunmehr hat Espar⸗ tero blos die Auslieferung von zweien derselben verlangt, namlich des Brigadier Ruy und des Oberst Pezuelo, welche seßt in Lissa⸗ bon verborgen sind und wahrscheinlich nach England entkommen

werden. Türkei.

Konstantin opel, 17. Nov. (A. 3.) . Die Zahl der zu⸗ sammenzuziehenden Armee wird bedeutend uͤbertrieben. Man spricht von mehr als 200000 Mann, wahrend sie sich, selbst wenn alle Regimenter vollstandig einruͤcken wurden, hoͤchstens auf 115 bis 120,000 belaufen moͤcht'. Die Zahl der bis heute hier neuange—

Der allzu lange Termin von vierzehn Tagen fuͤr die

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kommenen Retife (Landwehr) uͤbersteigt kaum 26 bis 3,000 Mann. Man sagt auch, die Pforte habe von Mehmed Ali einige Arabische Infanterie⸗Regimenter verlangt, welche man in kurzem hier er⸗ warte. Dies bedarf noch der Bestätigung. Was aber am

meisten zu den umlaufenden Kriegsgeruͤchten beitrug, ist der

Plan des Gouvernements, einen großen Theil der Trup⸗ pen in die wichtigsten Staͤdte Rumeliens in Garnison zu verle⸗ gen. So nennt man außer Adrianopel noch Monastir, Salonich, Seres, Nissa, Sophia, Varna, Silistria als Staͤdte, die bestimmt seyen, kleinere detaschirte Armee⸗Corps zu erhalten. Es scheint, daß man beabsichtigt, die Regimenter, so wie sie ankommen, hier zu equipiren und zu armiren und dann nach und nach einen Theil derselben nach Rumelien zu schicken. Diese Woche gingen auch viele ganz neue Geschuͤtze von hier nach Salonich ab, um die al⸗ ten, unbrauchbar gewordenen zu ersceßtzen.

Die Erklarung, warum man Anatolien voͤllig von Truppen entbloßt und diese nach Rumelien dirigirt, ist nicht schwer, der Hauptgrund der in Asien wahrend mehrerer Jahre unterhaltenen großen Armeen war Mehmed Ali. Ihm gegenuͤber haben sich setzt die Verhaͤltnisse auf das freundschaftlichste gestaltet. Ein zweiter Grund, der aber seine Ursache in dem ersten fand, war die Unterwerfung und Besetzung Kurdistans. Es ward das Grab der Tuͤrkischen Armeen. Die Seriasker Reschid Mehmed und Hafis Pascha haben dort bei 60,000 Mann, nicht sowohl durch die Kugeln der Kurden, als vielmehr durch Krankheiten und Entbehrüngen verloren, ohne den geringsten Gewinn fuͤr die Pforte. Das Land wurde verwuͤstet, ausgesogen, aber nie völlig unterworfen, es zahlte nie regelmäßig Tribut. Da nun der obengenannte Hauptgrund wegfaͤllt, so thut die Pforte wohl daran, Kurdistam sich selbst zu uͤberlassen und nur die Sicherheit der Hauptstraßen durch irregulaire Kavallerie und einige hundert Albanesen aufrecht zu halten. Das uͤbrige meist Muhamedanische Anatolien bedarf keiner Armee. In Rumelien aber finden gerade die umgekehrten Ver aͤltnisse statt: da uͤberwiegt die christliche Be— völkerung die Islamitische, ja selbst die Arnauten waren der Pforte nie sehr geneigt. Schon seit langerer Zeit spukt der Geist der Empoͤrung in den Köpfen aller Rumeliotischen Rajahs. Da man nun einmal eine Armee geschaffen hat, oder vielmehr schaffen wird, so will man einen Theil derselben dazu verwenden, die gauͤhrenden Elemente dort niederzuhalten, zunaͤchst durch den moralischen Eindruck. Man will zeigen, daß man noch Macht genug besitze, einem Aufstand die Spitze zu bieten.

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Berlin, 4. Dez. Die heute ausgegebene Nummer der Gesetz-Sammlung enthaͤlt, nebst der in der Beilage besindli— chen Landgemeinde-Ordnung für die' Provinz West— phalen auch die nachstehende „Verordnung uber die Einrichtung der Gemeinde-Verfassung in denjenigen Städten der Provinz Westphalen, in welchen die Staͤdte⸗-Ordnung bisher nicht eingefuhrt ist, vom 31. Oktober 1841“, auf welche in den gleichfalls in der Beilage befindlichen erläuternden Bemerkungen zugleich mit Ruͤck— sicht genommen worden ist:

Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, Koͤnig von Preu .

Durch die Order vom 18. Maͤrz 1835 ist genehmigt worden, daß, wenn der Einfuhrung der revidirten Staͤdte Ordnung vom 47. März 1831 an einzelnen Orten der Provinz Westphalen besondere Bedenken entgegenstehen sollten, solche einstweilen ausgesetzt bleiben können.

Nachdem Wir uͤber die Verfassung und Verwaltung der Land gemeinden dieser Provinz durch die Landgemeinde⸗Ordnung vom heu tigen Tage Bestimmung getroffen haben, so ist es nothwendig, auch die Verhältnisse derjenigen Städte, wo die revidirte Staͤdte Ordnung bisher nicht eingefuͤhrt ist, naͤher festzustellen; Wir verordnen dem nach auf den Antrag unseres Stgats-Ministeriums, was folgt:

8. 1. Die revidirte Staͤdte Ordnung soll nunmehr auch in die jenigen Staͤdte der Provinz Westphalen, wo sie bisher noch ausgesetzt geblieben ift, eingefuͤhrt werden, wenn dieselben 2500 Einwohner oder harüber haben. Sollte jedoch hiernaͤchst die Stadtverordneten⸗Ver fammlung darauf antragen, daß die Verfassung und Verwaltung der Stadtgemeinde nach der Landgemeinde⸗Ordnung eingerichtet werde, so kann diefem Antrage stattgegeben werden, insofern nach genauer üntersuchung die Staͤdte Ordnung den besonderen Verhaͤltnissen und Interessen der Stadtgemeinde nicht fuͤr entsprechend zu achten ist

§. 2. In den uͤbrigen Staͤdten, wo die Einfuͤhrung der Staͤdte⸗ Ordnung bisher ausgesetzt geblieben ist, soll die Landgemeinde-Ord⸗ nung zur Anwendung kommen. Sollte jedoch die Gemeinde⸗Ver⸗ ordneten-Versammluͤng (8. 9) die Staͤdte⸗Ordnung wuͤnschen, und deren Einführung nicht besondere Hindernisse entgegenstehen, so kann der Stadt die Staͤdte-⸗Ordnung verliehen werden.

§. 3. In beiden Faͤllen (88. 1 und 2) entscheidet der Minister des Innern auf den mit dem Gutachten des Ober⸗Praͤsidenten be gleiteten Bericht der Regierung.

8. 4. Bei der Anwendung der Landgemeinde⸗Ordnung in dten sollen nachstehende Modificationen eintreten.

8. 5. Die auswaͤrts wohnenden Hausbesitzer werden nicht zu den Gemeindegliedern, sondern zu den Forensen gezaͤhlt.

8. 6. Das Gemeinde- oder Buͤrger⸗Recht steht nur denjenigen zu, welche die im S. 12 der Landgemeinde⸗Ordnung vorgeschriebenen persoͤnlichen Eigenschaften besitzen, in dem S tadt-Beztrke ihren Wohnsitz haben und entweder 1) von ihren im Stadt Bezirke gelegenen Grund⸗ Besitzungen einen nach Vorschrift des 8. 40 daselbst nicht unter zwei, und nicht uͤber fuͤnf Thaler zu bestimmenden Hauptgrundsteuer-Be⸗ trag oder 2) einen in gleicher Art nicht unter vier und nicht uͤber acht Thaler fuͤr die Haushaltung und nicht unter zwei und nicht uͤber vier Thaler fuͤr den Einzelnen zu bestimmenden Klassen steuersatz entrichten.

§. 7. Das Buͤrgerrecht kann nicht durch Stellvertreter ausge⸗ übt werden, und ruht in allen Faͤllen, in denen ein Buͤrger zur Aus uͤbung desselben in eigener Person nicht faͤhig oder im Stande ist.

8. 8. Wer seinen Wohnsitz in dem Stadt⸗Bezirke aufgiebt, ver liert dadurch das Bürgerrecht. Als solcher wird in Ermangelung ei⸗ ner ausdrücklichen Erklärung derjenige betrachtet, welcher nicht bin⸗ nen Jahresfrist nach seiner Entfernung einen Stellvertreter zur Er⸗ fuͤllung seiner buͤrgerlichen Obliegenheiten bestellt hat.

S. 9. Die Stadtgemeinde wird jederzeit durch eine Gemeinde⸗

Stadt⸗) Verordneten Versammlung vertreten. ] S. 10. Fuͤr die Stadtverordneten wird eine, von dem Ober-Praͤ⸗ sidenken auf ein Drittel bis zur, Halfte derselben zu bestimmende An zahl von Stellvertretern gewaͤhlt, welche bestimmt sind, in Behinde rungsfaͤllen oder bei dem Abgänge einzelner Stadtverordneten deren Stelle einzunchmen. Die Einberufung des Stellvertreters geschieht nach der Mehrheit der Stimmen bei der Wahl. J

§. 11. Zum Behuf der Wahl der Stadtverordneten und Stell— vertreter kann die Stadt nach Bestimmung des Ober⸗Praͤsidenten, welcher jedoch zuvor die Gemeinde⸗Behoͤrden mit ihren Gutachten zu vernehmen hat, in Wahlbezirke eingetheilt werden. Es bleibt vorbe⸗ halten, nach Publication des Gewerbe⸗-Polizeigesetzes auch Wahlen nach Klassen anzuordnen,. .

8. 123. Wenigstens die Haͤlfte der Stadtverordneten muß aus Grundbesitzern bestehen, welches jedoch auf die Stellvertreter keine Anwendung findet. Wenn von den zu Stadtverordneten Gewaͤhl- ten weniger als die Halfte Grundbesitzer sind, so treten diejenigen

82 den

Staͤ

unangesessenen, welche die wenigsten Stimmen gehabt haben zu⸗ ruͤck, n . dic ersten Stellvertreter. Die Wahl muß alsdann zur Ergaͤnzung der erforderlichen Anzahl von Grundbesitzern in den⸗ jenigen Wablhersammnilungz n, in welchen die Zurüctretenden ge⸗ wählt waren, erneuert werden. .

2 13. Die Stelle des Vorstehers der Stadt Gemeinde Bürger meisters soll in der Regel mit der des Amtmanns verbunden und eine Ausnahme hiervon nür mit Genehmigung Unseres Ministers des

Innern gestattet seyn. . J §. II. E. Ml elne Stadttheile konnen nach Vorschrift des s. 87 der Landgemeinde⸗Ordnung Bezirks Vorsteher Rott⸗ oder Vier⸗ telsmeisters) bestellt werden. . J

8. 13. Bei Anstellung der zum Diensie der Stadt erforderlichen unterbeamten und Diener sind die jetzt bestehenden und kuͤnftig zu er⸗ lassenden Verordnungen wegen Versorgung der Invaliden zu befolgen.

urkundlich unter Unserer Höchsteigenhaͤndigen Unterschrift und beigedrucktem Koͤniglichen Insiegel.

Gegeben Sanssouci, den 3s. Oktober 1841.

(L. 8.) Friedrich Wilhelm.

von Boyen. von Kamptz. Muͤhler. von Rochow. von Nagler. von Ladenberg. Graf von Alvensleben. Feh. von Werther. Eichhorn. von Thile.

Graf zu Stolberg.

ueber den Charakter und die Verhältnisse der ein⸗ geborenen Bevölkerung Irlands. zweiter und letzter Artikel. Vergl. Staats-Zeitung Nr. 338)

Der von dem Verfasser der Sketches of the Irish Peasan- iry auf das überzeugendste dargethane Saß: daß eine Vesserung der Lage Irlands auf die Dauer nur moͤglich sey, daß eine wahrhaͤfte Verschmelzung der Interessen dieses Landes mit denen Englands nur gedacht werden koͤnne, wenn das Britische Gou⸗ vernement mehr als bisher die Irische Nationalität respektire, wenn es die Irische Bevölkerung ihrer Eigenthuͤmlichkeit und ih⸗ ren Anlagen ünd Neigungen gemäß behandle, wird auch dem Un⸗ glaͤubigsten und Abgeneigtesten einleuchten, wenn man sich verge⸗ genwaͤrtigt, worin diese Eigenthuͤmlichkeit wesentlich besteht, wenn man diese Anlagen und Neigungen spezialisirt und analisirt, wenn man verfolgt, wie hauptsaͤchlich in Folge der historischen Ent⸗ wickelung diese Anlagen und Neigungen verschroben, verdunkelt und verderbt, theilwelse aber unter dem harten Drucke der Ver⸗ häͤltnisse in ihrer vollen Reinheit erhalten sind, wenn man erwägt, wie bei einem richtigen Verfahren von oben herab dieselben leicht veredelt und dem größten und edelsten Ziele entgegen gelenkt wer⸗ den koͤnnen. Zu diefen Eigenthuͤmlichkeiten, Anlagen und Nei⸗ gungen, die auf das engste mit der Irischen Nationalität verknuͤpft sind, gehoͤren nun aber die tief eingewurzelte Achtung vor allem dem, was man mit dem Namen Geschle chtsadel und Fami⸗ lienehre bezeichnet, die innigste Liebe zu der vaterlaͤndischen Sprache, eine unter den mannigfachsten Formen erscheinende und unvertilgbare Reliogiosität, die kuͤhnste Streit sucht und Kampflust, eine leicht erregbare Phantasie, die uner— müdlichste Lernbegierde, eine Gen ügsamkeit sonder Glei— chen und eine ruͤhrende Anhaäͤnglichkeit an den Boden der Heimath, an das Land der Väter. Freilich finden sich duch mancherlei Zuge, durch welche wie durch einen dunkeln Schatten das anzlehende Bild getruͤbt wird: die so haͤufig her⸗ vortretende Falschheit des Volks, seine Neigung zu Betrug und Meineid, sein Hang zum Betteln, seine so oft bemerk⸗ bare Passivität und Indolenz. Allein bei einer näheren Betrachtung aller Umstaͤnde wird man einsehen, daß alle diese Fehler und Laster weit mehr in der bisherigen ganz verkehrten Behandlung der Irischen Bevölkerung, als in dem innersten We⸗ sen des National-Charakters ihren Grund finden, daß es demnach sicher nur der Foͤrderung und Entwickelung der uͤberwiegend gu— ten Seiten beduͤrfe, um die schlechten zu schwaͤchen und zu toͤdten.

Unter den stark hervortretenden Charakterzuͤgen der Irischen Bevoͤlkerung erwahnten wir vor allen Dingen des Fami lien⸗ stolzes. Nirgends wohl findet man bei den niederen Klassen einen solchen Respekt vor dem Namen und Wesen eines Gentle— man. Sie haben noch nicht gelernt, daß die Unterschiede der Ge⸗ burt durchaus unwesentlich seyen bei der Ausbildung des Charak— ters. Und das ist immer etwas Ideales, daß eine große Vergan⸗ genheit und die Ehre uͤber die Gegenwart und den bloßen Nußen gesetzt wird. Es ist ein Ueberbleibsel des alten Geistes der Clan⸗ ship: welchem gemäß auch dem Aermsten ein Antheil an den Eh⸗ ren seines Oberhauptes zukommt, und das, wenn auch in man⸗ chem Betracht ausgeartet und verwerflich, doch als ein maͤchtiger Hebel bei der Reconstruction der Gesellschaft in Irland benutzt werden kann.

Außerdem ist noch zu erwaͤhnen, daß, so Viele sich auch in neuerer Zeit mit Irland beschaͤftigt haben, doch sehr Wenigen ein⸗ gefallen ist, wie wichtig die J rische Sprache als ein Schluͤssel zu dem Herzen des eingeborenen Landvolks sey, dieses Herzens, welches elnen so mächtigen Theil ihrer innersten Natur ausmacht, daß man dreist behaupten darf, in ihm sey der Grund fast aller seiner Leiden zu suchen, aus ihm seyen seine groͤten Tugenden, wie seine Fehler und Laster hervorgegangen. Man darf nie ver⸗ gessen, daß alle der Englischen Natlonalität und der Englischen Sprache eigenthuͤmlichen Begriffe durch die katholischen Priester Irlands, wenn sie auf die Gemuͤther der gemeinen Irlaͤnder ein⸗ wirken wollen, mit jeglichem, den Fremden und Eindringlingen feindlich entgegentretenden Vorurtheile auf das eifrigste in Ver⸗ bindung gesetzt werden; daß eine und dieselbe Sprache fur Individuen verschiedenartiger Abstammung ein großes und starkes Band ist, von der Natur dazu geschaffen, Herzen mit einander zu verbinden; daß mit dem alleinigen Besitze einer Sprache, welche der herrschenden Bevoͤlkerung unbekannt, den Beherrschten eine sehr gefaͤhrliche Leichtigkeit zur Anknuͤpfung geheimer Verbindun— gen in die Hände gegeben ist, welche leicht den Vorsatz zu Con— spirationen erweckt, zu denen die Irlaͤnder uͤberdies so leicht ge— neigt sind. Wenn auch im Allgemeinen die laͤndliche Bevölkerung Irlands sich das Englische, so weit dasselbe zum Hausbedarf noth⸗ wendig ist, aneignet, so zeigt sich dasselbe doch durchaus ungeeig⸗ net, die natuͤrliche Wärme und Lebhaftigkeit der Irischen Gefuͤhle auszudruͤcken; das Irische ist zu sehr mit allem dem identifizirt, was von Alters her mit der vollen Macht der Neigung die Ge⸗ muͤther der Irlaͤnder vereinigt hat. Nirgends tritt es deutlicher hervor als hier, welch ein großer Unterschied existire zwischen dem Gebrauche einer Sprache in der Weise, daß wir nothduͤrftig von Anderen verstanden werden, und dem volligen Verstaͤndniß der sel⸗ ben von unserer Seite. Statt daher eine barbarische Sprache zu verewigen, was bei dem jetzigen Zustande der Dinge der Fall sst, sollte man dem Irischen die rde fer fen el und Sorg⸗ falt zuwenden und dadurch manche maͤchtige Erinnerungen einer anzichenden Geschichte vor der Zerstöͤrung bewahren. Welch' eine