1841 / 354 p. 3 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

und entschiedensten Gegner, Herr von Lamartine, einigermaßen die Umstäͤnde beherrscht. Dieser ist es, der seinen Sturz be— Cchleunigt, der ihm zuerst in der Presse und sodann auf der Tribune die furchtbarsten Schläge beigebracht; es war ein Kampf auf Leben und Tod, den weder der Sieger noch der Besiegte vergessen werden. Und dieser Kampf wird wieder beginnen, sobald Herr Thiers wird vor die Kammer hintreten und s machen wollen, denn Herr von Lamartine betrachtet den Sinfluß des Herrn Thiers im Parlament oder dessen Anwesenheit im Kabinet als hoͤchst nachtheilig fuͤr Frankreich und hoͤchst nachtheilig fuͤr die Ideen der Ordnung und des konservativen Prinzips. Von wel⸗ chem Gesichtspunkte aus man daher auch die Stellung des Herrn Thiers betrachten mag, sie scheint fast ohne alle Heffnung. Er hat nicht die Sympathieen des Landes, die Mehrzahl seiner Jreirnde hat sich von ihm getrennt, er findet nur schwache Un⸗ terstuͤtzung bei der Opposition: die Partei Barrot ist ihm nur zur Haͤlftẽ treu. Man begreift hiernach, daß Alles, was man von seinem Eintritt in ein künftiges Kabinet, dessen Chef Herr Mole seyn würde, gesprochen hat, keinen rechten Grund hat, und daß diese Combination schwerlich u Stande kommen wird, obgleich einige Anhaͤnger des Herrn Thiers, die ihren Patron um jeden Prels wollen ins Kabinet eintreten sehen, dieselbe wünschen. Herr Guizot begreift die Stellung des Herrn Thiers sehr wohl, auch beunruhigt sie ihn nicht, und seine Bestrebungen sind nach einer ganz anderen Seite hin gerichtet. Werden aber diese Bestrebungen Herrn Guizot in der bevorstehenden Sitzung halten? Man scheint es nicht zu glauben. Denn die per sonliche Partei des Herrn Guizot in der Kammer ist aͤußerst schwach, und seit der Spaltung der Doctrinairs hat sie noch mehr abgenommen; sie hat unter Anderen die Herren von Remusat, Duvergier de Hauranne und Jaubert verloren, Maͤn— ner, die nicht zu verachten sind, wenn es sich um politische Kaͤmpfe handelt. Die Konservativen haben wenig Zuneigung zu ihm und nehmen ihn nur als Feldzeichen und als Wegweiser, aber nicht als einen durch allgemeine Zuneigung bezeichnelen Fuͤhrer. Auch ist, so oft er am Ruder war, seine Majoritaͤt sc wankend ge⸗ wesen und hat sich hei dem unbedeutendsten Ereignisse aufgeloͤst. Dasselbe Phaͤnomen durfte sich auch bald wieder zeigen.

O Paris, 16. Dez. Es ist gewiß, daß anfangs das Kabinet die Kandidatur des Herrn von Lamartine zum Praͤsiden— ten der Kammer zu unterstuͤtzen versprochen hatte. Herr Guizot selbst, von dem man sagt, daß er dieser Kandidatur am meisten abhold seyn soll, hat Sonntag, den 28sten v. Me, bei einem De⸗ jeuner im Hotel des Capucines, zu welchem mehrere Freunde des Herrn von Lamartine geladen waren, sich bereitwillig erklärt, diese Ernennung zu unterstützen. Denn es ist mit Unrecht behauptet worden, daß das Journal la Pxesse es war, welches die Idee dieser Kandidatur aus freien Stuͤcken zur Sprache brachte, son—⸗ dern dieser Gegenstand ist bei einem großen Diner des Banquiers und Deputirten Fould, zu dem die in Paris anwesenden Glieder der konservativen Partei gezogen wurden, zuerst be— sprochen worden, und als das Journal la Presse dieser Kandidatur erwaͤhnte, hatten das Journal le Dixneuvigme, Sirche, und die Organe des Herrn Thiers sie schon einige Tage fruher, als ernstlich betrachtet. Es ist nothwendig, diesen Umstand wohl ins Auge zu fassen, um die Kandidatur des Herrn von Lamartine nicht als eine Intrigue der Journalistik, sondern als eine Prinzipienfrage der Majoritaͤt der konservativen Partei an⸗ zuerkennen. . .

Eben darum geschah es, daß, bevor das Journal la Presse, die Wahl des Heirn von Lamartine zum Praͤsidenten der Kammer in Schutz nahm, mehrere einflußreiche Mitglieder der kon servatinen Partei sich zu Herrn Guizot begaben, um das Kabinet aufzufor— dern, sich uͤber die Kandidatur des Herrn von Lamartine. offen und bestimmt auszusprechen. Dies geschah etwn am 2ästen v. M. Herr Guizot antwortete auf der Stelle, er fuͤr seine Person finde die Wahl des Herrn von Lamgrtine zum Praͤsidenten die wür⸗ digste, die die Kammer treffen konne, jedoch bevor er als Minister seine Meinung aussprechen duͤrfe, müsse er mit seinen übrigen Kollegen Ruͤcksprache nehmen, da das Kabinet, auf die Kandida— tur des Herrn von Lamartine ganz unvorbereitet, unterdessen be⸗ schlossen hatte, den Herrn Sauzet als seinen Kandidaten anzuer⸗ kennen. Herr Guizot beschied demnach diese Deputation auf den näͤchsten Sonntag zu sich, und man versichert, der Minister der auswaͤrtigen Angelegenheiten habe da erklärt, das Kabinet wuͤn⸗ sche nichts lieber, als die Ernennung des Herrn von Lamartine zu erwirken, jedoch glaube es, gegen Herrn Sauzet, der ebenfalls zur konservativen Partei gehbre, die Aufmerksamkeit. beobachten zu muͤssen, ihn einzuladen, von seiner Kandidatur selbst abzustehen.

Das Kabinet traute nicht ganz der Deputation, die die konseroatios Par⸗ tet ihm zugesendet hatte, sondern es fürchtete, es stecke Herr Thiers hinter diesem Projekt, den Herrn von Lamartine zum Praͤsidenten— stuhl zu erheben, und um daruͤber im Reinen zu seyn, ließ es den Ex-Praͤsidenten vom 1. Marz durch das Journal des Deb ats angreifen. Die Antwort, die der Constitutionne! auf diesen Angriff einruͤckte, und die, wie es hieß, von Herrn Thiers selbst

in die Feder diktirt ward, machte das Kabinet noch besorgter.

Diese Besorgniß erreichte ihren Gipfel, als man vor vierzehn Ta—⸗

gen in der Soirée des Herzogs von Orleans Graf Molé. und

Herrn Thiers etwa eine Stunde mit einander ganz vertraulich sich

unterhalten sah. Herr Duchatel gerieth daruͤber in Bestüͤrzung

und ließ die Kandidatur des Herrn von Lamartine als eine Art

Coalition gegen das gegenwärtige Kabinet verwerfen.

Da erschien plotzlich Herr von Lamartine selbst in Parts, und in Folge der Unterredung, die er mit seinen politischen Freunden am Tage nach seiner Ankunft hatte, gewann er die Ueberzeugung, er duͤrfe, ohne die Stelle eines Parkeihauptes der Konservativen zu kompromittiren, sein bereits gegebenes Wort, die von denselben ihm angebotene Kandidatur anzunehmen, nicht zuruͤcknehmen. Das Kabinet seinerseits sandte an Herrn von Lamartine zwei Vertraute, um sich mit demselben uͤber die Praͤsidentschaft der Kammer zu verstaͤndigen. Das Resultat davon war, daß am nämlichen Abend die Erklaͤrung des Herrn von Lamartine, dieser mache sich eine Ehre daraus, zur Praͤsidentschaft der Kammer vorgeschlagen zu werden, in den beiden ministeriellen Blaͤttern erschien oder, mit an— dern Ausdrücken, das Kabinet erkannte ihn förmlich als seinen Kandidaten fuͤr die Praͤsidentenwahl an.

Dieser Schritt, der an sich nichts ungewöhnliches hatte, machte aber den ohnehin mißtrauischen Herrn Passy9 noch mißtrauischer. Herr Passy fuͤrchtete, die Ernennung des Herrn von Lamartine zum Praͤsidenten der Kammer, sey eine Art Hochverrath am rech— ten Centrum, wo die Herren Dufaure, Passh und Sauzet gleich⸗ sam ein Triumvjrat bilden. Sobald er folglich im Mesfager bie offizielle Ankündigung der Kandidatur des Herrn von Lamar— tine las, schrieb er an Herrn Antoine Passy, Unter-Staats— secretair im Ministerium des Innern, seinen Bruder, eine lange Philippika gegen die Politik des bestehenden Ministertums, wo⸗ ein er ihm vorwarf, daß es den Konservativen sich nun vollends in die Arme werfen wolle, und mit der Drohung schloß, dem Kabi⸗

ch bemerklich

1592

net die Fehde anzukuͤndigen, wenn es nicht Herrn Sauzet zum Praͤsidenten der Kammer ernennen lassen wolle. Dieser Brief des Herrn Passy erfuͤllte das Ministerium mit neuen Besorgnis— sen und eine zweite Deputation wurde an Herrn von Lamar⸗ tine mit der Bitte abgesendet, durch die Zurücknahme seiner Kan⸗ didatur das Kabinet aus dieser Verlegenheit zu ziehen. Herr von Lamartine erwiederte dieser Deputation, er muͤsse, den seinen poli⸗ tischen Freunden gegenuber uͤbernommenen Verpflichtungen nach, auf seiner Kandidatur beharren. Nach vielem Hin- und Herrathen entschloß sich endlich das Kabinet, den Herrn von Lamartine fal⸗ len zu lassen, und Herrn Sauzet statt dessen als den ministe—

riellen Kandidaten zu adoptiren. Folgendes ist der Grund, den das Kabinet den Freunden des Herrn von Lamartine angiebt, um

sich zu rechtsertigen. Herr von Lamartine ist ein loyaler Mann,

er will nicht unseren Sturz, sagen die Minister, er wird daher sich an uns nicht rächen wollen, wenn wir ihm Herrn Sauzet vorzie⸗

hen. Anders verhält es sich mit den Häuptern des rechten Cen— trums, die uns den Krieg ankuͤndigen wuͤrden, wenn wir ihren Wuͤnschen nicht willfahren wollten. Die Partei Thiers-Barrot dage— gen willjetzt, wo das Kabinet fuͤr Herrn Sauzet gestimmt ist, den Herrn von Lamartine zum Praͤsidenten der Kammer erheben. Daß in diesem Konflikt das Kabinet die Oberhand behaupte, ist kaum an— zunehmen. Was bliebe ihm aber, wenn es bei dem ersten Treffen aufs Haupt geschlagen wurde, anders uͤbrig, als seine Fahne ein— zuziehen?

Großbritanien und Irland.

London, Die Koöͤnigliche Societät der Wissen— schaften hat die von ihr ausgesetzte große goldene Medaille fuͤr das beste der binnen der drei letzten Jahre ihr uͤberreichten astro— nomischen Werke dem beruͤhmten Astronomen Sir John Her— schel fuͤr seinen Gestirn-Katalog zuerkannt. Bereits fruͤher wurde demselben fuͤr ein anderes astronomisches Werk dieselbe Medaille zuerkannt.

Die Chartisten haben sich jetzt foͤrmlich erganisirt, indem sie saͤmmtlich eine einzige Gesellschaft, den „Verein der National— Charte“, bilden, dessen Leitung einer aus fuͤnf Mitgliedern beste— henden Vollziehungs-Behörde, welche in London ihren Sitz hat, anvertraut ist; Mitglied des Vereins ist, wer eine Karte loͤst und seinen Namen eintragen laßt; hiervon sind auch Frauen nicht aus— geschlossen. Die Unter-Vereine in den Grafschaften oder Distrik— ten halten fuͤr sich Versammlungen, deren Geschaͤfte der Unter— Secretair besorgt; die Haupt-Versammlung bleibt der National— Konvent in London. Die angeblichen Geschaͤfte sind, fuͤr die National-Petition an das Parlament Unterschriften, deren die Chartisten diesmal 3 Millionen zu erhalten hoffen, einzusammeln und den Volks-Unterricht zu befoͤrdern, was durch wandernde Redner und Vorleser geschieht, welche zugleich die thaͤtigsten Wer— ber sind. In dieser neuen Organisation erstreckt sich der Verein der Chartisten, nach Angabe ihres Hauptorzans, des Northern Star von Leeds, der O'Connor's Eigenthum ist, bereits uͤber 282 Staͤdte. Außerdem sucht man auch die schon laͤnger beste— henden Handwerker-Vereine zu gewinnen; die Organisation der— selben soll bleiben, nur sollen die Mitglieder, wie es schon bei den Schneider-, Schuhmacher- und anderen Vereinen in London der Fall ist, sammtlich Chartisten seyn. Das jetzige Haupt des Chartismus ist Feargus O'Connor, der unter allen Anhängern dieser Partei, in England wie in Irland, die meiste Popularität genießt. ;

Der Dubliner Korrespondent der Times versichert, daß zwischen den Whigs und O'Connell das innigste Buͤndniß zu dem Zwecke, den Sturz des Tory⸗-Kabinets herbeizufuͤhren, geschlossen worden sey. Dies muͤßte sehr insgeheim stattgefunden haben, denn oͤffentlich ist O'Connell seit dem Sturze der Whigs diesen bekanntlich nichts weniger als freundlich begegnet, und eben so ist er seinerseits von den Whig-Zeitungen heftig angegriffen worden.

In Edinburg wurde am 7. Dezember eine vorlaͤufige Ver— sammlung gehalten, um uͤber die Angemessenheit der Einberufung einer offentlichen Versammlung von Geistlichen und Mitgliedern der dissentirenden Glaubensbekenntnisse us verschiedenen Theilen Schott— lands zu berathen. Diese Versammlung wuͤrde am 11. und 12. Jan. in Edinburg stattfinden und ihr Zweck dahin gehen, ihre Ansicht uͤber die Koörngesetze auszusprechen und Petitionen um ihre gaͤnz— liche Abschaffung und einen vollig freien Getraidehandel an die Koͤnigin und an das Parlament zu richten. f

15. Dez.

Die Einberufung einer öffentlichen Versammlung auf die gedachten beiden Tage wurde von den bei dieser vorläufigen Zusammenkunft anwesenden Dissenters einmuͤthig beschlossen und die desfallsigen Einladungen angeordnet.

In Liverpool haben dieser Tage wieder Antikorngesetz- und Antimonopol-Versammlungen stattgefunden. Aus einer Angabe die in einer derselben gemacht wurde, ersieht man, daß seit der im Jahre 1839 zu Stande gebrachten Organisation des Vereins gegen die Korngesetze 672,81 Personen fuͤr die Beibehaltung der Korngesetze und 3,776,014 fuͤr die Abschaffung derselben Peritio— nen unterzeichnet haben.

Das Edinbuürgh-Journal enthaͤlt einige Nachrichten uͤber die freie Neger-Kolonie Liberia, die erst zu Ende des Jahres 1830 ins Leben getreten ist, übrigens trotz aller entgegengesetzten Be— hauptungen bereits einen guͤnstigen Einfluß auf die benachbarten Stamme ausgeuͤbt haben soll. Die Kolonie zaͤhlt etwa 5000 Seelen, von denen ein großer Theil aus Missionagiren besteht und dem Maͤßigkeits-Vereine beigetreten lst. Die Kolonie zaͤhit 20 Kirchen, meist mit schwarzen Predigern, und zwei Zeitungen, de— ren eine von Schwarzen redigirt wird. Handel und Landbau sind im Aufschwung, namentlich wird der Kaffeestrauch angebaut. Zu bemerken ist, daß die meisten Kolonisten solche sind, die in den Vereinigten Staaten freigelassen worden. Die beiden Staͤdte sind Monrovia und Edina.

Der Globe sagt in seinem Boͤrsen-Bericht: „Wie gewoͤhnlich um diese Zeit des Jahres, herrscht in allen Geschaͤftszweigen die groͤßte Mattigkeit, da Niemand etwas unternimmt, was nicht fuͤr den unmittelbaren Gebrauch erforderlich ist. Dennoch bessert der Stand des Kredits sich entschieden, und wir sind allen ernstlichen Geschaäͤfts-Stbrungen durch Fallissements, die man fast fuͤr unver— meidlich hielt, bisher gluͤcklich entgangen. Sollte die Bank, wozu gute Anzeichen vorhanden sind, ihren Bagrvorrath zu vermehren anfangen, so dürfen wir eine wesentliche Verminderung des jeßt auf den Geld-Umlaufmitteln lastenden Drucks und demnach fuͤr den nächsten Frühling eine rasche Besserung im allgemeinen Han— del erwarten. Fuͤr jetzt ist Geld leicht zu haben, und der Diskonto neigt sich abwaͤrts; dies wird jedoch erst nach Bezahlung der Ja— nuäar⸗Dividenden merklicher gefuͤhlt werden.“

Niederlande.

Aus dem Haag, 17. Dez. Das Journal de la Have erklärt die in einer Korrespondenz aus Amsterdam enthal⸗ tenen, sowohl in die Tim es, als in die Brüsseler Emancipa⸗ tion übergegangenen Nachrichten von einem Defizit von 6. Mll—

lionen, in Folge eines unguͤnstigen Ausfalles der Erndte auf Java, (S. Nr. 349 der St. Ztg.) fuͤr ungegruͤndet.

Deutsche Bundesstaaten.

GSannover, 18. Dez. Aus der Sitzung der 2ten Kam— mer vom 16. Dezember theilt die Hannov. Ztg. die Abgabe folgender Erklärung eines Deputirten mit, welcher sich vier an— dere Mitglieder anschlossen: „Er habe die durch die Köoͤnigliche Verordnung vom 5. November v. J. anbefohlene Annahme⸗Er⸗ klaͤrung vollzogen und eingereicht, weil dies das einzige Mittel gewesen, sowohl fuͤr die zunaͤchst von ihm vertretene Corporation, ihr Recht, auf dem Landtage zu erscheinen, geltend zu machen, als fuͤr ihn, das ihm durch seine Erwählung zum Deputirten erwor— bene Recht zu exerciren. Er halte sich jedoch in seinem Gewissen gedrungen, ausdrücklich zu bevorworten, daß so wenig den Ver— fassungsrechten seiner Corporation und des Landes durch eine von einem gewählten Deputirten vor seinem Eintritte in die Staͤnde-Versammlung, mithin als bloßem Privatmanne, abgege— bene Erklaͤrung praͤjudizirt werden köͤnne, als ihm auch ohne un— zulässigen Gewissenszwang nicht habe angemuthet werden moöͤgen, seine Ueberzeugung vom Rechte und Unrechte nach höherem Be— fehle zu ändern. Als ehrlicher Mann werde er gleichwohl sein Versprechen, in der Kammer sich innerhalb der Graͤnzen des Lan— des-Verfassungs-Gesetzes zu bewegen, zu halten sich verbunden er— achten muͤssen, sollte auch die von ihm übernommene Verpflich— tung nach §. 22 des Geschaͤfts-Reglements gesetzlich als nichtig betrachtet werden koͤnnen; ohne jedoch dadurch die Verfassungs⸗ maͤßigkeit des verlangten Reverses irgend weiter anzuerkennen.“

In derselben Sitzung begann dle Kammer die erste Bera— thung des Gesetzes uͤber die Rechtsverhaͤltnisse der Juden. Als eine Einleitung zu den Berathungen uͤber das Gesetz wurde zu— nächst und im Allgemeinen auf das schon seit langen Jahren ge— fuͤhlte Beduͤrfniß einer neuen Gesetzgebung uͤber die Rechtsver— haͤltnisse der Juden hingewiesen, ein Bedärfniß, welchem abzu— helfen jetzt eine Nothwendigkeit geworden sey, theils wegen der schwankenden Verhaͤltnisse, theils wegen der Mangelhaftigkeit, theils wegen der Verschledenheit des Rechtszustandes der Juden in den verschiedenen Provinzen des Königreichs. Es wurde hervorgehoben, daß dieser Rechtszustand ganz allein auf dem Schutzverhaltnisse beruhe, welches aber in neueren Zeiten mehr oder weniger seine fruͤhere und eigentliche Bedeutung verloren habe, indem es namentlich jetzt nicht mehr blos das Recht zu ei— nem temporairen Aufenthalte verleihe, sondern vielmehr einem wahren Unterthanen-Verhaͤltnisse wenigstens sehr nahe verwandt geworden sey. Deshalb sey es eine sehr wichtige Frage, welchen Weg die Gesetzgebung einschlagen solle. Die schon fruͤher in die— ser Beziehung an die Stande gelangten Vorschläge seyen von einem anderen Prinzipe ausgegangen, als der jetzt vorliegende Entwurf. Dort sey eine völlige Gleichheit der Juden mit den ubrigen Unterthanen an die Spitze gestellt, wahrend das Gesetz dann die Ausnahmen von dieser Regel habe feststellen sollen. Auf einem anderen Grundsatze beruhe der jetzige Entwurf. Er stelle umgekehrt im §. 79 die Regel auf, daß es bei dem bestehenden Rechte und bei den daraus hervorgehenden Abweichungen der Rechtsverhaͤltnisse der Juden von denen der Christen bleiben solle, so weit nicht das Gesetz ein Anderes bestimme. In beiden Entwuͤrfen sey also in der That eine voͤllige Gleichstellung der Juden mit den Christen nicht beabsichtigt; eine solche wuͤrde man auch nicht wohl wuͤnschen können, weil darin ein zu großer Wech— sel gegen den jetzigen Zustand liegen wuͤrde, ein Wechsel, der nicht so ploͤtzlich geschehen duͤrfe. Es frage sich nur, welches von den beiden obigen Prinzipen das richtigere sey. Theoretisch müsse man das zwar von dem des ersten Entwurfs sagen, praktisch aber habe gewiß der Grundsaß des jetzigen den Vorzug. Denn abgesehen davon, daß nach der Erfahrung eine großere Beguͤnstigung der Juden, als sie jetzt beabsichtigt werde, in den Kammern nicht durchzubringen seyn durfte; so haͤtten auch bei dem zuerst befolg ten Prinzipe in dem Gesetze die Ausnahmen se sehr gehaͤuft wer— den muͤssen, daß von der Regel fast nichts uͤbrig geblieben sey, wahrend es jetzt natuͤrlich einer demnaͤchstigen Gesetzgebung immer unbenommen bleibe allmaͤlich, und wenn die Raäthlichkeit oder Nothwendigkeit eintrete, noch neue Verbesserungen hinzuzufuͤgen. Die wesentlichste Abaͤnderung gegen den bisherigen Zustand be siehe in der Aufhebung des Schußtzverhaͤltnisses und den damit ver— bundenen Folgen, dem Wegfallen des Schutzgeldes, und der Moͤg lichkeit, Buͤrger- und Meisterrecht zu gewinnen, welcher dann eine Regulirung der Verhaͤltnisse der Juden zu den Gemeinden sich nothwendig anschließen muͤsse. Mit dem jetzt aufgestellten all— gemeinen Grundsatze erklärte sich ein anderes Mitglied nicht ein— verstanden, weil darin fuͤr diejenigen Landestheile, wo die Juden schon jetzt groͤßere Rechte hatten, eine zu druͤckende Haͤrte liegen wuͤrde. Es wurde deshalb in dieser Hinsicht fuͤr die zweite Be rathung ein Antrag angekuͤndigt. Der 9. 20 stellt das Synagogen-, Schul- und Armenwesen der Juden unter Aufsicht der Regierung. Diese Aufsicht soll, neben den Orts-Obrigkeiten, zunaͤchst durch die Land⸗Rabbiner unter Leitung der Landdrosteien ausgeuͤbt werden. Dabei wurde zunaͤchst der Mangel aller Centralisation in Beziehung auf das Synagogenwesen vermißt; wogegen Andere selbst die Zweckmaͤßig⸗ keit einer Central-Behoͤrde dafuͤr bezweifelten und die Moglichkeit einer solchen Einrichtung uͤberhaupt nur fuͤr den Fall zugaben, daß die Judenschaft selbst die Kosten dazu aufbraͤchte. Dann wurde die Nothwendigkeit einer Aufsicht der Regierung uͤber das Synagogen-, Schul-, und Armenwesen erlaͤutert, mit der Bemerkung, daß von der Judenschaft nicht zu erwarten sey, sie werde von selbst diese Gegenstaͤnde gehoͤrig ordnen und in Ordnung erhalten; daß die Rabbiner auch mit dem besten Willen ohne höhere Hälfe des erforderlichen Nachdrucks entbehren wür— den; daß es aber durchaus nicht die Absicht gewesen sey, den Be— hörden damit auch Eingriffe in das Innere des Gottesdienstes zu⸗ zugestehen. In der Fassung dieses Paragraphen fand man endlich noch eine große Unbestimmtheit in so weit, als sich daraus das eigentliche Verhaͤltniß zwischen der Orts⸗-Obrigkeit und dem Land— Rabbiner nicht ersehen lasse. Es wurde darguf zwar zugegeben, daß das Gesetz in Beziehung auf das zu beobachtende Verfahren nicht erschoͤpfend sey, allein mit dem Hinzufuͤgen, daß dies durch Instructionen zu reguliren seyn werde, ubrigens aber aus dem Gesetze selbst hervorgehe, daß die Orts⸗-Obrigkeit mit dem Land⸗ Rabbiner nicht ein Kollegium bilden, sondern dem letztern zunaͤchst die Aufsicht zustehen solle.

Frankfurt a. M., 18. Dez. In dieser Woche behauptete unsere Boͤrse wieder eine sehr feste Haltung in den meisten Fonds und namentlich waren die Oesterreichischen Effekten Gegenstand lebhafter Kauflust und gingen taglich mehr in die Hoͤhe. Die uͤberaus befriedigenden Nachrichten uͤber die politischen Verhaͤltnisse Europa's, wozu sich in den letzteren Tagen noch die von der in Frankreich eintretenden Entwaffnung gesellte, mußten nur eine guͤnstige Wirkung in der Boͤrsenwelt erzeugen. Heute trat indessen in den Oesterreichischen Effekten eine Reaction ein.

Sie waren zu niedrigeren Coursen angeboten, auf ihr fuͤhlbares Weichen zu Wien am 131en d. Dieses wurde aber durch keine politische Nachricht, sondern durch den plötzlich eingetretenen Geld⸗ mangel erzeugt. Hoffentlich werden die dortigen Geld⸗Verhaäͤltnisse aber bald wieder (ine guͤnstigere Gestalt annehmen. Die Spani⸗ schen Fonds sind auf die besseren Course von Paris auch hier etwas williger, doch kann die trostlo se Lage der Spanischen Finan⸗ zen eine nachhaltige Besserung der Spanischen Fonds nicht erzeu⸗ gen. Die Holländischen Effekten verharren fortdauernd in flauer Haltung, da die Amsterdamer Berichte keine Aussicht auf höhere Eourse von da gewähren. Es ist allerdings die starke Vermeh⸗ rung, welche die aktive Schuld Hollands durch die Konversion der Kanzen und Restanten erhalten, die Ursache, daß an der Amster⸗ damer Bbrse alle Kauflust in den einheimischen Fonds erloschen ist Die Taunus-Eisenbahn-AUctien halten sich sehr fest, denn es entspricht die Einnahme der Bahn auch in diesem Wintermenat aller Erwartung. Der Plan, eine zweiten Schienenlage der Taunus-Eisenbahn zu bauen, soll definitiv aufgegeben worden seyn, und wir glauben auch nicht, daß eine Nothwendigkeit für diesen Bau vorhanden ist. Man behauptet allerdings, daß bei doppelter Bahn die Fahrten schneller von statten gehen werden, allein dem wuͤrde schwerlich so seyn, und man darf schon zufrieden seyn, den acht Stunden langen Weg von hier nach Mainz auf der Eisen— bahn in einer schwachen Stunde zurüuͤcklegen zu koͤnnen. Die be— vorstehende General-Versammlung der Actiengire der Taunus⸗ Eisenbahn wird aber, nach Allem, was man hört, in ihren Resul— taten die Actionaire vollkommen befriedigen. . Die Sitzungen der Bundes-Versammlung nehmen im naͤch— sten Monat wieder ihren Anfang,. 4 H Die hier verweilende Französische Schauspieler-Gesellschaft, unter der Direction der Herren Lemadre, Chambei und Real, hat bei uns eine gute Aufnahme gefunden, und es bieten die Vor— stellungen dieser Gesellschaft namentlich ein gutes Ensemble.

Spanien.

Madrid, 9. Dez. Der General Aleson ist zum General⸗ Capitain von Alt-Castilien an die Stelle des Generals Ribero ernannt worden. Ribero's Absetzung soll durch dessen Benehmen bei der Insurrection O'Donnell's in Pampelona veranlaßt seyn. Das oberste Tribunal wird, wie man versichert, eine Uintersuchung aber sein Verhalten in jenem kritischen Momente einleiten.

Die Königin Isabella und die Infantin ihre Schwester be⸗ luchten gestern, um das Fest der Patronin Spaniens, man kann agen, Königlich zu feiern, saͤmmtliche Wohlthaͤtigkeits⸗-Anstalten Madrids und ließen uberall Beweise ihrer Freigebigkeit zuruͤck.

In Folge der gaͤnzlichen Aufhebung der Königlichen Garde wird die Eskorte der Königin und der Infantin auf deren ge— wöhnlichen Spazierfahrten von dem Husaren-Regiment gestellt, welches auch der Regent zu seiner gewoͤhnlichen Garde gewaͤhlt hat. Die Palastwachen sind nun, nach Beseitigung der Koönig—⸗ lichen Garde, vorlaufig ausschließlich der National-Garde, den Hellebardierern und den Jägern von Luchana anvertraut. Herr Epronceda, diesseltiger Gesandter im Haag, ist heut fruͤh auf seinen Posten abgereist.

Briefe aus Vitoria vom 5. melden die an demselben Tage erfolgte Ankunft der Donsia Luisa Carlota, Gemahlin des Infan⸗ ten Don Francisco de Paula.

Es geht das Gerücht, daß eine Amnestie fuͤr die Emigrirten

Meinungen erlassen werden soll.

z 9. Dez. Im Laufe der vorigen Woche trafen unmittelbar nach einander zwei von London kommende Cou⸗ riere bei der hiesigen Englischen. Gesandtschaft ein. und man be⸗ merkte, daß Herr Aston ungewoͤhnlich haufige Audienzen bei dem Regenten hatte. Nachdem die Veranlassung derselben geheim gehal⸗ ten worden war, verlautet nunmehr aus guter Quelle daruͤber Folgendes. Der erleuchtete Staatsmann, welcher gegenwartig die auswaͤrtigen Verhaäͤltnisse Großbritaniens leitet, hat den Spani⸗ schen Angelegenheiten seine besondere Aufmerksamkeit gewidmet, und soll, indem er neben den Berichten des Herrn Aston auch anderweitigen Mittheilungen Gehör schenkte, zu der Ueberzeugung gekommen seyn, daß der ruͤcksichtslose von der Spanischen Regie⸗ rung uͤber die Baskischen Provinzen verhängte Terrorismus eben so wenig geeignet sey, die Zahl der aufrichtigen Anhänger des Regenten in Spanien oder im Auslande zu verstaäͤrken, als die hier ziemlich allgemein verbreitete Ansicht, als ob die Egngli— sche Diplomatie sich weigere, jenem Schreckens-System ent— gegenzuarbeiten, dahin fuͤhren konne, den wohlwollenden Ab— sichten und Rathschlägen des Londoner Kabinettes hier An— erkennung zu verschaffen. Herr Aston erhielt demnach die Anwei— sung, seinen ganzen Einfluß auf den Regenten anzuwenden, um

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diesen zu bewegen, dem Blutvergießen in Bilbao, Vitoria und hier Einhalt zu thun, und ein System einzuschlagen, welches ihn den fremden Kabinetten gegenuber in guͤnstigerem Lichte darstellen könnte. Diese Aufgabe zu loͤsen, war selbst fuͤr einen so gewandten Diplomaten wie Herr Aston ist, von Schwierigkeit. Der Regen schenkte seinen Vorstellungen Gehöor, wies aber, so heißt es, dar— auf hin, daß man von gewissen Seiten selbst fruͤherhin einmal geaͤußert habe, er, Espartero, muͤsse wenigstens vier— hundert der Verraͤther vom 7. Oktober erschießen lassen, um als wuͤrdiger Handhaber der Gerechtigkeit erscheinen zu koͤnnen. Die Maßregeln des Schreckens haben wenigstens, dem Anschein nach, um nichts nachgelassen. Der Belagerungs⸗Zustand dauert in den Baskischen Provinzen fort, wahrend er in Barcelona segleich auf— gehoben wuͤrde. Das hiesige Kriegsgericht faͤllt nach wie vor seine Todes-Urtheile, das Eco del Comercio fordert Blut und mehr Blut, und der Spanische Gesandte in Lissabon hat den Befehl erhalten, von

O Madrid, l

der dortigen Regierung die Aus— lieferung der in die Verschwoöͤrung vom 7. Oktober verwickel— ten, nach Portugal gefluͤchteten Spanier zu verlangen.

Herr Aston soll ebenfalls. wie mit Bestimmtheit be— hauptèt wird, dem Regenten die Versicherung ertheilt haben, daß es den Bemuhungen des Englischen Kabinets gelun— gen sey, die von einer anderen Seite her in Anregung gebrachte Frage, ob die großen Maͤchte Europa's gemein schaftlich den Zustand Spaniens in Betrachtung zu ziehen , gleich bei ihrem Entstehen als unstatthaft zu beseitigen. Nichts kann demnach die Sinnesart der Spanischen Regierung deutlicher bezeichnen, als der Ihnen in meinem Briefe vom Zhsten v. M. mitgetheilte Artikel des Espectador, in welchem im Namen eben jener Regierung die Drohung ausgesprochen wird, daß auf den Fall einer Intervention des Auslandes die moderirte Partei niedergemetzelt und der Thron in Spanien ab⸗ geschafft werden solle. Dieser Artikel erschien namlich, wie man nun erfährt, gerade am Tage, nachdem der Englische Gesandte dem hiesigen Kabinet die so eben angegebenen beruhigenden Zusicherun⸗ gen ertheilt hatte. Man wuͤrde sich indessen sehr irren, wenn man glauben wollte, daß der eigentliche Kern der Spanischen Nation in fine solche hypothetische Abschaffung des Thrones ein— willigen wuͤrde Ein Abendblatt, el Castellano, erklaͤrte sich

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in sehr strengen Ausdrucken gegen die durch das Organ der Re— gierung ausgesprochene Drohung, und zeigte nicht nur das Ver⸗ ruchte, sondern auch das Thoͤrichte, das in der offenen Verkuͤndi— gung solcher Gesinnungsart liegt, und dennoch beharrte der Espec— tador vom 4ten bei seinem Glaubensbekenntniß. „Weit entfernt“, sagt dieses Blatt, unsere dort ausgesprochenen Doktrinen ver—⸗ werflich zu finden, betrachten wir sie heute, so wie wir sie damals niederschrieben, als den Schild der Unabhängigkeit und des Spa— nischen Thrones, als eine heilsame Ermahnung und Berufung auf die Weisheit eben jener Monarchen, die man gegen uns aufreizen will.“ Hören Sie dagegen, wie sich ein anderes Blatt, welches zwar die Regentschaft Espartero's, aher nicht in allen Punktan den Gang des Ministeriums unterstützt, sich in Betreff eines Kongresses, der die Angelegenheiten Spaniens zu schlichten hätte, ausdrückt. Der Corresponsal vom 3Zten sagt unter Anderem: „Glaubt ihr, daß, wenn in Europa der Wunsch, sich in die Angelegenheiten Spaniens zu mischen, vorhanden ware, ihr ihn mit Declamationen gegen die Ungerechtigkeit einer solchen Maßregel, mit der Darstellung der Wirkungen des Zorns in einem verzweifelten Lande vereiteln wuͤrdet? Wir glauben, daß derglei⸗ chen Anstrengungen die Entwuͤrfe der Mächte nicht im Geringsten erschüͤttern wurden .. .. So lange wir elend und ohnmaͤchtig sind, in hundert Parteien getheilt, die einander den Tod ge— schworen haben; unter einer Regierung, welche die Verbrechen be— straft, je nachdem die Schuldigen zu dieser oder jener Partei ge— hören, ist es unmoglich, jenen Enthusiasmus, jenen freiwilligen Aufschwung hervorzurufen, der die Volker entflammt und sie Un— besiegbar macht. . . . Wenn ein Volk in unseren Zustand verfaͤllt, wenn es wenigstens eben so viele Unzufriedene und Leidende giebt, als Genießende, dann kann man sich nicht an den Enthusiasmus wenden, ohne sich einer furchtbaren Enttaͤuschung auszusetzen. .. . Wenn das, was man fuͤr Gerechtigkeit ausgab (die Hinrich— ungen in Madrid u. s. w.), alsbald als die Wirkung des Triumphes einer Partei erscheinen mußte, so verlor die Spa— nische Regierung die festeste Stuͤtze ihrer Macht, und Europa hat nur einen Grund mehr, um nicht zuruͤckzuweichen. Die Lage, in welche die Regierung uns versetzt hat, die weder als solche, noch als Partei Kraft haben kann, und sich selbst mit dem Brandmahle der Ohnmacht, der Inkonsequenz und der Schwaͤche schaͤndet, fuͤrchten wir, aber keinesweges Intriguen des Auslandes; denn die Maͤchte können eine gerechte und starke Regierung fuͤrchten oder achten; oder sie koͤnnen eine entfesselte Revolution fuͤrchten oder achten, oder eine Partei, welche eine solche ins Werk zu setzen faͤhig ist; aber eine Nation, in welcher die Regierung in einem Journal die richtigen Grundsaͤtze verkuͤndigt, und diese nur dann aufrecht halten kann, wenn sie mit den Interessen einer Partei im Einklange stehen, werden die Maͤchte weder fuͤrchten noch achten.“

Zu dieser Schilderung der Lage, in welcher sich die Regie— rung den Partelen gegenuͤber befindet, liefern die Ereignisse von Barcelona fortwährend den besten Beleg. Von allem, was ich Ihnen uͤber die Entwickelung, welche die dortige Krisis nehmen wurde, seit langer als einem Monate schrieb, habe m kein Wort zuruͤck— zunehmen. Die Proclamation Espartero's, di, Verhängung des Belagerungs-Zustandes war darauf berechnet, das Ausland über den wahren Stand der Dinge im Dunkel zu lassen. Der Bela— gerungs-Zustand wird mit hoͤflich entschuldigenden Worten zuruͤck⸗ genommen und Alles wieder in die vorige Anarchie versetzt. Das sAlyuntamiento von Barcelona erklärt unter dem Belagerung s-Zustande alle Handlungen der rebellischen Junta fuͤr rechtmäßig und ruhmwuͤr— dig, Und die Proclamation Espartero's fuͤr ein widersinniges, auf nichts beruhendes Machwerk. „In Barcelona“, sagt der Correspon— sal von gestern, „erhob man die Fahne des Aufstandes, verwei— gerte man der Regierung den Gehorsam, setzte man rechtmaͤßige Behoͤrden ab, maßte man sich die gesetzgebende Gewalt an, riß man die Verfassung der Monarchie in tausend Stuͤcke, verletzte

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man die Sicherheit der Buͤrger, warf man eine Menge Unschul— diger ins Gefaͤngniß, legte man Steuern auf, und schaffte andere von den Cortes votirte ab, schleifte man eine Festung, die Staats— Eigenthum war, rief man zu den Waffen gegen die Regierung, und ein General sah alles dieses von einem benachbarten Flecken aus mit an, ohne gegen den Aufstand einzuschreiten!“ Die erste Folge der Aufhebung des Belagerungszustandes war ein Faustkampf des abgetretenen Ayuntamiento's mit dem von dem General Van Ha— len eingesetzten; eine zweite das offene Aufstehen der rein republi— kanischen Partei, und deren Vereinigung mit der furchtbar orua— nisirten Association der Fabrik-Arbeiter, welche bereits die Maschi nen ihrer Gewerbsherren zertruͤmmern, und diese mit ihren Kapi— talien ins Ausland zu fluͤchten zwingen. Diese Vereinigung wird dazu fuͤhren, daß das neue Ayuntamiento von Barcelona, das in diesen Tagen zusammentreten mußte, ganz aus Republikanern bestehen wird, so wie auch hier in Madrid die Republikaner bei den Wahlen fuͤr das neue Ayuntamiento den Sieg davon trugen. Aehnliches ist in der Mehrzahl der ubrigen Staͤdte zu erwarten, und man bedenke wohl, daß es keine maͤchtigeren, dem Volke naͤ— her stehenden, gegen jede Regierung feindlicher gesinnten, durch staͤr— kere wechselseitige Bande mit einander verknuͤpften Behoͤrden giebt, als die AJuntamientos. Alle, welche die Zukunft dieses Landes ergruͤnden wollen, duͤrfen es nicht verschmaͤhen, die Ereignisse von Barcelona und die von der Regierung ihnen gegenuͤber an— genommene Haltung mit einiger Aufmerksamkeit und in ihren Einzelnheiten zu pruͤfen!

J

Berlin Potsdamer Eisenbahn. In der Woche vom 14, bis inel. 20. Dezember «. sind auf der Berlin-Potsdamer Eisenbahn 6300 Personen gefahren.

Meteorologische Beobachtungen.

Nach einmaliger

Abends 10 Uhr.

ö ,,,,

Morgens Nachmittags ä

Reobachtung.

Luftdruck. ... 331 . Par. 331,49 Par. 331,62 Par, Guellwärme S, 19 R. Luftwäürme ... P 4 0,97 R. 4 399 n. 4 1,97 R. Thaupunkt ... 4 149 R. 4 2,7 4 099 n. Dunstsüttigung 9I pCt. SI pet. S1 pet. Wetter trübe heiter. trübe. P ,, 80. 80. 80. Wuüärme wechsel 4 3,29, Wolken zug... ͤ 80. I ** 3 9, 12. Tagesmittel: 331,37“ Par.. 4 2,0? R.. l1ꝛ5? R... S6 pet. so.

Flusswärme 2,12 R.˖ Bodenwiürme 4,17 R. Aus dlijustunsg ,oꝛg, Rh. Niederschlag C), o ĩ Rh

Auswärtige Börsen. Niederl. wirkl. Schuld 5I . 53 do. 993. Ausg. —. Ziusl. —.

Amsterdam, 17. Dea. Kanz. Bill. 25. 55 Span. 2126. Fass. —. Prim. Sch. —. Pol. —. Oesterr. 1053.

Antwerpen, 16. Dez. Zinsl. 54. Neue Anl. 21.

Frankfurt a. M., 18. Dez. Oesterr. 53 Met. I08 d. 145 100 6. 233 56 6. 15 215 hr. Bank- Act. 1966. 1961. Loose zu 500 EI. 1143. 11414 Preuss Prim. Seh. SMI G. do. 15 Anl. 102 Br. Poln. Loose 763 6. 55 Spaun. Anl. 245. 249. 233 Iloll. 50. 50.

Preuss

1

Eisenbahn- Actien. Leipais - Dresden 1014 G. Kälu- Aachen 98 6.

Paris, 16. Dea. 5 Rente fig our. 16. 65. 35 Rente in eour- 78. 30. Aul. de 1841 in eour. 78. 90. 57 Neapl. au eompt. 105. 60. 55 Spau. Rente

213. Passive 55.

wien, Is. n.. Szͤ Mnι 1063. 4 Soz. 3

13 —. Keank-Aetien 1619. Anl. de 1834 1425. de 1839 108.

253

n,, Den 21. Dezember 1841.

ö. Pr. Cour. nriet geia.

.

Fonds. Actien.

St. Schuld- Sch. 4 104 101 Pr. Rusl. Obl. 30). 4 102 101 Prüm. Seh. der

See handlung. S0 80 Kurm. Schuldv. 3 103 1025 kerl. Siadi - Ov 163 103 Elbinger do. ? PDanz. da. in Th. 47 Westp. HPfaudbr. 102 101* Grossb. Pos. do. 101 Ostpr. Pfaudbr. ! 101 Pamm. do. 3 102 Kur- u. Neum. 0. * 1021 161 9 Schlesische do. 7 100

Krl. Pots. Eisen.

do. de. Prior. Act. Męd. Lp. Risen b.

do. do. Prior. Act

rl. Anh. Eisen b.

do. do. Prior. Aet. Dũüss Elb. Eisenb.

do. do. Prior. Act. 5 Rhein. Biseub. do. do. Prior. Act.

Gold al mare Fri drichsd'or Audere Guldmün-

zeu à 5 Th. Diseout s

Pr. Cour. Thlr. zu 30 Sgr. Rriet. Geld.

250 FI. ur 138 y M—b M534... 250 Fi. . ĩ 138 mburg 1 ⸗— ! ö 300 M. x 149 *. . 300 nme. 8. 1418 Loudon J ; 94 LSt. 300 Fe. 150 *. 1350 1. 190 pr 1900 Tulr. 190 1. 18RbI

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Amsterdam Ila do.

Paris .

Wien in 20 Xr

Augsbur

Nreslau ; x . ' Leipzig in Courant im 11 ThI. Fass Frankfurt a. M. W æ.

Petersburg

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Mi. 3 Woch.

Königliche Schauspiele. Mittwoch, 22. Dez. Im Schauspielhause: Das Glas Was⸗ ser, Lustspiel in 5 Akten, nach Scribe, von A. Cosmar.

Donnerstag, 23. Dez. Im Schauspielhause: Zum ersten— male wiederhelt: Der alte Herr, Lustspiel in 2 Abth', vom Ber— fasser von „Luͤge und Wahrheit“. Hierauf: Ein Herr und eine Dame, Lustspiel in 1 Akt, frei nach dem Franzoöͤsischen, von C. Blum.

Freitag, 24. Dez. Kein Schauspiel.

Das Billet-Verkaufs-Buͤreau bleibt an diesem Tage bis 2 Uhr Mittags gebffnet. ;

Sonnabend, 25. Dez. Im Opernhause: Der Feensee, große her . Abth., Musik von Auber. Ballets von Hoguet.

Preise der Plätze: Ein Platz in den Logen des ersten Ran— ges 1 Rthlr. 10 Sgr. ꝛc. ꝛc.

Im Schauspielhause: Werner, C. Gutzkow.

Sonntag, 26. Dez. Im Opernhause: Der reisende Student; und: Robert und Bertrand, pantomimisches Ballet in 2 Abth., von Hoguet.

Im Schauspielhause: Das Glas Wasser, Lustspiel in 5 Abth von A. Cosmar. 3

Je. chauspiel in 5 Abth. vo

Dez ——

Üönigstädtisches Theater.

Mittwoch, 22. Dez. (Italienische Opern⸗Vorstellung.) L'Ita- Opera huffa in 2 Atti. Musica del Maestro (Signora Carmela Marziali: Isabella.)

Donnerstag, 23. Dez. Letztes Konzert des Herrn H. W. Ernst vor seiner Abreise von Berlin. 1) Duvertuͤre, komponirt vom Konzertmeister Herrn Leon de Saint Lubin. Y) Konzertino, (Allegro hrillante, Andante espressivo und Rondo-Valse) fuͤr die Violine mit Orchester-Begleitung komponirt und vorgetragen, von Herrn H. W. Ernst. 3) Arie aus der Oper: „Robert der Teufel“, von Meyerbeer, gesungen von Fraͤulein Elise Meerti I) Fest-Variationen uͤber ein Hollaͤndisches Nationallied, fuͤr die Violine mit Orchester-Begleitung komponirt und vorgetragen, von Herrn H. W. Ernst. 53) Arie von Beethoven, gesungen von Fraͤu— lein Elise Meerti. 6) Auf vieles Begehren: Caprices uͤber ein Thema aus der Oper: „der Pirat“, fuͤr die Violine mit Orchester— Begleitung komponirt und vorgetragen, von Herrn H. W. Ernst. Zum Schluß: Der Karneval von Venedig, komponirt und vor— getragen, von Herrn H. W. Ernst. Vorher: Endlich hat er es

doch gut gemacht. Lustspiel in 3 Akten, von Albini.

liana in Alger ö. Rossini.

vorlesungen.

Da die Zahl der Meldungen zu den Vortraͤgen des wissen— schaftlichen Vereins bereits vor etlichen Tagen die Zahl der vorhandenen Plaͤtze um mehrere hundert kͤberstieg, so ist es schlech⸗ terdings unmbglich, allen Wuͤnschen zu genuͤgen. Die vertheilten Karten werden den Empfaͤngern ins Haus geschickt.

An die Leser.

Die vierteljährliche Pränumeration der Staats-Zeitung betragt 2 Rthlr. Preuß. Cour. fuͤr das Inland. Bestellungen für Berlin werden in der Expedition selbst (Friedrichs-Straße Nr. 72) gemacht und jeder innerhalb der Ringmauer der Stadt wohnende Praͤnumerant erhaͤlt das Blatt durch die Stadtpost, schon den Abend vor dem ange—

gebenen Datum, frei ins Haus gesandt. Au s⸗ waͤTrtige, des In- oder Auslandes, bewirken ihre Be— stellungen rechtzeitig bei den resp. Post-Aemtern; wer dies versaͤumt, kann nicht mit Gewißheit die Num⸗ mern erwarten, die vor der hier eingegangenen Anmel— dung erschienen sind.

Fuͤr einzelne Nummern des Blattes ist der Preis 25 Sgr.

Verantwortlicher Redacteur Dr. J. W. Zinkeisen.

Gedruckt in der Decke rschen Geheimen Ober⸗Hofbuchdruckerei.