1841 / 361 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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permanenten Gerichtshof konstituiren muͤssen. Sie wuͤrde jedoch

dann den wesentlichen Zweck ihrer Institution verfehlen und die ihr von Seiten der Nation zukommende Achtung gefährden. Die Kandidatur des Herrn von Lamartine in der Kammer ewinnt an Konsistenz und die Absichten der Opposition in dieser eziehung treten immer deutlicher hervor; es scheint entschieden, daß sie diese Kandidatur unterstuͤtzen wird, weil sie sehr wohl weiß, daß die Wahl eines ihrer Mitglieder nur eine unnüe Ma⸗ nifestation seyn und höͤchstens dazu dienen würde, genau die Zahl der Stimmen kennen zu lernen, äber die sie disponirt.

Bei der Entwerfung der Thronrede hat der Paragraph, welcher sich auf den projektirten Traktat zwischen Frankreich und Belgien bezieht, zu lebhaften Erörterungen Anlaß gegeben. Der König bestand darauf, daß in der Thronrede die bisherigen Be— muhungen erwähnt und die Hoffnung, daß man bald zu einem guͤnstigen Resultate gelangen wurde, ausgesprochen werden sollte. Man wollte auf diese Weise auf eine Modifizirung der Tarife vorbereiten und den Weg zu einer kommerziellen Annaherung zwischen beiden Landern bahnen. Herr Humann setzte diesem Projekt einen lebhaften Widerstand entgegen; in acht Tagen wird man erfahren, was er damit bewirkt hat. Die Unterhandlungen werden immer wieder von neuem suspendirt und man wird Muͤhe haben, sich uber die Grundlagen eines Traktats zu ver— staͤndigen.

tt Paris, 24. Dez. Der am 20sten d. M. in London unterzeichnete Vertrag der fuͤnf Maͤchte wird von einem großen Theile des hiesigen Publikums mit unguͤnstigem Auge angesehen. Die National⸗Eifersucht gegen England lehnt sich gegen die neue Bestätigung des Rechtes der gegenseitigen Untersuchung auf, denn man meint, daß diese Gegenseitigkeit nur in der Theorie ihren vollen Werth hat, und daß der Sache nach durch die Auf⸗— stellung derselben den Engländern das Monopol der See-Polizei zugestanden wird. Daß indessen eine Uebereinkunft dieser Art das einzige Mittel sey, um den Gesetzen und Staats-Verträgen uͤber Abschaffung des Sklavenhandels Nachdruck zu verschaffen, dar— uͤber sehen selbst viele der eifrigsten Emancipationsfreunde hinweg. Es versteht sich von selbst, daß die Kolonialpartei den Vertrag vom 20. Dezember wie einen neuen Sieg Englands uͤber Frankreich behandelt, ihn als eine neue Demuͤthigung Frank— reichs von der Politik des Auslandes verhaßt zu machen sucht. Uebrigens stimmt man darin äuͤberein, daß dieser Vertrag von keiner großen unmittelbaren Bedeutung fuͤr die Unterdruͤckung des Menschenhandels ist, weil derselbe schon längst nicht mehr unter der Flagge der kontrahirenden Maͤchte, soweit deren Ma— rine uberhaupt jemals dabei betheiligt war, betrieben wird. Der eigentliche Werch des Traktats vom 20. Dez. beruht auf der Hoffnung, daß derselbe eine moralische Autorität und ein politi— sches Argument abgeben werde, um einestheils die beiden Regie— rungen der Pyrenäͤischen Halbinsel, anderentheils die Amerikanischen Staaten zu einem strengeren Einschreiten gegen den Sklavenhandel zu veranlassen. Könnte man es dahin bringen, dieses schaͤndliche Gewerbe nach allgemeinem Seerechte mit der Piraterie auf gleiche Linie zu stellen, so wuͤrden einige wenige Beispiele der mitleidlo— sen Handhabung des Gesetzes ganz gewiß wirksamer seyn, als alle die bisher angewendeten administrativen und prozessualischen Mittel.

Die heutigen Blatter sprechen sich mit ziemlicher Maͤßigung, aber mit vieler Festigkeit uber das Urtheil des Pairshofes aus. Der Journalismus fuͤhlt, daß durch den Ausspruch des hohen Tribunals seine ganze Zukunft in Frage gestellt ist, und daß ihm die Umstaͤnde eine eben so große Besonnenheit als Energie in der Vertheidigung seiner Interessen zur Pflicht machen. In der gestern auf dem Buͤreau des Temps gehaltenen Versammlung ßer Redaktoren fast aller Pariser Blaͤtter, hat man sich sofort uͤber die Nothwendigkeit gemeinschaftlicher Maßregeln verstaͤndigt, und eine Kommission zur Vorbereitung derselben gewählt. Eine feierliche Verwahrung der Rechte der Presse gegen die von den? Pairshofe durch die Verurtheilung des Redacteurs des Jou rnal du Peuple geheiligte Theorie der moralischen Mitschuld wird wahrscheinlich der erste gemeinschaftliche Schritt der Journalisten seyn. Sehr ungern bemerkt man, daß die Freunde und Anhaͤnger der Regierung durch den Ausspruch des Pairshofes keinesweges ermuthigt sind, daß sie vielmehr durch ihn augenscheinlich nieder— gedruͤckt und zu allerhand Betrachtungen veranlaßt werden.

Dem Redacteur und Eigenthuͤmer der Gazette de France, dem bekannten Abbe Gendude, steht ein Prozeß bevor, welcher ihn mit einem bedeutenden pecuniairen Verluste, aber einem viel— leicht noch groͤßeren moralischen Nachtheile bedroht, Die Ga⸗ zette de France kuͤndigte namlich vor etwa 8 Tagen den Fall eines der bedeutendsten Handelshäuser von Bordeaux als unvermeidlich an, und da dies Geruͤcht rein aus der Luft gegriffen war, so machte das fragliche Haus nicht allein die geeigneten Reclamationen, sondern einer der Chefs desselben reiste uͤberdies sofort nach Paris, um eine Klage auf 2069000 Fr. Schadenersaßz gegen die Gazette de France An⸗ haͤngig zu machen. Herr Genoude hat nun freilich alle seine Be⸗ redsamkeit aufgeboten, um jenen Mann von seinem Vorhaben abzubringen, aber Alles, selbst der Vorschlag, S chiedsrichter zu er⸗ nennen, welche ermächtigt seyn sollten, auf eine ganz beliebige Summe Schadenersatz zu erkennen, ist vergeblich gewesen. Die⸗ ser Handel gilt fuͤr eine Art Kalamitaͤt fuͤr die ganze Partei, die Herr Genoude repraͤsentirt. Zum Gluͤck fur den Redacteur der Gazette de Frange ist wenigstens der ihm allem Anscheine nach bevorstehende Geldverlust von keinem großen Belange fuͤr ihn, denn er ist ein außerordentlich reicher Mann.

Großbritanien und Irland.

London, 24. Dez. In ministeriellen Blattern wird aus Portsmouth berichtet, daß die Britische Regierung, da es jetzt ewiß zu seyn scheine, daß Se. Majestaͤt der Köͤnig von Preußen in Person zu der Taufe des Prinzen von Wales nach England kommen werde, ein Geschwader von Kriegsschiffen abzusenden be— absichtige, um Se. Masjestaͤt und Allerhöͤchstdessen Gefolge nach England heruüberzubringen. Die Fregatte „Warspite“, ein sehr schoͤnes Schiff von 60 Kanonen und mit einer Besatzung von 5060 Mann, foll namentlich dazu gusersehen seyn, den Konig selbst an Bord zu nehmen, und jene Blatter versichern, daß die Regierung keine bessere Wahl hatte treffen können, da diese Fregatte ganz vorzuͤglich eingerichtet, sehr geraͤumig und in jeder Hinsicht geeignet sey, einen so erlauchten Reisenden nach England uͤherzufuͤhren. Dies Sciff wird von dem durch sein mehrjähriges Kommando an der Spänischen Kuͤste bekannten Capitain Lord John Hay be— fehligt. Man i jetzt auf's Thaͤtigste mit der vollstendigen Zuruͤ⸗ stung und Dekorltung der Fregatte „Warspite“ beschaͤftigt, und bieselbe wird in wenißen Tagen segelfertig seyn. Wie man glaubt, werden die Fregatten „oglia“ von 42 und „Volage“ von 26 Ka— nonen sich jenem Schiff als Eskorte anschließen.

Einiges Aufsehen exregt (rg am 17ten in Lincoln gehaltene, die Geträidefrage betreffende Rede des Herrn Christopher, Parla—

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ments⸗Mitgliedes fuͤr Lincolnshire, einestheils wegen der genauen Verbindung, in welcher der Redner mit mehreren Mitgliedern des Kabinets, namentlich mit dem Herzoge von Buckingham, steht, und anderentheils wegen der beifaͤlligen Aufnahme, welche seine Angaben uͤber die seiner Ansicht nach zweckmaͤßigste Modification der Korngesetze in den Toryblaäͤttern gefunden haben, so daß man mit ziemlicher Gewißheit von Sir Robert Peel im Wesentlichen mit den Ansichten des Herrn Christopher uͤbereinstimmende Vor— schlaͤge hinsichtlich einer Veraͤnderung in den Getraidezoͤllen erwar— ten zu koͤnnen glaubt. Die Vorschlaͤge des Herrn Christopher zie⸗ len dahin, den Weizenpreis moͤglichst auf „1 Sh. fuͤr den Quarter, d. h. zwischen 5ỹ6ß Sh. und 65 Sh. zu fixiren, zu welchem Zwecke das Mini— mum des Zolles auf 5 Sh. fuͤr den Quarter festgestellt und zur Anwen⸗ dung gebracht werden soll, sobald der Weizen den Preis von 65 Sh. er⸗ reicht hat oder uͤbersteigt; so wie dann der Preis wieder unter 65 Sh. hinuntergeht, soll der Zoll in bestimmten, von Herrn Christopher jedoch nicht genauer angegebenen Abstufungen auf mindestens 20 She, höchstens 30 She, als auf das Maximum des Zoll-An— satzes, erhoͤht werden. Ein bedeutender Unterschied zwischen diesen, die fluktuirende Zollskala nach wie vor beibehaltenden Vorschlaͤgen und den vor kurzem vom Globe als vom Kabinette beschlossen bezeichneten Modificationen findet demnach nicht statt; sie zielten

ebenfalls auf einen dauernden Mittelpreis von 61 Sh. ab, auf

Erhaltung des Preises zwischen 68 Sh. und 54 Sh. ; nur sollte dies bewirkt werden durch Feststellung des Zoll-Maximums auf 18 She, bei einem Preise von 68 Sh. fuͤr den Quarter Weizen, und Verminderung dieses Zolls um je 1 Sh. nach Verhaͤltniß des Fallens des Weizenpreises selbst, bis der Zoll bei einem Preise von 54 Sh. sein Minimum, nämlich 4 Sh., erreichen wuͤrde. Der Morning Advertiser sagt: „Wie auch immer das Re— sultat der Beraͤthungen Sir R. Peel's und seiner Kollegen hin— sichtlich der Korngesetze ausfallen mag, so ist jedenfalls gewiß, daß der Premier-Minister die City besucht und mit einigen der ersten Handelshaͤuser sich besprochen hat, um Thatsachen zu ermitteln, welche ihn bei Abfassung der Vorschlaͤge leiten sollen, zu deren Beantragung im Parlamente er seine Kollegen veranlassen will,. So viel bisher von Sir R. Peel's Erkundigungen verlautet, muß man wohl annehmen, daß die Regierung dem Unterhause einen Plan, welcher dem im Globe angedeuteten ganz ähnlich ist, zur Annahme vorschlagen wird. Sehr zweifelhaft je— doch ist es, ob das Volk sich mit einer so sehr beschraͤnkten Ab— aͤnderung der schaͤdlichen Korngesetze zufrieden geben werde. Wenn der Premier-Minister seine Nachforschungen uͤber den Einfluß der veränderlichen Zoll-Skala unter den Handelsherren der City fort— setzt und erweitert, so wird man ihm durch Thatsachen in Menge beweisen, daß unsere Fabriken und unser Handel unmoglich bluͤ— hen koͤnnen, so lange die jetzigen Zwangsgesetze auf ihnen lasten.“

Der Morning Herald meldet, daß der Koöͤnig von Han— nover geneigt sey, den Stader Zoll fuͤr die Deutschen Uferstaaten herabzusetzen und ihn fuͤr dieselben als Flußzoll zu betrachten, sich also in dieser Hinsicht den Bestimmungen der Elbschifffahrts-Kom⸗ mission zu unterwerfen; daß aber die Hannoversche Regierung darauf bestehe, fuͤr Überseeische Lander den fraglichen Zoll ferner— hin als Seezoll in seiner bisherigen Hoͤhe beizubehalten.

Ueber den Abschluß des Traktats zwischen den fuͤnf Groß— machten zur wirksameren Unterdruͤckung des Sklavenhandels be— merkt der Morning Herald: „So sind denn die auf dem Wie⸗ ner Kongreß eingegangenen Stipulationen nach 26jaäͤhrigen Hoff⸗ nungen und Täuschungen, nach nutzlosen Unterhandlungen und kraftlosen Conventionen, endlich erfullt und der Sklavenhandel ist nunmehr, wenigstens fuͤr Europa, eines der schwersten Ver— brechen nach voͤlkerrechtlichen Begriffen geworden. Die ganze Menschheit muß es den Europaͤischen Ministern Dank wissen, daß sie ihre gegenseitige Eifersucht bei Seite gelegt haben, um Afrika dem Elend und der Erniedrigung und die Civilisation dem Ver— brechen zu entreißen. Herr Guizot hat wiederum einen Beweis gegeben, daß Frankreichs Isolirung in der That voruͤber ist; Freiherr von Brunnow hat die Aufrichtigkeit der Aeußerungen seines Kaiserlichen Gebieters uͤber die Un— terdruͤckung des Sklavenhandels von neuem bewahrt; Fuͤrst Metternich und Graf Maltzan haben, allem Anschein nach, die aufkeimende Handels-Marine Oestesreichs und Deutschlands vor jeder Theilnahme an einem Verbrechen bewahrt, welches die alte⸗ ren Flaggen Europaͤischer Nationen so lange entwuͤrdigte; waͤh—⸗ rend dem Grafen Aberdeen das hohe Verdienst zuzuschreiben ist, alle Einwendungen beseitigt zu haben, welche die Unterhandlungen unter der Leitung seines Vorgaͤngers vereitelten, indem Letzterer diesen heiligen Gegenstand leider in endlose Persoͤnlichkeiten und Nebensachen verwickelte. Europa wird in diesem Vertrage einen neuen Beweis er— blicken, wie aufrichtig Großbritaniens Krone, Regierung und Na— tion bei ihren Bemuͤhungen beharren, dem Sklaven-Handel ein Ende zu machen, und dieser Welttheil, von welchem die neuere Civilisation und das Christenthum uͤber das gesunkene Asien und das gemißhandelte Afrika ausgegangen, wird den Vertrag vom 20. BSezember 1841 der großen Republik der Neuen Welt uͤber⸗ reichen und im Namen des hoͤchsten Wesens anfragen, ob der Praͤsident, der Kongreß und das Volk der Vereinigten Staaten sich noch ferner weigern wollen, an der Ehre der Vertilgung die⸗ ses empbrenden Verbrechens auf der Oberflache des Oceans Theil zu nehmen.

Der Malta-Times wird aus Tripolis in Nord-A1frika geschrieben: „Vor einigen Tagen wurde der Englische General— Konsul hierselbst, Herr Warrington, als er eines Tages an dem Pascha voruͤberritt, von Einem aus dessen Gefolge groͤblich belei⸗ digt. Dieser befahl ihm, abzusteigen, und spie ihn an, als er sich

weigerte, zu gehorchen. Nun stieg Herr Warrington ab, ergriff

den Diener und fuͤhrte ihn vor den Pascha, bis jetzt hat er aber noch keine Genugthuung.“

Die feindselige Stimmung der Dubliner Munizipalitaͤt gegen die Tory⸗Regierung hat sich in dem am 22sten auf Veranlassung O'Connell's gefaßten Beschlusse von neuem kundgegeben, durch welchen ein Antrag auf Ueberreichung einer Adresse an den neuen Lord Lieutenant von Irland, Lord de Grey, zur Begluͤckwuͤnschung desselben bei seinem Amts-A1Antritte, mit 34 gegen 11 Stimmen zuruͤckgewiesen worden ist. Es scheint, daß der Lord⸗Lieutenant es verschmaͤht hat, irgend einen Schritt zu thun, der als eine Annaherung an den neuen Lord-Mayor von Dublin gedeutet wer— den koͤnnte.

Aus Oxford wird vom 21sten d. M. geschrieben, daß man einer Intrigue auf die Spur gekommen sey, deren Zweck dahin gehe, die Resignation beider Kandidaten fuͤr die Professur der Poöesie an der Universitaͤt Oxford herbeizuführen, weil man die Gewißheit erlangt habe, daß der Puseyitische Kandidat mit gro⸗ fer Majoritaäͤt bei der Wahl erliegen werde. Die Puseyiten wol⸗ len nun angeblich versuchen, Herrn Lockhart, den Herausgeber der Quarterly Review, an die Stelle der beiden antagonistischen Kandidaten als alleinigen Bewerber auftreten zu machen und man erklärt die Bevorzugung des Herrn Lockhart von ihrer Seite da— durch, daß derselbe feit zwei Jahren in fein Journal eine Reihe von Artikeln aufgenommen habe, welche geeignet gewesen seyen,

die Absichten der Puseyiten zu maskiren. Ein neuer Kampf der Puseyiten und Anti⸗Puseyiten an der Universität Oxford steht zum Maͤrz des naͤchsten Jahres zu erwarten, in welchem Monat eine Professur der National-Oekonomie erledigt wird.

Obgleich die Ernennung der Kommission zur Uutersuchung der Schatkammerschein-Angelegenheit, welche, wie schon berichtet, die Hof⸗Zeitung am 2isten d. M. mittheilte, nur den Zweck hat, Mittel anzugeben, durch welche der Verfaͤlschung jener Scheine fuͤr die Zukunft vorgebeugt werden kann, und der Entschaͤdigung der schuldlosen Inhaber verfaͤlschter Scheine, so wie der Verfol— gung der Mitschuldigen von Smith und Rapallo, gar nicht er⸗ waͤhnt, so erblickt man in jenem Koͤniglichen Erlasse doch bereits eine so bedeutende Konzession an die öffentliche Meinung, daß man auch die anderen eben erwähnten Punkte demnaͤchst beruͤck— sichtigt zu sehen hofft.

Es wird jetzt behauptet, daß sich unter den als echt gestem— pelten Schatzkmmer-Scheinen doch fuͤr 80000 Pfd. unechte befaͤnden.

In einem Artikel der Morning Chroniele uber die be—

absichtigte Colonisation der Chatham-Inseln räth dieses Blatt der

Britischen Negierung, nicht auf der S ouverainetaäͤt uͤber jene In⸗ seln zu bestehen, um dem jetzt gegen England etwas gereizten Na tional-Gefuͤhl der Deutschen eine Art von Genugthuung zu geben.

London, 25. Dez. (B. H.) So eben ist die Nachricht eingegangen von einem fuͤrchterlichen Ungluͤcksfalle, der sich gestern auf der von London nach Bristol fuͤhrenden großen westlichen Eisen— bahn zugetragen und acht Menschen das Leben gekostet hat; zwanzig Andere sind zum Theil schwer verwundet worden. Das Ungluͤck wurde dadurch veranlaßt, daß zwischen Twyford und Reading die Erde unter den Schienen an einer Stelle gerade in dem Augen— blicke nachgab, als der Wagenzug daruͤber hinfuhr. Die Gesammt— zahl der Passagiere betrug nur 37. Als Ursache des Unglücks wird die anhaltend feuchte Witterung angegeben, welche den Damm, uͤber den die Eisenbahn fuͤhrt, und der an jener Stelle beinahe 60 Fuß hoch ist, gänzlich erweicht hat.

I London, 24. Dez. Vorigen Montag war die letzte Pe— riode der Parlaments-Prorogirung abgelaufen; es versammelte sich daher das Oberhaus pro forma, und nachdem die Gemeinen vorgeladen worden, las der Lord-Kanzler die Adresse ab, durch welche das Parlament ferner bis zum 3. Februar prorogirt wird, „um sich sodann zur Erledigung dringender und wichtiger Ge— schaͤfte zu versammeln.“

An politischen Neuigkeiten von Interesse ist jetzt gaͤnzlicher Mangel. Das Herannahen der Weihnachts-Feiertage bringt den Reichen schoͤne Feste, aber einem großen Theile einer fast verhun gernden Bevoͤlkerung in unseren großen Fabrik-Bezirken nur noch mehr Elend. Indeß, wenn auch die bffentlichen Mittel zur Ab— wendung der Noth nicht ausreichen, so ist doch die Privat-Wohl— thätigkeit in England stets bereit, Herz und Hand zu öffnen, um das Elend zu lindern. Subscriptionen werden im ganzen Lande veranstaltet, um den verschiedenen Klassen der Nothleiden— den zu helfen; wohlthaͤtige Vereine entstehen uberall, wo Huͤlfe noth thut; und man braucht irgendwo blos von Noth sprechen zu hoͤren, so finden sich auch schon unsere

besten Gefuͤhle zu thätiger Ausuͤbung angespornt. Das Druckerei—

Geschaͤft ist in diesem Jahre sehr im Stocken gewesen, vielleicht mehr als jemals seit der letzten dreißig Jahre, und es sind daher eine große Menge von Drucker-Gehüͤlfen außer Brod gekommen; doch man hat sogleich fuͤr sie in allen Theilen von England und Schottland Subscriptionen eroͤffnet, und gluͤcklicherweise stellt sich mit der Annaherung der unfreundlichen Jahreszeit in jenem Ge werbe auch wieder neues Leben ein.

In Oxford herrscht große Aufregung wegen der Wahl eines Professors der Dichtkunst, und es wird ein heißer Kampf gefuͤhrt zwischen der Puseyitischen Partei und ihren Gegnern; in London halten Comités ihre Sitzungen, um die Wahl der respektiven Kandidaten zu leiten, und es werden alle Waffen der theologischen Parteigaͤngerei angewendet, um den Erfolg einer Partei zu sichern! Diese Dinge sind Symptome der großen Veränderung, die sich in der Englischen Kirche vorbereitet, und es ist nicht schwierig, zu sehen, wohin diese Bewegung fuͤhren wird. Hier und da laͤßt sich ein Mitglied der neuen Kirche in der Hitze des Streites hinreißen, mehr zu bekennen, als seine Partei fuͤr jetzt zuzugestehen Willens ist. Herr Palmer, Fellow und Tutor eines der Kollegien in Ox— ford, erklaͤrt offen, „daß er die Prinzipien des Protestantismus als eine Ketzerei durchaus verwerfe und verfluche“, und es giebt Viele, die, wenn sie redlich und kuͤhn genug waren, eine solche Erklarung unterschreiben wurden. .

In der Versammlung der statistischen Gesellschaft am Mon— tag las Herr Porter, Mitglied der Handels-Kammer, eine inter— essante Abhandlung uͤber die letzte Volkszählung in Großbritanien. Er zeigte unter Anderem, daß die Bevoͤlkerung, welche sich in den Jahren von 1821 1831 um etwa 17 pCt. vermehrte, sich in den naͤchsten zehn Jahren um R pCt. vermindert hat. Man schreibt dies der Verminderung der Ehen seit Erlassung des neuen Armen-Gesetzes im Jahre 1834 zu.

Die Versuche, welche man in der letzten Zeit gemacht hat, das Studium und die Ausuͤbung der Musik in England unter dem Volke zu verbreiten, sind uͤber Erwarten gelungen. In allen Klassen zeigt sich die größte Neigung, diese Bemuͤhungen zu un— terstuͤtzen, und was das Wichtigste ist, das Volk selbst, die arbei— tenden Klassen, scheinen diese gute Sache sehr eifrig foͤrdern zu wollen. Herr Hullah, der Wilhelm's System angenommen hat, und Herr Mainzer, der seiner eigenen Methode folgt, sind beide unermuͤdlich in ihrer Arbeit. In einer Arbeiter-Versammlung, welche in der vorigen Woche unter Leitung des Letzteren gehalten wurde, hatten sich uͤber 1200 Zöglinge eingefunden, und ihre Ge— sangs-Ausfuührungen machten ihnen alle Ehre.

In diefer Woche fand hier die erste Probe von Spohr's neuem Oratorium „der Fall Babylons“ unter Direction des Pro⸗ fessor Taylor statt. Die Probe wurde ganz privatim abgehalten und solste als erste Vorbereltung zur bffentlichen Aufführung dieses

Werkes dienen, die im naͤchsten September auf dem Musikfest

zu Norwich stattfinden wird. Der Stoff zu diesem Oratorium foll dem Kapellmeister Spohr, als derselbe vor zwei Jahren Eng— land besuchte, vom Professor Taylor vorgeschlagen worden seyn; das Textbuch ist von demselben geschrieben.

Die Professur der Geschichte an der Universitaͤt Edinburg ist jetzt erledigt, und das Geruͤcht bezeichnet Herrn Carlyle, den he— ruͤhmten Schriftsteller, als einen der Kandidaten fuͤr diese Stelle.

Deutsche Bundesstaaten. Negensburg, 18. Dez. In dem benachbarten Donaustauf, wo die Arbeiten an der Walhalla bereits seit einem Decennium große Gewerbsthätigkeit verbreiten, wird im kommenden Jahr wieder ein bedeutender Bau ausgefuͤhrt werden. Es läßt der Herr Fuͤrst von Thurn und Taxis das alte, unschoͤne und in den Räumlichkeiten sehr beschraͤnkte Schloß daselbst zu einem umfang⸗

reichen, dreistbckigen Sommerpalais neu gestalten und erweitern.

Gelegentlich erwaͤhnen wir noch, daß das Innere der Walhalla jetzt gänzlich von den Geruͤsten befreit ist und mit seinen glaͤnzen⸗ den Marmorwaͤnden, mit den riesigen Karyatiden ober dem Frieß und mit den im reichsten Goldschmucke prangenden Verzierungen des Gebaͤlkes einen unbeschreiblich herrlichen Anblick bietet.

Karlsruhe, 22. Dez. Die Mitglieder der zweiten Kammer sind zur Fortsetzung des Landtags auf den 10. Januar 1842 ein— berufen.

Altona, 23. Dez. Am 15ten d. ist in einer zu Heid (Norder⸗Dithmarschen) abgehaltenen Landes⸗Versammlung die Zoll⸗ Entschaͤdigungs-Angelegenheit mit der Regierung erledigt worden. Die Vorsteher der Landschaft haben das schließlich angebotene Aequivalent angenommen. J

Frankfurt a. M., 25. Dez. (O. P. A. 3) Nachdem die viermonatlichen Ferien der hohen Deutschen Bundesversamm— lung (om 15. August bis 15. Dezember) abgelaufen waren, fand am 16. Dezember die 21ste und am 23. Dezember die 2öste dies⸗ jaͤhrige Sitzung unter dem Praäsidium des Königlich Preußischen Herrn Bundestags-Gesandten, Baren von Buͤlow, statt. Der Marquis von Chasseloup-Laubat, außerordentlicher Gesandter und bevollmaͤchtigter Minister Sr. Majestat des Koͤnigs der Franzo⸗ sen bei dem Deutschen Bunde, hat dem Koͤniglich Preußischen Gesandten am Bundestage seine Beglaubigungsschreiben uͤberge⸗ ben und darauf am 24. Dezember unsere Stadt wieder verlassen, um sich nach Paris zu verfügen und als Deputirter der Eroͤff— nung der Kammern beizuwohnen. Der Wirkliche Geheime Rath, Baron von Holzhausen, ernannt zum Gesandten Ihrer Durchlauchten der Fuͤrsten von Hohenzollern, Liechtenstein, Wal— deck, Reuß, Schaumburg-Lippe und Lippe (16te Stimme), ist am 23. Dezember durch den Herrn Baron von Buͤlow in die Sitzung der hohen Deutschen Bundesversammlung eingefuͤhrt worden.

Oesterreich.

Presiburg, 29. Dez. (A. 3) Nachrichten aus Neusohl zu— folge ist der dortige Bischof von der Congregation des Comitats in Anklagestand versetzt worden, weil derselbe von zwei Braut leuten verschiedener Koönfession in Beziehung auf die Erziehung der Kinder die Leistung von Reversen erzwungen haben soll.

Italien.

Rom, 16. Dez. (A. 3) Das fuͤr den Februar angesetzte Konsistorium soll nun schon fuͤr Mitte Januars zusammenberufen werden, und man nennt, wie gewöhnlich bei solcher Gelegenheit, vier bis fuͤnf Praͤlaten, die von dem heiligen Vater mit dem Pur— pur bekleidet werden sollen. Mit ziemlicher Gewißheit ist wohl anzunehmen, daß blos der Fuͤrst Erzbischof von Salzburg, Fuͤrst von Schwarzenberg, und der Dekan der Rota, Mons. de Corsi, die Anwaltschaft auf den Kardinalshut haben.

Wie verlautet, ist der Bibliothekar der hiesigen Propaganda, Abbate Drach, nach Paris berufen, um bei dem Konig Ludwig Philipp als Bibliothekar in Versailles an die Stelle von Valery zu treten, den ein bbsartiges Augenuͤbel zwingt, sich von seinem Posten zuruͤckzuziehen.

Spanien.

O Madrid, 17. Dez. Die Umtriebe der Republikaner be schraͤnken sich bereits nicht mehr auf Manifestationen der Presse, sie äußern sich durch laute, blutige Thatsachen, und sind, was wohl zu bemerken, nicht sowohl gegen die monarchisch gesinnten, als gegen die sich selbst als Progressisten bezeichnenden Personen gerichtet. Die Wahlen zu den neuen Ayuntamiento's geben die Veranlassung zu den Gewaltthaten, und die Spanische Kuͤste des Mittelmeeres ist die Gegend, die ihnen zum Schauplatze dient. Sie wissen bereits, was sich in Barcelong und Valencia ereignet hat. Nun sind aus Alicante Schreckens-Nachrichten eingegangen.

Am 12ten sollten die Vorwahlen zu dem dortigen Ayunta— miento stattfinden, und in einem der Bezirke wurde der als Pro— gressist, jedoch nicht als Republikaner bekannte Deputirte Proyet zum Secretair gewahlt. Abends zuvor hatten mehrere Pro gressisten die Anzeige erhalteu, daß man in ihre Wohnungen eindringen und sie ermorden wurde. In der That bemerkte man während der Nacht zahlreiche Gruppen, aus deren Mitte mord— verkündende Ausrufungen erschollen; da sich jedoch die Bedrohten verborgen hielten, so konnte der Zweck der Meuterer nicht erreicht werden. Sobald aber Tags darauf die Wahl des Deputirten Proyet bekannt geworden war, rotteten sich die Republikaner zu— sammen. Einige zwanzig mit Dolchen bewaffnete Meuchelmoͤrder drangen mit lautem Geschrei in den Sitzungssaal und verfolgten Prohet bis in eine Kapelle, wo er, nachdem er mehrere Stiche erhalten hatte, nur mit Muͤhe gerettet wurde. Um groͤßeres Un— gluͤck zu vermeiden, sahen sich die Behoͤrden gendͤthigt, die Wahlen in allen Bezirken einzustellen. Der Militair-Befehlshaber befahl, alle Haͤuser zu erleuchten, schickte starke Patrouillen aus, und ließ mehrere Verhaftungen vornehmen. Am 43ten xotteten sich die Republikaner auf's neue zusammen, um die Verhafteten mit Gewalt zu befreien, und beim Abgange der Post war die Stadt in der groͤten Aufregung. Dieser Vorfall hat auf die hiesigen Progres— sisten einen so großen Eindruck gemacht, daß sogar das Eco del Comercio zum erstenmale seit acht Jahren darauf besteht, daß dem Gesetze Gehorsam verschafft, und die Ruhestoͤrer bestraft wer— den sollen.

Der Franzoͤsische Botschafter, Herr von Salvandy, hat die Besuche der Mitglieder des diplomatischen Corps, des Minister— Praͤsidenten, Herrn Gonzalez, des Herrn Ferrer, und einiger an— derer Spanier von Rang entgegengenommen, auch dem Regenten einen Privat-Besuch abgestattet, ist jedoch der Koͤnigin bis heute noch nicht vorgestellt worden. Auf seiner Durchreise durch Bur— gos hielten die Behoͤrden eine Anrede an ihn, in der sie ihm ver— sicherten, daß Spanien wuͤnsche, im engsten Buͤndnisse mit dem Julius-Frankreich zu stehen. Herr von Salvandy erwiederte dar— auf, Frankreich wuͤnsche nichts aufrichtiger, als Spanien mächtig und bluͤhend zu sehen. Der Botschafter wird am 1. Janugr von hier abreisen, um vor dem 15ten in Paris einzutreffen. So viel aus seinen Aeußerungen hervorgeht, denkt er nicht vor naͤchstem Julius hierher zurückzukommen, so daß Herr Pageot allem Anæ— schein nach als Geschaäͤftsträger hier bleiben wird.

Der Spanische Gesandte am Franzbsischen Hofe, Herr Olozaga, wird noch vor Erbffnung der Cortes hier eintreffen. Die Gerüchte welche ihn als den demnaͤchstigen Minister⸗Praͤsidenten bezeichnen, duͤrften aus mangelhafter Kenntniß der hiesigen Verhaͤltnisse her— vorgegangen seyn, wie ich Ihnen naͤchstens ausfuͤhrlicher darthun werde.

Die Regierung hat von dem General-Capitain der Insel Cuba die Anzeige erhalten, daß einige 50 Neger, die an offentlichen Bauten verwendet wurden, sich zu wiederholten Malen in Aufruhr versetzten, und fuͤr frei erklärt zu werden verlangten.

1627 Man sah sich endlich genoͤthigt, Soldaten gegen sie abzuschicken, und da sie Widerstand leisteten, wurden ihrer sechs n und zehn verwundet. Man sieht diese Meuterei als das Vorspiel zu einem ernsteren Aufstande an. ;

Der General Ribero, welcher zur Zeit des Aufstandes O'Donnell's in Pamplona befehligte, und dann zum General⸗ Capitain von Alt-Castilien ernannt, jedoch gleich darauf wieder ab⸗ gesetzt wurde, hat nun den Befehl erhalten, sich nach Pamplona zu begeben, um sich vor einem Kriegsgerichte wegen seines im Ok— tober bewiesenen Benehmens zu verantworten. Auch wurde der General Amor in Palencia auf Rodils Befehl ploͤtzlich verhaftet, und von dort nach Vitoria abgefuͤhrt, um von dem dortigen Kriegs— gerichte gerichtet zu werden. Hier in Madrid wurde vorgestern der Major Marquasi, der am 7. Oktober die Wache im Konig— lichen Palaste hatte, und im Einverständniß mit den Verschwore— nen gewesen seyn soll, verurtheilt, ruͤcklings erschossen zu werden. Er hat sich jedoch bis jetzt der Verhastung zu entziehen gewußt.

Heute eingegangenen Nachrichten zufolge konnten die Waͤhler des in Sevilla neu einzusetzenden Ayuntamiento's sich nicht ruͤck— sichtlich der Wahl verstaͤndigen, und gingen unverrichteter Dinge auseinander. In Cordova unterlagen die Republikaner nach ge— waltigen Anstrengungen. ö

Herr Mendizabal ist von Paris hier angekommen.

Die Vertheilung der Truppen der aufgeldͤsten Garde unter die Linien-Regimenter hat in den Nord-Provinzen bereits stattge— funden, und namentlich hat das Abliefern der Fahnen einen er— schuͤtternden Eindruck hervorgebracht. z

Auch in Estremadura nehmen die Raäͤuberbanden uͤberhand; in der Mancha zählen sie zum Theil ö und zu Pferde.

Seit vorgestern erscheint hier ein x men el Independiente; als seine Aufgab reichung des heiligen Wunsches, alle Voͤlker hen“, an.

Die Regierung hat der Wittwe die ihr aus den Fonds des Militair-Leihhauses zukommende Pen sion bewilligt.

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Konstantinopel, 8. Dez. (Oest. B.) Durch lten d. M. bei der Pforte bekannt gemachtes Hattischerif bisherige Großwesir Reuf Pascha, in Ruhestand versetzt, und diese höchste Wuͤrde des Reichs (wie bereits erwaͤhnt) dem ehemaligen Seriasker von Syrien, Izzed Mehmed Pascha, verliehen worden.

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Der neue Großwesir begab sich sogleich ins Serai, um dem Sultan seine Aufwartung zu machen, und bald darauf nach der Landungstreppe von Bagtsche-Kapussi, wo sich ber ; Beamten versammelt hatten, um ihn in feierlichem

hohen Pforte zu geleiten, wo er nach der alten Etikette Scheich-üͤl-Islam (obersten Mufti) eingeführt und sammelten Pascha's bewillkommnet wurde.“

Nachstehendes ist der vollständige Inhalt des Hattischerifs:

„Mein Wesir, mein treuer unumschraͤnkter Stellvertreter, Meh med Izzed Pascha! Da dein Vorgänger, Reuf Pascha, der schon seit geraumer Zeit den Großwesirsposten bekleidet hat, einer von den be jahrten und ergrauten Wuͤrdentraͤgern Meiner hohen Pforte ist, so habe Ich fuͤr gut befunden, ihn in seinen alten Tagen noch eine Zeitlang der Ruhe genießen zu lassen, und ihn daher seiner Stelle enthoben. Zugleich aber, da du von jeher wichtige Aemter versehen hast, tief in die Grundsaͤtze Meiner Regierung eingedrungen bist, und zu den einsichtsvollen und getreuen Wuͤrdenträgern des Reichs gehoͤrst, habe Ich dich auserlesen, um mit der ausgedehnten Vollmacht, in Systems-Fragen sowohl als in den Detail Geschaͤften, eine durchaus auf alle Beamten des Osmanischen Reichs sich erstreckende oberste Leitung zu fuͤhren, zu Meinem Großwesir ernannt, und somit die schwere Buͤrde Meiner unumschraͤnkten Vertretung deinen tauglichen Schul tern zu uͤbertragen. In Folge der dir angebornen Rechtlichkeit und Treue wirst du dich eifrigst bestreben, vor Allem mit genauer Fest haltung an dem heiligen Gesetze, sammtliche auf Civil und Militair Angelegenheiten bezuͤglichen Negierungs-Geschaͤfte, alle die Aufmerk samkeit der hohen Pforte in Anspruch nehmenden Gegenstaͤnde, so wie auch die mit den neuen Einrichtungen im Zusammenhange stehenden, theils schon im Werke begriffenen, theils als Fortsetzung davon viel leicht in der Folge noch einzufuͤhrenden Maßregeln, im Einvernehmen mit allen Ministern und sonst dabei betheiligten Beamten und im Einklange mit den Vorschriften der Religion sowohl, als den Gesetzen des Osmanischen Reiches, auf die zweckmaͤßigste Weise anzuordnen, zu verwalten und dadurch die segensrcichen Fruͤchte davon, so schnell als moglich, ins Leben zu rufen. Nicht nur wirst du aus allen Kraͤften bemuͤht seyn, die Mittel zur steten Erhaltung der Ruhe und Sicherheit Meiner saͤmmtlichen Unterthanen sowohl in Konstantino— pel, als in den uͤbrigen Theilen des Reiches herbeizuschaffen und das gute Einvernehmen, das freundschaftliche Verhältniß, welches bisher stets und in so vollem Maße zwischen Meiner hohen Pforte und den befreundeten Hoͤfen obgewaltet hat, vor jeder Stoͤrung zu bewahren, ja vielmehr fuͤr dessen immer weitere Befestigung und Verstaͤrkung zu sorgen. Gott verleihe seinen Segen allen denen, welche sich treu und redlich den Geschaͤften Meiner hohen Pforte weihen!“

Izzed Mehmed Pascha, welcher bereits im Jahre 1828, jedoch nur kurze Zeit, den Posten eines Groß-Wesirs bekleidete, war durch das Vertrauen Sultan Mahmud's schon fruͤh zu den hoͤch— sten Ehrenstellen gelangt, worunter jene eines Kapudan Pascha's oder Groß-Admirals, die er vor seiner damaligen Erhebung zum Groß-Wesiriate versah, namhaft zu werden verdient. Seither war er bald als Statthalter in den Provinzen, bald als Kom— mandant einzelner Heeres-A1Abtheilungen in Klein-Asien verwendet und endlich im August 1840 zum Militair-Gouverneur der Dar— danellen ernannt, von wo er bekanntlich einen Monat spaͤter den Ruf nach Syrien erhielt, um daselbst den Ober-Befehl uͤber die Ottomanische Armee zu fuͤhren. Durch einen ungluͤcklichen Zufall am Beine verwundet, mußte er abberufen werden und verweilte eine Zeit lang in Gallipoli, um sich daselbst der aͤrztlichen Be— handlung zu unterziehen. Wiewohl zum Statthalter von Adria—

obenerwaͤ hnten

nopel ernannt, war er wegen des bedenklichen Zustandes seiner

Wunde in der Unmdbglichkeit, sich dahin zu begeben, weshalb Ja⸗ kub Pascha in jene Statthalterschaft gesendet wurde. Erst vor

kurzem ist Izzed Mehmed Pascha, gaͤnzlich hergestellt, in dieser

Hauptstadt eingetroffen.

Am 6ten d. M. hatte der Kaiserlich Oesterreichische Inter— nuntius, Freiherr von Stuͤrmer, die Ehre, in einer ihm im Serai von Beschiktasch ertheilten Audienz den Contre⸗Admiral Freiherrn von Bandiera, mit den vorzuͤglichsten Offizieren der Fregatte

„Venere“, so wie die hier besindlichen Reisenden, Franz Altgraf zu Salm-Reifferscheid und Joseph Graf von Wratislaw, dem

Sultan vorzustellen.

Der ehemalige Statthalter von Diarbekir, Zekerig Pascha, ist unlaͤngst hier angekommen; auch Jakub Pascha von Adrlanopel, welcher bei Gelegenheit seiner letzten Sendung nach Bulgarien die volle Zufriedenheit der Pforte sich erworben, und nun nach Syrien bestimmt seyn soll, ist hier eingetroffen.

Berichten aus Alexandrien vom 11. November zufolge, hatte Mehmed Ali unterm 5. Ramazan (21. Oktober) verordnet, daß

W

die in Konstantinopel befolgten Quarantaine-Reglements, nebst dem betreffenden Tarife, auch auf das Paschalik Aegypten ange⸗ wendet werden sollen.

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Das Britische Kolonialwesen und seine Bedeutung für die Zukunft des Britischen Reiches.

Erster Artikel

e Kolonieen als Abzugs-Kanäle der Population Englands.

Außerordentliche Zeiten und Lagen rufen immer außerordent⸗

liche Maßregeln und Mittel hervor. In diesem Sinne wenden neuerdings in England die Politiker und Staatsmänner ihre Auf⸗— merksamkeit in hoͤherem Grade, als jemals, den Britischen Ko⸗ lonieen zu, unter dem Gesichtspunkte, daß in ihnen vielleicht oder vielmehr wahrscheinlich ein Mittel zur Beseitigung einer größen Menge von Uebeln zu finden sey, unter denen das Mutterland von Tage zu Tage mehr seufzt. Holland hat in der neueren Zeit, namentlich seit der Belgischen Revolution, ein Gleiches gethan; es hat seinen transatlantischen Niederlassun⸗ gen seitdem eine fruher nicht uͤbliche Sorgfalt bewiesen, die in ren Folgen sich nicht nur indirekt äußerst heilsam in Bezug auf die Entwickelung der Holländischen kommerziellen, industriellen und Marine⸗Verhaͤltnisse Jezeigt, sondern auch unmittelbar dem Mut⸗ terlande eine große Erleichterung geschaffen hat, indem das Gou⸗ vernement im Stande gewesen ist, von Jahr zu Jahr die mächtig aufblühenden Kolonieen mehr zu belasten und um eben so viel den schwer gedruckten Mutterstaat zu entlasten. Erwaͤgen wir die gegenwärtige Lage des Britischen Reiches, s treten uns hier im Extreme alle die Erscheinungen entgegen, die immer im Gefolge einer maͤchtig entwickelten Industrie sich be⸗ sinden. Wir finden eine vom Meere umgebene Bevölkerung, die sich saͤhrlich in weit groͤßerem Maße vermehrt, als dies hin⸗ sichtlich der Huüͤlfsquellen, und namentlich der Subsistenzmittel des Landes, der Fall istz— ein Maschinenwesen jeglicher Art, so⸗ wohl mit der Geschicklichkeit des Künstlers und Handwerkers, wie mit der Anstrengung des gemeinen Arbeiters in Konkurrenz tre⸗ tend; eine intellektuelle, sittliche und politische Erziehung, welche die Gesammtmasse der Gesellschaft anregt und sie mit einer blos animalischen Existenz unzufrieden seyn lehrt; ein Drängen und Haschen der mittleren und oberen Klassen nach Beschaͤftigung und Aemtern, wodurch der gepreßte Zustand der gelehrten und anderen hoͤheren Lebenskreise vollends unerträglich wird; immer zuneh— mende finanzielle Verwickelungen, einerseits durch fortwaͤhrend wachsende Ausgaben, andererseits durch eine bestãndig vermehrte Nationalschuld herbeigefuͤhrt. Daneben begegnet uns eine in Bezug auf Fabriken, Handel und Marine rivalisirende Industrie fremder Natio⸗— nen, durch welche England nicht nur seiner herkbmmlichen Markte immer mehr beraubt, sondern auch hinsichtlich des Absatzes und Preises der Waaren in seinen eigenen Kolonieen uͤberboten wird; wir gewahren einestheils den Wunsch, wo moglich die bisherige Getraide⸗Ges 6ßgebung aufrecht zu erhalten, und anderentheils den, ein Armen-Gesetzgebungs-System von solcher Strenge durch— zusetzen, daß mittelst desselben in der That die Armuth fuͤr ein Verbrechen erklaͤrt wird, und zuletzt können wir uns die drohen— den Gefahren nicht verhehlen, denen, in Folge der uͤberall auf das furchtbarste sich ausdehnenden Armuth und der immer haäu— vorkommenden Hinweisung auf die gegenwartige ungleiche ertheilung des Vermbgens, die Eigenthuͤmer ausgesetzt sind. Diese und andere Punkte, welche daneben noch aufgeführt werden oͤnnen, erheischen auf das dringendste eine gruͤndliche und sorg⸗ ame Betrachtung des Britischen Gouvernements; eine solche Betrachtung aber muß fast nothwendig dahin fuͤhren, in den Kolonieen ein von der Vor sehung uͤberantwortetes Mittel zur Neutralisirung vieler das Land jetzt druͤckender Uebel zu erblicken; Uebel solcher Art, daß sie durch auswaͤrtige Eroberungen und kriegerischen Ruhm nicht beschwichtigt werden koͤnnen, die aber fast zweifellos einer Minderung und Erleichterung faͤhig scheinen durch die Annahme einer umsichtigen, freien und wahrhaft staats— maͤnnischen Politik in Bezug auf die Kolonieen von Seiten der Englischen Regierung. ;

Ein Blick auf den Umfang des Britischen Kolonial Wesens wird das Gesagte näher darthun. Nach Montgommery Martin betragt, zufolge der neuesten Berechnungen, das Areal saäͤmmtli— cher Britischen Kolonieen 2,119,705 (Engl.) Meilen, also un . fäͤhr 14244000 Deutsche Meilen. Die Bevölkerung e auf 101,A 708,323 Koͤpfe angegeben und die Gesammt-Mili— tairmacht auf 153199. Die Kolonial-Revenuͤen schlaͤgt man auf durchschnittlich 22,990, i609 Pfd. St., die Gesammt— Ausgabe dagegen auf 24,998,660 Pfd. St. an, so daß die Besteuerung pro Kopf etwa 4 Sh. 6 Pee. betragen wuͤrde. Der gesammte Seehandel der Britischen Kolonieen wird auf 55,533,500 Pfd. St. an Werth geschaͤtzt, waͤhrend die To nnen— zahl der ganzen jahrlichen Ein- und Ausfuhr 7,514,585 Ton⸗ nen ausmacht. Den Werth der jaͤhrlichen Production der Ko⸗ lonieen schaͤtzen die neueren Statistiker auf etwa 387,955,000 Pfd St., dagegen den Werth des gesammten beweglichen und unbe⸗ weglichen Vermögens derselben auf 2443, 150000 Pfd. St ta- tuͤrlich ist die Production der einzelnen Niederlassungen nach Art und Umfang, eben so verschieden, wie die Bedeutu nz der⸗ selben fuͤr das Mutterland je nach der geographischen Lage den klimatischen und anderen Verhaͤltnissen. ; J . Untersuchen wir nun, hauptsaͤchlich auf den Grund einer kuͤrz— lich im November⸗Hefte des Colonial Magazine ö Abhandlung uͤber die Ausdehnung und die Wichtigkeit der Bri⸗ tischen Niederlassungen, die Wech selwirkungen naͤher weiche zwischen England und seinen Kolonieen eintreten koͤnnen, und mit⸗ kelst deren die letzteren ein so großes Gewicht in die Schaale der Zukunft Englands werfen, so sind es vornaͤmlich dreierlei Ge— sichtspunkte, unter denen der Gegenstand fuͤr unsere Zeit von gro⸗ ßem Interesse ist. Zunäͤchst lassen die Britischen Kolonieen sich hinsichtlich ihres Werthes als Abzugskanaͤle der heimischen Be— voͤlkerung, als Ausgangspunkte der Emigration in Be— tracht ziehen, sodann als Märkte für den Britischen Handel unde zuletzt als vortheilhafteste Anlegungsplätze der üͤberschüssigen Kapitalien des Mutterlandes.

Was den ersten Punkt betrifft, so laßt sich nicht leugaen daß die Auswanderungen von jeher fuͤr jedes Land, nan entlich wenn demselben eine insulare Lage von der Natur zu Theil wurde ein Moment von der hoͤchsten Bedeutung bildeten: sie ber uhren aber eine Lebensfrage bei jeder Nation, die so dist gedraͤngt auf dem ihr zustehenden Areal lebt, wie die Eng che. Es ist un⸗ streitig eines der unterscheidendsten Merkmak, durch welches der Schdͤpfer den Menschen vor den Thier auszeichnete, daß jenen ein tiefes Gefuͤhl der Anhaͤnglichkeit die Stätte seiner Geburt beseelt, welches den letzteren unbennnt ist. Wir sehen eben so den Menschen auf der niedrig Stufe der Civilisation, welcher

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