1842 / 180 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

Stabs⸗Offiziere nach der Festung, um dieselbe zu besichtigen. Von hier aus begaben sich Se. Majestaͤt nach dem Dome und nah— men hier die neue Kapelle mit den Statuen des Miecis⸗ law und Boleslaw Chrobry, und bald nachher auch die Pfarrkirche in hohen Augenschein. Mittags gegen 3 Uhr geruhte der König ein von der Bärgerschaft ehrerbietigst angebotenes Diner auf dem Rathhause einzunehmen, zu welchem ebenfalls die Chefe der 1— Militair- und Civil-Behoͤrden, die hohe Geistlichkelt beider Konfessionen, mehrere der hier anwesenden Gutsbesitzer und eing beträchtliche Anzahl von Fremden eingeladen waren. Eine unuͤbersehbare Menge von Einwohnern der Stadt hatte sich auf dem Markte versammelt und begruͤßte den innigst geliebten Herr⸗ scher mit freudi em Zuruf. Am Rathhause wurden Se. Masestaͤt von dem Ober⸗ uͤrgermeister Naumann, dem Vorsteher der Stadt⸗ verordneten, Landgerichts⸗Rath Boy, den Magistrats⸗Mitgliedern und dem 6 ehrerbietigst empfangen und in das Versammlungs⸗Zimmer gelestet, wo Mie hs m n. von den ge— sammten Anwesenden mit einem donnernden „Lebehoch!“ begruͤßt wurden. Die Sale unseres alterthuͤmlichen schoͤnen Rathhauses waren festlich und geschmackvoll dekorirt und gewährten einen er— freuenden Anblick. Bei Tafel brachte der Gber⸗Buͤrgermeister Naumann den Toast auf das Wohl Sr. Majestaͤt des Koͤnigs aus. Se. Majestät geruhten hierauf huldreichst zu antworten. Der Stadtverordneten⸗Vorsteher, Landgerichts-Rath Boy, brachte einen Toast auf das Wohl Ihrer Masestät der Königin, und der Kommerzien⸗Rath Sypniewski einen auf das erhabene Koͤnigliche Haus aus. In saͤmmtliche Toaste stimmten alle Anwesenden mit lautem Jubel ein. Nach aufgehobener Tafel geruhten Se. Masje— staͤt sich mit mehreren der Anwesenden huldreichst zu unterhalten und Ihre Allerhoͤchste Zufriedenheit uͤber die Anordnung des Festet auszusprechen, besuchten sodann noch mehrere Räume des alten Rathhauses und verließen um 5 Uhr die Gesellschaft, von einem donnernden Lebehoch der Anwesenden begleitet, in weiches die vor dem Rathhause versammelte Zuschauerschaar jubelnd einstimmte. Gegen 9 Uhr Abends begaben sich Se. Majestäͤt durch die bereits glaͤnzend erleuchteten Straßen nach dem pr chtig geschmuͤck⸗ ten Landschafts⸗ Gebäude. 8 wurden hier Se. Majestaͤt von dem Landtags⸗Marschall, rafen Poninski, und dem General- Landschafts⸗-Direktor, Grafen Grabowski, so wie von mehreren Herren des Fest⸗-Comité's, denen sich im Saal die Damen anschlossen, welche die Honneurs machten. Beim Eintritte des Monarchen stimmte das Orchester das „Heil Dir im Siegerkranz“ an, und bald darauf begann, nachdem Se. Majestaͤt Sich zuvor noch mit einigen Damen unterhalten, die Polonaise, in welcher Se. Majestaͤt mit mehreren Damen zu tan⸗ zen geruhten. Nach beendigter Polonaise begab Sich der König in die anstoßenden Zimmer und geruhte hier mit Vielen der An wesenden Sich zu unterhalten, waͤhrend im Saal die Tanze fort— dauerten. Gegen 109 Uhr begaben Sich Se. Majestaäͤt zur Tafel, bei welcher der Ljandtags-Marschall, Graf Poninski, uͤnter dem einstimmenden Jubel aller Anwesenden, einen Toast auf das Wohl des erhabenen Herrschers ausbrachte, Allerhoͤchstwelche darauf einige huldreiche Worte erwiederten. Der General⸗Landschasts⸗-Direktor Graf von Graboweki brachte einen Toast auf das Wohl Ihrer Majestaͤt der allverehrten Koͤnigin, und der Kammerherr, Freiherr von Hiller, einen auf das Wohl des Königlichen Hauses aus, welche mit gleichem

Enthusias mus aufgenommen wurden. Nach aufgehobener Tafel wurden Sr. Majestaͤt einige Seltenheiten vorgezeigt, so vier Tbpfe mit eben n n unter dem Namen „Königin der Nacht“ be⸗ kannten Blumen, und ein vor wenigen Tagen hier in der Warthe

fen mmm mmm .

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gin der Guͤter auf dem Rheine zur Folge hatte, wodurch in erbindung mit fertwaͤhrend ermäßigten Transport⸗-Preisen dem Rheine vielfach Gäter zugesührt wurden, die früher andere Rich— tungen einhielten. Als Resultat mehrjähriger Beobachtung des Verkehrs auf dem Rheine stellt sich uͤberhaupt heraus, daß der— selbe von und nach den Niederlanden fortwährend zunimmt, und 1 er uberall, vorzugsweise aber in Koblenz und Mannheim, gestiegen.

Salzbrunn in Schlesien hat heute Vormittag ein großes Brand⸗Ungluͤck betroffen. Wir eilen jedoch, zur Beruhigung aller derer, von welchen aus der Ferne Verwandte und Freunde an den hiesigen Heilguellen weilen, bekannt zu machen, daß die schützende Vaterhand Gottes das Brunnen-Etablissement und die im Bereich desselben . Wohnungen vor diesem Unglück bewahrt und das Feuer sich auf den eine Viertelmeile davon entfernten unteren Theil des Dorfes beschraͤnkt hat, in welchem keine Kurgaͤste woh⸗ nen. Saͤmmtliche Gast- und Wohnhaͤufer fuͤr Kurgaͤste sind un— versehrt und es darf sich Niemand auch nur entfernt der Besorg⸗ niß hingeben, kein Unterkommen zu finden.

Salzbrunn, den 26. Juni 1812. Reichsgraͤflich von Hochbergsche Freistandesherrliche Brunnen⸗

; Verwaltung. von Schütz. Dr. Zemplin. Dr. Kirschner. Straehler.

Wickenschaft, Kunst und Literatur. riedrich's des Großen Briefwechsel mit der Ser⸗ 3 . Gotha.

Den neueren Literatur⸗Blaͤttern aus England zufolge, macht dort so eben ein Buch besonderes Glück, weniger seines eigentlichen Ge⸗ genstandes, als der ihm einverleibten, nur sehr mittelbar dazu gebdri⸗

en Zugabe wegen. Jenes Buch sind Stanford's Ausflüge in

huͤringisch Sachsen (NRambles and Rescarches in Thuringian Saxony); die Zugabe sind Briefe Friedrich's des Großen und Vollgire's an die Herjogin von Gotha.

Diese ausgezeichnete Frau, Lonise Dorothea, prinsessin von Mei⸗ ningen, geboren den 10. August 1710, vermaͤhlt mit dem Herzoge Friedrich (dem Dritten) von Gotha den 17. September 729, welcher drei Jahre spaͤter seinem Vater in der Regierung folgte, war eine Fuͤrssin von hohem Geiste, von entschicdensier Charakterstärke und, wie ihre Korrespondenz mit Voltaire, d'Alembert, Helvetius und dem Baron Grimm bezeugt, von vielseitiger Bildung. Eine fruͤhe, ver—= traute Freundschaft mit dem Fraͤulein von Neuenstein, der nachheri⸗ 7 Gemahlin des Gothaischen Ministers von Buchwald, gereichte

eiden zur Freude und 9 Troste, bis zum Tode der Herzogin, 767. Der Herzog, ihr Gemahl, welcher sie fuͤnf Jahre uͤberlebte, war ein ie braver Fuͤrst, der sie liebte und bewunderte, ihre Gei—⸗ stesgrbße aber nicht erreichte. Die Herzogin entzog die Regierungs⸗ Geschaͤfte bald dem geistlichen Desvotismus des lutherischen Hof Pre= digers Cyprianus, dessen Ehrgeiz sich zu raͤchen strebte. Als er einst auf der Kanzel uͤber die verschiedenen Meinungen in der Welt sprach, rief er mehrmals aus: „Aus Meinungen ') kommt alles Uebel!“ Das kuͤmmerte die edle Frau wenig, welche sich gewissenhaft an die Kirche anschleß, aber ihre Freiheit sich nicht nehmen ließ; doch ver⸗ gab die Geistlichkeit ihr das nicht, und ihr Beichtvater empfing sie einst im Beichtstuhl mit den Worten: „Durchlauchtigste, gnädigsie Herzogin, Große, große, erhabene Sünder in!“ *“).

Diese echabene Frgu huldigte dem großen Koͤnige in der bedraͤng— nißvollsten Zeit des siebenjährlgen Krieges, und gel dr ch erkannte dankbar und, wie er es so ganz verstand, auch auf die feinste Weise,

1763 über den unvortheilhaften Eindruck von Rou chen rich auf Anrgiben der Herjogin geiesen. in den Briefen des Königs an die erzogin von Gotha offenbart sich abermals die Vielsenigkeit von Friedrichs gewandter Feder, welche, immer angemessen den gn n, wen Verhaltnissen, in jeder Korcespondenz cine andere Offenbarung feiner Talente macht.

Herr Stanford hat alle acht Briefe ganz in der Original⸗Ortho⸗ bre , des Königs abdrucken lassen; aber er hat iesper mehrcre wi⸗ ne e, n, 6 . . ir fur di

er Kon en othek sind wir fur die e

von Glen fe Rambles ete. zu neuem gen e , nchen P.

Berlin. In der Versammlung der Gesellschaft natur- forschen der Freunde ain 21. Jun seigte err Ehrenberg von Heren Professor Bailey in West Point in Ffew-Hork am 2. Aprii d. Jm verpackte und am 12. Juni in Berlin ihm jugelkommene Rord= Amerikanische Infusorlen, desonders aus der Barsüjarien- Fame, lebend vor. Hierauf theiite derselbe mit, daß eine von Herrn Pro⸗ fessor Zipser in Neusohl ibm zugesandte thongrtige dicht? Gebirgs⸗ masse von Tallga in ungarn, welche daselbst Material zum Häuser= bau liefern soll, sehr vorberrschend oder ganz organjschen Ürsprungs ist. Sie kommt dem Tripel von Jastraba am naͤchsten, enthält aber die organischen Formen . schoͤn erhalten und fehr viel mehr Kieseltheile von Pflanzen zwischen den Infusorienschalen. Herr Reichert zeigte das Praparat einer 3willingsbildung von einem etwa 27 Tage alten Hüner⸗ Embryo vor. Beide Embryonen liegen auf einer und derselben Dotterkugel neben einander, sind mit ihren Kopfenden verwachsen und gehen nach hinten diver 'rend aus⸗ einander. Beide haben ein , nach hufeisenfrmig gebildetes Herz und eine gemeinschaftische are vasculosa. Die Form des Fruchthofes richtet sich nach der Ausdehnung der Embryonen. Hierauf legte derselbe die Zeichnung des Doppel -Embryo eines und desselben Dotters vom Flußkrebs vor. Die Embryonen benden sich hier einer hinter dem anderen im Durchmesser des Eichen, so zwar, daß sie Schwanzende einander entgegenkehren und durch einen ,, . raum getrennt sind. Die Ausbildung beider sich vollkommen göeichenden Embryonen war bis zur Anlegung der fünf Maxillen vorgeschritten. Mund und After⸗Seffnung waren angedeutet. Herr ien ri zeigte die Abbildung eines Groͤnlaͤndischen 3 vor, der auch an Eugtisaren Kuüssten neuerlich beobachtet und mit dem Grthogoris— cus mola verwechselt ist. Er gehört zur Gattung Oaodura renzani, ist aber von der Mittelläͤndischen Art verschieden und könnte Ozo' dura atlantica heißen. Herr Weiß sprach uber ein eigenthümli⸗ ches Verhältniß an den in den Schriften der Akademie von ihm beschrie⸗ benen herzförmigen Zwilling sry stallen vom Kalkspath. Da es naͤmlich in der Natur dieser Zwillinge liegt, daß ihre sechs—= seitigen Saͤulen abwech selnd größere und kleinere Seiten⸗ flachen bekommen, so sst die Folge davon, daß es 1 8 wird, solche Zwillinge sich als zusammengesetzt aus zwei Haͤlften eines Individuums, als Hemitropen im gewohnlichen Sinne ju den⸗ ken. Im Gegentheil zerfallt jedes Individuum durch den entsprechen⸗ den Schnitt in jwei ungleichartige Hälften. Nur aus zwei leichartigen laͤßt sich nec anf ch die 3Zwillings Gruppe zusammen ehen, es imnuͤssen also, um eine Gruppe zu erhalten, zwei Individuen zerschnitten und die ein Gattung von Haͤlften beibehalten, die andere weggeworfen werden. Von den zwei geometrisch möglichen Varieiaͤ— ten des so entstehenden Zwillings bildet die Natur hier bles die eine, wirft also die zweiten Haͤlften saͤmmtlich weg. Here Müller las eine Ab⸗ handlung des Herrn Br. Philippi in Kassel über Physophora tetrasticha. Dies sind keine zusammengesetzten Thiere, wie fruher r . wor · den. Die Blase am Ende der Achse ist weder mit Luft gefüllt, noch mit einer Oeffnung versehen, die Schwimniblasen werden nicht mit Lust gefuͤllt, die Fangarme sind keine Kiemen, auch keine F al leis- Bebdtter. Bie langen Faden dienen nicht zum Greifen. Dle

rau's Emil, wel⸗ t einem Worte:

was er der vielfach geistes verwandten, einflußreichen und wirkfamen Fuͤrstin schuldig war. Persönlich kam er den 15. September 1757

gefangener großer Stoͤr von mehr als 8 Fuß Laͤnge, der zuberei= tet und ausgeschmuͤckt in einem laͤnglichen Korbe sag. Erst nach 11 Uhr verließen Se. Majestaͤt das glaͤnzende Fest, zu welchem dle schoͤnen Lokalien unseres großartigen Landschafts Palais aufs praͤch⸗ tigste geschmuͤckt waren.

Posen, 26. Juni. Heute fruͤh um 8 Uhr wohnten Se. Majestaͤt dem Gottesdienste in der neuen evangelischen Petrikirche, welche zumeist durch die Munificenz des hochseligen wie des jetzt regierenden Koͤnigs erbaut worden ist, bei. Der Bischof Dr. Frei⸗ mark hielt die Predigt. Von der Kirche begaben Se. Masestaͤt Sich in das Schloß, wo die hohe Generalstaͤt und die Stabs— Offiziere, desgleichen die hohen Civil⸗Behoͤrden, der Erzbischof von Dunin, die Geistlichkeit beider Konfesstonen und eine große Anzahl der Landstände der Provinz sich eingefunden hatten, um Sr. Majestaͤt bei Allerhoͤchstderen Abreise nochmals ihre Ehrfurcht zu bejeugen. Se. Majestät unterhielten Sich, Abschied neh— mend, noch mit mehreren Anwesenden, bestiegen sodann, von dem Minister, Grafen Arnim, begleitet, den Reisewagen, und ver⸗ ließen unsere Stadt, um uͤber Bromberg und Danzig die Reise nach St. Petersburg fortzusetzen. Ueberall auf dem Wege bis zur aͤußersten Vorstadt Zawade, wo noch eine praͤchtige Ehren⸗ pforte erbaut war, wurde der erhabene Monarch von einer un— uͤbersehbaren Menschenmenge mit lautem Jubel begruͤßt. Die Schuͤtzen und Gewerke hatten sich wiederum aufgestellt; eben so der Magistrat und die Stadtverordneten, an die Se. Majestaäͤt noch einige wahrhaft herzliche Worte des Dankes richteten. Un— sere heißesten Wünsche fr das Wohl des allgeliebten Herrn be— gleiten Ihn auf der Reise nach der Nordischen Kaiserstadt.

Koblenz, 20. Juni. (Rh. u. Mos. 3.) Aus einer vor uns liegenden Uebersicht über die Dampfschifffahrt auf dem Rheine im Jahr 1840 entnehmen wir Folgendes. Die „Adler“, deren Dienst zwischen Basel und Straßburg am 22. Juni des gedach⸗ ten. Jahres erdͤffnet wurde, fuhren bis zum 30. Sktober desselben Jahres 4029 Reisende und 609 Etr. Waaren. Die Dampfschiffe der, Sz selschaft Renouard de Bussitre und Oswald befoͤrderten 6572. Personen und 7i6 Ctr. Waare. Von den 15 Schiffen der Koͤlnischen Gesellschaft wurden zwischen Köln und Straßburg be⸗ foͤrdert 460 946 Personen, 21965 Wagen, 440 Pferde und 848 Hunde;

an Waaren 255797 Ttr. (gegen 1839 mehr an Guͤtern 52,414 Ctr., an Passagieren 13. 05). Dle 5 Schiffe der Duͤsse dorf Maln zer Ge⸗ sell chaft trans portirten 152347 Personen, 557 Wagen, 331 Pferde, 20 Hunde; an Waaren F bo Ctr. (gegen 16355 mehr an Waan⸗ ren Vz, ß9g8 Ctr, an Reisenden 37381 Personen). Von der Nie⸗ derlaͤndischen Gesellschaft zu Roiterdam passirten bei Emmerich 0s Schiffe zu Berg mit 219315 Etr, zoh zu Thal mit 131 698 Ctr. (gegen 1839 weniger zu Berg 6791 Eir, zu Thal 11.935; die Zahl der Reisenden ist nicht angegeben. Vie Issel . Gesellschaft fuhr zwischen Koͤln und Kampen mit 2 Schiffen bis zum Monat Oktober, wo eines ihrer Schiffe (der Drusus) durch Anstoßen und erlittene K unfaͤhig wurde. Die Zahl der bewirkten Transporte an Reisenden und Wagren ist nicht bekannt. Eben so wenig liegen die Ergebnisse der Nymweger, mehr fur den Lo⸗ kal Verkehr zwischen Nymwegen und otterdam bestimmten e ,. vor. Im Allgemeinen bestätigte sich die Wahr— nehmung, daß die Zunahme der Dampfschifffahrt der Segesschiff⸗ fahrt keinen sonderlichen Abbruch thut. Dagegen erweckte sie auch bei der letzteren einen Wetteifer in der Schnelligkeit der

Fahrten, der im Allgemeinen eine um Vieles beschleunigte Ver⸗

zur Mittagszeit nach Gotha, 1762 verweilte er den 3. und 4. Dejem⸗ ber, 1763 den 18. Januar daselbst, allemal in e r Liebenswuͤrdig⸗ keit und Heiterkeit. Den Tag nach der ersten perssnlichen Bekanntschaft begann der Koͤnig mit seinem ersten Briefe an die Herzogin eine zehn Jahre fortwaͤhrende Korrespondenz. Auch sonst auf alle Weise strebte der Koͤnig, ihr (durch Uebersendung einzelner Druckschriften aus sei⸗ ner Feder, durch seine Pocsies diverses, durch das erste in der Ber⸗ liner Manufaktur verfertigte Porzellan- Service) Freude zu machen. Gegen Ende des siebenjaͤhrigen Krieges sandte er auch seine beiden Neffen, den Prinzen von Preußen und den Prinzen Heinrich an den Gothaischen Hof, sich durch die edle Frau zu bilden, weiche eben so, ein Jahr spaͤter, ihren neunzehnjaͤhrigen Sohn, den Erbprinzen Ernst nach Potsdam zum Besuche reisen ließ. Sie selbst hatte in bedraͤngten Kriegesjahren den Frieden zu vermitteln gestrebt, hatte am Londoner Hofe fuͤr den Koͤnig ihren Einfluß aufgeboten, hatte nach Paris im Stillen, in seinem Dienste, Briefe und Personen be⸗ foͤrderi »). So war ein vertrauliches Verhaͤltniß entschieden ausge⸗ bildet worden, wovon 69 Briefe des Königs Zeugniß geben. Diese Briefe wurden dem Unterzeichneten im September des Jahres 1810 zur Einsicht mitgetheilt und von demselben mit einigen Zurechtwei⸗ sungen zuruͤdgegeben, mit dem Wunsche, daß sie baldigst, dem theil—⸗ nehmenden Publikum zur Freude, verdͤffentlicht werden möchten. Sie erschienen nicht im Drucke, auch bemuͤhete sich eine hiesige bffent⸗ liche Behoͤrde zu öffentlichem Behufe seit einem Fahre vergebens um die werthvolle en, Endlich werden uns acht Briefe der Sammlung in einem Englischen Buche als . dargebracht. Wir empfangen auch diese Gabe, aus der Fremde, mst Dank. Herr Stanford hat seine ganze Mittheilung aus dem Einen Jahre s7

machen wollen; alle acht Briefe sind umstaͤndliche Schreiben, welchen aber einige erklaͤrende Anmerkungen haͤtten beigefügt seyn sollen, ohne welche manche n,, den meisten Lesern unverstaͤndlich bleiben. Die ausgewaͤhlten Briefe sind alle interessant. In dem ersten, welcher die Antwort ist auf die Frage der Herzogin, ob sie ihre Tochter dem Herzoge von Orleans zur Gemahlin geben . erwaͤgt der König, was sich dafuͤr und was dagegen fagen laffe: »Le contre, faͤhrt er fort, consiste A saire changer de religion à une Princesse, petite- fille d' Erneste- le- Pieux, et q'une maison que les Protestans ont toujours regardée comme une des colonnes de leur parti, sans compter 'espäce de mepris quèe s'attirent ceux, qui sont une pareille demarche. Henri 1V. a dit, que Paris valoit blen une Messe; je ne crois pas, que la plage de Duachesse di9oricans vailie autant.“ Als die Herzogin, diesen Gründen gemaͤß, sich schon ent⸗ schieden, da kam der König, den 26. April, döch auf diesen Gegen⸗ stand zuruͤck und schrieb: „A envisager les religions philosophique- ment elles sont bien à peu près égales, e mee, celle, dont le culte est le moins chargé de superstition, doit sclon mon avis étre présérée aux autres; c'est sans contredit la protestante, Li vutre cet avantage a encore celui de ne point etre persceutrice. Voild les deux points pour lesquels Madame que je me declarerai constamment pour la soi de nos pères.“ n dem naͤchstfolgenden Briefe et der Koͤnig auf die ergbtzlichste Weise in allem Ernste eine seiner Nichten zur Gemahlin des Erbprinzen von Gotha (vergeblich) vor. In dem Briefe vom 12. Januar 1761 ***) erzaͤhlt der König schalkhaft seine Un⸗ terredung mit einem beruͤbmten in . Gelehrlen. Also, was Herr Stanford giebt, ist anziehend, und wir begreifen nicht, warum er nicht noch mehr des Schönen und des Charakteristischen gab, da er so viel gegeben, z. B. den Bericht des Königs vom 10. Februar

Meiningen lautet im Munde des Volks Meinungen.

* Hans von Thümmel, Beitraͤge zur Kenntniß des Her⸗ zogthums Altenburg.

)) Oeuvres Fosth. IV. 72. j

) Dieser Brief ist auch in dem Gothaischen Original⸗Manu⸗ skript Bande in das Jahr 1761 geseht worden, weil der Sammer die etwas undeutlich geschriebene Zakfl äh nur mechanisch gelesen, auch den dabei siehenden Srt (Ceipzig) nicht beachtet haite.

Physophoren haben einen diastgen Magen, der Eingeweldewürmer beherbergt und mit den hoblen gichsen nicht zusammenbängt, sie ha⸗ ben beidertei Geschlechts Srganc. = Can uf theilte Herr Mᷣller einige Bemerkungen über die von ihm im vorigen Jahre deschrie⸗ benen psorospermien der Fische mit. Sie waren bi jetzt nur an din i then beobachtet. Nach einer brieflichen Mittheilung von Herrn Retzius in Stockholm sind sie nun von ihm an einem Seesssch, dem Dorsch, gadus callarias wahrgenommen.

Auswärtige Börsen.

Amsterdam, 25. Juni. Niederl. virkJ. Schald 52 6. 5 d0. 1003. kKanr-chill. 5 Span. 1955. Pass. 4. Aua. —. Eiual. —. Peru. Seb. —. Kol. —. Oesterr. 1073.

IIa m burg, 27. Juui. Nauk- Acuen 1680 he. FEusl. Nuns. 1093.

Faris, 2. Juni. 5, Reute de esur. 1I9. 25. 3. R eule du our. 759. 35. Aul. de 181 —. 63 Neapl. du cour. 105. 60. 55 Spau. Renis 235. Pas- sive —.

Petersburg, 21. Juni. Lond. 3 Met. 37 1. Hamb. 3135. Peri 405. Polu. d Laris 300 FI. 73. du. soo FI. 753. do. 200 FI. 26.

Wien, 21. Jani, 55 mei. 109. 4 1003. 37 777. 23 —.

15 erk. euer 1661. Ls. 4. isa. 13,3. 4. 100 107.

Pre uss.

Königliche Schauspiele.

Donnerstag, 30. Juni. Im Schauspielhause: Der Sohn der Wildniß, romantisches Drama in 5. Abtheil., von Fr. Halm. (Letzte Darstellung dieses Stuͤcks vor dem Ürlaubs-AUntritt des Frl. Ch. von Hagn.)

Freitag, 1. Juli. Im Schauspielhause: Antigone.

Königstädtisches Theater. Donnerstag, 30. Juni. Einen Jux will er sich machen. Posse mit Gesang in 4 Akten, von J. Nestroy. (Letzte Vorstellung vor der zweimonatlichen Schließung des Theaters.)

An die Leser.

Die vierteljährliche Pränumeration der Staats-Zeitung beträgt 2 Rthlr. Preuß. Cour. für das Inland. Bestellungen für Berlin werden in der Expedition selbst (Friedrichs Straße Nr. 72) gemacht, und jeder innerhalb der Ringmauer der Stadt wohnende Pränumerant erhält das Blatt durch die Stadtpost, schon den Abend vor dem ange⸗ gebenen Datum, frei ins Haus gesandt. Aus⸗ wärtige, des In- oder Auslandes, bewirken ihre Be⸗ stellungen rechtzeitig bei den resp. Post⸗Aemtern; wer dies versäumt, kann nicht mit Gewißheit die Num⸗ mern erwarten, die vor der hier eingegangenen Anmel⸗ dung erschienen sind.

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Verantwortlicher Redacteur Dr. J. W. Zinkeisen.

Gedruckt in der Decker schen Geheimen Ober⸗-Hofbuchdruckerei.

Preußische Stach

Allgemei

ne

Zeitung.

Mmtliche Nachricht

Großbritan

Belgien.

Inland.

Die Kosten der Deutschen und der Franzdͤsischen Eisenbahnen.

Inhalt.

e, vor den Wählern.

* ankreich. Paris. General *

Die . ber den Zoll auf dels

chische Feng und die , mr 4

Oberbaus. Verm von Afghanistan. =

Schreiben aus Qresden.

Stuttgart. r. Göttling. 3 . o m. Konkordat mit Haiti.

id. ; panien. . Abschiedsschreiben des Herrn Ministers von

. = Das Brand⸗üngluͤck in Salzbrunn, Magdeburg. , a e,. Verein. Posen. Nachtraͤgliches uͤber den Aufenthalt Sr. Majestaͤt.

Amtliche Nachrichten.

Kronik des Tages.

Se. Majestaͤt der König haben Allergnädigst geruht: Den General⸗Major 26 Chef des Generalstabes der Gene⸗ ral⸗Inspection der Artillerie, Ludwig Wilhelm Jenichen, in den Adelstand zu erheben.

Se. Königl. Hoheit der Prinz Albrecht ist nach Frank— furt a. d. O. abgereist.

Zeitungs - Nachrichten. Ausland.

Frankreich.

Paris, 25. Juni. Gestern fand die vorlaͤufige Versamm— lung der Wähler des ersten Pariser Bezirks statt. Der General Jacqueminot, bisher der alleinige Kandidat jenes Bezirks, hielt eine Rede, die zwar bisjetzt nur von den dyn one Jol: nalen mitgetheilt wird, deren Authentizität dieselben aber verbur— gen zu koͤnnen glauben. Im Widerspruche mit den meisten der Kandidaten, die, den Waͤhlern gegenüber, ihre Meinungen ver— hällen oder diefelben so einzukleiden pflegen, daß sie nach vlelen Seiten hin gedeutet werden koͤnnen, äußert sich der General Jac— queminot mit einer Freimuͤthigkeit, von der die Oppositions⸗Blaͤt⸗ ter, wahrscheinlich sehr mit Unrecht, vermuthen, daß sie ihm die Stimmen vieler Waͤhler entziehen werde. Die Rede verdient g

Man hat viel von dem r, s⸗Rechte gesprochen, aber die Opposisign war es selbst, die vor st

minot ; ? runge / Meß. gegen jede Wahl⸗Reform und billigte die Registri lung zu dem

Rris.

Berlin, Freitag den 1se Juli

des rr Ministeriums ein Portefeuille angeboten habe, daß er dassel

, ,. bleiben. i mit Freimuͤthigkeit ausgesprochen. wer oder beschranktes Mandat annehmen, weil ich mir das Recht be⸗ wahren will, nach reiflicher Pruͤfung zu urtheilen. Die Fortdauer

aber abgelehnt haͤtte, um an der Spitze der Na⸗ z Schließlich sagte er: „Ich habe mich Ich werde kein gebieterisches

Ihrer Gunst wurde mir schmeichelhaft seyn.“ er Ueber ge Unterhandlungen zwischen nkreich und Belgien, in Betreff des Zolls auf Leinengarn, äußert sich die Presse in folgender Weise: „Belgien ist nicht allein geneigt, die Veraͤnde⸗ rung in seinen Tarifen vorzunehmen, die man verlangt, um vor dem Transito des ann, Garns gesichert zu seyn, sondern es verspricht auch noch die Accise auf Franzöͤsische Weine zu vermin⸗ dern oder ganz abzuschaffen. Da die Belgische Verfassung dem Kabinette nicht erlaubt, diese Art von Abgaben durch Ordonnan—

zen zu veraͤndern, so verspricht dasselbe, in der naͤchsten Session

ein Gesetz vorzulegen, welches die Verpflichtung, die es jetzt ein—⸗ geht, 2 solle. In diesem Hale n den also alle In⸗ teressen geschüͤtzt und alle Schwierigkeiten , e. gehoben. Der Leinen⸗Industrie wurde auf eine wirksame Weise geholfen seyn, und den Weinbauern wurde ein neuer, nicht ganz unbedeutender Abzugs⸗ weg eröffnet. Der Erfolg dieser 1 ist nahe bevorste—⸗ hend. Ist es in einer solchen Lage nicht im höͤchsten Grade un— klug, die schon so lebhafte und naturliche Ungeduld der Interessen, welche auf die angekündigte Lbsung warten, noch mehr zu reizen? Ist dies nicht das sicherste Mittel, den Belgiern den Wunsch ein⸗ zufloͤßen, ihre Sun e n g theuer zu erkaufen? Werden sie nicht, wenn sie die Franzoͤsische Regierung von einer gebieterischen Noth⸗ wendigkeit getrieben glauben, aus ihrer Verlegenheit Nutzen ziehen wollen? . man nicht Gefahr, die Sache in die Laäͤnge zu ziehen eben durch die Mittel, welche man anwendet, um die Ent⸗ wickelung zu ůbereilen? Dies ist außer Zweifel. Und dennoch bieten die Oppositions⸗ Journale mit heuchlerischem Eifer seit einigen Tagen Alles auf, um die Repraͤsentanten der ę— en⸗Industrie auf jene verderbliche Bahn zu locken. Sie bemuͤ sich, das Mißtrauen zu unterhalten, wo es bereits besteht, und es zu wecken, wo es noch nicht existirt. Dies ist die gewohnliche Taktik der Qpposi⸗ tion. An den Schaden, den sie hervorbringt, denkt sie nicht; sie benutzt jede Verlegenheit der Regierung zu gehaäͤssigem Tadel, und ihr grbßtes Ungluͤck wuͤrde es seyn, wenn das Land sich in einer Lage befaͤnde, die durchaus zu keiner Klage und zu keiner Be⸗ schwerde mehr Anlaß gaͤbe.“ . Zwischen dem Koͤnige von Danemark und dem Koͤnõige der ranzosen ist eine vorläufige und additionelle Handels- und e r r, unterzeichnet worden, welche aus 9 Arti⸗ keln besteht. Die hauptsächlichsten Paragraphen derselben seben fest, daß die Daͤnen in Frankreich und die Franzosen in Daͤne⸗ mark und in den Herzogthuͤmern auch in der Zukunft fuͤr ihre Personen und ihr Eigenthum alle die Rechte und Privilegien ge⸗ nießen sollen, welche in dem am 23. August 1712 abgeschlossenen

tat esetzt worden sind. Traktat festoeseh Die Course der Franzoͤsischen Rente

Börfe vom 25. Juni, Re waren heute abermals im Sinken. Alle Anstrengungen einiger

Spekulanten, die Course zu halten, vermochten nicht, den zahlrei⸗ chen Verkaufs-Auftraͤgen das Gleichgewicht zu halten. Die Kai— tischen Obligationen waren heute, trotz der Ankuͤndigung, daß die Coupons des ersten Semesters zur Zahlung eingereicht werden könnten, sehr ausgeboten, da die Berichte uͤber das Erdbeben jetzt ihre volle Bestaͤtigung erhalten haben.

. Paris, 25. Juni. Die Waͤhler des ersten Arrondisse— ments von Paris haben in einer vorbereitenden Versammlung be— schlossen, dem General Jacqueminot abermals ihre Stimmen zu geben. In der zweiten Versammlung derselben Waͤhler erschien der General selbst, sprach uͤber sein vergangenes Leben und über das kuͤnftig von ihm zu beobachtende Verfahren. Der General— Lieutenant Jacqeminot ist, als Chef des Generalstabes der Natio— nal-Garde, wenn nicht sehr populair, so doch sehr bekannt in Pa— Er war der Gegner des Herrn Thiers, allein außerdem be— staͤndig ministeriell. Seine Rede vor den Waͤhlern des ersten Ar— rondissements ist eine Art von ministeriellem Programm. Er ver— sichert, daß Frankreich, dem Auslande gegenüber, nicht gedemuͤthigt worden ist; er versichert, daß er noch fuͤr die Dotation des Her⸗ zogs von Nemours stimmen wuͤrde, wenn man dieselbe noch ein⸗ mal verlangte; er sindet das Durch suchungs-Recht sehr billig, und er wird sich auch ferner der Annahme der Vorschlaͤge wegen der Kapazitäten und der Inkompatibilitaͤten widersetzen; endlich billigt er noch die Zaͤhlung und erklärt sich fuͤr einen entschiedenen An— haͤnger des Herrn Guijot. Dies Manifest hat die Opposition sehr aufgebracht und wird heute in allen liberalen und legitimisti⸗ schen Blaͤttern kommentirt. Es ist unnuͤtz, die Argumente dieser Polemik zu wiederholen, sie sind immer dieselben.

Herr Thiers ist sehr geschaͤftig, allein er handelt im Geheimen und umgeben von einer kleinen Anzahl Getreuer. Das Hotel am Platz Saint- Georges ist der Versammlungsort der erbittertsten Feinde des Ministeriums. Der Constitutionnel ist das Organ dieser geheimen Versammlungen, aber die einfoͤrmige und matte Faͤrbung dieses Blattes erlaubt ihm nicht, die Meinungen und Gesinnüngen seiner Patrone in ihrer Vollstaͤndigkeit mitzutheilen. Herr Thiers, so sehr er auch kompromittirt seyn mag, sieht sich dennoch gezwungen, ein gewisses Maß zu beobachten, und obgleich er sowohl mit den Feinden des Ministeriums, als mit den Feinden der Dynastie ziemlich eng verbunden ist, so wagt er doch noch nicht, offen auf die Seite der Linken zu treten. Die Spaltung, welche in dem sogenannten constitutionellen Comité der Linken ausge⸗ brochen war, besteht aͤbrigens noch immer fort, und das ganze Gewicht der Functionen dieses Comité's ruht auf den Schultern des Herrn Isambert, welcher Secretair desselben ist. Dieser eh⸗ renwerthe Herr hat die Kandidaturen zu vertheilen und anzubie⸗ ten; er leitet die Comitès in den Departements; er allein versieht mit unglaublichem Eifer die Geschaͤfte von zehn Personen, und zwar in der festen Ueberzeugung, daß es ihm gelingen werde, Herrn Guizot zu stuͤrzen. Wir werden sehen. .

Die Leinen-Industrie verursacht in diesem Augenblick dem

1842.

Ministerium einige Verlegenheit. Es verhalt sich dies nämlich solgendermaßen. Vor wenigen Jahren hatte man die Maschinen⸗ Spinnerei in Frankreich eingeführt. England und Belgien waren uns in diesem Fabrikzweige weit uͤberlegen; auch lähmte die Kon— kurrenz bald unsere Anstrengungen, und die Leinen-Industrie befin— det sich heutzutage in einem erbärmlichen Zustande. Man hatte geglaubt, ihr durch das Gesetz vom Jahre 1811, wodurch der Zoll vom Leinen- und Hanfgarn von 5 auf 10 pCt. erhöht wurde, aufhelfen zu können. Allein dieser Schutz hat sich als durchaus unzulänglich erwiesen, und die Leinen-Industrie ist seit jener Zeit immer inehr in Verfall gerathen; die Einsuhr aus England hat auf erschreckende Weise zugenommen, und allein im Mai dieses Jahres ist mehr Garn und Leinwand aus England eingefuhrt worden, als in den Jahren 1833 und 1834. Das Comité fuͤr die Leinen-Industrie, welches seit mehreren Jahren in Paris be⸗ sieht, hat unaufhörlich die lebhaftesten Vorstellungen dieserhalb an die Regierung gerichtet, die sich denn auch endlich entschlossen hat, den Zoll auf ausländisches Garn von 10 auf 20 pt. zu erhoͤhen. Herr Cunin⸗-Gridaine hat dies zweimal auf der Tribune der Deputirten— Kammer feierlich versprochen, da aber die Session bereits sehr vorge⸗ ruͤckt und es daher nicht mehr möglich war, die verlangte Erhöhung auf legislativem Wege zu erlangen, so kam man uͤberein, daß dies, unmittelbar nach der Schließung der Kammern, durch eine Köoͤ⸗ nigliche Ordonnanz geschehen solle. Die Minister der Finanzen und der auswärtigen Angelegenheiten hatten dieser Anordnung ihre Zustimmung gegeben, Und man glaubte, die Ordonnanz werde am 5. oder 6. Juni erscheinen; dies geschah jedoch nicht. Um diese Zogerung zu erklären, sagte das Ministerium, daß die Erhöhung des Zolls nicht auf die Belgische Gränze angewendet werden solle, daß aber Belgien dafür seinerseits dem Englischen Leinen— und Hanfgarn so wie der Englischen Leinwand seine Graͤnze verschließen musse, indem ohne dies die gegen England ergriffenen Maßregeln illusorisch bleiben und die Erzeugnisse Englands durch Belgien in Frankreich eingefuͤhrt werden wuͤrden. Man verlangte sodann von Belgien das Ver— sprechen, in der nachsten Sessien den Belgischen Kammern ein Geseß vorzulegen, das den Zweck habe, die Accise-Zoͤlle auf Fran⸗ zoͤsische Weine herabzusekzen oder ganz aufzuheben. Die Unter⸗ handlungen uͤber diese beiden Punkte sind noch nicht beendigt, sagt Herr Guizot, und daher kommt die Verzoͤgerung in der Be— kanntmachung der Ordonnanz. Diese Zögerung hat das Leinen— Comité, fuͤr das fast alle Journale Partei genommen haben, sehr aufgebracht. Man beschuldigt nun freilich, wie immer, Herrn Gulszot, daß er den Drohungen oder den Reclamationen Englands nachgebe, oder im guͤnstigsten Falle, daß er den Englischen Waaren Zeit lasse, vor dem Erscheinen der Ordonnanz unsere Maͤrkte zu uͤberschwemmen. So viel ist gewiß, daß diese Angelegenheit zu einer Menge von Anschuldigungen gegen Herrn Guizot Anlaß gegeben und daß die Opposition im Augenblick der Wahlen dies zu einer Beschwerde gegen die Regierung benutzt hat.

Wir unsererseits glauben, daß die Ordonnanz in wenigen Ta—⸗ gen erscheinen wird, Belgien mag die verlangten Zugestaͤndnisse machen oder nicht. Der Baron Deffaudis ist am 22. Juni nach Bruͤssel abgereist, um eine bestimmte Antwort von der Velgischen Regierung zu verlangen, und es leidet keinen Zweifel, daß bei sei⸗ ner Rückkehr, die am 28sten oder 29sten stattsinden soll, die Frage desinitiv entschieden werden und der Handels⸗Minister das von ihin auf der Tribune gegebene Versprechen erfuͤllen wird. Diese Maßregel durfte fuͤr England ziemlich empfindlich seyn. da es in der letzien Zeit seine Leinen-Industrie ungeheuer entwickelt hat. Mehrere unserer Gewerbtreibenden glauben indeß, daß die Eng⸗ laͤnder, ungeachtet des Zolles von 2 pCt., die Konkurrenz mit den Franzoͤsischen Fabriken aushalten koͤnnen, und daß, wenn man diesen einen wirksamen Schutz gewaͤhren wolle, man in kurzem den Zollauf 30 pCt. erhöhen muͤsse.

; aris, 25. Juni. Die Nachrichten, welche unsere Regie⸗ ö Tagen aus den Franzbsischen Antillen erhielt, lauten ziemlich betruͤbend. Die Nachricht, daß die Kammern die Lösung der Zuckerfrage auf die naͤchste parlamentarische Session vertagt haben, erfuͤllte alle Pflanzer in den Kelonieen mit Be⸗ truͤbnsß, und seit diesem Augenblick herrscht daselbst eine gewisse Gaͤhrung, so daß der Gouverneur, in der Besorgniß ernsthafter Unruhen, eine Vermehrung der ihm zu Gebot stehenden Land- und Seemacht verlangt. Es scheint, daß alle Pflanzer große Vorrãaͤthe von Kolonial-Zucker besitzen, die sie nicht an den Mann bringen können, und in der Ungewißheit, welche diese Vertagung der Zucker-Frage hervorbrachte, wollen sie keinen Zucker mehr anbauen, wodurch aus Mangel an Arheit Tausende von Menschen der Hungers— noth preisgegeben sind. Als vor einigen Jahren eine aͤhnliche Stagnation des Handels eintrat, erlaubte der Gouverneur der An— tillen bei dem Anblick des oßen Elends, das in den Kolonieen herrschte, den auswaͤrtigen Nationen, mit eigenen Fahrzeugen den Zucker aus den Franzoͤsischen Kolonieen auszufuͤhren. Dlese Er— saubniß wurde aber nicht nur damals sogleich von der Regierung zurückgenommen, sondern die Regierung selbst vermag auch gegen— waͤrtig nicht einmal, den Pflanzern eine ähnliche Erleichterung zu gewaͤhren, denn da die Kammer neulich entschieden hat, die Zucker⸗ Frage muͤsse in dem Status quo bis zur naͤchsten Session verblei— ben, so sieht das Kabinet sich genoͤthigt, die Dinge so zu lassen, wie sie eben sind.

Das letzte Dampfboot aus dem Orient, „Tancred“, ist am Abend des 2lsten laufenden Monats in Marseille angekommen. Die Nachrichten, welche wir auf diesem Weg aus Konstantinopel und Alexandrien erhalten, gehen bis zum 7. Juni, enthalten jedoch nichts von Belang, außer daß der Franzoͤsische Geschaͤftsträger in Konstantinopel eine energische Note an den Divan gerichtet hatte, um Genugthuung fuͤr einen Franzoͤsischen Marine⸗Offizier zu ver— langen, der von zwei Albanesischen Soldaten in Syrien unlaͤngst mißhandelt wurde. Der Minister der auswaͤrtigen Angelegen⸗ heiten beeilte sich, gleich nach dem Empfang dieser Note dem Ba— ron von Bourqueney zu antworten, daß jene Soldaten auf eine exemplarische Art fuͤr ihr Vergehen bestraft werden mußten. D Folge dessen erhielt ein Franzoͤsischer Marine Lieutenant . er Station in Konsfantinopel den Auftrag, nach Beirut zu segeln, um