1842 / 204 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

von Mitternacht bis gegen 2 Uhr Morgens auf den Knieen vor dem Sarge ihres Sohnes zugebracht. Nur den dringenden Vorstel⸗ lungen ihrer Damen gelang es, die Koͤnigin zu bewegen, sich einige we⸗ nige Stunden des ihr so noͤthigen ö zu goͤnnen. Die Herzogin von Orleans zerfließt immer in Thränen, so oft sie die Todten⸗ Kapelle betritt, nichts destoweniger besucht sie dieselbe fuͤnf bis sechs⸗ mal des Tages. Die Aerzte versuchen so viel als sie koͤnnen, diese Besuche zu vermindern und abzukuͤrzen, aber da die Herzogin, nachdem sie sich vor dem Sarge ihres Gatten in Thränen recht ergossen hat, auf mehrere Stunden die Ruhe und Fassung wieder F so wuͤnscht der König, daß man sie ungestort ihrem Schmerze nachhaäͤngen lasse, damit sie bei der Leichenfeler um desto muthiger und staͤrker erscheine.

Der Postillon, welcher den Herzog von Orleans fuͤhrte, als dieser aus dem Wagen stuͤrzte, und der mit der groͤßten Liebe sei⸗ nem unglücklichen Herrn anhing, ist zwar nicht wahnsinnig gewor— den, wie man anfangs glaubte, er siel aber in eine Art bioödsinni⸗ ger Schwermuth, die jenem Zustande nicht sehr unähnlich ist. Sobald er gewahr wird, daß Jemand ihn anblickt, so nähert er sich mit gesenktem Haupt und verweinten Augen, ausrufend: „Ce n'est pas moi qui a tus mon bon maitre!“ Dieser einfache und ungeheuchelte Schmerz zeigt, wie sehr der Herzog von Orleans von seiner Dies n geliebt wurde.

Der so oft besprochene Handels-Vertrag zwischen Frankreich und Belgien ist endlich zu Stande gekommen. Die größten Schwie⸗ rigkeiten, welche diesem Vertrage sich in den Weg legten, waren die Forderungen Frankreichs, welches verlangte, daß die Belgische Regierung nicht nur mehrere wichtige Zugeständnisse der Franzoͤsi⸗ schen Mndustrie einraͤumen, sondern auch die Einfuhr der Engli⸗ schen Garn⸗ Artikel in Belgien eben so hoch als in Frankreich be— steuern sollte. Das Kabinet der Tuilerieen machte zu diesem Ende den Um⸗ stand geltend, daß wenn die Englischen Garn⸗Fabrikate einen niederen Zoll in Belgien als in Frankreich zahlten, es den Englischen Garnhaͤnd⸗ lern ein Leichtes ware, mit ihren Tommissionairen in Belgien sich zu verständigen, um dann diese Artikel als Belgische Fabrikate in Frankreich einzufuͤhren. Die Engliche Garn-Industrie haͤtte dann von der Ordonnanz vom 2h6sten v. M. nichts mehr zu fuͤrchten. Jedermann sieht die Richtigkeit dieser Schlußfolge ein. Wenn indessen Belgien sich herbeilassen mochte, diesem Begehren der Fran⸗ zoͤsischen Regierung zu willfahren, so war es andererfeits zu fuͤrch⸗ ten, daß England Repressalien gegen andere Artikel der Belgischen Industrie anwenden wuͤrde. Belgien fand sich dabei, wie man zu sagen pflegt, zwischen zwei Feuern, und sah sich veranlaßt, den ersten Schritt zu einer innigeren Handels-Verbindung zwischen bei— den Laͤndern zu machen, und die Regierung gab dem oben angefuͤhr⸗ ten Begehren Frankreichs nach, waͤhrend sie noch dermalen 2 mit England in Unterhandlungen ist, damit die Tarifs-Erhdͤhung der Englischen Garn-AUrtikel in Belgien keine Gegenmaßregeln von Seiten der Briten hervorrufe.

tt Paris, 19. Juli. Kein neueres Ereigniß hat einen so starken Beweis von der Anhänglichkeit des Franzoͤsischen Volks an die jetzige Ordnung der Dinge gegeben, als der Eindruck, welchen der Tod des Herzogs von Orleans hervorgebrachte hat. Man darf dreist behaupten, daß die Nachricht davon in allen Theilen des Landes wie die Botschaft von einem offentlichen Unglücke aufge— nommen worden, weil man überall gefuͤhlt hat, daß mit dem aste— sten Sohn Ludwig Philipps eine maͤchtige Burgschaft des Beste⸗ hens und der organischen Weiterentwickelung des jetzigen bffent— lichen Zustandes hinweggefallen ist. Nur die Parteien, deren offen ausgesprochene Zwecke nur über die Trümmer der herrschenden Verfassung hinweg zu erreichen sind, nur diese haben den Muth, den Ungluͤcksfall vom 13. Juli von dem Standpunkte ihres In— teresses aus zu betrachten, aber sie wagen doch wenigstens nicht oͤffentlich zu gestehen, daß sie darin einen unermeßlichen Gewinn fuͤr ihre Sache sehen. Wenn man die spaͤteren Eventualitaͤten bei Seite laͤßt, denen der Tod des Herzogs von Orleans das Thor geoͤffnet hat, so kann man doch schon jetzt mit der groͤß— ten Sicherheit voraussagen, daß derselbe eine gaͤnzliche Umwand— lung in der bisherigen Partei-Politik hervorbringen wird.

Die ersten Wirkungen eines solchen Wechsels werden schon bei den Debatten uͤber das Regentschafts⸗Gesetz hervortreten. Die Regentschafts⸗-Frage absorbirt alle anderen Interessen des Tages, und sie erscheint von Tag zu Tag großer und inhaltsschwerer, in— dem die oͤffentliche Meinung Zeit noͤthig hat, um sich mit einem so neuen Gegenstande vertraut zu machen. Im ersten Augenblicke gab es eigentlich gar keine Ansichten uͤber die zweckmäßige Loͤsung derselben, und daher der sonderbare Vorwurf der Oppositions— Blatter, daß die ministerielle Presse diesen Gegenstand auf eine unschicklich voreilige Weise zur Sprache gebracht habe. Die Op— position fand in dem Arsenale ihrer stehenden Meinungen und Argumente nichts, was sie den Vorschlaͤgen der Regierungs⸗Jour⸗ nale hatte entgegensetzen koͤnnen, und 3. suchte sich deshalb da— durch aus der Verlegenheit zu ziehen, daß sie erklärte, ihre Deli⸗ katesse erlaube ihr nicht, neben dem noch offenen Sarge des Her— zogs von Orleans eine Debatte uͤber die einstweilige Erbschaft der Anwartschaft desselben auf die Regierungsgewalt zu fuͤhren. Die stummmachende Wirkung dieses ganz ungewoͤhnlichen Zartgefuͤhls dauert noch immer theilweise fort. Die meisten Organe der Oppo— sition beschraͤnken sich bis jetzt auf entfernte Andeutungen äber die kuͤnftige Regentschafts-Ordnung, uͤber deren Zweck und Wesen sie noch durchaus keine bestimmte und mit ihren Interessen im Einklange stehende Meinung haben. Die Polemik dreht sich vor⸗ laͤufig nur um den Punkt der Kompetenz der ordentlichen gesetz⸗ gebenden Gewalt zur Erlassung eines gültigen Regentschafts⸗Gefetzes. Dazu kommt dann noch die Frage, ob dieses Gesetz ein allgemeines oder ein blos auf den gegenwartigen Fall berechnetes seyn solle. Die Personen⸗Frage wird dagegen dorerst noch so viel ais möglich im Hintergrunde gelassen, weil man über deren vortheilhafteste Ent- scheidung uf vielen Seiten nech nicht mit sich seibst einig ist. Sogar die Sympathien, die sich berets für den einen oder din k 1 Betracht kommenden Haupt-Personen

scheinen ihne i . * , . . hnen selbst heute minder sicher zu seyn,

ewiß ist es, daß der vom Koͤnige selbst au i

,,,, Fall geht, und daß er dem i. von Nemours die interimistische Regierung zuspricht. Es versteht sich von selbst, daß die Vollmacht der gewöhnlichen Legislatur zur Abfassung des Regentschafttz⸗ Geseßes in senem Entwurfe als keinem Zwelfel unterworfen stillschweigend vorausgesetzt wird. Daß das Kabinet in seinen Berathungen aͤber diesen Entwurf die wesentlichen Bestimmungen desselben ünveraͤndert lassen werde, ist mindestens gesagt im 6, sten Grade wahrscheinlich. Ueber die vermuthliche ntscheidung der Kammern schon jeßt eine Meinung äußern zu wollen, würde voreilig seyn; man darf indessen immerhin annehmen, daß der schon hier und da angeregte Vorschlag einer aus mehreren Personen be⸗ stehenden Regentschaft in der Kammer, wenn auch einigen Anhang, doch schwerlich eine Stimmenzahl finden wird, die auf die schließ⸗

liche Fassung des Gesetzes von Einfluß seyn konnte.

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Der vorbehaltlich der Ratification durch die Kammern erfolgte Abschluß des Handels-Vertrags mit Belgien, hat einen sehr güͤn⸗ stigen Eindruck hervorgebracht, und manche weit hinausgehende nationale Wuͤnsche und Hoffnungen, die seit einiger Zeit ruheten, von neuem angeregt. Der Ersolg dieses ersten Versuchs einer ge— meinschaftlichen Volkswirthschaft zwischen Frankreich und Belgien wird bald lehren, ob und in wieweit jene Wunsche und Hoffnun⸗ gen ihrer Erfüllung näher geruͤckt sind.

z * Paris, 19. Juli. Der Konig wird am 26sten d. M. die Kammern in Person erbffnen; es wird mithin eine Thron⸗ Rede und eine Adresse geben. Diese Praͤliminarien werden ver— hindern, daß man sich sogleich mit der Regentschafts⸗Frage be⸗ schaͤftigt, deren Besprechung in der Presse bereits immer verwik— kelter wird, und schon giebt es entgegengesetzte Anspruͤche und we— sentliche Meinungs⸗Verschiedenheiten über mehrere Punkte. Die Einen wollen ein desinitives Gesetz uͤber die Regentschaft, worin alle Eventualitäten vorhergesehen seyn sollen; dies ist die Meinung des Herrn Molé und seiner Partei, die sie indeß vielleicht nur ange— nommen haben, weil sie Mittel zur Opposition werden kann. An— dere, und unter ihnen die Minister, glauben, daß ein Gesetz fuͤr den gegenwartigen Fall hinreicht, und daß man nicht alle zuküͤnf⸗ tige Chancen, die eine andere Regentschaft als die gegenwartig in Aussicht stehende noͤthig machen koͤnnten, zu untersuchen brauche. Alle diese Schwierigkeiten sind so plotzlich eingetreten, daß man noch nicht Zeit gehabt hat, sie gruͤndlich zu eroͤrtern. Es sind dies übrigens Combingtionen, die sich mittelst Angriff und Vertheidi— gung lösen, und die leider mit den wahren Interessen des Landes nicht in Verbindung stehen. Die Ausarbestung des Gesetz⸗Ent⸗ wurfs uͤber die Regentschaft ist den ausgezeichnetsten Mitgliedern beider Kammern uͤbertragen worden und das Ministerium hat sich zu diesem Zweck mit den in der Politik und dem oͤffentlichen Recht erfahrensten Männern umgeben. Es ist in der That eine Arbeit, die große Einsicht und gewissermaßen das Bewußtfeyn der Zukunft versangt. Die Oppositions-Blaͤtter beschaͤftigen sich viel mit dem Herzog von Nemours; sie wollen in ihm nicht die nöͤthi— gen Eigenschaften eines Regenten sinden und sprechen ihre Vorliebe fuͤr die Herzogin von Orleans aus. Es ist dies ubrigens das Terrain, worauf die Opposition sich bei der Erdͤrterung des Re⸗ gentschafts⸗Gesetzes scheint begeben zu wollen.

Endlich hat Frankreich einen Handels-Traktat mit Belgien abgeschlossen; aber dieser Traktat hat keine ernste Bedeutung und regulirt nur einige Puo⸗kte von untergeordneter Wichtigkeit. Die Ordonnanz uͤber die Leinen- und Hanf-Zeuge und Garne vom 2bsten vorigen Monats hat dazu die Gelegenheit und den Vor— wand gegeben. Die Ordonnanz hat den Zoll auf fremde Leinen— Zeuge und Garne verdoppelt; aber kraft des Traktats mit Belgien wird der neue Tarif uͤber Leinen-Zeuge und Garne nicht auf dies Land angewendet und der alte Zoll von 10— 12 Centimen besteht fort. Diese Ausnahme ist wichtig fuͤr Belgien, denn es liefert uns in Folge derselben jahrlich fuͤr 12 13 Millionen Franken Leinen— oder Hanf⸗-Zeuge und fuͤr etwa 3 Millionen Franken Garn. Die⸗ ser Absatzweg existirte nicht mehr, wenn der Tarif vom 26. Juni auch auf die Beigische Graͤnze ware angewendet worden. Es war naturlich, fuͤr diese Begunstigung auch einige Vortheile fur unseren Handel und unsere Industrie zu verlangen. Diese Vortheile be— treffen unsere Weine, unsere Seidenwaaren, unser Salz und die Gleichstellung unserer Schiffe mit den Belgischen auf den Kanaͤ— len Belgiens.

Die Zoͤlle auf Franzoͤsische Weine sind verschiedener Art: zuerst der Gränzzell von 2 Fr. fuͤr das Hectolitre Wein in Faͤs— sern und von 12 Fr. für. das Hertolitre in Bouteillen; dann der Accise-Zoll von 33 Fr. fur das Hectolitre und endlich der Stadt— Zoll, welcher nach der Wichtigkeit der Bevölkerung der Staͤdte variirt. Nach dem Traktat wird der Graͤnzzoll fuͤr das Hecto⸗ litre Wein in Faͤssern auf ) Cent. und in Vouteillen auf 2 Fr., der Accise-Zoll auf ein Viertel, also auf 24 Fr. 75 Cent. und der Graͤnzʒell auf Seidenwaaren auf 29 pt. herabgesetzt. Dieser letztere Artikel ist der Haupt⸗-Gegenstand unserer Ausfuhr nach Belgien und repraͤsentirt eine jaͤhrliche Summe von 7— 8 Millio— nen. Die Weine nehmen in dieser Beziehung erst den vierten Rang ein mit etwa 4 Millionen Franken, alss 2 Millionen we— niger, als die Ausfuhr desselben Artikels nach England beträgt. Der Verkauf unserer Vranntweine ist in Belgien fast nul, steigt dagegen in England auf 8— 10 Millionen Fr. Es repräsentirt also der Artikel, fuͤr den wir eine Ausnahme gemacht haben, einen saͤhrlichen Werth von etwa 15 Millionen Franken, wahrend die Franzoͤsischen Artikel, deren Zoͤlle Belgien vermindert hat, namlich Weine und Seidenwaaren, nur etwa einen Werth von 12 Mil— lionen erreichen. Was die Schifffahrt auf den Belgischen Ge— waͤssern betrifft, so bestimmt der Traktat nur Ge enseitigkeit und in dieser Hinsicht macht Belgien uns kein Huge fn, da seine Fahrzeuge auf unseren Kanälen schon seit langer Zeit dieselben Vortheile genießen, wie die unsrigen. Die Anwendung des Fran— zösischen Tarifs fuͤr Leinenzeuge Und Garne ist nicht von großer Wichtigkeit fuͤr uns, denn die durch Belgien gehenden Englischen Waaren wurden gezwungenerweise einen doppelten Zoll bezahlen, der dem durch die Ordonnanz vom 26. Juni fesigesetzten Zoll gleichkäme; es wuͤrde daher keinen Vortheil gewaͤhren, fuͤr die Einfuͤhrung Englischer Leinenzeuge und Garne in Frankreich den Weg durch Belgien zu wählen. Die Anwendung des neuen Ta— rifs auf die Belgische Graͤnze wurde ein viel wirksamerer Schutz gegen die Englischen Leinenwaaren seyn. In dem vor kurzem mit Holland abgeschlossenen Traktat haben wir eine Herabsetzung der Zölle auf unsere Weine erlangt; da aber in den Niederlanden wie in Belgien die Consumtions⸗Steuer sehr bedeutend ist, so kann diese Reduction nicht von merklicher ee, . uns seyn. Diese Wirkung ist vielmehr durch eine kurz nach Abschließung des Traktats ere angene Bestimmung, welche den Accise-Zoll auf Weine um eben e viel erhoͤht, als der Graͤnzzoll herabgesetzt worden, völlig an⸗

nullirt. Um ähnliche Dinge in 3 zu verhindern, hat man

festgesetzt, daß, wenn eine neue Auflage ausgeschrieben wird, der Traktat sofort erlischt, und mithin der Leinen-Tarif auf die Bel— gische Graͤnze angewendet wird. Der Traktat hat, wir wiederho⸗ len es, keine große kommerzielle Wichtigkeit; aber er ist ein Praͤce⸗ denz-Beispiel und kann leicht als Grundlage fuͤr weitere Ünter— handlungen dienen. Belgien findet bei uns einen unermeßlichen Markt, und, um ihn noch zu vergroͤßern, braucht es nur einige unserer Erzeug⸗ nisse mehr zu begůnstigen. Die Zölle auf un sere Weine sind ungeachtet der , Reduction noch immer zu hoch, als daß wir da⸗ von eine bedeutende Vermehrung der Consumtion hoffen konnten. Dasselbe gilt von unseren Seidenwaaren und einigen Luxus⸗Artl⸗ keln, welche die Belgier nur sehr unvollkommen verfertigen. Da der 9 abgeschlossene Traktat Steuer⸗Fragen beruͤhrt, so muß er den Belgischen Kammern zur Genehmigung vorgelegt wer⸗ den und dann erst kann der Konig Leopold ihn ratifiziren. Man glaubt hier, daß Alles vor dem 165. . bis zu welcher Zeit der neue Franzdsische Leinen⸗Tarif auf die Belgische GSraͤnze in An⸗ wendung bleibt, abgemacht seyn werde.

Großbritanien und Irland.

London, 19. Jull. Nach dem Her ald ist die Königin durch die Nachricht von dem Tode des Herzogs von Orleans bis ö Thraͤnen geruͤhrt worden und hat sogleich, wie auch der *

lbrecht, ein er, r. Kondolenz⸗Schreiben an den Konig der Franzosen abgesandt. :

Die Englischen Blätter enthalten jeßt saͤmmtlich Betrachtun— gen uber den Tod des Herzogs von Orleans und über die Fol— gen, die dieses Ereigniß fuͤr Frankreich und die Europaͤische Po⸗ litik haben kann. Es wird interessant seyn, daruͤber die Haupt⸗ Stinmführer zu vernehmen. Wir geben daher zunäͤchst höer, was die Morning Chronicle, das Organ der Whiggistischen Opposition, sagt: ͤ „SIe laͤnger wir das furchtbare Mißgeschick, welches den Franzd⸗ sischen Thronerben in der Bluͤthe des Lebens und der Hoffnungen hinwegrasste, eewaͤgen, um so mehr sind wiel geneigt, es als ein schweres i, und als ein lern r Ereigniß fuͤr die ganze ei⸗ vilisirte Welt zu betrachten. as haäͤrteste Herz muß mit der liefen Betruͤbniß der Koͤniglichen Familie von Frankreich, mit der Vernmwels⸗= lung der liebenswürdigen Wittwe des jungen Prinzen, mit dem seines Sohnes beraubten Vater, der in ihm den Erben seiner Macht sah, sympathisiren. Der aufrichtige Schmerz seiner Freunde beweist, daß er wirklich jene Liebenswuͤrdigkeit fg die das Geruͤcht ihm bei— legte, und das allgemeine Bedauern in Frankreich zeigt, daß er Eigen⸗ schaften hatte, die bei der Nation ang; Erwartungen erregten.

„Aber wenn wir von dem harten Schicksal des jungen Prinzen und von der Trauer der Familie und der Freunde zu einer ruhigen Betrachtung der wahrscheinlichen politischen Folgen desselben 3 hen, so wirs das durch das allgemeine menschliche Gefühl erregte Be— dauern noch vermehrt. Die Folgen sind klar. Bei dem gegenwaͤcti= gen getheilten und aufgeregten JZustande Frankreichs und bei dem Al⸗ ter des Koͤnigs muß der Gedanke Besorgniß erregen, daß in kurzem eine Regentschaft eintreten und so lauge dauern wird, bis ein Kind von wenigen Jahren die Gefahren des Knaben⸗Alters überwunden und das Alter erreicht bat, wo Zeit und Gebrauch ihm gestatten, die Vflichten und die Autoritaͤt der Königlichen Würde zu Übernehmen. Der Köͤnig der Franzosen ist jeht nahe an 70 Jahre alt, und obgleich noch im vollen Besitz seiner Köͤrper⸗ und Geisteskraͤfte, sind doch seit einiger 1 allerhand en, , r. Geruͤchte uͤber den Zustand sei⸗ ner Gesundheit verbreitet. Es ist ein furchtbarer Gedanke, daß Frank⸗ reich in kurzem den Gefahren einer langen Minoritaͤt ausgesetzt seyn wird, und dieser Gedanke wird noch furchtbarer durch die Erinnerung an die haͤufigen Angriffe auf das Leben Ludwig Philipp's, so wie durch die e,, ga der Umstand, daß er allein zwischen dem Laude und der verhäͤltnißmaͤßigen Schwache, wenn nicht Anarchie einer Mi— noritaͤt steht, hinreicht, die Gewallthätigkeiten noch mehr aufzureijen, indem die mit dem Tode des Königs nothwendig eintretende Verwir⸗ rung die Hoffnungen der Unzufriedenen erregt. 3

„Die Aussicht auf Ludwig Philipp's Tod wuͤrde unter allen Umstäͤnden größe Besorgnisse erregt haben. Niemals war der Ein⸗

der Energie und Einsicht eines einzigen Mannes auf die wichtige 5 der Angelegenheiten einer großen Nation sichtbarer. Seine Regierung ist * bestandiger und hartnäckiger Kampf mit der un ruhigen Thorheit (solly) eines Volkes, das an eine verständige Aus— übung der constitutionellen Freiheit nicht gewohnt ist. Unterwerfung unter die Gesetze und Regierungs-Formen, welche es sich selbst ge— geben, ist dem Franzoͤsischen Volke weder durch Gewohnbeit, noch durch Ueberlegung eigenthuͤmlich geworden. Die Minoritäͤt glaubt stets ein Recht zu haben, sich zu empdren und durch Waffen⸗Gewalt jede ihr ungünsige Entscheidung der Majoritaͤt zu bekämpfen. Lud— wig Philipps Energie hat bis zu einem gewissen Grade die Wild⸗ heit seines Volkes gebaͤndigt, allein es ergiebt sich, . er sie nur in eine etwas weniger rohe Form verwandelt hat. Die Gewohnheit der Insurrectton ist unterdrückt, aber nur, um durch unbeilvollere Intriguen, welche aller Stabilitaͤt und allem Fortschritte feindselig entgegentreten und durch Hervorrufung der schlechtesten w ten und Vorurtheile des Franzoͤsischen Volkes ersetzt zu werden. Wie verächtlich diese Leidenschaften, wie beklagenswerth diese Vorurtheile sind, haben die letzten Wahlen gezeigt, wobei die Opposition ihr Feld nur durch die sinnlosesten Anrufungen der National Antipathieen behaupten konnte und die Anhänger eines weisen und redlichen Mi— nisteriums nur dadurch ihre Sitz in der Kammer glaubten bebalten zu koͤnnen, daß sie dies gehaͤssige Kriegsgeschrei wiederholten und ihre Gesinnungen über den einen Punkt verchehlten, worin sie mit der gesunden dͤffentlichen Meinung und den wahren Interessen ihres eigenen Landes durchaus übereinsltimmten.

„Die Welt wuͤrde in der That den einzigen Mann, der bewiesen hat, daß er dies gefaͤhrliche Volk zu baͤndigen weiß, sehr vermissen. Ob er dies stets auf die beste Weise gethan, ob er nicht vielleicht zu weilen seinen Zweck durch gerechtere und verfassungsmäßigere Mittel hatte erreichen, ob er für die Ruhe und eventucile Verbesse—⸗ 1 Frankreichs nicht haͤtte mehr thun konnen, wenn er sich zu— weilen nachgiebiger gegen die Gesetze, die Rechte des Volls und die oͤffentliche Meinung gezeigt hatte, das sind Punkte, die wir nach unserer Ansicht hier nicht zu wiederholen brauchen. Es ist indeß nur Gerechtigkeit gegen Ludwig Philipp, wenn man zugiebt, daß er das Volk begreift, mit dem er es zu thun hat, und würde er dem— selben entrissen, so mochte es schwierig seyn, einen Mann zu finden, der die Eigenschaften besitzt, die es Ludwig Philipp möglich gemacht haben, sich in seiner schwierigen Stellung so lange zu behaupten. Wollten wir eine Meinung über einen so delikaten Gegen tand äußern, so wurden wir sagen, daß nach unserer Ueberzeugüng sein fester Wille und seine scharfe Urtheilskraft nur durch den Wien und die Urtheilskraft eines mit derselben constitutionellen Autorität be⸗ kleideten Mannes ersetzt werden kann. Eine Autorität, die zwischen einem 1 einem Vormund und vielleicht einem Regenischafts⸗ Rath getheilt ist, und in Gemeinschaft mit den wechselnden Launen zahlreicher Personen und Een, durch die Offenkundigkeit ihrer kurzen Dauer ausgeübt wird, kann das Franzoͤsische Volk nicht auf wirksame Weise leiten.

„Das Franzoͤsische Gesetz, wenn es noch dasselbe ware, wie vor der Revolution, wuͤrde die Regentschaft wahrend der Minderiaͤhrig= keit des 562 der Mutter desselben übertragen. Die Herzogin von Orleans ist eine kluge und vortreffliche Frau; aber dieselben Eigen⸗ schaften, welche bei dem gewohnlichen Gange der Dinge in consti⸗ tutionellen Landern die Regierung einer Frau wünschenswerth er— scheinen lassen, machen sie doch, wie wir glauben, bei einem so schwankenden Zustande der Gesellschaft wie in Frankreich, unfäbig, das Ruder zu fuhren. Die Herzogin ist uͤberdies eine Deutsche und Protestantin, und ein großer Theil des Volts würde sie dieses letz teren Umstandes wegen mit Mißtrauen betrachten, und wie groß die Eifersucht und die Abneigung gegen Auslaͤnder ist, wissen Alle, denen die Gesinnungen bekannt sind, die Herr Thiers und seine Freunde in Frankreich hervorgerufen haben. Ünter diesen Umstaͤnden kann wohl nicht daran gedacht werden, der Herzogin von Orleans die Regentschäft zu uͤbertragen, selbst wenn ihre, bereits sehr ge— schwaͤchte Gesundheit ihr gestatten sollte, die Pflichten derselben zu übernehmen. Ohne , wollen, welches Gewicht auf die fruͤheren Beispiele der Franzdsischen Monarchie J legen sey, scheint es uns, daß der ce von Nemaurs der natuͤrlichste Regent waͤh⸗ rend der Minderjaͤhrigkeit seines Neffen seyn wuͤrde. Durch sein na⸗ hes Verhaͤltniß zum Thron und durch andere Umstaͤnde besitzt er . ßen Einfluß und es ist , , daß das Gewicht desselben um Besten der Regierung seines Neffen verwendet werde. Ueberdies l er die Vorsicht und den Scharfsinn seines Vaters in hohem Grade besitzen.“

Die Berichte aus den Fabrik-Distrikten werden von Tage

u Tage bedrohlicher, ewag es bis jetzt noch nicht zum offenen ufstande gekommen ist. n Salford und Manchester ist eine Denkschrift berathen, und von 30000 Individuen unterzeichnet

worden, in welcher die Repraͤsentanten jener beiden Orte im Un⸗

terhause aufgefordert werden, darauf anzutragen, daß die Steuern nicht eher bewilligt werden sollen, als bis die Ursachen des uͤberall är. . durch Abschaffung der das Getraide, den

ucker und den Kaffee vertheuernden hohen Zblle beseitiget worden sind. In einer Versammlung des Vereins gegen die Korn⸗Geseße erklaͤrte der Alderman Brooks geradezu, daß er das Land am Abgrunde einer Revolution glaube, und daß nur Steuerverweigerung die Aristokratie zwingen könne, sich des Elendes des Volkes zu erbarmen. Der Gewaltthat am naͤchsten stehen, wie es scheint, die Arbeiter in den Steingut⸗ Fabriken, uͤber welche schon in voriger Woche sehr bedrohliche Nachrichten eingelaufen sind. Die Arbeiter, besonders auch die⸗ jenigen aus den Kohlengruben, ziehen noch immer in Banden umher, indeß sind seitdem bedeutendere Truppenmassen aufgeboten worden, und man darf hoffen, mit Huͤlfe derfelben, offene Gewalt⸗ thaͤtigkeiten zu verhindern.

Die Anti⸗Corn-Law⸗Konferenz hält hier in London noch fort— während ihre Sitzungen, und sucht auf jede Weise die Regierung zu positiveren Hülfsmaßregeln gegen den Nothstand zu bewegen, als von derselben bisher ergriffen worden sind. Sie hat sich nach der bekannten Audienz beim Premier⸗Minister durch eine Depu⸗ tation an den Herzog von Susser gewandt, und durch ihn eine Petition an die Könlgin uͤberreichen lassen. Neuerdings hat sie auch den Herzog von Wellington um Gehdoͤr angegangen, der ihr indeß durch ihren Prasidenten, Herrn Taylor, nur folgende Antwort hat zugehen lassen: „Feldmarschall Her— zog von Wellington entbletet Herrn Taylor seinen Gruß. Er steht nicht im Amt, in der Königin politischem Dienste (in ihe Queen's political service). Er ist nicht betrauet mit der Ausübung einer politischen Gewalt. Er hat keine Autorität uͤber die, welche es sind. Er bittet, es ihm nicht zu verargen, wenn er es ablehnt, die Besuche Deputirter von Associationen oder einzelner Herren anzunehmen, mit denen er uͤber bffentliche An—

elegenheiten Unterhaltungen fuͤhren soll. Wenn indeß irgend ein

entleman fuͤr zweckmaͤßig findet, ihm schriftliche Nachweise oder Auskunft über irgend einen Gegenstand zu ertheilen, so wird er die Schrift mit Aufmerksamkeit durchlesen.“

Belgien.

Brüssel, 20. Juli. Das Journal de Bruxelles sagt: „Wir glauben bemerklich machen zu muͤssen, daß Belgien alle die— jenigen Verguͤnstigungen, die es durch den jetzt abgeschlossenen Handels-Vertrag den Franzosen gewahrt, auch anderen Nationen 1 kann, sobald es unsere Regierung fuͤr angemessen er— achtet.“

Der regierende Herzog von Sachsen-Koburg-Gotha befindet sich in Ostende und wird daselbst die Seebaͤder gebrauchen.

Lüttich, 19. Juli. Die Einweihung der Eisenbahn mit der geneigten Ebene von Ans und die Enthüllung der Gretryschen Statue hat mit vieler Feierlichkeit stattgefunden. Sonntag fand die erste Befahrung der geneigten Ebene durch den Minister der offentlichen Arbeiten statt. . ö

Montags wurde die Gretrysche Statue feierlich enthüllt. Die Herren Liszt, Fetis und Daussoigne wurden dabei als Ritter des Leopold⸗-Ordens proklamirt. Abends gab man im Theater die Gretrysche Oper „Richard Loͤwenherz.!? ö

In der gestrigen Sitzung des Provinzial-Raths von Lüttich legte der Gouverneur eine ministerielle Depesche vor, welche an⸗ zeigt, daß zu Paris am 16ten eine Convention abgeschlossen wor— den, welche Belgien der Wirkungen der Franzoͤsischen Verordnung vom 26. Juni dieses Jahres s. Die Franzoͤsische Regierung führt den alten Tarif auf der Belgischen Gränze ein. Doge gen reduzirt Belgien die Eingangszoͤlle auf Wein im Faß um 50 Cent., um 2 Fr. fuͤr die Weine in Flaschen und auf Seidenwaaren um 20 pCt. Die Convention ist auf 4 Jahre abgeschlossen.

Deutsche Bundesstaaten. Dresden, 20. Juli. Se. Majestaät der . von Wurt⸗ temberg sind unter dem Namen eines Grafen von eck hier an— gekommen.

annover, 19. Juli. Gestern wurde auf der Hannover— Braunschweigschen Eisenbahn bei Lehrte der erste Spatenstich ge— than. Zur Feier diefes Ereignisses hatten sich die Beamten des Königl. Amtes Ilten und mehrere hoͤhere Beamte aus Hannover . Die Feierlichkeit begann bei der Ankunft der Beam— ten an Ort und Stelle gegen 7 Ühr Abends mit einem God save ihe King, unter welchem die Hannoversche See⸗ und Handels— Flagge, die Landes-Flagge, und die allgemeine Eisenbahn-Flagge vor einem zu Ehren des Tages errichteten Laubzelte aufgerichtet wurden. Nachdem der Hauptmann Dammert, als Ober-Inge⸗ nieur der Bahn, eine kurze dem Zwecke entsprechende Rede gehal— ten, und der Geheime Kanzleirath Hoppenstedt, Referent in Eisen— bahn⸗Angelegenheiten bei dem Königl. Ministerium des Innern, einige Worte gesprochen hatten, that Letzterer die ersten drei Spa⸗ tenssiche, und brachte Sr. Majestät dem Könige ein Lebehoch, in weiches saͤmmtliche Anwesende einstimmten. Erst spaͤt am Abend trennte sich die frohe Gesellschaft.

A Samburg, 22. Juli. Gestern ereignete sich ein kleiner Unfall auf der Hamburg-VBergedorfer Eisenbahn, welcher keiner offentlichen Erwaͤhnung werth wäre, wenn nicht das Gerücht die Sache entstellen konnte. Die Altonaer Liedertafel gab ein Fest in Bergedorf; die Eisenbahn war deswegen ungewoͤhnlich stark, be— sucht und es mußten einige Extrazuͤge expedirt werden. Unmittel— bar vor dem hiesigen Bahnhof durchschneidet die Bahn einen laͤngs dem Stadtgraben fuͤhrenden Weg, welcher, so oft ein Zug kommt, mittelst 36. erner Gelaäͤnderthuͤren abgesperrt wird; eine derselben war nicht . genug geschlossen, und ein starker Wind— stoß riß sie gerade in dem Augenblicke auf, als ein Wagenzug voruͤberkam; die Thuͤre schlug gegen die Locomotive, welche das Holzwerk derselben zertruͤmmerte, ohne einen Aufenthalt zu finden; nur ein n . Theil der Thuͤre war in den Angeln haͤngen geblieben, und streifte an die Fenster der nächsten Per⸗ sonenwagen; ein Paar Scheiben wurden zerschlagen und dadurch einzelne Personen, welche hinausgesehen hatten, verletzt, die Ver⸗ letzungen waren aber glůcklicherweise ganz unbedeutend und be— schraͤnkten sich auf ein Paar Schrammen im Gesicht, so daß alles in heiterer Stimmung die hr. fortsetzte, und nur ein aͤltlicher Herr, welcher eine kleine Beule davon getragen hatte, sah sich veranlaßt, auszusteigen und zurückzubleiben. Die Frequenz der Bergedorser Eisenbahn, durch das Wetter beguͤnstigt, uͤbertrifft die e.. welche man nach der Kalamitaͤt, die uns be— troffen hat, von einer Bahn hegen durfte, welche fuͤr jetzt, so lange die 1 in das Innere noch nicht beschafft, und. ö. die Einrichtungen zum Transport der laͤndlichen Produkte noch nicht fertig sind, hauptsaͤchlich auf Vergnuͤgensfahrten berech⸗ net seyn muß. Allmaͤlig beginnen indessen auch schon die Land— leute der Umgegend, once ihr Geschaͤft täglich in die Stadt fuhrt,

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sich an das neue Kommunikationsmittel zu gewöhnen. Dieser Verkehr wird sich bedeutend mehren, wenn erst eine regelmäßige Zwischenstation festgesetzt, Gütertransport-Wagen eingerichtet, und die allerdings etwas hohen Fahrpreise herabgesetzt seyn werden.

Heute endlich wird auf einem der eingeäͤscherten Grundstuͤcke am Jungfernstieg mit dem Wiederaufbau eines Hauses begonnen; seit gesiern namlich haben die meisten Grundbesitzer in dieser Straße, und einige Tage vorher die Grundbesitzer des Holzdam⸗ mes und der ene. die Erlaubniß zum Bau erhalten, die der beiden letzten Gassen jedoch mit der allerdings etwas stöͤrenden Bedingung, daß sie sich eine Erhbhung des Grundes der Straße gefal⸗ len lassen mußten, falls eine solche nothwendig befunden werden 36 Hoffentlich wird bald auch in anderen Straßen die sehnlichst erwartete Bau⸗Erlaubniß gegeben werden, denn die dem Bau guͤnstige Jahres⸗ zeit droht abzulaufen und die Ungeduld der baulustigen Grundeigen—⸗ thuͤmer steigt in demselben Maaße. Sie ganz zu befriedigen, wird der mit Regulirung des Neubaues beauftragten Rath⸗ und Buͤrger-⸗Deputation schwer werden. In den meisten Gassen kann die Erlaubniß zum Bebauen nicht eher ertheilt werden, als bis der neue Stadtplan definitiv festgesetzt seyn wird, und das ist bei der Unzahl von Fragen, die dabei in Betracht kommen, keine kleine Aufgabe. Im Allgemeinen zwar ist Jedermann der Ansicht, daß nach einem neuen umfassenden Plane der zerstorte Stadttheil wieder hergestellt werden mmüsse; fragt man aber den einzelnen betheiligten Grundeigenthuͤmer, so will mit wenigen Ausnahmen jeder am liebsten sein bisheriges Grundstuͤck in statu quo behalten. Zudem wird die bei einem veränderten Plan nothwendige Expropriation ungeheure Kosten machen, und die Staatskasse ist begreiflicher Weise in diesem Augenblick nicht 3. in der Lage, n . Summen aufwenden zu können. Man kommt deswegen bei den desfallsigen Berathungen allmaͤlig von, den ersten, gleich nach dem Brande entworfenen Plaͤnen zuruck, und entschließt sich deswegen immer mehr, den Straßen so viel als möglich ihre alte Richtung zu lassen, und nur dort wesentlich zu aͤndern, wo wirklich eine Art Nothwendigkeit vor— liegt, im Uebrigen aber sich auf Verbreiterung und Alliniament der alten Straßen zu beschraͤnken, und außerdem in den der Ueberschwemmung ausgesetzten Gassen Erhöhungen des Terrains vorzunehmen. Mit den hierauf bezuͤglichen Fragen steht denn auch eine bessere Regulirung des Wassersystems der von drei Fluͤssen und einer großen Anzahl von Kanälen bewaͤsserten Stadt in Zusammenhang, wobei namentlich auch eine zweckmaͤßige Ver— legung der Wassermuͤhlen in Betracht kommt. Fuͤr diejenigen Gassen, auf welche diese Dinge und der neue Stadtplan voraus⸗ sichtlich keinen Einfluß haben wird, sind einzelne Mitglieder der Deputation kommittirt werden, mit den Hauseigenthuͤmern das Noͤthige zu verabreden, und auf diese Weise sind, wie gesagt, die Verhaͤltnisse dreier Straßen bereits regulirt, und mehrere andere werden demnaͤchst folgen. Die uͤbrigen werden laͤnger warten muͤssen, weil sowohl das Expr opriationsgeset als der Stadtplan erst einer Genehmigung Erbgesessener Buͤrgerschaft bedürfen werden, und die hierzu erforderlichen Vorarbeiten von der Depu⸗ tation noch nicht beendigt sind. Es wuͤrde in diesem Augenblick sogar an einem Lekal zur Abhaltung eines Rath- und Buͤrger— Konvents fehlen. Denn das Waisenhaus, wo sie seit dem Brande gehalten wurden und kuͤnftig gehalten werden, wird gerade jetzt zur Aufnahme der verschiedenen Buͤreaus ausgebaut, und die Arbeiten durften noch ein Paar Wochen dauern. Ueber die Anleihe sind nur noch Gerüchte im Umlauf, die ich ihrer Unzu— verlassigkeit wegen nicht zu wiederholen brauche.

Oesterreich. Wien, 19. Juli. Der Kaiserl. Hof hat die Trauer fuͤr den Herzog von Orleans auf 16 Tage angelegt.

Schweiz.

Zürich, 18. Juli. (N. 3. 3.) Vorgestern verurtheilte das Kriminalgericht den Nachtwaͤchter Koller, von dessen Hand der Studiosus Kirchmeier gefallen, zu funfzehnmonatlicher Gefangen— schaft; der Staats-Anwalt hatte auf 14 Tage Gefangenschaft an— getragen. Die Remonstration des . Senats liegt in den Händen des Regierungs-Raths und bietet ihm einen reichen

Stoff zur Erwaͤgung. Italien.

Nom, 12. Juli. Gestern ist der Moͤrder des Schwedischen Grafen v. Palin durch die Guillotine hingerichtet und sein Kopf nach dem Urtheilsspruch eine Stunde lang auf dem Pfahl aus— gestellt worden. Erst Nachmittags gegen Uhr statt in der Fruͤh konnte die Hinrichtung vorgenommen werden, bis dahin laͤugnete er frech alles ab und wollte von keinem geistlichen Beistand hoͤren. Ob er bei der abgelegten Beichte endlich seine Schuld gestand, ist natuͤrlich ein Geheimniß, doch ist es anzunehmen, da shm als reuigem Suͤnder das Sacrament gereicht wurde.

Spanien.

Madrid, 12. Juli. In der heutigen Sitzung der Depu— tirten-⸗Kammer forderte Herr Gonzalez, ehemaliger Minister der auswärtigen Angelegenheiten, seinen Nachfolger auf, zu erklaͤren, ob seit dem Ausscheiden des Ministeriums der Repraͤsentant irgend einer fremden Macht Reclamationen wegen eines Handels-Traktats mit Spanien erhoben habe. Als der Minister dies verneinte, nahm Herr Gonzalez wieder das Wort und beklagte sich uber die Unklugheit, womit man ihn an einem anderen Orte (im Senate) angreife, indem man dazu gewisse Privat-Konferenzen, die durch⸗ aus keinen offiziellen Charakter hatten, benutze. „Herr Marliani⸗, fuͤgte er hinzu, „hat gesagt, daß ich wieder in das Ministerlum einzutreten wuͤnschte; obgleich ich dies zuruͤckweise, so will ich nur bemerken, daß ich in jenem Falle meiner Rückkehr ins Ministerium sicherer seyn wuͤrde, als Herr Marliani seiner Ruͤckkehr in den Senat. Herr Marliani ruͤhmt sich großer diplomatischer Kenntnisse, er besitzt aber gar keine. Um dies zu beweisen, reicht es hin, an den Ausgang seiner Mission nach Wien, als Secretair des Herrn Zea Bermudez, zu erinnern; es ist dies die einzige di⸗ plomatische Mission, die ihm jemals uͤbertragen worden ist. Was die Baumwollen⸗-Frage betrifft, so ist es allerdings wahr, daß der Britische Botschafter mich mehrmals aufgefordert hat, Unterhand⸗ lungen in dieser Beziehung zu eroͤsffnen, allein ich habe mich stets geweigert, eher darauf einzugehen, als bis diese Frage von dem Kongresse entschieden worden.“ Schließlich verlas er noch ein Schreiben des Herrn Marliani, dessen Inhalt die meisten Erklaͤ—⸗ rungen desselben widerlegt. Herr Sanchez Silva bemerkte, daß der Englische Botschafter nicht ganz mit Herrn Gonzalez uber— einstimme und behauptete, daß allerdings Vorschlaͤge gemacht wor— den seyen. Die Kammer ging hierauf zur Tagesordnung uͤber.

Portugal.

Lissabon, 11. Muli. Die Königin hat gestern die Cortes mit folgender Rede eröffnet:

„Würdige Pairs des Koͤnigreichs und Deputirte der Portugiesi⸗ schen Nation!“

„Der freiwillig in diesen Königreichen kundgegebene Nattonal⸗ Wille bestimmit Mich, die heiligste Pflicht zu erfüllen und die von Meinem erhabenen Vater, glorreichen Andenkens, autorisirte constitu⸗ tionelle Charte * Fundamental⸗Gesetz der Monarchie zu erklaren. Ihre Mission ist es, dieselbe zu befestigen und Ich hoffe, Sie werden dieselbe erfüllen. . 3

„Ich erhalte fortwährend von allen Souverainen, Meinen Alliir⸗ ten, erfreuliche Beweise der Freundschaft und Uebereinstimmung, und Meine Regierung sucht unausgesetzt unsere politischen und kommer⸗ ziellen Verbindungen weiter auszudehnen.“ .

„Mit großer Genugthunng habe Ich den Internuntius Sr. Hei⸗ ligkeit an Selm Hofe ankommen sehen. Die mannigfachen Tugen⸗ den und die Aufklaͤrung des heiligen Vaters sind eine sichere 3 schaft fr die Eintracht und ohne irgend eine Verletzung der Praͤ⸗= rogative der Krone, die Meine Regierung stets aufrecht erhalten wird für den Frieden in der Lusitanischen Kirche, dessen sie so sehr be⸗ darf, für die Erhaltung der dͤffentlichen Ordnung und der Ruhe des Gewissens. Mit großem Vergnügen zeige Ich Ihnen auch an, daß die Repraͤsentanten des Königs von Preußen und des Königs von Sardinien an Meinem Hofe angekommen und ihre Beglaubigungs— Schreiben überreicht haben.“ . 16

„Zwei Traktate, die Ich mit Ihrer Majestaͤt der Koͤnigin von Großbritanien abgeschlossen habe, sind unterzeichnet worden und sollen Ihnen gleich nach der Rgtification vorgelegt werden. Der eine der⸗

selben betrifft die Unterdrückung des Sklaven Handels, der andere hat den Zweck, die wechselseitigen Handels- und Schifffahrts-Verhaͤltnisse

mehr zu befestigen.“ ĩ

„Das Budget der Einnahmen und Ausgaben fuͤr das laufende Finanzjahr wird Ihnen vorgelegt werden.“ .

„Ich hoffe von dem Patriotismus der Cortes, daß Sie mit Eifer ihre Functionen erfuüͤllen werden, um die Basis des neuen Finanz Systems definitiv festzustellen, die wichtigen Hulfsmittel der Kolo— nieen zu entwickeln und alle Zweige der Verwaltung dieser König⸗— reiche zu vervollkommnen.“

„Die Session ist erdffnet.“

Die Erbffnungs-Rede wurde in der Deputirten⸗Kammer ge⸗ halten, wo sich die Mitglieder beider Kammern versammelt hatten. Das Ceremoniell war dasselbe wie zur Zeit der vorigen Consti— tution, nur trugen die Pairs Hermelin-Roben, die Deputirten da— gegen die ihren Beschaäͤftigungen zukommenden Uniformen. Im Ganzen waren etwa 50 Mitglieder beider Kammern anwesend. Die Gallerieen fuͤr das Publikum waren gedrängt voll, und auf der Gallerie fuͤr das diplomatische Corps bemerkte man den Paͤpstlichen Nuntius. Auch die Herzogin von Braganza wohnte der Sitzung bei. Die Köͤnigin und ihr Gemahl sahen sehr wohl aus.

Dem Vernehmen nach sollen die Kammern gleich nach der Verifizirung der Vollmachten bis zum September vertagt werden.

Vereinigte Staaten von Nord⸗Amerika.

Das Paketschiff „Britannia“, welches am 2ten d. M. Boston verlassen hat, ist am 16ten d. M. in Liverpool ange— kommen und bringt Nachrichten aus den Vereinigten Staaten, welche von größerer Bedeutung sind, als die mit den letzten Paketschiffen eingetroffenen. Große Aufregung hat ein Beschluß des Praͤsidenten Tyler erregt, einer von dem ongresse angenom- menen provisorischen Tarif-Bill sein Veto entgegenzusetzen, ein Entschluß, durch welchen nach Ansicht Einiger jede gesetzmaͤßige Zollerhebung vor der Hand unmoglich gemacht wird. Die soge— nannte Kompromiß-Akte vom Jahre 1833, welche einen gleich— maͤßigen Zoll von 20 pCt. eingefuͤhrt hat, lief am J. Juli d. J. ab, und da die Verhandlungen im Kongresse uber den neu einzufüͤhrenden Tarif sich in die Lange zogen, so wurde im

Repraͤsentantenhause eine Bill eingebracht, durch welche der bestehende Tarif bis 6. 1. August prolongirt werden sollte, in der Erwartung, daß bis dahin der neue Tarif angenommen seyn wuͤrde. Dieser Bill hat nun der Präsident seine Sanction ver— weigert, weil er eine derselben beigefuͤgte Klausel, welche sich auf die im September v. J. angenommene Akte wegen Verkaufs der Staatslaäͤndereien zur Deckung des Defizits in den Finanzen be— zieht, nicht billigen zu können glaubt. Zugleich indeß erklärt der Präsident, daß, wenn auch die Kompromiß-Akte von 1833 am 1. Juli abgelaufen sey, doch den in derselben enthaltenen Bestim— mungen gemäß die Forterhebung der Zölle nach dem durch jene Akte festgestellten Tarif nach wie vor erfolgen koͤnne, weshalb er denn auch sofort die zu dem Behuse noͤthigen Circulaire an die Zoll— Beamten hat ergehen lassen. Die von dem Praͤsidenten der Kom— promiß⸗-Akte gegebene Interpretation findet indeß mannigfachen Wi⸗ derspruch und nach Angabe der New⸗Yorker Blaͤtter haben die Impor⸗ teurs in Masse beschlossen, die Zoͤlle fortan nur unter Protest zu bezahlen und die Sache vor den höchsten Gerichtshof zu bringen, und daß dieses Gericht gegen den Praͤsidenten entscheiden werde, soll die Ansicht vieler angesehenen Kenner des Rechtes der Ver einigten Staaten seyn. Erfolgt aber eine solche Entscheidung gegen die Ansichten des Praͤsidenten, so werden die Folgen naturlich so⸗ wohl fr den Staat wie fuͤr die Einzelnen der verderblichsten Art seyn. Ungeachtet dieser bedenklichen Lage der Dinge, und wiewohl die Schwierigkeiten, in denen sich der Schatz befindet, noch dadurch vermehrt werden, daß binnen kurzem Schatzkammerscheine zum Betrage von drei bis vier Millionen eingelost werden muͤssen, scheint der Praͤsident doch noch auf einigen Kredit fuͤr die Ver— einigten Staaten in Europa zu rechnen, denn er hat mit dem letzten Paketschiffe einen Herrn Robinson nach England abgesendet, der die vom Kongresse dekretirte Anleihe von zwölf Millionen in London unterzubringen suchen soll.

Ueber die Mission Lord Afhburton's und ihre Resultate brin— gen die Blaͤtter der Vereinigten Staaten keine weiteren Nachrich⸗ ten, und man beginnt daher zu befuͤrchten, daß die früheren gün— stigen Berichte voreilig gewesen sind. Nach dem New York Am erikan sollen die in Washington versammelten Commissaire von Maine und Massachussetts in die Unterhandlungen wegen der Graͤnzberichtigung noch gar nicht eingetreten seyn.

In Rhode- Island hat eine Insurrection stattgehabt, die indeß sofort unterdruͤckt worden ist. Ein gewisser Dorr hatte sich an die Spitze der Partei gestellt, welche eine Ausdehnung des verfas— sungsmäßigen Stimmrechts verlangte, und wiewohl von Selten der Legislatur eine so große Bereitwilligkeit zu Konzessionen uͤber diesen Punkt kundgegeben wurde, daß eine große Anzahl der Mit— glieder jener Partei alle öffentliche Agitation einstellte, doch für ndͤthig gehalten, eine gewaltthäͤtige Demonstration zu machen. Er sammelte daher einen Poͤbelhaufen von etwa 1500) Mann, und verschanzte sich mit denselben unter dem Schutze von 6 Kanonen. Als aber Truppen und Miliz unter dem Kommando des Majors M'Neill anruͤckte, lief das Gesindel sogleich aus einander; 206) wurden gefangen, Dorr selbst entwischte, und war nach den letzten Nachrichten, obgleich die Regierung 5009 Doll. auf seine Einfan⸗ gung ausgesetzt hatte, noch nicht aufgegriffen worden.

Die Aerndte, besonders von Weljen, wird allem Anschein nach in diesem Jahre in den Vereinigten Staaten sehr reichlich ausfal⸗ len und man rechnet wohl gar auf einen Ueberschuß von 30 Mil⸗

lionen Bushels uͤber den eigenen Bedarf. James Gammell, einer der nach Vandiemensland deportirten