1843 / 64 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

keinem christlichen Lande so große Summen für den Unterhalt der Armen verwendet würden: denn im letzten Jahre seyen nicht weniger als 4 2194009 Pfd. für die Armen verausgabt worden, ohne milde Stiftungen und Privat-Wohlthaten zu rechnen. Herr Wakley sprach für die Resolutionen, und hob besonders das Harte und Grausame in der Trennung der Familien durch die Arbeitshäuser hervor. Sir R. Peel vertheidigte das Armengesetz; er meinte, daß die Armengesetze der Kö⸗ nigin Elisabeth viel härter gewesen und der Willkür einzelner Beam⸗ ten weit mehr Spielraum gegeben hätten; ferner führte er an, daß die Trennung der Familien schon in den Gesetzen Georg's J. enthalten sey, und daß also das jetzige Gesetz der alten Constitution des Landes nur in so weit widerspreche, als es sie mildere. Auch erklärte er ausdrücklich, das Greysche Ministerium habe den angefochtenen Bericht verworfen und bemerkte, daß es unziemlich sey, dergleichen confidentielle Aktenstücke im Parlamente vorzubringen. Er fragte, in welchem Lande der Welt die Armen jährlich 3 Pfd. auf den Kopf erhielten, und wies die Vergleichung mit den Schwarzen in Jamaika zurück, denn diese verzehrten nur, was sie selbst erworben hätten. Nach längeren Debatten nahm Herr Walter bekanntlich die vier ersten Nesolutionen zurück, und die letzte, welche das Armengesetz als unchristlich bezeichnet, wurde mit 126 gegen 58 Stimmen verworfen.

London, 25. Febr. Es heißt, Lord Abinger werde nächstens sein Amt als Oberrichter niederlegen und Lord Brougham sich darum bewerben, wodurch dem Lande eine Kanzler -Pension, welche der Letz tere jetzt bezieht, würde erspart werden.

Herr Thesiger wird den Macnaughten vor Gericht verthei digen. Auch wird der Irrenarzt, Dr. Hutchinson, als Zeuge für ihn auftreten.

Die Zahl der Britischen Schiffe an der Küste von Syrien wird, nach der Ankündigung Sir R. Peel's, sobald die Umstände es irgend gestatten, jedoch schwerlich noch in diesem Jahre, von 51 auf 40 Se— gel und die Zahl der Linienschiffe der Britischen Flotte im Mittellän dischen Meere überhaupt von 10 auf 4 reduzirt werden. Eine ver⸗ hältnißmäßige Reduction würde dann, wie der Minister in Aussicht stellte, auch in der Französischen Flotte im Mittelländischen Meere statt⸗ finden. Die Reduction der Britischen Flotten⸗Mannschaft im Allge— meinen, welche alsbald eintreten soll, wird 4000, die Reduction des Landheeres 5700 Mann betragen. Die dadurch bewirkte Geld-Er⸗ sparniß wird im Ganzen 825,000 Pfd. ausmachen. Die Britische Flotte im Mittelländischen Meere war im verflossenen Jahre mit 15,9090 Matrosen bemannt, deren Unterhalt 1,109, 0090 Pfd. kostete.

Das Defizit in der Staats-Einnahme, welches in diesem Jahre 1,118,000 Pfund beträgt, würde sich, nach Herrn Hume's Bemer— kung, auf 3 Millionen belaufen haben, wenn nicht 1,882,000 Pfd. durch den Ertrag der Einkommen⸗Steuer (571,000 Pfd.), durch die

Chinesische Kriegs- Contribution (310,909 Pfd.) und durch den Mehr— betrag des Getraide⸗Zolles (810,000 Pfd.) gedeckt wären.

Der Rath und die Eigenthümer der Londoner Universität hielten am Mittwoch ihre jährliche General-Versammlung, um den Bericht über das abgewichene Jahr zu hören und zur Wahl ihrer Beamten für das nächste Jahr zu schreiten. Aus dem Berichte geht hervor, daß die Ausgaben durch die beinahe 13.000 Pfd. St. betragenden Einnahmen vollständig gedeckt wurden. Lord Brougham wurde zum Präsidenten und Lord Auckland zum Vice⸗Präsidenten gewählt. Ein Antrag des Obersten Stanhope, die Religion zur Grundlage des Un— terrichts im Institute zu machen, fiel ohne Abstimmung durch.

Während die Oppositions-Blätter in dem Nachgeben Espartero's, der Französischen Regierung gegenüber, in Bezug auf die gegen Herrn Lesseps gerichteten Beschuldigungen, eine Demüthigung der Spanischen Regierung erblicken, freut sich die Times darüber, daß die Vermit⸗ telung Englands zur Ausgleichung jener Differenz geführt, und tadelt die Spposttions-Presse wegen ihrer Behauptung, daß darin etwas Serviles liege. „Ludwig Philipp's persönliche Abneigung gegen Espartero“ sagt das genannte Blatt, „ist zwar kein Geheimniß und hiernach der Spanische Argwohn gegen Französische Umtriebe hinsicht⸗ lich des Aufstandes in Barcelona nicht auffallend; indessen die Unter⸗ suchung hat den Verdacht nicht konstatirt, und jene Imputationen sind sofort amtlich zurückgenommen worden. Das Benehmen des Herrn Lesseps ist zwar nicht ganz zu rechtfertigen, und die Fran— zösische Regierung hat in Belohnung dieses Mannes mit un— ziemlicher Eile gehandelt; aber in der von Spanien gelei— steten Genugthunng liegt für dasselbe keine Herabwürdigung. Durch die guten Dienste der Britischen Regierung ist der Streit, der einen diplomatischen Bruch drohte, wenigstens zu einer Ausgleichung geführt, welche Frankreich und Spanien muthmaßlich in dieselbe rela⸗ five Stellung zu einander versetzt, worin sie vor jenen Ereignissen sich befanden. Espartero sieht sehr wohl ein, daß ein offener Bruch mit den Franzosen wahrscheinlich seine eigene Autorität für die Dauer seiner Regentschaft und die von ihm vertheidigte politische Sache ver derben würde. Leider vermag, bei dem jetzigen Parteien- Zwiespalt in Spanien, selbst ein Ereigniß, wie eine Insurrection in Barcelona, ober der Verdacht feindseliger Entwürfe des Auslandes gegen die Na—

tional⸗Institutionen die Regierung nicht gegen wüthende Angriffe im eige⸗ nen Lande zu schützen. Die Moderados fühlen sich durch die Hoffnung auf Französischen Beistand ermuthigt; die Catalonischen Fabrikanten und Schmuggler werden durch ihre eigenen Interessen aufgeregt, und in verschiedenen Theilen des Reichs ist aus den Stürmen der Revo⸗ lution ein Geschlecht hervorgegangen, das an Plünderung, Abenteuern und Wirrniß seine Lust hat. Indem die Britische Regierung den Negenten, so weit es ihr immer möglich, unterstützt, hilft sie in der That zur Aufrechthaltung einer festen Verwaltung in Spanien gegen die destruktiven Grundsätze, die ihre Stärke mehr aus den langjähri—

en Wirren der Halbinsel, als aus fremdländischer Feindschaft schöpfen. Zugleich würde es aber unpolitisch und widersiunig seyn, sich in ein Zerwürfniß mit einem mächtigen Nachbar zu stürzen, dessen ganzer Einfluß sofort der Spanischen Oppositions Partei in die Hände ar⸗ beiten würde. Der neuerliche Entscheid Espartero's ist daher nicht blos in seinem Verhältniß zum Französischen Hofe, sondern auch in seinen Wirkungen auf Spanien zu betrachten.“

Lieutenant Mac Murdo von dem zur Südpol-Expedition des Capitains Roß gehörigen Schiffe „Terror“ ist, wie die Times mel—⸗ det, in London angekommen. Er hatte die Expedition im besten Wohlbefinden und voll guten Muthes an den Falklands-Inseln ver— lassen. Capitain Roß hat alle Zwecke seines Unternehmens mit glän⸗ zendem Erfolg erreicht, und die Regierung hat es sofort ganz dem eigenen Ermessen des kühnen Seefahrers überlassen, ob er jetzt nach England heimkehren oder seine Forschungen fortsetzen wolle. Eapitain . hat sich zur Rückkehr entschlossen und dürfte hiernach bis Mai in Englanb eintreffen. Mannszucht und Gesundheits Aufsicht an Bord der Schiffe „Erebus“ und „Terror“ wurden so trefflich gehand⸗ habt, daß letzteres Schiff, seit seiner Abreise von England bis dahin, wo Lieutenant Mac Murdo Lasselbe verließ, nicht einen einzigen Mann, ersteres nur zwei von seiner Mannschaft durch den Tod ver⸗ loren hatte; ein Mann ward in einem Sturm am Cap über Bord

pült. Der genannte Offizier hat mehrere werthvolle Arten von

äsern und . mit * die man für die Englische Landwirthschaft nutzbar zu , offt.

. J 2 den Britischen w., ist s roß, daß drei

Gesellschaften zu Stockton, deren eingezahltes Kapital S( 000 Pfd. St.

2 266 beträgt, im vorigen Jahre eine jede durchschnittlich, die Abnutzung der Schiffe ungerechnet, 150 Pfd. St. eingebüßt haben. 9 e185 *.

Brüssel, 26. Febr. In Bezug auf die bereits erwähnte Um- wandelung der Strafe der Herren Vandermeeren, Verpraet und Van Laethem meldet die Emancipation: Der Graf Vandermeeren hat vorher sich auf sein Ehrenwort verpflichten müssen: 1) auf der Stelle das Land; 2) Europa spätestens am 1. Mai zu verlassen; 3) sich weder zu Paris, noch im Nord⸗-Departement, noch in Holland, noch

*

in Deutschland und vorzüglich in Oesterreich aufzuhalten. Der Graf

zählt zu Wien zahlreiche Verwandte am Hofe, deren mehrere mit dem Hause Esterhazy verwandt sind. Die durch die Französische Gesandt= schaft visirten Pässe sind gestern dem Herrn Vandermeeren eingehän⸗ diget worden; diesen Morgen ist er aus dem Gefängniß direkt nach der Eisenbahn gebracht worden, um mit dem ersten Convoi nach Ostende abzureisen. Alle Bitten, 21 Stunden in Freiheit bei einer Schwester und einem Verwandten, die ihm so viele Beweise von Zärtlichkeit gegeben haben, zuzubringen, sind fruchtlos gewesen. Von Ostende wird Vandermeeren unverzüglich die Reise nach Dünkirchen und Ca lais antreten und sich dann in Havre oder Bordeaux nach einem an deren Welttheile einschiffen. Van Laethem, Vater von 3 kleinen Kin dern und ohne persönliches Vermögen, hat eine Frist von einem Mo nat nachgesucht. Man hofft, daß sie ihm nicht werde verweigert wer den. Nach dem Commerce ist Van Laethem mit dem Herrn Vandermeeren nach Ostende abgereist. . m

Deutsche Bundesstaaten.

München, 21. Febr. (Nürnb. K.) In der 2Zösten öffent lichen Sitzung der Kammer der Abgeordnen beantragte und motivirte Dr. Müller die Bitte um Einführung des öffentlichen und münd lichen Verfahrens. Er war dabei bemüht, den von ihm behaupteten außerordentlichen Gewinn an Zeit und Kosten hervorzuheben, welcher aus eben diesem Verfahren im Vorzug gegen das schriftliche entspringe. Er las deshalb eine Darstellung der Tour ab, welche irgend eine unerhebliche Eingabe bei dem hiesigen Kreis- und Stadtgericht machen müsse, um durch alle Hände und Stuben an ihrem Bestim— mungsort anzukommen. Dagegen bemerkt der Abgeordnete Freiherr von Harsdorf, die bezeichneten dreißig oder einige dreißig Wege seyen nicht nur hier, sondern bei jedem Gericht üblich und behufs des Nachweises nöthig, auch keinesweges so zeitraubend, wie es den An schein habe; denn sie alle könnten nöthigenfalls in zweimal vierund zwanzig Stunden zurückgelegt werden. Uebrigens smüsse in Bezug auf das in Frankreich übliche, so eben angepriesent Verfahren zum Vergleiche des größeren oder geringeren Zeitaufwandes sehr wohl zwischen dem Vorverfahren und Hauptverfahren bei Prozessen unter schieden werden. Das erstere bleibe bekanntlich dem Richter ganz fremd und liege in den Händen der Advokaten der Parteien, deren Interesse es natürlich nicht mit sich bringe, den Gang der Pro zesse allzu sehr zu beschleunigen. Er wolle damit dem Franzö sischen Advokatenstand keinen Vorwurf machen, aber welchen Werth das Vorverfahren für denselben habe, sey wohl am besten daraus zu entnehmen, daß die Registraturen verstorbener oder sich zurückziehen der Advokaten von Rang nicht selten zu dem Preis von 1090 und 200,000 Fr. verkauft würden, was nicht der Fall seyn könnte, wenn der Käufer sie nicht noch weiter auszubeuten vermöchte. Eben darum sey dies Vorverfahren für die Parteien auch ein nichts weniger als wohlfeiles, z. B. der Preis für eine Audienz bei dem Advokaten fast in der Regel 500 () Fr. u. s. w. Sey aber das Vorverfahren erst erledigt, dann gehe der Prozeß vor dem Richter selbst allerdings den raschesten Gang. Dr. Schwindel:; was könne, was solle geschehen? Bezüglich des Sollens sey die Antwort leicht, denn man solle, was bei Einführung der Verfassung gewollt worden sey, den 5.7 Tit. VIII. der Verfaffungs- Urkunde zur Wahrheit machen. Aber könne man es auch? Der Gesetzgeber habe zweifelsohne alle Hindernisse wohl erwogen und dieselben nicht für unüberwindlich ge halten. Aber der Gesetzgeber sey eben auf der Bahn der neuen Ge⸗ setzgebung gewandelt, und daher hahe es ihm wohl als unerläßlich vorschweben müssen, daß beim peinlichen Recht das öffentliche und mündliche Verfahren einzuführen sey, das Institut der Geschwornen— Gerichte. Daß man dies, daß man die Institutionen des Rheinkreises im Auge gehabt habe, sey bis zum Jahre 1834 auch gar nicht in Abrede gestellt, vielmehr immer deutlich ausgesprochen worden. Und was bezüglich des peinlichen, das gelte auch vom Civil-Gesetze. Aber welche Hindernisse stellten sich denn eigentlich in den Weg? Wenn man die Herren so disputiren höre, möchte man fast glauben, Bayern sey so verschiedenartig zusammengesetzt, daß an eine Eini gung gar nie zu denken sey. Aber das Zustandekommen bleibe nur aus, weil man nicht ernstlich ans Werk gehe, sondern immer darum herumgehe, wie die Katze um den heißen Brei. Als Haupthindernisse kenne er selbst nur die gutsherrlichen Rechte. Aber in den betreffen⸗ den verfassungs mäßigen Bestimmungen habe der Gesetzgeber bereits die nöthigen Rormen gegeben und den zur Abhülfe zu betretenden Weg angebahnt. Er brauche sich dafür nur auf das Edikt über die gutsherrlichen Rechte zu berufen. Wollten die Gutsherren nie mehr als eben diese Rechte, so könne es keinen Paragraphen in der ganzen Gesetzgebung geben, der in Bezug auf sie zum Hinderniß werde. Der Verfassung gemäß, seyen alle koönstituirten Renten ablösbar, des⸗ gleichen Bodenzinse, Scharwerke, Laudemien 2c. Werde aber nie mehr prätendirt, als das wirkliche Recht, was könne denn da im Weg liegen, alle betreffenden Bestimmungen eivilgesetzlich festzu⸗ setzen? Allein längst seyen diese Herren über die von Kreitmayr gezogenen gutsherrlichen Rechtsgränzen hinausgegangen, müßten inn Falle einer neuen Gesetzgebung eben darum gar manches wieder herausgeben, und das schrecke dieselben ab. Komme, es aber am Ende doch zum Beginnen des Werkes, so würden die Stände des Reichs, jenen Herren gegenüber, gewiß kein Opfer scheueu, viel⸗ mehr des allgemeinen Wohles halber aus dem Landessäckel ihnen jeden für sie zu Verlust gehenden Silbergulden mit Gold aufwiegen. Könne demnach die Erfüllung des 5. 7 Tit. VIII. allerdings in Aus—⸗ sicht gestellt werden, fo handele es sich nur mehr um das Wie. Plötzlich könne es nicht geschehen, und eben darum hätte man schon längst vorarbeiten sollen, und es wäre dies auch sehr leicht möglich gewesen, wenn man den Anträgen der Stände Gehör gegeben hätte. Hätte man den Parteien das mündliche und öffentliche Verfahren gewährt, den Vermittelungs Aemtern eine eee. Bedeutsamkeit ge⸗ geben, stabile Notare angestellt u. s. w., so wären die Hauptklagen bezüglich der bestehenden Justizmängel längst beseitigt worden. Werde in der jetzigen Weise fortgefahren, so gelange man früher oder später bei den unteren Behörden zu demselben Papierbankerott wie bei den höheren ꝛc. Früher oder später werde das Werk durch das Gebot der Zeit gefördert werden. Die constitutionellen Uhren hät- ten das Eigenthümliche, daß deren Zeiger sich wohl vorwärts, aber durchaus nicht rückwärts rücken ließen. Wollte man den Versuch gleichwohl machen, dann würde der richtige Gang der Uhr alsbald gestört werden. Dagegen schade es dem Uhrwerke nichts, wenn man den Zeiger, was freilich nicht leicht oder oft geschehe, der Zeit voreilend manchmal zu schnell vorrücke. Die sogenannten Konserva⸗

tiven genire dies, da sie die Zeiger gern rückwärts schieben möch— ten, und sie möchten daher gern solche Zeit⸗-Uhren eingeführt wissen, welche verkehrte Zifferblätter hätten. Fast müsse er sich wundern, daß solche in unserer industriellen Zeit noch nicht erfunden worden seyen. Aber würden dergleichen die Zeit selbst indern? Nimmer mehr; denn die große Sonnen-Uhr Allen gegenüber sey unverrückbar und keiner Abänderung unterliegend.

Darauf entgegnete der Abg. Frhr. von Rotenhan: Zwar sey des Abg. Dr. Schwindel Liebhaberei bekannt, einem gewissen in der Kammer vertretenen Stand bei jeder Gelegenheit eines anzuhängen und ihn zu verdächtigen. Wenn derselbe indessen so eben wieder be hauptet habe, daß ein Haupthinderniß der Ertheilung einer neuen Gesetzgebung in dem Verhältniß der Grundherren zu den Grundhol den liege, ferner daß diese Herren längst über die von Kreitmayr de sinirten Gränzen ihrer Rechte hinausgegangen wären, und daß der Grund ihrer Abneigung gegen eine neue Gesetzgebung eben darin liege, daß sie dann wieder zurückgehen müßten, so müsse er dies geradezu für eine unbe gründete Behauptung erklären. Ein neues Gesetz könne unmöglich eine andere Aufgabe haben, als die Rechte Aller zu umfassen. Daher sey er denn auch überzeugt, daß dafür in den gutsherrlichen Rechten kein Hinderniß liegen könne, eben weil sie Rechte seyen. Er müsse daher jene Behauptung zurückweisen, und doppelt, wenn zugefügt werden wolle, daß die Gutsherren ihre Rechte überschritten hätten. Was solle dies heißen? Bei jeder Civilrechtsklage ständen sich die Parteien gegenüber, und wessen das Recht sey, dem werde es zuerkannt. Ob denn wohl unsere Zeit eine solche sey, in welcher sich irgendwer fremde Uebergriffe gefallen lasse? Sollten sich also wirklich unter die sen Herren Manche UÜebergriffe gestattet haben, so glaube er nicht, daß deren Grundholden sich diese würden haben gefallen lassen. Es sey aber eben das Ganze als eine bloße Anmuthung zu betrach ten, für welche aller Beweis fehle. Der Abg. Freiherr von Frey berg: er müsse feierlich dagegen protestiren, wenn schmutziger Eigen nutz als die Guelle bezeichnet werden wolle, aus welcher die Vorliebe für das Alte entspringe. Die Sache habe auch ihre edle Seite, näm lich Anhänglichkeit und Treue an Gesetz und Recht. Was das Gleich niß von den constitutionellen Uhren anbelange, so ergehe es ihm wie den meisten, es hinke. Uebrigens hätten die Konservativen immerhin

den Vortheil, zu wissen, wohin sie strebten, während man dies auf

einer anderen Seite nicht wisse und forteile, bis nian doch auch wie der auf dem alten Platz ankomme. (Schluß folgt.)

München, 24. Febr. (A. 3.) Der Minister von Abel gab zu dem Gesetz-Entwurf, „den Palast-Bau betreffend“, in dem Aus schusse folgende Erklärung ab:

„Ich bin von Sr. Majestät dem Könige ermächtigt, zu erklären, wie Allerhöchstdieselben den in Gemäßheit des Gesetz Entwurfes zu erbauenden Palast für Se. Königl. Hoheit den Kronprinzen bestimmen werden, und wie das Motiv des Baues und der Ueberbringung des desfallsigen Gesetz Ent wurfes an die Stände des Reiches gerade in dem Wunsche, Sr. Königl. Hoheit dem Kronprinzen eine würdige Wohnung in der Haupt- und Nesi denzstadt bestimmen zu können, gelegen und demselben entsprungenist. Wenn der Gesetz Entwurf dessen nicht erwähnt, so liegt der Grund einzig und al lein darin, weil Se. Majestät der König nicht gemeint seyn können, den Rechten, welche Allerhöchstdenselben, wie allen Ihren Regierungs Nachfol gern, in der Eigenschaft als Haupt des Königlichen Hauses zustehen und unter welchen auch das Recht der Bestimmung des Aufenthaltes für die Mitglieder des Königlichen Hauses enthalten ist, irgend etwas zu vergeben, sondern weil vielmehr Allerhöchstdieselben in der soig sältigen und ungeschmälerten Bewahrung dieser Rechte eine heilige Pflicht erkennen. Ich glaube, dieser Erklärung zur Vermeidung möglicher Mißverständnisse noch eine weitere anfügen zu sollen. Die Re gierung ist weit entfernt, eine Verbindlichkeit der Staatsfasse zur Führung des in Frage stehenden Baues und zur Bestreitung seiner Kosten behaupten oder in Anfprüch nehmen zu wollen. Gerade weil sie eine solche Verbin lichkeit als in keiner Beziehung bestehend anerkennt, hat sie den der heuti gen Ausschuß-Berathung unterstellten Gesetz⸗ Entwurf an die Stände des

Reichs zum Beirathe und zur Zustimmung gebracht. Sie hat dabei mit

Vertrauen der Hoffnung sich hingeben zu dürfen geglaubt, daß wenn gleich ine Verbindlichkeit der Staatskasse nicht besteht, doch die Stände des Reichs in dem gegebenen Falle ihre Mitwirkung zu dem gewiß gemein sam gewollten Zwecke durch eine freie aus Bayern-Herzen entquellende Zu stimmung zu dem Gesetz-Entwurf nicht versagen werden.“ (Der Gesetz Entwurf ist bekanntlich von der Kammer einstimmig genehmigt worden.)

X Dresden, 2. März. In der gestrigen Sitzung der ersten Kammer war die Berathung des Braunschen Antrages auf Ver wendung der Stände ⸗Versammlung für Errichtung von Fröie densgerichten an der Tagesordnung. Der Abg. Braun, Mit glied der zweiten Kammer, hatte in einer an die Stände-Versamm lung gerichteten und zunächst an die zweite Kammer gelangten Pe tition gebeten: „es wolle die zweite Kammer im Verein mit der ersten Kammer die hohe Staats-Regierung ersuchen, einen die Einführung von Friedensrichtern (Schiedsmännern, Vergleichsgerichten) betreffenden Gesetz- Entwurf längstens der nächsten Stände -Versammlung vorzu legen.“ Auf den Bericht ihrer dritten Deputation beschäftigte sich die zweite Kammer in der Sitzung vom 8. Februar mit diesem Gegenstande, der eine gründliche Erörterung und umfang reiche Berathung hervorrief. Der Antrag der Deputation war, unter gründlicher Motivirung der Petition Braun's beipflich tend, dahin gegangen, „im Verein mit der ersten hohen Kammer die hohe Staats-Regierung um Vorlage eines Gesetz-Eutwurfes, die Errichtung des Schiedsmanns-Instituts betreffend, an die nächste Stände⸗Versammlung zu bitten.“ Der Justiz⸗Minister von Nönneritz sprach sich hierauf in einem längeren Vortrage zwar nicht gegen die Nützlichkeit, wohl aber gegen die Nothwendigkeit des Schieds manns-Instituts aus, indem er namentlich dabei auf vor einigen Jahren von der Sächsischen Regierung bei der Preußischen erbetene offizielle Mittheilungen über diesen Gegenstand sich bezog, nach wel chen auch bei den Preußischen Behörden noch eine große Verschie denheit der Ansichten über den Nutzen dieses Institutes obwalte, das aber als ganz bestimmtes Resultat sich ergeben habe, daß die Schieds manns - Gerichte auf die Rechtspflege, auf die Verminderung der Prozesse ohne allen Einfluß seven, daß namentlich größere Streitigkeiten gar nicht an die Schiedsmänner gebracht würden. Zum Beleg dafür wurde noch , . daß nach dem Berichte des Preußischen Justiz Ministers vom, November 1840 die Zahl der Prozesse im Jahre 1837, troß der Schiedsmänner gegen die Zahl der Prozesse im Jahre 1838 um 3, 5) zugenommen habe. Dagegen weist der Minister darauf. lin ls wie zweck mäßig sich die in Sachsen gesehlich vorge schrie ben. Vereinigung des Vermittler ⸗Amtes mit dem Prozeßrichter Amte bewährt habe, indem er aus statistischen Husan nien tellun gen nachwies, daß 3. B. im Jahre 1832 von 2d, 037 anhängigen Prozessen 7411 verglichen, 060 durch Erkenntniß, beendigt, worden, eben so im Jahre 1835 von 12,466 Prozessen el verglichen, 1299 entschie den, im Jahre 1836 von 1 , verglichen hit, entschieden 1147p, im Jahre 1837 von 13, 260 verg lichen 67, entschieden 1763, daß also in diesen 4 , we. von 11 Prozessen, welche beendigt wurden, 30,18) durch Vergleich beseitigt und nur 17601 durch Ürthel entschieden worden seyen. Nichtodestoweniger sprachen ich damals sämmtliche Redner der zweiten Kammer, welche bei der

erathung auftraten, für die Errichtung eines Schiedsmanns-Insti= suts aus; da aber bei dieser Gelegenheit sich einige Unklarheit über

Zweck, Tendenz, Rechte und Pflichten der zu beantragenden neuen Einrichtung in der Kammer fund gab, so beantragte der Abg. von Thielau in dem Antrage der Deputation nach den Worten „die Errichtung des Schiedsmanns-Instituts“ noch die Worte: „nach Art des Preußischen“ einzuschalten, womit die Mehrzahl der Deputations-Mitglieder sich einverstanden erklärte. Der Deputations Antrag wurde hierauf mit diesem Zusatze durch Namensaufruf ein stimmig angenommen. Die Deputation der ersten Kammer hatte sich gegen den Antrag der zweiten Kammer erklärt, und dagegen ihr Gutachten blos dahin abgegeben, die hohe Staats Regierung zu ersuchen, die Nützlichkeit der Errichtung des Instituts der Schieds männer für Sachsen in weitere Erwägung zu ziehen. Auch in der ersten Kammer erklärte sich keiner der aufgetretenen Sprecher gegen das Institut selbst, der Minister der Justiz wiederholte kürzlich die in der jenseitigen Kammer von ihm gegebenen Erklärungen und Mit theilungen, und bei der durch Namensaufruf erfolgten Abstimmung sprachen sich sämmtliche Kammer Mitglieder einstimmig für den Antrag der Deputation aus.

Das Ergebniß und die Folge dieser Verhandlungen wird also vor der Hand ein weiteres nicht seyn, als daß die Regierung den Gegenstand nicht aus den Augen verliert, sondern fernerweite Kennt nißxahme von den Erfahrungen anderer Länder über das Institut der Schiedsgerichte eintreten läßt, ein Institut, welches als nothwendig wohl kaum erscheint, und über dessen Nützlichkeit selbst die Stim men noch getheilt sind. Als jedenfalls wirksamer möchte sich das In stitut der eigentlichen Friedensrichter mit unterrichterlichen und polizeilichen Befugnissen, wie es in Frankreich und England besteht, darstellen.

8 ani rn.

S Paris, 27. Febr. Der Belagerungs-Zustand von Barce long ist endlich durch folgenden vom 18ten datirten Bando des Gene rals Seoane aufgehoben worden:

„Von dem Augenblicke an, wo mir durch Verfügung Sr. Hoheit des Regenten die militairische und politische Verwaltung des Fürsten thums Catalonien übertragen wurde, war es mein lebhaftester Wunsch, den Belagerungs-Zustand aufzuheben, welcher durch eben so allgemein bekannte als standalöse Ereignisse nöthig gemacht worden, um die Leidenschaften zu zügeln und die öffentliche Ordnung wiederherzustel len. Dieser meiner ganzen Denkweise und meinen Empsindungen ent sprechende Wunsch stieß auf Hindernisse, welche durch spätere Vorfälle herbeigeführt wurden, die einen neuen Konflikt hätten zur Folge ha ben können, der die Straßen der Stadt abermals, zum großen Scha den für ihre Einwohner, für ihren Reichthum, für ihr Wohlseyn und zum Aergerniß für Spanien und für ganz Europa, mit Blut gefärbt haben würde. Aber die energischen Maßregeln, die ich zur rechten Zeit genommen, und die laute Mißbilligung jener Ausschweifungen und Herausforderungen, welche die besonnene und verständige Mehrzahl der Bürger an den Tag gelegt, haben die Feinde unserer Ruhe und un seres Glücks eingeschüchtert, und den Frieden wieder hergestellt, dessen diese Stadt so sehr bedarf, um sich von den Uebeln und den Ver lusten zu erholen, die sie durch bürgerliche Wirren und Anarchie er— litten hat. Ich glaube, daß jetzt der Augenblick gekommen ist, wo Alles wieder in seinen gewöhnlichen Zustand zurückkehren kann, indem ich die meinem Herzen schmeichelnde Hoffnung hege, daß die öffent liche Ruhe und die öffentliche Ordnung keine Störung mehr erfahren werden, und daß nie wieder möge der Himmel mich erhören die Anwendung außerordentlicher Maßregeln zur Sicherung dieser Wohlthaten nothwendig seyn wird. Demgemäß habe ich für gut be funden, Folgendes zu verfügen:

„Art. 1. Der durch meinen Vorgänger im Amte, vermittelst Bando's vom 4. Dezember v. J., ausgesprochene Belagerungs-Zu stand dieser Stadt und der zu derselben gehörigen Vorstädte ist auf gehoben und demzufolge kehren die bürgerlichen Behörden aller Art zu der unbeschränkten Ausübung ihrer Befugnisse zurück. Art. 2. Mit dem heutigen Tage ist die Militair-Kommission aufgelöst, und die noch vor derselben schwebenden Sachen gehen an die ordentlichen Tribunale über, vor welche sie, den Gesetzen, den Umständen und dem Charakter der darin verwickelten Individuen gemäß, gehören.

Barcelona, 18. Februar 1843. (gez. Antonio Seoane.“

Das Erscheinen dieser sehnsüchtig erwarteten Verordnung hat den günstigsten Eindruck auf die Barceloneser gemacht. Trotz des strö mendest Regens versammelte man sich haufenweise an den Straßen Ecken, um den Mauer-Anschlag zu lesen, durch den der Bando des Generals Seoane bekannt geinacht wurde. Man zweifelt nicht, daß die wohlhabenden Familien, welche Barcelona in großer Anzahl ver lassen haben, in dem jetzigen Zustande der Dinge nicht länger zögern werden, ihre Rückkehr anzutreten, welche aus mannigfachen Gründen im höchsten Grade wünschenswerth für die Stadt ist. Der Consti tuctiomal schlägt die durch die Beschießung von Barcelona herbei geführten Verluste auf einen Gesammtwerth von 12 Millionen Realen an, eine Schätzung, die indessen wahrscheinlich sehr übertrieben ist. Von den der Barceloneser National-Garde abgenommenen Gewehren sind mehr als 7000 in einem Schiffbruche verloren gegangen, den das Fahrzeug gelitten, welches einen großen Theil derselben nach Car thagena führen sollte.

Der General Zurbano befindet sich gegenwärtig in Gerona, wo er eben, so wie in den übrigen Ortschaften seines Verwaltungs- Bezirls, manche Klagen durch die Strenge erregt, mit welcher er den Schmuggel handel verfolgt.

Der Maͤestrazgo wird fortwährend durch die Bande des Groc beunruhigt, die zuweilen auch Streifzüge in das untere Arragonien macht. In den übrigen Provinzen des Landes ist der öffentliche Sicherheits-Zustand vergleichsweise leidlich.

Die Gerüchte von der Abdankung des Don Carlos und von sei— ner bevorstehenden Abreise von Bourges erneuern sich auch auf der diesseitigen wie auf der jenseitigen Pyrenäen-Gränze.

D dM Portugal.

A Lissabon, 15. Febr. Aus den Mittheilungen aus Porto vom 19ten ersehen wir, daß Herr Silva Cabral erst am Lten seine Functionen als Civil-Gouverneur des dortigen Distrikts angetreten hat. Es waren noch einige Verhaftungen daselbst vorgenommen worden. Der in meinem früheren Schreiben vom Tten erwähnte Dr. Almeida y Brito, der aus Anlaß der letzten Erxeignisse verhaftet wurde und gegen den jetzt ein Untersuchungs-Verfahren im Gange ist, soll in seinem Gefängnisse täglich Besuche, mitunter von sehr an⸗ gesehenen Leuten, empfangen. Am (0ten erschien eine Kommission, bestehend aus fast sämmtlichen Advokaten der Stadt Porto bei ihm, um ihm ihre Dienste und Mitwirkung zu seiner Vertheidigung aus—= zudrücken. Herr Almeida wurde dabei mit einer Anrede begrüßt, auf welche er mit dem Ausdrucke seines Dankes für diese Beweise der Achtung und Theilnahme seiner Mitbürger antwortete. Begreif⸗ licherweise sind es die Septembristen, von denen diese Demonstra⸗ tionen ausgehen, und diese Partei zählt anerkannterweise besonders unter den Advokaten zahlreiche Anhänger. Die Ruhe scheint in Porto vollkommen gesichert zu seyn.

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bereinigte Staaten von Nord-Amerika.

O New⸗Mork, 21. Jan. Das Repräsentanten- Haus hat also wirklich über das Bankerott-Gesetz den Stab gebrochen. Es hat mit einer Majorität von 140 gegen 71 Stimmen die Zurücknahme dieses Gesetzes votirtz dieses Gesetzes, welches in der letzten Session so harte Geburtswehen in demselben Hause zu bestehen hatte. Das Repräsentanten Haus hat also mit eigener Hand das eigene Kind getödtet, und muß nun auch das Urtheil sich gefallen lassen, welches

die zunächst dabei betheiligten, jetzt richtiger gesagt Benachtheiligten über diesen Schritt ohne Schonung ergehen lassen. Das Hauptge schrei geht natürlich von den Whigs aus, welchen die Vaterschaft dieses Gesetzes zukam, während die Lokofokos in ein höhnendes Ge lächter der Schadenfreude ausgebrochen sind. Die Gesetzgeber aber werden auf diese Weise von Freund und Feind gleich schlimm behandelt. Der Courier and Enquirer veröffentlicht die Namen der dreiundzwanzig Whigs, die, mit sich selbst in Widerspruch gera thend, nach dem Ausdrucke des genannten Blattes sich selbst „herab⸗ geschätzt“ haben, und weiht sie der öffentlichen „Verachtung“; das ist das Wort, dessen er sich bedient, und wenn es die Gränzen der ßigung überschreitet, so mag es auch allein den Tadel dasür tra gen. Ich berichte nur die Thatsache als einen neuen Beleg zu der oft mehr als massiven Weise, in welcher die Amerikanische Presse nur zu häufig ihr« Polemik führt und von der ich schon früher ein mal aus Anla. der, dem Herrn Dickens beigemessenen Schrift über die Amerifanischen Zustände einige Probestücke mitgetheilt habe. Indeß, um auf die vorliegende Thatsache zurückzukoͤmmen, muß man gestehen, daß diese Unbeständigkeit und Wankelmüthigkeit, welche leider eines der auszeichnenden Merkmale der Amerikanischen Gesetzgebung ausmacht, tein sehr starkes Argument zu Gunsten des demokratischen Regimes ist. Um zur Verbesserung seines Zustandes zu

gelangen, glaubte dieses Volk es hinreichend, wenn es sich nur nach

allen Seiten hin recht in Bewegung und Rührigkleit versetze, und versiel dabei in den bellagenswerthen Irrthum, eine bis zur Manie gediehene Sucht nach Abänderungen und Wechsel für Fortschritt zu nehmen. Jetzt fängt es wenigstens an, von diesem Irrthum zurück zukommen.

Bevor noch der Riß, der im Handels- Gesetzbuche durch Voti— rung des jetzt wieder wegvotirten Bankerottgesetzes gemacht worden war, wieder verstopft seyn wird, ist es nur zu wahrscheinlich, daß die zum Bankerottmachen Neigung tragenden Individuen und deren sind wahrlich nicht wenige daraus noch den gehörigen Vortheil ziehen werden. Das Widerrufgesetz ertlärt, daß es keine rückwirkende Krast haben werde, und daß alle vor seiner Herrschaft begonnenen Prozeduren ihren Fortgang nehmen sollen. Die ofsiziellen Berichte von sunfzehn Staaten geben nun die Zahl der Individuen, welche auf die Wohlthat des letzten Gesetzes Anspruch machen, bis jetzt auf nicht weniger als 18,307 an. Die Zahl derselben in den elf ande ren Staaten ist aller Wahrscheinlichkeit zufolge nicht geringer, und die Zahl der neuen Hinzukömmlinge, welche den Genuß der gleichen „Wohlthat“ verlangen, wird ohne Zweifel eine wachsende Progres sion verfolgen, bis der Senat durch sein Votum endlich den Damm vollenden wird, welchen das Repräsentantenhaus dem reißenden Strom so eben in den Weg geworfen hat. Wäre diesem letzteren nicht Ein⸗ halt gethan worden, so erfolgte eben eine gerichtliche Entscheidung, die ihm unberechenbare Proportionen gegeben haben würde.

Die Diskussion des Gesetz-Entwurfs, welcher die Besetzung und Kolonisirung des Oregon-Gebietes bezielt, dauert im Senate fort und schreitet nur sehr langsam vorwärts. Die Partei, welche für rasches und energisches Vorschreiten und thatkräftiges Handeln ist, hat Herrn Benton zu ihrem Hauptredner, während an der Spitze der Vertheidiger des Status quo die Herren Calhoun und Ehoate stehen. Dieser Letztere besonders hat eine lange Rede gegen die Ar— gumente des Herrn Benton gehalten. Er giebt zu, gleich Herrn Benton, daß diese Frage des Oregon einer schleunigen Lösung be dürfe, und daß die Frage um Krieg oder Frieden aufs innigste daran sich knüpfe. Da aber die Vereinigten Staaten mit England einen Vertrag abgeschlossen haben, vermöge dessen die beiden Mächte ein willigten, gemeinschaftlich das streitige Territorium zu benutzen, bis die eine der anderen Anzeige machen würde, daß sie diesen Zustand der Dinge beendigt wissen wolle, so verlangt Herr Choate, daß man die Aufkündigung an Großbritanien zwölf Monate zuvor ergehen lasse, wie der bestehenbe Vertrag es verlange; dann aber, wenn diese Frist verstrichen sey, sollen die Vereinigten Staaten ihre Ansprüche mit den Waffen in der Hand geltend machen, wenn kein ande rer Ausweg offen bleibe. Uebrigens erklärte Herr Choate sich er mächtigt, das Gerücht für falsch zu erklären, wonach das Kabinet von Washington jenem von St. James vorgeschlagen hätte, ihm die zwischen dem 12sten und 43sten Grad begriffene Gebietsstrecke abzu treten, und Herr Benton hat von dieser wichtigen Erklärung Kennt niß genommen. „Diese Frage des Westens“, sagte Herr Choate, „ist eben so sehr eine nationale, eine wahre Lebensfrage für uns, als es jene der Gränzen im Osten war, und wenn wir uns dazu verstanden haben, die eine ohne die andere lösen zu lassen, so liegt der Grund davon nur darin, daß es abgeschmackt gewesen wäre, uns zu weigern, uns von den Blattern heilen zu lassen, weil wir kein spezifisches Mittel gegen die Cholera finden konnten. Uebrigens an dem Tage, wo wir den Krieg haben werden, wird der in Betreff der Ostgränzen abge⸗— schlossene Vertrag für unsere Pächter und Grundbesitzer, dann unsere Soldaten von Maine, Vermont und Ohio als nicht vorhanden betrach⸗ tet werden.“

Inland.

Berlin, 4. März. Se. Majestät der König haben Allergnä⸗ digst geruht, dem ersten Adjutanten des Prinzen Karl von Preußen Königl. Hoheit, Oberst Lieutenant Grafen von Hoym, die Anle⸗ gung des Commandeur-Kreuzes zweiter Klasse, und dem Hauptmann von Borcke, vom Generalstabe des ten Armee-Corps, die Anle— gung des Ritterkreuzes des Königl. Hannoverschen Guelphen-Ordens zu gestatten.

Die öffentliche Sicherheitspflege in Paris.

Unter allen Hauptstädten der Welt sind Paris und London ohne

Zweifel diejenigen, wo die Aufgabe der Polizei am schwierigsten zu erfüllen ist, nicht allein wegen der zahlreichen und dicht zusammenge⸗

brängten Bevölkerung, sondern noch mehr wegen der starken Kon⸗ traste von Reichthum und Armuth, Glanz und Elend, welche dort sich vorfinden, und wegen des industriösen Scharfsinnes und der soste⸗ matischen Planmäßigkeit, womit daselbst, begünstigt durch den ge⸗ räuschvollsten und aufgeregtesten Verkehr, gegen die bffentliche Sicher⸗ heit gefrevelt wird. Es muß daher, wenn Fragen über die Wirk⸗ samkeit der Polizei in größeren Städten zur Sprache kommen, von besonderem Interesse seyn, einen Ueberblick über die polizeilichen Ein⸗ richtungen in jenen Hauptsitzen des rechtlosen und verbrecherischen, wie des rechtmäßigen und ehrenhaften Industrialismus zu erhalten.

Hierzu giebt, was Paris anbetrifft, eine vor nicht langer Zeit er⸗ schienene Arbeit des Herrn Vivien, Mitgliedes der Deputirten⸗Kammer, über die dortige Polizei-Präfektur die beste Gelegenheit, da die spe⸗ ziellen Studien des Verfassers in diesem Verwaltungszweige und die persönliche Erfahrung, welche er sich, als ehemaliger Chef desselben, darin erworben, ihn zum kompetentesten Gewährsmann auf dem von ihm beareiteten Gebiete machen. Wir theilen daher in Folgendem Einiges aus der Abhandlung des Herrn Vivien mit, welches von dem ganzen Triebwerk der administrativen Organisation der Pariser Po⸗ lizei und von ihrem Wirkungskreis eine übersichtliche Anschauung ge⸗ währen dürfte. . . Zuerst stellt Herr Vivien die allgemeineren Grundzüge der Pa⸗ riser Polizei Verwaltung hin. „Der Polizei⸗ P räfekt“, sagt er, „muß mehr überwachen als handeln, mehr vorschteiben als ausführen, und so zahlreich und beschäftigt auch seine Büreau— Beamten seyn mögen, so hat seine Gewalt sich doch vor Allem nach außen hin, im praktischen Dienst, zu entwickeln. Die Polizei-Büreaus be⸗ rathen über die zu ergreifenden Maßregeln, geben den Impuls, sam⸗ meln und lonstatiren die Resultate; sie bereiten vor, erwägen, orga⸗ nisiren, genug, sie sind der Gedanke, die Intelligenz der Poltzei. Die Beamten des praktischen Dienstes aber überwachen, füh⸗— ren aus, hindern, beugen vor, unterdrücken. Sie stehen in unmittel⸗ barer Berührung mit den Bürgern und müssen überall seyn, bei Tag und bei Nacht; sie sind Auge und Arm der Verwaltung. Aber bei der Menge der Pflichten, die sie zu erfüllen haben, würde die Rolle passiver und stummer Werkzeuge nicht genügen; ihr Gehorsam bedarf zugleich bes eigenen Nachdenkens und der verständigen Unterscheidung zur Lei— tung ihrer Schritte.“ l Betrachten wir die Organisation dieser letzteren Abtheilung, die des äußeren Polizeidienstes, näher. Hier ist zunächst die Ver⸗ bindung zu bemersen, in welcher die Staats- Polizei zur Stadt⸗ Polizei steht. Paris ist befanntlich in 12 Bezirke und 48 Stadtviertel getheilt. Bezirk nun hat seine Brigade von Polizei⸗-Inspektoren und Stadt-Sergeanten, die unter der Leitung eines Friedensbeamten steht; in jedem Stadtviertel aber residirt ein P-po lizei⸗Kommissar, welcher einen oder zwei Secretaire für den inneren, und mindestens einen Polizei-Inspektor und einen porte-sonnette*), wo nicht mehr, als Agen⸗ ten für den äußeren oder praktischen Dienst zu seiner Verfügung hat. Diese durch Königl. Ordonnanz ernannten und von der Stadt⸗ Polizei unabhängigen Polizei⸗Kommissare haben ihr Büreau stets offen und versehen darin ein nützliches Amt der Versöhnung und Ordnung, welches von der Pariser Bevölkerung sehr geschätzt wird, die in den Kommissaren ihre Schiedsrichter und Friedensstifter findet. Ihre Wohnung ist des Tages an einer großen dreifarbigen Fahne, des Nachts an einer Laterne mit farbigem Lichte leicht erkenntlich. Sie sind stets bereit, bei öffentlichen Unruhen oder Privathändeln den Bürgern

zu Hülfe zu eilen, wenn diese ihren Beistand nachsuchen, sie überneh⸗

men und verhören die Verhafteten und wachen über Ausführung

der polizeilichen Verordnungen in Allem, was die Sicherheit, Gesund⸗

heit, Reinlichkeit und öffentliche Ordnung betrifft. Mit dem Polizei— Präfekten, der sie in allen Verwaltungsdiensten beschäftigt, stehen sie in unmittelbarer und täglicher Communication.

Die Friedens-Beamten, die Inspeftoren, welche keinem der Vier⸗ tels Polizei-Kommissare beigegeben sind, und die Stadt-Sergeanten gehören dagegen der Stadt-Polizei an, deren Central⸗Büreau dem

Polizei-Präfekten zur Seite steht, von einem besonderen Kommissar gelei⸗ tet wird und den Namen „Munizipal-Polizei“ führt. Diese Munizipal⸗ Polizei ist die Quelle aller Ueberwachung der Stadt; sie vertheilt auf die zwölf Bezirke die einem jeden zugewiesenen Brigaden und setzt, je nach den Umständen und Bedürfnissen jedes Tages, die um sie ver⸗ einten Central-Brigaden in Bewegung, die einen ohne spezielle Be⸗ stimmung, blos als allgemeine Verstärkung jederzeit zur Disposition stehend, die anderen mit bestimmten Functionen, mit Beaufsichtigung der Gauner, der öffentlichen Dirnen, des Straßen⸗Fuhrwerfs, der Hotels garnis, Gasthöfe, Kaffeehäuser, Tabernen und anderen öffentlichen Häuser, beauftragt; alle so geordnet und instruirt, daß sie in einem Augen⸗ blick auf einem und demselben Ort versammelt werden können, um, wenn die Ruhe der Bürger irgendwo bedroht ist, sogleich im Namen des Gesetzes einzuschreiten. Mehr als 600 Agenten dienen der Mu— nizipal-Polizei, die eine bleibende Macht und eine allzeitfertige Reserve bildet und so organisirt ist, daß sie, ohne Ueberfüllung und unnütze Kosten, der Haüptstadt für gewöhnliche Zeiten die zur Ausführung der Gesetze nothwendigen Diener liefert und in Tagen der Aufregung

eine aktive, beherzte und leicht bewegliche Truppe darbietet, immer

bereit, sich der Urheber oder Mitschuldigen der Ruhestörung zu be⸗ mächtigen. Außer den Polizei⸗Kommissaren und der Munizipal⸗Polizei wird noch ein abgesondertes Personal von Inspektoren zu verschiede⸗ nen speziellen Diensten verwendet. ;

Nach dieser Uebersicht über die Organisation der Polizei⸗Präfek⸗

tur bespricht der Verfasser ihre Haupt- Functionen, die politische und die Sicherheits-Polizei. , Die politische Polizei hat zweierlei Agenten: öffentliche und geheime. In den meisten Fällen werden die öffentlichen Agen⸗ ten gebraucht, um die nöthigen Erkundigungen einzuziehen; wenn es aber darauf ankömmt, in den Schoß der Factionen selbst einzudringen, dann, sagt Herr Vivien, ist die Anwendung geheimer Agenten uner⸗ läßlich. Viese geheimen Agenten der politischen Polizei sind Indi⸗ vidnuen, welche, früher in den gewöhnlichen Lebenskreisen beschaftigt, meistentheils aus Noth, Eitelkeit, Vergnügungssucht und Liederlichkeit zu jenem Gewerbe getrieben worden. Unter ähnlichen Umständen geben sich auch Frauen dazu her, um ihre Weltlust zu befriedigen, um sich eine Stellung in der Gesellschaft zu geben, welche ihr gerin—⸗ ges Vermögen ihnen untersagen würde; solche weibliche Agenten zei⸗ gen viel Schlauteit und Intriguengeist, auch kömmt der ihnen ange⸗ boͤrene Sinn der Neugier ihnen sehr zu Statten, aber sie lassen sich häufig von kleinen Leidenschaften beherrschen, und es ist wenig auf sie zu bauen.

Manchmal drängt auch eine hülflose Lage zur Uebernahme solcher Geschäfte. So erhielt im Jahre 1831 die Pariser Polizei⸗Präfektur die nützlichsten Aufschlüsse durch einen jungen begabten Studi

renden, dem das au solche Weise, oft mi negefahr, erworbene mäßige Salarium als Mittel zur Erkaltun einer Mutter und Schwester und zur Bestreitung seiner Studienkosten diente.

Die Mittheilungen, welche die Polizei empfängt, werden ihr theils aus ehrenhaftem und uneigennützigem Antrieb gemacht, theils, und dies in der Mehrzahl der Fälle, aus Furcht. Verzagte Men⸗ schen lassen sich aus Schwäche oder Leichtsinn in ein Komplott, in eine geheime Gesellschaft verwickeln, ohue die Folgen davon zu be⸗ denken; bald überkömmt sie Angst und Unruhe; von den schlimmen Banden sich loszumachen, könnte gefährlich für sie werden; sie wagen es nicht, sie zu zerreißen, und erkaufen sich durch ihre Denunciationen

) Wörtlich Glockenträger. Diese Diener der niederen Polize sind dazu bestimmt, von Zeit zu Zeit durch die Strasen ihrer respeltiven Quar- tiere zu gehen und durch ein vernebmliches Anschlagen ihren helltnenden Glocken die Bürger an die Erfüllung gewisser polizeilicher Vorschriften zu mahnen, wie 3. B. das Reinigen der Straßen, das Sxrengen derselben im

8 s Fortschaffe s Eises und Schnees im Winter u. s. w. Sommer, das Fortschaffen des E An merk. Ter & ec.