1843 / 127 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

Wohlthat zu sichern. Aber vergessen wir auch nicht die Schwierig- ö ,. r sind, 283 vereinigen wir uns zur Besei— tigung derselben, indem wir ihnen jenen Geist der Weisheit und der Mãä⸗ ßigung entgegenseßen, der das sicherste Mittel ist, dieselben zu überwinden.

Hoeute fand die Einweihung der Paris Orleans Eisenbahn statt. Der erste Convoi ging diesen Morgen um 6 Uhr ab, ein zweiter um 6 Uhr, ein dritter um 7, ein vierter um 77 Uhr. Der Herzog von Nemours, der Herzog von Montpensier, der Handels⸗Minister fuhren nebst einem großen Gefolge um 8 Uhr mit einem Spezial⸗ Convoi ab. Die Prinzen werden diesen Abend um Uhr wieder zurück seyn. Sie werden in Orleans eine Revue über die Garnison und die National-Garde halten. Es siel auf, daß der Minister der öffentlichen Arbeiten der Einweihung dieser Eisenbahn nicht bei wohnte.

Börse vom 2. Mai. Die Börse war heute sehr bewegt. Die Französischen Renten waren anfangs günstig gestimmt, erlitten später aber wieder einen Rückgang. Es wurde behauptet, der König habe der Herzogin von Orleans die Eröffnung machen lassen, daß zu ihrer Residenz das Schloß des Palais⸗Royal bestimmt sey und ihre Kinder ohne Verzug in den Tuilerieen unter die Vormundschaft des Herzogs von Nemours gestellt werden würden.

Ft Paris, 1. Mai. Die Deputirten-Kammer wird den Na— menstag des Königs durch ein dreitägiges Ausruhen von ihren bis herigen Arbeiten feiern. Bei der am Donnerstag stattfindenden Wie⸗ dereröffnung ihrer Sitzungen soll zunächst die Frage von den streitigen Wahlen von Carpentras, Embrun und Langres zur Verhandlung kommen. Aus den umfangreichen Vorarbesten zu dieser Debatte läßt sich schließen, daß sich dieselbe sehr in die Länge ziehen werde. Außer anderen Belegstücken sind 560 Druckseiten Zeugenverhöre vorhanden; die Protokolle der Kommission füllen überdies und die Arbeit des Berichterstatters 171 Seiten. Die Kommission hat über sechzig Zeu⸗ gen vernommen, und unter ihnen viele Beamte verschiedener Ver— waltungszweige. Der Siegelbewahrer und der Finanz⸗Minister ha⸗ ben ohne Schwierigkeit ihre Einwilligung zu dem Erscheinen ihrer Untergebenen vor der Kommission ertheilt, der Minister des Innern dagegen hat lange den Satz festgehalten, daß die Kammer mit den Regie rungs⸗Beamten nur durch Vermittelung der Minister verkehren könne, und er hat zuletzt nur so weit nachgegeben, daß er erlaubt, die sei nem Departement angehörigen Zeugen in seiner persönlichen Gegen— wart zu verhören. Die auf diese Weise durch einen Vergleich vor⸗ läufig beseitigte Formfrage wird indessen in der Kammer Hon neuem zur Sprache kommen und wahrscheinlich eine lange Vorerörterung verschiedener Punkte aus dem Gebiete der Verfassungs⸗Metaphysit herbeiführen.

Was die Sache selbst anbetrifft, so schlägt die Kommission vor, die Wahlen von Carpentras und Embrun anzuerkennen, die von Lan⸗— gres aber zu annulliren. Es ist bekannt, daß man bei diesen drei Wahlen der Regierungs-Partei von Seiten der Opposition gesetz—⸗ widrige Umtriebe, Anwendung unrechtmäßigen Einflusses, Bestechung und ähnliche Mittel zur Verfälschung der Wahlhandlung vorgewor— fen. Der Kommissions-Bericht erkennt das Vorhandenseyn von Män geln dieser Art wenigstens bei einer der Wahlen an, aber er macht nicht die Behörden, sondern nur die Individuen für dieselben verant⸗ wortlich, er stellt die Ansicht auf, daß die Beamten, welche sich auf unrechtmäßige Wahlumtriebe eingelassen, nicht sowohl durch ihr Ver— hältniß zu der Regierung als Lurch ihre persönliche Stellung dazu verleitet seyen, Die Minorität der Üntersuchungs-Kommisston hat übrigens in einem anderen Sinne gestimmt, und sie wird versuchen, ihre Meinung, derzufolge die bezeichneten Beamten unter Verant' wortlichfeit der Regierung gehandelt haben, in der Kammer geltend zu machen.

Aus der ganzen Natur dieser Angelegenheit und aus ihren mehr— fachen Verzweigungen läßt sich mit großer Wahrscheinlichkeit auf das Bevorstehen einer jener politisch-polemischen Diskussionen schließen, welche die Deputirten⸗ Kammer vorzugsweise liebt, und die sie zu häufig erneuert, als daß die eigentlichen Geschäfte nicht darüber vernachlässigt werden müßten. Von allen den wichtigeren Ge=

setzvorschlägen, welche in diesem oder jenem parlamentarischen Stadium begriffen sind, wird im Laufe der gegenwärtigen Session vielleicht nicht ein einziger mehr an das Ziel gelangen. Die Gesetz⸗Vorschläge über die Srganisation des Heerwesens, der Ge— fängnisse, des geheimen Raths, des öffentlichen Unterrichts, über den Ankauf der Kanäle für Rechnung des Staats, sind schon jetzt als vertagt anzusehen. Was die Zuckerfrage betrifft, so ist es wenigstens nicht wahrscheinlich, daß sie noch irgend eine, geschweige denn eine definitive Lösung erhalten werde, und selbst die Eisenbahn— Angele⸗

genheit könnte immerhin auch für diesesmal an der Unmöglichkeit scheitern, sich über ein an die Stelle des Regierungs- Entwurfs zu von den Ufern der Donau und der Save aus wieder zur Sprache setzendes System zu verständigen. Wenn demnach die Session ohne F J ernstliche Resultate bleibt, so ist diese Unfruchtbarkeit freilich vorzugs⸗ z ar , , , .,

e , . . , . , as größte Interesse. weise der Kammer zur Last zu legen, die mit ihrer Zeit nicht haus mmer ö rd 8 I

daß auch der Umstand

9

zuhalten weiß, aber man muß gestehen,

einigermaßen mit daran Schuld ist, daß man das Programm

der Session von vorn herein mit den mannigfaltigsten GesetzVor⸗ schlägen überladen, daß man diese Gesetz⸗Vorschläge nicht zweckmäßig An die beiden Kammern vertheilt, und daß man die parlamentarische Thätigkeit zu sehr sich selbst überlassen, statt ihr durch die dem Mi⸗ 4 nisterium immer zu Gebote stehenden Mittel eine bestimmte Richtung

zu geben.

Grossbritanien und Irland.

Oberhaus. Sihung vom 1. Mai. Lord Wharneliffe beantragte an diesem Abend? die zweite Lesung der vom Unterhause bereits angenommenen Bill über die Wähler Registrirung. Lord Broug han gab zu, daß dadurch Verbesserungen würden bewirkt werten meinte aber, daß das System der jährlichen Registrirung mit allen llebeln einer jährlichen Wahl, ohne deren Vortheile, verbünten sed3., Lord D einm, erkannte auch den großen Werth der Bill an, hielt aber die Hestimmungen gegen die linterschiebung unberechtigter Personen als Waähler und zur Ermittelung ber Identität der ein- registrir ten Int ividuen zum Theil für austößig und dazu geeignet die Wahlfreiheit zu beeinträchtigen, Der Lord? Kanzler empfahi jedoch dem Hause an, daß es sich die Erörterung der Details der Maßregel für den Ausschuß vorbehalten möge und die Bill wurde darauf ohne Widerspruch zum zwestenmale verlesen.

Unterhaus. Sitzung vom 1. Mai. Der Widerstand der Tissenters gegen die auf den Volks Unterricht beziiglichen Paragra.⸗ phen der Fabrik-Bill spricht sich in der Zahl, der von ihnen an das Parlament gerichteten Her nl immer entschiebener aus. Am Frei⸗ tage waren diese Petitionen ballenweise in der Vorhalle des Unter. hauses gelagert und ihre Zahl so groß, daß nur ein Theil f i in der gehörigen Form eingereicht werden konnte; dieser belief sich aber schon uf gg mit mehr als anderthalb Millionen Unter⸗

560

schriften. In der heutigen Sitzung nun, in welcher Sir James Graham, seiner früheren Anzeige zufolge, die von der Regierung beschlossenen Modificatlonen in der von ihr eingebrachten Bill mittheilen wollte, war die Zahl der Petitionen gegen die⸗ selbe, bereits auf 50), mit mehr als zwei Millionen Unter? schriften, angewachsen. Den Beweis entschiedener Feindseligkeit gegen die von, der Regierung gestellten Anträge, welcher in der Einbrin? Jung einer so großen Menge von Petitionen liegt, erkannte Sir James Graham in der Rede, mit der er die Modificationen erläu⸗ terte, um so mehr an, da die Opposition hauptsächlich von den Wes— leyanern ausgehe, einer zu achtbaren Genossenschaft, als daß die Ne⸗ Jierung nicht verpflichtet seg, ihr besondere Rücksicht zu widmen. Indeß versuchte er doch mehrere von denselben erhobene Einwendun⸗ gen, besonders so weit sie die angeblich allzu schnelle Einführung des neuen Systems und den Mangel an der nöthigen Kontrolle von Sei— ten des Volkes betreffen, als nicht in der Lage der Dinge begrün— det nachzuweisen. Die einzelnen Modificationen, welche“ der Minister darauf ankündigte, bezwecken im Wesentlichen, den Dissenters größere Freiheit zur Befriedigung des Bedürfnisses nach religiösem Unterricht zu gestatten, in welcher Absicht den Schülern der neuzuerrichtenden Volksschulen insbesondere der un gehinderte Besuch der bereits bestehenden Sonntagsschulen gesichert wird; auch sind andererseits Vorkehrungen getroffen, um den Einfluß des Klerus der herrschenden Kirche auf die Leitung der Schulen selbst zu vermindern. Nach Beendigung seiner Auseinandersetzung beantragte Sir James Graham die zweite Verlesung der so modifizirten Bill pro forma, welche auch, unter Vorbehalt aller etwa noch zu stellen den Amendements, genehmigt wurde. Im Uebrigen kam in der ge— strigen Sitzung des Unterhauses wenig von Bedeutung vor. Lord John Russell zeigte an, daß er am nächsten Abend ein Dankes— Votum für Sir Henry Pottinger wegen des Chinesischen Vertrages beantragen, Lord Stanley, daß er am 15. Mai eine Resolution in Vorschlag bringen werde, als einleitende Maßregel zur Zulassung von Weizen und Mehl aus Kanada zu dem ermäßigten festen Jolle von 3 Schilling.

London, 2. Mai. Bis jetzt sind täglich Bülletins über das Befinden Ihrer Majestät und der jungen Prinzessin ausgegeben wor den, welche stets aufs günstigste lauteten, und es soll nun, wenn sich, wie zu hoffen steht, in den Umständen der hohen Wöchnerin und ihres Kindes nichts verändert, erst nächsten Donnerstag wieder ein Bülletin publizirt werden. J ö

Die Vorbereitungen zu der Beerdigung des Herzogs von Susser sind nun zu Ende gehracht, und es ist beschlossen worden, daß bie h am nächsten Donnerstage, den Aten 8d. M., siattsinden solt die Pa⸗ rade-Ausstellung wird morgen statthaben. Der Prinz Albrecht, die Minister, die Würdenträger des Staates und der Kirche, so wie die höheren Chargen der Freimaurer, werden bei dem Leichenbegängnisse zugegen seyn. Wahrscheinlich werden die beiden Häuser des Parla⸗ ments ihre Sitzungen am Begräbnißtage aussetzen. Die Königin hat der Herzogin von Inverneß, Gemahlin des verstorbenen Herzogs von Susser, welche sich fortwährend sehr unpäßlich besindet, anzeigen lassen, daß ihr Seitens der Krone derstattet sey, die von ihrem Gemahl so lange bewohnten Gemächer im Kensington-Palaste auch ferner als Wohnung beizubehalten. ; ö

Das Befinden des Ingenieur Brunel ist sehr bedenklich gewor⸗ den, da das Goldstück aus seiner Kehle noch immer nicht hat entfernt werden können; indeß hat man die Hoffnung, ihn zu retten, noch keinesweges aufgegeben.

London, 3. Mai. (B. H.) Der Hauptgegenstand der gestern Abend begonnenen Unterhaus- Sitzung war Herrn Hume's Antrag auf eine Dank-Adresse an Lord Ashburton. Der bisherige Verlauf der Debatte ist ziemlich langweilig gewesen, denn erst spät nahmen die Hauptredner, Lord Stanley und Lord J. Russell, über den Gegen⸗ stand das Wort. Da der Antrag von der Regierung unterstützt wird, so läßt es sich durchaus nicht bezweifeln, daß derselbe von einer bedeutenden Mehrzahl angenommen werden wird. Auf Lord J. Russell folgte Sir Robert Peel, und nach diesem wird Lord Pal⸗ merston kaum unterlassen können, zu sprechen, da er im Laufe der Debatte mehrmals persönlich angegriffen wurde. Unter diesen Um⸗ ständen ist es zu erwarten, daß die Abstimmung erst spät erfolgen wird (es ist jetzt, beim Abgang der Post, schon 1 Uhr), denn an eine Vertagung der Debatte ist nicht zu denken.

II London, 2. Mai. Die Serbische Frage oder vielmehr die gebrachte Orientalische Frage erregt hier in den höchsten Kreisen noch ĩ Man ist hier der Ansicht, daß Frage unter den Höfen und Staatsmännern dieses Theils von Europa wohl tur eine ge. ringe Meinungs⸗Verschiedenheit herrschen sollte. Die Frage sey nicht, ob der eine oder der andere Fürst Serbien regieren solle, sondern es frage sich, ob die Differenzen, welche in den Verhältnissen der Pforte zu den Provinzen des Türkischen Reichs eintreten können, durch die Vermittelung (wenn eine Vermittelung überh upt stattsinden einer Macht oder durch die gemeinschaftliche Vermittelung Aller bei⸗ gelegt werden sollen. Man müsse sehen, ob im Laufe der Ereignisse in Serbien ein ähnliches Resultat erreicht werde, wie in. den Syrischen. Augelegenhesten. Es ist, night Jegründet, daß zwischen dem,. Minister der auswärtigen Angelegenheiten in London und Britischen Botschafter in Konstantinopel irgenk eine Meinungs- Verschiedenheit bestehe. Beide bedauern es, daß die Pforte sich zu einer Revolution hergegeben hat, die zu vertheidigen sie nicht stark genug ist; aber Beide sind ebenfalls der Meinung, daß die An⸗ gelegenheiten nicht weiter gehen würden, ohne Europa zur Einmischung aufzufordern. ; ö h . 269 Ich kehre nun zu unseren inneren Angelegenheiten zurück. Die Stellung der Regierung im Unterhause ist sonderbar. Ihre Stärke ist nicht vermindert, aber die Phalanx ihrer Gegner ändert jeden Abend ihren Charakter. Am Freitag bewirkte Sir Robert Peel die Annahme der Bill über die Reform der geistlichen Gerichtshöfe mit einer Majorität von 8 Stimmen; er ver anfte dies seiner höchst energischen Rede. Die Opposition führte Sir R. Inglis an und es gehörten dazu alle Hoch-Tory-Repräsentanten der alten Kathedral⸗ Stäbte und der Kollegiate, deren Gerichtsbarkeit zum Theil durch diese Bill aufgehoben wird. Gestern Abend theilte Sir J. Graham in einer durch Mäßigung und Toleranz ausgezeichneten Rede seine Modificationen der auf den Unterricht sich beziehenden Klauseln der Faktorei-Bill mit. Alle Punkte, gegen welche die Dissenters ihr Ge⸗ schrei erhoben, sind auf die versöhnlichste Weise von der Regierung berücksichtigt worden, ohne daß sie jedoch irgend einen wesentlichen Theil, des Prinzips der Bill aufgegeben hätte. Unterdeß strömen aber Petitionen gegen die Maßregel von allen Seiten in h, Massen herbei und die Negierung macht sich auf 10, 9)0 rei en gefaßt; bis jetzt sind 30h * 1000 eingegangen. Zu Sir R. Peel s Ehre

über den Gegenstand dieser

muß man sagen, daß er erklärt, es liege ihm mehr daran, diese Un⸗ terrichts Bill durchzubringen, als irgend eine andere dem Parlamente jetzt vorliegende Maßregel. Ich zweifle nicht daran, daß er seinen Zweck erreichen wird; denn wie heftig anch die Wesleyaner außer- halb des Parlamentes sind, so haben sie doch keine wirklichen Reprä⸗ sentanten im Unterhause.

Wie groß aber auch die Bitterkeit der Wesleyaner seyn mag, sie fommt schwerlich derjenigen eines großen Theils der Agrikulturi⸗ sten gleich. In den letzten drei Tagen bin völlig erstaunk gewesen über den Ton, welcher unter der Tory-Gentry des östlichen Englands herrscht. Sie stehen auf dem Punkte, aus reiner Verzweiflung zum Whiggismus überzugehen, und die Kanada⸗Korn⸗Bill hat alle ihre Besorgnisse zu einer lächerlichen Höhe gesteigert. Dies ist das Schick⸗ sal eines großen, kühnen und starlen Ministers! Die Winde stürmen um ihn, die Wogen drohen ihm, aber sie sind nur die Elemente, die zu beherrschen, er geboren worden, und unter seiner Leitung segelt das große Schiff ruhig dahin. .

2 ᷣ—

,,

Lüttich, 3. Mai. Auf der Eisenbahn zwischen Lüttich und Brüssel ist heute ein beklagenswerthes Unglück eingetreten. Der heute früh um 77 Uhr von hier abgegangene zug wurde nämlich hinter Waremme von den Flammen ergriffen, die auf einem mit Spirituosen beladenen und unmittelbar hinter dem Tender! der Lokomolsve gehen⸗ den Wagen ausgebrochen waren. Bevor noch der Zug angehalten werden konnte, hatten sich die Flammen über sämmtliche Wagen ver⸗ breitet und die Reisenden warfen sich voll Schrecken aus denselben hinaus, was leider Mehreren den Tod und gefährliche Verletzungen brachte. Im Ganzen sollen 7 Personen getödtet und 17 verwundet worden seyn. Diejenigen, die ruhig in den Wagen blieben, aus denen sie, nachdem der Zug angehalten war, stiegen . kamen größtentheils unverletzt davon. Den näheren Nachrichten über dleses furchtbare Ereigniß muß noch entgegengesehen werden.

Dänem arm.

Kopenhagen, 2. Mai. Der Prinz von Joinville hat unter Anderem auch die Dänischen Besitzungen an der Küste von Guineg besucht. Er ankerte am 27. Januar auf der Rhede von Christians⸗ burg, wo der Gouverneur, Capitain Carstensen, einen Besuch bei dem Prinzen ablegte und von ihm zur Tafel geladen wurde. Am folgen⸗ den Tage landete Se. Königl. Hoheit unter dem Jubelrufe der am

Strande aufgestellten Garnison und unter dem Donner des Geschützes. Im Gouvernements-Saal ward der Prinz feierlich empfangen, und außerhalb des Forts gaben die Neger eine Vorstellung ihrer Art, Krieg zu führen, welches den Prinzen sehr interessirte. Hierauf fan den sich die schwarzen Honoratioren der Stadt ein, um den Prinzen in einem feierlichen Aufzuge zu begrüßen, wobei die Mulattinnen tanzten. Ein Gastmahl folgte, worauf der Gouverneur den Prinzen nach dem Englischen Fort St. James begleitete, der sich nach ein stündigem Aufenthalt daselbst wieder einschiffte, sehr zufrieden mit dem ihm gewordenen ausgezeichneten Empfange,

Deutsche Bundesstaaten.

München, J. Mai. (Verhandlungen der Kammer der Ab— geordneten über die Presse In der Sitzung vom 25. April schloß Freiherr von Thon-Dittmer seinen Vortrag mit Motivirung del Bitte, daß den wegen Preß- und politischer Vergehen in Untersuchung Stehenden oder Verurtheilten von Sr. Masestät dem König Begna digung zu Theil werden möchte.

„Blicken wir zurück (sagte er unter Anderem) auf das letzte Jahrzehnt, auf jenen Zeitpunkt, wo ein großes Ereigniß im Westen eine allgemeine Umwälzung vorzubereiten schien; sehen wir, wie damals eine allgemeine Aufregung, die Folge war, wie aber nach und nach das Deutsche Element sich ausschied von allem fremdartigen Einflusse, ein Bewußtseyn des Deut schen Nationalsinnes hervortrat; wie, als in späterer Jeit die Ruhe aber mals bedroht schien, dieser Nationalsinn so schön in unserem Vaterlande sich gestaltete, und wie man da Grundsätze und Ansichten laut und öffentlich von Hohen und Niederen äußern hörte, die in früheren Zeiten selbst der Gegenstand der Verfolgung waren; wie man Männer wieder einsehte in den Stand, der ihnen von jeher angewiesen war, die wieder als Vaterlands— sreunde erkannte, die man früher als solche nicht ansehen wollte: so durchglüht uns gewiß ein freudiges Gefühl; und doch begegnet gerade aus jener Zeit ünse⸗ rem trüben Blick noch so mancher der dieser Freude nicht theilhaftig seyn kann, noch so mancher, der noch immer in Folge der früheren aufgeregten Zeit mehr oder minder strafbar (wir untersuchen es nicht) unter der Last der Strafe seufzt, die damals über ihn verhängt worden ist. Amnestie ist deshalb das Wort, welches schon mehrfach hler im Saale erklungen ist. Amnestie hieß es, als wir über die Adresse uns beriethen; ich selbst war damals diesem Antrage entgegen; ich hielt den Zeitpunkt nicht für den an—= gemessenen; ich glaubte, ein besserer werde kommen, wo man diese Frage anregen könnte. Jetzt aber, glaube ich, ist der Zeitpunkt gekommen, wo wir diese Bitte an den Thron bringen, das Schicksal so mancher Unglück⸗ lichen ihm empfehlen können. Ich verhehle es nicht, meine Herren, daß in dieser Beziehung unsere Verfassungs Urkunde bestimmte Gränzen zieht, und das mag auch die beste Antwort auf das seyn, was schon so oft gefragt worden ist, warum Bayern das einzige Land sey, in dem eine allgemeine Maaßregel in dieser Beziehung noch nicht erfolgt ist. Die Verfassung bestimmt, daß der Fönig die Strafe mil⸗ dern oder erlassen, aber in keinem Falle eine anhängige Streitsache ober Un= tersuchung hemmen kann. Ungleich weiter geht die Württembergische Ver= fassung, diese gestattet dem König das Recht, zu jeder Zeit Untersuchungen niederzuschlagen und aufzuheben. Weiter geht die Hessische Verfassyng, die spricht von Begnadigung oder Abolition. Es kann also son einer Amnestie nach den dermalen bestehenden Verfassungs Gesetzen im Vereine mit unseren Strafrechts -Bestimmungen nimmerhin die Nede seyn; aber der Gnade ʒzu empfehlen diejenigen, die derselben so sehr bedürfen, dazu giebt uns die Ver⸗ sassung das Necht, und diese Bitte zu erhören, dazu giebt hinwicder die Ver— fassunß das Necht dahin, wo so viese Hnade geübt wird. Ich erkenne eben so wenig, daß in dieser Beziehung schon Vieles und Großes geschehen ist. Gar mancher Familienvater wurde nach langen schweren Leiden den Seinen zurückgegeben, gar mancher Sohn kehrte zurück in die Heimat, in das Haus seiner Aeltern, gar manche Thräne wurde getrocknet, die in solchen Fällen so reichlich geflossen gar manche Erleichterung trat ein, wo man nicht vollständig begnadigen wollte. Nimmermehr habe ich es verkannt, mit lautem Dank sey es aus gesprochen. Es ist hiei auch schwer zu bestimmen, wie groß, sof weit noch die Begnadigung zurück ist, die Strafbarkeit der Einzelnen ist. Wir wissen ja nicht, welche Schuld diese Männer mehr oder minder drückt, wir wissen die Ergebnisse nicht, selbst die sogenannte alten mäßige Dh een der Un tersuchüng ist nicht vollständig. Wir haben namentlich über unser Vater land sehr unvollständige Notizen. Es ist deshalb schwer, sich darüber ar. theil zu stellen; aber, das wissen wir doch, daß noch, immer der ung iich lichen viele sind, die in Folge jener Zeit leiden, die sich so ehr nach Erleichterung sehnen, die so sehr auf endliches Vergeben und Ver gessen Rechnung machen. Meine Herren! wen sollte es nicht mit Rührung erfüllt haben, wie damals, als unsere Gränzen gegen n, w. be⸗ droht schienen, wie selbst die Flüchtlinge im Auslande ihr e. andsgefühl nicht verleugneten, wie sie alles vergaßen, was vorgefallen, alle Unbilden,

die sie nach ihrer Meinung erduldet haben, ja selbst auf die Gefahr hin,

ihre letzte Zufluchtsstaͤtte zu verlieren, ihr Nationalgefühl nicht verleugneten, und lieber es 1 als in Verdacht kommen wollten, als seyen sie nicht vollständig Teutsche. Wen hat das nicht gerührt? und wen erfüllt es auf der anderen Seite nicht mit Schmerz, wenn man noch immer Män nern begegnet, die so schwer tragen in Folge jener aufgeregten Zeit, die was sie gefehlt haben mögen, will ich nicht untersuchen gewiß reichlich dafür gebüßt haben. Es ist nicht die Sprache eines Parteimannes, die ich an Sie richte, meine Herren! Ich sage es offen und laut, ich war nie, Parteimann und werde mich' nie dazu hergeben; es ist das Mitgefühl, welches mich berief, an. Ihr Mitgefühl für unglückliche Menschen zu sprechen; diesen mögen Sie Ihr Vorwort nicht versagen. Es ist das schönste Recht der Krone, das Recht der Gnade; das Recht der Bitte aber ist das schönste Zeugniß des Vertrauens, das wir nach oben ablegen können. Aber nicht bloß an Ihr Mitgefühl berufe ich; ich glaube behaupten zu dürfen, selbst für den Ruhm des gesammten Vaterlandes, für die Stellung des Gesammt Deutschlands, die inmer Achtung gebietend seyn soll, ist es nöthig und wünschenswerth, daß alle Nachtlänge von jener Zeit zurücktreten und vergessen werden. Wir haben so oft von der Kraft des Deutschen Volkes gehört. Ja, es ist ein kräftiges Volk und wird es blei' ben, aber es muß vorerst jeder innere Feind ausgetrieben werden, wenn wir stark seyn wollen gegen jeden äußeren Feind, komme er von Norden oder don Westen, oder von woher immer. Es niüüssen dir Regierungen des Ge— sammt-Vaterlandes vorerst unter sich einig seyn in allen Interessen, jedes Miß trauen muß verschwinden. S ie mögen aber auch Vertrauen zeigen auf das Volk, sie mögen sich überzeugt halten, daß der Deutsche ihr Veitrauen nicht miß brauchen werde und einer zeitgemäßen bürgerlichen Freiheit ebenso würdig als bedürftig ist; sie mögen sich bemühen, zu heilen jenen Riß konfessionelle Wirren, der immer weiter zu werden droht, der die innere Ruhe und den Frieden bedroht. Sie mögen aber auch vergessen machen die Nachklänge an jene aufgeregte Zeit; sie mögen verzeihen und vergessen und dadurch die, lleberzengung darlegen, daß die Deutschen Regierungen keinen inneren Feind zu fürchten haben. Dann wird Deutschland dastehen als Achtung gebietende, kräftige Nation gegen jedermänniglich. Dann werden wir unse ren Nachbarn zurufen können? Ihr Männer an der Seine, die ihr glaubt, der Baum der Freiheit grüne nür bei euch, und die ihr doch von Selbst sucht und Eitelkeit so oft umstrickt seyd, blickt auf Deutschland, wie Fürst und Volk Hand in Hand gemeinsam bauen den hehren Dom der Freiheit gemeinsam die festen Grundpfeiler der geisti gen und religiösen Freiheit, des freien Wortes in Schrift und Sprache auf streben lassen und emporführen, und achtet diese Freiheit. Ihr, die ihr von den llrrechten des Menschen so viel zu sprechen wißt, aber euren Thron vor immer wiederkehrenden Meuchelmords Versuchen kaum sicher zu stellen vermögt, seht hier in unserem Deutschland, wie hier die Fürsten ruhig und sicher unter ihren Völkern gehen, wie dei Vater unter seinen Kindern, wie sie gemeinsam dieselben Interessen pflegen und niemals verlassen wer den. Vernehmt aber, so es (uch wieder gelüstet, an den Deutschen Schild zu schlagen, ob er noch llinge, oder ob er zersplittert, zersprungen sey, ver nehmet seinen Klang, ihr werdet überzeugt werden, daß er dröhnet, so weit Deutsche Junge spricht. Dann werden auch jene großen und erha— besen Worte, die an Walhalla's Thoren gesprochen, stets in unseren Her zen laut nachhallen dann wird der hohe Wunsch zu Wahrheit werden, der da heißt: „„Möchten alle Deutschen, welchen Stammes sie auch seyen, immerdar fühlen, daß sie ein gemeinsames Vaterland haben, ein Vaterland, auf das sie stolz seon können, und Jeder trage bei zu dieser Verwirklichung, so viel er vermag.““ Ja Jeder, Negierung wie Volk, trage dazu bei und möge gemeinsam mit uns dahin wirken, daß Keiner dem Anderen sein Recht Soörenthalte, Keiner dem Anderen sein Recht verkümmere. Möge dieser Wunsch, daß es dahin komme, erfüllt werden, möge meine Hoffnung mich nicht zu Schanden werden lassen, dann wird' auch diese Stunde eine ge segnete senn! Das gebe Gott!“

Die Abgeordneten Tafel, Stöcker, Ha rleß sprachen zur Un— terstützung dieser Bitte. „Wir wollen diesen Wunsch (rief der Abg. Stöcker aus) au die Stufen des Thrones gelangen lassen: Er, der schon so viele Thränen getrocknet, so viele Wittwen und Waisen ge⸗ tröstet hat, wird gewiß gern diesen Wunsch gewähren. Er, der schon so viel Großes geschaffen hat, wird gewiß allen seinen Werken da⸗ durch die Krone aufsetzen, daß er verzeiht!“ Eine weitere Modifsi⸗ cation wegen der Preß Anträge beantragt Freiherr von Gumppen⸗ berg, der dabei unter Anderem sagt:

Je mehr Steine zum Bau getragen werden, desto eher läßt sich hoffen, daß er sich erhebe; ein jeder thue näch seinen Kräften! Wie schön, wie beruhigend lautet die Ministerial-Entschließung vom 25. Dezember 1829, welche an alle Kreisregierungen erlassen wurde. „Es sev (so heißt es darin) der bestimmte Wille. Sr. Majestat des Königs, daß die Freiheit der Presse innerhalb der gesetzlichen Schranken auf leine Weise beeinträchtigt, und daß insbesondere dem Rechte des freien Beurtheilens des amtlichen Wirkens der zum öffentlichen Dienst berufenen Personen, so weit nicht dadurch gesetzliche Ehren rechte verletzt werden, der gebührende Schutz gewährt, und jeder anständigen Aeußerung der Meinungen und Ansichten im Gebiet der inneren Politit lein ungesetzliches Hinderniß entgegengesetzt werden solle.“ Inwieweit die⸗ sem Ausdruck des Königlichen Willens damals Folge gegeben wurde, ist mir nicht bekannt; so viel aber scheint mir gewiß, daß von der Anwendung der Ministerial⸗Entschließung gegenwärtig wenig Spuren mehr zu finden sind. Ist sie etwa gänzlich aufgehoben worden oder ist Bavern in den 4 Jahren in seiner geistigen Ausbildung, in seinem Nechts; ustande, Sittlich keitsgefühl und seiner regen Theilnahme an der Staats Verwaltung so weit zurückgeschritten, daß jene Worte des Monarchen, aus denen ein so schönes Vertrauen zu dem gesunden Sinne seines Volkes hervorleuchtet, ihre An wendung verloren haben sollten? Nimmermehr; ich behaupte das Gegen theisl. Bavern war nie würdiger eines freisinnigen Censur Neglements. Uns Allen muß daran gelegen seyn, daß die Bestimmungen eines öffentlich belannt zu machenden Censur⸗Reglements, neben der, größtmöglichen Klarheit und Be, stimmtheit, eine eiserne Strenge gegen diejenigen üben, die uneingedenk des bezeigten Vertrauens und eigener Würde die gesetzlichen Vorschriften muthwillig überträten. Alle Gutgesinnten, alle, die es wahrhaft gut mit dem Lande und der Regierung meinen, müssen zusammen stehen, um dem Mißbrauch der freien Presse aufs kräftigste entgegenzutreten. Es ist eine Ehrensache für uns, die wir heute mit fo warmem Herzen für die Emancipation der Presse stimmen, mit gleichem Rechte darauf zu dringen, daß alle Mittel, welche uns die Gesetze bieten, zur Abwendung oder Be— strafung des Mißbrauchs angewendet werden. Die Regierung aber kann an lovaler Kraft nur gewinnen, wenn sie mit offenem Visir Irrthümer und Mißdeutungen bekämpft, statt wenn sie in die Brust, zurückgedrängt, sortwuchern. Vielleicht befürchtet die Regierung, daß bei einer liberalen Er weiterung des gegenwärtigen Censur-Verfahrens nicht immer der so nöthige Talt beobachtet werde, für welchen keine reglementaire Bestimmung gegeben werden könne, und in dessen Ermangelung eine politische Polemik hervor= gerufen würde, welche nur belästigend für die Regierung und ohne allen realen Nutzen für das Land seyn kann. Ich gebe volltommen zu, daß der richtige Takt auch hierin bei uns nothwendig Fuß fassen müßte. Allein der Takt bildet sich nur allmälig durch die Uebung aus, und einmal muß doch der Anfang gemacht werden. Entsinnen wir uns doch, meine Herren, an unser ständisches Leben in Bavern seit dem Jahre 1819, wie auch nicht immer der rechte Ton gefunden werden wollte, wie gar manchmal der par— lamentaire Takt mit dem besten Willen verletzt wurde, und wie eine viel

jährige Erfahrung vonnöthen war, um zu sener Ruhe zu gelangen, in welcher

die wahre und nachhaltige Kraft einer Kammer liegt. Diesen Verlauf wird auch ein gesetzliches liberales Censur-Reglement nehmen. Freundliche Be— lehrung, offenes gerades Entgegentreten von Seiten der Regierung da, wo entgegengesetzte Ansichten sich aussprechen, das sind die kräftigen Hebel, welche die Presse in unserer gegenwärtigen Zeit bewegen und lenken sollen. Dies sind die unfehlbaren Mittel, das feste Vertranien zwischen Regierung und Regierten stets zu beleben. Es ist immer ein Zeichen einer großartigen Denkungs⸗ weise, sich durch Tadel nicht verletzt zu fühlen. Werden doch alle drei Jahre in diesem Staate die verschiedenartigsten Interessen öffentlich und mit Frei— muth besprochen. Soll denn was in lebendiger Sprache unverhohlen ge— äußert wird, nicht eben so gut sortklingen und Anknüpfungspunfte bieten dürfen; soll die dazwischen liegende Zeit eine Jeit öder Brache seyn? Nein, meine Herren, das nationale Leben ist ein stets schaffendes. Jeder Mo⸗ ment trägt einen fruchtbaren Keim in sich, welcher sich entwickeln will. Aber freie Luft muß er dazu haben, sonst eistickt er, sonst fault er.“ . Der Abg. Bestelmeyer ergriff hierauf das Wort, um im

561

Sinne der bisherigen Redner über die Zustände der Presse sein Vo⸗ tum abzugeben. Das Gleiche geschah von Seiten des Abg. Dr. Schwindel, der in sehr umständlicher Rede die Vortheile der durch ein Gesetz geregelten Preßfreiheit darzulegen sich bemühte. Sein Vortrag schloß diese Sitzung.

X Dresden, 5. Mai. Ueber den Nothstand im oberen Erz⸗ gebirge, der im Gefolge des Mißwachses im vorigen Jahre in diesem Winter bekanntlich eine solche Höhe erreichte, daß er die ernstliche Besorgniß und abwehrende Vorkehrungen nicht nur von Seiten der Regierung hervorrief, sondern auch milde Sammlungen in ganz Deutschland veranlaßte, theilt ein Sächsisches Lokalblatt aus Mitthei—- lungen eines Augenzeugen interessante Bemerkungen mit. Nach diesen ist dieser Nothstand, der am schwersten in Eibenstock und Johann⸗Geor⸗ genstadt sich fühlbar gemacht hat, kein plötzlich entstandener, durch bloße milde Gaben zu hebender, sondern nur der Ausbruch eines alten in der Stille krebsartig sich fortfressenden Schadens, dessen Grund au— ßer in dem gesunkenen Gewerbe des Klöppelns und Musterrahmen nähens (die fleißigste Arbeiterin vermag kaum 10 Ngr. wöchentlich zu verdienen) vorzüglich in dem gefünkenen B ergbau zu su⸗ chen ist. Die Quelle dieses Sinkens des Bergbaues aber ist vor nehmlich in dem Umstande zu sinden, daß ein groß

zer Theil der Gru—

ben des oberen Erzgebirges, z. B. um Johann Georgenstadt in den Händen der Gewerkschaften (der Privat- Corporationen zum Zwecke

des Bergbaues mit sogenannten Kuren oder Bergtheilem) sich be sindet, welche von jeher fast mittellos und in zu kleine Gesellschaften zerspalten, und von der Krone nur einen verhältnißmäßig geringen Zuschuß erhaltend, aus Mangel an Mitteln sich nur auf die Hoch— baue beschränken mußten, wobei die erzhaltigeren Tie fbaue, da bie nothwendigen mechanischen Vorrichtungen zu Bewältigung der Bergwasser nicht angelegt werden konnten, dem Schicksale des Ersäu

sens überlassen wurden. In neuerer Zeit hat nun zwar, zunächst auf

Anregung des verstorbenen Ober Berghauptmanns von Herder, die Regierung sich der Abhülfe dieser Gebrechen angenommen, und fer auf Rosten der Krone bald vollendete Ausbau eines neuen Stollens stellt die Hoffnung in Aussicht, daß mit der Zeit ein tiefe⸗ res Einschlagen in den Berg möglich seyn werde; allein jahrelange Opfer zu Hebung des Bergbaues, Steuern und Abgaben, Mißwachs u. s. w. haben im oberen Erzgebirge einen sozialen Zustand erzeugt, der einem förmlichen Bankerotte gleichkommt, und dem nur jahrelan⸗ ger Erlaß aller Abgaben, Freikauf von Schulden und nachhaltige He

bung des Gewerbes und Bergbaues einigermaßen gründlich abzuhel

sen geeignet wären. Denn eigene Kraft der Bevölkerung ist hier ganz unzureichend, wenn man bedenkt, daß ein Bergmann mit größter Anstrengung wöchentlich kaum 1 Rthlr verdienen kann, daß jedes Haus tief verschuldet ist, und seit längerer Zeit trockenes sogenanntes Magazinbrod die tagtägliche einzige Nahrung der Armen ausmacht! Daß zur Verschlimmerung dieses Nothstandes auch die große Uebervölkerung bedeutend beiträgt, denn Kindersegen ist der einzige, den der Himmel unserem Erzgebirge gegeben hat liegt auf der Hand, und scheint die Nothwendigkeit der Srganisation eines großen Auswanderungsplanes immer dringender zu machen. Vorzüglich auf diesem Wege, scheint es, kann dem' in Deutschland in

drohendem Fortschreiten begriffenen Pauperismus eine gründliche und

dauernde Abhülfe verschafft werden.

Karlsruhe, 2. Mai. (K. 3.) Finauz-Minister v. Böckh, geboren am 13. August 1777., war am 1. Mai 1803. als Finanz⸗ Assessor beim Hofraths-Kollegium zu Mannheim in den Staats dienst getreten; er hatte soniit gestern sein vierzigstes Dienstjahr zurückgelegt. Anspruchlos, wie er es stets gewesen, schien der um Baden so hochverdiente Staatsmann das Ereigniß unbemerkt vor— übergehen lassen zu wollen. Allein es war St' Königlichen Hoheit dem Großherzog nicht verborgen geblieben, indem Höchstderselbe den Finanz- Minister schon am frühen Morgen seines Ehrentages mit folgendem Handschreiben beglücte:

Mein lieber Finanz Minister von Böckh. Seit nunmehr 40 Jahren sind Sie im öffentlichen Dienste auf so ausgezeichnete Weise thätig gewe— sen, haben stetshin Kraft und Talent, NRenntnisse und treue Gesinnung in so Lorzüglichem Maße bewährt, daß Ich gern den jetzigen Augenblick er— greife, Sie Meiner lebhaften Anerkennung zu versichern und Ihnen insbe—⸗ sondere für die rastlose Bemühung, wie für die Einsicht zu danken, mit der Sie seit mehr als zwanzig Jahren die Finanz -Verwaltung leiteten, Ordnung und Klarheit in alle Zweige derselben brachten, pünktliche Erfül⸗ lung der ihr obliegenden Verbindlichkeiten zur unabweichbaren Nichtschnur erhoben und eben hierdurch den Kredit des Staates dauernd befestigen halfen. Das Land, dessen bin Ich gewiß, theist Meine Gefühle; sein ge— rechtes Vertrauen ist Ihnen bleibend erworben. Mit dem herzlichen Wunsch, daß der Himmel Ihnen vergönnen möge, sich den schwierigen Geschäften Ihres Amtes noch recht lange zu widmen, verbinde Ich die erneuerte Versicherung der vorzüglichen Achtung und wahren Zuneigung, womit Ich verbleibe Ihr ergebener (gez.) Leopold. Karlsruhe, den 1. Mai 1843.“

Hamburg, 5. Mai. (Hamb. K.) Der fünfte Mai bleibt in Hamburgs Geschichte ein unvergeßlicher Tag. Heute ist es Jah— resfrist, seit in der ersten Stunde jenes verhängnißvollen Tages die Sturmglocke des St. Nikolai Thurmes, noch unbewußt seines bevor— stehenden Sturzes, den Beginn einer Natastrophe verkündete, wie die neuere Zeit ihres Gleichen kaum aufzuwessen hat, und die unsere vielgeliebte Vaterstadt dem Verderben preisgegeben haben würde, hätte nicht die schützende Hand des Allmächtigen der Verheerung Ein⸗ halt geboten. Nicht dem Hamburger allein, auch Deutschland und dem Auslande muß es die innigste Freude gewähren, wenn sie einen Blick auf das werfen, was innerhalb Jahresfrist geschehen, um die Spuren des Unheils zu vertilgen. lleberall, wo die Erlaubniß zum Bau ertheilt worden, steigen die Straßen wie durch Zauberschlag empor: Deichstraße, Rödingsmarkt, Steintwiete, Görttwiete, Hopfen markt, Neucburg (Wasserseite), Neuerwall, große Bleichen, alter Jungfernstieg, Bergstraße, Holzdamm Wasserseite), Pferde⸗ markt. Breitenstraße, Rosenstraße, Linienstraße sind zum gro⸗ ßen Theil wieder erstanden oder im Bau begriffen; auch in anderen Straßen wird thätig gearbeitet, und da, wo das umfassende Expropriations-Gesetz, das ehrenhafte Resultat freistadti⸗ scher Hingebung, eine neue Gestaltung der Stadt möglich gemacht hat, sind Tausende regsamer Hände, hier mit Nivellirung, dort mit Erhöhung und Erweiterung der alten Straßen oder Anlegung neuer beschäftigt, und schon vermag der sorgfältige Beobachter, besonders in der ümgegend der neuen Börse, die so wunderbar inmitten des Flammenmeeres erhalten worden, die Reaglisirung des neuen Bau planes zu erschauen. Noch im Laufe des Sommers werden mehrere der neuen Straßen in Angriff genommen; allmälig bildet sich der Damm der an der rechten Seite des AlsterBassius anzulegenden Fortsetzung des Jungfernstiegs, die eine neue Zierde unserer Stadt zu werden verspricht; eine eigends zur Abtragung des Walles von der Lombards⸗ Briicke bis zum Steinthor zu errichtende Schienenbahn wird diese Arbeit beschleunigen. Von Staatsbauten wird bei der Masse und Dringlichkeit anderweitiger Arbeiten zunächst wohl nur die Erbauung der unumgänglich nothwendigen Brücken vorgenommen werden können. Der widrige Anblick der Trümmer ist fast überall verschwunden: nur noch zwei gewaltige Ruinen fesseln mit tiefer Wehmuth das Auge; doch wird, wie wir hoffen, der unschöne Thurmstumpf der St. Nikolaihirche, den einc mißverstandene Pietät uns erhalten möchte, bald dem Voden gleich

gemacht seyn, und auch an den Trümmern der St. Petrikirche ist bereits einige Thätigkeit zum Behufe des Ausbaues sichtbar. Möge die fromme Milsthäͤtigkeit unserer Mitbürger, die schon so manches Scherflein zur Herstellung unserer Gotteshäuser dargebracht, nicht , . sondern an der baldigen Verjüngung der herrlichen Dome erstarken!

Spanien.

O Madrid, 25. April. Der Kongreß der Deputirten, obwohl

noch nicht förmlich konstituirt, fährt fort, der Negierung den entschiedensten Widerspruch zu zeigen. Es vergeht keine Sitzung, in der nicht mehrere der Wahlen, die auf hohe Beamte oder ministeriell gesinnte Personen gefallen sind, für nichtig erklärt würden. Bei diesen Abstimmungen ergiebt sich ein Verhältniß von zwei Dritteln zum Nachtheile der Re⸗ gierung, und dieses Verhältniß steigt in demselben Maße, als man einen baldigen Wechsel des Ministeriums für unvermeidlich hält. Desto eifrigere Schutzredner hat dagegen die Regierung, und namentlich der Negent, im Senate gefunden, in dessen Mitte die meisten derjenigen einflußreichen Personen einen Sitz gefunden haben, denen es an der Aufrechthaltung des seit dem eingetretenen Wechsel der Regentschaft eingeführten politischen Systems vorzüglich gelegen ist. Diese vor⸗ herrschende Gesinnung spricht sich am deutlichsten in dem Ent⸗ wurfe der Adresse aus, welche die Regierung in so uner— wartet kräftigen Ausdrücken unterstützt, daß sse zu der Be⸗ merkung Veranlassung gegeben hat, der Senat wäre ministerieller gesinnt, als die Minister. Die Deputirten der Oppositions- Partei behaupten, der Regent wäre gesonnen, diese Adresse zum Vorwande zu nehmen, um, unter Berufung auf den Widerspruch, welcher zwi⸗ schen beiden Kammern herrsche, die Cortes aufzulösen, so bald der Kongreß mit der seinigen, die ohne Zweifel ein schroffes Gegenstück zu der des Sengtes bilden wird, hervortreten würde! Die Presse drückt sich über letztere im Tone des tiefsten Unwillens aus, und be⸗ schuldigt die Urheber jenes Aktenstückes geradezu des Verrathes an der Nation und der Abtrünnigkeit von den Grundsätzen, die der September-Revolution zur Rechtfertigung dienen sollten. Zuerst wird gerügt, daß die Adresse mehrere Punkte zur Sprache bringt, über welche die Thron Rebe selbst, wie über glühende Kohlen, hinweg- schlüpfte. Man tadelt das sichtbare, Bestreben, die kaum besei tigten Zänkereien, die ein Mißverhältniß mit Frankreich herbei⸗ führten, aufs neue zur Sprache zu briugen. Man erstaunt dar⸗ über, daß die Adresse den Aufstand von Barcelona in ernster Sprache verdammt und den Regenten ermahnt, mit noch unerbitt⸗ licherer Strenge gegen alle Aufrührer einzuschreiten, während man er⸗ wartet hatte, der Senat werde die Minister wegen der ihnen Schuld gegebenen Verletzungen der Verfassung in Anklagezustand versetzen. Fast noch größeren ÄAnstoß erregt die Stelle der Adresse, in welcher der höchste Unwille über den von der periodischen Presse begangenen Unfug ausgedrückt und auf schleunige und kräftige Abhülfe dieses Uebelstandes gedrungen wird. Endlich blickt man mit Mißtrauen auf die Worte, in denen es heißt, der Senat zolle dem Regenten seinen Beifall, weil er sich angelegen seyn lasse, der Königin die Zügel der Regierung zu übergeben, sobald der gesetzliche Zeitraum erschiene, daß aber die Absichten und Hoffnungen des Regenten vereitelt werden würden, wenn er nicht zuvor die in der Adresse bezeichneten Maß⸗ regeln ergriffe. „Was bedeuten diese Worte?“ sagt der Castel⸗ lano, „daß, wenn der befürchtete 10. Oktober 1844 (von dem wohlweislich im Entwurfe der Adresse keine Rede ist) erscheint, man der Königin sagen könne: „„hier sind die Zügel des Staates““, in der sicheren Überzeugung, daß die wirkliche Regierung, die Herr— schaft, in den Händen der Rotte bleiben werde.“

Die Diskussion der Adresse des Senats begann gestern. Unter den zahlreichen Zuschauern, welche die Neugierde in den Saal ge⸗ führt hatte, bemerkte man außer mehreren Mitgliedern des diploma⸗ / tischen Corps, auch die Herren Olozaga, Cortsna und einige andere Deputirte von Bedeutung. Die beiden Senatoren Olavarrieta und Snbovilla erhoben Einwendungen gegen den Entwurf der Adresse, indem sie dieselben Sätze zu entwickeln suchten, welche bereits von der Presse aufgestellt wurden. Der Senator Lander, ein vertrauter Freund der Herren Gonzalez und Calatrava, vertheidigte dagegen den Entwurf im Namen der Kommission. Er schloß mit folgenden Wor⸗ ten: „Der Regent wird in den Privatstand zurückkehren, so bald die Königin Isabella II. vierzehn Jahre zurückgelegt haben wird, zufolge der unumstößlichen Vorschrift der Constitution, welcher alle Spanier ohne Ausnahme zu gehorchen haben.“ Diese so unumwundene Er⸗— klärung hat hier um so größeres Aufsehen erregt, da sie aus dem Munde eines Mannes kömmt, der in die Geheimnisse der Ayacuchos eingeweiht seyn muß. Die Gegner des Regenten behaupten gerade jetzt mit großer Bestimmtheit, daß in mehreren Provinzen bereits Adressen abgefaßt würden, um die Verlängerung der Regentschaft Espartero's zu verlangen. Allerdings erregen folgende Worte des Eco de Aragon, eines dem Herzoge de la Vitoria gewidmeten Blattes, Befremden: „Im Alter von vierzehn Jahren kann eine Frau noch keinen eigenen Willen haben; ihr Verstand ist noch nicht reif genug, um das Böse deutlich vom Guten unterscheiden zu können. Ihr Gemüth wird sich leicht durch den Betrug ihrer Rathgeber leiten lassen; ihre geringe Erfahrung in Staatsgeschäften wird stets dem Gutdünken eines Günstlinges nachgeben.“

Mehr als 80 Deputirte haben einen Antrag unterzeichnet, durch den der mit dem Hause Rothschild abgeschlossene Quecksilber⸗Kontraft für ungültig erklärt werden soll. Es fragt sich indessen gar sehr, ob ein solcher Antrag auch die Genehmigung des Senates erhalten werde.

Der in der Nacht vom 22sten don hier nach Paris abgegangene Französische Gesandtschafts Courier wurde drei Meilen von hier von dier Räubern angefallen, die jedoch von der Eskorte zurückgeschlagen wurden. Wenige Stunden später ward der Courier aufs neue über⸗ fallen, und seines Geldes beraubt. Hier in Madrid haben Raub und Mordthaten so sehr überhandgenommen, daß sogar das Ayuntamiento aun das Ministerium die Aufforderung gerichtet hat, diesem Unwesen abzuhelfen.

Abends. Heute wurde die Diskussion der Adresse im Senate fortgesetzt. Herr Ferrer, Mitglied der provisorischen Regentschaft, einer der, Verfasser dieses Aftenstückes, behauptete, nicht die Revolu⸗= tionen wären zu verdammen, sondern die Veranlasser derselben. Der Senator Infante (derselbe, an den der vielbesprochene Brief des Gefe politico von Badajoz gerichtet war, der die Ausweisung der vertrauten Freunde des Herrn Infante zur Folge hatte) 2. darauf eine gegen Herrn Guizot gerichtete Rede, von der ich heute nichts mittheile, indem ich vorziehe, den amtlichen Abdruck abzuwarten.

S Paris, 2. Mai. Die sämmtlichen Mitglieder des neuen Ayuntamiento von Barcelona haben sich bis auf zwei nach und nach dazu verstanden, die ihnen durch die Wahl ihrer Mitbürger übertra⸗ genen Plätze in der städtischen Behörde einzunehmen. Jene beiden Ausnahmen werden durch die Herren Aguller und 3 einen der bedeutendsten Kapitalisten Cataloniens, gebildet. Das n hat sich jetzt bewogen gefunden, an diese beiden Mäm ben zu richten, in welchem es dieselben in d ,,. auffordert, der Nun fzg r m an ,.

kung nicht länger zu versag