1843 / 171 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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dernen Französischen Dramaturgie betrachtet wer⸗ en ,,,, 2 22 die gefeierte Tragödie Luer ce des jungen Ponsard verdanken, welche das Théatre frangais gar nicht e fret wollte. Da es erwiesen ist, daß das Odeon⸗Theater wegen der weiten Entfernung aus dem Centrum von Paris ohne Subvention sich nicht erhalten kann, so begehrt die Regierung, welche den Nutzen eines zweiten Theatre frangais einsieht, vor der Hand eine Subvention von 60900 Fr. zu dessen Gunsten. Ohne die Nothwendigleit der Subvention bestreiten zu wollen, findet die Budget⸗ Kommisslon, daß nicht die Regierung, sondern die Stadt Paris jene Subvention geben soll, weil Paris allein unter allen Städten Frank⸗ reichs kein Theater subventionirt, sondern auf Kosten der übrigen Departements ihre drei Haupt⸗Theater vom Staate unterhalten läßt.

F Paris, 16. Juni. Die Eisenbahn⸗Kommissionen der De⸗ putirfen⸗Kammer haben sich sämmtlich dahin ausgesprochen, daß der Bau der Bahnen und deren Ausbeutung, selbst da wo der Bau auf Kosten des Staats bereits erfolgt ist, wie auf der Linie von Valen⸗ ciennes und von Lille nach der Belgischen Gränze, der „Privat- Industrie“ zu überlassen sey. Wir wollen uns nicht bei jenem Aus— drucke aufhalten, der nun einmal in die Französische Geschäftssprache übergegangen ist, obgleich die Actien⸗Speculationen der Geldmänner sich zu der wahren Industrie, das heißt, zu der gewerblichen Thätig⸗ keit, zu der schaffenden Arbeit ungefähr eben so verhalten wie die Spielbanken unserer Badeorte zu einem ehrlichen Wechsler-Geschäfte. Wie sonderbar aber, daß man in der Kammer und in der Presse darüber einverstanden ist, jene großen Unternehmungen zum öffent— lichen Nutzen den Händen des Staats zu entreißen, und sie dem geld— süchtigen Interesse der Kapitalisten unterzuordnen, während man auf der anderen Seite in derselben Kammer und in derselben Presse in allen übrigen Verhältnissen systematisch darauf hinarbeitet, alle öffentliche Gewalt in der obersten Staats Behörde zu konzentriren. Dieselben Stimmen, welche verlangen, daß die Depar— temental⸗Behörden und daß die Gemeinden um jeden Preis unter der strengsten Vormundschaft des Staats gehalten werden, dieselben Stim— men, welche das Vaterland in Gefahr erklären würden, wenn das Gesetz den Munizipalräthen erlaubt, ohne vorgängige Autorisation des Ministeriums auch nur einen neuen Dachziegel auf das Gemeindehaus legen zu lassen, dieselben Stimmen fordern zu Gunsten der großen Finanz=Gesellschaften die Konzession von Anlagen, bei deren Ausfüh⸗ rung und Verwaltung nicht nur die Nation als Ganzes, sondern auch so zu sagen jedes einzelne Individuum unmittelbar betheiligt ist. Wo⸗ durch läßt sich diese räthselhafte und inkonsequente Vorliebe für die Eisenbahn⸗Gesellschaften und ähnliche Spekulanten Compag⸗ nieen erklären? Liefern sie etwa bessere oder wohlfeilere Arbeiten als der Staat? Die bisherige Erfahrung ist weit entfernt, eine solche Annahme zu rechtfertigen, und überdies würde der Staat den Selbst⸗ besitz seiner großen Verbindungsstraßen im schlimmsten Fall durch einigen Mehraufwand nicht zu theuer bezahlen, um so weniger, als das, was in diesem Augenblick auf dem Nhone⸗Rhein-Kanale vorgeht, eine glänzende Probe der eventuellen Vortheile giebt, die man von der Herbeiziehung der Actienmänner zu National- Unternehmungen dieser Art zu hoffen hat. Nein, die Ursache jener Begünstigung der Kapitalisten-Gesellschaften durch die wahren oder angeblichen Sigane der öffentlichen Meinung ist wohl in anderen Umständen zu suchen, denen wir hier aber nicht weiter nachforschen wollen.

Man hört alle Tage dringendere Klagen über die Unzulänglich keit der Pariser Krankenhäuser und Spitäler für die große Zahl derjenigen, welche ein Unterkommen in denselben zu su— chen genöthigt sind. Es vergeht kaum ein Tag, wo nicht jede dieser öffentlichen Heilanstalten, und besonders das Hotel Dien, Dutzende von Hülfesuchenden wegen Mangel an Platz zurückweisen muß. Die Zahl der Betten in den sämmtlichen Pariser Spitälern ist seit vierzig Jahren nicht vermehrt, ja sie hat sogar abgenommen, sie ist von 5620 auf F650 gefallen, obgleich inzwischen die Bevölke⸗ rung der Stadt von 700,000 Menschen auf wenigstens eine Million gestiegen ist. Dagegen ist das Budget der Spitäler, das nach 1820 nur 9g Millionen betrug, jetzt allerdings verdoppelt; es beläuft sich für 1843 auf mehr als 18 Millionen. Ob wenigstens die Kranken durch diese Vermehrung des Aufwandes gewonnen haben, mag dahin gestellt bleiben, doch möchte man es fast bezweifeln, wenn man Professoren und Aerzte über den Zustand der Spitäler, und namentlich über die Nährung und Verpflegung der Kranken reden hört.

Grossbritanien und Irland.

Unterhaus. Sitzung vom 14. Juni. Die Berathung über die der Prinzessin Auguste von Cambridge zu bewilligende Apanage wurde an diesem Abend im Ausschuß des Hauses wieder aufgenommen. Herr Hume begegnete dem ministeriellen Antrage durch ein Amendement des Inhalts, daß der Herzog von Cambridge lange genug ein Jahrgehalt aus dem Staatsschatze bezogen habe, um im Stande zu seyn, seine Kinder zu versorgen, und daß es daher, zumal in der jetzigen Lage des Landes, unzweckmäßig scheine, eine Bewilligung zu Gunsten der Prinzessin Auguste zu machen. Herr Hume motivirte dieses Amendenient in einer längeren Rede, in wel— cher er sich auf die vielfachen liberalen Geldbewilligungen des Par laments zu Gunsten der Königlichen Familie selbst bis in die eutfern⸗ teren Grade hin berief. Er berechnete, daß die Königliche Familie 700,000 Pfd. aus dem Staatsschaͤtze beziehe, darunter der Herzog von Cambridge 27,9000 Pfd., und verlangte, daß das Haus nicht cher die verlangte Apanage bewilligen solle, als bis der Herzog von Cambridge, der 18 bis 15 Jahre lang neben seinem Jahrgehalt als Englischer Prinz noch ein bedeutendes Gehalt als Vice-König von Hannover bezogen habe, schriftlich erkläre, baß er außer Stande sey, seiner Tochter eine Mitgift zu geben. Das Amendement wurde nur n Herrn ö unterstützt, dagegen von den Herren Liddell, Sir z. . ö. Dberst Wood, F. Baring und Sir Robert Pee in n welcher Letztere zunächst darauf aufmerksam machte, daß 3 Herzog von Cambridge nichts als seinen Jahrgehalt besitze, dann hervorhob., daß vie Apanagirung der Prinzessinn erst nach dem Tode des Herzo e n n , „des,. Herzogs eintreten solle, und endlich darzuthun suchte, daß die Königliche Familie jetzt um so mehr Berück— tise n; in Angelegenheiten Liefer Art verbiene, da seit Georg III. die früheren erblichen Einkünfte der Krone dem State überlassen . an, . . warte. var nf neee 5 immen verworfen und der ursprünglie Mus s hn ng. prüngliche Antrag vom Ausschusse

Unterhaus. Sitzung vom 15. Juni. r . ham, der Minister des Innern, gab in dieser iran 63 61 erwähnt, die Erklärung ab, daß die Regierung die von den Dissen⸗ ters so heftig und beharrlich angefochtenen Klauseln der Fabrst Bill welche sich auf die Regulirung des Unterrichts beziehen, zurücknehme Die Klauseln sind bekanntlich schon einmal aus Rücksicht auf die Dissenters von den Ministern modifizirt worden, und Hen damals hatte Sir James Graham erklärt, daß er der Maßregel nur dann Erfolg versprechen dürfe, wenn man allgemein im Lande die Bill in ihrer mobisizirten Gestalt als eine Maßregel der Vereinbarung und gegenseitiger Nachgiebigkeit anzuerkennen sich bereit zeige. zuß diese

Erklärung sich beziehend, äußerte nun der Minister, daß er sich in seinen Hoffnungen durchaus getäuscht gesehen habe, denn wenn auch von Seiten der herrschenden Kirche keine Einwendungen gegen die vorge⸗ schlagenen Modisicationen vorgebracht worden seyen, so hätten dieselben bei ihr doch auch durchaus keine thätige Unterstützung gefunden, wäh⸗ rend die Dissenters in ihrer Opposition gegen die modifizirte Bill ganz mit demselben Eifer aufträten, den sie gegen die Bill in ihrer ürsprünglichen Gestalt gezeigt. Wenngleich daher das Uebel, gegen welches dieser Theil der Bill gerichtet sey, die so leicht Verbrechen und Vergehen erzeugende Unwissenheit unter der Klasse der Fabrik⸗ Arbeiter, nach wie vor fortbestehe, und wenngleich vorauszusehen sey, daß selbst den eifrigsten Privat-Bestrebungen in Bekämpfung dieses Uebels nicht der Erfolg versprochen werden könne, den eine legislative Maßregel haben würde, so glaube doch das Ministerium, da es eine Ver⸗ schmelzung der Ansichten nicht zu Stande bringen könne, in dieser so wich tigen Angelegenheit keinen parlamentarischen Zwang anwenden zu dürfen, und sehe sich daher genöthigt, seine Vorschläge, d. h., die auf diesen Gegenstand bezüglichen Klauseln der Bill zurückzunehmen, ein Entschluß, den er, der Urheber der Bill, besonders auch schmerzlich empfinde, weil er sich bewußt sey, dieselbe ohne alle Rücksicht auf Partei⸗ und Sekten⸗Interessen entworfen zu haben. Was die übri— gen Klauseln der Bill betreffe, die Bestimmung der Arbeitsstunden und dergleichen, so ständen dieselben mit den vorerwähnten zum Theil in so enger Verbindung, daß er sich vorbehalten müsse, nähere Auf⸗ schlüsse darüber zu geben, wie die Regierung in Betreff derselben verfahren wolle. Eine Anfrage Lord John Russell's, ob die Re— gierung den Gegenstand in der nächsten Session wieder aufnehmen werde, verneinte Sir James Graham, versprach indeß auch über diesen Punkt am 19ten d. M. noch nähere Aufschlüsse zu geben. Hierauf wurde die Kanadische Kornbill zum drittenmal verlesen, also definitiv angenommen, nachdem der bekannte Ultra⸗-Tory, Oberst Sib⸗ thorp, noch durch seinen Antrag, ihre Verlesung 6 Monate auszu⸗— stellen, den letzten Versuch dagegen gemacht hatte. Sein Amendement wurde mit 150 gegen 75 Stimmen zurückgewiesen. Lord Stanley wiederholte bei dieser Veranlassung, daß diese Bill Kauada und nur Kanada betreffe, und daß er sich weder hinsichtlich Neuschottlands, noch Neubraunschweigs auf irgend ein bestimmtes Versprechen einlassen könne. Die Irländische Waffenbill sollte hierauf im Ausschusse erörtert werden; ehe es aber dazu kam, beantragte das Irländische Mitglied Herr Wyse, von Herrn Blewitt unterstützt, die Erneunung einer besonderen Kommission, welche die Statthaftigkeit ihrer Bestimmun— gen untersuchen sollte. Lord Eliot wandte zwar ein, daß die Bill im Wesentlichen eben so abgefaßt sey, wie diejenige, die schon seit 50 Jahren bestanden habe, konnte aber eben so wenig, wie der General- Prokurator für Irland, Herr Smith die Vertagung der Debatte verhindern, worauf von Herin S. Crawford angetragen wurde. Herr Hume tadelte unter Anderem diese Maßregel aufs heftigste. Gerade solche strenge und ungerechte Maßregeln, meinte er, nährten den aufgeregten Zustand in Irland. Er habe sich derselben auch jedesmal, so oft sie vorgekommen, er glaube 14mal, widersetzt, sie möge nun von Whigs oder von Tories beantragt worden seyn. Außerdem wurde auch die auf Irland bezügliche Bill wegen Eides⸗ leistung der Katholiken zum drittenmale verlesen und angenommen.

Unterhaus. Sitzung vom 16. Juni. (B. H.) Zu An fang der Sitzung richtete r. Bowring eine Anfrage an die Minister über den Stand der Unterhandlungen wegen des Stader Zolles. Aus den Antworten, welche Herr Gladstone und Sir Robert Peel ertheilten, geht hervor, daß die Unterhandlungen we⸗ gen des Zusamwentritts der Elb-Schifffahrts - Kommission suspendirt worden, deren Resultat England abwartet, ohne sich jedoch verpflich= tet zu haben, daß es sich demselben unterwerfen wolle. Nachdem darauf Herr Blewitt zum folgenden Tage eine Anfrage an die Minister darüber angekündigt hatte, ob sie es zweckmäßig fänden, daß

der König von Hannover als Souverain eines fremden Landes in der

Britischen Legislatur Sitz und Stimme habe, wurde die auf eine bereits vom Hause angenommene Resolution begründete Bill wegen der eventuellen Apanagirung der Prinzessin Auguste von Cambridge mit 141 gegen 37 Stimmen genehmigt. Die Debatte über die Ir— ländische Waffen-Bill, welche dann fortgesetzt wurde, nahm in Folge einer fehr beredten Erwiederung Lord J. Russell's auf eine Rede Sir J. Graham's eine für die Minister sehr bedenkliche Wendung. Beim Abgang der Post, um 2 Uhr Morgens, sprach Lord Stanley.

London, 16. Juni. Ministeriellen Blättern zufolge, hat die Königin ihre Absicht, Irland in diesem Jahre zu besuchen, wegen des aufgeregten Zustandes daselbst nun gänzlich aufgegeben; dagegen wird Ihre Majestät wahrscheinlich mit ihrer Familie wieder einige Zeit zu Walmer Castle, der Besitzung des Herzogs von Wellington, zubringen.

7 London, 16. Juni. Der Bischof von London hat so eben seinen Pfarrern durch ein Rundschreiben angezeigt, daß er nicht auf augenblickliche Einführung der von ihm geforderten Neuerungen im Gottesdienste bestehe, sondern es ihrer Klugheit überlasse, welche Zeit sie dazu wählen sollten. Er hätte nie, setzt er hinzu, solchen Widerstand von der Laienschaft erwartet, als sich geäußert habe. Es scheint, daß, obgleich man unter dieser noch zu keinem öf fentlichen Beschlusse gekommen war, wie diesen Neuerungen zu begeg nen sey, der Bischof doch viele Gelegenheiten gehabt hat, sowohl mit⸗ telbar als unmittelbar von deren Unwillen Kenntniß zu erhalten, Was ihn wohl aber am meisten erschreckt haben mag, war, daß bei Lord Ashley zwei Versammlungen stattgefunden hatten, wobei mehrere der einflußreichsten Edelleute und Herren zugegen waren . nan sich über einen Protest zu vereinigen suchte, welcher dem Publikum in einer öffentlichen Versammlung zur Annahme vorgelegt, werden sollte. Dieses edlen Lords hochverehrter Name würde freilich das große Interesse in bedeutende Aufregung gebracht haben, wel, ches sich in Exeter Hall repräsentirt sindet und namentlich in der Kirchen Missions⸗ Gesellschaft hervortritt ö welche den hochkirchlichen Missions-Verein so sehr überflüigelt. Aber an diese würde sich eine große Masse denkender und thätiger Köpfe angeschlos⸗ sen haben, bei denen sonst das religiöse Element nicht auffallend her vortritt, die aber ein gereinigtes Christenthum als die Stütze aller Gewissens und Denkfreiheit schätzen und sich dem Aufkommen einer Priesterherrschaft mit allem Eifer entgegensetzen würden.,

In Oxford ist immerfort Alles in Gährung. Man überzeugt sich allmälig, daß die Behörden ganz gesetzmäßig verfahren; und Alle, denen es um den Frieden der Kirche und das Gedeihen der Univer⸗ sität zu thun ist, sollen Dr. Pusey dringend anliegen, seine Predigt nicht drucken zu lassen. Er aber soll bei seinem ersten Entschluß be⸗ harren und meinen, wenn er dieselbe mit einer Reihe von Citationen aus Anglikanischen Kirchenlehrern begleite, welche, ähnliche Ansichten über das Abendmahl ausgesprochen hätten, so müsse er gerechtfertigt erscheinen. Die Frage wird aber hierdurch zur Entscheidung kommen, ob folche einzelne Meinungen oder der klare Sinn der symbolischen Artikel' der Kirche den Predigern die Regel geben dürfen, und die Bischöfe müssen sich deutlicher erklären, als sie es noch gethan 7.

Die Reben, welche kürzlich in dem Katholischen Institut gehalten worden, besonders die des Lord Camoys, machen außerordentliches Aufsehen, und die Times möchte ihren Lesern einreden, die Papisten

hätten so gesprochen, weil sie die Puseyiten als ihre gefährlichsten Gegner betrachteten und sie in der Meinung der Anglikaner zu stürzen wünschten. Uebrigens ist eben der fünfte Orforder Geistliche zum Papstthum übergetreten, ohne sich von der Reue einiger seiner Vor gänger, namentlich Sibthorp's (der sogar bereits suspendirt seyn soll, von diesem Schritt abschrecken zu lassen.

Der Abfall unter der Laienschaft in Schottland von der allge= meinen Schottischen Kirche soll bei weitem nicht im Verhältniß mit dem Austritt der Geistlichkeit stehen. Indessen ist dort in diesem Augenblicke der Parteigeist so groß, daß man jede Nachricht mit Zweifel aufnehmen muß.

In Irland geht Alles denselben Gang. Die Regierung ist in⸗ dessen besonders beflissen, jeden haltbaren Punkt an den Küsten zu verstärken und zu besetzen, ein klarer Beweis, daß sie Angriffen von außen zuvorkommen zu müssen glaubt.

kl London, 16. Juni. Sir James Graham zeigte gestern Abend im Unterhause an, daß die Regierung beschlossen habe, die Unterrichts- Klauseln der Fabrik-Bill fallen zu lassen. Als ich Ihnen die Bestimmungen dieses Gesetz⸗Vorschlages mittheilte, übertrieb ich keinesweges die Vortheile, welche sie den unwissendsten und uncivili⸗ sirtesten Elementen der Nation zu gewähren versprach, noch auch die Wichtigkeit, welche Sir R. Peel auf ihre Annahme legte. Aber der Verlust dieser positiven Wohlthaten und die Täuschung dieser Hoff nungen ist nur ein Theil, und nicht der größte, des Uebels, welches diese zurücknehme, in sich schließt. Genau untersucht, ist das Schicksal dieser Bill ein nur zu deutliches Zeichen von all den schlimmen Folgen des religiösen Fanatismus in England und von den aus dieser Quelle entspringenden Schwierigkeiten, die dem Ministe⸗ rium sehr viel von seiner politischen Stärke rauben. Tie Maßregel sollte, wie man wünschte, eine versöhnende seyn, eine Vereinbarung zwischen der ausschließlichen Autorität und Thätigkeit der Englischen Kirche und den Freiheiten der Dissenters; aber wenn sie schon von Seiten der Kirche nur mit einem ziemlich widerwilligen und mißtraui— schen Nachgeben angenommen wurde, so traten ihr vollends die Di senters mit allgemeiner und rückhaltsloser Feindseligkeit entgegen. Nie wurde eine dem Parlament vorgelegte Maßregel vom Unterhause mit so wenig Partei⸗Leidenschaft und dagegen von bedeutenden Kör— perschaften in der Nation mit solcher Factionswuth aufgenommen. Es sollen nahe an 18,0900 Petitionen gegen dieselbe überreicht wor— den seyn, es dürften also wohl zum mindesten eine Million Indivi duen diese Proteste unterzeichnet haben. Die Kirche ihrerseits Her hielt sich passiv und begnügte sich damit, die Bill nicht zu unterstützen. Die Folge davon war, daß die Maßregel aufgegeben werden mußte.

Man kann nicht füglich sagen, daß die Kirche selbst in diesem Kampf eine Niederlage erlitten habe, denn sie ließ sich gar nicht auf den Kamp ein und zeigte keine Neigung, sich das Gut zu sichern, welches ihr, . Ansicht nach, das Ministerinm darbot. Aber wenn auch die irche hahurch nicht an Macht verloren hat, so ist es doch eben so wahr, daß be n ters, und besonders die Wesleyschen Methodisten, dadurch , gewonnen haben. Die geistliche Gewalt wächst noch mehr als die we 2 he burch Uebung und steigt, wenn sie öffentlich geltend gemacht werden kann. Die Wesleyaner kämpfen für die Aufrechterhaltung ihrer be⸗ sonderen Unterrichts Anstalten, die ein sehr wesentliches Element 6. Institution des Methodismus sind, aber sie sind nicht nur 9 . sich selbst zu vertheidigen, sondern, wo möglich, sogar das Bestehen von konkurrirenden oder ihnen überlegenen Schulen zu hindern, Tie Maßregel, so paradox dies auch klingen mag, ist nicht wegen Schwäche der Kirche, sondern ihrer Stärke wegen fehlgeschlagen; diese Stärke nämlich ist ein hinreichender Antrieb für alle Dissenters, ihre ganze Feindseligkeit gegen sie aufs äußerste anzustrengen, während dieselbe ihrerseits in diesem speziellen Fall nicht zur Unterstützung des Regie⸗ rungs-Vorschlages auf den Kampfplatz trat. Sie flößte Besorgniß ein und entzündete einen fanatischen Widerstand, aber sie that nichts, um die Regierung gegen den aufgeregten Sturm zu schützen.

Diese Thatsache bedarf keiner Erläuterung. Sie setzt es ins hellste Licht, wie wenig Vertrauen die Masse der Englischen Kirchen männer zu den sogenannten konservativen Grundsätzen Sir R. Peel's haben. Ehe sie selbst Vortheile aus seinen Händen annehmen mag, steht die Kirche lieber für sich allein, ihrer hohen Bestimmung, ihrer erhabenen Pflichten sich bewußt, und fest bei dem Glauben beharrend, daß der Unterricht des Englischen Volls ihr Recht sowohl wie ihre Pflicht sey, und daß sie keiner Parlaments-Atten bedürfe, um die eine zu erfüllen oder das andere geltend zu machen.9

So verhält es sich mit dem Schlage, den das Ministerium durch das Mißlingen dieser Bill erhalten hat. Es ist der unversöhnlichen Feindschaft einer dissentirenden Demokratie ausgesetzt und wird von den wirklichen Gewalten einer aristokrgtischen Kirche mit kaltem Arg— wohn betrachtet. Unter diesen drei Mächten ist die Kirche selbst in der That die stärkste, aber es wird in England keine dauernde Ne gierung begründet werden können, die nicht auf den Bund von zweien dieser Elemente gegen das dritte sich stützt.

Uieder lande.

Aus dem Hagag, 16. Juni. Der Prinz und die Prinzessin von Oranien sind von ihrer nach Deutschland unternommenen Reise hier wieder eingetroffen.

8e gi

Brüssel, 17. Juni. Die Herren Gallait und de Biefve, deren große Geniälde (die Abdankung Karls V. und der Kompromiß der Niederländischen Edeln) sich jetzt in Wien besinden, sind eben so wie der Belgische Maler de Keyser zu Mitgliedern der Kaiserlichen Aka— demie der Künste ernannt worden.

Deutsche Bundesstaaten.

Stuttgart, 16. Juni. Diesen Vormittag ist Se. Kaiserl. Hoheit der Erzherzog Stephan von Oesterreich hier angekommen.

5 . ö PDr. H. F. Maßmann, Pro⸗ München, 13. Juni. (A. 3.). Dr. H.;. in. fessor an hiesiger Hochschule und Vorsteher des, , ,. Turnplatzes, derläßt uns morgen, um mit Genehmigung seines Mionarchen, einer Einldbung des Kbnigl. Preußischen Ministeriums zufelge, zwei Jahre lang seine Thätigkeit der Wiebererrichtung von Turnplätzen im König— reich zu widmen.

15. Juni. (Hamb. K.) Nach einem Aufent⸗

n n ,, hai der Prinz Peter von Oldenburg mit seiner Gemahlin und Familie die Residenz Sr. Königl. Hoheit des Groß⸗ herzogs wieder derlassen. Der Prinz brachte den größten Theil sei⸗ ner Zeit in dem zwei Stunden von Oldenburg ö 66 . chlosse des Großherzogs, zu, das jetzt im herrlichsten i. Demel eg, prangt und dor einem reizenden Park und

des ö ; ; nn,, . ist. Se. Durchlaucht hat über Amsterdam die Reise

England angetreten, wo die Prinzessin die Seebäder gebrauchen m iich nach seiner Abreise kam der am Oldenburgischen Hofe

akkreditirte Kaiserl. Russische Geheime Rath von Struve an; er wird, wie man sagt, einige Tage in Rastede zubringen, wohin ihn Se. Königl. Hoheit der Großherzog eingeladen hat.

S c weinz.

Luzern, 10. Juni. (A. 3.) Eine alte Frage taucht gegen⸗ wärtig in der Schweiz wieder auf und nimmt sowohl die Kantons⸗ Regierungen als die Eidgenossenschaft in Anspruch: die Frage der Heimatlosen. Mehr als 800 Menschen jeglichen Alters und Geschlechts, ohne Heimat oder irgend welchen Besitz treiben sich vagabundenartig in der Schweiz herum; ohne Erziehung, ohne Arbeit, ohne Zufluchts—⸗ stätte, in wilder Ehe lebend fristen sie ihr Daseyn durch Landstreiche⸗ rei und Bettelei. Am Rande eines abgelegenen Waldes trifft man oft drei Steine und angebranntes Holz; das ist eine Station der Heimatlosen. Wird eine solche Schaar von der Polizei aufgegriffen, so begnügt sie sich, dieselben bei Nacht und Rebel über die Gränze zu führen und sie einem anderen Kanton aufzubürden, wo ihnen das gleiche Loos bevorsteht. Bereits 1819 wurde durch ein Konkordat die Angelegenheit der Heimatlosen behandelt und Anord— nungen für ihre Einbürgerung getroffen; allein sey es, daß das Kon⸗ kordat nicht genau beachtet wurde, oder daß viele der Eingebürgerten aus Hang zum Müßiggang wieder ihr altes Vagabundenleben antra— ten, oder daß durch äußeren und inneren fruchtbaren Zuwachs die nicht eingebürgerten Familien sich außerordentlich vermehrten: Die Zahl der Heimatlosen ist dermalen wieder so groß, daß neue Maß— regeln nothwendig werden. Der Stand Neuchatel trägt in einem Kreisschreiben vom 25. Mai darauf an, „allen dermaligen Heimat—

losen Duldungsrechte zu gewähren, und durch eine eidgenössische

Kommission untersuchen zu lassen, welchem Kanton sie angehören; ergebe sich, daß sie wirklich in keinem Kanton Anspruch auf das Bürgerrecht hätten, so seyen sie sodann als „eidgenössische Heimatlose“ zu erklä⸗ ren und als solche auf die Kantone zu vertheilen.“ Der Stand

Luzern dagegen bringt den Vorschlag, „die Eidgenossenschaft solle mit

der Französischen Regierung unterhandeln, um den Heimatlosen ein Asyl in Algier zu eröffnen.“ Mit Kreisschreiben vom Tten d. hat nun der Vorort den Ständen die verschiedenartigen Vorschläge mit⸗ getheilt und die Kantone eingeladen, ihre Gesandtschaften auf die nächste Tagsatzung mit Instructionen und Vollmachten zu versehen;

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zugleich drückt der Vorort die Hoffnung aus, es werde sich in der

Schweiz, wo jährlich so große Summen zur Verherrlichung nationaler Feste verwendet werden, auch Hochherzigkeit und Edelsinn genug finden zur Hebung dieses nationalen Unglücks.

w hani en O Madrid, 10. Juni.

Blätter drücken unverholen die Hoffnung aus, daß das Ministerium Becerra⸗Mendizabal geneigt seyn werde, die Interessen Englands vor

zugsweise zu begünstigen. Die Erfahrung wird uns belehren, ob diese: Hoffnung begründet war. Vor der Hand kann man nur so viel sa— gen, daß eine so laut ausgesprochene Zuversicht und die damit ver— bundenen Schmähungen, mit welchen namentlich die Morning Chronicle vom 29ysten v. M. die geachtetsten Männer Spaniens überhäuft, die bereits hier herrschende Erbitterung gar sehr gesteigert haben. Fast jedes Wort der Morning Chroniele enthält eine schreiende Unwahrheit. Die Moderirten sollen auf Espartero geschossen haben, sie sollen die Amnestie verlangen, um ihn ermorden zu können! Linage und Zurbano hätten verbannt werden sollen u. s. w. Fol⸗ genden Umstand scheint man jenseits der Pyrenäen ganz über— sehen zu haben. Die Spanischen Reglements schreiben vor, daß alle in der Hauptstadt befindlichen Generale und Chefs sich dem jedesmaligen Kriegs-Minister vorzustellen und um seine Befehle zu befragen haben, sobald er sein Amt antritt. Alle Generale stellten sich dem Kriegs⸗Minister Serrano vor, nur Linage nicht, der doch als General-Inspecteur der Infanterie in nächster Berührung zu ihm stand. Linage erschien selbst nicht, als der Kriegs-Minister ihn rufen ließ. Ein hier erscheinendes, von Stabs-Ossizieren redigirtes Journal, das Archiv der Armee, sagt, der General Serrano hätte als Minister seine Pflicht nicht gethan, weil er den General Linage, der das Beispiel der Insubordination gab, nicht auf die Festung schickte.

Unsere Nachrichten aus Malaga gehen bis zum 5ten. Am 4dten Morgens erschienen die Spanische Fregatte „Christine“ und die

Brigg „Nervion“ vor dem Hafen. Die Fregatte feuerte einen schar⸗ fen Schuß auf ein Englisches Kauffahrteischiff ab, das in den Hafen ein—⸗ laufen wollte, und nöthigte es dadurch, eine andere Richtung zu neh—

men. Die Artillerie der National -Miliz besetzte darauf die Batte⸗ rieen, bereit, bei dem ersten Zeichen feindlicher Absichten auf die bei⸗ Alle Konsuln fremder Mächte

den Kriegsschiffe Feiter zu geben. Mächt verfügten sich an Bord der Fregatte, um gegen alle Gewaltthätigkei⸗

ten zu protestiren, da der Platz nicht in Blokade-Zustand erklärt wor⸗

den war. Der Befehlshaber der Fregatte gestand ein, gefehlt zu

haben und erklärte, er werde, bis er weitere Vorschriften erhielte, kein

Schiff am Ein- oder Auslaufen verhindern. Am ten gingen die beiden Kriegsschiffe nach Osten unter Segel. Am 1sten war von Malaga eine aus National-Milizen und Truppen bestehende Kolonne unter dem Befehl des Obersten Torremejig ausgerückt, um den Aufstand in der Provinz zu verbreiten. In Loja trennten sich die Truppen von der National-Miliz und stellten sich zur Verfügung des in Jaen befind⸗ lichen General⸗--Capitains Alvarez. Der Oberst Torremejia und die Milizen kehrten darauf nach Malaga zurück. Am ten Abends suchte, wie es heißt, die Junta einige Personen auf, die zu Vermittlern bei der beabsichtigten Unterwerfung dienen sollten. Die Rädelsführer sahen sich nach einem Zufluchtsort um. Der General-Kommandant der Linien von Gibraltar, Baron Carondelet, rückte mit Truppen gegen Malaga vor. Die Regierungs-Beamten hatten sich in den letzten Tagen aus der Stadt geschlichen, um ihre treuen Gesinnungen darzulegen.

In Granada war noch am 6ten die Rede davon, sich den anrückenden Truppen, deren Vortrab sich 6 Leguas von der Stadt befand, zu widersetzen. In der Nacht sollte die National -Miliz mit ihrer Artillerie ausrücken. Der General-Capitain Alvarez befahl von Jaen aus dem Ayuntamiento von Granada, das Kriegsgesetz zu ver⸗ fündigen. Das Ayuntamiento erwiederte, der General möge sich selbst einstellen oder einen Stellvertreter schicken, um jene Maßregel auszuführen. Den in Granada befindlichen Truppen schickte Alvarez den Befehl zu, nach Jaen zu marschiten.

In Cadix fanden in der Nacht vom Zten einige Unruhen statt, die jedoch sogleich unterdrückt wurden. Ein junger Mann verlor da— bei das Leben.

Unsere Nachrichten aus Barcelona gehen bis zum ten, und sprechen von einer dort herrschenden außerordentlichen Aufregung. Das Nähere darüber wird Ihnen auf direktem Wege zukommen. Von Saragossa sind drei Bataillone nach Catalonien abgegangen.

Die Regierung befindet sich in der drückendsten Geld⸗Verlegen⸗ heit, so daß die nach Andalusien bestimmten Truppen nicht mobil ge⸗ macht werden können. In der Bank waren 100,009 Piaster deponirt, die für die dringendsten Bedürfnisse der Geistlichkeit bestimmt waren. Mendizabal hat dieses Geld unter die hiesigen Truppen vertheilen lassen und den Rest nach Barcelona geschickt.

Die uns zugekommenen Englischen

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Diesen Morgen ist der Attaché der hiesigen Englischen Gesandt⸗ schaft, Herr Scott, mit seiner Familie nach London abgereist. Der Königl. Großbritanische Ingenieur- Capitain Lynn, der vor mehreren Jahren das Hauptquartier Espartero's als Englischer Bevollmächtig⸗ ter begleitete, und seitdem zum Vermittler zwischen dem Regenten und der Gesandtschaft diente, begiebt sich ebenfalls heute nach England zurück.

S Paris, 16. Juni. Der Telegraph, wenn er wirklich die Mittheilungen gemacht hat, von denen die gestrige Patrie redet, hat sich ohne Zweifel einmal wieder eine jener Uebereilungen zu schul⸗ den kommen lassen, von denen er bei seinen Berichten aus Spanien in kritischen Augenblicken so oft Proben abgelegt. Nichts ist weniger geeignet, als die heute eingetroffenen sehr frischen Nachrichten aus den verschiedenen Provinzen Spaniens, die Sache der Regierung in einem verzweifelten Lichte zu zeigen. Die nach Andalusien geschickten Truppen stehen vor den Thoren von Granada, das gar nicht daran zu denken scheint, Widerstand zu leisten. Mehrere Com— pagnieen des Provinzial-Negiments von Malaga, von dessen Anschlusse an den Aufruhr so viel Lärm gemacht wurde, haben die erste Gelegenheit benutzt, die sich ihnen dargeboten, um sich von den Insurgenten loszusagen, indem sie denselben zugleich zwei Kanonen weggenommen, mit denen sie sich in die kleine Stadt Loja zurückge—⸗ zogen, um von dort aus zu dem Expeditions-Corps zu stoßen. Was Malaga betrifft, so ist die Verwirrung in dieser Stadt auf das höchste

gestiegen, seitdem am ten zwei Spanische Kriegsfahrzeuge vor dersel⸗

ben erschienen sind und ihre Blokade angefangen haben. Man er⸗ wartete nach den letzten Nachrichten von einem Augenblicke zum an⸗ dern, daß die Junta von Malaga sich einschiffen werde, um sich wo möglich durch die Flucht zu retten. Was Cadir betrifft, so hat der daselbst am ten vorgeksmmene zweite Aufstands-Versuch die un bedingte Ohnmacht der dortigen revolutionairen Partei geliefert. Auf⸗

rührer, welche sich durch eine Hand voll Nachtwächter auseinanderja⸗

gen lassen, werden der Regierung Espartero's, wie schwach man sich

dieselbe immer denken möge, gewiß nicht gefährlich werden. Ein nicht viel weniger klägliches Ende hat der am Sten in Saragossa ge⸗— machte Versuch des Aufruhrs gehabt. Die Ruhestörer hatten sich in

der Arragonesischen Hauptstadt allerdings für einen Augenblick des

Rathhauses und mehrerer Alkalden und anderer Magistrats-Personen durch Ueberfall bemächtigt und dieselben zur Unterzeichnung einer Proclamation gezwungen, allein die Bürgerschaft der Stadt ließ sich nicht in die Bewegung mit fortreißen, die National-Garde trat viel— mehr in die Waffen, um den Aufruhr zu bekämpfen, und die Unruh⸗— stifter hielten es für rathsam, aus den Thoren der Stadt zu ent⸗ weichen, ohne die gegen sie anrückenden Truppen abzuwarten. In Catalonien ist freilich der Zustand der Gemüther und der Zustand der Dinge fortwährend ungünstig für die Regierung, allein er hat sich doch, allem Anscheine nach, nicht weiter verschlimmert. Sehr gut steht es dagegen für die Regierung in Valencia. Die Provinzial-Depu⸗ tation dieses Königreiches hat, in Folge des Verzichtes der Regierung auf die Erhebung der nicht bewilligten Steuern für das laufende Jahr, ein Rundschreiben an die sämmtlichen Ayuntamientos erlassen, in welchem sie dieselben auffordert, die Steuern für die ersten 6 Mo⸗ nate von 1843 freiwillig einzuzahlen. Diese Aufforderung ist nicht allein sehr günstig aufgenommen worden, sondern sie hat auch sofort an mehreren Orten die erwünschte und beabsichtigte Wirkung hervor⸗ gebracht.

ot nn.

A Lissabon, 6. Juni. Ein wichtiges Gesetz, womit sich die Kammer der Abgeordneten jetzt beschäftigt hat, betrifft die Be— steuerung der Erbschaften und Vermächtnisse, d. i. des Uebergangs von Eigenthum aus einer Hand in die andere. Der Finanz⸗Minister, Ba⸗ ron Tojal, setzte bei Motivirung dieser Gesetze auseinander, wie es für die Portugiesische Nation und Regierung, nachdem sich die Staats⸗ Gläubiger im Auslande zu einer Zins⸗-Reduction verstanden hätten, eine wahre Ehrensache geworden sey, die Junta des öffentlichen Kre dits mit den Mitteln zu versehen, um die eingegangenen Verpflich tungen gegen diese Staats-Gläubiger erfüllen zu können. Das in

den zu Bezahlung der Zinsen an sie bestimmten Fonds vorhandene

Defizit schlug er auf 206 Eontos an, und theilt zugleich mit, daß die Junta des öffentlichen Kredits einen Kontrakt mit der Bank abge— schlossen habe, wodurch diese sich anheischig mache, zu Bezahlung der im Juni fällig werdenden Dividende, natürlich in der sicheren Erwar tung, daß die von ihm (dem Minister) den Kammern vorgeschlagenen Finanz⸗-Maßregeln durchgehen würden. Er erinnerte dabei die Kam⸗ mer daran, daß wenn man nicht die Dividenden richtig zahle zu Lon⸗ don, die Coupons dann hierher gesendet und bei Bezahlung der Zölle an den Zollstaaten verwendet werden würden, wodurch nur allseitige neue Verwirrung entstehen würde. Der Minister glaubt, durch Er höhung der Zölle, wie er sie vorschlägt, eine nicht unbedeutende Ver⸗ mehrung der Einnahmen zu erlangen, die er bis auf 140 Contos an schläyt. Er hob noch besonders hervor, daß die vorgeschlagenen Zoll— Erhöhungen vorzugsweise die ausländische Industrie treffen würden,

und machte dabei die Bemerkung, daß es nicht mehr als billig

sey, daß die auswärtige Industrie besteuert werde, um die Mittel zur Bezahlung einer auswärtigen Schuld herbeizuschaffen. Manuel Passos, ein Mitglied der Opposition, wendete dem Minister Zweifel ein, daß eine bedeutende Erhöhung der Zölle dem Staatsschatze von Vortheil seyn werde; die Folge davon werde vielmehr nur der erhöhte Reiz zum Schmuggeln seyn, und der Staatsschatz also vielmehr dabei zu verlieren befürchten müssen. Bei der Erhöhung der Besteuerung der Vermächtnisse und des Ueber gangs von Eigenthum aus einer Hand in die andere wurden einige Amendements angenommen, die auch von ministeriellen Mitgliedern unterstützt worden waren; die Bedeutung der dadurch am Gesetze vorgenommenen Aenderungen war nicht groß, dessenungeachtet machte die Opposition einen gewaltigen Lärm, als wenn das Ministerium be— reits wanke. Die Septembristen traten bei dieser Verhandlung in der ihnen ungewohnten Rolle als vorzugsweise Vertheidiger der Eigen— thumsrechte auf, die bei Wiederherstellung der (gerade von den Sep— tembristen so gehaßten) Charte gewährleistet worden seyen. Da die Maßregel vorzugsweise die Pairs berühren wird, so sprechen sie viel von dem Glanze der Pairie, welcher erhalten werden müsse, von der Nothwendigkeit, derselben die Erhaltung ihres Eigenthunis möglichst zu erleichtern, und sagen, da nun einmal die Charte die erbliche Pairswürde denselben übertragen habe, so müsse man wenigstens ihr Privilegium, von der vorgeschlagenen Steuer befreit zu bleiben, auf⸗ recht erhalten. So argumentirten diese Oppositionsmänner, die stets die Verbammung jedwedes Privilegiums im Munde führen, nur zu dem Zwecke, um vielleicht das Gesetz scheitern zu machen, und dem Finanz⸗Minister eine Hülfsquelle abzuschneiden. Allein ihr Streben ist erfolglos, und in der Ueberzeugung, daß sie ihren Zweck nicht zu erreichen vermögen, suchen, sie jetzs die Entscheidung wenigstens so lange als möglich hinauszuziehen. Der Bericht des Finanz- Ausschus⸗ ses ist der Kammer jetzt vorgelegt und spricht sich durchaus zu Gun⸗ sten der Plane des Finanz⸗Ministers zur Deckung des Defizits aus. In diesem Augenblicke verhandelt die Kammer über ein Stempel⸗ gesetz. Nach der jetzt bestehenden Gesetzgebung muß jede Art von

Druckschriften oder Blättern, Ankündigungen, Papieren zu Ausfertigung von Dokumenten aller Art, mit Ausnahme der Zeitungen allein, ge⸗ stempelt seyn; aber die Erfahrung hat gezeigt, daß der Stempel sehr häusig nachgemacht wird, und also der Staat um die bezweckte Ein⸗ nahme kommt. Es scheint, daß der Nachdruck dieser Stempel keine großen Schwierigkeiten darbietet, und der Deputirte Miranda führte an, daß in der Spanischen Gränzprovinz Galicien sich zwei von Aus⸗ ländern betriebene Fabriken für Portugiesisches Stempelpapier befinden, welche dasselbe in großen Massen nach Portugal einzuschmuggeln wissen. Indeß konnten für diese Angabe keine Beweise beigebracht werden. Aber die Größe des Uebels geht am klarsten daraus hervor, daß der Deputirte Jose da Silva Cabral, Bruder des Ministers, selbst zuge⸗ stand, daß zwei Fälle vorgekommen sind, wo die von der Regierung mit dem Verkaufe des echten Stempelpapiers beauftragten Verkäufer zugleich die Mäkler für das falsche waren.

Die Herzoge von Sachsen⸗-Koburg mit der Prinzessin Clementine bewohnen noch immer die Gemächer im Palaste Necessidades, werden aber in kurzem mit dem Hofe nach CEintra abgehen. Dort hat auch der Englische Gesandte, Lord Howard de Walden, mit seiner Familie eine Sommerwohnung bezogen. Es ist aufgefallen, daß zu dem Staats-Diner, welches zu Ehren der Anwesenheit der hohen Herr⸗ schaften einige Tage nach deren Ankunft gegeben wurde, nur die Ge⸗ schäftsträger von Frankreich und Belgien, als Vertreter der nächst ver⸗ wandten Höfe zugezogen wurden, zumal da man der Meinung ist, daß die Verwandtschaft des Königlichen Hofes zu der Englischen Kö⸗ nigs-Familie nicht minder nahe sey, als zu den Höfen von Belgien und Frankreich.

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Ta Plata⸗ Staaten.

7 Paris, 16. Juni. Die Nachrichten aus Montevideo reichen bis zum 5. April.

ten wollten. .

In Bezug auf die Lage der Franzosen zu Montevideo sagt ein gleichfalls vom ten datirtes Schreiben an ein hiesiges Handelshaus: UUnsere zahlreiche Französische Arbeiter-Bevöllerung, seit zwei Monaten in Folge des Krieges ohne Arbeit und Verdienst, und in der Besorgniß einer Blokade, welche allzu lange noch ihr Elend ver⸗ längern könnte, hat eine Schild-Erhebung gemacht, Da der Konsul sich der Sache widersetzen wollte, zogen ihrer an fünftausend in hel⸗ lem Haufen vor den Regierungs- Palast und erhoben den Ruf: „Man gebe uns Brod und Waffen!“ Heute haben einige ehemalige Fran⸗ zösische Offiziere sich ihnen angeschlossen, um ihnen eine geregelte Or⸗ ganisation zu geben, und so werden wir denn bald ein Regiment ha⸗ ben, das den Titel trägt: „die Kinder von Frankreich.“ Sie verlan⸗ gen keinen Sold, wollen nur Brod und Waffen. Sie seyen keine Söldner, sagen sie, sie wollten sich nur schlagen, um Oribe, der die Stadt belagert, zu verjagen und dann ihre Arbeiten wieder aufneh⸗ men zu können. Sie wollten keinen Schuß thun, sondern mit dem Bajonett angreifen, um schneller mit ihren Gegnern fertig zu werden.“

Mag hierbei auch etwas Französische Ruhmredigkeit mit unter⸗ laufen, so ist doch nicht in Abrede zu stellen, daß der Franzose immer und überall als tüchtiger muthvoller Soldat sich bewährt hat, und daß daher Oribe's Truppen an diesem improvisirten Französischen Corps einen nicht zu verachtenden Gegner finden dürfte.

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7 Paris, 16. Juni. Die Blätter von Haiti bis zum 11. Mai lassen auf eine wirkliche Verbesserung der dortigen Zustände schließen. Doch hatte die provisorische Regierung im Namen des souverainen Volkes eine Proclamation erlassen, welche auf einen befürchteten Mangel an Lebensmitteln zu deuten scheint, der durch die Entfernung einer großen Zahl von Armen von den Arbeiten des täglichen Lebens während der Bewegung zum Sturze Boyer's veranlaßt worden zu seyn scheint. Um nun die Uebel des Volkes, die durch die Kalamitäten des Krieges, durch Feucrebrünste und Erdbeben veranlaßt wurden, einigermaßen zu erleichtern und in Betracht, daß die Stadt Cayes beim Einzug der Armee der Patrioten noch von dem besonderen Unfalle der Ex⸗ ploston des Arsenals betroffen worden war, hat die provisorische Regierung verordnet, was folgt: 1) Die Einfuhrzölle auf die Artikel Reis, Ge⸗ traide aller Art, Schweinefleisch, Kabliau, Makrelen, Heringe, Speck, Butter und gesalzenes Rindfleisch sind in der ganzen Republik auf die Hälfte herabgesetzt. 2) In den Häfen Cap Haiti, Gonalves, Port de Paix, Port au Prince, Caves, Port Plate und Santo Domingo sind die folgenden Artikel zollfrei: Bauholz, Ziegeln, behauene Steine, Schiefertafeln, Pflastersteine, Backsteine, Bretter, Nägel, Schlösser, Federn und anderes zum Häuserbau nöthige Eisenwerk, so wie Farben. I) Es ist den auswärtigen Schiffen gestattet, nach vollständiger Aus ladung der für das Land bestimmten Waaren im Eingangshafen, auch nach tinem oder mehreren anderen Häfen zu gehen, dort, Waaren ein= zunehmen und ihre Ladung zur Ausfuhr zu vervollständigen. , Dekret sollte mit dem 10. Mai in Kraft treten. Das 56 , . Ganzen mit der jetzigen Regierung zufrieden zu seyn und derhü⸗ sich ruhig. ö