1843 / 177 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

eine Stellung einen wesentlichen moralischen Einfluß auf seine 2 aus . Einfluß sey ein für das Gesammtwohl nütz siches konservatives Moment. Verde derselbe aber durch materielle Bevorzugung vermehrt, so dürfte er in ein drückendes Uebergewicht ausarten. Die Gemeinde- Vertretung gehe aus dem Vertrauen der Gemeinde⸗Angehörigen hervor, und fern bleibe jedes Element, welches seine Berechtigung nicht diesem Prinzip, sondern dem Zufall der Ver⸗ hältnisse verdanke. Das Vertrauen sey der mãchtigste Hebel der auf⸗ opfernden Thätigkeit für das Gesammtwohl, das beste Mittel, schöne und edle Kräfte dem Ganzen zu gewinnen und zu verbinden, während im Gegentheil, wenn der Einzelne mit besonderen Rechten der Gesammt heit gegenüber gestellt werde, das Verhältniß sich leicht feindselig gestalte, Vertrauen sich in Mißtrauen verwandle und, statt eines Zusammenwirkens zu dem gemeinsamen Zwecke der materiellen und sittlichen Wohlfahrt, Spaltung und Zwietracht entstehen. Es sey nöthig, daß dem Miß— brauch des Wahlrechts durch Normen vorgebeugt werde, welche in dem Vermögensstande und namentlich in dem Grundbesitz ihren An⸗ haltpunkt sinden; aber der Grundbesitz an und für sich gewähre keine Bevorzugung, damit die Leitung des Gemeinwesens, die nur dem Besseren gebührt und die dem großen Grundbesitzer, wenn er zu diesen gehört, nicht entgehen wird, nicht möglicherweise auch in eine unwür⸗ dige Hand gelegt werde. Diesen Ansichten der Mehrheit gegenüber machte die Minderzahl ihre abweichende Meinung geltend und stützte sich dabei auf das überwiegende Interesse, welches die großen Grund besitzer an den Gemeinde-ÄUngelegenheiten haben, und auf den Um— stand, daß sie nichtsdestoweniger, wenn die fragliche Berechtigung weg⸗ fiele, durch Wahl- Umtriebe von der größeren Mehrzahl der weniger bemittelten Einwohner aus dem Gemeinde-Rathe fern gehalten werden könnten. Die vom Ausschusse vorgeschlagene Redaction lautete dahin: „Der Gemeinde⸗Rath besteht aus gewählten Gemeinde-Näthen, deren Zahl festgesetzt wird, wie folgt: In den Gemeinden von 500 Seelen und darunter auf 5 Gemeinde⸗Räthe. In den Gemeinden von 591 bis 2000 Seelen steigt diese Zahl der Bevölkerung um Einen für jedes Hundert; in den Gemeinden von 2001 bis 5000 Seelen wer⸗ den 25, und in den Gemeinden von 5001 Seelen und darüber 30 Gemeinde⸗Räthe gewählt.“ Ein Abgeordneter der Städte schlägt ein anderes Zahlen-Verhältniß bei Bildung des Gemeinde⸗-Raths vor, welches aber die gewünschte Unterstützung nicht findet. Ein anderer Abgeordneter der Städte hat sich auch schon in dem Ausschuß gegen das vorgeschlagene Zahlen-Verhältniß erklärt, welches er unverhält nißmäßig sindet; er sey gegen die Bestimmung, daß es mit Prozenten steigen solle, was eine groͤße Mannigfaltigkeit in jedem Regierungs Bezirk herbeiführen würde; er glaube z. B. nicht, daß Mayen mit 50690 Seelen so viele Gemeinde Räthe wie Köln mit 80, 000 Seelen haben könne. Ein Abgeordneter der Städte schlägt vor, die Ab— stufung, so wie sie der Entwurf des Aten Landtags gezeichnet, anzuneh⸗ men, was von einem Städte-Abgeordneten unterstützt wird. Ein anderer Städte-Abgeordneter tritt dem Vorschlage des vorigen bei und begehrt, daß bei einer Bevölkerung von 10,000 Seelen aufwärts der Gemeinde⸗Rath aus 30 Mitgliedern bestehen müsse.

Der Landtags⸗Marschall stellt nun die Frage: Soll der Vor schlag des Städte- Abgeordneten, „daß bei einer Bevölkerung von 11,000 Seelen aufwärts der Gemeinde- Rath aus 30 Mitgliedern be— stehe“, angenommen werden? was durch Aufstehen genehmigt wird.

Es wird nun der §. 13 des Entwurfs in folgender Weise ge— nehmigt. „Der Gemeinde-Rath besteht aus gewählten Gemeinde-Räthen, deren Zahl festgesetzt wird, wie folgt: In den Gemeinden von S060 Einwohnern und darunter 6 Gemeinderäthe n S0l bis 2500 dito 9 . y 2500 1500 12 „1501 7000 „15 . 7001 106000 „21

ne. I O0Q0OOQ u. darüber 30

Ein Abgeordneter des Ritterstandes legt nochmals Protest gegen dies Zahlen⸗-Verhältniß ein, indem er die von ihm bewohnte Stadt Düren für die Zukunft nicht um die Hälfte der bisherigen Stadt⸗ räthe beschränkt wissen will.

Bei Erörterung des §. 14 bittet ein Abgeordneter der Städte, überall die Stellvertreter zu vermeiden; es schwäche die Theilnahme an den Geschäften, und wer selten komme, könne auch nicht mit Sachkenntniß urtheilen. Zwei Abgeordnete der Ritterschaft und zwei der Städte, so wie viele Andere stimmen bei. Der Referent: Wenn der Ausschuß darauf eingegangen, so habe er bloß größere Städte ins Auge gefaßt, indem dort häufig eine große Anzahl der Gemeinderäthe in Geschäften verreiset sey und dann eine Berathung ohne Stellvertreter unmöglich werden möchte. Es wurde nun zur Abstimmung des §. 44 geschritten und derselbe einstimmig abgelehnt.

„In Betreff des §. 45 bemerkt ein Abgeordneter der Städte: Wenn die Hälfte aus Grundbesitzern bestehen solle, so müsse es hei⸗ ßen: „aus den Höchstbesteuerten“, sonst wäre es besser, diesen Passus ganz wegzulassen. Ein Abgeordneter der Städte: Es genüge, daß man aktiver Bürger, daß das Gemeinde -Recht wirklich vorhan— den sey, woraus sich dann von selbst ergebe, wer wahlfähig sey. Ein anderer Städte-Abgeordneter: Es werde später der Artikel zur Berathung kommen, wo die Wahlen in Klassen getheilt werden. Dieser Paragraph sey sehr demokratischer Natur, und konsequent mit diesem müsse auch der jetzt in Rede stehende abgefaßt werden. Der Referent: Das Kommunal-Gesetz, mit welchem die Versammlung sich jetzt beschäftige, gehe von dem Grundsatz aus, daß Proletarier aus Jeschlossen bleiben sollen, daß aber ein Census festgestellt und unter denjenigen, welche diesen entrichten, kein Unterschied stattsinden könne, weshalb ein gleiches Wahlrecht festgehalten werden müsse. Dieses würde aber verletzt, wenn die Wähler gezwungen würden, aus einer

Jewissen bevorzugten Klasse wählen zu müssen; er erkläre sich daher gegen das beantragte Amendement, weil im Entwurf hinlänglicher Schutz für gehörige Zusanmenstellung des Gemeinde⸗Rathes vorgesehen sey. Ein Abgeordneter der Ritter , inen Abceor ; 8

1 terschaft fragt einen Abgeordneten der Stadt, welche Klasse unter den Höchstbesteuerlen zu verstehen sey? Derselb erwidert Die Höchstbesteuerten seyen enk, welc z das erst Din . direkten Steuern bezahlen; übrigens möchte ö. den 3 i ö fal lassen, womit sich Viele einverstanden erklären, an als. n. . der ganze §. 45 von der Versammlung einstimmig

Der §. 46 fällt weg; im §. 47 fe je .

k , auch hier . die Stellvertreter aus ei dem 5. 18 war von dem Ausschusse in Erw worden, ob durch Annahme des letzten wl . 6 meindeglieder von den Gemeinde- Aemtern ausgeschlossen oe. ar Dafür wurde geltend gemacht, daß hier und da, jamentlich in den Landgemeinden, die Israeliten noch auf einer zu tiefen Stufe der Kul= tur und bei ihren Mitbürgern in zu geringer Achtung ständen, als daß sie zu Gemeinde⸗Aemtern berufen werden könnten; auch seyen die im Ge! meinde⸗Rathe häufig vorkommenden Schul- und Kirchen⸗Angelegenheiten ein Hinderniß für ihre Heranziehung, und das Staats- Prinzip, welches für alle Anstellungen das christliche Religions-Bekenntniß zur Bedingung macht, müsse auch in der Gemeinde seine Anwendung finden. Dagegen wurde Folgendes angeführt: Eine religiöse Unterscheidung sey schon auf dem Gebiete des Staatsbürgerthums nicht geren nn noch weniger

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aber da zulässig, wo es sich nur um die Leitung des Gemeindehaus halts handle. Schon vor funfzig Jahren seyen in der Rhein- Provinz durch den Grundsatz der Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetze die auf den Israeliten lastenden Beschränkungen aufgehoben worden, und wenn diese Gleichheit, welche in Frankreich bis jetzt ungetrübt fortbestehe, in der Rhein⸗Provinz, namentlich in Bezug auf den Be⸗ trieb von Gewerben, verkürzt worden, so erstrecke sich dies doch keines- weges auf die Gemeinde- Aemter; vielmehr sitzen noch in diesem Augenblicke in den Gemeinde-Räthen von Kleve, Goch und Bonn Israeliten als Mitglieder, und es sey nicht abzusehen, wie die neue Kommunal-Ordnung, von welcher ein Fortschritt im Sinne der Humanität erwartet werde, irgend einer Klasse von Staatsbürgern ein wohlerworbenes, lang' ausgeübtes Recht neh men könne. Wenn in einzelnen Gemeinden die Israeliten, wie ange⸗ führt worden, ihrer sozialen Stellung nach noch nicht zu Gemeinde Aemtern qualisizirt seyen, so würden diese für die Israeliten selbst wie für die Gesellschaft nachtheiligen Zustände durch Maßregeln, wie die hier beabsichtigten, sich verewigen, während nichts mehr geeignet sey, den Menschen in seiner sittlichen Entwickelung zu fördern, als das Bewußtseyn der Gleichstellung in Pflichten und Rechten mit seinem Nächsten. Für die Gemeinde könne kein Nachtheil, wohl aber Vortheil entstehen, wenn den Meistbesteuerten nicht verwehrt sey, ihr Vertrauen auch einem achtbaren Israelitischen Mitbürger und einen nicht acht⸗ baren werden sie ja nicht wählen zuzuwenden; von einem solchen Mitgliede des Gemeinde- Raths aber wäre auch keine nachtheilige Einwirkung auf die Berathung der christlichen Schul- und äußeren Kirchen-Angelegenheiten zu befürchten. Nach uäherer Erörterung der einander gegenüberstehenden Ansichten wurde der letzte Passus des §. 18 zur Abstimmung gebracht, und für denselben von dem Aus— schusse folgende Fassung vorgeschlagen: „Die Gemeinde-Räthe und Stellvertreter werden durch die zur Ausübung des Gemeinde-Raths Befähigten aus ihrer Mitte gewählt.“

Der Referent gab zu den entwickelten Motiven noch folgende historische Darstellung zu Protokoll:

„Die Juden des linken Rheinufers waren durch die Constitution des Französischen Reichs Bürger im vollsten Sinne des Wortes und befähigt zu allen Aemtern im Civil und Militairstande. Klagen aus dem Elsasse gaben Anlaß zu dem Dekrete vom 17. März 1808, welches die Juden in gewerblicher Beziehung einigen Beschränkungen unterwarf. Diese Eremp— tionen bezogen sich übrigens lediglich auf die im fraglichen Dekrete angeführ ten Punkte, ohne die sonstigen politischen und bürgerlichen Nechte im Min desten zu schmälern; ja, um diese recht anschaulich zu machen, wurden am nämlichen 17. März 1808 durch zwei folgende Dekrete (ulletin des lois 1608 Nr. 187) eine dem übrigen Kultus analoge Lrganisation des jüdi schen Kultuswesens verordnet. Der Artikel 18. des Dekrets lautet: „„Die Dispositionen dieses Dekretes sollen zehn Jahre lang in Vollzug kommen, indem wir hoffen, daß mit Ablauf dieser Zeit und durch diese wegen der Juden getroffene Maßregel es keinen Unterschied mehr zwischen ihnen und den übrigen Bürgern des Reichs geben wird.““ Dieser Schlußsatz bekräf— tigt, daß der Gesetzgeber außer den speziell aufgeführten Punkten, deren Geltung auch nur vorübergehend seyn sollte, keinen sonstigen Unterschied zwischen den Be= kennern des jüdischen Glaubens und den anderen Bürgern des Reichs kannte und wollte. Mit Ablauf der 10jährigen Frist hat das Eremptions- Dekret in Frankreich, dem Lande seiner Entstehung, mithin selbst im Elsaß, was den Anlaß dazu gegeben, zu gelten aufgehört. Hier wurden dessen Bestimmun gen durch die Königl. Kabinets-Ordre vom 3. März 1818 bis auf Weite—

aller Bürgerrechte, wurden die Juden bei der Besitznahme 1815 vorgefun— den. Das Besitznahme-Patent des hochseligen Königs sichert den Einwoh- nern jedes Standes den wirksamsten Schutz ihrer Religion und Gerechtsame. Die Bundes-Akte bestimmt im Art. 16, daß 1. die Bundes-Versammlung in Berathung nehmen solle: 2. wie auf möglichst übereinstimmende Weise die bürgerliche Verbesserung der Juden zu bewirken sey, und P, wie insonder⸗

res prorogirt. Unter der Herrschaft dieses Dekrets, im Uebrigen im Genusse

heit denselben der Genuß der bürgerlichen Rechte gegen Uebernahme aller

Bürgerpflichten in den Bundesstaaten verschafft oder gesichert werden könne. Jedoch sollten 2. den Juden bis dahin die denselben von den einzelnen Bun⸗ desstaaten bereits eingeräumten Rechte erhalten werden.“ Klar und deutlich hat sich der hohe Deutsche Bund dahin ausgesprochen, daß es sich lediglich um eine Verbesserung und Erweiterung der bürgerlichen Rechte der Juden und keines— falls um eine Einschränkung derselben handle, da ihnen jedenfalls die inne⸗— habenden Rechte gesichert bleiben sollten. Eine Königl. Kabinets-Ordre vom S8. August 1830 erläutert noch genau übereinstimmend mit der Bundes— Akte: „daß die Rechte der Juden in den neu erworbenen und wieder ver— einigten Provinzen nach den bei der Besitznahme vorgefundenen Gesetzen beurtheilt werden sollen.“ Auch enthält sowohl die Städte-Ordnung vom Jahre 1808 als die revidirte Städte Ordnung vom Jahre 1831 in ihren Wahl⸗Bestimmungen keine Beschränkung der Juden hinsichtlich der Wähl⸗ barkeit zu Gemeinderaths⸗Mitgliedern, und daß in der Rhein-Provinz ihre Berechtigung zu solchen Stellen nicht nur dem Grundsatze nach besteht, sondern auch durch die That anerkannt wird, beweisen amtliche Atteste, woraus hervorgeht, daß in Kleve, in Goch und in Bonn noch in neuerer Zeit, zuletzt unterm 10. Dezember 1838, Juden in den Gemeinde-Nath be rufen wurden. Durch vorstehende Darstellung glaubt Referent hinreichend bewiesen zu haben, daß es sich hier nicht allein um eine Forderung der Humanität und der christlichen Duldung, sondern auch um die Aufrechthal— tung eines wohlerworbenen, durch Königliche Zusage verbürgten Rechtes handelt.“ (Schluß folgt.)

Zeitungs Uachrichten.

Ausland.

FranhrYrei ch

Paris, 22. Juni. Die Deputirten Kammer beginnt in ihrer heutigen Sitzung die Erörterung über die einzelnen Artikel des Bud gets für das Kriegs-Ministerium. Die von der Kommission vorge— schlagene Reduction des Effektiv Bestandes der Armer von 1,0) Mann wird zu einer langen und lebhaften Dehatte Anlaß geben. Zu Anfang der heutigen Sitzung befanden sich sämmtliche Minister auf ihren Plätzen, und die Deputirten hatten sich zahlreicher als ge wöhnlich eingefunden. .

Das Journal des Debats sagt: „Wir glauben zu wissen, daß der Marschall Soult der Budgets Kommission erklärt hat, daß es die Absicht der Regierung sey, offen, und so viel in ihren Kräften stehe, die von der Kommission vorgeschriebene Bahn der Ersparnisse zu betreten. Auf den ursprünglichen Effektiv Bestand der Infanterie bestehend, hat der Marschall nichtsdestoweniger eingewilligt, eine Er sparniß von 579,281 Fr. bei dem Solde und dem Unterhalte der Truppen zu bewerkstelligen; er hat ferner in die Reduction von 1200 Artillerie- Pferden gewilligt, wodurch eine Ersparniß von 908, 38 Fr. erlangt wird. Die von der Kommission vorgeschlagene Reduction be⸗ liefe sich demnach nur noch auf 5,344,701 Fr. Es frägt sich nun, ob die Kanimer, solchen Ersparnissen zu Liebe, die Constitution der Armee schwächen, über 500 Offiziere in Disponibilität versetzen, unserer Afri⸗ lanischen Armee junge und unerfahrene Soldaten zuführen und die Verminderung unserer militairischen Streitkräfte bei den ernsten Um— ständen, die sich ereignen könnten, auf ihre Verantwortlichkeit neh⸗ men will?“

Im nächsten Monat wird hier unter dem Titel „der Stern“ ein neues Deutsches Journal erscheinen.

Börse vom 22. Juni. Die besseren Notirungen aus Lon—

don wirkten heute günstig auf die Course der Renten. Die Iproc.

schlossen zu 79. 35, und die Spanische aktive Schuld hielt sich fest auf 27. Am Schlusse der Börse verbreitete sich das Gerücht, daß ein hochgestellter Beamter wegen des auf ihm lastenden Verdachtes der Unterschlagungen verhaftet worden sey, und daß viele Personen auf eine ernste Weise bei dieser Angelegenheit kompromittirt wären.

Paris, 22. Juni. Das Eisenbahnwesen in Frankreich hat entschiedenes Mißgeschick. Noch ist nicht abzusehen, wie das große Eisenbahnnetz zu Stande kommen soll, welches nach den Beschlüssen der Kammern von 1841 und 1812 ganz Frankreich überziehen sollte. Besonders schlimm steht es in diesem Augenblicke um die direkte Linie von hier nach Straßburg. Im Jahre 1842 hatte die Kammer be— kanntlich einen Kredit von 4,700,000 Fr. bewilligt, um die Arbeiten auf dieser Linie, welche namentlich für die östlichen Departements und das Elsaß insbesondere von kapitaler Wichtigkeit ist, auf dem Theile zu beginnen, welcher die Strecke zwischen Straßburg und Hommar— ting am Fuße des Vogesengebirges begreift. Wirklich wurden dort auch zur allgemeinen Freude der ganzen Bevölkerung jener industriösen Gegend die Arbeiten angegriffen, und sind so weit vorangeschritten, daß der dafür bewilligte Kredit fast schon völlig erschöpft ist. Aber jetzt sollte gerade an die schwierigste Stelle der Fortsetzung des Werkes Hand gelegt werden. Die Natur des Terrains erfordert nämlich zu Hommarting die Ausgrabung eines Tunnels von nicht unbeträchtlicher Länge, und für Ausführung dieses eben so schwierigen als kostspieligen Baues hatte der Minister der öffentlichen Arbeiten, Herr Teste, in dem Bud get seines Departements einen Kredit von 5. Millionen verlangt. Aber dieses Verlangen fand schon in der Budget-Kommission vielsei tigen Widerspruch, und dieselbe beantragte daher eine Reduction die⸗ ser Summe auf eine einzige Million. Gestern hat nun die Kammer, dem Antrage ihrer Kommission sich anschließend, wirklich nur eine Million bewilligt, obgleich der Minister alle mögliche Argumente für die Unzweckmäßigkeit dieses Abstriches vorgebracht und sogar erklärt hatte, daß derselbe eben so viel heiße, als verhindern wollen, daß Paris durch eine Eisenbahn mit dem wichtigsten festen Platze an seiner Ost gränze in Verbindung gesetzt werde. In der That wird durch dieses Votum der ganze Werth jenes von 1812 wieder vernichtet. Man ersieht zugleich hieraus, wie in dem ganzen Verfahren, das man in der Eisenbahn⸗-Angelegenheit in Frankreich beobachtet, durchaus noch immer die Einheit fehlt, ungeachtet man glauben sollte, daß in einem Staate, wo die Centralisation in allen Zweigen der Verwaltung herrscht, solche leichter als irgend anderswo zu erreichen seyn müßte. In wenigen Tagen, vielleicht heute schon wird nun die wichtige Frage der noch weiteren Verminderung des Effektivstandes der Armee in der Kammer zur Erörterung kommen. Die Kommission wollte durchaus denselben um weitere 14000 Mann aus Ersparungs ric sichten reduziren, während der Marschall Soult als Kriegs Minister namentlich mit Hindeutung auf die jetzige kritische Lage der Dinge in Spanien und auf die möglicher Weise eintretende Nothwendigkeit der Zusammenziehung einer Heeresabtheilung an der Pyrenäengränze, beharrlichen Widerstand entgegensetzte. Vie Opposition hoffte daraus bereits ein Schlachtpferd machen, und ihren sehnlichen Wunsch, eine Ministerkrise herbeizuführen, erreichen zu können. Allein ihre Hoffnungen sollen auch diesmal getäuscht werden. Denn es ist dem Marschall Soult gelungen, doch noch mit der Kom mission zu einer Uebereinkunft zu kommen, nach welcher ihm zwar der von ihm gewünschte Effektivstand vollständig belassen, aber eine Reihe anderer Ersparnisse, zu denen er seine Zustimmung gegeben hat, an seinem Budget gemacht werden soll, deren Betrag ebenfalls auf meh rere Millionen sich beläuft. Aller Wahrscheinlichkeit zufolge, wird die Majorität der Kammer mit diesem Auskunftsmittel, wodurch die bei

derseitigen Hauptzwecke dennoch erreicht werden, sich einverstanden er klären.

Herr von Lamartine ist jetzt das Idol der Gazette de France geworden, wie natürlich: die Gazette predigt das allgemeine Stimm recht, Herr von Lamartine das herannahende Reich der Massen, das

läuft so ziemlich auf dasselbe hinaus, und dem National wird es Niemand verdenken, wenn er zweien so willkommenen Bundesgenossen gleichmäßig Beifall zollt. Herr von Lamartine ist in dem unbegreif lichen Irrthum befangen, daß sein Auditorium zu Mäcon wirklich ganz Frankreich repräsentire, und daß er zu diesem eben so sprechen könnte, ohne wie zu Mäcon eine Erwiederung zu finden.

Die Gazette de France scheint, nachdem sie bereits mit dem größten Theil ihrer ehemaligen royalistischen Freunde sich überworfen hat, auch mit dem Grafen Larochejacquelin vollends zerfallen zu wollen, der ihr bisher noch zugethan geblieben war. Bereits nimmt sie einen schulmeisternden Ton gegen ihn an, den zu ertragen der Deputirte von Ploermel wenig Geneigtheit zeigt. In einer der letzten Sitzungen der Kammer hatte Graf Larochejacquelin eine Aeußerung zu Gunsten des Herrn Berryer gethan; allein die Gazette erlaubte sich, dieselbe in ihrem Kammer-Berichte zu unterdrücken. Neuer Zwiespalt im Haushalt!

Grossbritanien und Irland. London, 23. Juni. Aus dem Departement des Ober-Kam

merherrn der Königin sind bereits die Einladungen zu der Feier der Vermählung Ihrer Königl. Hoheit der Prinzessin Auguste von Cam bridge mit Sr. Königl. Hoheit dem Erbgroßherzoge von Mecklenburg— Strelitz auf Mittwoch, den 28sten d. M., ergangen. Dasselbe Depar tement erließ gestern Befehle zur Bereitsetzung von Zimmern im Buckingham-Palast für den König der Belgier, dessen Ankunft noch im Laufe des heutigen Tages erwartet wird.

Z London, 23. Juni. Wir haben fortwährend schö— nes Wetter, so daß das Heu in Masse eingebracht wird, alle Ge traide- Arten sich aufs prachtvollste entwickeln und selbst die stark be⸗ schädigten Kartoffeln sich zu erholen scheinen. Diese glückliche Um— wandlung hat wenigstens die Besorgniß verscheucht, daß wir ein Mißjahr und Theurung haben könnten was, besonders unter den obwaltenden siskalischen und politischen Verhältnissen, ein unberechen— bares Unglück gewesen seyn würde,.

Wenn man nur nach dem Steigen der „Rente“ urtheilt, so muß die Bewegung in Irland bereits einen furchtbaren, Aufschwung erreicht haben; denn in der letzten Woche haben die dortigen Leute aus ihrer Armuth nicht weniger als 3100 Pfd. zusammengescharrt, um diesen Fonds zu verstärken. Dagegen ist jenes Volk so ungeneigt, zu den Bedürfnissen des Staates beizutragen, daß die Re⸗ gierung sich hat entschließen müssen, die geringe Auflage von geistigen Getränken, welche sie voriges Jahr vom Parla—⸗ mente erlangt, um Irland, das von der Einkommensteuer frei geblieben, doch auch ein geringes zu den erhöhten Bedürfnissen des Staates beitragen zu machen, wieder fallen lassen muß, wie so eben der Schatz Minister dem Unterhause angekündigt hat. Unsere Libera— len wollen uns nun glauben machen, man habe nur das Einkommen der dortigen protestantischen Kirche zu vermindern, und die derselben entzogenen Gelder auf die allgemeinen Bedürfnisse des Landes zu verwenden, um der Repealbewegung ein Ende zu machen, und Ward hat wirklich einen Vorschlag zu diesem Zwecke angekündigt. Aber hierauf wird billig geantwortet; Selbst wenn man zugeben wolle, daß die jez⸗ zigen kirchlichen Einrichtungen in Irland unnatürlich und geeignet sind,

ein Volk unzufrieden zu machen, selbst O'Connell diesen Punkt nicht

zum Hauptgrund seiner Bewegung macht, auf jeden Fall noch vieles andere verlangt, worin es noch schwieriger seyn würde, ihm nachzu⸗ geben, als in diesen. Das gemeine Volk in Irland hat nun doch wenigstens keine unmittelbaren Zahlungen mehr an die Kirche zu leisten, und die Regierung scheint auch die Absicht zu haben, alle Zahlungen für die Erhaltung der Armen künftig un⸗ mittelbar von den Gutsbesitzern zu erheben. Wenn indessen wahr ist, was Manche, welche Irland gut kennen wollen, behaupten, so bliebe dem Parlamente zur Beruhigung des Volks nichts Anderes übrig, als demselben geradezu die liegenden Güter zu schenken und dasselbe nicht nur von allen Abgaben, sondern von allem Zinse zu befreien. Es sollen die Winke seyn, die O'Connell über den Guts besitz fallen lassen, welche auf einmal das Volk so furchtbar aufgeregt haben. Die Bauernschaft soll der Meinung seyn, durch die Auflösung der Union würde sie wohlfeilen Kaufes mit einem Schlage und in einem weit größeren Umfang erlangen, was bisher durch die Schreck⸗ lisse des Capitain Rock erstrebt worden. Ist dem aber wirklich so, so wird O'Connell bald erfahren, daß er den Geist, den er so kühn heraufbeschworen, nicht wird wieder bannen können, und es der Ne⸗ gierung anheimfallen wird, durch großes Blutvergießen das unglück liche Land zur Ruhe zurückzubringen. Allenfalls hat Peel den Aus druck loyaler Gesinnungen und die Hülfserbietung der hier anwesenden Irländischen Edelleute und Parlaments⸗Mitglieder, deren ich in meinem letzten erwähnt, im Namen der Regierung aufs freundlichste auf— genommen.

Inzwischen haben auch die Bewegungen in einem Theil von Wales eine ernsthafte Gestalt angenommen. Schon lange zwar hatte man von einer Verschwörung unter den Landleuten gegen Straßen und Pflastergeld gehört und gelesen; aber, man hatte nicht darauf geachtet, selbst der Name, den sich die Unzufriedenen gaben, nämlich Töchter Rebecka's, welche, wie es in der Englischen Bibel lautet, „die Thore (Gatter) besitzen sollen“, hatte der Sache einen Anstrich von Lächerlichkeit gegeben. Die neulichen Auftritte in Carnaervon aber, wo es die Zerstörung eines Armenhauses galt, wozu mehrere 10900 Menschen (worunter 400 zu Pferde) regelmäßig anmarschirten, giebt derselben eine ernsthaftere Gestalt. Man glaubt, die Bewegung sey von einem geheimen Chartisten⸗Konklave veranstaltet, und der Vor— läufer von Anderen, um, wie voriges Jahr, die Aufmerksamkeit der Regierung zu zerstreuen, und sie zu nöthigen, die Truppen vielfach zu vertheilen. Was jedoch hiergegen zu streiten scheint, daß unter den Meuterern sich eine Anzahl wohlhabender Pächter, ja selbst der Schwager eines Parlaments-Mitgliedes befinden sollen. Die Verhaftung der Rädelsführer jedoch dürfte bald Licht auf die Sache werfen, hoffentlich auch dem Uebel durch streuge Bestra sung derselben, an der Quelle Einhalt thun. Wales hat eine häöchst entzündbare Bevölkerung, Männer von Kraft und Entschlossenheit, welche meistentheils Dissenters und folglich der Kirche und wahrschein— lich auch dem dieselbe schützenden Staat Feind sind. Dabei ist auch in diesem Augenblick in den in jenem Fürstenthum weit verbreiteten Eisenwerken eine solche Stockung, daß Tausende von Arbeitern unbe schäftigt sind. Hoffentlich wird also die Regierung mit allem Nach— druck zu Werke gehen, um diesen Rebeckaismus nicht emporwachsen zu lassen. Es wird nun sogar von der Times versichert, die eigentliche Rebecka sey ein reicher Mann und Friedensrichter!

Von den Tory—Journalen der Provinzen wird die Regierung über ihre Nachgiebigkeit gegen die Dissenters in Bezug auf das Er— ziehungswesen rücksichtslos getadelt. Man will wissen, wer denn ei gentlich das Land regiere? Nun hat Graham eben bekannt gemacht, daß er mit dem verbesserten Armengesetz, welches in kurzem dem Un— terhause vorgelegt werden soll, einige Klauseln in Bezug auf die Er ziehung der Armenkinder verbunden werden sollen, und zwar nach ganz liberalen Grundsätzen. Was aber obige Journale pro⸗ phezeien, geschieht gewiß. Den Dissenters, welche nun die Schwäche des Ministeriums erprobt haben, wird nichts Liberales liberal genug seyn, wenn die Kirche nicht ganz und gar auf die Seite gescho— ben wird.

Es ist hier unter den Deutschen ein edles Vorhaben ins Werk, welches allen Vorschub verdient, nämlich die Errichtung eines Deut schen Krankenhauses. Es finden zwar Fremde so gut als Einheimische, bei plötzlichen Unfällen augenblicklich, sonst aber auf Empfehlung und wenn Raum vorhanden ist, in einem der vielen Hospitäler, wovon London wimmelt, Aufnahme. Aber so zahlreich, groß und vortreff lich unterstützt diese Anstalten auch sind, so sind sie doch bei der zunehmenden Bevölkerung und Armuth nicht hinreichend. Auch muß es das Elend eines Kranken sehr vergrößern und oft seine Hei lung verzögern, wenn er unter Menschen liegt, die seine Sprache nicht verstehen, noch weniger von seinen nationalen Gewohnheiten und Bedürfnissen einen Begriff haben. Besonders ist dem Deutschen in solchen Fällen Mitgefühl ein Bedürfniß, welches er in Englischen Hospitälern trotz alles Comforts nicht findet. Ihr Gesandter und Ge neral-Konsul nehmen sich der Sache ganz vorzüglich an, und letzten Sonntag hat man eine Kollekte in der Savoyen Kirche veranstaltet, welche, wie ich höre, ergiebig ausgefallen ist.

Deutsche Bundesstaaten.

Darmstadt, 21. Juni. Am Sonntag, den 18ten d., Nach⸗ mittags um 1 Uhr, ward die neugeborne Prinzessin, Tochter Sr. Hoheit des Prinzen Karl von Hessen, in Höchstdessen Palais, im Großherzogl. Familienkreise und in Gegenwart der Durchlauchtigsten Schwiegeräl⸗ tern Sr. Hoheit des Prinzen Karl, des Prinzen und der Prinzessin Wilhelm von Preußen, so wie Höchstderen Sohnes, des Prinzen Wal demar von Preußen, Königl. Hoheiten, durch den Großherzogl. Hof— Prediger Dr. Zimmermann feierlich getauft. Der Minister des Hau— ses, der gesammte Hof und der Königl. Preußische Minister-Resident, Freiherr von Bockelberg, wohnten der heiligen Handlung bei. Die Prinzessin erhielt die Namen: Maria-Anna Wilhelmine Elisabeth Mathilde. Taufpathen sind: die Durchlauchtigste Großmutter, Prin⸗ zessin Wilhelm von Preußen Königl. Hoheit, Ihre Majestät die Kö— nigin von Preußen, Ihre Königl. Hoheit die Kronprinzessin von Bayern und Ihre Königl. Hoheit die Erbgroßherzogin von Hessen. Nach vollzogener Taufhandlung empfingen die Durchlauchtigste Prinzessin Mutter, Höchstwelche an diesem Tage zugleich Ihr Geburtsfest im besten Wohlseyn feierten, die Glückwünsche der anwesenden höchsten Herr— schaften und des Hofes. Später fand bei Sr. Königl. Hoheit dem Großherzoge im Großherzogl. Palais zur Feier des Tages festliche Mittagstafel statt. .

Dresden, 23. Juni. Ihre Kaiserl. Hoheit die Frau Erzher— zogin Sophie von Oesterreich ist heute Nachmittag von Pillnitz nach Wien abgereist.

Se. Majestät haben den General-Lieutenant, Prinzen Johann Königl. Hoheit, zum General der Reiterei ernannt und den beiden General-Majors von Minckwitz, Staats-Minister und Gesandten am Königl. Preußischen Hofe, und von Schreibershofen, Komman— danten der Militair-Bildungs-Anstalt, den General-Lieutenants-Cha— rakter beigelegt. .

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Spanien.

Madrid, 16. Juni. Das Ministerium hat ein vom 14. Juni datirtes Dekret gegen die Unruhestifter erlassen, dem eine lange Bar⸗ legung der Motive vorhergeht. Das Dekret lautet:

„Art. 1. Alle diejenigen, welche sich auf irgend eine Weise versam meln, um unter dem Titel: „Repräsentation“ und „Echo des Volkes“ oder unter irgend einem anderen Namen eine Junta, Kommission oder Corpo— ration in der Absicht zu bilden, der Regierung den Gehorsam zu verwei gern und die Functionen der legitimen Behörde zu usurpiren, werden un— widerruflich die für ein solches Verbrechen in den Gesetzen bestimmten Strafen erleiden.

Art. 2. Wer die Bildung solcher Corporationen begünstigt, wer ihnen Beistand leistet und die Ausführung ihrer Verordnungen unterstützt, so wie diejenigen, welche als Emissaire und Agenten die Insurrection zu verbreiten suchen, werden gleichfalls die in den Gesetzen angegebenen Strafen erleiden.

Art. 3. Alle Militair⸗, Verwaltungs- und richterlichen Behörden werden sich mit Eifer und Energie bemühen, diejenigen Personen, welche sich der in den vorhergehenden Artikeln bezeichneten Vergehen schuldig machen, zu entdecken und zu verhaften, um sie unverzüglich vor die kom petenten Gerichtshöfe zu stellen. Im Falle jene Behörden sich der Nach sicht oder Nachlässigkeit schuldig machen sollten, wird man sie ohne Rück sicht und Entschuldigung zur Rechenschaft ziehen.

Art. 4. An allen Punkten der Monarchie, wo sich Gruppen oder Versammlungen bilden, um auf die im ersten Artikel angegebene oder auf irgend eine andere Weise die öffentliche Ruhe zu stören, werden die Ver waltungs-Behörden das Gesetz vom 17. April 1821 publiziren und sodann die regelmäßige und genaue Ausführung ihrer Anordnungen mit der größ ten Strenge handhaben. ;

Art. 5. In diesem Falle werden die genannten Behörden in der größ ten Uebereinstimmung handeln, sich über die zu treffenden Maßregeln und Anordnungen verständigen und jede von ihnen wird das zu ihrem Ressort Gehörende unter der strengsten Verantwortlichkeit in Ausführung bringen.

Art. 6. Die kommandirenden Generale, die General-Capitaine und Kommandanten der Distrikte und die Militair-Kommandanten der Provin zen werden autorisirt, die Verbindungen mit denjenigen Ortschaften, wo sich Ungehorsam gegen die Regierung zeigt, so wie mit den dort konstituirten ungesetzlichen Behörden, entweder ganz oder theilweise zu unterbrechen und abzuschneiden.“

Gestern, am Tage des Frohnleichnamsfestes, hielt der Regent eine große Revue über die hiesige Garnison und die National-Garde, nach deren Beendigung er folgende Worte zu den beiden Truppen Corps sprach:

„National-Gardisten und Soldaten! Ich spreche heut nicht zu Euch als Bürger-Soldat, der, durch Eure Tapferkeit und Euren Patriotismus unterstützt, das Banner des Vaterlandes, der Constitution erhob und es von Sieg zu Sieg zu führen wußte, bis er die Feinde, welche es bekämpften, vernichtet hatte; heut ist es vielmehr Baldomero Espartero, der durch den National Willen feierlich zum Regenten des Königreichs ernannte Sohn des Volks. Ich schwor damals, das Leben unserer unschuldigen Königin und die Constitution der Monarchie zu bewahren, und ich habe meine Eide nie mals gebrochen und werde sie niemals brechen. Wer das Gegentheil sagt, verleumdet mich. Der National-Wille ist auch der meinige; ich werde mich demselben stets unterwerfen. Ich werde das geheiligte Depot der Königin und der Constitution mit derselben Feierlichkeit Üüberliefern, wie ich sie empfangen habe; aber verlangen, daß ich sie der Wuth der Emeuten, des Despotismus und der Anarchie blosstelle Niemals! Die Anarchie und der Despotismus werden nur über den Leichnam des Soldaten vor— wärts schreiten, der keinen anderen Wunsch hegt, keinen anderen Ruhm er strebt, als den seines Vaterlandes. National-Gardisten und Soldaten! Das Vaterland zählt auf uns und wir werden seinem Vertrauen entsprechen. Es lebe die Königin! die Constitution! die National-Unabhängigkeit!“

Diese letzteren Worte wurden von dem Volke, den Truppen und der National-Garde mit Enthusiasmus wiederholt. Nachdem die Revue beendigt war, bildeten sich zahlreiche Gruppen in den Straßen und es ging das Gerücht, daß am Abend eine Emeute ausbrechen und die Pressen gewisser Journale zertrümmert werden sollten.

Einem Bericht des Generals Caratala zufolge sind die wenigen

Empörer, welche am 11. die Straßen von Sevilla durchzogen, mit telst Kavallerie Chargen zerstreut worden; um elf Uhr Abends war die Ruhe vollkommen wieder hergestellt. . Saragossa, 17. Juni, Das Eco de Aragon enthält einen Tagesbefehl des Majors Salvador, worin angezeigt wird, daß drei Per sonen, die an den Ereignissen vom 9. Juni theilgenommen haben, durch das Kriegsgericht zum Tode verurtheilt worden seyen und dem gemäß am 17ten um 1111hr Morgens erschossen werden sollten.

'. Toulouse, 19. Juni. Die hiesige Emancipation enthaͤlt Folgendes: „Briefe aus Perpignan melden, daß Zurbano, nachdem seine Truppen ihn verlassen, aufgehängt worden sey und daß man ihm sogar die Ohren abgeschnitten habe.“

O Madrid, 14. Juni. Alle östlichen Provinzen Spaniens, Catalonien, Valencia und Granada, sind in vollem Aufstande gegen die Regierung, und die Anarchie bricht von allen Seiten ein. Am nachtheiligsten dürfte das von dem General Zavala in Valencia gegebene Beispiel der Schwäche seyn. Dieser sunge General, Sohn des Marquis von Valle Umbrosa, Chefs der Hellebardier-Garde und Schwiegersohn des Grafen von Oñate, war von jeher neben dem General Linage, in Gemeinschaft mit welchem er die dem Vertrage von Vergara voraufgehenden Unterhandlungen führte, der größte Günst— ling des Herzogs de la Vitoria. Er hatte in Valencia 4 Regimenter Infan terie, ein Regiment Kavallerie und zahlreiche Artillerie zu seiner Verfügung und die aufrührerischen National-Milizen bereits in ihren Stellungen eingeschlossen, als er dem trügerischen Zureden der Aufrührer nach— gab und dadurch die Truppen veranlaßte, sich diesen anzuschließen. Die Stellung Zavala's mochte schwierig seyn, aber in schwierigen Lagen zeigt sich der Mann, und der Gefe politico, welcher der Ab— trünnigkeit den Tod vorzog, rettete wenigstens seine Ehre. Klein müthig legte Zavala den Sber-Befehl nieder, den darauf der Briga⸗ dier Don Casimiro Valdes übernahm. Die eingesetzte Junta hat so gleich Anstalten getroffen, den Aufstand weiter nach Süden, in die Gegenden von Alicante, Cartagena und Murcia zu verbreiten. Der Wahlspruch ist: „Constitution von 1837 und Volljährigkeit der Köni— gin!“ Welch ein Widerspruch!

In Saragossa herrscht gerade die entgegengesetzte dem Regen ten günstige Stimmung. Die National-Miliz scheint freilich in Folge der Ereignisse vom 9ten eine Art von politischer Behörde zu bilden, indem sie Manifeste an die Nation richtet, und Verfügungen erläßt, die sich über ganz Arragonien erstrecken, allein diese Maßregeln be zwecken sämmtlich die Aufrechthaltung der Ruhe und Befestigung der bestehenden Reglerung. Selbst die Aufrührer verlangten an ihrem Programm die treue Beobachtung der Constitution von 1837, Un verletzlichkeit der Königin, Fortdauer der Regentschaft Espartero's bis zum 10. Oktober 1843, und fügten nur den Antrag auf Abfassung einer an den Regenten zu richtenden Vorstellung, daß er die unver? antwortliche Camarilla fortschicken möchte, hinzu. Der General Seoane erwiederte darguf, es gäbe keine Camarilla, es stände indessen jedem Spanier frei, Vorstellungen an den Regenten zu richten. Nun ist in Saragossa ein Kriegsgericht niedergesetzt, um die gefangenen Aufrüh⸗ rer zu richten, und, falls diese, wie es den Anschein hat, erschossen werden, so steht zu befürchten, daß an anderen Punkten, wo die Auf⸗ rührer die Oberhand haben, Repressalien ergriffen und die Blutscenen des Bürgerkrieges erneuert werden.

In Malaga waren die „Patrioten“ bereits so muthlos gewor—

fen.

den, daß sie zwei der reichsten Kapitalisten abschickten, um dem Gene⸗ ral Alvarez anzuzeigen, daß die Stadt bereit wäre, sich zu unterwer⸗ Der Brigadier Cabrera flüchtete zu gleicher Zeit an Bord eines Französischen Dampfschiffes. Als aber am 9ten Nachrichten über den Aufstand Cataloniens eingingen, schöpfte man neuen Muth, berief die abgeschickte Deputation zurück und setzte den Brigadier Cabrera unter großem Jubel und Geläute aller Glocken wieder als Präsidenten der Junta ein. Diese erließ einen Aufruf, um die Einwohner zu bewe⸗ gen, die Waffen nicht eher niederzulegen, als bis das Vaterland ge⸗ rettet seyn würde.

Granada war noch am 10ten entschlossen, sich den anrückenden Truppen zu widersetzen. Es scheint, daß der General Alvarez viel Zeit verloren hatte. Nun verlangt er gar, die Regierung soll ihm Artillerie nachschicken. Es heißt, der General Infante solle ihn als General-Capitain von Granada ersetzen.

Am 11ten gingen Truppen von Salamanca nach Ciudad Ro⸗ drigo ab, wo ein Aufstand ausgebrochen seyn soll.

Die heute aus Catalonien eingegangenen Nachrichten erregen hier ernstliche Besorgnisse. Indessen wird der General Seoane bereits mit einigen Truppen, die von Navarra nach Saragossa geschickt wur⸗ den, nach Lerida abgegangen seyn, und der General-Capitain Corti⸗ nez angemessene Instructionen erhalten haben.

Der Regent hat unter gestrigem Datum ein neues sehr langes Manifest an die Nation erlassen. (Vergl. St. Ztg. von gestern.) Er betheuert darin abermals, die größte Achtung vor der Constitution zu haben, und keine Verlängerung der Regentschaft über den gesetz⸗ lichen Zeitpunkt hinaus zu beabsichtigen. Uebrigens weist er auf die Cortes als die Behörde hin, welche die obschwebenden Fragen zu entscheiden hätte.

Das hiesige Ayuntamiento hat durch 17 Stimmen gegen 12 be⸗ schlossen, eine Glückwunsch-Adresse an die National⸗Miliz von Sara⸗ gossa zu richten. Denselben Beschluß haben die Offiziere der hiesigen National-Miliz gefaßt, in deren Reihen jedoch Uneinigkeit eingetreten zu seyn scheint. Sechzehn Offiziere reichten gemeinschaftlich ihre Ent⸗ lassung ein. Morgen früh 6 Uhr soll eine Revue der ganzen Natio⸗ nal-Miliz im Prado stattfinden. Man erwartet, daß bei dieser Ge⸗ legenheit der Regent erscheinen werde, um die Huldigungen der Mi⸗ lizianos entgegenzunehmen. Schwache Gemüther befürchten, daß die Begeisterung der letzteren sie zu einigen Gewaltthaten hinreißen möchte, und es hieß schon gestern, Olozaga, Cortina und einige An⸗ dere, denen die National-Miliz die Schuld der eingetretenen Verwir rung beimessen soll, wären dem Tode geweiht. Sie halten sich ver⸗ borgen.

Gestern eilte ein Französischer Courier von Lissabon hier durch, um nach Paris die Nachricht von der in Rio Janeiro stattgefundenen Verlobung des Prinzen von Joinville mit der Prinzessin Donna Fran⸗ cisca, dritter Schwester des Kaisers von Brasilien, zu überbringen.

S Paris, 22. Juni. Die Barceloneser Blätter vom 16ten enthalten die pomphafte Beschreibung des Einzugs, welchen der Oberst Prim und die provisorische Regierungs Junta am vorigen Tage in der Catalonischen Hauptstadt gehalten haben. Ueber hunderttausend Menschen, sagt der Constitucional, waren den Chefs des Cata⸗ lonischen Aufstandes zum Theil bis Molino del Rey, zwei Stunden von Barcelona, entgegengegangen. Der General⸗Capitain, der poli⸗ tische Chef, die Provinzial Deputation, das Ayuntamiento, der In tendant und andere hohe Beamte befanden sich in der unmittelbaren Umgebung der Junta. Das Volk empfing dieselbe überall mit en⸗ thusiastischem Zurufe, und das Gedränge in den Straßen der Stadt war so groß, daß der Zug mehr als drei Stunden brauchte, um von dem Thore nach dem Rathhause zu gelangen. Hier richtete zuerst der Präsident der provisorischen Junta das Wort an die auf dem Constitutionsplatze Kopf an Kopf versammelte Menschenmenge, und nach ihm trat der Oberst Pnrim auf den Balkon, um das Volk an⸗ zureden. Was derselbe gesprochen, sagt ber Constitucional nicht, ein Marseiller Blatt aber, der Sud, will wissen, daß der Redner seinen Vortrag mit einem: Nieder mit Espartero! geschlossen, dem die versammelten Tausende jubelnd beigestimmt.

Die oberste Junta hat ihre Wirksamkeit in Barcelona mit der Erneuerung mehrerer wichtigen militairischen Behörden begonnen. Durch ein vom 15ten datirtes Dekret derselben wird der Brigadier Vicomte de Castro zum General-Kommandanten der sämmtlichen Truppen in der Provinz Barcelona, der Brigadier Jaime Arbuthnot zum interimistischen Gouverneur des Platzes, der Brigadier Moreno de las Penias zum interimistischen Gouverneur der Citädelle, und der Oberst- Lieutenant Pablo Par zum einstweiligen Befehlshaber des Forts Atarazanas ernannt. Die erste Maßregel des neuen General⸗ Kommandanten ist die Erlassung eines Armee⸗-Befehls gewesen, durch welchen, kraft der von der obersten Junta verkündigten' Versprechun⸗ gen, den zu der Bewegungs- Partei übergegangenen Soldaten ein Jahr ihrer Dienstzeit erlassen wird. Demgemäß sollen die Soldaten des Kontingents von 1836 sogleich ihren Abschied erhalten, den übri⸗ gen aber die Bestätigung des Anspruchs darauf, ein Jahr vor dem Ablauf ihrer gesetzlichen Dienstzeit ihren Abschied zu erhalten, in ihre Dienstpapiere gedruckt werden. „Von diesen Vergünstigungen, lautet der letzte Artikel des fraglichen Armeebefehls, sind die Soldaten der Besatzung des Forts Monjuich ausgenommen, wenn sie nicht die Au⸗ torität der obersten Junta binnen der peremtorischen Frist von 5 Ta⸗ gen, von heute (15ten) an gerechnet, anerkennen.“

Es scheint indessen nicht, daß unter der Garnison von Monjuich ein großes Verlangen herrsche, den von der Junta ausgebotenen Privilegien auf Kosten ihrer militairischen Pflicht theilhaftig zu wer⸗ den. Der neue Chef des Generalstabes (der alte, General Äristizabal, ist am 17ten als Flüchtling in Portvendres angekommen), Oberst⸗ Lieutenant D. Antonio Terrero, der am 14ten in das Fort Monjuich gekommen war, um den Gouverneur zur Uebergabe desselben zu be⸗ reden, klagt in seinem Berichte über den Verlanf und Ausgang dieser Sendung, daß ihm die Soldaten der Garnison allerlei böse Worte mit auf den Weg gegeben. Der Oberst-Lieutenant Terrero hatte am Iten vom General- Capitain, in Folge der scheinbar günstigen Er⸗ klärungen, die der Oberst Echalecu am vorigen Tage abgegeben, den Auftrag erhalten, die aus dem 2ten Bataillon des Regimentes del Principe bestehende Garnison von Monjuich durch ein Bataillon des Regimentes von Cordova abzulösen. Er machte sich Mor— gens früh um 2 Uhr auf den Weg nach dem Fort, um diesen Befehl zu vollziehen, als er sich aber auf das Anrufen der Schildwache zu erkennen gab und Einlaß verlangte, wurde ihm mit einem drohenden Zurück! geantwortet, und eine andere Stimme fügte hinzu, er solle wiederkommen, wenn es Tag geworden. Fast zu glei⸗ cher Zeit hörte der Oberst Lieutenant Terrero die Reveille blasen und der Königin und der Verfassung von etwa 40 Stimmen ein Lebehoch ausbringen. Nachdem er den Tagesanbruch abgewartet, wurde er vor den Gouverneur gelassen, der ihn in Begleitung des Chefs des zweiten Bataillons del Principe an der Mauer empfing. Der Oberst⸗ Lieutenant Terrero erklärte den beiden Offizieren, ki er gekommen sey, sie abzulösen, aber man erwiederte ihm, daß man sich nicht Auf diese Maßregel einlassen könne. Auf die Entgegnung, d hlange klärung mit ihrem Erbieten vom vorigen Tage nicht in stehe, entgegneten die Offiziere, daß die . 2

geändert, baß sie gute Nachrichten erhalten, und