1843 / 5 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Stimme der Provinz gegen die lörperliche Züchtigung protestirt wor; den. Die Festungshaft kann nicht füglich als eine Strafe betrachtet werden; der 5. 19 enthält nur negative Kriterien, und fühlt man sich zu der Frage gedrungen, worin das Strafübel bestehe, wel ches der zur Festungshaft Verurtheilte erleide. Es würde überflüssig sein, alle wider die körperliche Züchtigung geltend gemachte Gründe zu wiederholen; es sei nur gestattet, noch auf zwei Momente auf⸗ merksam zu machen. Schon die Denklschrift giebt zur sechsten Frage zu, daß die Zulässigkeit dieses Strafmittels nach den in den einzel⸗ nen Provinzen herrschenden Zuständen in verschiedener Weise sich ge— stalte. Die Rhein⸗Provinz beruft sich darauf, daß sie dasselbe fast seit einem halben Jahrhundert nicht mehr kennt, und sich kein faltischer Grund nachweisen läßt, aus welchem dessen Wiedereinführung zu rechtfertigen wäre. Durch das Kompetenz Gesetz wird die körperliche Züchtigung aus der Reihe der polizeilichen Strafen gestrichen, indem eine solche nach §. 1 von dem Polizeirichter nicht ausgesprochen wer den darf. Hat man der öffentlichen Meinung darin nachgeben zu

müssen geglaubt, daß man die Verhängung jener Strafe nicht von dem Willen eines Einzelrichter abhängig machte, weshalb soll dann der allgemeinen Stimmung der Provinz, welche die Wiederherstellung der Schläge für unmöglich hält, entgegen gehandelt werden?

c. Daß Maß der entehrenden Freiheitsstrafen, d. h. der Straf arbeit und Zuchthausstrafe, welches der Entwurf annimmt, schien zu

gering, wenn die erstere mit drei Monaten, die letztere mit einem Jahre beginnen sollte. Die Kriminalstrafe verliert durch solche An fänge ihren Charakter, sie erscheint kaum noch als eine Abschreckung und sichert die bürgerliche Gesellschaft zu wenig, wenn Verbrecher, welche mit solchen Strafen belegt werden müssen, schon nach kürzester Frist der bürgerlichen Gesellschaft wiedergegeben werden. Der Aus schuß schlägt daher vor, die Strafarbeit mit drei Jahren, die Zucht⸗ hausstrafe mit fünf Jahren beginnen zu lassen. Es mag weiterer Erwägung unterworfen werden, wenn man diese Anfänge für ein zelne Verbrechen zu hoch erachtet, mit zwei Jahren bei der Straf— arbeit und mit drei Jahren bei der Zuchthausstrafe zu beginnen. Eine noch bedeutendere Ermäßigung muß aber, aus den oben an gegebenen Gründen bedenklich erscheinen. Die Kuratel während der Strafzeit würde überdies in den meisten Fällen kaum noch einen Zweck haben, wenn sie einer so geringen Strafdauer, wie ein⸗ jährige Zuchthausstrafe schon ihr Dasein zu verdanken hätte. Bei dem Straf- System des Ausschusses ist nicht zu übersehen, daß die Gefängnißstrafe ein Maximum nicht von einem Jahre sondern von vier Jahren hat, und daß hiernach die Gefängnißstrafe sich dadurch, daß in einzelnen Fällen ein Minimum von drei oder sechs Monaten angedroht wird, den Vergehen in verschiedenartiger Abstufung an— passen läßt. . .

d. So sehr der Ausschuß geneigt ist, dem richterlichen Ermessen einen freien Spielraum zu lassen, so dürfte in dem Entwurfe darin zu weit gegangen sein, als die Wahl zwischen den verschiedenen Strafarten zu sehr verstattet worden ist. Eine besondere Rücksicht verdienen hierbei die eigentlichen Verbrechen; die Ausdehnung der richterlichen Fakultät droht die Gleichförmigkeit der Strafe durchaus zu zerstören, da sich bei den einzelnen Gerichten wahrscheinlich sehr

abweichende Grundsätze ausbilden würden und sich selbst bei demselben selbst führe zu einer nachtheiligen

Gerichte schwerlich auf eine durchgreifende Consequenz in der Straf— anwendung rechnen ließe. .

3) Eine eigenthümliche Richtung hat der Entwurf in seiner Theo rie von der Zumessung der Strafen genommen und nicht nur, im 8. 107 eine umfangreiche Kategorie allgemeiner Zumessungs-Gründe aufgestellt, sondern fast bei jedem einzelnen Verbrechen noch besondere Momente dieser Art hervorgehoben. Der Ausschuß hat es gleichwohl bezweifelt. daß diese Serien erschüpfend seien. und es vorgezogen, die Würdigung derselben dem richterlichen Ermessen zu überlassen. Die Erörterung, welche Umstände hauptsächlich zu berücksichtigen seien, kann der Wissenschaft und der Praxis anheimgegeben bleiben; es scheint bedenklich, sie dem Gesetzbuche einzuverleiben. Dazu kommt, daß, wie auch schon bei Gelegenheit der Erörterungen über ein einzelnes Verbrechen bemerkt worden ist, sich zwar über die Existenz mildernder Umstände eine allgemeine Frage denken läßt, weil deren Beantwortung oftmals von dem Gesammt-Eindrucke des einzelnen Falles abhängt, und weil dadurch die Lage des Beschuldig ten nicht erschwert wird. Fragt es sich dagegen, ob Umstände vor⸗

handen, welche die Strafbarkeit des Verbrechers erhöhen, so muß stets über deren Existenz dem Angeschuldigten besondere Rechenschaft gege⸗ ben werden. Will man über jeden Zumessungsgrund den Richter hören, so müssen in der Rhein-Provinz die Geschworenen darüber ent⸗ scheiden; durch eine solche Einrichtung würden aber die Verhandlun⸗— gen unendlich erschwert und in die Länge gezogen werden. Diese Schwierigkeit läßt sich dadurch nicht beseitigen, daß man dem Ge— richtshofe die Würdigung der Zumessungsgründe überläßt; dies kann nur geschehen, wenn solche nicht im Gesetze spezifizirt werden. Hebt der Gesetzgeber sie aber besonders heraus, so verdienen sie ausdrück⸗ liche Beankwortung durch den Richter der That, weil sich keine genaue Gränze zwischen den Umständen ziehen läßt, welche als erschwerende den Thatbestand des Verbrechens charakterisiren, oder als, Schär fungsgründe die Person des Verbrechers treffen. Ein Beispiel bietet der §. 416. 2., wonach die Hausgenossenschaft zu den Zumessungs⸗ gründen gerechnet wird, obgleich dieses Verhältniß nicht nur den Thäter, sondern auch die That charakterisirt. Nach der rheinischen Strafprozeßordnung ist es daher unerläßlich, daß sich darüber der Richter der That ausdrücklich erkläre. Aus den angeführten Grün den konnte der Ausschuß dem Entwurfe in diesem Punkte nicht bei— pflichten; die Zumessungsgründe sind daher sowohl im Allgemeinen als im besonderen Thelle gestrichen, jedoch sind hin und wieder die Gründe, welche die Strafbarkeit erhöhen sollen, als erschwerende lumstnde eingeschaltet worden. Die §§. 114, 115, 116 hat der ö,. bei dei zweiten Berathung als eine besondere Klasse der He mne ndr angenommen, da nichts entgegensteht, deren 2 ensein durch Stellung besonderer Fragen (Art. 339 Krim. Pr. Lrd.) festzustellen.

d Eine sernere Eigenthümlichkeit des Entwurfs besteht darin, daß derselbe nicht selten ganz allgemeine Definitionen strafbarer Handlungen aufstellt, welche der richkerlichen Willkür ein sehr weites Feld gewähren., Ter, Gründsatz, daß feine Strafe ohne ein ent. sprechendes Strafgesetz verhängt werden soll, scheint zwar dem §. 7 des Entwurfes zur Basis zu dienen; er wir mae. .

; 2 Fer wird aber durch die fragliche Tendenz des Entwurfs erschüttert und seiner Bedeutunq' beraubt. Es können hiernach Handlungen, welche dem Gebiete . Eirateg 1 eigentlich nicht angehören, solchen generellen Gesetzen subsumirt ö

7 / ; ; ; ; ; 4 den. Der Richter kann nicht leicht in den Fall kommen, ein Straf⸗ gesetz zu vermissen, wenn er eine Schuld anzunehmen geneigt ist; die Stellung des Unterthanen wird aber dadurch gefährdet, und der Ga= rantie, welche das Prinzip: keine Strafe ohne Strafgesetz n. beraubt. Als Beispiele mögen gelten die S8. 235, 236, 363, 3641 148, 449, 152, 453, sbb, 621 und 622. Ber Entwurf ist also' in dieser Beziehung vielleicht noch einer besonderen Kritik zu unterwerfen, und mit dem rhein. Strafgesetzbuche zu vergleichen, welches dem entgegengesetzten Prinzip huldigt und die strafbaren Handlungen möglichst genau präzisirt.

5) Die nahe Berührung, in welcher das Strafrecht mit den wichtigen Verhältnissen des Lebens steht, hat oft die Besorgniß ver⸗

anlaßt,

und 622.

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daß seine Bestimmungen erhebliche Aenderungen in dem Rechts Zustande der Provinz veranlassen könnten. Von dem Ein⸗ flusse der nach den persönlichen Verhältnissen der Beschuldigten mo⸗ difizirten Strafarten ist bereits die Rede gewesen; die S5. 286, 366 370 schienen bestimmt, ein Recht der Zucht und Züchtigung einzuführen, wie es dermalen (wenn etwa von dem Verhältnisse zwischen Lehrern und Schülern abgesehen wird) nicht besteht, und ist daher wider eine solche Tendenz eine Bemerkung in dem Protokolle niedergelegt worden; die §§S. 624, 6235, 626 umfassen Bestimmungen, deren Zulässigkeit vielfach bestritten wird. .

6) In dem Entwurf sind die Strafen sehr häufig nicht direkt,

sondern nur mittelst Verweisung auf frühere Paragraphen angedroht

worden. Das Strafgesetz entbehrt dadurch die nöthige Klarheit und Anschaulichkeit, und hat daher das rheinische Strafgesetzbuch von einer solchen Oelonomie nur selten Gebrauch gemacht. Sie stimmt nicht mit einem Prozeß-Verfahren zusammen, welches die Verlesung des Strafgesetzes in der Sitzung und die Einrückung desselben in das Urtheil vorschreibt, und ist hiernach nicht minder eine anderweite Ne— daction der betreffenden Paragraphen zu wünschen. Das Verhältniß, in welchem verwandte Strafbestimmungen zu einander stehen, wird ohnehin schon aus dem Begriffe der verpönten Handlungen und dem Strafmaß sich entnehmen lasser

Nachdem hierauf diese erste Hälfte des Ausschuß-Berichtes durch den Referenten verlesen worden, bemerkt der Herr Landtags-Marschall: es werde hauptsächlich darauf ankommen, daß die Versammlung aus spreche, ob und was sie gegen die ganze Auffassung des Ausschusses zu erinnern habe. Er stelle anheim, dieses entweder nach dem Vor trage des ganzen Berichtes oder nach Vorlesung einer jeden einzelnen der von dem Aueschusse aufgestellten 30 Positionen zu thun.

Ein Abgeordneter der Ritterschaft! In dem so eben verlesenen Theile des Referats sei gesagt: „der Nichter kann nicht leicht in den Fall kommen, ein Strafgesetz zu vermissen, wenn er eine Schuld an— zunehmen geneigt ist; die Stellung des Unterthanen wird aber da durch gefährdet und aus der Garantie, welche das Prinzip: keine Strafe ohne Strafgesetz, darbietet, beraubt. Als Beispiele mögen gelten die 55. 235, 236, 363, 364, 448, 449, 452, 453, 566, 621 r Der Entwurf ist also in dieser Beziehung vielleicht noch einer besonderen Kritik zu unterwerfen.“ Er behalte sich vor, eine solche Kritik aufzustellen; zu welcher Zeit, werde sich im Laufe der Zeit noch bestimmen lassen. /

Ein Abgeordneter der Städte hielt es für nothwendig, zuerst den Schluß-ÄAntrag des Ausschusses zu diskutiren. Entweder sei eine nochmalige Prüfung des Entwurfs nothwendig, oder nicht. Wenn der erstere Fall da sei (was der Ausschuß angenommen habe und worin er mit demselben übereinstimme), so sehe er nicht ein, wozu jetzt schon eine vorläufige Prüfung dienen, und weshalb die Versamm lung sich mit einzelnen Fragen beschäftigen solle. Dies könne jeden falls erst in späterer Zelt geschehen, nachdem der Landtag durch Ein sicht der vor kurzem erst mitgetheilten Motive und durch die Arbeit des Ausschusses en pléeine connaissance de cause gesetzt sei., Im Interesse der Sache selbst müsse er dem Schluß-Antrage des Aus

schusses beipflichten; eine jede vorläufige Berathung des Entwurfs

Zeitverschwendung. .

Der Ansicht des vorigen Redners schließen sich mehrere Abgeord— nete im Allgemeinen an, jedoch mit der Bemerkung, daß die Versamm lung, auch wenn sie mit dem Schluß-Antrage des Ausschuß-Berichtes völlig einverstanden sei, doch nicht umhin könne, auch die Motive, welche jenem Antrage zu Grunde gelegt seien, sich auszusprechen.

Referent schlägt vor: Die von dem Ausschusse aufgestellten 30 Positionen, welche die Basis des Schluß-Antrages bilden, einzeln zu verlesen und über jede berselben die Ansicht der Versammlung einzu holen.

Ein Abgeordneter der Städte hält diesen Gang der Disku für ungeeignet; man trete dabei gleich in den Inhalt des Gesetzes selbst, was sonst vielleicht erst ganz zuletzt kommen werde. Er sehe bie Frage über das Kompetenz-Gesetz als den ersten Gegenstand der Berathuͤng an und glaube, daß diese Ansicht nicht nur logisch richtig, sondern auch durch die Achtung vor der hierauf bezüglichen speziellen Königlichen Proposition geboten sei.

Ein Abgeordneter der Landgemeinden: Der Bericht des Aus schusses bilde ein systematisches, in seinen einzelnen Theilen zusam menhängendes Ganze. Durch eine stückweise Berathung der einzelnen Theile, vor Anhörung des Ganzen, könne ein richtiges Urtheil nicht gewonnen werden. Beshalb wünsche er, daß Referent zunächst den ganzen Ausschußbericht verlese, und sodann die einzelnen sich erge⸗ benden Fragen, vor allen die über das Kompetenz-Reglement, be zeichne und zur Diskussion bringe. (Fortsetzung folgt.)

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Diskussion

Berlin, 1. Juli. Se. Majestät der König haben Allergnä⸗ digst geruht, die Annahme: dem Käthner Heinrich Gaedte zu Rosendorf in der West-Priegnitz, der Königlich Hannoverschen Kriegs⸗ Denkmünze, und dem Tagelöhner Friedrich Schmarbeck zu Meyen— burg in der Ost⸗-Priegnitz, der Großherzoglich Mecklenburg⸗ Schwerinschen Kriegs-Senkmünze, zu gestatten.

Berlin, 2. Juli. Zufolge der Verordnung über die Organi sation der Ceusur-Behörden vom 23. Februar d. J. hat am gestrigen Tage die feierliche Einsetzung des Ober-Censur-Gerichtes durch des

Herrn Justiz-Ministers Mühler Excellenz stattgefunden.

Potsdam, 3. Juli. (Spen. 3.) Des schlechten Wetters ungeachtet, fand hier gestern doch die Stistungsfeier des Lehr Bataillons in herkömmlicher Weise statt. Nachdem sich das Bataillon, zu welchem auch eine Abtheilung der in Berlin stehenden Lehr-Eska⸗ dron kommandirt war, auf dem, zwischen dem neuen Palais und den sogenannten Kommuns besindlichen, freien Platze ausgestellt hatte, marschirte dasselbe nach dem, auf dem rechten Flügel des neuen Palais belegenen Theil des Gartens von Sanssouci, woselbst ein Altar errichtet war, und stellte sich hier in Parade auf. Seine Masestät der König erschien, begleitet von Len Prinzen des König lichen Hauses und der Generalität, um 11 Uhr, musterte die Trup⸗ pen und begab sich sodann in die Nähe des Altars, worauf der Gottesdienst mit dem Choral: Allein Gott in der Höh sei Ehr', begann. Nach abgehaltener Liturgie marschirten die Truppen nach den Kommuns zurück, wo sie unter den Kolonnaden festlich bewirthet wurden.

Köln, 30. Juni. Zufolge einer Bekanntmachung des Dom⸗ bau⸗-Vereins-Vorstandes haben des Königs Majestät geruht, die An⸗ nahme des der hiesigen Metropolitan-Kirche von dem Central Dom— bau⸗Verein offerirten Geschenkes von Vierzigtausend Thalern für den diesjährigen Fortbau an dem nördlichen Querschiffe und dem nördli⸗ chen Thurm des Domes zu gestatten.

Aachen, 28. Juni. (O. P. A. 3) Auch hier steigen die Brod⸗ preise auf beunruhigende Weise. In einem benachbarten Landstädt⸗= chen ist sogar das achtpfündige Roggenbrod an einem Tage um 14 Pf. aufg iar obgleich die Aerndte bis jetzt ganz gut steht, und man nur bel der noch vorherrschenden abwechselnd naßkalten Witterung

fürchtet, dieselbe möchte nicht eingebracht werden können. Fremde erblickt man vor der Hand noch nicht in allzu großer Anzahl, indessen beginnt unsere Saison auch erst Mitte Juli.

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Wetzlar, 29. Juni. (O. P. A. 3.) Wenn man aus neueren Zeitungs- Artikeln mit Vergnügen entnimmt, welche thätige Fürsorge in größeren Handels- und gewerbreichen Städten jetzt unter der Lei tung der Ober⸗-Behörden dem durch den Mangel an Lebensmitteln zunehmenden allgemeinen Nothstande gewidmet wird, so kann es wohl auch nicht unbescheiden erscheinen, des Beispiels der kleineren und an

Erwerbsquellen armen Stadt Wetzlar (von kaum 500) Einwohnern) öffentlich Erwähnung zu thun, da in dieser durch die Thätigkeit ihrer Armen-Verwaltung, unterstützt von freiwilligen Beiträgen, seit dem Monat März laufenden Jahres nicht nur 460 Achtel Kartoffeln vom Auslande angeschafft und den bedürftigen Einwohnern um den halben Einkaufspreis überlassen, sondern auch bereits 5000 Laib Brod an dieselben für den Mittelpreis abgegeben und wiederum 1300 Laib Abgabe für diesen Preis bestellt sind. Auch einzelne Bürger dermalen, wo der Brodpreis eine den täglichen Verdienst des geringen Handwerkers und Taglöhners übersteigende Höhe erreicht hat, ihren Fruchtvorrath zum Vermahlen und Verbacken hergegeben, indem sie mehr als an der Brodtaxe nachlassen, und in den näch sten Tagen werden von dem Stadt -Vorstand entscheidende Schritte geschehen, um Früchte zu Preisen, welche den Brod-Ankauf für Be dürftige möglich machen, bis zur Aerndte jierher zu schaffen.

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Ausland. Deutsche Bundesstaaten.

Bavern. Würzburg, 29. Juni. Ein an sämmtliche Pfarreien und Dekanate des Kreises erlassenes Cirkular des bischöflichen Ordinariats fordert die Land-Geistlichkeit auf, dem überhandnehmenden Getraide Wucher bei den ihrer Seelsorge anvertrauten Gemeinden durch kirch

liche Vorträge und Predigten aufs kräftigste entgegenzuwirken.

Regensburg im Juni. (RN. 3.) Fortwährend kommen Ge traideschiffe, die Donau aufwärts gehend, hier an, und am verflosse nen Tienstag brachte sogar das Dampsschiff eine ansehnliche Ladung Korn. Diese reichlichen Zuführen und die durch das eingetretene günstige Wetter gerechtfertigte Aussicht auf eine gute Aerndte werden den hinaufgeschwindelten Kornpreis bald wieder fallen machen. Württemberg. Stuttgart, 29. Juni. Se. Majestät der König sind heute früh nach Livorno abgereist, woselbst Allerhöchstdie selben einige Wochen zum Gebrauche der Seebäder verweilen werden.

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Friedrichshafen, 27. Juni. (Schw. M.) Schon scheint man eingesehen zu haben, wie die von badischer Seite angeort neten Represfalien, gegen die auswärtige n Dam pfschiff ahrts Gesellschaften gerichtet, dem eigenen Verkehr am empfindlichsten fallen müssen, da jene dahin gemildert worden sind, daß wer mit

einem fremden Dampfboot in einem badischen Hafen angekommen ist und sich darüber mit Retourkarten ausweisen kann, mit dem gleichen Schiff wieder abfahren darf. Es ist dies wahrscheinlich auch zu Gunsten der badischen Schiffe selbst heschlossen worden, weil diese auf die Abfuhr von Passagieren aus württembergischen und bayrischen Häfen verzichtend, doch die selbst mitgebrachten Reisenden zu verlieren sonsequenterweise keine Lust hatten. Im Uebrigen besteht das Verbot der Abfahrt mit fremden Schiffen in den badischen Häfen noch fort.

Hannover. Hannover, 1. Juli. Am gestrigen Tage fand die Stadt-Direktor-Wahl statt, welche, wie sich denken läßt, wegen der Wichtigkeit, die sie für Stadt und Land hat, die Gemüther in

großer Spannung erhalten hatte. Von eigentlichen Bewerbern hat- ten sich nur drei gemeldet, der Syndikus Evers, Mitglied des Ma gistrats und seit Rumann's Suspension Chef des verwaltenden Ma gistrats, und außer ihm zwei nicht zum Magistrat Gehörige, nämlich der Justizrath Isenbart und der Amts- Assessor Wedekind (derselbe, welcher als Deputirter von Esens auf dem Landtage von 1841 sich die Allerhöchste Ungnade und eine bedeutende Verschlechterung seiner Stellung zugezogen hatte). Drei Kandidaten waren zu erwählen, von denen dann der König demnächst einen zu bestätigen hat. Zu diesen drei Kandidaten wurden nun in folgender Ordnung erwählt: J. der Syndikus Evers mit 23 Stimmen, II. der Stadtrichter Oeltzen mit II Stimmen, III. der Stadtrichter Meyer mit 16 Stimmen. Es sind also nur Mitglieder des Magistrats erwählt und Evers, wie zu erwarten war, primo loco. Von den beiden, nicht zum Magistrat gehörigen Bewerbern hatte nur Justizrath Isenbart einige zerstreute Stimmen, Assessor Wedekind gar leine. Kassel, 2. Juli. In der Sitzung der Stände⸗ Versammlung vom 30. Juni war die Revision des Schulgesetzes an der Tagesordnung. Nach einigen Debatten wurde das Gesetz in ge heimer Abstimmung mit 36 gegen 5 Stimmen angenommen, auch beschlossen, die Regierung zu ersuchen, die Confirmation wieder auf das Osterfest dessenigen Jahres, in welchem das Kind das 14te Jahr erreicht hat oder vor Michaelis noch erreicht, zu verlegen. Herr von Godbäus berichtete über das Gesetz, betreffend die Beschränkung des Haltens von Feldtauben. Die Proposition ward unverändert an genommen und auch alsbald zur Revision geschritten, welche bei der geheimen Abstimmung ein gleiches Resultat ergab, Herr von Eschwege referirte noch über die in der vorhergehen— den Sitzung erfolgte Erklärung der Staats-Regierung in Betreff eini ger Verwilligungen, bezüglich deren letztere die daran geknüpsten Be⸗ dingungen zurückweist. Unter Anderem erklärt die Regierung, daß durch den im Schreiben der Stände-Versammlung bei den vormaligen Dienern der höchstseligen Kurfürstin Königl. Hoheit gemachten Vor behalt, „die Zahlung des Dienst⸗ Einkommens derjenigen Dienern, welche in den Hofdienst übergehen würden, cessire für die Dauer dieses Ver⸗ hältnisses“, der Landesherr behindert werden könne sener der fraglichen Art bei dem Fortgenuß der Gehalte aus der . ef. zu Dienstleistungen bei Höchstdessen Hofhaltung zu der wen en ö. . Referent verlas den Entwurf eines Kö. Inhalts, daß bir Stände-Versammlung nur von der 2 oraussetzung gahegehen könne, daß durch die Publication des Finanz esehes eine , der Regierung und der Stände über die Positionen des Staats Grund⸗ Etats in dem Sinne und mit den Zweck Bestimmung, welche letztere dabes in den betreffenden Schreiben an die. pohe, Staats- Negierung ausgesprochen habe, eingetreten sei die erklärten Verwahrungen ö. an dieser Vereinbarung eine Abänderung nicht zu bewirken dermöch⸗ ten. Das Schreiben wurde genehmigt und die Sitzung geschlossen.

Kurhessen.

Großherzogthum Hessen. Darmstadt, 27. Juni. Nach einer Notiz im hier erscheinenden Vaterland hat die Sammlung wei⸗ terer Beiträge, welche mehrere hiesige Einwohner unternahmen, um das Schwert zu dem Standbilde Hermanns bei Det meost auzufertigen, im Jahre 1812 bis Juni 18143 die Summe von 369 II. 20 r., nach Abzug der Kosten, eingebracht, welche am 21. Juni nach Det⸗

Das

mold abgesendet worden ist.

geben:

t J Vaterland bemerkt dazu: „Als Gründe, warum das Ergebniß nicht reichlicher ausfiel, werden ange⸗ die schon für das Denkmal vorhergegangenen Sammlungen,

dann diejenigen, welche der Brand von Hamburg, mehrere andere be— 1 2 . J. 2 ĩ = . .

deutende Brandschäden veranlaßten, die Konkurrenz der Sammlung für den Kölner Dombau und überhaupt manche der Stimmung für

he, . Sammlungen ungünstige Vorgänge im deutschen Vater ande.“

Großherzogthum Luxemburg. Luxemburg, 26. Juni

(Köln. 3.) Schon früher wurde

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Ihnen mitgetheilt, daß man mit

der Absicht umgehe, die Gendarmerie der Stärke des zu errichtenden

Bundes -Kontingentes einzuverleiben.

werden. Die Gendarmen, heißt es, sollen die Uniform des Kontin

Es scheint jetzt damit Ernst zu

gentes erhalten und sich nur durch Achselschnüre unterscheiden, die sie

abnehmen, wenn sie bei Inspizirungen in die Reihen genannter Trup pen treten müssen.

Functionen der Gendarmerie verträgt und ob nicht daraus unange nehme Konflikte entstehen können, indem ihr dadurch ein die öffentliche Sicherheit zu überwachen, besitzen muß, andere Frage.

Freie Städte.

Vom Main, 27. Juni.

Orchester⸗-Mitglieds in Frankfurt, das, ein geborener Kurhesse, sich im vorizen Jahre, wie man behauptet in unzurechnungsfähigem Zustande, ungebührliche Aeußerungen gegen eine hohe Person erlaubte und de nunzirt wurde, sind neuerdings wieder aufgegriffen worden. .

Paris, 29. Juni. Die Königliche Familie wird sich, wie man jetzt vernimmt, nicht nach dem Schlosse von Eu begeben, um den Prinzen und die Prinzessin von Joinville, so wie den Herzog von Aumale, daselbst zu empfangen, sondern diese werden direkt nach Schloß Nenilly kommen. Der Herzog von Aumale wollte am 27. d. von Algier nach Marseille abreisen. Die Gazette de France ist sehr entzückt über den Muth, den ihr Freund, Herr von Larochejacquelin, in der vorgestrigen Deputir ten⸗Kammer, bewiesen habe; sie sieht die Wände des Saales, in wel chem Larochejacquelin das „große Wort“ ausgesprochen, schon wanken und den Einsturz drohen. „Die Bestürzung und die Wuth der Cen tra“, sagt sie, „läßt sich nicht beschreiben; Guizot besonders war in äußerst aufgereiztem Zustand; sein gebieterischer Blick schien dem Prä sidenten zu befehlen, er solle den Redner zur Ordnung verweisen; es ist nicht geschehen; nur das hat noch dem Ruhme des Herrn von Larochejacquelin gefehlt.“ Das Journal des Dabats bemerkt über dieselbe Debatte: „Wir machen uns keine Illusionen; so lange die Festungswerke um Paris her nicht fertig sind, werden ähnliche Debatten jedes Jahr wiederkehren; die Masse soll erschreckt werden; nach diesem Ziel hin wirken die Einen aus Parteigeist, die Anderen, weil sie aufrichtig Besorgnisse hegen; man wird Schikanen aller Art erheben; aber es wird Alles nichts helfen; die Fortificationen werden doch fertig. Die Kammer hat es gewollt und Frankreich will es. Hier liegt einer der Entschlüsse vor, von welchen, wenn sie einmal gefaßt sind, ein großes Volk nie abgeht. Frankreich hegt keine Furcht vor seiner Regierung; es kann selbst über seine Freiheit wachen; es fühlt, daß seine Geschicke im Innern des Landes ganz allein in seiner Hand liegen und alle Festungswerke der Welt seinem Willen nur ein schwaches Hinderniß entgegenstellen würden. Man wird die öffentliche Meinung nicht irre leiten: die Fortisicationen um Paris her sind nur den Fremden furchtbar. man auch aufbringen mag gegen sie es kömmt zu spät; man mußte, als es noch Zeit war, die Kammer überreden, sie nicht zu votiren; sie jetzt aufgeben,

wäre eine Schande, ja es wäre fast eine dritte Juvasion.“

Nach Toulon ist jetzt auch der Befehl abgegangen, daß die Li nienschiffe „Jemmapes“ und „Alger“ nach den spanischen Küsten ab gehen sollen, um die in den insurgirten Küstenstädten ansässigen Franzosen zu schützen. .

Die arabischen Fahnen, welche der Herzog von Aumale über sandt hat, sind vorgestern durch einen Königlichen Ordonnanz-Offizier dem das Invaliden-Hotel kommandirenden General übergeben und in der Kirche aufgestellt worden.

Graf Bresson, der französische Gesandte am preußischen Hofe, wird in diesen Tagen von Berlin hier erwartet, um eine zweimonat liche Urlaubszeit in Paris zuzubringen.

Die Reise des Herrn Thiers nach England ist jetzt bestimmt. wird dort den ganzen Monat Juli zubringen, um Notizen über Seekriege Napoleon's mit England zu sammeln.

Börse. Die Renten-Notirung ist abermals gewichen; als Ursache wird das Ausbleiben der Nachrichten aus Catalonien ange geben; da auch die gewöhnliche Post von Madrid fehlt, so schließt man daraus, Biskaya sei der Insurrection beigetreten; die Regierung soll durch den Telegraphen die Bestätigung der Niederlage Zurbano's erhalten haben.

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m Paris, 29. Juni. Das Versprechen, welches Herr Guizot in der gestrigen Sitzung der Deputirten⸗-Kammer machte, in der näch⸗ sten Session einen Gesetz⸗Entwurf über die Sklaven-Emancipation in unseren Kolonieen einzubringen, konnte nur den besten Eindruck auf die Kammer machen. Schon öfter war von Seiten der Regierung den Abolitionisten indirekt ein solches Versprechen gemacht worden, aber nie in so förmlichen und offiziellen Ausdrücken als gestern. Man befürchtete sogar, daß die Regierung in dem modisizirten Zuckergesetze einen Vorwand suchen möchte, um die Ausführung ihres Versprechens abermals hinauszuschieben. Um so willkommener erschien die gestrige Erklärung' des Herrn Guizot, daß das Votum des Zuckei gesetzes die aufrichtigen Absichten der Regierung nur verscho ben, nicht aber aufgehoben habe. Man muß nicht die schwie rige Lage der Regierung verkennen. Durch die Vorlegung eines Gesetz-Entwurfes, welcher dem Kolonial-Zucker eine schöne Zu— kunft sicherte, erwarb sich die Regierung ein unstreitbares Recht auf die Dankbarkeit der Pflanzer, und war um so mehr befugt, von der selben Mäßigung und Bereitwilligkeit zu erwarten, wenn es sich darum handeln würde, die Sklaven-Emancipation zu vollführen. Das Re sultat der Zucker⸗Debatten hat aber weder die Rübenzucker-Fabrikan— ten, noch die Pflanzer in den Kolonieen befriedigt. Die Regierung darf daher von den Letzteren nicht mehr jene Bereitwilligkeit, die Sklaven zu emanzipiren, hoffen, die sie gefunden hätte, wenn das Zuckergesetz nach den Wünschen der Kolonteen ausgefallen wäre.

AUugeachtet nun nach der Berechnung des Herzogs von Broglie die Sllaven Emangipation gegen Entschädigung dem Staate zwischen B30 und 25) Millionen Franken kosten würde, und ungeachtet ber Stand unserer Finanzen von der Kammer nicht eben als blühend betrachtet wird, so wurde doch der Ausruf des Herrn Odilon Barrot: „La graue mesure ie ab olition de lesclavage ne doit pas Etre suh- . ; des considérations linan ciures-- mit sichtbarem Beifall gestern auf⸗ genommen. Herr Mauguin selbst, dessen Verhältnisse zu den Kolonieen allgemein bekannt sind, wagte nicht mehr, sich zum Anwalt des Sklaven?

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Insofern damit eine Ersparniß bezweckt wird, möchte dies wohl zu billigen sein, ob sich dies aber auch mit den

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Selbstständigkeit genommen wird, die sie, ihrer Bestimmung gemäß, ist freilich eine

Neclamationen der kurhessischen Regierung wegen Auslieferung eines

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thums aufzuwerfen, sondern verschanzte sich hinter der Garantie, die man in Händen haben müsse, bevor die Neger eman— zipirt werden dürften. Also selbst für die Advokaten des Sklaven⸗ thums ist die Sache nicht mehr eine Prinzipien-Frage, sondern nur eine Frage der Zeitgemäßheit. Wird es nur erwiesen, daß die Sklaven auf den Französischen Kolonieen für die Freiheit reif sind, so fallen die letzten Einwendungen gegen die Sklaven-Emancipation von selbst weg. ;

Die Vertheidiger des Sklaventhums führen fortwährend das Beispiel des anarchischen Zustandes an, worin sich die Kolonieen, wo bereits die Emancipation stattsand, befinden sollen, und darauf gestützt behaupten sie, daß die nämliche Maßregel die nämlichen traurigen Folgen auch in den französischen Kolonieen haben müßte. Alle unparteiischen Reiseberichte schildern aber den Zustand der spanischen Kolonieen, wo die Sklaverei abgeschafft wurde, als höchst erfreulich, und führen als Beleg dazu an, daß die spanischen Kolonieen gegenwärtig die Hauptstütze des Mutterlandes und die Hauptquelle des spanischen Staatsschatzes bilden. Daß in einigen britischen Kolonieen die Emancipation nicht alle jene günstigen Resul tate hatte, die man erwartete, rührt hauptsächlich von der tiefen Ent artung her, worin die Neger vor der Emancipation daselbst sich be sanden, und von den vielen Verbrechern, die vor der Gründung der Deportations- Kolonie in Botany-Bai, aus Großbritanien und aus Ostindien nach den britischen Kolonieen ausge Obwohl der sittliche Zustand der Neger in den französischen onieen noch Vieles zu wünschen übrig läßt, so muß man doch anerkennen, daß die Unsittlich keit der Sklaven vorzüglich durch die Geld- und Gewinnsucht der pflanzer begünstigt wird, welche so viel als möglich dahin arbeiten, den Familiensinn im Herzen des Sklaven zu ersticken. Je mehr Kin

r eine Sklavin zur Welt bringt, desto mehr Sklaven besitzt der Pflanzer und desto reicher wird er. Bei aller dieser Ausgelassenheit zeichnet sich der Neger auf den französischen Kolonieen durch eine ge wisse treue Anhänglichkeit an seinen Herrn aus, wovon bei dem letzten Erdbeben auf Guadeloupe die rührendsten Beweise gesehen wurden. Wenn mitten unter dem Gewirre jenes schrecklichen Ungllicks von Point à Pitre die Sklaven ein so menschenfreundliches und edles Be tragen bewährten, so ist es reine Verleumdung, von ihnen zu behaup— ten, daß die Freiheit in ihren Händen zum Werkzeug der Anarchie herabsinken müßte. Wenn sie nur einmal die Gewißheit besitzen wer den, daß sie die Früchte ihres Gewerbfleißes dazu anwen den können, ihre und ihrer Familien Existenz zu erleichtern, da wird bei ihnen Arbeitsliebe und Sparsamkeit nur gesteigert werden und anstatt, wie man befürchtet, einem zügellosen Leben sich zu über lassen, werden sie die festesten Stützen des Gedeihens der Kolonieen werden. Denn durch die Begründung des Familienlebens unter den Sklaven mittelst der Emancipation muß der Wohlstand und das Ge deihen der französischen Kolonieen natürlicherweise steigen.

vermeintlichen

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Grosshritanien und Irland.

London, 28. Juni. Wenn man die unmittelbare Ursache für die gegenwärtige Ausregung in Irland gegen die Tory-Regierung in dem erbitterten und siegreichen Kampfe der Tory-Partei gegen die vorige durch die irländische Partei unterstützte Whig-Regierung findet, so begreift man leicht, welche Schwierigkeit auch für das Genie eines großen Staatsmannes sich darbot, Maßregeln zu finden, die jene Ur sache vergessen lassen und die Aufregung beseitigen. Robert Peel hatte die Aufgabe zu lösen, Irland zu enttäuschen, demselben zu zeigen, daß die Konservativen von heute nicht die Tories von damals wären. Man war zu der Erwartung berechtigt, daß die Lösung die ser Aufgabe ihm gelingen, daß er die protestantische und orangistische Minorität in Irland werde zügeln können, nachdem man den selte— nen Muth und die außerordentliche Kühnheit bewundert hatte, mit welcher dieser Minister in England alle ihm widerstre

benden Parteien in den gewagtesten Reformen seinem Willen unter

warf. Aber es ist ihm bis jetzt noch nicht gelungen; er hat in Eng

land alles, in Irland noch nichts gewagt; er ist hier nicht vorge

schritten, sondern hat sich darauf beschränkt, nicht zurückzugehen. Uebrigens ist die Politik Sir R. Peel's in Bezug auf Irland noch keinesweges offenbar, denn er hat sich noch nicht vollständig darüber erklärt und nur nothgedrungen die nothwendigsten Antworten auf ein

zelne Fragen ertheilt. D ergehen sich die Tagesblätter der

ir

ie Deshalb verschiedenen Parteien in mannigfachen Muthmaßungen über diese Politit, des Ministers; man spendet itzr Lob und Tadel, das erste je⸗ doch täglich in geringerem Maße, da man mehr und mehr zu zweifeln anfängt, ob der Unthätigkeit der Regierung in Irland hinsichtlich der Be

seitigung der Aufregung wirklich ein politisches System zum Grunde liegt. So enthält der Spektator, ein sehr gemäßigtes Blatt, welches das Talent Peel's bei früheren Gelegenheiten hoch gefeiert hat, in seiner letzten Nummer, eine ziemlich scharfe Kritik der Politik des Ministers, die wir nicht unbeachtet lassen können; das genannte Blatt beginnt gleich folgendermaßen: „Ein Verdacht gewinnt täglich mehr Grund, daß Sir Robert Peel, als er die Regierung übernahm, eigentlich keinen anderen Plan als den, Zeit zu gewinnen, hatte. Die Ansichten, welche einen Staatsmann zu einem solchen temporisirenden System veranlassen, kann man leicht begreifen. Wenn er Alles im Kerne für gesund hält wenn er den unmittelbaren Druck der Noth als einen jener Fieber-Anfälle betrachtet, die zu Zeiten auch den Gesundesten erschüttern so kann er vollkommen gerechtfertigt sein, wenn er der Natur es überläßt, die Heilung zu bewirken. Das mag Sir Robert Peel's Ansicht gewesen sein; die Mn te geln der vorigen Session mochten einfach die Beruhigung des Volkes zum Zweck gehabt haben, indem man den Eindruck zurücklassen wollte, daß man den Willen habe, etwas zu thun, wie wenn Aerzte gefärbte Tropfen von „aqua fontis“ verordnen, um hypochondrische Patienten zu beruhigen.“ Hierin irrt der Spektator sicherlich, denn man braucht blos die eine Maßtegel Peel's aus der vorigen Session, die Aenderung des Tarifs zu betrachten, welche eine förmliche Umge staltung des ganzen englischen Handelssystems zur dauernden Folge hatte, um überzeugt zu werden, daß der Minister nicht blos zum Schein diese Reformen traf; doch der Spektator will die zu erwar tende Politik der Regierung in Bezug auf Irland erklären und ta deln. Er fährt so weiter fort: „Solche Ansichten und das aus ihnen hervorgehende Verfahren sind ganz verständlich; und wenn der Staatsmann, welcher sie hat, klar sieht und richtig folgert, wenn er in seinem Erkennen Recht hat, so wird die Methode seines Ver fahrens mit Erfolg gekrönt sein. Aber wenn er geirrt hat, wenn die Noth, die er für leicht und vorübergehend hielt, das Resultat einer organischen Verletzung des politischen Körpers war, so kann seine hinhaltende Politik zu unheilvollen Konsequenzen führen. Zum Bei spiel Sir Robert Peel's Haupt-Schwierigkeit liegt, wie er selbst zu gab, in Irland u. s. w.y Der Spektator erweist nun, wie der Zu— stand Irlands nicht eines von jenen sozialen Uebeln ist, die, sich selbst überlassen, mit der Zeit ihre eigene Heilung bewirken und stellt eine Politik als falsch und gefährlich dar, die auf jenen Grundsatz des Zuwartens gebaut ist. Diese Erklärung der Politik des Ministers verdient in sofern Beachtung, als sie gegenwärtig zugleich der Aus⸗ druck der Gesinnungen eines großen Theils der Anhänger der Regie⸗ rung selbst ist. ;

Die Kosten für die Ausführung der Verträge zur Unterdrückung

des

Sklavenhandels betragen für das Jahr 1812 nach einer Meldung des

Morning Herald für England 575,146 Pfd. Sterling. Der Sun theilt die beiden folgenden Depeschen mit, welche über die Mittheilungen, die zwischen der englischen und französischen Re⸗ gierung hinsichtlich Otaheiti's statt gefunden haben, einiges Licht werfen: Lord Cowley an den Grafen von Aberdeen. Paris, den 20. Mai. Ich habe gestern mit dem Minister der auswärtigen Angelegenheiten über das Verfahren der Französischen Escadre im Stillen Ocean und be⸗ sonders hinsichtlich Otaheiti's gesprochen. Herr Guizot sagte mir, daß die Souverainetät über diefe Insel dem Könige der Franzosen von der Köni gin angetragen und vom Admiral Dupetit Thouars vorläufig angenommen wurde; er fügte hinzu: „„Wir haben hinsichtlich unseres Verfahrens im Stillen Ocean nichts zu verbergen; wir werden mit Eifer jede Gelegenheit benutzen, unsere Besitzung zu befestigen und zu verbessern, aber darüber hin aus haben wir durchaus keine Eroberungs- und Ueberwältigungspläne; so B. sind wir stets bereit, die Unabhängigkeit der Sandwichs Inseln anzu⸗ erkennen.“ Herr Guizot wiederholte dies nachdrücklich mehreremale. Er machte sodann noch bemerklich, daß wohl einiger Grund für die Besorgniß vorhanden wäre, daß die Ruhe der Inseln im Stillen Ocean durch den Zwiespalt unter den verschiedenen Religions Sekten gestört werden könnte, doch sagte er nicht, daß solche Störungen schon stattgefunden hätten.“ Herr Guizot an Lord Cowley. Paris, den 6. April. mit welchem Ew. Excellenz mich gestern beehrt haben, in welchem Sie von den Besorgnissen sprechen, die man in England künftige Wohlergehen der auf Tahiti bestehen⸗ protestantischen Misssonen hegt. Die von dem ersten Augenblicke von . ierung des Königs gesührte Sprache würde hinreichen, jede derartige Besorgnisse zu beseitigen. Mein Herr Gesandte, Sie erkennen selbst an, daß die Englische Regierung vollkommen darüber ruhig ist. Indessen be⸗ greife ich das Interesse, welches Sie veranlaßt, von mir in einem Geiste freundschaftlichen Vertrauens und von Versöhnlichkeit die Bekräftigung jener Versicherungen zu fordern, und ich säume nicht, Ihnen zu wiederholen, daß des Königs in dem Systeme, welches sie in Bezug auf die Marquesas- und Gesellschafts-Inseln zu befolgen sich vornimmt, drei großen Prinzipien treu bleiben und niemals davon abweichen wird, nämlich: Frei⸗ heit des Kultus, Beschützung der Unterthanen befreundeter Mächte, endlich der nicht weniger heiligen Pflicht, den bereits wirksamen Bemühungen zum Schutz der Wohlthaten des Christenthums Beistand zu leisten. Genehmi— gen Sie ꝛc. (Gez.) Guizot.“

Schreiben erhalten, und

für de

8 3 5 habe das

London, 30. Juni. Die Vermählung Ihrer Königl. Hoheit der Prinzessin Auguste von Cambridge mit dem Erbgroßherzog von Mecklen⸗— burg-Strelitz hat vorgestern in der Königl. Kapelle des Buckingham⸗ Palastes stattgefunden. Eine Sitzung des Parlaments fand an diesem Tage nicht statt, da nur 36 Mitglieder im Unterhause sich eingefun⸗ den hatten.

Gestern beschäftigte sich das Unterhaus mit der weiteren Erörte⸗ rung der Klauseln der vertagten irländischen Waffen-Bill im Aus⸗ schuß. Eine längere Debatte, wie sie in den Ausschüssen selten ist, entspann sich über die eine Klausel, welche die Stempelung der Waffen anordnet. Lord John Russell, Lord Clements und der Staats⸗ Secretair für Irland, Lord Eliot, führten hauptsächlich das Wort. Das Resultat der Abstimmung war für die Klausel 178, gegen dieselbe 104, also für die Minister eine Majorität von 74 Stimmen. Ein Amendement für die nächste Klausel der Bill ward mit einer Majorität von 60 Stimmen verworfen. Die Debatten über diese beiden Klauseln füllten den ganzen Abend. Wir werden morgen weiter darauf zurückkommen. Dienstag (27.) hat das Dampfschiff „Acadia,“ das am 16ten

und am 19. Halifax verließ, 5000 Dollars als Beisteuer zum Repealfonds gebracht. Die Zeitungen, welche das Schiff mit— bringt, sprechen viel von der Theilnahme, welche in Amerika für die Nepealers in Irland sich zeigt; auch sind neue Geldbeiträge in Aus⸗ sicht gestellt. . XR London, 27. Juni. Die Verwaltung Sir Robert Peel's ist, wenn nicht im Sturz begriffen, wenigstens ernstlich bedroht und geschwächt durch das verhängnißvolle Uebel guter Intentionen. Die Session von 1843 begann, wie Sie wissen, mit all dem Stolze und Ruhme einer allmächtigen Majorität, einem erleuchteten und ent⸗ schlossenen Minister und einem einigen Kabinet, und gleichwohl wird sie als eines der am wenigsten ersprießlichen Jahre in der Geschichte des Landes in Erinnerung bleiben. Die Macht der Majorität ist dahin geschwunden, ohne selbst den Maßregeln der Regierung Gesetzeskraft gegeben zu haben. Diese Maßregeln selbst sind hinter den erklärten Absichten und Meinungen des Ministers weit zurückgeblieben und im Angesicht des drohenden Zustandes Irlands ist das Kabinet in sich selbst gespalten, und noch vielmehr getrennt von seinen Anhängern. Wahr⸗ scheinlich wird keine einzige Bill von Wichtigkeit durchgehen; und die wichtigen Anträge, welche noch aufgegeben werden oder schon auf⸗ gegeben sind, und die unwichtigen, die durchgebracht wurden, tragen alle einen gemeinsamen Charakter und haben eine gemeinsame Wir⸗ kung, nämlich die, daß sie die höchste Unzufriedenheit bei irgend einer der wichtigeren Klassen des Landes erzeugen. Es war die Ge⸗ wohnheit des Lord Lyndhurst während der letzten Whig-Verwal⸗ tung, mit der grausamen Ironie eines strafenden Richters die Miß⸗ griffe oder vielmehr die mißlungenen Anstrengungen dieser Verwaltung aufzuzählen. Diese Verwaltung hatte wenigstens ihre eigene Schwäche und die Stärke ihrer Opponenten, um das Aufgeben ihrer Bills zu entschuldigen; aber Sir Robert Peel befindet sich mit einer überwiegenden Majorität und einer ohnmächtigen Opposition nichtsdestoweniger in derselben kläglichen Lage wie seine Vorgänger oder in einer noch schlechteren. Auch wird Lord Palmerston nicht verfehlen zu gehöriger Zeit mit ebenso viel Geist und Bitterkeit wie sein in dieser Art Kriegführung gelehrter Vorgänger die Session zu kritisiren. Jeder Vorschlag zeigt die Geschichte eines Streites und einer Niederlage. Die Kanada⸗-Korn-⸗Bill ist durchgegangen, aber sie ist eine Maßregel, welche die Popularität der Regierung in den Land-Distrikten auf den niedrigsten Standpunkt drückte, und die Grundbesitzer an den Rand parlamentarischer Revolte trieb, ohne eine ernstliche oder entsprechende Wohlthat für die Nation über⸗ haupt oder selbst für die Amerikanischen Kolonieen zu sein. Auf die Bill über die geistlichen Gerichtshöfe wird un, wie es heißt, beste⸗ hen durchgehen wird sie nicht. Aber der Vorschlag hat die Ka⸗ thedral⸗-Städte und einen Theil der Juristen unnützerweise aufgeregt. Die Rechtsgelehrten verlangen, daß sie im Ausschusse des Unterhau⸗ ses diskutirt werde, wenn sie zugegen sein können und sie sind im Begriff, aufs Land abzugehen. Die Bischöfe verlangen dasselbe im Oberhause und ihre Pflichten rufen sie in ihre Diözesen. Nach einigen wenigen Kämpfen wird die Bill aufgegeben oder in einer sehr unbrauchbaren Form angenommen werden. Die Irländische Armen⸗ Bill wird durchgehen, nachdem sie die größte Aufregung verursacht hat, was wohl hätte vermieden werden können, indem die Regierung das Gesetz, welches abzulaufen im Begriffe stand, ohne Schwierigkeit und mit gleicher Wirkung wieder hätte in Kraft setzen können. Das Schicksal der auf den Unterricht bezüglichen Klauseln in der Fak⸗ torei-Bill habe ich Ihnen schon als die erniedrigendste aller Nie⸗ derlagen geschildert, und nun scheint auch Lord Aberdeen's Bill über die Angelegenheiten der schottischen Kirche allen Parteien leich m . fällig zu sein. Die Non-Intrusionisten, welche sich . . losgesagt haben, stehen bereits außerhalb, des 5, x gebung; für diese war daher die vorgeschlagene Konz