1843 / 26 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

; 5 aber leider Einstimmigkeit erforderlich und darum

w nee um die Annahme *. Anträge zu verhindern, Von diesen Vereins-Regierungen dürfte man h ueberzeugung haben, daß sie nicht minder gewissenhaft, wie die diessei⸗ tige die vorliegende Frage erörtert, und daß sie sich weder durch die Presse nöch durch unruhige Könfe . influiren lassen, und eben so wenig hätten rie Mitglieder des Ausschusses einer anderen Nücksicht, als der aus eigener Erfahrung und aus den ihnen vorliegenden Materialien gewonnenen Ueber- zeugung gefolgt. Es komme hauptsächlich darauf an, ob es wünschenswerth sei, die Fabrikate aus dem Auslande zu beziehen, oder ob es nicht besser sei, bie Fabrication im Inlande zu begünstigen. Der letzte Landtag habe gleich den früheren Landtagen, einen wirksamen Schutz für nothwendig erachtet, und feitdem hätten sich die Verhältnisse keinesweges günstiger gestältet. Es handle sich also nicht von einer momentanen Krisis, und eben so wenig sönne von einer Erhöhung der Steuern die Rede sein; dann möchten die Zoll-Einnahmen in Folge des erhöhten Schutzes steigen; dann würde dage— en eine Ermäßigung der im Inlande nicht zu erzeugenden unentbehrlichen leren Ger utfust im Interesse der Gesammtheit erzielt werden. Daß eine Vertheuerung der Fabrilate nicht zu besorgen, sei im Referat schon nachgewiesen. Es handle sich also, wie schon erwähnt, nur um Beför— derung der National⸗Wohlfahrt und um das Maß der nothwendigen Schutz- Zölle. Es werde angemessen sein, diese Frage erst im Allgemeinen zu er— öͤrtern und dann auf die einzelnen Zweige überzugehen.

Hierauf erbittet sich ein Abgeordneter der Städte das Wort und trägt vom Referentenstuhl aus Folgendes vor: Es seien interessante, umfassende Vorträge gehalten worden; namentlich hätten die beiden ersten Herren Redner Jeitungs⸗Artikel, Stellen aus dem Faust, Frevel, Verrath, bedrohte Menschenrechte u. s. w. zu einem bunten, pikanten Bilde vermischt. Er könne diesem hohen Fluge nicht folgen, seine Phantasie sei dazu zu schwach. Er ziehe vor, auf dem praktischen Gebiete zu bleiben und die einfache Frage aufzuwerfen: ist die Industrie bei der dermaligen Beschaffenheit des preußischen Staates ein integrirender Theil unserer National⸗-Wohlfahrt? Die Antwort ist unschwer zu finden. Zunächst kann im Allgemeinen behauptet werden, und ein Blick auf die Weltkarte lehrt es, daß überall, wo die Industrie blüht, auch der Ackerbau gedeiht, und in unserem Lande liegt uns der Beweis dam für vor Augen. In der Umgebung einer gewerbtreibenden Stadt steigt der Wohlstand des Landmannes, weil er für seine Produkte einen geeigne- ten Absatz findet, der ihm ohne die Nähe einer industriellen Bevölkerung sehlt; und was nützt es dem Ackerbautreibenden, daß er die Industrie⸗Er⸗ zeugnisse und sonstigen Lebensbedürfnisse billig einkaufen kann, wenn seine Erzeugnisse werthlos sind, und ihm auch die Mittel nicht liefern, zu dem wohlfeilen Preise einzukaufen? Man hat warnend auf England hingewie— sen; daß dieser Vergleich bei der großen Verschiedenheit der englischen Zu— stände und der unsrigen nicht paßt, bedarf wohl keines Beweises; wenn aber wirklich die Verhaͤltnisse der englischen Industrie so zweifelhaft sind, so liegt darin allerdings eine Warnung für Deutschland, auf seiner Hut zu sein, denn alsdann werden die englischen Industriellen, um ihre Existenz zu behaupten, ihre sieberhaften Anstrengungen verdoppeln, die anderen Län— der mit ihren Erzeugnissen überschwemmen und namentlich Deutschland aus— zubeuten suchen. Deutschland kann aber nicht in demselben Maße wie bisher Käufer der Industrie⸗Erzeugnisse des Auslandes bleiben; es muß seine eigene Industrie pflegen. In dem Regierungs-Bezirk Düsseldorf wohnen 8000 Menschen auf der Quadratmeile, und er, der Redner, frage, ob eine so dicht gedrängte Bevölkerung lediglich vom Ackerbau bestehen könne. Es sei gesagt wor- den, Zölle seien ein Uebel und eine Verminderung des National⸗Einkommens; dies könne nicht bestritten werden, aber stehende Heere seien gewiß ein noch grö= ßeres Uebel und gereichten den Finanzen des Staates in noch ungleich stär— kerem Maße zum Nachtheil; dennoch würde es Niemandem einfallen, Preußen die Entwaffnung anzurathen, durch welche es gegenüber den an⸗ deren . Nationen seine Existenz als Staat in Frage stellen würde. Eben so verhalte es sich mit den Zöllen, die das Ausland an allen unseren Gränzen gegen uns aufstelle. Der erste Herr Redner habe unser jetziges Zoll-System ein echt deutsches genannt; ja, wohl sei es ein deutsches; der Deutsche sei von jeher zu gutmüthig, zu geneigt gewesen, seine materiellen Interessen einer großartigen theoretischen Idee ünterzuord— nen; eine solche Idee sei aber nur , . wenn sie allgemein adoptirt werde; dem Einzelnen, Alleinstehenden gereiche sie zum Verderben. Der zweite Herr Nedner habe die Industrie mit einem Krebsübel verglichen; wenn aber, dieses Krebsübel weggenommen werde, würden dann seine Schiffe wie jetzt den Rhein beleben, würde nicht der Strom und seine Ufer ver— öden? Wenn der Landtag eine Wahrheit sein, wenn er die Bedürfnisse der Pro— vinz vor den Thron bringen solle, so könne er der bedrohten Industrie seine Ver- wendung nicht versagen. Von einem Prohibitiv- Sostem sei keine Rede, sondern nur davon, daß das Mißverhältniß unserer Zölle zu denjenigen des Auslandes in etwas gehoben werde, daß der Zoll-Verein endlich eine seinen Interessen mehr entsprechende Stellung einnehme, und wenn der Ausschuß, wie er, der Redner, wünsche, auf die vorgeschlagenen speziellen Zollsätze, verzichte und seinen Antrag im Allgemeinen dahin stelle, daß Se. Masestät gebeten werden möge, der Industrie den bisherigen unzureichenden Schutz in größerer Ausdehnung zu gewähren und eine Immedlat-Kommission zu ernennen, die nach Anhörung der Ackerbau⸗, Fabrik- und Handeltreibenden aus allen Provinzen das Geeignete vorzuschlagen habe, so werde ein solcher wohlbegründeter Antrag gewiß die Zustimmung der Versammlung erlangen.

Hierauf verliest ein Abgeordneter der Ritterschaft folgenden Vortrag: Ohne anmaßend zu sein, glaube ich wohl behaupten zu dürfen, daß Nie⸗— mand sich mehr Mühe gegeben hat, um in Frankreich und England dem freien Handels- System Anhänger zu verschaffen, wie meine Wenigkeit. Seit einer Reihe von Jahren mit mehreren angesehenen Mitgliedern der Deputirten-⸗Kammer und des Parlaments über diesen wichtigen Gegen— stand in Briefwechsel, lauten die Berichte meiner Freunde noch immer dahin, daß, so sehr sie auch den Vortheil eines Systems, welches auf gegenseitigem Austausch der Erzeugnisse beruht, einsehen, indem es das beste Mittel, die Wohlfahrt der Nationen zu befördern, sie bedauerten, mittheilen zu muͤssen, daß noch immer keine Aussichten vorhanden, diesem System den Sieg zu verschaffen, weil sich zu viele einflußreiche Mitglieder der Kammer dadurch verletzt glauben, und kein Minister, welcher Lust hat, am Ruder zu bleiben, es wagen würde, diesen eigensüchtigen Absichten mit Energie entgegenzu— treten. Während im vorigen Jahre das englische Gouvernement den Zoll— vereins -Staaten Hoffnung machte, das englische Handels⸗-System zu unsern Bunsten zu modifiziren, suchte es fast zu gleicher Zeit in Amerika Einrich- tungen zu treffen, welche den nachtheiligsten Einfluß auf unseren Ackerbau

ausüben, und diese für unser Vaterland so nachtheiligen Gesinnungen e. sich nicht im Geringsten geändert; im Gegentheil, hat die gegen= , neue eklatante Beweise geliefert, daß wir gentem g enngen von England zu erwarten haben, wie Sie aus fol⸗ ie . Sitzung vom 9. Mai d. J. zu ersehen belieben, worin

ö akinristen darauf antrugen, die Getraide-Einfuhr zu erleichtern,

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bisher vorzugsweise begünstigt haben? Er frage sie im Namen der Agri= kulturisten: ob sie zu einer Zeit, wo sie so eben das Prinzip des Schußes als ein zweckmäßiges und zeitgemäßes für alle Handels- und Gewerbzweige, die es nur immer in Anspruch nehmen mögen, als gerecht und billig an= erkannt haben, ob sie zu einer solchen Zeit den Agrikulturisten allein das verweigern könnten, was sie allen anderen gewährt? Der Redner führt hierauf das Argument an, daß im Ganzen das englische Volk gegen= wärtig viel besser lebe, als vor 30 Jahren, und ungleich besser, als vor 70 und 100 Jahren. Vor 100 Jahren habe das Volk in England nur Roggenbrod genossen, wie die armen Völker auf dem Kontinente, jetzt äße es größtentheils Weizenbrod; man solle auf dem Kontinent von einem Lande zum anderen reisen, und man werde nirgends sinden, daß die Masse so gut lebe, wie in England. Nicht aus dem Auge dürfe man die roßen Ackerbau-Verbesserungen verlieren, die gegenwärtig in England im Großen ins Werk gesetzt würden und ihre Wirkung auf die Vermehrung der Lebens mittel nicht verfehlen würden: nämlich die Entwässerungen, das Kreidedüngen auf lehmigem, das Mergeldüngen auf sandigem, das Kalk— düngen auf moorigem Boden, die übrigen künstlichen Düngungsmittel, die Verbesserungen des Pfluges und anderer Ackerbau⸗Instrumente u. s. w. In Folge der Herabsetzung der Korn-Einfuhrzölle würden uncrmeßliche Zufuh— ren aus Nord-Amerika zu befürchten sein; er habe einen Bericht gesehen, nach welchem vom Mississippi allein eine Zufuhr von C00, 000 Quarter oder 4 Mill. Scheffel zu erwarten war. Der Preis pro Quarter sei gegenwär⸗ tig dort 22 Schill. oder 42 Sgr. ver Scheffel; die Transportkosten seien zu 16 Schill. anzunehmen, folglich könnte bei freiem Handel das Quarter ame— rikanischer Weizen zu 32 Schill. oder 2 Nthlr. pro Scheffel verlauft wer— den. Ob bei einer solchen Konkurrenz die englischen Agrikulturisten beste⸗ hen könnten?

. Meine Herren! fährt der Redner fort Wenn in einem Lande, wie England, welches sowohl in industrieller wie in praltischer Hinsicht das erste Land der Welt ist, dieses Prinzip unentbehrlich ist, so meine ich, be— dürfte es keiner weitläuftigen Auseinandersetzung, um einzusehen, daß in einem Lande, wie das unsrige, diejenigen Industriezweige, welche nur durch große Kapitalien ins Leben gerufen und aufrecht erhalten werden können, bei weitem noch nicht auf der Stufe der englischen sind. Ich führe als Beispiel die Flachs-Maschinenspinnerei an. Es ist Ihnen fämmtlich be kannt, meine Herren, daß die Leinengarnspinnerei und die Leinenweberei eines der ältesten und wichtigsten deutschen Industriezweige war. Dieser für die Landwirthschaft so wichtige Zweig würde auch noch jetzt bei uns in Blüthe sein, wenn die von Napoleon durch eine Prämie von einer Million Franken ins Leben gerufene Flachs-Maschinenspinne rei nicht in England in einem so großen Maßstabe zur Aus— führung gekommen wäre, daß es nicht lange dauern wird, die Eng— länder werden alle Länder mit Leinengaön und Baumwollen-Waaren über— schwemmen. Die es für Deutschland und namentlich fün die hiesige Gegend, wo einzelne Leinen Artikel, zS. B. Kammgarn, womit 3 4000 Spinner be— schäftigt wurden, in wenigen Jahren zu Grunde gegangen sind, so nach— theilige Verhältnisse veranlaßten mich, bei der vorletzten GeneralVersamm— lung des landwirthschaftlichen Vereins in Koblenz eine Muster-Flachs-Ma— schinen⸗Spinnerei in der Rhein⸗-Provinz zu errichlen vorzuschlagen, welcher Vorschlag Beifall fand und die Bildung einer Actien-Gesellschaft zur Folge hatte. Ungeachtet die Königl. Seehandlung für 30,000 Rthlr. genommen und das Königl. Ministerium bereit ist, für circa 30,900 Rthlr. zu schenken, so ist doch die Meinung, daß bei dem bestehenden sehr niedrigen Zoll von 5 Sgr. pro Ctr,, während deutsche Wolle 90 Sgr, pio Ctr, in England bezahlen muß, die Konkurrenz mit den kolossalen englischen Etablissements in den ersten Jahren nicht zu halten, zu verbreitet, als daß es möglich gewe— sen wäre, die noch zu dem Beginnen erforderlichen 20,000 Nthlr, herbei zuschaffen. Man geht nämlich von der Ansicht aus, daß das bei jeder neuen, namentlich bei einer so difsizilen Einrichtung, wie die Flachs⸗ Maschinenspinnerei, zu gebende Lehrgeld so bedeutend sein werde, daß das Etablissement, tropñz der Begünstigung von Seiten des Staats, sich nicht werde halten können, wenn der Zoll nicht erhöht würde. Bei einer solchen Ansicht ist daher keine Hoffnung vorhanden, durch einzelne Privaten die so nützliche Anstalt bei uns gegründet zu sehen. Ich glaube daher, im In⸗ teresse der Provinz, namentlich der Landwirthschast, der verehrlichen Ver⸗ sammlung den Vorschlag wiederholen zu müssen: Se. Majestät den König zu bitten, dieser wichtigen Angelegenheit eine gründliche Untersu chung angedeihen zu lassen. Eine üntersuchung über diese und andere in? dem Referat angesührlen Gegenstände wird zeigen, daß, wenn die Zollvereins Regierungen kein anderes Handels-System einführen, unser Natisnal-Wohlstand eher fallen als steigen und bei eintretenden poli— tischen Verwickelungen die traurigsten Ereignisse bei uns stattfinden werden. Bei dem jetzigen System tragen wir meines Erachtens auf indireltem Wege dazu bei, die große Schuldenlast von England und Holland zu vermindern, während wir zuerst daran denken sollten, durch eine bedeutende Einnahme, welche durch eine größere Entwickelung des Ackerbaues und der Industrie erfolgen wird, unfere eigenen Schulden baldmöglichst abzutragen und die späteren Ueberschüsse zur Aushülfe von Dristrikten zu verwenden, welche eine größere Sympathie als das Ausland verdienen. In unserer Provinz brauche ich nur die Mosel und die Eifel anzuführen. Zum Beleg dieser Ansicht könnte ich viele Beispiele anführen, ich will aber nur eines erwähnen. Im Jahre 1840 führte Holland in Deutschland ein für cirea 41 Mill. Rthlr. und nahm dagegen aus Deutschland für cireg 11 Millionen Rthlr. Mit Eng— land und Frankreich stehen wir nicht besser, indem diese uns die gegen ihre Manufakturwaaren in Brasilien und anderen Ländern eingetauschten Kolo— nialwaaren zuführen, weil sie solche ihrer Kolonieen wegen in eigenem Lande nicht zulassen wollen. In den Jahren 1834 1838 führte England nach Deutschland, Holland und Belgien ein für cireg 135 Millionen Rthlr. und entnahm aus diesen Ländern für circa 32 Millionen Rthlr. Im Jahre 1831 wurde aus England an Leinengarn in deutsche Häfen noch gar nichts, im Jahre 18490 für 1,038,326 Pfd., und in holländische Häfen, hauptsäch= lich für Deutschland bestimmt, für 2,398,998 Pfd., zusammen für 3, 437, 324 Pfd. eingeführt; an Wollengarn: desgleichen im Jahre 1831 in deutsche Häfen für 530,296 Pfd., im Jahre 1840 in deutsche und holländische Häfen für 3,0 i, 472 Pfd. Die Einfuhr von Wolle in England be⸗ trug aus englischen Koͤlonieen im, Jahre 1810 13,259,974, Pfd. 1842 18,554,557 Pfd.; aus fremden Ländern in 1849 38,304,142 Pfd., in 1812 350,98 t, 376 Pfd., so daß zu befürchten steht, daß in einem Zeitraume von 10 Jahren die Einfuhr aus Deutschland fast ganz aufhören wird. Solche Thatsachen, meine Herren, beweisen besser als alle gelehrten Ab= handlungen über den Vortheil der Lehre von Adam Smith et Say Lehren, welche in den Gebuürtsländern dieser Schrifisteller keinen Eingang finden, daß das jetzige Sostem nicht das rechte ist, um die National- Wohlfahrt zu heben. Nicht nur bei uns, sondern auch ju den sübdeutschen Staaten ist diese Ansicht vorherrschend. Als Beweis theile ich Ihnen in Auszuge ein Schreiben eines meiner Freunde im Württembergischen mit, lautend: J . ö „Ich habe unsere Befürchtungen kürzlich, als wir in unserem Eta⸗— blissement mit dem Besuche Sr. Majestät des Königs beehrt wurden, ge⸗ gen Allerhöchstdieselben freimuͤthig ausgesprochen und darauf die, merkwür— dige Erwiderung vernommen: „Allerdings sei die Gefahr, die ich ausge— sprochen, nicht gering; allein Er, der hohe Redner, baue in dieser höchst wichtigen Angelegenheit auf den König von Preußen, dem die Ehre und neh Deutschlands in so hohem Grade am Herzen liege.“ „Und wie die Fürsten Deuischlands auf Ihren hochsinnigen König blicken, verehrter Freund! so thun es auch alle Einsichtsvollen, alle wahren Patrioten Süd— Deutschlands. Wir alle hoffen und vertrauen, daß der Himmel uns in Ihm zu geneigter Stunde den rechten Schirm und Hort zu Wahrung deutscher Sache gesandt habe. Gebe Gott, daß so schöne Hoffnungen sich verwirklichen!“ . .

Und ich schmeichle mir, meine Herren, daß auch Sie diesen patriotischen Wunsch bald verwirklicht zu sehen wünschen. Wie selbst die englischen Agenten über diese Verhälinisse denken, erlaube ich mir, Ihnen aus einem Berichte des englischen Agenten, Herrn John Bowring, an Lord Palmerston im Jahre 1839 mitzutheilen: ;

„Es läßt sich in der That nur ein einziger Weg einschlagen, wenn man nicht etwa hechsichf n einen Handel von vielen Millionen Pfd. St. jährlich ein- für allemal aufzuopfern. Die Zoll⸗Tarife Großbritaniens müssen Pari passn mit den Tarifen des Zoll⸗Vereins modifizirt werden. Solche Modificationen sind in so augenfälllgem, wesentlichem und bleiben⸗ dem Interesse der 50 Milijonen Briten und Deutschen, die dadurch näher an einander gebracht und enger mit einander vereinigt wurden, daß, wenn wir auf der einen Seite die Gefahren betrachten, womit eine ungeheure

Verminderung unseres Handels uns bedroht, und auf der anderen die Seg⸗ nungen, welche wir durch größere Ausbreitung des Handels verbreiten wür= den, ich nicht umhin kann, dem Parlamente und der Regierung meine Ueber zeugung vorzulegen, daß wesentliche Veränderungen von beiden Seiten werden laut willkommen geheißen werden. Die einem ausgedehnteren Verkehr widerstrebenden verderblichen Interessen wachsen freilich stärker und stärker; denn obgleich im Ganzen die Aufnahme eines britischen Kommissars in Berlin sehr gütig und herzlich war, und die preußischen und anderen Behörden die beste Stimmung an den Tag legten, entstand doch auch ein Ausbruch, der na— türlich in den Gemüthern derer, die vom Monopole Nutzen haben, erzeug— ten Gesinnungen, deren Zweck es war, Mißtrauen über alle meine Schritte zu werfen, Eifersucht zu erwecken und die bösesten Grundstoffe der Neben— buhlerschaft und der Nationalität aufzuregen. Man bezweifelte, man leugnete, daß das Parlament beabsichtige, daß die Negierung die Macht habe, unse rer. Handels Politik den Charakter größerer Liberalstät zu verleihen. Die Zeitungen stellten emsig vor, die britische Negierung bezwecke nicht, Bedin gungen der Gegenseitigkeit anzubieten, wolle leine Deutschland wohlthätige Veränderung vorschlagen, als Erwiederung auf die England zu gewähren den Vortheile, sondern wolle die Manufakturen des Zoll Ver eins ohne Ersatz dem Verderben weihen. Man stellte in jeder Form und Gestalt vor, England könne und wolle dem Zoll Ver— eine keine Vortheile bieten, als Gegenleistung für die Herabsetzung der Tarife auf englische Erzeugnisse. Ich fand allerdings, daß die stärksten gegen jede Aenderung der deutschen Verbotzölle vorgebrachten Gründe der englischen Gesetzgebung selbst entlehnt waren. Unsere eigenen Beschränkungen, unsere eigenen hohen Zölle, unsere eigenen Verbote wurden mir beständig entgegengehalten und waren ohne Zweifel die größten Schwie— rigkeiten, mit denen ich im Laufe der Verhandlungen zu kämpfen hatte. Mit der in Großbritanien aber herrschenden Tendenz, nach einer liberalen, auf geklärten Politik, mit den seit 1825 auf einander gefolgten Abänderungen, die unseren Tarifen einen mehr handelsgemäßen und weniger verbietenden Charakter verliehen haben, mit der Verbreitung verständigerer Ansichten un— ter unseren Kaufleuten und Fabrikanten, damit war ich im Stande, die un freundlichen Eindrücke, welche unsere Zollgesetze auf fremde Nationen machen, einigermaßen zu verwischen. Ich kann Ew. Lordschaft und Ihrer Masjestät Re— gierung nicht ernstlich genug darauf aufmerksam machen, daß leine Gegen— gründe so schwer zu widerlegen sind, als diejenigen, welche unser eigenes Bei spiel an die Hand giebt. Unsere Handels-Geseßgebung seit 1825 hat ohne Zweifel dahin gestrebt, freien Handel zu schaffen, und in der Ausdehnung unserer Verbindungen mit der ganzen Welt finden wir die Nechlfertigung und Belohnung unserer Politik; aber ich wage die Behauptung, die Zeit sei jetzt gekommen, wo der Zustand des Verkehrs mit fremden Nationen eine allgemeine Revision und Herabsetzung unserer Tarife erheischt, und solche Revision werde durch die vorhandenen freundlichen Gesinnungen abseiten ver— schiedener europäischen Regierungen sehr erleichtert. Drei Abgeordnete frem— der Regierungen befinden sich hier (in Berlin), um den Verhandlungen des Kongresses zu folgen: Herr Dodge, mit dem Titel eines diplomatischen Agen ten und der hiesigen amerikanischen Gesandtschaft attachirt (zugleich Konsul der vereinigten Staaten in Bremen) von Seiten der vereinigten Staaten; Herr Engelhardt, französischer Kommissar für die Rheinschifffahrt und Konsul in Mainz, von Seiten Frankreichs, und ich. Ich freue mich, sagen zu können, daß die Instructionen des französischen und amerikanischen Bevollmächtigten in demselben freisinnigen Geiste sind, wie die meinigen, und daß ich mich auf die Mitwirkung dieser Herren bei dem Widerstande gegen jede Forderung höherer Zölle, so wie bei den Versuchen zur Reduzirung des bestehenden Tarifs verlassen kann. Wir führen den verschiedenen Autoritäten gegenüber dieselbe Sprache daß jeder Schritt zur Beschränkung von uns Allen un— gern gesehen, auch wenn er die von uns repräsentirten Interessen nicht di⸗ rekt berührte, und daß jede Bewegung in einem freisinnigen Geiste mit über einstimmender Freude von uns bewillkommt werden würde. Der Zoll-Verein hat unzweiselhaft an Popularität und Stärke gewonnen; sein Einfluß wird wahrscheinlicherweise viel eher sich ausdehnen als beschränkt werden; das Miß— vergnügen, wo es besteht, ist weniger laut und findet weniger Anklang, während jeder Tag neue Interessen zu seinen Gunsten schafft und die feindlichen beschwichtigt oder ihnen eine andere Richtung giebt. Preußen wird bei seiner freisinnigen Disposition schon hart von den Interessen der kleineren Staaten gedrängt, welche Schutz verlangen; es ist stark genug, jetzt zu wider stehen, und wird mit Erfolg bei dem gegenwärtigen Kongresse den Versuchen Wideistand leisten, den Tarif zu erhöhen; aber ich muß Ew. Herrlichkeit darauf aufmerksam machen, daß die Zeit nicht sehr fern ist, wo sich die zu nehmenden Manufaktur-Interessen Preußens mit denen Sachsens, Badens, Württembergs und anderer vereinigen werden, um einen höheren Tarif zu erwirken, wenn nicht dem Uebel durch ein aufrichtiges Entgegenkommen unsererseits begegnet wird; dieses Entgegenkommen darf sich nicht in Gestalt von Argumenten zeigen, gegen die man taub bleiben wird, sondern die Ge stalt wesentlicher Vorschläge zu Modificationen unseres eigenen Tarifs. Solche Vorschläge wird man, davon bin ich überzeugt, mit Freuden auf nehmen, wenn sie bald gemacht werden; zögert man nur noch kurze Zeit, so kommen sie zu spät.“ ; J

Bei Lesung des letzten Theils des Berichtes kann man die Frage nicht unterdrücken; was haben die fremden Agenten bei Verhandlungen unserer wichtigsten Nationalfragen zu thun? und werden England und Frankreich ebenfalls so wohlwollende Agenten annehmen, wenn dieselben während der Besprechungen über die Tarife in ähnlicher Weise zu erörtern gesucht hätten? Ich glaube, daß man diese Frage wohl unbedingt mit Nein beantworten kann. (Schluß folgt.)

Düsseldorf, 23. Juli. Unsere heutige Zeitung enthält den ausführlichen Bericht über die Verhandlungen des jetzt geschlossenen Landtages in seiner 37sten Plenar- Sitzung (vom 5. Juli). Der Gegenstand der Berathungen war der Bericht des 8ten Ausschusses über mehrere Petitionen, die einen Schutzzoll auf Roh- und Stab eisen verlangten und zu deren Gunsten der Ausschuß sich aussprach. Die Verhandlungen gediehen zu keinem Ergebnisse, indem sie auf die nächste Sitzung vertagt wurden.

Koblenz, 21. Juli. (Rh. u. M. 3.) Auf unserem gestri⸗ gen Fruchtmarkte war ziemlich viel Frucht beigebracht, indem, wie es scheint, unsere Gutsbesitzer alles Entbehrliche schnell zu Markte brin gen, um noch den hohen Preis zu erhaschen. Der hiesige Roggen wurde der Scheffel zu 2 Rthlr. 15 Sgr. bis 2 Rthlr. 22 Sgr. ver kauft; von Ostseekorn wurden 200 Scheffel zu 2 Rthlr. 12 Sgr. bis 2 Rthlr. 13 Sgr., eine kleinere Partie dieser Frucht aber, welche auf der anderen Rheinseite lagerte, durch einen Makler zu 1 Rthlr. 25 bis 26 Sgr. abgelassen. Letzterer Preis wurde als Marktpreis bei der Tarifirung des Brotpreises berechnet, welcher daher heute für das Apfündige oberländische Brod um 3 Pfennige herunterging. Den Be sitzern von baltischem Roggen, dessen in letzter Zeit sehr viel hieher⸗ gelangte, scheint es in der That ernst damit zu sein, ihre Waaren um jeden Preis loszuschlagen.

Auslan

Deutsche Gundesstaaten.

Bayern. Bamberg, 21. Juli. Se. Kaiserl Hoheit der Groß⸗ fürst Michael von Rußland sind gestern Mittag mit Gefolge hier einge= troffen. Se. Kaiserl. Hoheit werden das Bad Kissingen besuchen und dann eine Reise nach England antreten.

Württemberg. Stuttgart, 20. Juli. (Schw. M Auch der letzte Fruchtmarft hier am „d. war mit Brodfrucht wieder sehr überführt, fo daß die Preise noch um mehr als vor acht Tagen sanken. Im gleichen Verhältnisse wie die Frucht- gehen auch die Mehl— Preise herab. Auch der Brob-Preis sinkt nach und nach.

Großh. Hessen. Vom Rhein, 19. Juli. (Köln. 3.) Die aus kia Fürsten und hohen Abeligen bestehende Aetien=

Gesellschaft zur Bildung einer Kolonie deutscher Auswanderer in Teras setzt ihre Arbeiten geraͤuschlos aber thätig fort. Die nöthigen Ein⸗ leitungen an Ort und Stelle sind bereits getroffen. Die Gesellschaft giebt ihren Einwanderern den Grund und Boden, so wie die Kosten des ersten Jahres, Stock zur Viehzucht, Vorräthe u. s. w. umsonst.

Ihr Vortheil ist der, daß sie für sich ebenfalls Ländereien behält, die

dann im Werthe steigen und so die Auslagen wieder decken. Das Unternehmen ist mit großer Uneigennützigkeit angelegt. Die Haupt⸗ leiter desselben sind Graf Castell und Prinz Solms. Ein Hauptarm ist bereits im Gange, von Graf Boas geleitet, der sich bereits 1 Jahr in Texas befindet.

* Nen⸗Strelitz, 21. Juli.

auf dem Markte und am Eingange der Stadt Ehrenpforten; es galt dem Empfange des geliebten Erbgroßherzogs, der, nach mehrmonat⸗ licher Abwesenheit von England zurückkehrend, die Gemahlin seiner Wahl in das väterliche Schloß einführen sollte. Nach 8 Uhr Abends trafen die lange Ersehnten endlich ein; sie waren in Dannenwalde an der Gränze und in den Städten und Dörfern überall festlich empfan gen und dadurch aufgehalten worden. . le

pächter, gleichförmig gekleidet, auf ausgezeichneten Pferden; am Ein⸗ gange der Stadt brachte der Magistrat, auf dem Markte Jungfrauen und die Schützen⸗Compagnie ihre Huldigungen dar. Freudestrahlend umarmte der Großherzog und die Großherzogin den Sohn und die neue theure Schwiegertochter beim Eintritt ins Schloß. Alle, welche

das Glück hatten, der gefeierten Fürstin zu nahen, sind entzückt von

ihrer Liebenswürdigkeit und freuen sich, den allgemeinen Wunsch so ganz erfüllt zu sehen. Abends brachte das Militair dem hohen Für⸗ stenpaare eine Fackel⸗Musik. Heute ist Ruhetag; morgen und die

folgenden Tage werden mehrere Festlichkeiten in Veranlassung des

frohen Ereignisses stattsinden.

Nassau. Bad Ems, 20. Juli. (O. P. A. 3.) Se. Königl. Hoheit der Kurfürst von Hessen trafen gestern unter dem Namen ei— nes Grafen von Steinau, von Frankfurt kommend, hier ein. Siche

rem Vernehmen nach, dürften Se. Königl. Hoheit längere Zeit hier

verweilen. Von Schaumburg trafen sodann heute, zum Gebrauche der hiesigen Bäder, Se. Kaiserl. Hoheit der Erzherzog Stephan von Oesterreich mit Gefolge ein und nahmen im herrschaftlichen Kurhaus— gebäude Wohnung. Von andern hohen Gästen befinden sich noch hier

Se. Durchl. der Erbprinz von Schwarzburg-Rudolstadt und Ihre

Durchl. die Fürstin von Reuß-⸗Greiz.

Reuß⸗Lobenstein- Ebersdorf. Ebersdorf, 19. Juli. Se. Durchlaucht der Fürst sind gestern von seiner am 10. Juni un— ternommenen Reise nach London glücklich wieder hierher zurückgekehrt. Derselbe hat bei den Ihm nahverwandten Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften die zuvorkommendste Aufnahme gefunden und von Sr. Königl. Hoheit, dem Prinzen Albrecht, ein sehr werthvolles Geschenk in einem arabischen Pferde erhalten.

Während der Fürst an den glänzenden Hof- und andern Festen in London Theil nahm und die mannigfachen Merkwürdigkeiten der großen Stadt und ihrer Umgegend besichtigte, gedachte er auch für⸗ sorgend seiner durch die Witterungs-Kalamitäten des vorigen Jahres noch jetzt bedrängten Unterhanen, indem er bereits zum dritten Male in diesem Jahre an die Armen des Landes Kartoffeln und andere Lebensmittel unentgeltlich in bedeutenden Quantitäten, sowie baares Geld vertheilen ließ und die Beschästigung derselben beim Wegban dringend anbefahl. Der Dank der Armen hat sich auch dieses Mal auf die ungeheucheltste Weise öffentlich ausgesprochen.

Oesterreichische Monarchie.

Wien, 19. Juli. Der neue ottomanische Botschafter am hie— sigen Hofe, Muchtar Bei, ist vorgestern Abend in Begleitung seines Botschafts-Secretairs Raif Efendi, am Bord des Dampfboots hier eingetroffen.

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Paris, 20. Juli. Die Ernennung des Admiral Mackau zum Minister der Marine ist bis nach der feierlichen Schließung der Kam— mern verschoben worden, weil der Admiral nicht in das Kabinet ein⸗ treten wollte, nur um von der Kammer Abschied zu nehmen. Auch hat der Admiral, wie versichert wird, das Portefeuille erst über⸗ nommen, als die Absicht des Herrn Guizot, die Verwaltung der Ko— lonieen von dem Marine-Ministerium zu trennen und dem Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten unterzuordnen, wieder aufgegeben war.

Zwei Sitzungen der Pairs-Kammer haben hingereicht, um das Ausgabe⸗Budget anzunehmen. Die Budgets der Ministerien der aus— wärtigen Angelegenheiten, des öffentlichen Unterichts, des Innern, des Handels, der öffentlichen Arbeiten, des Kriegs und der Finanzen wur— den vorgestern in zwei Stunden votirt.

Die Voraussetzung, daß die Pairs-Kammer die Gesetz-Ent⸗— würfe über die Eisenbahnen in dieser Session nicht mehr vornehmen werde, war voreilig; sie hat heute die Diskussion über die Eisenbahn von Avignon nach Marseille begonnen, nachdem sie den Gesetz— Entwurf über eine Kredit-Bewilligung zu einer neuen Ausgabe von Fermat's Werken mit 96 gegen 12 Stimmen genehmigt hatte.

Der Marschall Soult wird in zwei oder drei Tagen nach seinen Gütern in St. Amans abgehen. Man versichert, daß der Herzog von Montpensier bei seiner Rückkehr aus den Pyrenäen den Herzog auf seinen Gütern besuchen und dort einige Tage verweilen werde.

Börse. Es wurden heut keine erhebliche Geschäfte gemacht, und die Course blieben auf ihrem gestrigen Standpunkt, die Zproc. Rente zu 80. 30, die Fproc. zu 121. 86. Die Regierung hat keine Nachrichten aus Spanien bekannt gemacht; an der Börse hieß es um 4 Uhr, es seien wichtige Depeschen eingetroffen, sie sollten aber den Journalen nur in dem Fall heute Abend mitgetheilt werden, wenn sie im Laufe des Tages durch den Telegraphen Bestätigung erhielten. Man wollte wissen, daß diese Nachrichten nicht eben günstig für die Sache der Insurrection lauteten; General Aspiroz sollte bei einem Zusammentreffen mit der madrider Miliz den Kürzeren gezogen und viele Leute verloren haben, ja er sollte genöthigt worden sein, den Rückzug nach Avila anzutreten.

Paris, 20. Juli. Ich habe Ihnen gestern so gut als im ersten Augenblicke unter den verschiedenerlei sich durchkreuzenden Ge— rüchten und Uebertreibungen möglich war, über den Unglücksfall auf der Eisenbahn von Orleans Bericht erstattet. Ich lasse heute einen vollständigeren, der den gestrigen Angaben theils zur Berichtigung, theils zur Ergänzung dienen mag, folgen. Glücklicherweise zeigt sich auch diesmal, daß das Gerücht die Bedeutung des Unglückfalles, wie gewöhnlich, übertrieben hatte.

Seit der Eröffnung dieser Eisenbahn haben sowohl die Gesell⸗ schaft der Messageries Generales, als die der Messageries Lafitte und Caillard Verträge mit der Eisenbahn⸗Gesellschaft fl en wodurch diese sich gegen Bezahlung einer fixirten Summe verbindlich machte, die Diligencen und Reisenden beider auf der Linie von hier bis Orleans und umgekehrt alle dort aus verschiedenen Richtungen an⸗ kommenden und hieher bestimmten von Orleans hierher zu befördern,

Voran ritten 60 Domainen⸗

Hülfs Lokomotive zu der Meinung veranlaßt, der Schienenweg sei frei, und setzte mit

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wodurch die Messagerieen 4 in den Stand, gesetzs würden, ihre Passagiere viel schneller zu befördern. Der eigens für diesen Transport bestimmte Wagenzug war nun gestern wie gewöhnlich um Uhr Nachmittags von Srleans abgefahren. Als aber derselbe über Etampes hinaus in die Nähe von Etrechz gekommen war, bemerkte der den Convoi führende Mechaniker, daß einer der Kolben (pistons) der Lokomotive nicht mehr so arbeitete, wie es

nothwendig war, um noch ohne Hülfe einer anderen Maschine nach

Paris zu gelangen. Diese Supplementar⸗Maschinen sind nach den Anordnungen, welche die Bahn⸗Verwaltung getroffen hat, stets schnell zur Hand, da deren zur Vorsorge auf verschiedenen etwa gleich weit

von einander entfernten Punkten, nämlich zu Toury, zu Etampes und Gestern war unsere Stadt in

freudiger Bewegung, die Straßen lebendig, die Häuser geschmückt, x l ; den Vorschriften, daß von dem Punkte, wo der Zug ankommen soll,

zu Saint-Michel aufgestellt sind, um überall sogleich Hülfe leisten zu können, wo solche nöthig sein sollte. Außerdem wollen die bestehen⸗

ein Aviso demselben entgegengeschickt werde, im Falle der Convoi län⸗ ger als zwanzig Minüten im Rückstande ist. Diese Vor— schriften sind eben so einfach und klar, als zweckmäßig, und wenn der Zugführer denselben pünktlich nachgekommen wäre, so würde ein Unfall überhaupt gar nicht haben stattfinden können. Allein statt den⸗ selben gemäß zu handeln, statt zu warten, bis die Lokomotive, die ihm entgegenkommen mußte, herangekommen war, ließ er in der Rich tung rückwärts nach dem noch nahen Etampes die nothwendigen Signale für die Sendung einer Lokomotive geben, deren Ankunst er nun auf dem Platze, wo der Zug stillgestanden war, abwartete. Die Signale trafen richtig zu Etampes ein, und augenblicklich wurde von dort eine Lokomotive mit voller Dampfkrast auf demselben Geleise abgesendet, auf welchem der stehen gebliebene Wagenzug sich befand.

Unglücklicherweise war der Zug nicht in der freien Ebene stehen geblieben, so daß er von allen Seiten, und besonders von der nach kommenden Lokomotive leicht hätte bemerkt werden können, sondemn er befand sich in einer Krümmung des Weges und in einem ziemlich tiefen Einschnitte, dessen Böschungen es absolut unmöglich machten, denselben zu bemerken, bevor man fast unmittelbar daran war. Noch scheint das Unglück es gewollt zu haben, daß der Kantonnier, als er die nachgesendete Lokomotive herankommen sah, ein falsches Signal gab, indem er das weiße Fähnchen aufpflanzte, welches einen in Gang befindlichen Wagenzug andeutet, statt des rothen, welches einen stillstehenden Convoi anzeigt. Der die führende Mechaniker wurde dadurch natürlich

ungeminderter Dampfkraft seinen Weg fort. Erst als er schon in die verhängnißvolle Krümmung eingelaufen war, bemerkte er, daß er sich nur noch einige Metres weit von dem stillstehenden Wagenzug befand. Es war zu spät, um den Zusammenstoß noch zu verhindern; doch die Geistesgegenwart nicht verlierend, zog er augenblicklich die Bremsen an, um durch die größtmöglichste Spannung derselben die Gewalt des Stoßes wenigstens so viel als möglich zu vermindern. Allein die Antriebskraft war noch zu groß, die Entfernung der Loko

motive vom Convoi viel zu gering, als daß diese Vorsichts-Maß⸗ regeln noch den gewünschten Erfolg haben konnten. Die Lokomotive stieß mit großer Heftigkeit auf die das Ende des Wagenzuges bil⸗ dende Diligence, und brach den Kasten derselben zusammen. Der Stoß war noch so gewaltig, daß auch noch die drei nächststehenden Diligencen davon heftig betroffen wurden. Der Schrecken und die Verwirrung, welche augenblicklich unter den Passagieren entstanden, kann man sich denken. Die Imperiale der letzten Diligence, welche den ersten Stoß der Lokomotive erhalten hatte, war eingebrochen und mit allem Gepäck auf die Reisenden herabgestürzt.

Fast alle in den letzten Wagen befindlichen Passagiere haben Kon⸗ tusionen erhalten, konnten jedoch, nachdem die erste ärztliche Hülfe ihnen geleistet war, ihre Reise nach Paris fortsetzen. Nur vier Per⸗ sonen mußten nach Etampes gebracht werden. Herr Dayma, Zahl meister der Invaliden zu Avignon, brach ein Bein, zum Glück aber nur ein hölzernes, das sich also ersetzen läßt. Eine Frau mit ihren zwei Kindern von Roannes, welche man anfangs noch schwer verwun— det glaubte, ist gleichfalls zu Etampes geblieben. Sie selbst hatte mehrere Quetschungen erlitten, aber kein Glied gebrochen. Ihr sechs⸗ jähriger Sohn, der anfangs unter der auf ihn hereingestürzten Masse des Gepäcks beinahe erstickt war, schien in ernstlicher Lebensgefahr zu schweben, aber bald verschwanden die beunruhigenden Symptome. Einer der Conducteure des Wagenzuges, der gerade in dem Augen blick, wo der Zusammenstoß erfolgte, eine Wagenthür schloß, erhielt ebenfalls eine ziemlich starke Quetschung.

Schon gestern früh begann die gerichtliche Untersuchung, und denen, die durch Leichtsinn, Unvorsichtigkeit oder Irrthum an dem eingetretenen Unfalle Ursache waren, wird die gerechte Ahndung des Gesetzes nicht ausbleiben. Wenn diesmal das Unheil geringer ge— blieben ist, als es hätte werden können, so ist zu hoffen, daß die Bahnverwaltungen überall daraus nur neuen Anlaß nehmen werden, mit der größten Strenge und Genauigkeit auf pünktlichen Vollzug der bestehenden Vorschriften von Seiten ihrer Unterbeamten und Dienst— leute zu sehen, und diese in jeder Beziehung der schärfsten Aufsicht zu unterwerfen. Wäre der vorgestrige Unglücksfall z. B. in den fin— stern Gewölben eines Tunnels vorgekommen, wo die Dunkelheit den Schrecken natürlich noch vermehrt und die Verwirrung noch vergrößert hätte, was hätte da geschehen können. Mit Recht verlangt die öffentliche Stimme, daß die Regierung den Gesellschaften wenigstens zur Pflicht machen sollte, die Tunnels zu beleuchten, um so wenigstens in dieser Beziehung die Gefahr etwas zu vermindern. Auf der Bahn von Rouen blieb vor wenigen Tagen erst ein Convoi unter dem Tunnel von Rolleboise fast drei Viertel- Stunden lang stehen, und vor etwa einem Monat war derselbe Fall eingetreten. Mehrere der Passagiere, bestürzt über diesen langen Aufenthalt, waren damals ausgestiegen, als plötzlich ein Wagenzug in entgegengesetzter Richtung herankam, so daß man es nur einer Fügung der Vorsehung zuschreiben kann, wenn in dem herrschenden Dunkel Niemand verunglückte.

Grossbritanien und Irland. Lon don, 19. Juli. Zum Besten des hier zu errichtenden Hospitals für deutsche Kranke wurde gestern ein zweites Konzert auf Veranstaltung Sr. Majestät des Königs von Hannover gegeben. Das Violinspiel des Herrn Ernst, der gegenwärtig hier anwesend ist, wurde allgemein bewundert.

Von den Repeal⸗Versammlungen, welche O'Connell in Irland zusammenzurufen fortfährt, und auf denen der Agitator immer die— selben Standreden voll revolutiongirer Tendenzen und leidenschaftlicher Bitterkeit gegen die Regierung hören läßt, ist die letzte am 16ten zu Tullamore gehaltene insofern bemerkenswerth, als nach der Rede O'Connell's der Bischof von Ardagh Dr. Higgins sich durchaus gegen eine Verbindung der Regierung mit dem Päpstlichen Stuhle, als das Mittel, die katholische Geistlichkeit zu versöhnen, aussprach. Er wie⸗ derholte damit das, was in der Parlaments- Sitzung vom Tten Herr O'Ferrall schon gesagt hatte, und es kann dies Widerstreben gegen eine solche Verbindung wohl als Ausdruck der allgemeinen Stimme der irländischen katholischen Geistlichkeit angesehen werden.

X London, 18. Juli. Die ö. fährt fort mit ihrer langsamen unfruchtbaren Thätigkeit, so, daß es scheint, als wenn man mehr beschäftigt wäre, Erfolge abzuwarten als Gesetze zu geben.

Allem Anschein nach wird das Parlament kaum vor dem 1. Septem⸗ ber auseinandergehen, obschon jeder sehnlichst nach dem Schluß der schläfrigsten Saison und des unfruchtbarsten Jahres, dessen man sich entsinnen kann, verlangt. Was Irland betrifft, so bringt das Ver⸗ streichen der Zeit Herrn O'Connell mehr Verlegenheiten als der Regierung, und trotz alles Tadels, mit dem die Regierung ihrer Fabius-⸗ Politik wegen überhäuft wird, bin ich doch geneigt, dieselbe sowohl für das weiseste als leichteste Verfahren anzusehen. O'Connell hat das irländische Volk an den Rand eines Abgrundes gebracht. Auf dem Wege, welchen er kürzlich eingeschlagen, kann er nicht umwenden. Wenn er umkehrt, läuft er Gefahr, von seinen eigenen erzürnten und verführten Genossen zertreten zu werden, und doch ist selbst seine Erfindungsgabe jetzt kaum mehr im Stande, ein weiteres Fortschreiten möglich zu machen, ohne daß ihn nicht die Gesetze erreichen sollten. Er steht so zu sagen im Schach, obgleich er noch alle Figu⸗ ren auf dem Brette hat, oder vielmehr in solcher Stellung, daß er keinen Zug thun kann, der ihn nicht schachmatt machen muß doch der Zug ist an ihm. Man kann daran zweifeln, glaube ich, inwieweit die Aufregung des irländischen Volks wirklich wahr ist. Denn ist sie wirklich wahr, so giebt sie einem gewiß eine niedrigere Meinung von dem Verstande und den

Zwecken desselben als irgend etwas, das wir von ihm kennen. Man

findet aber einige mit dieser Bewegung in Verbindung stehende Um⸗ stände, die durchaus so abweichend und unverträglich mit dem irlän⸗ dischen Charakter sind, daß sie auch die übrigen bedeutend verdächti⸗ gen. Ich meine insbesondere die Aufmunterung, welche von Seiten fremder Nationen die Repeal-Bewegung erfahren hat, ohne Zwei⸗ fel in der Absicht, den lobenswerthen Zweck zu fördern, das britische Reich zu zerstückeln. Dies Thema allein gut behandelt, würde mehr Repealers enttäuschen, als irgend ein anderes: denn es giebt in der Welt kein loyaleres und ergebeneres Volk, als das irländische, in der britischen Armee keine treueren Soldaten, als die irländischen. Es kann nicht der leiseste Zweifel obwalten, daß wenn in diesem Augenblicke, wo Herr O'Connell und seine Freunde die unverant⸗ wortlichen und einzigen Verwalter der großen, im Namen der Repeal erhobenen Summen aus Amerika und Frankreich öffentlich frem⸗ des Geld zur Unterstützung ihrer Pläne erhalten, ein französisches oder amerikanisches Heer den Boden Irlands beträte, die Bevölke⸗ rung gegen dasselbe marschiren würde. Dreihundert Jahre lang ist Irland schlecht regiert worden; aber Alles was es, selbst von seinen eigenen Demagogen, erduldet hat, ist nicht vermögend gewesen, das irländische Volk in illoyale Verräther zu verwandeln. In dieser Be⸗ ziehung sind seine Volks-Führer gewöhnlich weniger großherzig ge⸗ wesen, als das Volk, welches sie zu leiten vorgeben; und wenn sie auch durch innere Agitation ihren Zweck erreicht haben mögen, so ist ihnen dies noch nie durch Verschwörungen im Auslande gelungen und wird es auch nie. Die Einsammlung der Repeal⸗Rente ergiebt wöchentlich 2000 Pfd. und zwar bei dem ärmsten Volke in Europa!

818i e n Brüssel, 21. Juli. Gestern wurde Herr Rochussen in feier—⸗ licher Audienz von dem Könige empfangen und überreichte das Schreiben, welches ihn bei Sr. Majestät als bevollmächtigten Minister der Niederlande beglaubigt.

8S y ani en

Mꝛiadrid, 14. Juli.“) Der hiesige Militair⸗Kommandant, Brigadier Lemmery, welcher sich zu dem General Aspiroz begeben hatte, um mit ihm zu unterhandeln, soll von Letzterem zur Antwort erhalten haben, daß eine Unterhandlung nicht möglich sei, indem die Stadt nur zu wählen habe zwischen einer Ergebung auf Discretion und dem Pronunciamento; aus Ehrfurcht vor der Königin werde er die Hauptstadt nicht angreifen und keine Feindseligkeiten begehen, so lange man die Königin nicht entführe. Auf diese Antwort beschlossen die Behörden, zu den äußersten Maßregeln zu schreiten; das Ayun⸗ tamiento erklärte sich für permanent; alle Beamte, die sich nicht auf ihren Posten begeben, sobald der Generalmarsch geschlagen wird, werden abgesetzt; die Namen derjenigen National -Milizen, die sich nicht beim ersten Ruf bei ihren Compagnieen einfinden, werden in der Gaceta bekannt gemacht; jedem Miliz⸗Infanteristen wird eine Gratification von 5 Realen, jedem Miliz⸗-Kavalleristen und Artille⸗ risten von 19 Nealen täglich bewilligt; alle Bäckerläden, so wie über⸗ haupt alle Läden, worin Lebensmittel verkauft werden, müssen von Aufgang der Sonne bis elf Uhr Abends geöffnet sein. Die Bäcker müssen mehr Brod als gewöhnlich backen und die benachbarten Dörfer haben die Weisung erhalten, so viel Brod als nur irgend möglich, nach der Hauptstadt zu schicken. Herr Mendizabal hat dem Direktor des Schatzes den Befehl ertheilt, 3 Millionen Realen zur Disposition des Ayuntamiento zu stellen.

Andererseits hat man auch Maßregeln getroffen, um die Zu⸗ gänge zur Stadt zu vertheidigen. An den Hauptpunkten im Norden und Westen der Stadt sind Batterieen aufgefahren und im Mittel⸗ punkte der Stadt, bei der Puerta del Sol, steht eine Reserve⸗ Batterie,

Der General Aspiroz hat eine halbkreisförmige Bewegung um Madrid ausgeführt, um die Straße von Alcala zu gewinnen, auf welcher der General Narvaez heranrückt. Die Nachricht, daß derselbe bereits in Guadalajara angekommen sei, hat hier die größte Bestür⸗ zung erregt. Bei dem erwähnten Marsche der Insurgenten wurden zwischen den Tirailleurs beider Parteien einige Kugeln gewechselt was indeß nur einige leichte Verwundungen zur Folgé hatte und' den General Aspiroz nicht abhielt, seinen Marsch ruhig fortzusetzen.

Es haben hier bereits einige Verhaftungen stattgefunden. Das Volk wittert überall Verräther und einige Milizen, die man im Ver= dacht hatte, daß sie zu Aspiroz übergehen wollten, sind auf der Straße gemißhandelt worden und konnten nur mit Mühe der Volks wuth entrissen werden.

Die dem Regenten ergebenen Journale affektiren das größte Vertrauen zu dem Ausgange des Kampfes und erfinden alle erdenk— liche Nachrichten üer den Zustand der Provinzen, die natürlich von Niemandem kontrollirt werden können. Diejenigen Blätter, deren Erscheinen verboten ist, sandten ihren Abonnenten einige Tage lang kurze Bülletins mit den neuesten Nachrichten zu, wobeß sie sich aller Betrachtungen enthielten; allein sie waren genöthigt, auch diese Art der Publifation einzustellen, weil der Militair⸗ Gouverneur ein Dekret erlassen hat, wonach Jeder, der beunruhigende Nachrichten veröffent⸗ lichen würde, von denen zu besorgen stände, daß sie Insubordination oder Desertion in den Reihen der Vertheidiger des Vaterlandes und 9 ir oneo provoziren könnten, vor ein Kriegsgericht gestellt wer⸗ en soll.

Man spricht von einem Manifeste der Königin Christine, welches von Paris nach Spanien geschickt worden wäre, um hier veröffent⸗ licht zu werden. Die Königin erklärt, wie man versichert, in dlesem Manifeste, daß sie weder die Regentschaft, noch die Vormundschaft über die Königin Isabella noch einmal übernehmen wolle; sie verzichte

3) Es waren am 20. Juli in Paris keine neueren telegra . Depeschen eingegangen; vie obigen Nachrichten sind auf bem gemwöhn Wege angekommen.