1843 / 32 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

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reicht werden.

den fragt: sagen: du mußt bezahlen; das müsse auch in jeder anderen Fabrik ge—

Gruben ist die Feststellung der Verkaufs Preise als Marimum 23 —— 23 4 Genehmigung der Berg Behörde abhängig.

Ein Abg. der Städte: Die Einstimmung sämmtlicher Betheiligten in den Natural Theilungen dürfte schwer zu erlangen sein, Es sei besser, das Recht der Majoritat zuzugestehen. Der Neferent: Die Erfahrung habe diese Bestimmung als überaus wohlthätig zum Schutze der einzelnen Ge— werfe gegen Uebervortheilung durch ihre Mitgewerle erwiesen, und hatten alle sachlundigen Personen in ihrem Urtheil darüber eingestimmt. Es sei gewiß unbillig, wenn einzelne Gewerke gegen ihren Willen und ihr Inte⸗ resse gezwungen werden könnten, den Verkauf für eigene Rechnung zu be— wersstelligen, statt der Verwerthung für Nechnung der ganzen Gewenschaft. Ein Abg. der Städte; Der Verfaufspreis der Kohlen zum Land-Debit sei auf ein Maximum bestimmt, und zwar auf Grund älterer Usancen, wo es sich nur um den Bedarf im Lande handle; derzeit wurden die Preise von den Berg-Behörden so gestellt, daß abgelegene Zechen billiger als zum De— bit vortheilhaster gelegene verkaufen dürften. Ein Marimum war zum Schutz gegen Uebertheuerung festgestellt. Nach dem jetzt zur Berathung vorliegenden Entwurfe sollen die Nuhr- und Landdebits-Jechen für die Ab- fahrt zum Rhein nach Willkür und wie die Verhältnisse des Handels es erfordern, verkaufen dürfen. Wenn nun die Landdebits- Zechen durch Umstände gezwungen seien, unter dem Preise zu verkaufen, so wäre es ihnen auch wohl zu gönnen, daß sie bei vermehrter Nachfrage einige Pfennige höher verkaufen dürften. Befürchte man, die Kohlen der ärmeren Klasse zu vertheueren, so müsse man das Mehl, den Roggen und andere Lebens— mittel auch auf ein Maximum des Preises stellen, um konsequent zu blei— ben. Jede Waare richte sich im Preise nach der mehr oder minderen Nachfrage Ein Abgeordneter der Ritterschaft: Er müsse sich ge gen diese Ansicht erllären. Es sei hier nur ein Maximum festgestellt worden, wie dies in polizeilicher Hinsicht etwa bei den Brodpreisen

eschehe, und zwar, um den Kohlenwucher zu verhüten. Ein Abgeordneter der Landgemeinden: Er müsse eingestehen, der Ausschuß bleibe sich ganz konsequent. Er habe den Leuten uberall die Hände gebunden und hier auch. Er erkläre sich durchaus gegen diese Beschränkung durch ein Maximum. Der Referent: Er wundere sich, warum der vorige Redner nicht auch die Brodtaxe bestreite, um den Armen dem Kornwucher preiszugeben. Es handle sich nur von Vorbeugung gegen Kohlenwucher, welcher bei strenger Kälte den Armen nicht minder schwer treffe. Worauf dieser erwiederte: Weil ihm jede Beschränkung nicht zulässig erscheine, und er der Meinung sei, daß die Konkurrenz durchaus frei sein müsse. Ein Adgeordneter der Ritterschaft: Man wolle dem armen Manne die Kohlen nicht zu theuer halten, das sei der Grund gewesen, warum man sich für dieses Maximum ausgesprochen habe. Der Referent: Es sei dies die Ansicht des Ausschusses gewesen. Es könnten sehr leicht Fälle vorkommen, wo im Winter der Preis der Kohlen doppelt steigen würde und einzelnen, Grubenbesitzer von der allgemeinen Noth Vortheil ziehen möchten; es sei dies ein ähnlicher Fall, wie bei der Brotaxe.

Der §. 80 wird nach der Fassung des Ausschusses angenommen.

Die SS. S1, 82 und 83 werden von der Plenar-Versammlung ange— nommen, jedoch wird im §. 82 hinter dem Worte: „wird“ eingeschaltet: „nachdem eine Aufsorderung stattgefunden und derselben nicht Folge geleistet worden ist.“

S. 84. Den Arbeitern muß der Lohn an jedem Lohntage unverkürzt und bei 50 bis 30 Rthlr. Strafe nicht anders als in baarem Gelde ge⸗ Die Stein- und Braunkohlen, welche die Arbeiter auf Stein- und Braunkohlengruben zu ihrer eigenen Feuerung eihalten, werden nicht als Lohnverkürzung betrachtet.

Der Ausschuß beantragt hinter dem Worte „Strafe“ den Zusatz „zu Gunsten der Knappschafts-Kasse.“ Ein Abgeordneter der Landgemein— Warum man für nöthig gefunden habe, hier ausdrücklich zu

schehen. Ein Abgeordneter der Ritierschaft erlaubt sich hierzu die Be— merfung: Er kenne viele Fälle, wenn die Arbeiter Geld fordern, so werden ihnen statt desselben Waaren aufgedrungen, die sie nur mit Schaden zu Geld machen können; wenn daher nicht eine scharfe Kontrolle auch in dieser Beziehung bestehe, so sei dies hier auch zu fürchten. Er sei der Meinung, daß man feststelle, daß dieser kleine Betrag auch in baarem Gelde entrichtet werde, damit unter den Arbeitern nicht ein Kohlenhandel um sich greife. Ein anderer Abgeordneter dieses Standes

unterstützt diesen Antrag, und wünscht denselben ganz allgemein auf alle Arbeiter ausgedehnt zu sehen. Es sei gewiß vielen der Herren Abgeordneten bekannt, daß die Arbeiter häufig gezwungen werden, Wagren statt des Lohnes zu nehmen, und daß sich dieses sogar bis auf Kaffee, Butter u. dergl. erstrecke. Es sei dies ein sehr zu beklagender Mißbrauch. Ein Abgeordneter der Ritterschaft: Dieser Mißbrauch herrsche auch namentlich in vielen Fabriken. Es wäre ein ähnliches Gesetz zu erlassen, welches es bei 50 bis 100 Thaler Strafe verbiete. nicht anders als in baarem Gelde den Lohn auszuzahlen. Dieser Vorschlag findet allgemeinen Anklang. Der Herr Landtags Mar— schall schließt sich demselben mit dem Bemerken an, daß er gar nichts da—⸗ gegen habe, wenn ausnahmsweise darüber ein besonderer Antrag gemacht werde, zu welchem sich sofort der Protokollführer erbietet. Ein Abgeord⸗ neter der Städte findet es konsequent, wenn auch verboten würde, selbst Braun- oder Steinkohlen zu eigenem Bedarf vorschußweise an die Arbeiter zu geben. Der Referent: Es werde dies dahin zu berichtigen sein, daß die Kohlen zu einem niedrigeren Preise abgegeben würden, als beim Ver

kauf an andere Personen; es sei also um so weniger ein Mißbrauch zu befürchten, als der Betrag höchst unbedeutend sei.

Der Vorschlag: Das Verbot, selbst Braun- oder Steinkohlen zu eige— nem Bedarf vorschüßweise an die Arbeiter zu geben, ruft eine kurze Debatte hervor; im Einverständnisse mit dem Ausschusse und dem Referenten wird hinter dem Worte „Braunkohlengruben“ die Einschaltung „auf ihr Begehren“ beliebt, und der so amendirte §. 84 von der Plenar-Versammlung an— genommen.

Die beiden §§. 85 und s6 werden angenommen.

(Schluß folgt.)

Berlin, 31. Juli. Unter den vielerlei unbestimmten Gerüch—

ten über angebliche „Rückschritte“, die von einer ihres eigenen Zweckes und Zieles nicht bewußten, der Zahl nach schwachen, aber dafür um so regsameren Partei wenn wir den wenigen größten⸗ theils noch sehr jungen Leuten diesen Namen geben dürfen in Um— lauf gesetzt werden, ist eines der sonderbarsten das jüngst von einem ostpreußischen Lokaiblatte verbreitete, daß „die private Freiheit der Bürger durch Veschränkung der Gewerbe Freiheit beeinträchtigt werden solle.«“ Daran ist, so viel uns bekannt, bisher von keiner Seite gedacht werden, es müßte denn sein von den vereinzelten . die sich in den Kreisen der Handwerker und ber Gewerb⸗ h enden auf verschiedenen Punkten zu Gunsten einer Herstellung * 6 Züufte und Innungen erhoben haben. Das erwähnte j 2 . e e fen man gehe bei der beabsichtigten Beschrän⸗ ung Fer Gewerbe- Zreiheit darauf aus, „dem Gewerbstande einen sittlichen Halt zu geben.“ Wenn dem, wie wir vernehmen, in der Borbereitung begriffenen allgemeinen Gewerbe⸗Polizeigefetze ein solcher Zweck zu Grunde läge, so sehen wir nicht ein, wie irgend ein Verständiger dies tadeln könnte, aber eben so weni sehen wir ein warum man . der Exreichung dieses Jweckes die 6 ewerbe Freiheit beschränken ollte. Einer der bedeutungsvollsten Züge unserer Zeit ist das allgemeine Streben, freie Associatiöonen zu bil⸗ den, um mit vereinten Kräften zu bewirken, was dem Ein“ zelnen bei aller Anstrengung niemals möglich würde. Wenn

die Gesetzgebung unter gewissen Veraussetzungen die Bl

freier gewerblicher Vereine gestattete, zu 9 * . Belieben jedes Gewerbtreibenden gestellt bliebe und deren Aufgabe in der rn, der gemeinsamen gewerblichen Interessen bestände, so würden wir barin nur einen neuen Beweis sinden, wie richtig unsere höchsten Behörben die wahren Bedürfnisse und Forderungen der Zeit erkennen. Von einer Beschränkung der Gewerbe Freiheit könnte dabei nicht die Rede sein, da mit dieser solche Vereine nicht das Geringste zu thun hätten, so lange ihnen nicht Exklusivrechte

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bewilligt würden, woran aber, wie wir nochmals wiederholen, bisher noch Niemand gedacht hat. Die Aufgabe unserer Zeit ist nicht, zu zerstören, wie jene einer noch nicht lange verschwundenen Vergan— enheit, sondern zu bauen. Wem es Vergnügen macht, das Ge— e. neuer Schöpfungen als Rückschritt zu bezeichnen, den wollen wir in dieser eigenthümlichen Liebhaberei nicht stören; nur sehen wir nicht ab, wie man dieselbe mit dem gewöhnlichen deutschen Sprach⸗ gebrauche vereinigen will.

Von der Saale, 25. Juli. Das spekulative Streben nach Geldgewinn hat in unseren Gegenden seit mehreren Jahren ein Gewerbe hervorgerufen, dessen nachtheilige Tolgen so wenig verkannt werden, daß ihre baldige Beseitigung im Wege der Gesetzgebung von vielen Seiten her gewünscht wird. Es ist dies das förmlich gewerbs weise Aufkaufen von Bauergütern Behufs deren Wiederverkaufs in ein zelnen Parzellen. Der Unternehmer, welcher sich mit diesem Gewerbe be— faßt, das man mit dem Ansdruck: „das Ausschlachten der Güter,“ zu be⸗ zeichnen pflegt, erforscht zunächst durch Umherreisen in den einzelnen Dorf⸗ schaften, wo ein wohlfeiler Ankauf eines Bauergutes, namentlich wegen Vermögensverfalls des zeitigen Besitzers, sich bewirken läßt, sucht so⸗ dann durch Unterhändler das fragliche Gut für einen geringen An— kaufspreis zu acquiriren und zerlegt es hiernächst in einzelne gerin gere Ackerstücke, die er im Wege der Licitation an den Meistbietenden veräußert. Es sind leicht die Umstände zu erkennen, welche es ver— anlassen, daß die einzelnen kleinen Ackergrundstücke bei dem Wieder— verkauf einen höheren Preis gewähren, als der Verkäufer beim Er werb des ganzen Bauerngutes geben mußte. Die bäuerliche Nahrung ist aber hierdurch vernichtet, und der gezogene Geldgewinn wird von den Spekulanten, welche meistens Ausländer sind, ohne eine irgend— wie erhebliche Mühe oder Gefahr davongetragen.

Koblenz, 27. Juli. Gestern ist Se. Excellenz der Geheime Staats- Minister, Freiherr von Bülow, hier eingetroffen.

Deutsche Bundesstaaten. Ausland.

Bayern. München, 26. Juli. (. 3.) Die Kammer der Abgeordneten hat heute ihre Berathung über das ursprünglich ein

gebrachte Budget der gesammten Staatsausgaben für ein Jahr der

Ften Finanz- Periode fortgesetzt und beendigt, so daß von morgen an die Berathung über die Staats- Einnahmen ihren Anfang neh

men könnte, wenn nicht vorher erst der von uns schon vor ge

raumer Zeit ausführlich erwähnte Budget-Nachtrag zu diskutiren wäre. Zuerst hatte sich die Kammer über die acht von dem Königl. Minister des Innern schon unter dem 28. November v. I, eingebrachten Gesetz Entwürfe über das Maximum der Kreisumlagen in den acht Regierungsbezirken des Königreichs für die Jahre 1843 und 41 1845 und A6 schlüssig zu machen. Diese Entwürfe sind für die sieben diesseitigen Regierungsbezirke völlig gleichen Inhalts, nämlich: „Das unüberschreitbare Maximum der in dem Regierung. Bezirke R. N. für jedes der drei Jahre 1813 und 4 1845 und 46 zu erhebenden Kreis- Umlagen wird festgesetzt: a) „zur Deckung der nothwendigen, gesetzlich auf die Kreisfonds hin

gewiesenen Lasten, auf vier und ein Sechstel Prozent der Steuer- Prinzipalsumme oder zwei und einen halben Kreuzer vom Steuerguiden, b) zur Deckung der fakultativen, zu gemeinnützigen Zwecken und Anstalten zu verwendenden Ausgaben, auf drei und ein Drittel Prozent der Steuer -Prinzipalsumme oder zwei Kreuzer vom Steuergülden.“ Von dem Ausschusse war der doppelte Antrag ge stellt worden: „Es sei das Maximum ad à zur Deckung der noth⸗ wendigen, gesetzlich auf die Kreisfonds hingewiesenen Lasten mit vier und ein Sechstel Prozent der Steuer-Prinzipalsumme oder zwei und einem halben Kreuzer vom Steuer Gulden, für die sieben älteren

Kreise und mit 52 pCt. für die Pfalz anzunehmen; aber a hebe züglich der Umlagen für fakultative Zwecke nach den für jeden Kreis

postulirten 3 pCt. nicht anzunehmen, sondern dieses Maximum auf den bisherigen Betrag von 15 pCt., d. i. ein Kreuzer vom Steuer Gulden festzusetzen.“ Zuerst wurde eventuell über die betreffenden sieben Gesetz Entwürfe abgestimmt, und zwar wurden alle in der vom Ausschusse begutachteten modifizirten Fassung a bh mit überwiegender Stimmen⸗ Mehrheit angenommen. Der Gesetz-Entwurf für den Regierungsbezirk Pfalz weicht von den übrigen in seiner Fassung nur insofern ab, als in demselben sub a. das Maximum auf 523 Prozent der Steuerprin zipalsumme festgesetzt wird. Nachdem auch dieser zuerst eventuell angenommen war, wurde zur Abstimmung über alle acht Entwürse mittelst Namenaufrufes geschritten und diese ergab dann die ein stimmige Annahme derselben.

Aus Baden, im Juli. (Schw. M.) Unsere öffentlichen Blätter der letzten Tage enthalten Aufrufe zur Feier des 235jährigen Bestehens unserer Verfassung. An vielen Orten sind bereits ange sehene Männer zusammengetreten, um eine würdige Begehung des Festes vorzubereiten.

Mecklenburg-Schwerin. Schwerin, 27. Juli. 6. C.) Zu der am heutigen Tage stattgefundenen ersten General- Versamm⸗ luug der Actiongire der Berlin⸗Hamburger Eisenbahn⸗Gesellschaft hatken sich 69 Personen eingefunden, welche theis in Person, theils in substitution , der gezeichneten Summen, also 7,500,000 Rthlr, vertraten. Die Versanmlung wurde um 40 Uhr, im Konzertsaale des hiesigen Theaters durch den Großherzogl. mecklenburgischen Ge heimen Legations- Rath Prosch eröffnet, welcher die Anwesenden be grüßte und willkommen' hieß. Die,. Verhandlungen wurden vom Herrn Justizrath Kunoweki aus Berlin geleitet, der nach einer licht vollen Entwickelung des historischen Theiles des Unternehmens, in sehr präziser Weise die Hauptzwecke und Bestimmungen der Statuten andeutete, welche sodann paragraphenweise berathen wurden; und nach wenigen Amendements konnte schon um 2 Uhr die Ge⸗ nehmigung derselben angezeigt werden. Interessant war noch die Anzeige, daß sich gestern Abgeordnete von Brandenburg und von der Berlin- Potsdamer Eisenbahngesellschaft hier eingefunden haben, um zu veranlassen, daß eine Verbindung mit derselben den fünfti gen Verwaltungsbehörden dieser neuen Unternehmung empfohlen werde. Ob auf den Antrag der aus Potsdam und, Brandenhurg eingetroffenen Deputationen die Bahn über diese Städte zu leiten, und somit eine Verbindung mit Da herbeizuführen, einzuge⸗ hen 9 stellte man einer späteren Beschlußfassung anheim. Die hauptsächlichsten Bestimmungen des am morgenden Tage zu vollzie⸗ henden Statuts dürften folgende sein; Die künftigen Generalver⸗ sammlungen werden in Ludwigslust abgehalten. Das nach Verlauf von vier Wochen zu erwählende Direktorium wird seinen Sitz in Berlin und Hamburg haben und aus 14 Mitgliedern und eben so vielen Ersatzmännern bestehen, zu welchem Berlin je 6, Hamburg je 6 und Mecklenburg je 2 stellt. Aktiv und ag; wahlberechtigt ist jeder Inhaber von 1 Actien. Die respektive Zins- und Dividen⸗ den⸗Zahlung sindet nach den zwischen Mecklenburg und Hamburg bei

Uebernahme der 3 Milllonen Litt. B. Actien festgesetzten Bedingungen

statt. Es wird demnächst zur Wahl der Vertreter und Verwal— tungs Behörden geschritten werden, um nun auch die formelle Kon zession der Regierungen, durch deren Staaten die Bahn führen wird, einzuholen.

Freie, Städte. XM Frankfurt a. M., 28. Juli. Ihre K9. HH. der Prinz und die Prinzessin Wilhelm von Preußen trafen vor kurzem wieder in Homburg ein und werden an dem landgräflichen Hofe einige Wochen zubringen. Ihre Königl. Hoheit die Frau Großherzogin von Baden empfing vorgestern in Soden den Besuch Sr. Hoheit des Prinzen Emil zu Hessen. Ihre Durchlauchten der Herzog und der Prinz Moritz von Nassau sind aus Noberney nach Bieberich zurück gekehrt. Auf dem benachbarten Schlosse Rümpenheim kam Anfangs dieser Woche Ihre Durchlaucht die Frau Landgräsin Wilhelm zu Hessen an und in der Mitte des August wird Ihre Königl. Hoheit die Frau Herzogin von Cambridge daselbst erwartet. Se. Königl. Hoheit der Kurfürst von Hessen ist seit einigen Tagen wieder aus Ems zurück. Der neue Königliche belgische Gesandte am Bundes tage, Herr Graf von Briey, trifft in den nächsten Tagen hier ein und wird zugleich an mehreren benachbarten Höfen akkredirt werden. Wenn man aber geneigt ist, an die Wiederbesetzung des belgischen Gesandtschafts-Posten dahier die möglichere Realisirung kommerzieller Hoffnungen, die wir nicht näher zu bezeichnen nöthig haben, zu knüpfen, zeigt dies von Unkenntniß der Verhältnisse.

Heute sind endlich Nachrichten aus Spanien eingetroffen, welche das nahe Ende der unblutigen Insurrection bezeichnen. Narvaez stand im Begriffe, in Madrid einzuziehen. Espartero scheint den Kopf und den Muth verloren zu haben, und er läßt somit nicht allein seine Macht, sondern auch seinen militairischen Nuf in Spanien zurück. In Paris haben diese Siegesnachrichten aus Spanien Freude erweckt und auch an der Börse auf die Ardouins einen steigenden Impuls geübt. Diese blieben darauf auch bis heute höher. Die Börse zeigte sich heute lebhafter, als in den letzten Tagen, doch blieben außer Ard. nur die polnischen Loose auf ihr Steigen zu Berlin, und Integrale etwas höher. Die österr. Fonds waren unverändert, aber doch fest. Das Geld zeigt sich mit jedem Tage flüssiger, und der Diskonto steht kaum noch 37 *. Die Taunus-Eisenbahnactien sind seit einigen Tagen im Weichen be griffen, da die regnerische Witterung die Frequenz der Bahn sehr bengch theiligt. Die Main-Dampfschiffahrt macht bei dem günstigen Wasser stand fortdauernd gute Geschäfte. Auf die Getreidepreise übt das Regenwetter einen steigenden Impuls, und es läßt sich leider nicht leugnen, daß die Aerndte immer noch zweifelhaft ist. Das bis jetzt eingethane Korn muß erst auf den Speichern trocknen und kann vor— erst ohne Nachtheil für die Gesundheit nicht verbraucht, werden. Das Ostseekorn wurde in den letzteren Tagen hier noch mit 10 l. pro Malter bezahlt, doch steht es an Güte unserem Korn sehr nach.

Der Zug der Fremden nach den Bädern war in den letzteren Tagen sehr schwach; sollte das Regenwetter noch 8— 14 Tage an— dauern, dann ist es mit der diesjährigen Saison ganz vorbei.

Der Kurfürstlich hessische Hof Kapellmeister Louis Spohr ist aus England, wo er sehr geachtet ist, gestern auf der Rückkehr nach Kassel hier angekommen.

r nl,

Paris, 26. Juli. Es sind abermals Unterhandlungen zwischen unserem Kabinet und dem Kabinet von St. James angeknüpft, um eine telegraphische Korrespondenz zwischen Dovre und Calais herzu— stellen. Auf jeder Station sollen Beamte von beiden Nationen an⸗ gestellt werden. Mittelst dieser Linie würde man, bei ruhigem Wet ter, die wichtigsten Nachrichten aus London in weniger als einer Stunde in Paris haben.

Eine Königliche Verordnung vom 24sten d. enthält Folgendes: „Art. 1. Die Session der General -Conseils der Departements wird für das gegenwärtige Jahr am 21. August eröffnet und am 4. Sep tember geschlossen, mit Ausnahme des Departements von Korsika und des Seine Departements. Die Session des General-Conseils von Korsika beginnt am 15. September und schließt am 19ten desselben Monats; die des General Conseils der Seine beginnt am 16. und schließt am 30. September. Art. 2. Der zweite Theil der Session der Bezirks Conseils beginnt am J. September und schließt am 14ten desselben Monats; ausgenommen in Korsika, wo sie vom 5. bis 9. Oktober, und der Seine, wo sie vom 5. bis 9. November währt.“

Der Graf von St. Aulaire wird im Laufe des nächsten Monats in Paris erwartet, um hier drei Monate zu bleiben. Herr von Ba rante soll sich, wie man vernimmt, um den Botschafter Posten in London bewerben.

Herr J. von Rothschild hat eine Reise nach Belgien und Eng land angetreten.

Börse. Die ziemlich sichere Nachricht von der Capitulation Madrids trieb heute die Fonds ein wenig in die Höhe, doch war dies auch nur von kurzer Dauer. Nachdem man die 3 proc. Rente zu 80. 35 notirt hatte, ging man später wieder auf 80. 25, den gestri gen Cours, herunter. Die Hproc. wurde 121. 85 à 121. 75 notirt, ohne daß Geschäfte darin gemacht wurden. Die spanische aktive Schuld war zu 275 begehrt und die passive à 48, aber nur in klei nen Partieen. Man wollte sich, wie es scheint, nicht eher in Spe culatlonen einlassen, bis man weiß, wie sich Narvaez nach seinem Ein zug in Madrid benommen haben wird.

Grossbritanien und Irland.

London, 26. Juli. Die kürzlich vom Lordkanzler ins Ober haus gebrachte und binnen wenigen Tagen durchs Unterhaus gegan gene Bill über die Legalisirung der gemischten Ehen in Irland hat die dortige Aufregung, welche der, Ausspruch der zwölf Richter ver anlaßte, daß solche Ehen ungültig wären, wenn nicht durch einen Priester der protestantischen Kirche eingesegnet werden, einigermaßen be schwichtigt, da jedoch dem neuen Gesetz nur eine rückwirkende Kraft beige legt ist und es sich nicht über das in Zukunft zu beobachtende Verfahren ausspricht, so ist die Schwierigkeit für die Regierung noch nicht be⸗ seitigt und die Ruhe der dadurch aufgeregten Gemüther in Irland noch nicht vollständig hergestellt. Die vorliegende Frage st eine sehr ernste und schwierige; sie trägt nicht wenig dazu hei, die Verhältnisse Irlands noch verwickelter zu machen, als sie es schon sind, indem auch bei ihrer vollständigen Lösung der Regierung wie überall durch den Einspruch der eigenen Partei die Hände gebunden werden. Es

Gültigkeit gemischter Ehen von Mitglie—

handelt sich um die 9. . er Heel, wn iche, oder katholischen Kirche mit denen der

Staats Kirche, der anglikauischen. Eine eheliche Verbindung eines Katholiken mit einer nicht katholischen Frau oder umgekehrt, welche von einem katholischen Priester eingesegnet ist, wird nach einem alten herkömmlichen Gesetze in Irland für ungültig gehalten, und obgleich bies Gesetz bisher nur immer für Katholiken in Anwendung kam, so daß wohl seit 200 Jahren die gemischten Ehen von Presbyte⸗ rianern und Protestanten, welche von Geistlichen der ersteren einge— segnet waren, stillschweigend für gesetzlich anerkannt worden sind, so hat doch der kürzliche Ausspruch des obersten Gerichtshofes in Eng⸗ land jenes Gesetz auch auf solche Ehen von Presbyterianern ausge⸗ dehnt, mithin auch diese für ungültig erklärt. Dieser richterliche Ausspruch bezieht ich indeß, was wohl zu beachten, nicht auf alle

Presbyteriauer, sondern nur auf die in Irland, weil dieselben hier

so wie die Katholiken zu den Dissenters gehören, in Schottland da— gegen die presbyterianische Kirche Staats Kirche ist und deshalb der Alt der Priester derselben geseblich sein muß. In Irland giebt es ungefähr 600,900 Mitglieder dieser Kirche, welche fast alle in Nor 33 Landes ansässig sind und die achtbarsten Familien unter sich . I1.

. Umstände, welche das richterliche Urtheil veranlaßt haben, sind kurz Folgende: Ein Mensch in Irland wird neulich vor Gericht der Bigamie wegen angeklagt. Das Faktum wird bewiesen, aber der Angeklagte behauptet, daß, da seine Frau zur anglikanischen, er selbst zur presbyterianischen Kirche sich bekenne, die durch einen presbyteriani schen Priester eingesegnete Ehe nach dem Gesetze ungültig sei. Die Sache geht an den obersten Gerichtshof, das Oberhaus. Dies ver langt zuerst das Urtheil der zwölf Großrichter von England, welche nach gehöriger Berathung einstimmig erklären, daß nach dem alten englischen Gesetze eine Ehe, die von einem nicht ordinirten Priester eingesegnet sei, ungültig sei, und daß, da der presbyterianische Priester kein solcher ordinirter Geistlicher ist, eine von ihm eingesegnete Ehe die Personen verschiedenen Glaubensbekenntnisses nicht binde. Das Oberhaus hat dies Urtheil noch nicht bestätigt, aber es ist kein Zweifel darüber, daß es geschehen wird, da der Rechtspunkt klar und entschieden ist. Natürlich mußte dieser Ausspruch, der die heiligsten Banse der civilisirten Gesellschaft so hart berührt, eine ungemeine Aufregung unter den betheiligten Familien in Irland hervorbringen; die Folgen des dadurch herbeigeführten Zustandes in moralischer wie materieller Hinsicht müssen für den Staat, wie für die Familien selbst von nicht zu ermessendem Nachtheil sein. Denn alle bereits geschlossenen gemischte Ehen, welche von presbyterianischen Priestern eingesegnet waren, wurden damit für aufgelöst, die Besitztitel der in soichen ungültigen Ehen erzeugten Kinder auf die Grundgüter (real property) für nichtig, die Ehen selbst für Konkubinat und die Kinder für unehe⸗ liche erklärt. Die Ehre achtbarer Familien, der häusliche Friede, alle Bande der Gesellschaft waren gefährdet. .

Es war daher unerläßlich, daß der gesetzgebende Körper des Landes. sofort mit einer neuen Verorbnug hervortrat, welche solcher Anarchie in den Familien vorbeugte, die der auf das bestehende Ge set begründeten Rechtsausspruch der Lords unfehlbar voraussehen ließ. Die Regierung säumte auch nicht, aber die von ihr vorgeschla gene Maßregel heilt das Uebel nur halb, insofern zwar die schon geschlossenen Ehen dadurch für gültig erklärt werden, aber die schwie rige Frage, ob auch solche noch in Zukunft zu schließenden, von pres— byterianischen Geistlichen einzusegnenden Ehen für gültig zu halten ein, ungelöst bleibt. Die Bill, welche darüber Lord Lyndhurst am Donnerstage dem Oberhause vorlegte, und welche heute schon, nach dem sie in beiden Häusern ohne Widerspruch durchgegangen, die nigliche Sanction erhält, lautet wörtlich wie folgt: Es wird verord— net „daß alle bis jetzt in Irland von presbyterianischen oder anderen protestantischen Dissenter-Geistlichen eingesegnete Ehen von derselben Gesetzeskraft und Wirkung sein und dafür gehalten werden sol len, als wenn solche Ehen von Priestern der besagten vereinig ten Kirche von England und Irland eingeseguet' worden wa ren, und von keiner anderen Kraft und Verbindlichkeit.“ Folgt diesem Gesetze kein, zweites über die fernere Einsegnung pres byterianischer Ehen in Irland, so ist auch mit diesem schon die Bestimmung ausgesprochen oder vielmehr das alte Gesetz erneuert, daß in Zukunft alle diese Ehen von den Geistlichen der Staatskirche eingesegnet werden müssen, eine Bestimmung, der man sich gar nicht oder nur mit dem größten Widerwillen unterwerfen wird, da sie die Par- teien zwingt, sich einem Ritus und einer Geistlichkeit zu fügen, deren Anerkennung das streng religiöse Gewissen der Irländer verbietet; denn den presbyterianischen oder protestantischen Dissenter-Geistlichen wird durch diese Bill ausdrücklich die Befugniß genommen, selbst eine Ehe ihrer eigenen Kirchen Mitglieder einzusegnen. Indessen Lord Lyndhurst hat angezeigt, daß die Regierung ein zweites Gesetz noch vorschlagen wird, und daß das so eben durchgegangene nur vorläufig bestimmt ist, die Gemüther zu beruhlgen. : dies zweite Gesetz enthalten wird, vermag man nicht so leicht zu sagen; denn das einzige wirksame Heilmittel, wel ches die Regierung vorschlagen kann, besteht eben in der Ein räumung jener Befugniß, gemischte und ungemischte Ehen der eigenen Partei einzusegnen, wogegen aber die Kirche mit aller Macht sich erheben und welche einzuräumen auch das Parlament Bedenken tragen wird, indem die übrigen Dessenter-Sekten, Katholiken, Wes— leyaner, Anabaptisten 2ꝛc., dasselbe Recht beanspruchen können, was man den Presbyterianern in Irland zugesteht. Die Regierung wird also auch hier wieder auf den Widerstand ihrer eigenen Partei, der Kirche, stoßen, und so sehr man jetzt auch glaubt, daß sie durch Konzessionen die Presbyterianer in Irland erhöhen will, so ist es doch noch zweifelhaft, ob sie jenen Widerstand zu beseiti gen im Stande sein wird. übrigens hat sie auch triftigen Grund, diese Versöhnung zu bewirken; denn in dem gegenwärtigen Zustande Irlands ist die Haltung der Presbyterianer von großer Bedeutung. Sie bilden zwar nur eine wenig zahlreiche Körperschaft, aber sie sind die Abkömmlinge jener Puritaner und Independenten, die eine so große Rolle in der Geschichte Großbritanniens gespielt, sie sind die Brüder jener entschlossenen Männer in Schottland, welche sich so eben in zwei Parteien getheilt und beinahe Staat und Kirche umgestürzt haben, sie sind endlich eine überaus thätige und einfluß— reiche Klasse der irländischen Bevölkerung. Man ist natürlich ge— spaunt, welchen Weg die Regierung einschlagen wird; die nächste Zukunft wird es lehren. Was sie aber auch thun mag, geschieht etwas zur Abhülfe, so geschieht ein neuer Schritt auf dem Felde religiöser Gleichheit, die in England neben der religiösen Freiheit so sehr noch vermißt wird.

Spanien.

Paris, 26. Juli. Telegraphische Depeschen aus Spanien.

Die Truppen der Generale Narvaez und Seoane sind gestern bei Torrejon zusammengetroffen; nach einem Gefechte von viertelstündiger Dauer fraternisir— ten sie. Seoane und der Sohn Zurbano's find zu Ge— fangenen gemacht, worden. Zurbano ist entwischt und hält sich zu Madrid verborgen.

Das madrider Avuntamiento kommt so eben aus der Stadt, um Madrid ohne Bedingungen zu übergeben. Die Miliz kehrt in ihre Behausung zurück. Enna's Truppen, die sich ausgesprochen haben, besetzen die Posten. Narvaez oder Aspiroz wird um 5. Uhr mit seiner Division in Madrid einziehen.

. Der Kampf vor Madrid ist beendigt, ohne daß spanisches Blut geflossen wäre, und es hat sich hier abermals, wie seit dem Beginn des Aufstandes überall, bewährt, daß die Truppen nirgends geneigt sind, sich für die Sache des Regenten zu schlagen. Wenn nun der General Seoane, dem die Unzuverlässigkeit seiner Truppen nicht unbekannt, sein konnte, dessenungeachtet Guadalajara verließ, und dem bei Torrejon stehenden General Narvaez entgegenrückte, so hatte er dabei wohl nur die Absicht, seine militairische Ehre zu retten.

Esparter9h war am 16. Juli mit 1200 Mann Infanterie und G00 Reitern in Cordova. Man glaubt, er wolle mit dieser Eskorte die portugiesische Gränze gewinnen.

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In Barcelona ist am 20. Juli in Folge einer Manifestation der National-Garde die Junta abgesetzt worden; sie war mit dem General Serrano zerfallen, dem sie Vorwürfe gemacht hatte über die Begün= stigung der Moderados und Anstellung mehrerer aus Frankreich zurück gekehrter Emigranten.

Der General van Halen, welcher vor Sevilla zurückgewiesen und von dem General Concha ver olgt, mit seinen Truppen in Cadiy eine Zuflucht suchen wollte, erhielt nur für seine Person die Erlaubniß, in die Stadt zu kommen. Man weiß nicht, wohin er sich ge⸗ wendet hat. :

3 Madrid, 15. Juli. Morgens. Daß das Armee-Corps Roncali's vor Madrid angelangt wäre, war eine voreilige Nachricht. Die Anzahl der uns einschließenden Truppen beträgt höchstens 8 bis 10,900 Mann, und diese sollen sich, wie leicht erklärbar, in einem Zustande besinden, der ihrem Chef, dem General Aspiroz, kein großes Zutrauen einflößt. 2000 Mann halten seit gestern früh den dem Palaste gegenüberliegenden Park der Königin, die Casa del Campo, besetzt. Die Artillerie der National Miliz feuerte gestern mehrere Kartätschenschüsse auf sie ab. Die feindlichen Soldaten riefen jedoch unseren Vorposten zu, sie kämen als Freunde, und ließen die Königin und die Verfassung hoch leben. Einige Milizen, die außerhalb der Thore patrouillirten, wurden abgeschnitten. Im Laufe des Tages stellte die hiesige „souveraine Rettungs Junta“ abermals eine Berathschlagung an. Der GeneralCapitain San Miguel soll eine Uebereinkunft in Vorschlag gebracht haben, allein die Mehrzahl der Junta bestand auf der hartnäckigsten Vertheidung, und alle Maßregeln wurden in diesem Sinne getroffen. Der niedrigste, gefährlichste Ps bel wurde bewaffnet. Mehrere der großen in der Alcalästraße und am Prado belegenen Paläste, unter anderen der prachtvolle des Herzogs von Villahermosa, werden bis auf die Dächer von Milizen besetzt ge halten, und gräulich zugerichtet. Die ganze Nacht hindurch waren meh— rere hundert A1rbeiter beschäftigt, in den Thorstraßen, namentlich in der von Alcalä, das Pflaster aufzureißen, Barrikaden zu errichten, und Gräben zu ziehen. Gestern Abend um zehn Uhr schlichen sich einige feindliche Soldaten bis an das Alcaläthor, und feuerten auf die Arbeiter Flintenschüsse ab, die durch die im Retiro aufgestellten Milizen durch ein Bataillonfeuer erwidert wurde. Die schönen Anlagen im Netiro, die der Königlichen Familie vorbehalten sind, sollen durch die Milizen vollig verwüstet worden sein.

Es wird mit Bestimmtheit versichert, daß der Vortrab der Armee des Generals Narvaez gestern Abend in Alcalü de Henares, 5 Mei len von hier, eintraf, so daß seine Truppen morgen vor unseren Thoren stehen können. Er hat mehr als 1600 Mann Kavallerie bei sich., Die Generale Seoane und Zurbano können, so heißt es, Sara gossa mit ihren Truppen nicht verlassen, weil diese schaarenweise da⸗ vonlaufen. Das Schlimmste ist, daß Aspiroz angefangen hat, uns das Wasser abzuschneiden. Madrids Brunnen empfangen sämlich ihr Was⸗ ser einzig und allein aus der Guadarrama. .

„Die National- Miliz war die ganze Nacht über unter den Waffen. Allein es tritt sichtlich Ermüdung 'in, und ein großer Theil derselben würde gern mit dem Feinde eine ehrenvolle Uebereinkunft eingehen, ehe es zum Aeußersten käme. Bis jetzt haben aber die exaltirten Nöpfe, welche darauf bestehen, aus jedem Hause eine Festung zu machen, das Uebergewicht. Vielleicht dürfte im entscheidenden Augenblick die Spaltung der Miliz zum Ausbruch kommen und eine unerwartete Entwickelung herbeiführen.

Dem amtlichen Berichte der Gaceta zufolge hat der Regent am 12ten sein Hauptquartier in Santa Elena, und wollte es Tages darauf nach Baylen verlegen. Er marschirt folglich auf Cordova.

Den 16 ten Morgens.

Ich mußte gestern Abend meinen Bericht abbrechen, weil meine Wohnung, so wie alle in der Nähe des Alcaläthores belegenen Häu ser, mit Ausnahme der englischen Gesandtschaft, von National- Mi lizen besetzt wurden, welche sämmtliche Balkone einnahmen, um auf die Feinde, die angeblich in die Stadt dringen wollten, Feuer zu geben. Zu diesem Behufe wurden Säcke voll Patronen in jedem Hause vertheilt. Mehrere Kanonen waren imn der Straße aufgefahren. Zwei Bataillone National Milizen waren hinter Barrikaden, dem Thor gegenüber, in Schlachtordnung aufge stellt. Da fünfzig Milizianos bis Tagesanbruch bei mir veiweilken so hatte ich Gelegenheit zu bemerken, daß ein Theil derselben höchsl ermüdet und jeder ernsthaften Vertheidigung abgeneigt war, die übrigen sich jedoch von einem fast fanatischen Eifer beseelt zeigten. Dieser hatte seine Quelle hauptsächlich in den irrigen Voraussetzungen, welche ihnen die hiesige „Rettungs⸗Junta“ beizubringen gewußt hatte. Einstimmig behaupteten sie, trotz der Gaceta, der Regent befände sich mit seinen Truppen in Aranjuez, Zurbano stände mit 109000 Mann eine Meile von hier, und Beide würden morgen hier einrücken. Wenn heute die Enttäuschung folgt, so dürfte die kriegerische Stim mung sich ändern. Um Mitternacht wurde folgende außerordentliche Zeitung ausgegeben:

„Der General Seoane an den Kriegs Minister: So eben kömmt der General Zurbano mit seinen in Folge der zu rückgelegten Eilmärsche äußerst ermüdeten Truppen hier' an. Zu meinem größten Leidwesen muß ich ihnen morgen Rasttag lassen. lUiebermorgen, um 2 Uhr Morgens, setze ich mich nach Ealatayud in Marsch und übernachte in Almunia. Ich bin benachrichtigt, daß Narvgez diesen Abend von Calatayud nach Madrid zu ausmarschirt ist; so heißt es wenigstens. Er hat 4 5000 Mann bei sich. Ich werde ihm in Eilmärschen folgen und hoffe, ihm einen abzugewinnen und falls er die Richtung ändert, gleichfalls. Dies kündige ich Ew. Ercellenz an, mit der Bemerkung, daß er nicht zwölf Stünden lang vor Madrid stehen bleiben kann, ohne im Rücken angegriffen und aufgerieben zu werden. Saragossa, ben 11. Juli, Ühr Abends.“

Durch diesen Bericht sollte die National- Miliz zu dem Glauben bewogen werden, daß, falls Madrid sich noch vierundzwanzig Stunden hielte, der General Seoane den uns bedrängenden Feind vernichten würde. Wir sehen indessen, daß Narvaez einen Vorsprung von drei Tagen voraus hat. .

In vergangener Nacht haben Truppen des Generals Aspiroz das unmittelbar vor dem Alcaläthore belegene große Gebäude, in welchem die Stiergefechte statt finden, besetzt, wodurch sie das Thor selbst dominiren, und den Retiro flanquiren. Ihre Vorposten stehen denen der Nationalmiliz auf fünf Schritte gegenüber, und erklären ihnen, daß von ihrer, der feindlichen Seite, kein Schuß fallen würde.

Ein Uhr Mittag s. Narvaez hat die Stadt zur Uebergabe auffordern lassen. Die Rettungs- Junta hat erwiedert, er möge kom—= men, die Bürger würden aus jedem Hause eine Festung machen, und, wenn kein anderer Ausweg übrig bliebe, die drei Pulver-Ma gazine anzünden und die Stadt in einen Schutthaufen verwandeln. Ganz nahe um den Palast der Königin sind 24 Kanonen aufgefahren. In diesem Augenblick versichert man, die Stadt würde um 4 Uhr angegriffen werden. Kaum kann ich glauben, daß Narvaez sich in ein so gewagtes Unternehmen einlassen sollte. ;

Acht Uhr Abends. Der Lfsizier, durch welchen Narvaez die Stadt auffordern ließ, war der Graf de la Cimera, einer der in Folge der Oktober -Ereignisse ausgewanderten, jetzt zurückgekehrten Militairs. Man führte ihn in den Palast der Königin, wo die „Rettungs-Junta“, das Ayuntamiento, die Minister, der General

Capitain und überhaupt die durch die September-Nevolution am meisten betheiligten Personen in den Vorzimmern der Königlichen Familie ihren Sitz aufgeschlagen haben. Auch die Gemahlin des Negenten befindet sich dort. Hier empfingen der General- Capitain San Miguel und der Minister Mendizabal den Grafen de la Cimera. Vor seinen Augen ließ San Miguel mehrere Kanonen im inneren Hofe des Palastes auffahren und erklärte, er würde den Palast Schritt vor Schritt aufs äußerste vertheidigen. Herr Mendizabal fügte hinzu, die Angreifenden würden die Königin nicht lebend in ihre Gewalt bekommen. Ter Palast ist mit National⸗Milizen angefüllt, und Lebensmittel aller Art werden hineingeschafft.

Das diplomatische Corps, von der Lage der Königin unterrich⸗ tet, hat, verschiedene Berathschlagungen gehalten, denen jedoch nicht sämmtliche Mitglieber desselben beiwohnten. Auch scheint man nicht zu einem Verständniß gelangt zu sein. Der englische . mit welchem Herr Ferrer, der an der Spitze der revolutionagiren Junta vom Septem⸗ ber 1810 stand, und in der jetzigen Rettungs- Junta Sitz unb Stimme hat, häufig in seinem Hotel besucht hat, soll vorgeschlagen haben, gegen jedes gewaltsame Einrücken des Insurgenten Chefs Narvaez in Ma⸗ drid, nachdrücklich zu protestiren, und ihm diesen Protest zuzuschicken. Einige andere Diplomaten sollen für ihre Pflicht halten, sich in den Palast zu verfügen, und sich der Königin zur Seite zu stellen. Bis setzt ist indessen nichts beschlossen worden.

Die National Milizen, von Hitze und Anstrengung erschöpst, liegen auf den Straßen umher, sich dem Schlafe überlassend. Ihre Frauen weichen kaum von ihrer Seite, Speise und Trank ihnen zu⸗ tragend.

Seit vorgestern trifft keine einzige Post mehr ein.

Den 17ten, Nachmittag s. Gestern Abend, zehn Uhr, ent⸗ spann sich ein heftiges Gewehrfeuer, das die im Retiro befindlichen National Milizen bei hellem Mondschein auf die in dem Stier⸗ gefechtplatze befindlichen feindlichen Truppen richteten. Dieses Ge⸗ wehrfeuer dauerte fast ohne Unterbrechung bis gegen Tagesanbruch, fort, wurde jedoch von Seiten der Feinde, denen das Schießen un⸗ tersagt war, nicht erwiedert. Da die National-Milizen das Feuer gegen den Befehl des General-Capitains San Miguel eröffnet hat⸗ ten und nicht einstellen wollten, so reichte dieser noch in der Nacht seine Entlassung ein, die jedoch von der Junta nicht genehmigt wurde. Als unterdessen der Tag anbrach, und die Milizen mit zwei Kanonen aus dem am nördlichen Ende des Prado belegenen Thore Recoletos hervordrangen und den feindlichen Soldaten hart zusetzten, ließen sich diese nicht länger durch ihre Offiziere zurückhalten, sondern rich= teten ein lebhaftes Tirailleurfeuer auf die angreifenden Milizen. Diese verloren eine Kanone, indem die Artilleristen davonliefen und der zurück⸗ bleibende Offizier, ein braver junger Mann, als er eben die Lunte auflegen wollte, erschossen wurde. Die Milizen riefen beständig, „es lebe der Regent!“ Die Feinde erwiederten, „es lebe die Königin!“ Einige Milizen, die sich überrumpeln ließen, wurden von den feindlichen Soldaten sogleich mit freundlichen Worten entlassen, jedoch ihrer Mäntel beraubt. Eine Stunde darauf kamen dieselben Soldaten an die Vorposten, und gaben auf Befehl ihrer Offiziere die Mäntel zurück, worauf man jedem Soldaten einen Piaster ein— händigte. Diesen Vormittag wurde das Feuer immer lebhafter, und einige todte, so wie gegen zwanzig schwer verwundete National Milizen wurden in die Stadt gebracht. Man verband letztere vor läusig in dem Palaste des Marquis von Casa Frujo, an der Alcalä⸗ straße, der englischen Gesandtschaft gegenüber. Der Anblick der Ver— wundeten erbitterte das Volk augenscheinlich, und diese Stimmung benutzen die Chefs, um die Milizen aufs höchste zu begeistern. Die Offiziere durchgingen die Reihen, und versicherten, Narvaez, so wie alle Feinde des Regenten, beabsichtigten nichts Anderes als die Wiederherstel lung des Despotismus und der Inquisition, aber der unbessegbare Held und Zurbano wären nur wenige Meilen von hier, um die Stadt zu befreien. „Können die Freiheit und der Regent auf euch rechnen, Milicianos?“ wurde gefragt. „Wir haben Pulver, und wenn dieses verschossen sein wird, bleiben uns Steine!“ war die Antwort. Mittags sah ich ben General-Capitain, von einem Adjutanten begleitet, vor das Thor Recoletos reiten und nach einer halben Stunde zurückkommen. Seit⸗ dem ist kein Schuß mehr gefallen. Indessen hat man am Eingange der Alcalästraße neue Barrikaden aufgeworfen, und das Steinpflaster umhergestreut, so daß diese schöne Straße selbst für Fußgänger kaum zu ö ist. Man scheint demnach, auf einen Angriff gefaßt zu sein.

.So eben, 6 Uhr Nachmittags, wird ein Theil der Miliz auf vier Stunden entlassen. Es wird von der Junta bekannt gemacht, die feindlichen Truppen hätten sich zurückgezogen, weil Seoane und Zurbano ihren Rücken bedrohten. .

Diesen Morgen schossen die Milicianos auf einen Parlamentair den Narvaez herschickte. Die meisten ihrer Verwundeten sind Artil⸗ leristen, die bei Bedienung ihrer Kanonen sich selbst verletzten. Auch erschössen sie zwei zur Stadt kommende Bauerweiber, die sie irrthüm⸗ lich für Feinde hielten.

Man hat alle zum Hosstaat und zur Dienerschast der Königin gehörenden Personen aus dem Palast verwiesen, und die Mitglieder der Rettungs-Junta, einige Conipagnieen Milizen, die Haupt - Figuran⸗ ten der. September⸗Revolution, haben deren Wohnungen eingenommen. Das diplomatische Corps hat in der That an den Minister der auswär⸗ tigen Angelegenheiten eine Note gerichtet, in der die Besorgniß aus⸗ gedrückt wird, daß die persönliche Sicherheit Ihrer Majestät und der Infantin durch einen Angriff gefährdet werden möchte, und daß das diplomatische, Corps bereit wäre, während der bevorstehenden Gefah⸗ ren der Königin zur Seite zu stehen. Der Minister hat darauf er⸗ wiedert, daß die beiden erlauchten Personen sich nirgends sicherer be— sinden könnten, als in der Mitte der National-Miliz von Madrid.

Den 18. Abende. In der That zogen sich gestern die uns einschließenden Feinde aus der Nähe Madrlds zurück. Sie sollen benachrichtigt worden sein, daß Zurbano mit 8 bis 9000 Mann in Eilmärschen von Saragossa heranrückte, und beabsichtigte, Madrid auf einem Umwege zu erreichen, um sich, ohne von dem Feinde auf⸗ gehalten werden zu können, in die Stadt zu werfen. Um die Aus— führung dieses Plans zu verhindern, soll Narvaez sich mit seinen Truppen in Torrcjon, vier Meilen von hier, auf der Landstraße von Aragonien, und Aspiroz in Arganda, südöstlich von hier, aufgestellt haben. Heute ruht die National Miliz hier aus. ;

s Madrid, 19. Juli. Es geht das Gerücht, Narvaez stri sich mit Aspiroz um den Ober Befehl nien die uns . den Truppen. Beide hatten in der Armee den Rang eines Marechal de Camp. Der des Generals Narvaez ist jedoch von älterem Da= tum. Die Truppen des Generals Aspiroz, die vorgestern nach Aran⸗ juez zu marschirt waren und in Pinto übernachteten, sind gestern nach dem Pardo contremarschirt, ohne daß man hier den Grund dieser Bewegung zu erklären wüßte. Der Vortrab Seoane's und Zurbano's soll in Alcalé de Henares eingetroffen sein und Narvaez sich gestern Abend mit seinen Truppen in Torrejon de Ardoz, zwei Mellen von dort und von hier, . haben. Die hiesige National-Miliz hat

Kavallerie Piquets bis an die über den Jarama filhrende Brücke

de Ribero in Narvaez Rücken ausgeschickt. ö Gestern ward es endlich dem größten Theil unserer Nationa.

Miliz vergönnt, sich der Ruhe zu überlassen, und heute herrscht in