1844 / 1 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Den Magistraten der mahl und schlachtsteuer pflichtigen Städte Stralsund, Greifswald und Wolgast bleibt es iberlassen, die auf die⸗ selben treffenden Beträge, welche ihnen die Königliche Regierung be⸗ kannt machen wird, aus dem Kommunal⸗ Zuschlag der Mahl— und Schlachtsteuer zu entnehmen.

Ausland.

Deutsche Bundesstaaten.

wꝛünchen, 26. Dez. (. 3.) Se. Durchlaucht der Kron Oberst⸗Hofmeister, Fürst Ludwig von Dettingen Wallerstein ist gestern Abend nach zehnwöchentlicher Abwesenheit, von seiner Mis⸗ sion nach London und Paris wieder zurück hier eingetroffen. Bie man vernimmt, hatte der Fürst gestern Abend noch Audienz bei Sr.

Majestät dem Könige,

Bayern.

(Schw. M.) Es sind die Landräthe in allen acht Provinzen des Königreichs auf den 15. Januar einberufen. Es hätten deren Sitzungen schon vor dem * ktober, als vor dem Beginnen eines neuen Etats jahres, stattfinden sollen, in Folge der langen Dauer des letzten Landtages war es jedoch unmöglich, die Vorarbeiten früher, als jetzt,

zu beendigen.

Hannover. Sann vver, 21. Dez. (O. C), Auch hier soll zur Förderung des Vereins der Gustav-Adolph-Stiftung etwas geschehen. Zehn Herren aus dem geistlichen und Beamtenstande sind zufammengetreten, um vorläusig Statuten eines hier zu bildenden Ver⸗ kins zu entwerfen, und laden Gleichgesinnte ein, sich am 4. Januar k. J. in einem bestimmten Lokale zur Stiftung eines solchen Vereins einzu⸗ sinden. Das vorläufige Comité spricht es, als im Plane liegend, aus, baß der hiesige Verein sich an den Gesammt Verein der Gustav⸗ Adolph-Stiftung anschließen soll, in richtiger Erkennung des Zwecks dieses letzteren: „nur den evangelischen Glaubensgenossen Hülfe zu leistit, ohne einer anderen Kirche feindlich entgegentreten zu wollen.“

Braunschweig. Braunschweig, 2. Dez. (A. 3) Die Anstellungen der Gränz-Aufseher für das Weserland, das mit Neujahr unter die Verwaltungsordnung des deutschen Zoll-Vereins kommt, er⸗ folgen bereits, und man ist dort lebhaft beschäftigt, um es so zu machen und sich so einzurichten, daß man die Vortheile der neuen Ordnung und des freien und sicheren Verkehrs mit den Vereins Staaten vollständig benutze und sich die Nachtheile der Abtrennung von den hannoverschen Nachbarn erleichtere. Die Dampffahrt auf der Weser ist dabei eine Hülfe, die nicht zeitgemäßer kommen konnte, und sie geschieht dazu bei dem milden Wetter ohne die mindeste Behinde⸗ rung von Eis auf vollem Fahrwasser. Das stille Holzminden, das bisher kaum andere Frachtwagen, als mit Korn und Steinen sah, füllt sich mit kostbaren und doch wohlfeilen Waaren, weil es davon nur die hannoversche Steuer, und auch wenn die Stunde der Tren⸗ nung geschlagen, keine Nachsteuer zu bezahlen hat. Nach Neujahr aber' werden die dortigen Einwohner weniger als die hannoverschen Nachbarn die Abtrennung fühlen, weil sich ihnen dafür der freie Ver= kehr mit den Vereinsstaaten öffnet. Und der Harz, soweit er zwi⸗ schen Leine und Oker hierher gehört, sieht mit einemmal seiue alte Freiheit wieder und empfängt die Kaufmanns-Wagren noch unbe⸗ steuerter als vor Zeiten, und nur wenn er sie in die Vereinslande sendet, haben sie die volle Steuerlast zu tragen. Wie gegen Han⸗ nover und für Hannover die Freiheit des hiesigen Harzlandes und die hiesige Gränz-Aufsicht in dem Weserlande sich arten werde und möge, das hat nun Hannover zu verhandeln. Das hier genehmigte Gesetz giebt die Anordnungen im Allgemeinen und verstellt. sowohl die näheren Bestimmungen über ihre Ausführung als die Maßnah men wegen der Binnengebiete zum weiteren Ermessen.

r gun ßhrei .

Paris, 26. Dez. Man zweifelt jetzt kaum noch, daß es die förmliche Absicht der Mitglieder des Kabinets sei, bei Gelegenheit der Adreß-Debatten die Frage hinsichtlich des Eides der legitimistischen Deputirten und ihrer Reise nach London zur Sprache zu bringen, ob⸗ gleich das Journal des D ébats heute am Schluß eines langen polemischen Artikels gegen die Gazette de France, worin es sich von der bindenden Kraft politischer Eide handelt, in Bezug auf welche letzteres Blatt einen Unterschied zwischen volksthümlichen und legiti⸗ men Regierungen aufgestellt, den Legitimisten zuruft: „Niemals hat man Leute auf eine grausaniere Weise vernichtet, indem man sich die Miene gab, sie zu vertheidigen! Niemals ist eine Apologie in furcht⸗ barerem Maße in eine Anklage umgeschlagen! Welche traurige Al⸗ ternative, wenn man dahin gebracht ist, entweder offenbare Thatsachen leugnen oder behaupten zu müssen, daß ein feierlich geschworener Eid nichts sei und nicht binde! Was auch die Gazette sagen mag, wir tragen kein Verlangen danach, Herrn Berryer und seinen Kolle⸗ gen aus der Kammer ausstoßen zu lassen; es scheint uns, daß in der Art und Weise, wie die Gazette es unternimmt, sie zu verthei⸗ digen, schon der Beginn einer sehr, harten Buße liege.“ Einige Blätter wollen nicht eben eine geschickte Taktik darin finden, wenn das Ministerium wirklich eine Interpellation jener Deputirten hervorriefe, weil sie der Meinung sind, daß die legitimistische Partei durch das Aufsehen einer solchen parlamentarischen Erörte⸗ rung und durch den Nimbus des Märtyrerthums nur an Einfluß und Bedeutung gewinnen könnte. Andere aber betrachten die angeblich beabsichtigte Maßregel als ein ableitendes Manöver gegen die Oppo— sition, deren Angriffe das Ministerium auf diese Weise wenigstens im Anfange von sich auf ein anderes Ziel hinlenken und so deren erstes Feuer sich abkühlen lassen wolle. Uebrigens scheinen die Legitimisten, wozu die Gazette selbst rieth, über die Frage berathschlagt zu ha— ben, ob es nicht besser sei, daß die Herren Berryer, von Preigne, Labourdonnais, Blin de Bourdon, Larochejacquelein, von Larey und Valmy ihre Entlassung als Deputirte einreichten und vor ihren Kommittenten erschienen, um sich einer neuen Wahl zu unterwerfen. Diese Frage soll aber von der Mehrheit ver⸗ neinend entschieden worden sein, weil man doch besorgt zu haben scheint, daß diese sieben Deputirten vielleicht nicht alle wiedergewählt werden möchten, da es sich sehr fragt, ob ihre Kommittenten ihnen nicht zum Theil blos deshalb ihre Stimmen gegeben, weil sie in ih nen der Opposition in der Kammer eine Verstärkung zuschickten, nicht aber, um sie zu irgend einer legitimistischen Demonstration zu ermäch—⸗ tigen. Ein Blatt behauptet auch, das Ministerium wolle den Kam mern einen Gesetz⸗-Entwurf vorlegen, der schwere Strafen über Jed⸗ weden verhängen solle, der sich mit dem Herzoge von Bordeaux in Verbindung setze; dies ist aber offenbar eine Uebertreibung, denn es würde sich schwerlich eine Majorität in den Kammern finden, die ge⸗ a. wäre, ein solches Verdächtigungs- und Inquisitions-Gesetz an⸗ zunehmen.

Die France berichtet jetzt Näheres aus Lille über die Ange⸗ legenheit des Richters Herrn Défontaine, der auch in London bei dem Herzog von Bordeaux gewesen: „Der Staats Prokurator be⸗ richte über diese Reise nach Paris. Alsbald gab Herr Martin du Nord den Befehl, die Untersuchung einzuleiten, und Herr Defontaine wurde einem Verhör von zwei Stunden unterworfen. Er erklärte,

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er sei blos als Privatmann nach London gegangen. Daselbst habe er sich zu dem Herzog von Bordeaur verfügt, dem er nebst einer großen Menge Franzosen vorgestellt worden sei. Eine Rede sei in seiner Gegenwart nicht gehalten worden, und Niemand habe dem Herzog den Titel König von Frankreich gegeben. Ueber dies Verhör wurde sodann an Herrn Martin zurückberichtet, und das Ministerium hat sich während mehrerer Sitzungen mit dieser Angelegenheit be⸗ schäftigt. Falls der Prozeß eingeleitet und Herr Défontaine verur⸗ theilt würde, so bestände die härteste Strafe in einer zeitweiligen Suspensation seiner Functionen.“

In den Tuilerieen fand heute früh eine vollständige Versamm— lung aller Mitglieder des Kabinets statt, um den Entwurf der Thron⸗ Rede zum letzten Male durchzugehen. Die erste Verlesung desselben hatte am Freitag stattgefunden; die Arbeit des Unterrichts Ministers, Herrn Villemain, der die Rede abgefaßt hat, soll aber der Majoꝛitãẽt des Minister-Raths wenig zugesagt haben, so daß noch zahlreiche Veränderungen wären vorgenommen worben. Man sagt indeß, daß die Rede, mit Ausnahme des Paragraphen, in welchem der König von seinem Alter und“ von den Eventualitäten spreche, welche eine baldige Regulirung der Stellung des künftigen Regenten wünschens— werth erscheinen ließen, fast nichts von Bedeutung enthalte.

Dem Toulonnais zufolge, wäre die französische Regierung in dem Streite zwischen Sardinien und Tunis von beiden Parteien zur Schiedsrichterin gewählt worden.

z Paris, 26. Dez. Herr Dupin trägt entschieden den Sieg über Herrn Sauzet davon; doch ist das Kabinet über diese Kandidatur nicht einerlei Meintng. Das doctrinaire Element des Kabinets würde Herrn Sauzef vorgezogen haben, und die Herren Guizot und Du⸗ chatel haben lange darauf bestanden, daß man dem früheren Präsi⸗ denten seine Functionen lasse. Allein man sagt, der König sei an⸗ derer Meinung gewesen, und dieser mächtige Beistand habe die An— gelegenheit des Herrn Dupin gefördert. So wie die Sachen nun— mehr stehen, ist zu glauben, daß Herr Dupin einige Verpflichtungen nicht gegen, sondern für die Dotation eingegangen ist, wohl verstan⸗ den, nicht mit den Ministern, sondern mit einer höher stehenden Per— son. Das ist es, was ihm bei den Konservativen einen Anspruch giebt. Was die Opposition betrifft, so verspricht er, die Jesuiten und bie Legitimisten anzugreifen. Dies zweite Unternehmen stimmt völlig mit den Gewohnheiten des Herrn Dupin, und indem er es über—⸗ nimmt, beweist er, daß er die Schwäche der Opposition sehr gut kennt. In Bezug auf die Angriffe gegen die Jesuiten, welche die Geist⸗ lichkeit sehr nahe berühren, bietet sich indeß eine Schwierigkeit dar. Das Ministerium ist nicht einig über die Zweckmäßigkeit eines solchen Schrittes. Wenn einige Minister Herrn Dupin ihren Beifall schenken, so fürch— ten dagegen Andere, die Bischöfe dadurch noch mehr zu erzürnen. Zu diesen scheint Herr Duchatel zu gehören, und es zirkulirt in die—⸗ sem Augenblicke eine Geschichte in Paris, die seine Befürchtungen verrathen würde. In der Rue Richelieu ist nämlich durch Subscrip⸗ tion dem Andenken Moliêre's ein prachtvolles Monument errichtet worden; es ist nunmehr beendigt und die Kommission lud den Mini⸗ ster des Innern ein, der Einweihung desselben zu präsid ren. Herr Duchatel hat diese Ehre abgelehnt. Die Kommission glaubte sodann, daß der Präfekt der Seine die Stelle des Ministers einnehmen könne; allein es erfolgte dieselbe Weigerung von Seiten des Herrn von Rambuteau; es hat mithin keine offizielle Einweihung des Monuments stattgefun⸗ den. Man fagt nunmehr, das Ministerium habe das Andenken Molidre's nicht durch eine feierliche Einweihung des Monuments ehren wollen, weil er den Tartuffe geschrieben hat und dies Stück von der Geistlichkeit verworfen worden ist. Diese Auslegung ist etwas ge— zwungen, allein wenn sie nicht richtig ist, so wäre die doppelte Wei⸗ gerung der Herren Duchätel und Rambüteau schwer zu erklären. Sind die angegebenen Motive der Weigerung jener beiden Beamten die richtigen, so würde Herr Dupin durch seine Angriffe gegen die Jesui⸗ ten wenlgstens bei einem Theile des Kabinets sehr anstoßen. Was seinen Feldzug gegen die Legitimisten betrifft, so soll Herr Berryer, wie man sagt, sehr erfreut darüber sein und dies Ereigniß als ein für seine Partei sehr glückliches betrachten.

Im Lager der Spposition herrscht großer Zorn. Die Wähler von Paris ernennen zwölf Kandidaten für die Functionen der Maires der Hauptstadt. Der König wählt aus dieser Liste diejenigen Kan didaten, die ihm am meisten gefallen. Indem er von dieser Präro⸗ gative für die Ernennung der Maires des zweiten und des zehnten Bezirkes Gebrauch machte und Herrn Berger, Deputirten der Oppo⸗ sition, so wie den ehemaligen Maire, Herrn Bessan⸗Lamägie, von der Liste strich, hat er die Journale der Opposition auf eine merkwürdige Weise in Zorn versetzt. Diesen Blättern zufolge, hätten Herr Berger, der als Deputirfer dem Kabinet feindselig ist, und der ehemalige Maire des 40ten Bezirks, gegen den andere Beschwerden vorliegen, ernannt werden müssen.

Aber wozu denn zwölf Kandidaten, wenn es der Regierung nicht freisteht, aus der ihr von den Wählern vorgelegten Liste denjenigen Kandidaten auszuwählen, der ihren Absichten am besten entspricht? Man muß, sagt man, denjenigen Kandidaten wählen, der die meisten Stimmen für sich hat, d. h. der an der Spitze der Liste steht, Wenn es in der That so sein sollte, so wäre es völlig unnütz, zwölf Kan⸗ didaten vorzulegen, und es wäre eben so gut, sogleich eine direkte Wahl vorzunehmen. Aber die Opposition betrachtet die Dinge nicht so genau und es ist ihr weit mehr um Geschrei zu thun.

m Paris, 26. Dez. Die Ernennung des Herrn Vivien, Ex⸗ Minister der Justiz unter der Verwaltung vom 1. März zum Staats⸗ rath an die Stelle des Herrn Dumon ist entschieden. Sie wird mor⸗ gen durch den Moniteur universel veröffentlicht werden. Gleich nach dem Sturze des Kabinets vom 1. März hatte Herr Guizot Herrn Vivien die Stelle eines Staatsrathes angeboten, die Herr Vivien schon vor seiner Ernennung zum Minister bekleidete, Herr Vivien schlug sie aus. Jetzt scheint er sich eines Anderen besonnen zu haben und nimmt sie an. Zu jeder anderen Zeit hätte diese Er⸗ nennung weniger Bedeutung, als am Vorabend der Kammer-Exröff— nung. Als vor einem Jahre um diese Zeit von einer Annäherung zwischen dem Grafen Molé und Herrn Thiers die Rede war, und man daraus ein neues gemischtes Kabinet sich versprach, war Herr Vivien bestimmt, wieder das Portefenille der Justiz zu übernehmen, um im neu zu bildenden Ministerium die Person und die Politik des Herrn Thiers zu vertreten. Denn nach dem damaligen Projekte sollte Herr Thiers nicht gleichzeitig mit dem Grafen Molé ins Ka⸗ binet treten, sondern Herr Vivien dem Ex⸗Präsidenten vom 1. März, den Weg bahnen. Die Ursachen, weshalb der Plan mißglückte, sind bekannt, Herr Guizot scheint zu befürchten, daß ein solches Projekt gegenwärtig zur Reife kommen möchte, und bemüht sich, den Herrn Vivien auf seine Seite zu ziehen. Hierin liegt der Schlüssel zur Er⸗ nennung des Herrn Vivien zum Staatsrath, die selbst den intimsten Freunden des Letzteren ganz unerwartet gekommen ist.

Die Presse von heute versichert, Herr Guizot habe von Lord Aberdeen endlich erlangt, daß das wechselseitige Durchsuchungs⸗ Recht zur See aufgegeben werde. Gerü i irkuliren wirk⸗

Red 11 chte darüber zirkuliren wirk⸗ lich in unseren politischen Kreisen und werden von den Vertrauten des Kabinets bestätigt. Nur setzt man hinzu, daß Herr Gul ot die Sache bis zur Diskussion der Adresse gern geheim halten möchte.

Bei der heutigen präparatorischen geheimen Sitzung der Depu—

tirten Kammer, wobei Herr Lafitte zum Präsidenten der Deputation, welche morgen den König empfangen wird, erwählt wurde, fan⸗ den sich über 366 Depulirte ein, und die Privat- Unterredungen waren dabei so laut, wie sonst nur an stürmischen Sitzungstagen. Die Wahl des Präsidenten war, das Hauptgespräch. Das Kabinet hat sich zu Gunsten der Kanditatur des Herrn Dupin d. Aelt. aus⸗ gesproͤchen und Herrn Sauzet im Stiche gelassen, der aber sich seiner= seits alle mögliche Mühe giebt, um die Wahl der Deputirten auf sich zu lenken, gerade wie bei der letzten Präsidentenwahl, so daß, darnach zu urtheilen, es noch sehr problematisch bleibt, ob Herr Dupin d. Aelt. den Sieg davontragen wird. Die Mitglieder der Opposition, welche die Kfandi⸗ datur des Herrn Dupin bekämpfen wollen, werden sich morgen Abend beim Herrn Odilon Barrot versammeln, um ihren eigenen Kandida⸗ ten zu bestimmen. Man glaubt, daß Herr von Lamartine dieser sein wird, obwohl der Deputirte von Macon erst gegen die Mitte des nächsten Monates in Paris einzutreffen gedenkt. Die Legitimisten und die äußerste Linke würden in diesem Falle für den Kandidaten der Linken mitstimmen.

Die Minister der Justiz, der Finanzen und des Seewesens öff⸗ nen heute Abend ihre, Salons. Herr Guizot empfängt schon seit Anfang des Monates jeden Dienstag, an welchem Tage die Minister des rechten Ufers der Seine ihre wöchentlichen Soiréen zu halten pflegen. Am Donnerstag empfangen hingegen die Minister, deren Hotels am linken Ufer der Seine liegen.

Grossbritanien und Irland.

London, 26. Dez. Das Gerücht, welches die pariser legitimistischen Blälter kürzlich als ein zuverlässiges Faktum verbreiteten, daß nämlich dem Herzoge von Bordeaux von der englischen Regierung angedeutet worden sei, seine Entfernung aus England wäre ihr sehr wünschenswerth, scheint nach einer heutigen Angabe des ministeriellen Morning Herald nicht ganz ohne Grund zu sein. „Es wird im Vertrauen gesagt“, schreibt der Morning Herald, „daß man dem Herzoge von Bordeaux zu erkennen gegeben habe, die Art und Weise seiner Levers, bei welchen er eine so große Anzahl von Personen empfange, welche die Untertha nen einer befreundeten Macht wären, so wie überhaupt sein längerer Aufenthalt in England, seien der britischen Regierung nicht angenehm. Dieser Wink, fügt man hinzu, hat die Reisepläne des Herzogs von Bordeaux geändert und machen seine baldige Abreise aus England wahrscheinlich.“ .

Der Graf von Nesselrode, Sohn des russischen Ministers der auswärtigen Angelegenheiten, ist vor einigen Tagen von St. Peters— burg hier eingetroffen und am letzten Freitage in Windsor empfangen worden. Ein Morgenblatt enthält über die Reise des Grafen folgende Erklärung, welche vom Standard wiedergegeben wird: „Wir hören aus zuverlässiger Quelle, daß der Graf von Nesselrode die Eiwilligung des Kaisers Nikolaus in alle Vorschläge überbringt, welche zur endlichen Ordnung der Angelegenheit in Griechenland von dem Fürsten Oettingen-Wallerstein während seiner Mission in London in Antrag gebracht worden sind. Der Kaiser willigt darin ein, daß Griechenland eine freie Verfassung erhalte.“

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Aus dem Haag, 27. Dez. Se. Königl. Hoheit der Prinz Friedrich der Niederlande ist heute aus Berlin hier angekommen; die

Prinzessin, seine Gemahlin, wird in einigen Tagen erwartet.

Portugal.

A Lissabon, 13. Dez. Unter den bisherigen Verhandlun gen der Deputirten⸗Kammer nehmen die über die vom Finanz⸗Mini ster gemachten Vorschläge zu Deckung des Desizits im laufenden Jahre, welche am Gten d. begonnen haben, bei weitem den wichtig⸗ sten Platz ein. Nach diesen Vorschlägen sollen theils schon bestehende indirekte Auflagen erhöht, theils andere neu geschaffen werden in den Städten ersten und zweiten Ranges. Ich will die hauptsächlichsten davon hier anführen mit den Veränderungen, die in den schon be— stehenden Platz greifen sollen.

Der erste höher zu besteuernde Verbrauchs-Artikel ist der Wein. Eine Auflage auf denselben bestand schon seit der Verwaltung des berühmten Marquis de Pombal unter dem Namen subhsidis lite raris, und zwar in der Art, daß für jede Pipe jungen Weines, des soge— nannten Mostes, der hier init dem Ramen vino verde bezeichnet wird, beim Eingange in eine Stadt 120 Reis, für die Pipe mehr als einjährigen Weines aber 315 Reis bezahlt wurden, Nach dem neuen Plane aber soll diese Auflage künftig auf die letztere Ziffer für alle Gattungen festgestellt werden. Für die Einfuhr von Rind-, Schaf- oder Ziegenfleisch sollen überall 3 Reis per Pfund erhoben werden, wovon jedoch die Hauptstadt Lissabon ausgenommen bleibt, weil hier schon seit längerer Zeit eine Verbrauchsteuer auf diese Ar tikel besteht. Von Flachs und Seilerhanf ordinairer Qualität sollen sh Reis, für die feinste Qualität des Flachses zum Spinnen aber 1200 Reis per Centner erhoben werden, wodurch also der Tarif vom 11. März 1841 und die daran unterm 9. Oktober desselben Jahres vorgenommenen Modificationen eine weitere Abänderung erleiden. Die Einfuhr von Thee in Portugal soll künftig izr Interesse der nationalen Schifffahrt nur auf portugiesischen Schiffen bewerkstelligt werden dürfen, und der Thee aus den portugiesischen Kolonieen 210 Reis per Pfund, ist er aber ausländisches Produkt, 30) Reis be— zahlen. Der Eingangszoll auf Stangeneisen so wie auf Hopfen ist gleichmäßig auf 360 Reis per Centner festgesetzt.

Wie von vornherein zu erwarten stand, fanden diese Vorschläge von Seiten der Mitglieder der Opposition, die dabei wieder recht klar ihr Haschen nach Popularität bei dem großen Haufen an den Tag legten, Widerstand. Die Haupt-Argumente, welche sie dagegen geltend machten, waren zuerst allgemeine Klagen über bereits vor⸗ handene Ueberlastung des Volkes mit Auf lagen aller Art, zu denen man nun noch solche auf die nothwendigsten Lebens Bedürfnisse. hin⸗ zufügen wolle; das Elend des Volkes, das ohnedies schon groß ge⸗ nug ' sei, werde so auf den Culminationspunkt getrieben. Besonders strenger Tadel erging auch gegen die Auflage auf die für den häus— lichen Bedarf sowohl, als für den Betrieb der Landwirthschaft und der Manufaltur- Industrie unentbehrlichen Nohprodukte, wie Flachs,

Hanf und Eisen, die dadurch, zu unerschwinglichen Preisen emporgetrieben würden. Der so eben erst zur Theilnahme an? den Arbeiten der Kammer eingetroffene Deputirte Avila, früher Finanz ⸗Minister im septemhristischen Ministerium vor

Wiederherstellung der Charte Dom Pedro's und jetzt einer der Hauptsprecher der Opposition, stand in der ersten Reihe der Wider⸗ sacher der Pläne des Finanz⸗Ministers, Als ob es unter seiner ei⸗ genen Verwaltung nicht eben so gewesen wäre, machte er aus dem Defizit in den Einkünften des gegenwärtigen Jahres den jetzigen Mi⸗ nistern einen schweren Vorwurf; bereits in der vorigen Session seien die Auflagen des Volkes, sagte er, durch eine neue Taxe, von 106t. erhöht woͤrden, und durch das dessenungeachtet nun vorliegende Desi⸗ zit würden solche vollends zu einer unerhörten Höhe, gesteigert wer den. Ein Herr Gaveago, Deputirter der Provinz Minho, nahm die Eigenthums⸗-Verhältnisse in seiner Provinz zur Grundlage und be⸗ rechnete daraus, daß die vorgeschlagenen Auflagen die Besteuerung um mindestens 30 pCt. erhöhen würden. Allerdings erkannte er an,

daß die verschiedenen Ausgabeposten, zu deren Deckung der Ertrag der neuen Auflagen bestimmt sei, sehr beträchtlich seien.

Der Finanz-Minister Baron Tojal nahm aus diesem Zugeständ⸗ nisse Anlaß zu der Erklärung, die Kammer selbst habe zu den ver⸗ schledenen Ausgabsposten ihre Zustimmung gegeben, sie könne also nicht wohl durch Verweigerung der Mittel zur Deckung derselben ihr eigenes Werk wieder umstoßen wollen. Zugleich versprach er, daß er im Verlaufe dieser Session verschiedene Maßregeln beantragen und begründen werde, welche dahin zielten, in denselben Zweigen der Ver⸗ waltung, welche jetzt diese Ausgaben veranlaßten, noch beträchtliche, und, wie er überzeugt sei, sehr gut mögliche Ersparnisse durchzufüh⸗ ren. Gerade durch die vorgeschlagenen Maßregeln hoffe er sich in den Stand gesetzt zu sehen, die unter dem Ramen Decima bekannte

Abgabe auf 700 Contos herabzubringen. Herr Miranda hielt darauf eine Rede zu Gunsten der Vorschläge des Ministers, wonach dieser abermals das Wort nahm und in eine Recht⸗

fertigung der verschisdenen, von ihm vorgenommenen finanziellen Operationen einging. Allerdings, sagte er, habe die Regierung jeden Monat in finanzielle Arrangements sich einlassen müssen, um die Mittel zu erhalten, den an sie gestellten Anforderungen zu entsprechen. Diese feien jedoch nicht auf dem Wege der Anticipation von Einkünften vor sich gegangen, kaum daß die Regierung von der ihr gegebenen Ermäch— tigung Gebrauch gemacht habe, Kontrakte auf den Ertrag der indi— réekten Steuern abzuschließen. Die Art wie die Arrangements ge⸗ schlossen wurden, sei sehr vortheilhaft für die Regierung gewesen, da die eskomptirten Papiere keine Zinsen tragen und nur Versicherungen und Bürgschaften für laufende Schulden an die Regierung ge— währen. Was die mit Autorisation der Kammern vorgenommene Zahlung von 900 Contos betreffe, so müsse bemerkt werden, daß diese ganze Summe zur Befriedigung englischer Forderungen speziell be⸗ stimmt gewesen. Er versicherte bann, er sei ebensowenig ein Freund von Auferlegung neuer Abgaben auf das Volk, als die Herren der Opposition, welche sich gern als die privilegirten Vertheidiger der Volts-Interessen hinstellen inöchten. Wenn aber solche Auflagen wie jetzt denn doch unvermeidlich seien, so ziehe er persönlich direkte Be steuerung der indirekten vor, weil durch jene das Defizit weit leichter gedeckt werden könne; da nun aber die Ansichten über ihre zweck— mäßigste Vertheilung getheilt seien, so biete vielleicht die Auferlegung gemischter Steuern den besten Ausweg. In Bezug auf den allge⸗ meinen Zustand der Finanzen des Landes, den die Oppositions⸗Red⸗ ner als so höchst kläglich dargestellt, müsse er seine Ueberzeugung aussprechen, daß er denselben durchaus nicht so beunruhigend sinden lönne; im Gegentheil könne derselbe bei Fortdauer von Ruhe, Frie— den und Ordnung und durch einige Maßregeln, deren Annahme ledig- lich von der Kanimer abhänge, in zwei Jahren schon so ziemlich ge— ordnet sein. Hiermit schloß sich für den ersten Tag die Diskussion, die erst am 9ten wieder aufgenommen wurde.

Auch diesmal eröffnete wieder ein Oppositions⸗-Redner den Reihen. Herr J. Estevao, der niemals fehlt, wo es gilt, mit den Männern der jetzigen Regierung eine Lanze zu brechen, setzte auseinander: Nach den Berechnungen des Finanz- Comité's habe das Defizit im letzten Monat Mai ungefähr 800 Contos de Reis betragen; die Jammer sei dann zur Votirung von Auflagen berufen worden, bevor noch die Negierung offizielle Mittheilungen über den wirklichen Be darf gemacht hatte; diese würden aber darthun, daß das gegenwär—⸗ tige Defizit sich auf 1400 Contos belaufe. Das Finanz-Comitèé habe seine Meinung dahin ausgesprochen, daß Anlehen und Vorausentneh⸗ mung von Summen auf den Ertrag der Staats-Einkünfte allerdings für den Augenblick aus der dringendsten Verlegenheit helfen können, bas Grundübel aber für die Zukunft nur noch immer mehr verschlim⸗ mern; trotz dieser klar ausgesprochenen Warnung habe die Regierung doch zu solchen Maßregeln ihre Zuflucht genommen. Der Redner ging nun auf eine Prüfung der verschiedenen vorgeschlagenen Auflagen ein, von den fast keine seinem Tadel entging. Die Besteuerung des jungen Weines findet er als höchst nachtheilig für die Industrie des Landes, insofern dadurch dem Arbeiter sein gewohntes stärkendes Getränk ver— theuert werde; die Auflage auf das Salz, einen so allgemein noth— wendigen Artikel, sei ungerecht, übertrieben und höchst drückend; sie belaufe sich, so angenommen wie vorgeschlagen, auf fast 100 pCt. des Werthes, da die beantragte Auflage 20 Rels pro Alquier sowohl im Königreiche selbst, als in den Kolonieen betragen solle, während das Alquier selbst nur 25 Reis koste. Endlich werde die beabsichtigte Auflage auf die Einfuhr von Flachs aus dem Auslande den Linnen⸗ Manufakturen, die ohnedies schon einen harten Kampf um ihre Exi—⸗ stenz zu bestehen hätten, vollends den Todesstoß geben. Die Antwort bes Finanz⸗-Ministers auf diese Einwürfe war eben so geschickt als schlagend.

Zur landwirthschaftlichen Politik. Entgegnung. “*)

Die Beilage zu Nr. 160. der Allg. Preußischen 3 eit ung ent- hält cine kurze VBeleuchtung der von uns verfaßten Schrist: „Üeber Preußens landschaftliche Kredit Vereine.“

So verpflichtet wir nun dem Herrn Verfasser dieses Aufsatzes für die

Gerechtigkeit sind, die er unserem Bestreben wiederfahren läßt, und nicht minder für die lichtvolle Darstellung, mit welcher er in kurzen Umrissen eine Uebersicht der Haußtgedanken gegeben hat, so glauben wir ihn unsere Dank barkeit doch nicht besser beweisen zu können, als wenn wir auf seine Ideen eingehen und einige von ihm berührte Gegenstände, an die sich besonders wichtige materielle Interessen anknüpfen, einer weiteren Besprechung unter⸗ ziehen. J Zwar erscheint der Naum, den die Gefälligkeit der Nedaction eines Tagesblattes einer so verwickelten Erörterung, wie die vorliegende es leicht weiden kann, einzuräumen vermag, zu beengt; inzwischen die Gedanken sind clastisch und lassen sich lang ausdehnen, aber auch kurz fassen. Schon von mehreren Seiten her ist uns der Vorwurf gemacht worden, daß wir in der praktischen Ausführung nicht vollständiger gewesen wären. Wir selbst möchten es uns eher vorwerfen, in dieser Beziehung schon zu weit gegangen zu sein. Der Zweck der Schrist war anzuregen, auszufordern und (inzulclten! aber nicht förmlich abzuschließen. Nur zu oft bewährt es sich, daß, wer zu viel will, nichts erreicht. Zwischen dem Antrage, der Er— wägung desselben, den Vorbereitungen und dem Beschlusse muß ein 3Zwischen— raum bleiben, damit die Gedanlen aufgefaßt, und verdaut werden können. In der Schrift ist der wohlthätige Einfluß eines gesicherten und allgemein Derbreiteten Real-Kredits geschildert, es sind die Mängel der jetzt, bestehenden Kredit-Institutionen gerügt und die Nolhwendigkeit einer vollständigen Re⸗ stauratiön nachgewiesen. Bis auf diesen Punkt handelte es sich um etwas Jaktisches und die Erreichung des Hauptzwecks, nämlich die Theilnehmer der Institutionen zum Selbsthandeln zu bestimmen und die Regierung in der Änsicht zu bestärken, daß etwas geschehen müsse, war mehr als wahr⸗ scheinlich. Hätten wir uns aber auf die Ausführung selbst einlassen wollen, hätten wir gezeigt, wie leicht die Aufnahme der bäuerlichen Besitzer in den Kredit-Vereln'zu' bewirken sei, oder hätten wir, wie Einige wellen, Spezial= Tax Prinzipien entworfen, so würden win der guten Sache durch das Hervor⸗ rufen einer unzeitigen Obposition mehr geschadet als genützt haben.

Jedoch in einem Punkte war es unerläßlich, bestimmt hervorzutreten.

) Wir glauben unseren Lesern diese Entgegnung um so weniger vor— enthalten zu dürfen, da sie nur dazu beitragen lann, Begriffe und Ansich—= ten über einen Gegenstand zu läutern und sestzustellen, dessen hohe prak=

tische Wichtigkeit Niemand veilennen wird. Anmerk. der Redact.

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Es fanden sich dazu mehrere Aufforderungen.

Einer der wesentlichsten Män⸗ gel der bestehenden Kredit-Institutionen findet sich in den Tar-Prinzixien, die so unhaltbar sind, daß Niemand bis jetzt ihre Vertheidigung versucht hat. Mit dem Herrn Verfasser der in Rede stehenden Kritik sind wir nun voll fommen einverstanden, daß die Aufgabe, richtige Tar-Prinzipien zu entwerfen,

eine sehr schwierige sei. Da aber schon immer viel gewonnen ist, wenn man die Summe der Schwierigkeiten kennt, welche man zu überwinden hat, so suchten wir eine solche zu liefern und dies hat man zum Theil ganz mißverstanden und angenommen, wir wollten die Tar-Prinzipien von der Lö—- sung von Fragen abhängig machen, welche noch sehr entfernt sind.

Nach dieser Einleitung, die zur Verständigung nöthig war, kommen wir auf den Kontroverspunkt zwischen uns, ob Befund- oder Grundtaren dem Zwecke entsprechen. Mein Herr Gegner erklärt sich entschieden gegen Irundtaren. Da aber eben jetzt eine Bearbeitung der Tar-Prinzipien auf mehreren Punkten beabsichtigt wird, so verdient der Gegenstand die reislichste Erwägung. Als loyale Männer wollen wir nun die Sache ins Auge fassen und erlauben wir uns noch daran zu erinnern, daß es sich in dem vorlie— genden Fall nur um Tay Prinzipien Behuss der Beleihung handelt.

Auf der dritten Seité der in Rede stehenden Kritit gleich oben heißt es: „Gegen diese und jede Fiction im Tarwesen eifert nun Herr von Bülow mit Recht, und dies scheint das Motiv gewesen zu sein, das ihn zu jenem Satz, keine Befund-, sondern Grundtaxen, geführt hat. Allein es läßt sich sowohl beweisen, daß die Grund-Tax⸗Prinzipien des Herrn von Bülow ebenfalls auf Fictionen gebaut sind, als auch, daß diese nicht nothwendig der Natur von Befund-Tar-Prinzipien ankleben.“ Um den Lesern, die nicht mit der hier in Rede stehenden Schrift bekannt sind, ein eigenes Urtheil möglich zu machen, sei es erlaubt, den Unterschied zwischen Befund- und Grundtaxen festzustellen.

Befundtaren nennt man diejenigen, wo der Werth eines ländlichen Grundstücks durch Veranschlagung nach dem gegenwärtigen Befunde ermittelt wird. Wenn von Prinzipien zur Abschätzung eines Guts Behufs der Ver— pachtung die Rede ist, so kommt es vor Allem auf den Nutzen an, den das Gut in dem jetzigen Zustande zu gewähren vermag. Da sind mithin Befundtaxen an ihrem Orte. Wenn es sich aber, wie Behufs der Belei⸗ hung, nicht um den augenblicklichen, sondern um den mehr stabilen Werth des Grund und Bodens handelt, so müssen die einschlägigen Tar-Prinzipien den letzteren ins Auge fassen, und dieser liegt entschieden in der zur Kultur geeigneten Beschaffenheit des einen Bodens zum anderen und in einer gün⸗ stigen Lokalität überhaupt. Der Unterschied zwischen beiden besteht daher im Wesentlichen darin, daß in dem einen Falle vorzüglich die Industrie und die zufälligen Verhältnisse, in dem anderen die Ertrags⸗-Fähigkeit des Bo dens selbst und die höhere Benutzung der Produkte den Werth bestimmt. Zu wel⸗ chen Irrthümern Befundtaxen führen und nothwendigerweise führen müssen, da—= von haben wir viele Beispiele angeführt, so bestimmt z. B. bei den Befundtaren in der Regel die Nutzung aus der Kopfzahl des Viehstandes einen Haupttheil der Einnahme, die kapikalisirt einen wesentlichen Theil von dem Werthe des Gutes repräsentirt. Wenn aber durch Viehsterben oder andere Zufällig⸗ feiten ein Gut in einem Jahre einen geringen Viehstand hat, so wird durch Befunb-Taxen der Werth des ganzen Guts leicht um 25 pCt. geringer ge— schätzt werden, als es der Fall sein würde bei hergestelltem Viehstande. Angenommen, zwei an einander gränzende Güter, von gleicher Größe und Beschaffenheit des Bodens, sollten nach Befund-Taxen abgeschätzt werden, die beide gleich wenig Wiesen besäßen, auf dem einen befände sich aber eine große Brennerei und in Folge dessen ein sehr bedeutender, gut genähr— ter Viehstand, auf dem anderen ein sehr geringer und in Folge dessen eine sehr schonende Wirthschaft, so würde ohne Zweifel das eine Gut mindestens 30 pCt. höher in der Tare zu stehen kommen, als das andere, weil nicht nur der Erirag des vorhandenen Vichstandes veranschlagt würde, sondern auch wegen der größeren Düngerproduction ein höherer Körnergewinn. Würde nun wenige Jahre darauf Umstände halber auf jenem Gute die Brennerei eingestellt, dagegen aber auf dem anderen Gute eingeführt, so müßte eine Befund-Taxe dieses wieder 30 pCt. höher ansprechen, als das andere, mithin eine Werths-Differenz von 60 pCt. die Folge sein.

Könnte eine solche Taxe nun wohl diejenige Sicherheit gewähren, welche zur Befestigung des Kredits nöthig ist, und würden die abschätzenden Be— hörden nicht wie jetzt gezwungen sein, willkürlich die Taren so herunter zu drücken, daß die Kredit- Institution gesichert bliebe? .

Unser Gegner behauptet, Gründ-T4ren beruhten ebenfalls auf Fictio⸗ nen, und setzt dann wörtlich hinzu: „Man muß zuerst der Ansicht entge gentreten, daß der Werth des Bodens ursprünglich aus seiner Beschaffen⸗ heit resultirte, und daß sich also in dieser etwas finde, was ihm eine ge⸗ wisse Unwandelbarkeit verleihe. Welchen Werth hat der Boden durch seine Beschaffenheit? An sich gar keinen! (??) Er erhält ihn durch den Ertrag, den die Arbeit und die Industrie des Menschen hervorrufen.“ Er befindet sich hier in einem entschiedenen Irrthume. Der Weizenboden im pyritzer Kreise von Pommern und im Oderbruch ist keine Fiction, und die Bebauer der märkischen Sandwüsten würden wünschen, daß diese eine Fiction seien. Der National-Oekonom stellt zwar, und aus seinem Gesichtspunkte mit Recht, den Satz auf, daß der Boden seinen Werth nur durch Verwendung von Kapital und Arbeit bekommt; inzwischen in einem bereits zur Kultur übergegangenen Staate müssen beide als schon bis auf einen gewissen Grad vorhanden angenommen werden.

Eben so wahr als die Behauptung des Gegners würde die beruhe auf einer Fiction, daß der Friedrichsd'or und der Silbergroschen einen verschiedenen Werth hätten. Geld hat nur insofern einen Werth, als man es ausgiebt, veischlossen in einen eisernen Kasten hat es keinen. Dadurch wird ihr Börsen-Cours eben so wenig verändert, als der Werth des Grund und Bodens, wenn er auch ohne Arbeit und Kapital gedeiht, nur sehr gering ist.

Sehr richtig sind die Bemerkungen des Herrn Gegners, daß die Stufe der Kultur einen sehr wesentlichen Einfluß auf den höheren oder geringeren Werth eines Guts habe, allein er übersieht es ganz, daß der Boden weit werthvoller ist, welcher die auf ihn verwandte Aibeit höher belohnt, als der, wo dies nicht der Fall ist; desgleichen, daß die günstigere Lage zum Absatz des Produkts auch oft ein natürlicher und feststehender sei. Daher paßt auch das Beispiel nicht, von dem Werthe der Grundstücke in den Steppen Rußlands. Die Taxen, wie wir sie in Preußen bedürfen, setzen bestehende Verhältnisse voraus, und eben die Würdigung derselben verlangen wir, keinesweges aber, daß eine für Pommern entworfene Grund— tare zu einer Vergleichung des Bodenwerths in der Ukraine und in Belgien dienen soll. ;

Zu einer solchen Annahme findet sich in unserer Schrift keine Veran⸗ lassung. Bis jetzt sind bei allen landschaftlichen Kredit-Vereinen in Preußen Befund Taren angewandt worden. Die Mängel derselben wurden längst anerkannt und vielsältig haben sich praktische Männer bemüht, diese zu ent fernen; allein jeder Versuch ist gescheitert, und wird auch ferner scheitern, weil das Zufällige, Augenblickliche etwas Vorübergehendes ist und keine dauernde Bürgschaft gewähren kann.

Der Herr Verfasser des in Rede stehenden Aufsatzes sagt ferner; Auf. jeder bedeutend unterschiedenen Kulturstufe eines Volkes finden sich die Be⸗ dingungen des bestimmten landwirthschaftlichen Spstems, nach dem der Bo den' bewirthschaftet wird, und das Sostem ist es zunächst, das ihm im All— gemeinen seine Werthstufe anweist. Hier verlennt derselbe nun entschie⸗ den das eigentliche Sachverhältniß. Alle Landwirthe sind wohl darüber einig, daß nach der Verschiedenheit der Lokalität und nach der Beschaffen⸗ heit des Bodens sich die Fruchtfolge richten müsse. In der That ist dies auch jetzt schon der Fall. Jemehr, aber die Einsicht der Landwirthe vor⸗ schreitet, um so mehr erlennen sie die Nothwendigkeit an, diejenige Frucht folge zu wählen, welche zugleich den Bodenreichthum erhält und den größten Nutzen abwirft.

Jetzt und so lange der Ackerbau keine wissenschaftliche Begründung er⸗ halten hat, ist jeder Einzelne gezwungen sich das seinem Boden ange⸗ messenste Sostem empirisch aufzüsuchen; daher kömmt es, daß da, wo ein bisher übslsches Feldersostem (z. B. die Dreifelder-Wirthschast) aufgegeben werden muß, beinahe auf jedem Landgute eine andere Fruchtfolge eingeführt ist. Zwar dient dabei im Allgemeinen die Lehre vom Wechsel der Früchte als Grundlage, und es ist dadurch schon viel gewonnen; allein wenn die große Mehrzahl der Landwirthe rechnen könnten, so würden sie sich bald Überzeugen, in wie viele Irrthüͤmer sie gerathen sind, und wer genauer mit den spezieilen Verhältnissen des Ackerbaues bekannt ist, wird hierin eine der Haupt-Ursachen sinden, weshalb so große Anstrengungen, wie gegen= wärtig gemacht werden, nicht günstigere Resultate herbeigeführt haben.

So lange wir beim Ackerbau nicht von einem festen Grund Prinzip ausgehen, werden die Landwirthe Rathsherren bleiben. Auf dies Prinzip

die sein, es

weist uns nun die Natur selbst hin, sie allein ist unsere beste Lehrmeisterin und sie in ihrer Wirkungsweise zu belauschen, die Aufgabe. Daß der Klei- boden und der Sand ein verschiedenes Wirthschafts-System fordern, steht sest, und daher bleibt es die Aufgabe, zu untersuchen, welche Fruchtfoige bei den verschiedenen Boden -Arten diejenige sei, die nachhaltig den größten Nutzen bringe. Die Lösung derselben würde von den wohlthätigsten Folgen sein. Da nun der Werth des Bodens von dem Nutzen abhängt, den er nachhaltig zu gewähren vermag, so müßten die Tar-Prinzipien noth⸗ wendig dieselbe Unterlage haben. Ob es mehr oder weniger schwierig sei, den rechten Weg zu bahnen, ist noch kein Entschuldi⸗ gungsgrund, einen unrichtigen zu verfolgen, und der Flor des Ackerbaues uberhaupt wird einen neuen Aufschwung gewinnen, wenn er naturgemãß und mit Bewußtsein einer möglichst hohen Kultur entgegenschreitet.

Bülow⸗Cummerow.

gJgandels- und Börsen - Machrichten.

Börsen⸗Bericht.

Berlin, 30. Dez. Bevor wir über unser Fondsgeschäft in der abge⸗ laufenen Woche berichten, wollen wir, in Bezug auf den bereits im vor⸗ wöchentlichen Börsen⸗Bericht angeregten Gegenstand, betreffend die projektirte Bergisch-Märkische Eisenbahn zurückkommen, um möglichst genau das Sachverhältniß dieses Projets guseinanderzusetzen. Wir werden be— sonders hierzu veranlaßt, duch die sich unter der Mehrzahl der hierorts bei diesem Unternehmen betheiligten Interessenten ausgesprochenen Ansicht, als seien sie zur Einzahlung des setzt ausgeschriebenen einen Prozentes nicht ver⸗ pflichtet. Es scheint diese Ansicht nur aus einer Unkenntniß der Vorver⸗ handlungen hervorzugehen, daher wir solche, soweit sie uns bekannt sind, den Herren Interessenten ins Gedächtniß zurückrufen wollen, um auf diese Weise darzuthun, daß es durchaus an jedem rechtlichen Grunde fehle, um die Ein⸗ zahlung des eingeforderten Einschusses zu verweigern. Die ursprüngliche Betheiligung geschah durch Beitritisscheine, in welchen sich die Zeichner nicht nur zun Theilnahme auf Höhe einer bestimmten Summe, für den Fall der vorausgesetzten Staats-Vergünstigungen, sondern auch, hiervon un⸗ abhängig, gewilligt haben, in General-Versammlungen, welche von dem Comité zufammenberufen werden könnten, sich den Beschlüssen der Mehr— heit zu unterwerfen. Wir haben das Schema dieser Betheiligungssche ine zur Hand, aus welchen sich das Recht des Comité“ s zur Berufung der am 18. und 19. Oktober in Elberfeld stattgefundenen General-Ver- sammlung ganz unzweifelhaft ergiebt. Bei dieser Legalität der Zusam-= menberufüng, unterliegt auch die Rechtsgültigkeit des darin, von den Erschiene⸗ nen gefaßten Beschlusfes nicht dem geringsten Bedenlen, und vermögen wir nicht einzusehen, welche Motive obwalten könnten, dem Beschlusse nicht nachzukommen. Jede gesellschastliche Vereinigung, die eine Thätigkeit irgend einer Art entwickelt, insbesondere aber Vorarbeiten zu liefern hat, und Unterhandlungen leiten soll, von deren Ergebniß die Konzessioni⸗ rung zur Konstituirung der Gesellschaft abhängig gemacht und im vor⸗ liegenden Fall die Erlangung von Staats-Vergünstigungen bedingt wird, nimmt nothwendigerweise auch Geldkräfte in Anspruch, die nur von den sämmtlichen Theilnehmern, nicht von einzelnen Interessenten, ge— tragen werden müssen. Wäre irgendwo bestimmt worden, den einzelnen Unternehmern seiner Zeit Vorzüge vor der Gesammtheit einzuräumen oder solche durch Vorrechte zu begünstigen, so würde auch gewiß der Beschluß zur Einzahlung des einen Prozentes nicht durch Stimmenmehrheit gefaßt worden sein. Wir können hierzu die versprochenen Provisionen bel den Betheilungen darum nicht rechnen, weil solche nur bedingungsweise bewil⸗ ligt weiden und mit dem Gesellschafts-Verhältniß im Allgemeinen nichts zu thun haben, vielmehr ein solches Ablommen von dem freien Willen jedes Einzelnen abhing.

Es ist unser Wunsch, daß die vorgedachte Auseinandersetzung zur Ver- meidung unangenehmer Konflikte dienen möge, und haben wir daher diesen Gegenstand so genau als möglich besprochen. ;

An unserer Börse waren die Umsätze in allen Eisenbahn-Actien wie⸗ derum sehr beträchtlich. Sollten wir den ferneren Gang des Geschäfts nach den Jahresschluß beurtheilen, so möchten wir zu dem Glauben eines noch lebhafteren Betriebes im neuen Jahre berechtigt sein. Unser Börsen— Publikum zeigte in dieser Woche entschiedene Speculationslust für die neu projektirten Unternehmungen, woraus zu schließen ist, daß diese Papiere auch wohl im nächsten Jahre die Hauptrolle an der Börse spielen werden, denn vornehmlicher Begehr stellte sich für Lieferung auf spätere Termine heraus. Die Ültims-Regulirungen können meistentheils als beendigt betrachtet werden und gingen um so leichter von Statten, als das Geld sich im Allgemeinen reichlich machte. Bei dieser Gelegenheit ist wohl mit Recht die Frage aufzustellen, woher, ungeachtet der vielen Geldmittel, welche zu den Eisenbahn⸗-Unternehmungen erforderlich werden, solche immer reichlicher vorhanden sind? Wir möchten zunächst die Anhäufung der Kapi⸗ talien und des Metallwerths dem Umstande zuschreiben, daß die Provinzen durch den lebhafteren Verkehr mit unserer Residenz Geldträfte entwickeln, die früher fast nicht an das Tageslicht gekommen; andererseits aber durch eine allgemeine Unthätigkeit in den Manufaktur und Fabrik-Geschästen, bedeu—= tende Kapitalien flüssig geworden sind. Diese Geldmittel vereinigen sich an unserer Börse, und dürfte dies günstige Verhältniß bei dem allgemein gewordenen Vertrauen zu den industriellen Unternehmungen, die natürliche Folge eines serneren Steigen der Eisenbahn-Actien sein. Es würde uns die Besprechung dieses Themas zu weit führen, daher wir auf den Bericht unserer dieswöchentlichen Geschäfte zurückkommen.

Die Quittungsbogen der Hamburg-Berliner Eisenbahn-Ac⸗ tien waren fortdauernd begehrt und sind über 1 760 gestiegen; Ende der vorigen Woche konnte man noch a 1063 26 ankommen, und heute blieben a 167366 Käufer; es sind bedeutende Aufträge p. Kassa ausgeführt worden, doch fehlte es zuletzt an Abgeber. Für Köln-Mindner blieben heute Käufer a 1035 96; p. Kassa, dagegen waren diese Papiere auf Lieferung p. Januar sehr gefragt; der Umsatz aber, wegen Mangel an Abgaben nicht belangreich. Von allen zinsgarantirten Actien, sind diese im Course am meisten zurückgeblieben, was augenscheinlich seinen Grund in der fortdauern⸗— den Gewinn-Realisirung früherer Abschlüsse zu haben scheint.

Niederschlesisch⸗Märkische, die anfangs der Woche eine weichende Tendenz annahmen, haben sich ebenfalls im Csurse gehoben und wurden heute bis 1053 9 bezahlt. Wir hoffen übrigens, bald etwas Näheres über die Betheiligung zu dem interrigirenden Unternehmen der Breslau— Görlitzer Eisenbahn veröffentlicht zu sehen.

Sächsisch-⸗Görlitzer wurden in bedeutenden Posten und zu stei⸗ genden Coursen gekauft; sie schlossen heute 101 5 Geld. ;

Oberschlesische Eisenbahn-Actien Litt. Aà. nahmen, wie wir es im voraus sagten, die Aufmerksamkeit unserer Spekulanten am meisten in Anspruch. Das Geschäft darin konnte nicht sehr belangreich werden, weil selbst zu den gestiegenen Coursen wenig Abgeber zu finden sind. Da überdies das ganze Kapital sich nur auf 1,800,000 Rthlr. beläuft, so ist es erklärlich, daß die eingetretene Kauflust dafür auch den Cours ansehnlich steigerie. Nachdem anfangs der Woche über 1123 nicht zu machen war, bezahlte man heute 114 95 p. Kassa, wozu Käufer blieben.

Oberschlesische Litt. B. folgten dieser Bewegung, doch nicht in dem Maße. Der Umsatz darin war sehr beträchtlich, und stieg deren Cours bis 108 (69, wozu heute Käufer blieben. Es will uns bedünken daß der Cours-Unterschied gegen Oberschl. Lit. A. ein zu bedeutender sein möchte, wenngleich die bei weitem größere Summe dieser. Actien ein solches Verhältniß erklären läßt. x

Berlin-Frankfurter schwankten in dieser Woche zwischen 137 und 138 (66, zeigten jedoch fortwährend eine Neigung fürs Steigen. Die Geschäfte darin beschränkten sich meistens auf die Ültimo⸗-Regulirung, wozu manches zur Deckung srüherer Verschlüsse gekauft werden mußte. Heute blieb 138 74, Brief und Geld dafür. .

Berlin Potsdamer schienen hin und wieder übrig zu sein, daher heute sogar etwas à 160 546 verkauft werden mußte. Nichts destoweniger bleiben diese Actien auf spätere Termine zu höheren Coursen sehr gefragt.

Berlin-Anhalter hielten sich im Laufe dieser Woche stationair auf 146 96, wurden jedoch bereits vorgestern etwas schwächer, und wichen heute bis 1145576, wozu Brief und Geld blieb. Auf spätere Termine zeigte sich besondere Kauflust und wäre das Geschäft wohl umfassender gewesen, wenn sich mehr Verkäufer gezeigt hätten. ;

Berlin-Stettin- Stargarder Eisenbahn-Actien (wir müssen diese Actien so nennen, weil uns die Mittheilung geworden, daß das ganze