1844 / 2 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

ä Wir noch eine nähere Erörterung angeordnet und werden Wir demnächst über die künftige Verwendung bdieser Steuer beschtießen. Steinbedachung der Nothhütten im ersten Ravon der Festung Kolberg. 3) Die von Uns unterm 18. Februar 1811 nachgegebent Er⸗ neuerung derjenigen Nothhütten im ersten Rayon der Festung Kolberg, deren gänzliche Beseitigung bei eintretender Reparatur⸗Bedürftigkeit stattfinden sollte, nachdem die Eigenthümer für den Verlust des echt zum Wiederaufbau im Jahre 1818 eine auf kommissarischem Wege ermittelte Geldentschädigung erhalten hatten, ist an die Bedingung geknüpft worden, baß deren künftige Bauart den Bestimmungen des Rayon⸗Regulativs vom 10. September 1828 entspreche, Da nun der 5. 9. bieses Regulgtios, als Material zur Dacheindeckung, außer Bretter, Stroh oder Rohr, auch Zink gestattet, dessen Anwendung gleiche Sicherheit gegen Feuersgefahr gewährt, wie das nachgesuchte Steinmaterial, und den Polizei⸗Vorschristen nicht entgegen steht; überdies auch die für die Petition herorgehobenen Rücksichten bei anderen Festungen ebenfalls vorwalten, ohne daß sich dort erhebliche Uebelstände dadurch herausgestellt hätten; so können Wir dem An⸗ trage: „die Steinbedachung für die im ersten Rayon der Festung Kolberg gelegenen Nothhütten zu gestatten“ die Genehmigung nicht

ertheilen. 3. Schulhausbauten.

4) Auf den Antrag Unserer getreuen Stände in Ansehung der Schulhäuser, welche zugleich Küster- Wohnungen sind, die Bestimmung des Allgem. Landrechts 8§. 37. Titel 12. Thl. II. zu mobifiziren, geben Wir denselben zu erkennen, daß die Zwei fel und Bedenken, zu welchen der allegirte Paragraph Veran⸗ lassung gegeben hat, bereits von Unseren Behörden zur Sprache ge⸗ bracht und darauf die nöthigen Einleitungen getroffen worden sind, um den Gegenstand im Wege der Gesetzgebung besonders und sobald als möglich zur Erledigung zu bringen.

Regulirung des Oderbettes zwischen Breslau und Stettin.

5) Die Maßregeln, welche in den letzten 25 Jahren behufs Verbesserung der Schiffbarkeit der Oder in Ausführung gekom— men sind, und deren Erfolge ergeben sich aus der beiliegenden Denk⸗ schrist ) Unseres Finanz⸗-Ministers. Unsere getreuen Stände werden sich daraus überzeugen, daß die Wichtigkeit dieser Wasserstraße keinesweges verkannt, vielmehr auf deren Verbes⸗ serung sehr ansehnliche Summen verwendet sind, auch der Schifffahrts⸗ Verkehr fortwährend bedeutend gestiegen ist. Dem vorgetragenen Wunsche entsprechend, soll übrigens darauf Bedacht genommen wer⸗ den, nach Maßgabe der auf die vielen Wasserwege llnserer Staaten in gerechtem Maße zu vertheilenden disponiblen Mittel, auch ferner die Regulirung der Oder möglichst zu fördern.

Anlegung eines Hafens bei Leba.

6) Auf den Antraͤg, Behufs der Entscheidung über die Anlage eines Hafens bei der Stadt Leba die dortigen Lokal-Verhältnisse pril⸗ fen zu lassen, eröffnen Wir, daß nach den früher angestellten Ermit⸗ telungen die sehr beträchtlichen Kosten einer solchen Anlage bei der Nähe des Hafens von Stolpemünde außer Berhältniß zu dem davon zu erwartenden Nutzen stehen würden, und daher nicht darauf ein- gegangen werden kann.

Provocations-Befugniß der Besitzer von Teichen und Seen.

7) Der Antrag, daß es den Besitzern von Teichen und Seen, die deren Ablassung beabsichtigen, gestattet werden möge, durch eine bei den Regierungen nachzusuchende öffentliche Aufforderung, etwanige latitirende Ansprüche zur Geltendmachung und Präbklusion zu bringen, wird bei den bereits eingeleiteten Berathungen einer derartigen Er⸗ gänzung des Gesetzes wegen des Wasserstaues und Verschaffung von Vorfluth vom 15. November 1841, erwogen werden. Beschränkung des gesetzlich erforderlichen 10jährigen Grundbesitzes für die

Abgeordneten des Standes der Städte auf zweijährigen Grundbesitz.

8) Was den Antrag betrifft, die Vorschrift des 5. 5 Nr. 1 des Gesetzes vom 1. Juli 1823 dahin zu modifiziren, daß zur Wählbar⸗ keit eines Landtags -Abgeordneten im Stande der Städte nur ein zweijähriger Grundbesitz, statt der vorgeschriebenen zehnjährigen Dauer desselben erfordert werbe, so geben Wir Unseren getreuen Ständen zu erkennen, daß Wir es dermalen im Allgemeinen nicht rathsam sinden, Veränderungen in der ständischen Verfassung vorzunehmen. Indessen wollen Wir den obigen Antrag, da überdies von den Landtagen anderer Provinzen eine ähnliche Bitte eingegangen ist, nicht aus den Augen verlieren und prüfen lassen, ob in Bezug auf die Dauer des städtischen Grundbesitzes ein so dringendes Bedürfuiß vorhanden ist, welches Uns zu einer Abweichung von dem gedachten Grundsatze be⸗ stimmen könnte.

Verfahren bei den Landraths-Wahlen.

9) Die von Unseren getreuen Ständen beantragte Veränderung

des Verfahrens bei den Landraths-Wahlen nach den Bestimmungen

*) S. die heutige Beilage.

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des Reglements über die ständischen Wahlen vom 22. Juli pr., ist be⸗

reits auf anberweitige Beranlassung in Berathung genommen wor⸗ ben, deren Ergebniß abgewartet werden muß. Bestellung eines landraäthlichen Assistenten im Bütower Kreis Antheile.

10) Die Uebelstände, welche die Zusammensetzung des lauen⸗ burg⸗bütowschen landräthlichen Kreises aus zwei nicht mit einander zusammenhängenden Theilen mit sich führt, würden bei Gelegenheit der im Jahre 1816 beabsichtigten Reform der Kreis-Eintheilung des Regierungs⸗Bezirks Köslin durch die Wiederauflösung dieses Kreisver⸗ bandes beseitigt worden sein, wenn nicht Seitens der Betheiligten die Beibehaltung der damaligen Kreis-Eintheilung ohne Abänderung erbeten worden wäre. Die bis zum Jahre 1834 stattgefundene Mit⸗ wirkung eines besonderen Komnmissarius bei der landräthlichen Ver⸗ waltung im Bezirke Bütow ist als etwas Vorübergehendes betrachtet worden; derselben Fortdauer zu geben, hat wegen der darin liegenden Abweichung von der allgemeinen Verfassung und Gefährdung der Ein⸗ heit in der Verwaltung durch Theilung der amtlichen Befuügnisse und Verpflichtungen zwischen dem Landrath und dem Kommissarius des bütowschen Bezirks nicht angemessen erscheinen können,

Wir nehmen daher Anstand, dem gegenwärtigen Antrage Unserer getreuen Stände gemäß, die Wiederherstellung dieser, Einrichtung an⸗ zuordnen, da, abgesehen von den berührten Nachtheilen, während der verflossenen neun Jahre das Bedürfniß der Unterstützung des Land⸗ raths durch einen besonderen Kommissarius in Bütow nicht geltend gemacht worden ist. Wir sinden es vielmehr räthlich, vor weiterer Entschließung über den ständischen Antrag, noch längere Beobachtun⸗ gen darüber anstellen zu lassen, ob es nicht gelingen dürfte, die Kreis⸗ Verwaltung durch den Landrath allein auf befriedigende Weise zu führen. Sollten jedoch diese Beohachtungen das Gegentheil ergeben, so sind Wir nicht abgeneigt, das Geeignete zur Beseitigung der von Unseren getreuen Ständen behaupteten Uebelstände anzuordnen. Besondere Bescheidung der Stände wenn Sonderung in Theile stattgefunden.

11) Wenn in der Denkschrift vom 29. März e, Uns vorgetra— gen wird, daß die zum 6ten Provinzial-Landtage versammelt gewese⸗ nen Stände bei der Berathung der ihnen sub Nr. 5. vorgelegten Proposition, .

betreffend die Befugniß der Kreisstände, Ausgaben zu beschließen, sich in Theile gesondert hätten, eine Bescheidung der einzelnen Stände aber nicht erfolgt sei, und Unsere getreuen Stände hierauf den An— trag gründen,

daß in Zukunft, so oft eine Sonderung in Theile erfolge, die ein⸗

zelnen Stände von Uns beschieden werden möchten, so machen Wir denselben bemerklich, wie der 8. 46 des Gesetzes vom J. Juli 1823 bestimmt, daß, im Fall der Sonderung der Stände in Thelle, die Gutachten der einzelnen Stände zu Unserer Entschei⸗ dung vorzulegen sind. Daß dies geschehen ist, geht aus dem vor

läufigen Bescheide in dem Landtags —Abschiede vom 7. Ol⸗ tober 1838 hervor, worin den zum sechsten Provinzial-Land⸗ tage versammelt gewesenen Ständen eröffnet worden ist, daß

ihr über die vorgedachte Proposition abgegebenes Gutachten bei der ferneren Berathung des betreffenden Gesetzes werde in reifliche Erwägung genommen werden. Indem nun später der, Gegenstand der Proposition durch das emanirte Gesetz vom 25. März 1842 er⸗ ledigt ist, werden sich Unsere getreuen Stände bescheiden, daß Unsere Entscheidung auf die von den einzelnen Ständen über den vorgeleg⸗ ten Gesetz Entwurf abgesondert erstatteten Gutachten in der von Uns erlassenen Verordnung seebst ergangen ist, die einzelnen Stände hier⸗ nächst aber einen besonderen Bescheid über ihre verschiedenen Gut— achten nicht mehr zu erwarten hatten.

Zu Urkunde Unserer vorstehenden gnädigsten Bescheidungen ha— ben Wir gegenwärtigen Landtags-Abschied. ausfertigen lassen, auch Höchsteigenhändig vollzogen und bleiben Unseren getreuen Ständen in Gnaden gewogen.

Gegeben Berlin, den 39. Dezember 1813.

(gez Friedrich Wilhelm. Prinz von Preußen. von Boyen. Mühler. von Nagler. Rother. Graf von Alvensleben. Eichhorn. von Thile. von Savigny. Freih. von Bülow. von Bodelschwingh. Graf zu Stolberg. Graf von Arnim.

llichtamtlicher Theil. IJuland.

Königsberg, 29. Dez. (K. A. 3.) Das numerische Ver⸗ hältniß der Studierenden der hiesigen Universität hat sich im laufen= den Winter-Semester um 17 vermindert. Denn es waren von der Gesammtzahl, die im Juni auf 368 abschloß, während des Sommers

und zu Michaelis 74 abgegangen und dagegen bei dem Anfang des neuen Semesters im Oftober und November 57 Studierende dazu⸗ gekommen, so daß gegenwärtig die Gesammtzahl 311 umfaßt, darunter 325 Inländer und 165 Ausländer. Nach den Fakultäten geordnet ist bei weitem die stärkste die philosophische, welche die Kameralisten, Philologen, Historiker, Mathematiker u. s. w. in sich faßt, näm⸗ lich 118 (darunter 8 Ausländer), ein Verhältniß, welches nu⸗ merisch in Bezug auf die Studierenden der drei anderen Fa⸗ kultäten alle norddeutsche Universitäten überragt. Die drei an— deren Fakultäten stehen sich in der Zahl der Studierenden fast ganz gleich, da die theologische 75, die juristische 71 und die medi⸗ zinische 77 zählt. Außerdem befinden sich noch auf der Universität unter der Leitung des Direktors des chirurgischen Studiums 18 nicht immatrikulirte Chirurgen. Die Zahl der ordentlichen Professoren hat sich in diesem Semester um drei vermehrt bis auf 31, von denen 5 in der theologischen, je 6 in der juristischen und medizinischen, und 14 in der philosophischen Fakultät lehren. Die Zahl der außer⸗ ordentlichen Professoren ist um 2 bis auf 9 gewachsen, in⸗ dem drei neue hinzugetreten, einer dagegen durch seine Beförderung zum ordentlichen Professor ausgeschieden ist. Die theologische und ju⸗ ristische Fakultät hat jetzt keinen außerordentlichen Professor, die me⸗ dizinische 3 und die philosophische 6. Von den 13 Privatdozenten lehren zwei in der theologischen und 11 in der philosophischen Fakultät.

Ausland. Deutsche Bundesstaaten.

Baden. Offenburg, 27. Dez. (F. J.) Die fünf in dem Kohlenbergwerke Hakenbach zurückgebliebenen Arbeiter, die bei der Entzündung am 20sten d. M. verunglückten, sind noch immer nicht aufgefunden; doch läßt sich jetzt nicht mehr zweifeln, daß man nur noch Leichname ans Tageslicht bringen wird. Eine amtliche Unter suchung über den ganzen unglücklichen Vorfall ist eingeleitet.

Mecklenburg-Schwerin. Schwerin, 30. Dez. Das heute ausgegebene ffizielle Wochenblatt enthält folgenden Er— laß des Großherzogs:

„Wir haben bei Unserer bevorstehenden längeren Abwesenheit die Leitung der Verwaltung Unseres Landes Unseren beiden Ministern, dem Geheimen Raths- und Regierungs-Präsidenten von Lützow und dem Kammer-Präsidenten von Levetzow, in der Art übertragen, daß dieselben zwar bei wichtigen Angelegenheiten Unsere Bestimmung ein⸗ zuholen, dagegen die sonst von Uns Allerhöchstselbst zu vollziehenden Erlasse, kraft besonders ihnen ertheilter Vollmacht, gemeinschaftlich oder einzeln zu vollziehen angewiesen sind. Indem Wir diese Unsere Bestimmung zur allgemeinen Kunde bringen, bestimmen Wir ferner noch, daß die bei Unserem Kabinet einzureichenden Militair Angele⸗ genheiten durch Unseren Flügel- Adjutanten, Oberst⸗ Lieutenant von Hopffgarten, zum Vortrag gelangen sollen.“

Freie Städte. Frankfurt a. M., 28. Dez. Gestern Abend hatte in dem Lokale der St. Katharinenschule eine General versammlung des hiesigen Hauptvereins der Gustav⸗Adolf⸗ Stiftung statt. Sowohl aus hiesiger Stadt wie aus den Umgegenden fanden sich sehr zahlreiche Mitglieder des Vereins aus allen Kreisen der Ge sellschaft und von allen Meinungsschattirungen ein. Es wurde Be richt ertheilt über die Wirksamkeit und den Bestand des Vereins in diesem Jahr, und nach einer Berathung über die Statuten die von denselben vorgeschriebene theilweise Erneuerung des Vorstandes vor genommen. Die Gesuche um Unterstützung, welche von Seiten ver— schiedener hülfsbedürftiger protestantischer, Gemeinden zur Vorlage kamen, gaben neuen Beleg von der Nützlichkeit und Nothwendigkeit der gemeinschaftlichen Bestrebungen, welche dem evangelischen Ver⸗ eine zu Grunde liegen. Es sprach sich auch in dieser Versammlung wieder die allgemeinste und lebendigste Theilnahme an den Interessen und Zwecken der Gustav⸗-Adolf-Stiftung aus.

Luxemburg. K Luxemburg, 27. Dez. Das Luxemburger Journal brachte vor kurzem die Nachricht, daß die geistliche Behörde des Großherzogthums ihre Anordnungen getroffen habe, damit hinfüro ein Prediger in französischer Sprache predigen solle. Es bemerkt da⸗ bei, daß es diesen Wunsch als doppelt günstig dem Wunsche der Stadt gemäß betrachte, weil diese Maßregel die französische Sprache zu einer Nationalsprache eben so berechtige, als die deutsche, nd weil dann die Predigten von einer Masse Menschen nicht. ver⸗ lassen würden, die das Hochdeutsche nicht verstehend, dem Französischen den Vorzug geben, dessen sie sich beim täglichen Gebrauch bedienen. Was den ersten Grund betrifft, so ist diese stets sich wiederholende Be⸗ hauptung unferer Antideutschen durchaus keiner weiteren Beachtung mehr werth, nachdem so vielfach und gründlich nachgewiesen, wie unrichtig es sei, im Großherzogthum Luxemburg von der französischen Sprache als

Rubens und Rembrandt spricht, wohl den Franzesko (das Buch ist in der Form eines, an dandlung freilich sehr armen, und überwiegend mit

Kunstbelrachtungen ausgefüllten Nomans geschrieben) derlei scharfe Urtheile

als Gegensatz über den „Huß“ kann fällen lassen. Das Talent Lessings

wird völlig anerkannt, und wird gewünscht und gehofft, daß er, der Reprä=—

sentant der düsseldorfer Schule, einsehen werde, was eigentlich die ächte

Historie verlangt, an Großartigkeit der Auffassung und Würde der Behand=

lung. Das Uitheil, welches über die düsseldorfer Schule im Allgemeinen

gefallt wird, ist zu bedeutsam, als daß wir demselben hier nicht, in seinen

wesentlichsten Punkten, einen Auszug gönnen sollten. Es lautet:

„Bei dem Standpunkte der Kunst vor zwanzig Jahren mußten die Lei⸗ stungen der Düsseldorfer in hohem Grade überraschen; denn es offenbarte sich nach langem Schlummer wieder etwas Bestimmtes, Thatsächliches, wäh⸗ rend vorher fast nur leere Phantasiebilder das Interesse nicht zu fesseln ver⸗ mochten. Der tiefere Kenner prophezeite sich aus den ersten Erscheinungen dieser Schule eine ersprießliche Zukunft, und das Publitum ward entzückt durch eine verständlichere Realität. So wurden binnen kurzer Zeit die Leistungen der anderweitigen Künstler, welche sich meist selbst überlassen warten, zu , gemacht, und mit betrübtem Herzen ließen sie ihren vorgngeeilten Kunstgenossen Gerechtigkeit wiederfahren, und es blieb ihnen vorläufig weiter nichtz, als ein heißer erbaulicher Vorsatz, der aus den düsseldorfer Resultaten seins Nahrung sog.

Ss, wie nun jeder Vortheil, seinen Nachtheil mit sich führt, wenn diesem nicht weise vorgebeugt wird, so fah man später, daß gerade die Schule, welche die Kunst in so kurzer Zeit in die Höhe gebracht hatte, auch ihr hemmendes Hindemniß warb. Der errungene, überaks göäckliche Erfolg im Publikum verursachte die häufigen, wenlg modisizirten Wiederholungen, und so machten sich die schlimmen Folgen immer mehr und mehr bemerk⸗ bar, die in der Regel ins Leben kreten, wenn man die Kunst nicht um ihrer selbst willen betreibt. Eine so beschränkte Abgeschlossenheit sich in psychologischer Hinsicht allmälig offenbarte, eben so abgeschlossen erwies sich bald jene blendende Technik, die einem geübten Auge bald unangenehm werden mußte. Dieser verführerische Schein, welcher beim Publikum so oft das wahrhaft Bessere aus dem Felde schlägt, wurzelt in einer Oberfläch= keit, die weit entfernt ist, das zu würdigen und zu erkennen, wodurch die Alten die Märtyrer der , . geworden sind. Glauben die Herren etwa, daß die Alten nicht eben so schönfarbig malen könnten? Warum haben sie wohl auf diesen äußeren Prunk Verzicht geleistei? Man hat in Düffeldorf die heilige Natur in jeder Hinsicht mit wenigen Regeln abzu—

finden gesucht, und hat ihre so ersolgreiche Reagirung . durch

unweise Correctionen, in der Absicht, es sogenannt schön zu machen. In diesem sogenannten Schönen ist man nun leider größtentheils erstarrt durch die Macht der Gewohnheit, und gerade bei den Besseren dieser Künstler sst Besserung daher eine Unmöglichkeit geworden, weil nichts nach unmittel⸗ barer Wirkung der Natur geschleht, sondern diese Wirkung, welche nur reich⸗ haltig in ihren Folgen ist, wenn ihr die Unmittelbarkeit mit weiser Ein- sicht eingeräumt wird, stets beeinträchtigt wird, durch ein eben so unrich⸗ liges, als oberflächliches Wollen. Das richtige Wollen, welches den widerspenstigsten Stoff bändigt und beherrscht, dem jedes starre Mittel sich huldigend cr gn, von diesem Wollen, das den geistigen Inhalt eines Kunst— werks ausmacht, haben so Wenige einen Begriff, weil es sich nur still dem Scharfsichtigeren bemerkbar machte. Es herrscht wie eine gute Zucht, selbst manchmal ünter dem Scheine beherrscht zu werden, und kommt so nur um so eher zum Zwecke, denn in dieser Nachgiebigkeit offenbart sich wieder jene weise Einsicht, nach deren Grade sich einzig und allein der Werth eines Kunstwerks bestimmt,. . ;

„Rur sehr spärlich nehmen wir in den düsseldorfer Werken von diesem richtigen Wollen etwas wahr; eben so wenig finden wir in denselben das wichtige Naturgesetz gewürdigt und erkannt, daß die äußere Erscheinung nichts für sich Bestehendes, sondern erst Fortsetzung der inneren waltenden göttlichen Naturkraft ist, deren Acußerungen nicht, heilig genug ge alten werden können. Hier ist der Punkt, wo die Technik integrirend bescheiden und fügsam werkthätig werden muß, nur wo ihre Mittel nicht ausreichen, den Inhalt entsprechend auszudrücken da macht sich ein Zeichen des Meisters bemerkbar, das da sagt: Bis hierher und nicht weiter. Diese Erkenntniß, welche sich in solchen Werken offenbart, ist nicht selten ein Por⸗ zug mehr und macht die Manier im besseren Sinne aus, die nie um ihrer selbst willen da sein darf. H .

„Betrachten Sie sich die sogenannten Historienbilder von Düsseldorf; das Leben ist in einer trockenen, materiellen Farbe fast überall erstarrt, und die Form reicht nicht hin, das Fehlende zu ersetzen. Farbe ist nur erst Wirkung der ins Unendliche vielgestaltigen Materie, bedingt durchs Licht, nicht Urfache, wie wir dies häufig ausgedrückt sehen; sie ist das Aeußerste des Aeußersten. . ..

„Man betrachte sich einmal ein Stillleben eines alten Meisters. Ist es nicht rührend, mit anzusehen, mit welcher Bescheidenheit sich oft die 6 Weisheit in das Gewand des Unscheinbaren bürgt? Welch heilige Scheu vor den Naturgesetzen! Die Art der Behandlung solcher Gegenstände offen⸗

bart 2 den Bildungs-Prozeß. Mit dem, hin und wieder unter solchen Werken wahrgenommenen, starken Auftrag ist nichts weniger als die

Farbe selbst gemeint. Es ist so die entsprechendste Wirkung erzielt, wobei bie Materie als Materie mithelfen muß. Das plastische Drüber oder Drunter, das Feuchte, Nasse, Trockene, Dürre, Glatie, Rauhe, das Verge⸗ hen und Bestehen sieht man hier so bedeutsam ausgedrückt, wie in einem Historienbilde das Faktum, und dadurch erhebt sich das Stillleben erst zu einem wahrhaft künstlerischen Werthe. Von solchen bedeutenden äußeren Zeichen, die als Fortsetzung einer organischen Tiefe sich dem Kennerauge leicht bemerkbar machen und es belehrend fesseln, sindet man kaum in dieser Schule eine Spur, weil die Behandlung nicht Folge der fruchtbaren Reggi⸗ rung der Natur auf den Geist des darstellenden Künstlers unmittelbar, son⸗ dern sogenannt regelrecht angelehrt und angelernt ist. In der Gewohnheit, lediglich diesen Regeln zu genügen, hat sich denn jene Elastizität des schaffen⸗ den Geistes verloren, dessen zarte Schwingungen wir in wahren Meister werken so erquicklich wahrnehmen können. ... . ö

(h . erh fh e dane der Schattenseite des düsseldoꝛfer Kunstlebens nicht weiter verfolgen, da dasselbe ja auch seine im ganzen Volke anerkannten eigenthümlichen Vorzüge in reichlichem Maße besitzt Vorzüge, die jeder ünbefangene mit Freuden anerkennen muß, da sie zu⸗ gleich mächtige Stützen zur Erweckung und Belebung eines höheren sitt⸗ fichen Ringens in der Kunst sind. Den verstorbenen Landschaftsmaler Blech en chäaratterisirt der Verfaffer vortrefflich S; 237. (Den belgischen Bildern läßt er die gebührende Gerechtigkeit angedeihen. Was weiter über einige berliner Künstler gesagt wird, ist von Gewicht; nur da, wo er von Begas spricht, den er einerseits anerkannte, glauben wir, daß er eiwas zu voreilig ge⸗ urtheilt. Auch über namhafte dichterische Persönlichkeiten, 3. B. über Bet⸗ tina, lesen wir interessante Ansichten. Noch kommen einige gute Bemer⸗ kungen über Architeltur vor, im Ganzen ist dieses Kapitel sedoch als Neben= sache behandelt. Die Abhandlung über die Träume scheint uns keine will · fommen oder etwa nöthige Zugabe zu dem Buche zu sein. g

Jedenfalls werden die in dieser Novelle ausge sprochen en Grundsãätze über Malerei als selbstständige Kunst-Philosophie manchen Lesern förderlich sein, daher wir es für unsere Pflicht erachten, das Publikum . dieser . ziehung auf dieselbe aufmerlsam zu machen. Künstler, die selbst über ihre

Runst nachgedacht, werden sich freuen in der Begegnung mit dem Verfasser da 9. er ga nnn tief ist. Der als Nebensache behandelte Roman ist nur der Faden, woran alles Uebrige, was den Zweck der Schrift bildet,

sich reiht m.

einer zweiten National-Sprache zu reden. Der zweite Grund dürfte sich wohl in seiner Nacktheit von selbst herausstellen, wenn der fran⸗ zösische Prediger, der nun wirklich den 24sten dieses Monats seine Predigten begonnen und bis Ende dieser Woche täglich fortsetzen soll. so lange gehalten würde, bis alle Neugierigen befriedigt sind, worauf dann nur noch eine kleine Zahl treu bleiben möchte, welche diese Pre⸗ digten als Unterrichtsstunden in Erlernung oder Ausbildung der fran⸗ zösischen Sprache betrachten. Auffallend bleibt es immer, daß sich ein Bedürfniß fetzt, nachdem ein lebhafterer Verkehr mit Deutsch⸗ land eingetreten, bemerkbar machen soll, das seit dreißig Jahren und länger nicht fühlbar war. Das Luxemburger Journal spricht von einer Masse Menschen, die sich der französischen Sprache beim täglichen Gebrauche bedienen sollen. Diese Behauptung ist völlig grundlos und es wäre in dieser Beziehung wünschenswerth, wenn uns dieses Blatt nur zehn Menschen nennen wollte, die nur das Fran⸗ zösische verstehen und sprechen. Und unter diesen möchte es wiederum schwer fallen, deren drei herauszufinden, welche geborene Luxemburger sind. Wie kommt es auch, daß man nicht einmal unter den Geistlichen des Landes einen finden konnte, diese französischen Predigten zu halten, wenn diese Sprache eine so allgemeine Verbreitung haben soll? Un⸗ sere Antideutschen würden der Wissenschaft einen wichtigen Dienst leisten, wenn sie einmal die Gränzen für diese sogenannten beiden National-Sprachen näher bezeichnen wollten. Frankreich.

Paris, 27. Dez. Nachdem heute die Eröffnung der Kam⸗ mern stattgefunden hat (s. unten das Schreiben aus Paris), wird die Frage über die Präsidentschaft der Deputirten Nammer immer leb hafter unter den Parteien verhandelt. Herr Sauzet scheint keines⸗ weges geneigt, Herrn Dupin den Platz ohne Kampf zu räumen, denn er besucht seit einigen Tagen alle seine alten Freunde und Anhänger und bewirbt sich um deren Stimmen. Es ist sehr möglich, daß die erste Abstimmung über die Präsidentenwahl eine Probe der Stärke einer jeden Kammer-Fraction wird. In den letzten Tagen haben ver⸗ schiedene Versammlungen von Deputirten stattgefunden, um sich in jeder Nüance desinitiv zu verständigen. Die linke Seite soll bei der ersten Ab⸗ stimmung Herrn Billault als Kandidaten aufstellen wollen; sie wird sich übermorgen bei Herrn Odilon Barrot, das linke Centrum aber bei Herrn Ganneron versammeln. Einige Deputirten der Linken sollen auch die Absicht haben, Herrn von Lamartine auf die Kandidatenliste zu bringen, man verspricht jedoch dem Deputirten von Macon nicht viel Stimmen. Zwischen Herrn Billault und Herrn Thiers fanden dieser Tage einige Unterredungen statt; Ersterer war früher ein eifri⸗ ger Anhänger des Ex-Ministers vom 1. März, hat sich aber allmälig immer entschiedener zur linken Seite geneigt, und man glaubt, daß Herr Thiers sich in Folge dieses und anderer Verluste an Hülfsge⸗ nossen auch in der jetzigen Session sehr im Hintergrunde halten werde. Eine Versammlung der konservativen Deputirten, welche heut Abend im Lemardelayschen Saale stattfinden soll, um sich mit der Präsidentschafts-Frage zu beschäftigen, wird, dem Vernehmen nach, wenig zahlreich sein, weil alle diejenigen, die ihre Stimme Herrn Dupsn zu geben beabsichtigen, beschlossen haben sollen, an dieser Zu⸗ sammenkunft nicht Theil zu nehmen; letztere wird daher blos aus Anhängern des Herrn Sauzet bestehen.

Im Minister Rath soll die Rede davon gewesen sein, die Ge⸗ schäftsführer aller legitimistischen Blätter vor die Pairs⸗Kammer zu stellen, weil in sämmtlichen Zeitungen dieser Partei seit einem Monat wiederholentlich Stellen vorgekommen, welche höheren Orts dazu an⸗ gethan schienen, eine Berufung an die Ausnahme⸗Gerichtsbarkeit der Pafrie zu rechtfertigen. Indeß heißt es, daß dieser Plan, nachdem man in mehreren Versammlungen des Minister-Raths lebhaft darüber debattirt hatte, jetzt definitiv aufgegeben sei, weil dagegen eingewen⸗ det wurde, daß, wenn auch die Pairskammer die Suspension der be⸗ stehenden legitimischen Blätter ausspräche, sogleich andere Zeitungen von gleicher Farbe würden begründet werden, und daß der Einfluß, ja selbst die Popularität der legitimischen Partei, nur wachsen könnte.

Es heißt, der Papst habe sich auf die Vorstellungen der fran⸗ zösischen Regierung nunmehr entschlossen, indirekt in dem Streit zwischen dem Klerus und der Universität von Frankreich zu interveniren. Der Erzbischof von Laodicea, Mgr., Murad, soll den Lluftrag erhalten haben, die angesehnsten französischen Bischöfe zu besuchen und den Willen des Papstes zu ihrer Kenntniß zu bringen. Indeß soll diesem Abgesandten, der in den nächsten Tagen in Paris erwartet wird, bei diesen Schritten die größte Vorsicht, anempfohlen worden sein, um nicht zu Widersetzlichkelt gegen die päpstlichen Befehle, die von jesui⸗ tischer Seite wenigstens nichts Ungewöhnliches wäre, Anlaß zu geben.

m Paris, 27. Dez. Mit Tagesanbruch erschallten heute die Trommeln der Rational-Garde in den verschiedenen Stadtvierteln. Von jeder der zwölf Legionen der National⸗Garde von Paris war ein Bataillon beordert, um das Spalier von den Tuilerieen bis zur Deputirten⸗-Kammer zu bilden. Die ganze gte Legion war vor dem Haupt-Eingange und im Hofe des Palais Bourbon aufgestellt. Um [1 Uhr begannen die Truppen und die National-Garde aufzumar— schiren; die ersten bildeten links, die zweite rechts das Spalier. Bis dahin hatte die Polizei die nöthigen Vorsichts-Maßregeln getroffen um jede Möglichkeit eines Attentats zu vereiteln. Der Polizei Prä⸗ fekt besichtigte in eigener Person das Gebäude der Deputirten⸗ Kammer, sowohl im Innern, als äußerlich. Ein Detaschement von Stadt— Sergeauten wurden auf dem Dache des Palais Bourbon nach allen Richtungen des Gebäudes aufgestellt. Die Communication über die beiden Brücken, der Deputirten-Kammer und den Pont royal, so wie die Schifffahrt auf der Seine, in der Ausdehnung zwischen beiden Brücken, blieb von 10 Uhr Morgens an untersagt. Alle Häuser, welche dem Palast der Deputirten⸗Kammer gegenüber liegen, wurden vom Polizei⸗-Commissair des Stadtviertels durchsucht, und jedes er— hielt zwei Stadt- Sergeanten zur Bewachung. Nachdem das Mili— lair-Spalier gebildet worden war, zogen die Munizipal-Gardisten zu Fuß und zu Pferde einen zweiten äußersten Kordon, um die Bevölke—⸗ rung auf anderthalb Schußweiten von der Richtung des Königlichen Zuges entfernt zu halten. ö. 7

Für die heutige feierliche Sitzung der Kammer erhielten die De— pntirten zusammen nur 200 Billets durch das Loos. Alle übrigen Eintritts Karten werden dem Hofe, den Ministern und der Poltzei überlassen, damit unter das Publikum keine gefährliche Person sic einschleichen könne. Um 11 Ühr wurden die öffentlichen Tribünen eröffnet und waren bald darauf mit eleganten Damen gefüllt, welche seit 9 Uhr sich vor dem eisernen Gitter der Kammer drängten. Die männlichen Zuschauer waren heute weniger zahlreich als sonst, das schöne Geschlecht nahm beinahe alle Plätze ein. Die Ausschmückung des großen Sitzungssaales der Deputirten-Kammer war die nämliche wie sonst. An der Stelle des Büreaus des Präsidenten erhob sich der Königliche Thron mit karmoisinrothem Sammet drapirt und mit Trophäen aus dreifarbigen Fahnen verziert. Rechts und links standen vergoldete Tabourets für die Söhne des Königs. Am Fuße des Thrones befanden sich treppenartig zuerst die Sitze der Minister, dann der Marschälle von Frankreich, des Staats⸗Rathes und der Akademieen. Die rechte Seite der Deputirten⸗Bänke war für die Pairs und die linke für die Deputirten vorbehalten.

Bis gegen Mittag sah man nur einzelne Deputirte im Halbkreife

ĩ

des Saales auf und ab gehen. Das Erscheinen der Herren Berryer, Odilon Barrot, Thiers und anderer Partei⸗-Häupter, machte bald die Unterredungen sehr lebhaft, so daß man sich schon in die gewohnli chen Sitzungstage versetzt glaubte, als die Königliche Tribüne

geöffnet wurde und die Königin, die Herzogin von Orleans mit dem

Grafen von Paris, die Herzogin von Nemours, die Prinzessin von Joinville, die Prinzessin Clementine und deren Gemahl hereintraten.

Der Anblick der in tiefe Trauer gehüllten Wittwe des verunglückten

Kronprinzen erfüllte die ganze Versammlung mit Ehrfurcht und Ach tung, alle Anwesenden erhoben sich ehrerbietig von ihren Sitzen und beobachteten feierliches Stillschweigen, bis um 1 Uhr 21 Kanonen⸗ schüsse verkündeten, daß der König die Tuilerieen verließ, um sich in die Mitte des legislativen Corps zu begeben.

Den Königlichen Zug eröffneten zwei Munizipal-Gardisten zu

Pferde, ein Piquet Dragoner zu Pferde und der Generalstab der

D

ersten Militair⸗-Division. Eine Escadron Dragoner und zwei Esca⸗ drons National-Gardisten zu Pferde, mit Musik und Standarten, rit⸗

ten vor dem Königlichen Wagen, worin Ludwig Philipp, der Herzog

von Nemours, der Prinz von Joinville und der Herzog von Mont⸗ pensier saßen.

linken der Polizei⸗Präfekt des Seine⸗Departements. Die General⸗ Adjutanten und Ordonnanz-Offiziere des Königs und der Prinzen

umgaben zu Pferde den Wagen des Königs, welcher nur mit zwei Pferden

bespannt war. In den acht folgenden Hofkutschen saßen die Minister und die Haus-Beamten des Königs und der Prinzen. Eine

Escadron Husaren, ebenfalls mit Musik und Standarte, schloß den

Zug, der sich im Schritte fortbewegte und um 1 Uhr 10 Minuten im Hofe des Palais Bourbon anlangte, wo der König von den großen Deputationen der Pairs⸗-Kammer, den Baron Pasquier an der Spitze, und der Deputirten⸗-Kammer, Herrn Laffitte an der Spitze, empfangen und in das Ausruhe-Zimmer geleitet wurde, wo Se. Majestät mit den Pairs und Deputirten einige Minuten sich unterhielt. Schlag 1 Uhr verkündete ein Staatsbote die Ankunft Sr. Majestät mit dem Rufe: „Der König!“

Gleich darauf erschien Ludwig Philipp in der Uniform der Na⸗ tional-Garde, blauem Rock und weißen Beinkleidern, und stieg die Stufen des Thrones hinauf, nicht ohne große Anstrengung, die man sonst nicht an dem Könige wahrzunehmen pflegte. Ludwig Philipp ist seit einem Jahre merklich älter geworden, sein Bart ist grau, und während er sonst sich gerade hielt, geht er jetzt etwas gebeugt. Als er auf der Estrade des Thrones sich befand, ertönte der mehr⸗ malige Ruf: „Es lebe der König!“ worauf Ludwig Philipp, die rechte Hand aufs Herz haltend, die Versammlung dreimal begrüßte. Er bedeckte sein Haupt und setzte sich auf den Thron, die Herzoge von Nemours und von Montpensier zu seiner Rechten, der Prinz von Joinville, als Contre-Admiral gekleidet, zu seiner Linken. Der Mi— nister der Justiz übergab ihm sodann das Manuskript der Thron⸗ Rede, welche Ludwig Philipp mit stark betonter und abgemessener Stimme ablas. Die Rede lautet, wie folgt: ;

„Meine Herren Pairs! Meine Herren Deputirten!

„Die glückliche Eintracht der Staatsgewalten und die loyale Mitwirkung, welche Sie Meiner Regierung zu Theil werden ließen, haben ihre Früchte getragen. Im Schoße der ohne Anstrengung auf⸗ recht erhaltenen Ordnung und unter der Herrschaft der Gesetze ent⸗ wickelt Frankreich mit Vertrauen seine ergiebige Thätigkeit. Die Lage aller Bürgerklassen bessert und hebt sich. Die Wirkungen dieses Ge⸗ deihens erlauben uns, in den Finanzgesetzen, die Ihnen unverzüglich werden vorgelegt werden, ein mit Recht gewünschtes Gleichgewicht zwischen den Ausgaben und Einnahmen des Staats wieder herzu⸗ stellen. .

„Wir können uns mit Sicherheit dieser Güter des Friedens erfreuen, denn er war niemals gesicherter. Meine Beziehungen zu allen Mächten sind friedlich und freundschaftlich. ;

„Wichtige Ereignisse sind in Spanien und Griechenland einge⸗

treten. Die Königin Isabella II., so jung zur Bürde der Herrschaft berufen, ist in diesem Augenblick der Gegenstand Meiner ganzen Sorgfalt und Meines freundschaftlichsten Interesses. Ich hoffe, daß der Ausgang dieser Ereignisse beiden, Frankreich befreundeten Nationen günstig sein, und daß, in Griechenland, wie in Spanien, durch die wechselseitige Achtung der Rechte des Thrones und der öffentlichen Freiheiten die Monarchie sich befestigen wird. Die aufrichtige Freund⸗ schaft, welche Mich mit der Königin von Großbritanien verbindet, und das herzliche Einvernehmen, welches zwischen Meiner Regierung und der ihrigen besteht, bekräftigen Mich in dieser Zuversicht. ) ; „Ich habe mit dem König von Sardinien und den Republiken Ecuador und Venezuela Handels⸗-Verträge abgeschlossen, und Ich setze mit anderen Staaten in den verschiedenen Welttheilen Unterhandlun= gen fort, welche, indem sie der National-Arbeit die ihr gebührende Sicherheit erhalten, ihrer einsichtsvollen Thätigkeit neue Bahnen er— öffnen werden. .

„Ich habe die Genugthuung, durch die Vermählung Meines Sohnes, des Prinzen von Joinville, mit der Prinzessin Franziska, Schwester des Kaisers von Brasilien und der Königin von Portugal, den Kreis Meiner Familie vergrößert zu sehen. Diese Verbindung, indem sie das Glück Meines Sohnes sichert, vermehrt die Tröstungen, die Gott Mir aufbewahrt hat.

„Unsere Herrschaft in Algier wird bald allgemein und ruhig sein. Unter der Leitung erprobter Chefs, unter denen ich stolz bin, einen meiner Söhne zu zählen, vereinigen unsere tapferen Soldaten mit einer bewundernswerthen Ausdauer die Mühen des Krieges und die Arbeiten des Friedens.

„Die zur Ausführung des allgemeinen Eisenbahnsystems und für verschiedene Unternehmungen von nationalem Nutzen nöthigen Maß regeln werden Ihnen zur Berathung vorgelegt werden. Ein Gesetz⸗ Entwurf über den Secundair-Unterricht wird dem Wunsche der Charte in Betreff der Unterrichts Freiheit genügen, indem er das Anfehen und die Einwirkung des Staats, in Bezug auf die öffentliche Er⸗ ziehung, beibehält.

Mit tiefer Dankbarkeit gegen die Vorsehung betrachte Ich, meine Herren, diesen Zustand eines ehrenwerthen Friedens und wachsenden Gedeihens, dessen unser Vaterland sich erfreut. Stets geleitet durch unsere Hingebung und unsere Treue für Frankreich, haben wir, Ich und die Meinigen, nie einen anderen Ehrgeiz gehabt, als den, ihm zu dienen. Die Zuversicht, diese Pflicht zu erfüllen, ist es, welche in den Prüfungen Meines Lebens Mir Kraft verliehen hat, und welche bis zum Ende Meines Lebens Meinen Trost und Meine festeste Stütze bilden wird.“

Bei dem letzten Paragraphen, der durchgehends aus der Feder des Königs geflossen sein soll, wurde die Stimme Ludwig Philipp's immer bewegter, und die letzten Worte der Rede verhallten unter dem Ruf: „Es lebe der König!“

. Der Minister der Justiz nahm dann den neuerwählten Deputirten . vorgeschriebenen Eid ab und erklärte die Session für eröffnet, 63 2 der König sich vom Throne erhob, das Haupt entblößte und . en nn dreimal begrüßte, die mit Vivatrufen ihm antwor⸗ ,, önigliche Zug kehrte in der nämlichen Ordnung, wie er dense ben ter nach den Tuilerieen zurück, mit dem Unterschiede, daß

le Equipagen der Königin, der Herzogin von Orleans und

pensie t Am rechten Wagenschlag ritt General Jacqueminot in seiner Eigenschaft als Ober⸗Befehlshaber der National-Garde, am

er Prinzessinnen sich jetzt demselben anschlossen. Der Wagen der Herzogin von Orleans und die drei Wagen ihres Hofstaates trugen die Trauer-Livrée, da die erlauchte Wittwe lebenslang um ihren früh verlorenen Gatten Trauer zu tragen beschlossen haben soll.

Der Eindruck der Thronrede auf die öffentliche Meinung scheint bisher günstig zu sein, an der Börse sind die Fonds on ng gestie⸗ gen. Sie Politiker trauen jedoch der erfreulichen Schilderung nicht ganz, welche die Thronrede von dem Stande unserer Finanzen ent⸗ wirft. Sie erinnern sich, daß vor einem Jahre, bei Vorlegung des Bubjets, das gegenwärtige Kabinet das Defizit um die Hälfte nie⸗ driger ansetzte, als Herr Bignon, der Berichterstatter der Budgets⸗ Kommission, dasselbe zuletzt, ermittelte. Es handelt sich nämlich um das Budget von 1845, worin die außerordentlichen und Supplementar-Geldbewilligungen noch nicht einbegriffen sein können. Man kennt immer ungefähr die Einnahmen, aber nicht die Ausgaben eines Verwaltungs⸗Jahres, weil letztere von außerordentlichen unvor⸗ hergesehenen Umständen sehr viel abhängen. So z. B. für 1813 sind die Einnahmen annähernd so ausgefallen, wie das Budjet sie berech⸗ net hatte, die Ausgaben hingegen um 50 bis 60 Millionen höher, als der Finanz- Minister es erwarten ließ. Die Regierung pflegt seit einigen Jahren, um den Sparsamkeitssinn der Kammer zu umgehen, die Staats⸗Ausgaben im Budjet möglichst niedrig anzusetzen, und läßt sich nachträglich in der Zwischenzeit von einer Session zur anderen eine Menge außerordentlicher Kredite durch Königl. Verordnung be⸗ willigen. Ist einmal das Geld ausgegeben, so kann die Kammer nicht anders, als die Ausgaben genehmigen. Darum muß der erste Paragraph der heutigen Thronrede mit steter Rücksicht auf dergleichen ümstände ausgelegt werden. Der erste Paragraph der Thronrede ist im Grundè nur eine gut berechnete Taktik des Kabinets, um die Diskussion der Adresse glücklich zu überstehen, denn bis zum Votum der Adresse kann über die wahre Lage unserer Finanzen von der Budget-Kommission kein gegründetes Urtheil gefällt werden. Die Meinung bleibt daher immer zu Gunsten des Kabinets, bis das Ge⸗ gentheil erwiesen ist.

Paris, 27. Dezbr. Der König hat heute bei Eröffnung der Kammer einen sehr herzlichen Empfang, sowohl auf dem ganzen Wege hin und zurück von Seiten der Nationalgarde und der Linie. so wie in der Kammer selbst von Seiten aller Anwesenden gefunden, Der Ruf: es lebe der König! empfing ihn überall, und als er auf dem Throne Platz genommen hatte, hielt er mit einer für seine vor⸗ gerückten Jahre wirklich bemerkenswerthen Festigkeit der Stimme und Haltung die Thronrede, welche offenbar guten Eindruck hervorbrachte. Die Zuͤsage, daß im künftigen Budget die Ausgaben und Einnahmen einander gleichgestellt werden sollen, gab zuerst Anlaß zu einer bei⸗ fälligen Manifestation in der Kammer, die noch lebhafter und be⸗ geisterter wurde, als der König des freundlichen Verhältnisses zu England erwähnte. Die ausdrückliche Zusicherung, daß bei dem vorzulegenden Gesetze über den Secundair⸗-Unterricht die Oberaufsicht des Staats über die Leitung des Erziehungwesens gewahrt bleiben werde, mußte alle vernünftige Erwartungen befriedigen. Wie Sie sehen, erweist sich mein Zweifel, daß in der Thronrede auf das Be⸗ nehmen der legitimistischen Deputirten zu London angespielt sein werde, als gegründet. Dagegen darf man die ausgesprochene Erwartung der Befestigung der Monarchie in Griechenland un⸗ zweifelhaft, insofern davon ausdrücklich Erwähnung geschah als einen neuen Beweis des vollständigen Gelingens der Misston des Fürsten von Oettingen⸗Wallerstein ansehen. Möchten auch die für Spanien und die Befestigung seines constitutionellen Thrones geäußerten Hoffnungen in Erfüllung gehen, wiewohl dort der politische Horizont, trotz aller Versicherungen vom Gegentheile, noch sehr von Gewitterwolken um⸗ zogen ist. Allgemein hat man die Rüstigkeit des Königs bewundert, dessen letzte Worte in seiner Rede ein Ausdruck edlen Selbstgefühls sind. Drei seiner Söhne, die Herzoge von Nemours und Montpensier, so wie der, Prinz von Joinville, waren ihm während des feierlichen Akts zur Seite gestanden. Der Graf von Paris befand sich in der Tri⸗ büne der Königin und der Königlichen Prinzessinnen, unter welchen man auch die erlauchte Mutter des Grafen von Paris, Ihre Königl. Hoheit die Herzogin von Orleans, in tiefster Trauerkleidung erblickte. Die Königin und die Prinzessinnen, welche etwa 19 Minuten vor dem König selbst eingetroffen waren, wurden gleichfalls mit lebhaftestem Zuruf empfangen. .

Srossbritanien und Irland.

London, 27. Dez. Der Herzog von Bordeaux ist gestern wieder in London eingetroffen. Ueber die Zeit seiner Abreise nach dem Kontinente verlautet nichts Bestimmtes. e

Die spanischen Finanz⸗-Agenten haben gestern die erwartete An⸗ zeige wegen Auszahlung der Dividenden der 3proc. Fonds am 1. Fe⸗ bruar publizirt. Wie es heißt, erhält die Bank von San Fernando Rothschild und O'Shea u. Comp., welche zusammen die nöthigen Summen gegen Wechsel auf den Schatz in Havanna (30 Tage nach Sicht) lieferten, eine Provision von nicht weniger als 18 pCt.

Durch den Tod seiner Mutter, der Wittwe des Generals Bulwer ist der bekannte Schriftsteller, Sir E. L. Bulwer, in den Besitz des bedeutenden Gutes Knebwath in Hertfordshire gelaugt, welches der Verstorbenen durch Erbschaft persönlich zugefallen war.

2,

S8 Madrid, 20. Dez. Das Eco del Comercio enthielt gestern einen gegen die Königin Marie Christine gerichteten Artikel der selbst die erbittertsten Feinde dieser Fürstin mit Unwillen erfüllen mußte. Um so erfreulicher ist eine Erklärung, welche der Infant Don Francisco und dessen Gemahlin durch ihren Secretair heute im Heraldo veröffentlichen lassen. Sie geben darin zu erkennen, daß sie nie, weder mit dem Eco, noch mit irgend einem anderen Journal etwas zu thun hatten, „daß sie ihre Pflichten als nahe Verwandt und treue Unterthanen der Königin Isabella II. zu wohl kennen, um nicht die Königin Christine als geliebte Schwester, als Wittwe des verstorbenen Monarchen Ferdinand's Vll, und als Mutter ihrer ge⸗ genwärtigen Königin zu achten, und daß sie nicht schweigen können wenn sie so schändlicherweise in einem Journal angegriffen wird daß leider in den Augen einiger Personen, wenn auch nichk für das des Infanten, doch für das seiner Partei und seiner Familie gilt. Wenn Ihre Hoheiten (sagt der Secretair) bis jetzt nicht für gut befunden haben, auf dergleichen Gerüchte irgend eine Antwort zu ertheilen, oder diese Erklärung gegen die Anschuldigungen, die man auf Veran⸗ lassung verschiedener Artikel des Ecd gegen sie richtete, abzugeben so geschah es nur, weil sie keine schickliche Gelegenheit fanden, um ihnen zu widersprechen. Da sie aber auf die in Bezug genommene Schändlichkeit stießen, so haben sie mir befohlen, es sogleich zu thun weil ihr Ehrgefühl und Anstand ihnen nicht zu schweigen erlauben, wenn man sie in der würdigen Person Ihrer Majestät der Königin Mutter, ihrer sehr theueren und geliebten Schwester gröblich belei= digt.“ Unendlichen Verdruß hätte sich der Infant ersparen können, wenn er für gut befunden hätte, dieselben Gesinnungen bei früheren; Gelegenhellen zur allgemeinen Kenntniß zu bringen. Jetzt muß man! abwarten, was das Eco auf diese Erklärung erwiedern wird. Dle— Ankunft des Prinzen Carini, der jetzt das neapolitanische Wappenschilde an seiner Wohnung ausgehängt hat, soll die Aufmerksamkejt wer