1844 / 26 p. 3 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Frankreich.

utirten⸗Kammer. Sitzung vom 19. Januar.

Die setzte heute die Diskussion der einzelnen Paragraphen

der Abresse fort. Gegen den zweiten Paragraphen, der von dem

Gleichgewicht zwischen den Ausgaben und Einnahmen spricht, erklärte

sich Herr von Bricqueville, indem er behauptete, dieses angeb⸗

liche Gleichgewicht sei eine bloße Täuschung, eine Erfindung der Mi⸗

nister. Er bedauerte, daß die Verantwortlichkeit des Kabinets nur in Worten vorhanden, und daß von den Bürgschaften für die Freiheit, welche die vor funfzig Jahren vollbrachte Revolution gewährt habe, jeßt leine mehr ju finden sei. Ich begreife die Bedenken nicht“, so schloß er, „welche aus dem Adreß⸗ Entwurf das Wort National⸗ Souverainetät entfernt haben. Soll dies vielleicht ein Vorbehalt zu Gunsten der Eventualitäten des göttlichen Rechts sein? Ich stimme egen den Adreß⸗ Entwurf ö pflichte jedoch den Amendements

ei, welche die Gefälligkeit der Minister zugelassen hat oder

noch zulassen möchte.“ (Gelächter. ) Hierauf wurde der zweite und unmittelbar danach auch ohne Diskussion der dritte von den friedlichen Beziehungen zu allen fremden Mächten und von der polnischen Nationalität handelnde Paragraph angenommen. Gegen den vierten Paragraphen, der sich auf Spanien, Griechenland und

England bezieht, erhoben sich vier Opposttions⸗-Mitglieder, die Herren v. Lasteyrie, Garnier, Pagäs, Ducos und Billault, die sämmtlich sehr entschieden gegen eine innige Verbindung mit England sich erklärten, welchem sie die geheime Absicht zuschrieben, die Allianz zwischen den beiden Nationen nur zu eigenem Vortheil auszubenten. Herr Jules de Lasteyrie glaubte über das Interesse, welches die französische Regierung für die junge Königin von Spanien zeige, sich beklagen und im Namen Spaniens hierüber eine Empfindlichkeit ausdrücken zu müssen. In den Augen des Redners wären die Nachbarschaft Frank⸗ reichs und Spaniens und die verwandtschaftlichen Bande zwischen den Königshäusern beider Länder eben 6 viel Ursachen zu Mißtrauen.

„Ich betrachte“, sagte Herr von Lasteyrie, „die in Bezug auf Spanien in der Thronrede und Adresse gebrauchten Ausdrücke als höchst beleidigend für Spanien. Was würden Sie dazu sagen, wenn die Königin von Eng⸗ land in ihrer Thronrede erklärte, sie betrachte unsere Angelegenheiten mit innigem Interesse und Antheil, und was ihr vor Allem Hoffnungen für . Zukunft einflöße, das sei das herzliche Vernehmen, welches zwi⸗ chen ihr und einer anderen fremden Macht bestehe? Wie würden Sie dies aufnehmen? Gewiß, meine Herren, eine solche Sprache würde Ihnen nicht ganz so achtungsvoll erscheinen, wie Sie es von der an Frankreich zu rich lenden Sprache verlangen zu dürfen berechtigt wären. Und soll, was Frank⸗ reich verletzen würde, 8 6 nicht verletzen? Spanien, wissen Sie, ist eines der empfindlichsten Länder in Bezug auf seine Nationalität; ein über- triebenes Gefühl des Nationalstolzes hat es stets charakterisirt, und dies Gefühl ist durch die Leiden und Unglücksfälle der letzten Zeit noch gestie= gen. Es ist also unbestreitbar, daß eine Regierung in ihren Verhälinissen zu Spanien keinen größeren Fehler begehen kann, als seinen Stolz zu ver wunden. Dieser Fehler allein reicht hin, den größten Theil der Schwierig- keiten zu erklären, welchen wir dort begegnet sind und noch fortwährend begegnen. Ich weiß zwar ö. wohl, daß Spanien von dem französischen Kabinet wenig ug rchten hat, und daß dieses mehr gesprochen als gehandelt in Bezug auf jenes Land, aber schon daß man auf dieser Tribüne so oft von einer in Spanien existirenden französischen Partei n schon das ge⸗ nügt, bei den Spaniern Mißfallen zu erregen. Freilich war dieser Aus- druck, den der Minister der auswärtigen Angelegenheiten vier bis fünf Mal auf dieser Tribüne wiederholte, in dem Munde des Ministers ein gewiß ganz n denn er gebrauchte ihn bald von den Moderados in Navarra,

bald von den Verbannten Cataloniens, er sagte auch, daß diese Partei be—= sonders in Saragossa und Madrid Anhang gewinne, den beiden Städten, welche es am längsten mit dem Ex-Regenten Espartero hielten.“

. Der Redner kam dann auf die Ernennung des Herrn von Sal⸗ vandy zum Botschafter in Madrid und f dessen nachherige Zurück⸗ berufung zu sprechen und erklärte, das Ministerium habe sich dabei zwar gestellt, als ob es zum Angriff blase, in der That aber den Rückzug eingeschlagen. Auch auf den Zustand des Handels zwischen beiden Ländern wies er hin und behauptete, daß die Ausfuhr nach Spanien, welche im Jahre 1840 sich auf 104 Millionen belief, 1841 auf 109 Millionen gesunken sei und jetzt nur 70 Millionen betrage. Dann fuhr er folgendermaßen fort:

„So viel ich es zu beurtheilen vermag, liegt der französischen Regie rung weniger daran, ihren Einfluß in Spanien zu sichern, als die Allianz mit England zu kultiviren, welches der Angelpunkt ihrer Politik ist. Ich glaube aber, daß das herzliche Vernehmen, von dem man so viel gesprochen, gar nicht vorhanden ist, und daß eine solche sentimentale Politik den Inter⸗= essen Frankreichs nur nachtheilig sein kann. Bestand eiwa das herzliche Vernehmen, als England von Spanien den Zoll⸗Tarif erlangte, der Frank⸗ reichs Erzeugnisse aus Spanien ausschloß? Bestand es, als Barcelona bombardirt und der Name Frankreichs von den Engländern beschimpft wurde? In der Zusammenkunst zu Eu will man ein Unterpfand der Freund- schaft erblicken, aber die Kammer wird sich erinnern, daß England zwei Mo⸗ nate vor Unterzeichnung des Traktats vom 15. Juli auch einen mindest eben so starken Beweis freundlicher Gesinnung gegeben hatte, indem es die Entfernung der Asche Napoleon's von St. Heleng ge- stattete. Und doch war dieser Freundschafts Beweis kein Hinderniß für die , . Ereignisse, denn es ist nun einmal so, und weder Whigs noch Tories können von der seit Jahrhunderten bestehenden Politif ab- lassen. Wenn England irgend ein Jiel vor Augen hat, und gewöhn⸗

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lich ist dies Ziel irgend ein Handels-Vertrag, dann bequemt es seine een jeder Lage an; so hat es sich gleichzeitig und unter ähnlichen Um— änden als Moderado in Portugal und als Eraltado in Spanien gezeigt. Es ist jetzt von einem Handels-Vertrag mit Spanien die Rede; da aber 2 diesen Schritt gutgeheißen hat, so warne ich Sie, auf Ihrer Hut zu sein, denn sicherlich wird Frankreich dabei verlieren, England gewinnen. Ich halte es auch für unklug, daß in der Adresse auf die Familienbande zwischen Spanien und Frankreich angespielt worden; das heißt, meiner An- sicht nach, England eine Waffe in die Hand geben, um Spanien gegen Frankreich aufzüregen. Der Minister der auswärtigen Angelegenheiten 61 im vorigen Jahre selbst auf dieser Tribüne gesagt;: Es wäre leichtsinnig, wenn man in der Politik den moralischen Eindruck hintansetzen wolle, der am meisten bei der Regierung der Menschen in Betracht komme.“

Hierauf nahm Herr Garnier Pages das Wort; er habe kürzlich eine Reise nach Spanien gemacht und glaubte es der Kam⸗ mer schuldig zu sein, ihr seine Reife⸗ Eindrücke mitzutheilen. Um ein Land ordentlich zu kennen, sagte er, müsse man seine Sitten, Insti⸗ tutionen und Gesetze studiren, und so ging er denn in geschichtliche und staatswirthschaftliche Auseinandersetzungen über Spanien ein. Zuerst sprach er von der finanziellen Lage dieses Landes; er behaup⸗ tete, wenn in Spanien auch die Regierung arm sei, so seien es doch die Individuen nicht; die Provinzen erhöben die Abgaben, schickten aber kaum etwas davon nach Madrid; auf den Fueros habe die Hauptstärke Spaniens beruht; die Centralisations⸗Politik habe diesem Lande große Nachtheile zugefügt. Der Redner ist der Meinung, daß die Politik, welche die Vermählung eines französischen Prinzen mit der Königin von Spanien bezwecken würde, eine sehr schlechte Poli⸗ tik wäre; denn entweder werde der Prinz bie französischen Interessen begünstigen und dann die nationalen Parteien gegen sich haben, oder aber er werde spanisch gesinnt sein und dann vielleicht zuletzt, wie der Enkel Ludwig's XIV., je nach den Umständen dazu, kommen, Frankreich den Krieg zu erklären. Nachdem er dann noch einige Be⸗ trachtungen über den ungebührlichen Einfluß, welchen England in Spanien ausübe, angestellt hatte, schloß er mit der Erklärung, daß er gegen den Paragraphen stimmen werde.

Herr Ducos sprach ebenfalls über die spanischen Angelegen⸗ heiten, und dann über die Verhältnisse Frankreichs zu Rußland und England Er betrachtete es als ein Glück für die Regierung, daß die ihr feindliche Regentschaft Espartero's durch ein gemä⸗ ßigteres Kabinet ersetzt worden sei; sonst würde sie von einem Hinderniß auf das andere gestoßen sein. Rußlands Stellung zu Frankreich bezeichnete er als drohend; seit das jetzige Kabinet am Ruder sei, residre der französische Botschafter beim russischen Hofe in Paris, und der russische Botschafter beim Kabinet der Tuilerieen sei nach Rußland zurückgekehrt. Mit Belgien habe das Ministe⸗ rium einen Handels⸗-Vertrag ebhenschf ß! gewünscht, aber es fürchte, seine Absichten auszuflihren. Was die Freundschaft Eng⸗ lands betreffe, so habe dasselbe sich, so lange Espartero, sein Schützling, am Ruder gewesen, von Frankreich zurückgezogen, sobald dieser aber Spanien verlassen, habe es sich Frankreich wieder genähert; aber das Zugeständniß, welches England gemacht, nämlich die Vermählung der Königin Isabella mit einem Abkömmling Phi⸗ lipp's V., sei ein rein illusorisches, denn ein solcher bourbonischer Prinz würde eine viel feindseligere Stellung gegen Frankreich einnehmen, als alle Koburge der Welt; und als Lohn für dies Zugeständniß werde England überdies zweifelsohne eine Gleichstellung in den Zöllen verlangen, was der Ruin für Frankreichs Handels⸗-Interessen sein müßte, da die englischen Waaren wegen ihrer größeren Wohlfeilheit dann in Spanien sogleich den Vorzug vor den französischen erhalten würden. Er erklärte schließlich ebenfalls, daß sein Haupt- Einwand gegen den Paragraphen der von England in Spanien ausgeübte Ein⸗ fluß sei, zu dem man sich nicht noch Glück wünschen könne.

Der letzte Redner an diesem Abend war Herr Billault, der über alle auswärtigen Verhältnisse Musterung hielt und in jeder Be⸗ ziehung mit der Politik des Ministeriums unzufrieden war und überall Englands Einfluß dominirend fand, wie er unter Anderem meinte, daß es demselben nur um Schwächung Griechenlands, nicht um Kräf— tigung seiner Regierung, zu thun sei, weil es besorge, daß Griechen⸗ land mit der Zeit eine den englischen Interessen im mittellän⸗ dischen Meere widerstrebende Sermacht werden könnte; überdies glaubte er, daß, eine enge Verbindung Frankreichs mit England in Bezug auf die Angelegenheiten Griechenlands nur eine Auf⸗ forderung für Rußland sein würde, diese Allianz zu sprengen. Als der Redner seinen Vortrag beendigt hatte, ersuchte Herr Guizot die Kammer, die Fortsetzung der Diskussion des vier⸗ ten Paragraphen auf den nächsten Abend zu vertagen, weil er die Angriffe der heutigen Redner gegen die Regierung ausführlich zu beantworten wünsche. Die Kammer willigte in diesen Antrag, und die Sitzung wurde aufgehoben.

Paris, 20. Jan. Herr Martinez de la Rosa, der neu er⸗ nannte spanische Gesandte bei dem Kabinet der Tuilerieen, ist vor⸗ gestern hier angekommen und hat gestern schon eine lange Konferenz mit der Königin Christine gehabt.

Graf Mortier, der französische Gesandte in der Schweiz, ist von

seiner Krankheit vollkommen hergestellt und wird in den nächsten Ta⸗ gen wieder nach Bern abgehen.

Herr von Bourqueney, der Frankreich als Gesandter und be⸗ vollmächtigter Minister bei der Pforte repräsentirt, soll, wie verlau⸗ tet, zum Botschafter ernannt werden.

HH Paris, 20. Jan. Herr de Carne hat zu dem 5. des Adreß⸗ Entwurfs ein Amendement vorgeschlagen, wonach zu den Wor⸗ ten in Betreff Vorlegung eines Gesetzes über den öffentlichen Unter— richt, wodurch dem Wunsche der Charte Genüge geleistet werde, bei⸗ gefügt werden soll: „und dem Rechte der Familienväter“. Auf die heutige Sitzung war man allgemein sehr gespannt, da Herr Guizot angekündet hatte, daß er heute auf die Angriffe, welche gestern die Herren von Lasteyrie, Ducos, Garnier Pages und Billault auf die auswärtige Politik des Ministeriums im Allgemeinen und namentlich in Spanien gemacht hatten, antworten und eine umfassende Darle⸗ gung des Standes der Dinge geben werde. Auch hieß es, daß Herr Thiers sich bereit halte, unmittelbar darauf Herrn Guizot zu entgeg⸗ nen. Die Zahl der Zuhörer auf den Tribünen und Gallerieen war daher heute größer als je.

Ehe ich einen gedrängten Bericht über die heutige Sitzung selbst beginne, bemerke ich nur noch, daß die Adreß-Kommission in einer ö. gehaltenen Versammlung mit Mehrheit von 8 Stimmen ge⸗ gen 2 (die der beiden Oppositionsmänner Ducos und Bethmont) den Beschluß gefaßt hat, auf Verwerfung aller zu den verschiedenen Pa⸗ ragraphen des Entwurfs der Adresse vorgeschlagenen Amendements anzutragen, wodurch man sonach das Schicksal derselben mit ziem— licher Sicherheit voraussehen kann.

Die heutige Sitzung begann um 17 Uhr. Ein Amendement des Herrn von Lasteyrie zum letzten Paragraphen wurde einge⸗ bracht. Statt der Worte: „Das öffentliche Gewissen brandmarkt strafbare Manifestationen“, sollte gesetzt werden: „Die öffentliche Vernunft hat Gerechtigkeit geübt gegen tollkühne Projekte und eitle Demonstrationen.“ Vor Beginn der eigentlichen Adreß⸗Debatte widersetzte sich Herr Victor Grandin dem Beschlusse der Kom⸗ mission wegen Prüfung der Wahl des Herrn Charles Lafsitte zu Louviers an die Stelle des zum Pair erhobenen Herrn Passy. Dieser Beschluß war für Gültigerklärung der Wahl. Herr Grandin entwarf eine umfassende Schilderung des Hergangs bei dieser Wahl, die er als das Re⸗ sultat einer Uebereinkunft der Regierung mit dem Gewählten, als Unter⸗ nehmer einer Eisenbahn, so wie mehrerer anderer Unternehmungen, unter anderen einer Zweig-Eisenbahn, auf seine eigene Kosten und Verantwortlichkeit, darstellte. Der Redner vertheidigte den abwesenden Herrn Dupont de l'Eure gegen die Anschuldigung, als habe derselbe bei der Wahl gewisse Aeußerungen gethan. Herr Charles Laffitte nahm selbst das Wort zu seiner Vertheidigung. Er erklärte die An⸗ gaben des Herrn Victor Grandin durchaus fuͤr falsch, kein ungebühr⸗ licher Einfluß habe bei seiner Wahl obgewaltet. Er war schwer, den

Redner zu vernehmen, wegen des Lärms, den die Privatgespräche in Auf allen Bänken machte sich zugleich

der Kammer verursachten. große Aufregung bemerkbar. Als Herr Victor Grandin zu ant— worten sich erhob, wurde der Lärm übermäßig, indeß hielt der Red— ner, mit Aufbietung der ganzen Kraft seiner Lungen, Stand und be— hauptete die Richtigkeit seiner Angaben. Herrn Dufaure gelingt es endlich, nachdem die Ruhe etwas hergestellt war, zum Wort zu kom⸗ men. Er erklärt, aus dem bisher Gehörten schließen zu müssen, daß die Angaben des Herrn Victor Grandin vollkommen gegründet seien, daß die Erwählung des Herrn Lafsitte das Resultat einer Uebereinkunft zwischen den Wählern eines Bezirks und den Gewählten sei, welcher die Füh⸗ rung einer Eisenbahn bis zu den Thoren von Louviers in Aussicht gestellt habe. Er spricht sich für Anstellung einer förmlichen Unter⸗ suchung dieser Wahl aus. Auch während der Rede dieses Deputirten herrschte zunehmende Aufregung in der Kammer, oft vernahm man heftiges Murren. Herr von Gasparin erklärt sich aus Grund satz gegen die Untersuchung. Herr Tupinier veriheidigt inmitten des allgemeinen Lärms die Gültigkeit der Wahl als Berichterstatter der Kommission, alle Protokolle een vollkommen in der Orbnung; auch dieser Redner kann sich kein Gehör verschaffen. Man bemerkt, daß Herr Guizot mit mehreren ihm zunächst sitzenden Deputirten in großer Aufregung spricht, die sich an ihm während der ganzen Rede des Herrn Dufaure zu erkennen gegeben hatte. Er schien mehrmals die Tribüne besteigen zu wollen, um diesem zu antworten. Herr Jan⸗ vier besteigt sie endlich, aber nachdem er eine Viertelstunde vergeblich zum Wort zu kommen gesucht, geht er auf seinen Platz zurück. Herr Charles Laffitte verlangt nun selbst die Untersuchung seiner Wahl, aber Herr Janvier beantragt die unmittelbare Nichtigkelts⸗Erklärung derselben. Herr Gustave von Beaumont ist für die Untersuchung, da der betreffende Deputirte sie selbst verlange. Der Präsident sucht durch Läuten seiner Glocke die Aufregung zu beschwichtigen und will die Frage stellen, ob die Wahl für nichkig zu erklären. Herr Du— pin will erst die Frage gestellt wissen, ob die Kammer eine Unter⸗ suchung beschließe. Aber diese beschließt wirklich unter großer Aufregung die sofortige Ungültigkeits-Erklärung der Wahl mit einer außerordentlichen Mehrheit. Die größte Sensation mußte

Wissenschaftliche Vorlesungen in der Sing ⸗Akademie.

Fr. Förster über Wallenstein.

Im letzt vergangenen Winter hielt der Geh. Rath Herr von Raumer einen Vortrag über „Wallenstein's letztes Auftreten in der Mark“, in wel⸗ chem er daz wüste und wilde Treiben der Kaiferlichen Soldateska jener Zeit, 6 die theuren Besuche, welche Wallenstein in Berlin und überhaupt in orddeutschland gemacht, schilderke. Hieran knüpfte Herr Hofrath Friedrich oörster seine Vorlesung am 20sten d., die dritte der diessährigen in der 47 lademie. Dem n. solgend, sagte er, welchen der große Dichter in sei⸗ nem welthistorischen Dramä genommen, lassen wir nuͤn auf das Lustspiel , n. solgen, auf Wallenstein's Lager:; Wallenstein's

Pr. Förster nahm den Faden der Geschichte da wieder auf, wo Herr Lon Nanmer abgebrochen hatte: bei der Entlassung Wallenstejn's vom Oberbefehl im September 1630. Von Memmingen, wo ihm dieser Beschluß des Kaisers und des Reichstages durch die Kaiserlichen Geheimen Räthe Werdenberg und Questenberg eröffnet wurde, begab sich der entlassene Feld-

1 in sein Herzogithum Frledianb. Es wurde zunächst eine statistische 2 dieles zräßen Besizhums gegeben, zu walchem bereits im Jahr . . Städie und siebenundfunfzig Herrschaften und Schlösser gehörten. . n. der sich vuich eine bedentende E. bschast von feiner 3 Ge⸗

. d. von Le. Oheim im eh großer Geldmittel befand, kaufte im

ö e, wm Kgiser, sür sieb en Millionen Gulden, lonsiszirte

5 Ke hf kotestanten, welche, da er wohlfeil eingekauft hatte * 7 . 1 rer war, bald einen Werth von mindesteng zwan⸗ 33 ale ine von 60 27 Aus viesen Besitzungen stiftete Wallen⸗ beef de , n, and 1623 ein Masorat . der Kaiser ihm

6 1 Vesttigungs · ili lnnde (gewöhnlich Masestãtsbriese genannt)

Da in nenester Zeit vielfach der Proze

ere, e, e, , e des, bed , rr ahn. graz gegenwärtig iwider den Fielus, wegen Herausgabe dez von dem Herzog von Friedland erzichteten Masorats, führt, 6 war es interessant, zu ver= nehmen, auf welche Urkunden der Kläger feine Ansprüche mit fo gutem

zu Gericht angenommen hat. Bei diesem Prozesse handelt es sich nicht, wie man gewöhnlich meint, um den Beweis von der Schuld oder Unschuld Wallenstein's, sondern um den Nachweis, daß der Fiskus jenes Majorat widerrechtlich an sich genommen hat. Dies scheint unzweifelhaft aus zwei von Ferdinand JJ. ausgestellten Majestätsbriefen hervorzugehen. In dem ersten vom 14. Januar 1623 versichert der Kaiser dem Albrecht Wenzel Eusebins von Waldstein, seinen Erben und Nachkommen, die Un verjähr— barkeit aller ertheilten Rechte, Begnadigungen und Prärogativen; in dem zweiten vom 41. Mai 1627 ertheilt der . die Zusicherung, daß unter keinen Umständen und auf keinen Fall jemals eine Eonfiscation der Güter, welche zu dem von dem Herzoge von Friedland gestisteten Majorate gehören, stattfinden solle. Hierbei hatte der Herzog mit einer fast unheimlichen Ahnung sich die Gnade ausgebeten, „daß selbst auf den Fall, daß einer oder der andere Besitzer des Herzogthums Friedland sich des Majestäts= Verbrechens theilhaftig oder beipsflichtig machen würde, ein solcher nicht, wie sonst rechtlich ausgesttzt, mit Einziehung des Herzogthums und anderer Güter, sondern am Leib und Leben bestraft, das Herzogthum und die Güter aber auf den ältesten nach ihm folgenden Herzog oder Fürsten von Friedland fallen und stammen sollen“, welche Bestimmung wörtlich in den Kaiserlichen Majestätsbrief aufgenommen wurde.

Die Erwähnung dieser Familien⸗Angelegenheit gab Veranlassung, einige Briefe der zweiten Gemahlin Wallenstein 's, einer geborenen Gräsin 6 „einer Dame von wahrhaft seltener Bescheidenhest und Reinheit des Her— zens,, wie Priorato sie nennt, an ihren Gemahl im Auszuge mitzutheslen. Es thut unserem Herzen wohl, mitten unter dem Waffenlärm des dreißig⸗ sährigen Krieges so milde Worte einer traulichen Unterhaltung zu verneh= men, wie sie . dem gefürchteten Friedland und seiner Gemahlin statt— n . hat. Da sie ihn krank weiß, schreibt sie an ihn: „Wollte Gott, ch wäre nur auf etliche Stunden bei ihm und könnte an selnem Bett auf der Erde fon ich wollte wohl fleißig bei ihm bleiben.“ Und ein andermal bedankt sie sich aufs schönste für die ihr geschickte Hasenpastete und schreibt: „Sie ist mir gar von 7 lieb, weil ich dadurch sehe, daß er mich sirb ha und meiner nicht vergißt.“

Die Rlihe in seinem Her rern rar dem Friedland nicht lange ge=

önnt; die Landung Gustav önigs zwangen den Kaiser, sich mit der dringenden Vink an den Herzog

Erfolge gründet, daß das Landgericht zu ö. seine Klage ohne Anstand

dolph's und der Siegeszug des Schweden

zu wenden, daß er das Generalat wieder übernehmen möde. Wenn wir in den bisher erschienenen, zum Theil offiziellen Berichten über den kurzen Prozeß, den man Wallenstein gemacht, lesen, daß man ihn anllagt: er habe durch allerhand Machinationen den Kaiser genöthigt, ihm zum zwei⸗ tenmale den Ober-Befehl zu übergeben, so wurden uns in der Vorlesung eine Anzahl Briefe von Questenberg, Trautmannsdorff, dem Könige Ferdi⸗ nand und insbesondere von dem Kaiser selbst an den Herzog mitgetheilt, die keinen Zweifel übrig lassen, daß Wallenstein nur den instaͤndigsien und wiederholten Vilten des Kaisers folgte, als er den Ober⸗Befehl zum zwei= tenmale, freilich unter Bedingungen, deren Erfüllung ins Reich der Un— möglichkeit gehörte, übernahin. In der Zeit der Rathlosigkeit schreibt Questenberg an den Herzog (vom 23. April 1631): „Wie unsere Sache ich setzt in armseligem Stande befindet, ist Ew, fürstlichen Gnaden llide⸗ ewnßt und haben es lang vorher antecedirt. Jetzt heißt es: hilf! hilf! und non est, qui exaudiat?' Das Wasser rinnt uns in das Man, Jetzt glauben wir und erkennen unser Unrecht, und ich glaube, daß es uns laut, daß wir also verleitet worden. Ihro Wajestät sind sehr perpler, sorciren sich selbst, sich lustig zu zeigen, die Traurigtein schlägt aber vor. Niemand ist, er mit einem beständigen Trost und Consoigtion ihn könnte auftichten, denn die da sind, sind timidi et pæasillanimoi, Der gaiser läßt sich herab, an den Heizog „das gnädigste Er suchen und Begehren zu richten, er möge ihn, da er ihn in so großer Noth begriffen sehe, nicht aus Handen gehtn und ihn veriassen“, und als sichWallenstein endlich bereit erilärt, schreibt ihm der Kaiser: „er solle versichert sein, daß er es mit Dankbarkeil und Kaiserl. und stönigl. Gnade zu erkennen niemal ver—⸗ gessen werde.“ ö Der Feldzug Wallenssein 8, die Wiedereroberung Prags, das Gefecht bei Nürnberg, die Schlacht bei Litzen wurden nur kur; berührt. Die in den früher erschienenen offiziellen Schriften enthaltenen Anklagen, daß Wal⸗ lenstein feit dem Jahre 1632 geheime, hochverrätherische Unterhandlungen mit den Schweden und Sachsen gepflogen habe, wurden durch die Berichte des kursächsischen Feldmarschalls Arnimb an den Kurfürsten von Branden⸗ burg und an den Kanzler Orenstierna widerlegt. Arnümb schreibt an den Kunfürsten von Brandenburg (29. September löz3s): „Ich schwöre es zu Gott, daß ich nicht aussinnen kann, was für Finesse ber Friedland unter

einen Krahaien gesucht. Wie es aber auch sei. solschein zenngsam dar⸗

aus hervorzugehen, daß mit dem Manne nichts Si ba i icin Jef an digteit. ,,

dieser Beschluß erregen. Man bemerkte unter den gegen die Nichtig⸗ leits⸗Erklärung Stimmenden auch Herrn Jacques Lafsitte, den Oheim des herrn Charles Lafsitte. Während einer ganzen Viertelstunde darauf war die Sitzung unterbrochen. Endlich bestieg Herr Guizot bei eilig nien, üisehl l, Ruhe die Tribüne. Herr Billault, sagte der Minister, habe gestern behauptet, er rege die nationale, nicht eine politische und ministerielle Frage an. Er (Herr Guizot) könne eine solche Unterscheidung nicht zuge⸗ ben, die Ehre des Ministeriums bestehe darin, die Geschäfte des Lan⸗ des zu besorgen. Die Politik desselben sei und müsse vor Allem eine nationale sein; nur in diesen Sinne die Verwaltung zu führen, ge⸗ währe einigen Reiz. Es sei daher zu untersuchen, ob die Politik des Ministeriums eine nationale sei oder nicht. Diese Frage zu er⸗ örtern, wollte er sich zur Aufgabe stellen. Der Postschluß macht mir aber unmöglich, seiner Auseinandersetzung weiter zu folgen.

7 Paris, 19. Ja. In der Universitäts Frage nahm vor Allen Herr von Tocqueville, dieser junge Deputirte, bekannt durch sein Werk über die Vereinigten Staaten und bereits Mitglied beider Klassen des . das Wort. Er hat abwechselnd die Geistlichkeit angegriffen und vertheidigt, gegen die Jesuiten und für die Congregationen plaidirt; er warf dem Ministerium seine Toleranz gegen die Bischöfe, so wie gegen die Pro⸗ fessoren vor; er tadelte die Heftigkeit gegen die Universität und be⸗ schuldigte sie zugleich, daß sie die Grundlagen des Christenthunis zer⸗ störe. Herr von Tocqueville wußte keine deutliche und bestimmte Stellung einzunehmen; er wußte nicht genau zu sagen, was er wollte und welche Reformen er verlangte. Seine Rede be⸗ stand aus anspruchsvollen und akademischen Phrasen, die keinen großen Eindruck auf die Kammer machten und Herrn Billemain trefflich zu statten kamen. Der Minister des öffentlichen Unterrichts konnte allerdings die Universität nicht als eine untrügliche und unta⸗ delhafte Körperschaft darstellen; er konnte die Mängel und Schwächen dieser alten Institutionen nicht gänzlich verschleiern; allein es hat ihm keine Mühe gemacht, einen ziemlich ausgezeichneten Sieg über Herrn von Toequeville davon zu tragen, der mehrmals eine so verwirrte Sprache führte, wie unsere modernen Sozialisten. Die Universität ertheilt in den, direkt von ihr abhängigen Instituten nicht das, was man Erziehung nennt. Sie sucht zwar ihren Zöglingen so viel Latei⸗ nisch und Griechisch beizubringen, wie nur möglich, und wählt, um zu einem schnellen und entscheidenden Resultate zu gelangen, die am we⸗ nigsten geeigneten Mittel, Die veraltetsten Methoden werden in den Colleges mit einer gewissenhaften Sorgfalt beibehalten und die Tra⸗ ditionen üben dort eine unglaubliche Herrschaft aus. So ist es z. B. hergebracht, daß man, um die laͤteinische Sprache zu lernen, Verse und nichts als Verse machen muß. Es werden daher in allen Colleges lateinische Verse in wahrhaft unzählbarer Menge fabrizirt, und die Hälfte der Zeit der Zöglinge wird mit diesen unnützen Uebungen verschwendet. Die Folge davon ö. daß die meisten Zöglinge, wenn sie nach zehn Jahren das College verlassen, kein Latein wissen. Aehnliche Bemer⸗ kungen lassen sich auf andere Unterrichtszweige in den von der Uni⸗ versstät abhängigen Anstalten anwenden. Was die moralische Leitung der Zöglinge betrifft, so ist sie in vieler Beziehung mangelhaft; sse ist, zum größten Theil wenigstens, den sogenannten NMaitres d S*tude übertragen, Personen, die auf der untersten Stufe des Universitäts⸗ Unterrichts stehen, schlecht behandelt und schlecht besoldet werden, ohne Ansehen und solglich ohne Werth und ohne Bild ung. Dieser Punkt ist von zwei Oppositions-Deputirten auf eine sehr genaue und wir möchten selbst sagen peremtorische Weise erörtert worden. Sie hat⸗ ten die Wahrheit auf ihrer Seite und deshalb hörte die Kammer diese nicht politische Angelegenheit mit Aufmerksamkeit an.

Der erste Paragraph der Adresse ist, so wie ihn die Kom⸗ mission verfaßt, in der Deputirten⸗ Kammer mit schwacher Ma⸗ jorltät angenommen worden; die offizielle Erklärung von dem Wohlstande Frankreichs hängt also von der Meinung eines halben Dutzend Deputirter ab; waren einige Anhänger des Ministeriums nicht in der Kammer zugegen gewesen, so würde das Amendement des Herrn Bethmont durchgegangen sein, und dann wäre der Zustand Frankreichs nicht blühend gewesen. So geht es mit gewissen Dingen bei repräsentativen Regierungen! Und um zu diesem Resultate zu gelangen, haben 400 gesetzte Männer, oder die wenigstens dafür gel⸗ len, sich zwei Tage lang bis zum Uebermaß aufgeregt und bekämpft. Frankreich muß nun zufrieden sein: man hat offiziell erklärt, daß es sich in einem blühende Zustande befinde! Wir haben bereits gesagt, wie wir über den wirklichen Zustand Frankreichs und die gegenwärtige Lage unseres Ackerbaues und unserer Industrie denken. Die Sachen stehen nicht so erfreulich, wie das Ministerium sie gern darstellen möchte; aber ste stehen auch nicht so schlecht, wie die Opposition zu glauben affektirt. Es ist alle Parteien eigen, die Meinung, welche sie unterstützen, zu übertreiben, und die Deputirten, welche bei dieser Gelegenheit ein Gemälde unserer Industrie und Agrikultur entwarfen, haben viel zu düstere Farben aufgetragen. Man muß indeß dem Op⸗

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positions Deputirten Herrn Bethmont die Gerechtigkeit widerfahren lasfen, daß er nicht in die lächerlichen utopischen üebertreibungen ei⸗ niger Organe der pariser Presse verfallen ist. Er ist Deputirter eines Bezirks, wo es viele Arme giebt, und gleich vielen Personen, die sich mit philanthropischen Fragen beschäftigen, beurtheilt er die Provinz nach dem, was in Paris 6. Er leitet aus einer speziellen Thatsache einen allgemeinen Zustand her. Man würde wahrlich eine traurige Idee von Frankreich erhalten, wenn man es z. B. nach dem zwölften Arrondissement beurtheilen wollte; alles Elend der Hauptstadt konzentrirt sich in diesem Bezirke und er bildet offenbar eine exceptionelle Thatsache in unserem sozialen Zustande. Herr Bethmont hat übri⸗ gens einige Mittel angegeben, die wenigstens indirekt zur Erleich⸗ terung der arbeitenden Klassen beitragen würden. Er verlangte die unverzügliche Vorlegung von Gesetzen über die Fabrikzeichen, über die Arbeiter-Bücher und endlich über die so lange schon erwartete An— wendung der Gesetzgebung in Betreff der Kunstverständigen, welche in Lyon und mehreren anderen Städten zu so glücklichen Resultaten geführt hat. Der Handels⸗Minister beantwortete die verschiedenen Punkte in der Rede des Herrn Bethmont und gab ihm die Ver⸗ sicherung, daß die Gesetz⸗Entwürfe, auf deren Nothwendigkeit Herr en, aufmerksam gemacht hatte, binnen kurzem vorgelegt werden ollten.

Von den sozialen Fragen ist man zu den politischen übergegan⸗ gen. Die Kammer beschäftigte sich mit der Prüfung des Amende ments des Herrn Gustav von Beaumont, welches den Zweck hatte, das, was die Opposition die Prinzipien der parlamentarischen Regierung nennt, durch ein feierliches Votum zu weihen. Herr Duchätel bekämpfte dies Amendement, worin er, neben der Darlegung von Prinzipien, eine Verurtheilung des Ministeriums erblickte, da es dasselbe dem Lande als unfähig zur Realisirung der parlamentarischen Regierung schildere. Herr Billault wollte Herrn Duchätel antworten. Hingerissen durch den Eifer einer persönlichen Opposition, nahm er nicht nur die von Herrn Duchaͤtel aufgestellte Beurtheilung des Amendements an, son⸗ dern er sagte auch, daß das Kabinet nicht den parlamentarischen Charakter habe. Der Redner war, wie gewöhnlich, lebhaft und glän⸗ zend; er suchte zu beweisen, daß das Ministerium weder vor den Kammern, noch in den Conseils der Krone seine Meinungen geltend zu machen wisse. Er erinnerte an die parlamentarischen Verstöße des Kabinets, das bei vielen Gelegenheiten die Annahme seiner Ideen durch die Majorität nicht habe bewirken können. So sei das Ministerium mit seinem Eisenbahn⸗System gänzlich durchgefallen und von vier anderen im vorigen Jahre vorgelegten Gesetz⸗ Entwürfen sei nur ein einziger angenommen worden. Dasselbe gelte von dem Zuckergesetze, welches gerade das Umgekehrte des ministeriellen Entwurfes sei. Von den seit so langer Zeit versprochenen Handels-Traktaten sei bis jetzt noch keiner den Kammern vorgelegt worden. Endlich seien die durch das Durchsuchungsrecht veranlaßten Konflikte keinesweges ausgeglichen. Dies ist ungefähr der Inhalt der von Herrn Billault gegen das Mi⸗ nisterium gerichteten Anklage. Es ist in allem diesen etwas Wahres, aber eine nach der Weise der Opposition ausgestattete Wahrheit.

Herr von Gasparin, welcher durch eine Interpellation des Herrn Billault veranlaßt wurde, die Tribüne zu besteigen, griff das Mini⸗ sterium wegen der Verwaltung Korsika's an. Dleser Angriff brachte einige Bewegung in der Kammer hervor, weil Herr von Gasparin mitten unter den Konservativen sitzt. Er ist ein junger, aufbrausen-= der, eckiger Mann, der sowohl in der Form, wie im Ausdrucke wenig Maß hält. Er mochte indeß, trotz der Widerlegungen von Seiten des Ministers des Innern, im Grunde doch wohl recht haben. Die Beispiele von parlamentarischen und Wahl⸗Bestechungen sind bekannt. So lange die Repräsentativ⸗Regierung in Frankreich besteht, fallen allen Ministerien eine mehr oder weniger große Anzahl derselben zur Last. Korsika ist, wie Jedermann weiß, das klassische Land für diese Art von Verführungen und nirgends hat die Verwaltung sich voll⸗ ständiger dem Einflusse der Wahl⸗Majoritäten hingegeben, als auf dieser Insel.

Grossbritanien und Irland.

London, 70. Jan. Ihre Majestät die Königin wird am 1. Februar in Person die diessährige Parlaments- Session eröffnen und in nächster Woche von Windsor nach der Stadt kommen, wo bereits im Buckingham⸗Palaste zur Aufnahme des Hofes die nöthigen Anstalten getroffen werden. Der Hof wird indeß nach zehntägigem Aufenthalt in der Stadt wieder nach Windsor zurückkehren, um we⸗ 9 der günstigen Einwirkung der dortigen Luft auf den Gesundheits— ., der Königlichen Familie bis zur Mitte des Frühlings dort zu

eiben.

Die Antworts⸗-Adresse auf die Thron⸗-Rede der Königin wird im Unterhause Lord Clive, Mitglied für North Shropshire, beantra—⸗ gen und Herr Cardwell den Antrag unterstützen.

Wir haben weitere Berichte aus Dublin vom 16ten, 17ten und 158ten, welche die ordnungsmäßige Eröffnung des Verhörs im Om(Connell⸗ schen Prozesse melden. Von Seiten einzelner Jury⸗Mitglieder wurden

zwar Versuche gemacht, durch beigebrachte Atteste über ihre Unfähig⸗ keit, zur jetzigen Zeit die Jury⸗Functionen auszuüben, sich diesem langwicrigen und verhaßten Geschäfte zu entziehen, indeß brachte man doch, wenn auch mit einigem Zeitverlust, die nöthige Anzahl der Geschwornen zusammen, indem nur ein einziger dem Aufrufe sei⸗ nes Namens nicht antwortete, und es vorzog, sich zu einer Geldbuße von 50 Pfd. St. verurtheilen zu lassen. Die zwölf aufgerufenen Geschwornen wurden vereidet, die nicht betheiligten Individuen der Jury zogen sich zurück und das Verhör konnte ungestört seinen An⸗ fang nehmen. Es herrschte überhaupt Ruhe und Ordnung im Innern des Gerichts, so wie draußen auf den Straßen. Die Sißun der drei Tage wurden fast ausschließlich mit einer ausführlichen Re⸗ lation des ganzen Prozesses von Seiten des General- Prokurators ausgefüllt, eine Rede, deren Hauptpunkte wir im Folgenden näher zeigen wollen, da sie aus dem Thatbestande die den Angeklagten schuldgegebenen Vergehen und Verbrechen erweist. Ehe der General- Prokurator das Wort nahm, wurde von dem Kronschreiber und einem Anwalt der Krone die gerichtliche Pro⸗ zedur eingeleitet. Der Kronschreiber sagte: „Herren von der Jury! Die Angeklagten vor den Schranken, Daniel Connell, John O(Con⸗ nell, Steele, Ray, Duffy, Gray, Barrett und Tierney, sind beschul⸗ digt, sich am 13. Februar v. J. in dem St. Marcus⸗Kirchspiel der Stadt Dublin auf die in der Anklage⸗Akte beschriebene Weise in eine Verschwörung eingelassen zu haben. Die Angeklagten haben sich sämmtlich für „nicht schuldig“ erklärt. Nach diesen Worten führte Herr Napier, der jüngste Anwalt der Krone, die den Angeklagten schuldgegebenen Verbrechen auf. Dieselben bestehen in 11 gg 1) die Angeklagten haben sich mit anderen unbekannten Personen in gesetzwidriger und böswilliger Weise verschworen, Unzufriedenheit un⸗ ter den Unterthanen Ihrer Majestät, Haß und Eifersucht unter den verschiedenen Klassen, Mißvergnügen in der Armer, so wie Verach⸗ tung Ter vom Staate autoristrten Gerichtshöfe zu erregen, ferner, auch Veränderungen in der Regierung und Verwaltung des Landes herbeizuführen und beide verächtlich zu machen; 2 (es werden die⸗ selben Punkte des ersten Abschnitts wiederholt, nur die Beweise, welche dort angeführt sind, ausgelassen); 3) es sind Versammlun⸗ gen zu aufrührerischen und gesetzwidrigen Zwecken gehalten wor⸗ den; 4) man hat Mißvergnügen und Abneigung gegen die Regie⸗ rung in der Armee zu wecken versucht; 5) man hat sich verschworen, die Regierung Ihrer Majestät in Verachtung und Mißachtung zu bringen; 6) man hat Einschüchterungen versucht, um Veränderungen in der Regierung und Verwaltung zu bewirken; 7) man hat gestrebt, die legislative Union zwischen England und Irland aufzuheben; Ss), 9 und 10) man hat versucht, die Gerichtshöfe des Staats durch Einrichtung der Privat⸗Schiedsgerichte zu verunglimpfen; 11) es sind Versammlungen großer Massen von Menschen vermittelst Einschüchte⸗ rungen zu Stande gebracht worden, wo man aufrührerische Reden und Schriften gehalten und verbreitet hat. Nach der Verlesung dieser Anklage hielt der General-Prokurator seinen Vortrag an die Jury. Er interpretirte zuerst das Verschwörungs⸗Gesetz, da den An⸗ geklagten hauptsächlich eine „conspiracy“ Schuld gegeben sei, und da die Jury durch diese Interpretation zur Klarheit uber die ganze Bedeutung des vorliegenden Rechtsfalles gelangen werde.

„Verschwörung“, sagte Herr Smith, „auf Grund eines frü P richterlichen r n uff ist ein in h en . in n ,, Zusammenwirkung mehrerer Personen, entweder zur Vollbringung einer gesetzwidrigen Handlung, oder zur Erreichung eines gesetzlichen Zwecks durch gesetzwidrige Mittel besteht. Eine solche Verbindung ist verbrecherisch und heißt Verschwörung.“

Diesen Ausspruch unterstützte der Redner durch eine Menge Ci⸗ tate aus früheren Erkenntnissen, und machte dadurch seine Rede über= aus breit und langweilig, welche Eigenschaft selbst die ministeriellen Blätter, wie der Standard, anerkennen, wenn auch entschuldigen. Den Hauptabschnitt der Rede bildete hierauf der Erweis, daß, wenn auch die Repeal⸗Versammlungen keine Ruhestörungen zur Folge ge⸗ habt hätten, sie dennoch ihres Zwecks, Drohung und Ein schůchterung zu bewirken, und ihrer Beschaffenheit wegen, indem sie das ganze Land in ein Gewebe von Umtrieben verwickelten, Verbrechen zu nen= nen wären. Eine Charakteristrung der Repeal⸗Association, die auf das Entstehen dieses Vereins zurückging, begründete diesen Erweis.

„Kurz nach Annahme Fer Emancipakions- Bill“, sagte Herr Smith welche 1829 die Königl. Zustimmung erhielt, bildete sich zu Dublin ein Verein, der, um dem Geseße zu 2 zu verschiedenen Zeiten verschie= dene Namen annahm, stets aber die Aufhebung der Union bezweckte. Da zu jener Zeit ein seitdem unkräftig gewordenes Statut bestand, so erließ kraft desselben die damalige Regierung, an deren Spitze Lord Grey stand im Januar 1831 zur Unterdrückung jenes Vereins eine Proclamation, worin demselben die Verbreitung aufrührerischer Lehren und Ansichten, so wie der Versuch Schuld gegeben ward, durch aufrührerische Reden und Druckschristen unter den Unterthanen Ihrer Majestät in Irland eine abge⸗ neigte und feindliche Gesinnung gegen die bestehenden Gesetze und gegen die Regierung zu erwecken. Lord Althorp erklärte in demselben Jahre im Par⸗ lamente, daß die Regierung alle Mittel zur Verhinderung dieser Umtriebe

aufbieten müsse, da nur ein Bürgerkrieg die Zwecke der Umtriebe herbeifüh=

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Eine gleiche Bewandtniß hatte es mit den Unteihandlungen, in welche der Kardinal Richelien den Heizog damals zu verwickeln gesucht hatte. Der Baron Feuquieres, welcher diese Unterhandlung führte, schreibt dem Kar⸗ dinal aus Erfurt vom 22. August 4633: „daß er dem Grafen Kinsky den Bescheid ertheiltt der Herzog von Friedland handle für ihn mit zu großer Feinheit; sein Schweigen auf die ihm ertheilten Antworten lasse genügsam merken, daß er nichts weiter suche, als Mißtrauen zwischen dem Könige und feinen Alllirten zu erregen; wende er zu große Feinheit an, so habe er 1 fürchten, den versprochenen Beistand des Königs und der Union zu ver— cherzen.“

Die nächste Veranlassung zu einem Zerwürfniß mit dem Kaiser war, daß dieser dem Herzog, der mit ihm geschlossenen Capitulation zuwider, nicht gestaten wollte, die Winterquartiere in Böhmen zu nehmen. Der Henzog beschloß seiner, in Wien bereits entschiedenen Entlassung dadurch zuvotzukommen, daß er sich anschickte, freiwillig zurückzutreten, wozu ihn außerdem sein zunehmendes Körperleiden nöthigte. Als die Regimients- Inhaber dies erfuhren, drangen sie in ihn, sie nicht zu verlassen, Senn da ie auf sein Wort die Negimenter errichtet, so würden sie dann keine Ent⸗ Had l gh von dem Kaiser zu gewärtigen haben. Es kam nun das Ver⸗ bündniß des Herzogs mit seinen Obersten in Pilsen am 12. Januar 1634 zu Stande, welches dem Kaiser als eine Verschwörung wiver ihn und sein haus ausgelegt wurde. BVesonders angelegen, ließ es sich der Kurfürst Yꝛ ar von Bayein sein, den Kaiser zu drängen: „eine geschwinde heroische Reso⸗ lution zu fassn.“ Dies that der Kaiser durch das Patent vom 24. Januar, durch welcheß er Wallenstein entsetzte und außerdem dem General Gallas den Spezialbefehl ertheilte: „ich des Friedländers todt oder lebendig zu bemächtigen.“ ĩ

Dem herzoge von Friedland ging keine Bengchrichtigung, keine Auf- forderung, 68 . rechtfertigen, zu; vielmehr blieb der . noch drei Wochen 1ang in verlraulichter Korrespondenz mit dem von ihm ins- een fe len und für vogelfrei erklärten Generalissimus, Daß unter= dessen berests Anstalten getroffen waren, den Hetzog aus dem Wege zu räumen, erfahren wir aus des baherischen Gesandten Richel's Bericht an seinen Kurfür⸗ sien, dem er schon unter dem 8. Februar to34 meldet: Fürst Eggenberg habe 93 versichert, daß alle Befehle bereits ausgefertigt seien; den Exeku⸗ foren sej aufgetragen, sicher und dexire zu Werke zu gehen; was für ein remedium er eff worden, * er noch nicht erfahren können, Ta sich aber Eggenberg vernehmen jasfen, daß eben so leicht und weniger 43 vothan den, den Friedland gleich umzubringen, als zu fangen, so

. er daraus ab, daß auf dem ersteren Wege Anstalt getroffen worden.“

Dies war nun auch wirklich der Fall. Bereits am 20. Februar, wäh⸗ rend der Herzog sich noch ganz ruhig in Pilsen hielt, war eine Consiscations—⸗ Kommission von Wien in sein Herzogthum abgeschickt worden, und der Marchese di Grana, welchen der Kasser mit großem Vertrauen beehrte, hatte an Gallas und Niccolini geheime Instrüctionen überbracht. Der Marchese meldet dem Kaiser nach der mit den beiden Letztgenannten ge⸗ nommenen Rücksprache, daß der Oberst- Lieutenant Teuffel einer der Ersten ewesen, welcher sich erboten, „den Tyrannen“ so nannte man Wallen⸗ i bei dem Herrn „sogleich zu ermorden“, worauf der Kaiser resktribirt, „daß er des Oberst-Lieutenant Teuffel's Tapferkeit und Redlichkeit gern er= sehen und ihm ein Regiment verleihen werde.“

Die Ausführung der blutigen That durch Buttler, Gordon, Leslie und Deverour zu Eger wurde in kurzer, aber sichtbar ergreifender Schilderung erzählt und nicht unerwähnt gelassen, wie reichlichen Lohn die Mörder em pfangen und wie viele tausend Messen der Kaiser für die Seelen der Er⸗ mordeten lesen ließ *).

Bei dem Interesse des Gegenstandes, der poelisch und faktisch, privat— und staatsrechtsich schon häufig dargestellt wurde, zumal in allerneuester Zeit, konnte die Aufmerksamkeit und Theilnahme der Zuhörer, unter dene. sich auch unseres Königs Majestät und mehrere Gsseder des Königlichen Hauses befanden, dem Vortragenden um so weniger fehlen, als derselbe sich das diesmal gewählte Süset bekanmilich schon früher zu geschichtlicher Darstellung gewählt hatte. 8

Berlin, 16. Jan. In der heutigen Versammlung der Gesell— schaft naturforschender Freunde zeigte Herr Dr. Dieffenb ach, der als Gast anwesend war, zwei aus dem Körper einer Raupe unter dem Kopfende hervorgewachsene, C 8 Zoll lange Pilze vor, die er aus Neu⸗ Seeland mitgebracht hatte. Die Raupen selbst haben in dem vertrockneten Zustande die Länge von 3 Zoll und sitzen wie eine Wurzelknolle unten an dem Stiel des ässigen Pilzes, der als Sphaeria Robertii von Sir William

*) Da uns bereits die Anlündigung eines Werkes unter dem Titel: 3Wallensteins Prozeß vor den Schranken des Weltgerichts und des K. K. zu Prag“, Leipzig bei Teubner, zu van gf ln, so wollen wir alle

lejenigen, denen es darum zu thun i si 9 vollständig über „die Tragödie von Eger / wie man es in damaliger Zeit nannte, zu unterrichten, darauf aufmerksam zu machen nicht unterlassen.

Hockes beschrieben ist. Die Raupe hält Herr D. für diejenige, welche sich, zum großen Nachtheile der dortigen Pflanzungen, auf Convolvulus Batata nährt und einen apfelgrünen Schmetterling giebt, den Herr D. auch nach Europa gebracht hat, und welchen Herr Doubleday als Hepialus virescens beschrieben hat. Lebende Raupen mit dem Parasitenpilze sind nicht aufge funden worden, todte sehr häufig und zwar in der Naͤhe der riesenhaffen Metrosideros robusta und der Cyathea medullaris, einige Zoll unter der Erde, während der Pilz, 64 urzeln sie bilden, 1— 2 Joll über dem Boden hervorsteht. Herr Link theilte aus seinen neuesten Beobachtungen über Molekular⸗Bewegung die Notiz mit, daß bei manchen Bäumen . rotationsähnliche, sehr lebhafte Bewegung erst dann eintritt, wenn die Theile ein gewisses Alter erreicht haben, gleichsam als Produkt einer Veränderung der Pflanzentheile, wodurch sie, so zu sagen, thierartig werden. 2 Müller las aus einem Briefe des Herrn Dr. Peters anatomische Mit- theilungen vor über den Bau der Trombidium und legte den vom Herrn Koch erhaltenen kolossalen Schädel einer im Red- river in Nord-Amerika (Arkansas) lebenden Schildkröte vor. Dieser ist 8; Zoll lang, 77 Zoll breit. Die danach abzunehmende Größe des Thieres erinnert 2. Chelydra Serpentina, deren Schädel jedoch bei näherer Vergleichung viel Abweichen des zeigt. Herr Ehrenberg theilte aus einem anderen Briefe des Herrn Br. Peters aus Mozambique vom September v. J. Nachrichke über das Wohlbefinden und die bis jetzt schon dort unternommenen schaftlichen Arbeiten dieses Neisenden mit. (Bestimmung neuer Fische

gen, Untersuchungen über Parmophorus und Amphinom-a). . ; derselbe über seine bereits 1838 vor Herrn Bowerbank's Nachrichten getheilte Beobachtung, daß auch die innere Fei masse, ber von See⸗Igeln, mit Polpthalamien und Infusorien sehr dicht

Er zeigte 13 , . Blättchen aus einer ganz von der umschlossenen Feuersteinmasse, einer v Ananchyie in der sich deutlich Lanthidien und P

E. findet darin einen Beweis für

, entstandenen Feuersteinbildu

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