1844 / 34 p. 4 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

27. Jan. (A. 3.) Nach dem schönen Vorgang

ü er,. in )* den lebten paar Jahren auch in allen 2 tädten Gesangs⸗ Vereine „Liedertafeln gebildet, , n. So auch in Augsburg,

ñ öhlicher gedeihen. 1 4 eine freundliche Pflegerin ge⸗ 2 . im vorigen Sommer, so gab auch diesen Winter unsere 222 uns allbereits zwei treffliche Productionen, deren letzte, * == Tagen, überdies rinem edlen Zwecke der Wohlthätigkeit zu

gute fam.

Negensburg, 21. Jan. (N. 3.) Die , daß in unseren Tagen viele junge Leute an r ,. , Augenübeln leiden, hat veranlaßt, daß auf . cfeh ae. Bezug auf die öffentlichen Unterrichts Anstalten ö ö haltung der Sehkraft verfaßt und zum Druck befördert wor . eine Maßregel, deren Wohlthätiges 21 Jugendfreunde gewiß , großem Danke erkennen werden. . iese orschriften * 1, ö Anderem, daß die Wände der Lehr zimmer blaßgrün oder he 26 anzustreichen, die Fenster mit grünen Vorhängen zu. dersehen, ie Schulbänke so zu stellen seien, daß das. Gesicht der Schüler .. ger rade gegen die Fenster sich wende. Die Schulbücher müssen laren, deutlichen, nicht zu kleinen Druck haben; zu klein und eng gehaltene Handschrift, blasse Dinte und allzu graues Papier dir fen nicht 86 duldet werden. Die Schüler werden ermahnt, sich des Morgens die Augen mit frischem Wasser zu waschen, in der Morgen⸗ und e r dämmerung alles Lesen und Schreiben zu wen n, die Augen ee in der Entfernung von mindestens zehn Zoll vom Buche oder Schreib. hefte zu halten, beim Spaziergange im Freien den Blick auf grüne Gegenstände, z. B. Wiesen, Wälder, zu richten, was vorzüglich augen⸗ stärkend sei u. dgl. Der Brillen darf der Schüler nur bei, einem be⸗ beutenden Grade von Kurzsichtigkeit sich bedienen, und bei der Aus wahl der Gläser hat er einen Arzt oder anderen Sachverständigen

zu Rathe zu ziehen.

Sachsen. Dresden, 28. Jan. Aus dem nunmehr geschlosse⸗ nen Jahrgang des Gesetz- und Verordnungsblattes für das Königreich Sachsen auf das Jahr 1813 entnehmen wir folgende statistische Zusammenstellung: Das Gesetz- und Versordn ung s⸗ blatt vom Jahre 1843 enthält in 19 Stücken auf 290 Seiten fol⸗ gende Urkunden der Thätigkeit unserer Gesetzgebung im verflossenen Jahre. Der mit den Landständen verabschiedeten Gesetze pig en fechzehn erlassen, nämlich: 1) das Gesetz, die subsidiarische Ver⸗ bindlichkeit der Gemeinden zu Verpflegungs Beiträgen für die in die Taubstummen-Anstalten aufgenommenen Zöglinge betreffend, vom 23. Februar. 2) Das Gesetz zur Erläuterung des Gesetzes vom 8. März 1838, einige Bestimmungen über die Verpflichtung der Kirchen- und Schul⸗-Gemeinden zu Ausbringung des für ihre Kirchen und Schulen erforderlichen Aufwandes betreffend, vom 21. März. 3) Das Gesetz, die Erläuterung und Abänderung des Artikel XII. der Städte⸗Ordnung, vom 12. Juni 1719 betreffend, vom 30. März. 4) Das Gesetz, die wegen Aufhebung der Steuerfreiheit zu ge⸗ währende Entschädigung betreffend, vom 15. Juni. 5) Das Gesetz, die Kreirung neuer 3 proc. Staats-Obligatiguen zum Be⸗ hufe der Entschädigung an die Besitzer bisher steuerfrei gebliebener Grundstäcke, ingleichen einige andere damit zusammenhängende Be⸗

immungen betreffend, vom 27. Juli. 6) Das Gesetz, einige Be⸗

1 über den Schuld⸗Arrest betreffend, vom 26. August. 7) Das Gesetz, die Einführung des neuen Grundstener⸗ Syst ems betreffend, vom 9. September. 8) Das Gesegt, wegen Rächkreirung von Einer Million Rthlrn, in neuen Kassenbillets. Y) Das Gesetz, die Ausführung der Bestimmung in 8. 3 des ersten Theils der Orbonnanz vom 7. Dezember 1837 betreffend, vom 11. September. 10 Das Finanz-Gesetz auf die Jahre 1813, 1811 und 1815, vom 13. September. 11) Das Gesetz, die Vertretung der Schul⸗Gemeinden betreffend, vom 11. September. 12 Das Gesetz, die Festsetzung einer Präklusivfrist für die Entschädi⸗ gung s⸗Ansprüche wegen Aufhebung des Bierzwangs betreffend, vom? I9. Oktober. 13) Das Gesetz, die Aufhebung der einzelnen noch bestehenden stillschweigenden Hypotheken betreffend, vom 2. November. 14) Das Gesetz, das Vorzugsrecht der rückständigen Abgaben im Konkurse betreffend, vom 4. November. 15) Das Gesetz, die Grunde und Hypotheken-Bücher und das Hypotheken= wesen betreffend, vom 6. November. 16) Das Gesetz, die Theilbarkeit des Grund-Eigenthums betreffend, vom 30. November.

Verordnungen wurden erlassen: 42, und zwar sogenannte Allerhöchste, d. h. von Sr. Masestät dem Könige selbst unter⸗ zeichnete Verordnungen: S; von dem Ministerium der Justiz: 5 von dem Ministerium der Finanzen: 10; vom Ministerium des Innern: 6; vom Kultus⸗Ministerium: 3; vom Kriegs⸗Mini— sterium: 1; von den vereinigten Ministerien der Justiz, der Finanzen und des Innern, dem des Innern und des Kultus, dem der Finanzen und des Innern, dem der Justiz und der Finanzen, dem der Justiz und des Kultus je eine; von der Kreis-Direction zu Budissin gingen 3, von der zu Dresden 1 Verordnung aus.

Sogenannte Bekanntmachungen der höchsten nnd höheren Regierungs- und Justizstellen enthält das Gesetz⸗ und Verordnungs— blatt im Ganzen 20 (mit Einschluß eines Dekretes), von denen 9 und 1 Dekret vom Ministerium des Innern, 1 von dem des Kultus, 4 von dem der Finanzen, 2 von dem der Justiz, 1 von denen der Finanzen und des Innern gemeinschaftlich, 1 von dem Ober⸗-Appellationsgericht, und je 1 von den Kreis-Directionen zu Leipzig und Zwickau ausgingen. Außerdem brachte das Gesetzblatt noch den Landtags⸗Abschied und die Urkunde, die Gleich— stellung der Oberlausstz mit den alten Erblanden rücksichtlich der Staatsschulden⸗Beträge betreffend.

Unter den Verordnungen allgemeineren Interesses sind zu nennen: die der Ministerien der Justiz und des Kultus, den Besuch der in den Gerichts⸗-Gefängnissen detinirten Personen durch die Geist— lichen betreffend; die des Justiz⸗Ministeriums, die bei Einlieferungen von Sträflingen in die Straf⸗-Anstalten in Gewißheit zu setzende Heimats-⸗Angehörigkeit betreffend; die desselben Ministeriums, die mit der Herzoglich braunschweigischen Regierung wegen Schutzes der bei—

derseitigen Unterthanen gegen Nachahmüng der Waaren⸗Be⸗ zeichnüngen geschlossene Uebereinkunft, betreffend; die Bekannt⸗ machung des Ministeriums des Innern, die in den Zoll-Vereinsssaaten zu benbachtenden Grundsätze bel Ertheilung von Erfindungs Patenten und Priollegien betreffend; die Allerhöchste Verordnung, die Befannt— . der . een von Eisenbahnen mit Bayern, Preußen

281 zi , Feschlossenen Herträge betreffend; die Bekanntmachung

4 6. des Innern, die Erweiterung des Rayons

1 . 2 . Paßkarten betreffend; die Allerhöchste

Hina er i ihrer r nz eines Prällusiv⸗ Termins für die

Verordnung des hre sls kreirten Kassen⸗-Billets betreffend; die

reg ustiz Ministeriums, den Gherschtestand' der! hiilltair=

Personen betreffend; die Belannt erichtestand der, Militair

Jann, wa e im . (lanntmachung des , ,. des

! c gr Kinder bei der Verheirathung,

er, Angehörigen des säch ischen und preußischen Staates be⸗

fugnisse, erhalten würde. Es ist diese Proposition namentlich deshalb von hoher Bedeutung, weil dadurch zum erstenmale, wenigstens einem

sonst zünftigen Gewerben vöm Zunftzwange befreit und nur von einer Konzession des Senats abhängig gemacht wird, machen sich immer mehr geltend.

216

Aus dem Herzogthum Nassau, * Der Stadt . * nen sich durch die arm Lahn erfreuliche Aussichten, indem in Folge der mit ö ö . Uferstaaten, Preußen, Hessen⸗Darmstadt, essen . Nasse r.. getroffenen Uebereinkunft mit dem nächsten Frühjahr n 9 n, . Üünternehmen in Angriff genommen werden wird, nam ic cberstẽ (mii der von der Gegend des untersten Wehres dieses wi . . Einbegriff der Wasserleitungs und eigentlichen Lahnbrücke s umg.

; ; rer St5aße, resp. Chaussee, hindurchgeführt wer⸗ und unter der wetzlarer Straße, resp auss n n

23. Jan. (Fr. J.)

D ö seses bedeutenden W ö . . den soll. Der Kostenanschlag dieses . de fasss in Uer⸗

der von drei mit der Schiffbarmach . ̃ 2 bindung stehenden Schleußen zu Löhnberg, Villmar unk Balduinstein je 50, 600 Fl., also 150,5 6000 Fl., der des weiteren Wasserbaues zu Biebrich pro is14 139, 609 Fi, zusammen 100,000 Il.

Freie Städte. Lübeck, 28. Jan. (H. C.), Abermals ist ein wichtiger Schritt von unserem Senate geschehen, indem derselbe in diesen Tagen einen schon länger berathenen Antrag an die Bür⸗ gerschaft hat gelangen lassen, dahin, daß die seit etwa fünf Monaten erledigte Stelle eines Stadt- Hauptmanns von Travemünde, welche bisher von einem Kaufmann verwaltet wurde, nunmehr einem Ge⸗ lehrten, mit beigeordnetem Gerichtsschreiber, übertragen werde, welcher zugleich eine vollständige Juristiction erster Instanz, mit Ausnahme der Straf-Rechtspflege, eine angemessene Polizeigewalt, so wie sämmt⸗ liche bisher dem Landgerichte zuständig gewesenen Verwaltungs-Be⸗

Theile unseres Gebiets, eine mit augemessenen Befugnissen ausge rüstete Lokal-Behörde gewährt wird, womit denn zugleich die bisher durchgehends festgehaltene Centralisation aller Jurisdiction im Senate aufgegeben wird. Uebrigens ist die vorgeschlagene Einrichtung, abge⸗ sehen von den wiederholten und dringenden Gesuchen der Travemünder, durch die Ausdehnung und Bedeutung, welche das Städtchen Trave⸗ münde in den letzten Jahren gewonnen hat, fast eine Nothwendigkeit geworden. Immer aber ist es bemerkenswerth, daß wiederum der Senat zu dieser zeitgemäßen Neuerung die ersten Schritte thut, und es bleibt nur zu wünschen, daß die Bürgerschaft auch bei dieser Ge⸗ legenheit wieder beweise, wie auch sie zu nützlichen Reformen gern die Hand bietet und sich entwöhnt hat, wie früher wohl geschehen, starr am hergebrachten Alten festzuhalten.

Auch die wohlthätigen Folgen einer am Schlusse des Jahres 1813 erlassenen Verordnung, wodurch der fabrikmäßige Betrieb von

Oesterreichische Monarchie.

Triest, 21. Jan. (A. 3.) Mit dem gestern aus Dalmatien eingelaufenen Dampfboot kam der Vladika von Montenegro hier an, um sich nach Wien zu begeben. Die Züge dieses geistlichen Fürsten sind, seitdem wir ihn das letztemal hier gesehen, viel ernster gewor— den. Seine Brust ist mit einem schönen brillantenen Kreuze, einem türkischen und mehreren russischen Orden geschmückt. Gestern Abend

wohnte er in der Loge Sr. Exlaucht unseres verehrten Gouverneurs der Oper „Roberto il Diavols“ bei, und es war nicht zu verkennen,

mit welchem Vergnügen er den Tönen der Musik lauschte und dem sylphenartigen Tanz der reizenden Bretin-Fabbri folgte.

Gestern Abend um 6 Uhr erhob sich in unserem Hafen plötzlich ein Orkan, der bis 9 Uhr wüthete. Die Wellen waren in der größ⸗ ten Bewegung und gingen so hoch, daß die hier ankernden Schiffe in sichtbarer Gefahr schwebten, gegen die aber unser sicherer Hafen sie glücklicherweise schützte. Doch haben viele Fahrzeuge mehr oder weniger gelitten. Eine griechische Brigantine, mit Holz und verschie⸗ denen Waaren beladen und nach Messina bestimmt, ging, da sie vom Capitain, welcher sie hier versichert hatte, verlassen wurde, im Ange⸗ sicht des Molo del Sale unter. Ein gleiches Schicksal hatte ein mit Zucker, Oel und Knochen beladenes Pielego. Der bisher ermittelte Schaden wird auf 560 0 6ν¶ Fl. angeschlagen, welche theils hier, theils in Konstantinopel versichert waren.

ieder rignd r

Aus dem Haag, 26. Jan. Es ist noch immer stark die Rede von der Rückzahlung und Tilgung der Schuld der Handels⸗ Maatschappy. In den Scctionen der legislativen Jammer haben sich 45 Mitglieder für ein solches Projelt und nur 4 dagegen aus— gesprochen; doch haben von diesen Letzteren noch zwei erklärt, auch sie würden der Majorität beitreten, wenn man ihnen den Beweis gäbe, daß das Anerbieten des Grafen von Nassau von diesem Projekt unzertrennlich sei. Ist die Schuld der Handels Maatschappy, unab⸗ hängig von einer Verminderung der öffentlichen Schuld, einmal zurück gezahlt, so wird die Regierung bei der Vorlegung von finanziellen Gesetz-Entwürfen freiere Hand haben, während dieselben gegenwärtig mit den bestehenden Kontrakten nicht vereinbar sind; es ist daher zu wünschen, daß jene Tilgung so bald als möglich stattsinde.

Ein Bewohner der Niederlande verlangt in einer, an die zweite Kammer der General-Staaten gerichteten Bittschrift, daß die zwei holländischen und einem belgischen Journale bewilligten Fonds einge— zogen würden. Es entspann sich eine lebhafte Debatte darüber, ob diese Bittschrift auf die Tages-Ordnung gesetzt, ob sie in die Kanzlei niedergelegt oder dem Minister zur Erwägung übergeben werden solle. Da die Regierung keine Fonds dieser Art besonders aufgeführt hat, so will die Kammer wissen, in welchem Kapitel dieselben, wenn sie wirklich verausgabt worden, enthalten sind. Es wurde endlich mit 26 Stimmen gegen 19 beschlossen, die Petition dem Minister zu über⸗ senden. Man glaubt, daß diese Subsidien mit unter den unvorher— gesehenen Ausgaben aufgeführt worden sind. Die Regierung hat ge⸗ wiß das Recht, ihre Handlungen vertheidigen zu lassen, da die hier bestehende Preßfreiheit es gestattet, sie anzugreifen; allein die Regie⸗ rung sollte die dazu nöthigen Fonds offen verlangen und die Kammer würde sie ohne Zweifel bewilligen.

Die Regierung hat die Bemerkungen der Sectionen der zweiten Kammer über die Gesetz-Entwürfe zur Deckung des Rückstandes von 1810 und der vorhergehenden Jahre beantwortet, und zwar jede einzelne Frage besonders; aber die Frage über die Liquidirung mit Luxemburg wird von neuem in der Kammer zur Sprache kommen, da dieselbe durchaus das Resultat dieser Liquidation kennen will. Uebrigens wünschen viele Mitglieder der Kammer, daß man sür die Tilgung der Räckstände sorge, wodurch zugleich die Einziehung einer äquivalenten Anzahl von Schatz-Scheinen, deren Zinsen eine Last für den Staat sind, bewirkt werden würde.

Die Regierung ist der Meinung, daß die den Agnaten des Hau— ses Nassau zu zahlenden Summen von dem Staate getragen werden müßten, da sie krast eines Vertrages, der im Namen des Staats Oberhauptes abgeschlossen worden, so wie in Ausführung der Artikel 3 und 5 des Traktat mit Belgien vom 29. April 1839 geschaffen wurden, wonach die Herzogliche Krone von Limburg, welches durch

das Fundamental Gesetz für einen integrirenden Thell des Königreichs der Niederlande erllärt wurde, nur von dem Haupte getragen wer- den darf, welches auch die Krone der Niederlande trägt.

Gegen das Gesetz über die Vermögen⸗Steuer sind ven verschie⸗

denen Punkten des Königreichs Petitionen eingegangen, und wenn sie

alle auf das Votum der National⸗-Repräsentanten Einfluß haben, so wird das Gesetz schwerlich durchgehen. Man wird dann seine Blicke auf eine mehr oder weniger gezwungene Konvertirung der Rente oder auf eine einmalige Abgabe von 2pEt. richten, die von den nationalen und fremden Coupons in zwei Raten und in zwei Jahren entrichtet würde. Dies wäre billig, denn es würde das erstemal sein, daß das Vermögen im Portefeuille dem Schatze einen Antheil an den Steuern entrichtete. Man wagt nicht, an das Papiergeld zu denken, weil die National-Bank eine solche außerordentliche und unverzinsliche Veraus— gabung nicht gern sehen würde, da es ihren Speculationen nach— theilig wäre. Schweiz.

Luzern, 25. Jan. In der katholischen Zeitung liest man: „Am 23sten d. sind die Abgeordneten der bundesgetreuen katholischen Kantone in der Bundesstadt Luzern eingetroffen. Herr Schultheiß Siegwart-Müller, Großrath Joseph Leu von Ebersoll und Staatsschreiber Meyer erscheinen als Abgeordnete des Standes Luzern. Gestern fand die Konferenz statt; wie lange sie dauern wird, ist noch unbekannt. So viel man versichern darf, soll ein sehr gutes Ein verständniß unter den Abgesandten walten und überall mehr Einigkeit und Gemeinsinn sich kundgeben, als je früher.“

Die hiesige Kirchen-Zeitung berichtet, daß die Jesuiten⸗ Missionaire Burgstaller, Schlosser und Dammberger, nachdem sie ihren Missions-Verein dahier auf 17,900 Mitglieder gebracht, den Kanton wirklich verlassen und sich nach Frankreich begeben haben.

Bern, 25. Jan. (O. P. A. 3.) Der Prozeß, von welchem der päpstliche Nuntius forderte, daß ihn die berner Regierung gegen Jenni Sohn, wegen der bei demselben erschienenen Geschichte der Päpste (vom Pater Ammon), einleiten sollte, ist als dahingefallen anzusehen. Auf das Schreiben der berner Regierung, in welchem diese sich erbot, den Prozeß gegen Jenni anzufangen, wenn von der pästlichen Regierung Reziprozität beobachtet würde, hat der Nuntius geantwortet, daß man diese Bedingung nicht annehmen könne, da in dem Kirchenstaal keine Preßfreiheit bestehe.

Griechenland.

O Athen, 19. Jan. Ich habe zu dem, was unsere Zeitungen über die Tagesereignisse der letzten vierzehn Tagen melden, nur We⸗ niges zuzufügen. Das alleinige Thema aller offentlichen Besprechung und jeder Privat-Unterhaltung bildet der. Verfassungs⸗Entwurf. Die Fragen, welche aufzuwerfen und zu diskutiren derselbe die lange schon herbeigewünschte Veranlassung giebt, sind zu wichtig, als daß sie in Kürze gründlich erörtert werden könnten, aber doch auch wieder zu anziehend, als daß die Tagespresse sich nicht beeilen sollte, sich ihrer zu bemächtigen und sie nach allen Seiten hin auszubenten. Ich er- achte es für Pflicht, immer das zu bezeichnen, was hier bei den Lesern und Zuhörern in Masse vorzugsweisen Anklang findet. Daher be⸗ rühre ich heute nur eine der vielen Fragen, welche unsere Zeitungen bereits zu besprechen angefangen haben, und die in der National⸗ Versammlung selbst, können sie anders nicht ganz unberührt bleiben, zu den lebhaftesten Debatten Veranlassung geben dürften.

Man fragt, ob es nicht unerläßlich sei, daß Se. Königl. Hoheit Prinz Luitpold von Bayern, als dermalen präsu mtiver Thron—⸗ erbe König Otto's schon jetzt seinen Aufenthalt in Griechenland nehme? Man faßt den Gegenstand dabei von einem Gesichtspunkt aus auf, welcher ganz geeignet ist, denen, welche diese Frage be⸗ sahend beantworten, den Schein eines hohen Patriotismus zu geben. Was des Guten seit den bavaresischen Zeiten hier geschehen ist, das

messen die Griechen ihrem majorenn gewordenen und griechisch redenden Könige bei. Was von üblen Dingen nur aufgefunden und

ersonnen werden kann, das wird der deutschen Umgebung des Königs,

oder mit einem Worte, das wird den Bavaresen aufgebürdet. Darum soll der präsumtive Thronerbe nicht außerhalb Griechenland leben, er soll, wenn nicht mit Fleisch und Blut Grieche werden, so doch unter den Griechen griechische Sprache, Sitten und Gebräuche er— lernen, um nicht dereinst selbst als Fremdling kommen und sich im Regiment auf Andere verlassen zu müssen. Eine Zeitung geht noch weiter, indem sie als eine fernere Unerläßlichkeit die hinstellt, daß der präsumtive Thronerbe auch sofort zur orthodoxen grie⸗ chischen Kirche übertrete. Denn, so wird argumentirt, je später, wie zu wünschen, ein Regierungswechsel eintritt, desto schwerer wird sich der Erbe des Thrones wegen vorgerückter Jahre zum Glaubens—⸗ wechsel entschließen. Es hieße in der That, geringe Kenntniß der hiesigen Zustände und der öffentlichen Meinung des Landes verrathen, wollte irgend wer daran zweifeln, daß diese einzige Frage im Stande sei, alle Gemüther in lebhafte Bewegung zu versetzen, wie sie denn auch in der That schon mit einem Eifer besprochen wird, als wäre ohne ihre Erledigung kein Heil zu hoffen. Und ähnlicher Gegen—⸗ stände, die geeignet sind, alle Leidenschaften in Aufregung zu bringen, giebts noch so viele, daß man dieselben nur außzuzählen braucht, um die Besorgnisse gerechtfertigt zu finden, welchen sich noch immer so viele beson⸗ nene Leute in Betreff des Ganges der Dinge in den nächsten Wochen hier überlassen, Besorgnisse, die neuerdings als um so begründetere erschei⸗ nen müssen, nachdem der längst bestandene und nur mühsam verbor⸗ gen gehaltene Zwiespalt zwischen den verschiedenen, im Minister-Rath sitze den Parteihäuptern offenkundig geworden ist,

Wer je in Athen, in Nauplia, auf Syra oder wo sonst immer der Wahl irgend eines unbedeutenden Gemeinde⸗Beamten beigewohnt hat, der weiß, mit welcher Ausgelassenheit sich die Parteien zum Kampf rüsten und diesen selbst beginnen. Aber die dermalen hier in Anwendung gebrachten Hebel und Mittel zu betrachten und zuzusehen, wie sich Alles zum parlamentarischen Streit rüstet, bietet doch ein ganz neues Interesse dar. Hoffentlich wird zuletzt Alles bei den Re⸗ den und Gegenreden bleiben. Mancherlei geschieht, was als gutes Anzeichen davon angesehen werden kann, daß die i, ,, . oder doch wenigstens diejenigen, welche eben jetzt ie, ewalt in Hän⸗ den haben, des Sinnes sind, man müsse Pöbel Exyzessen für immer vorbeugen. Zwar ist die öffentliche Nuhe nämlich in den jüngsten Wochen nicht mehr gestört worden, aber desto . hãusiger wurden die Diebstähle bei Tag ünd bei Nacht, und im Virus hat es auch nicht an gewaltsamen Raub-Ueberfällen gefehlt. In Folge davon hat das Ministersum den Beschluß gefaßt, zur Reinigung der Stadt von allem Gesindel außerordentliche Maßregeln zu ergreifen, und deshalb ist dem Mllitair-Gouverneur Kalergis auch das Polizei-RNegiment übertragen worden. Man muß gestehen, daß er dasselbe mit einem Eifer übt, der ihm zur Ehre gereicht. Seit dem September und noch mehr seit der Eröffnung der National-Versammlung hat sich von allen Inseln und aus dem Innern des Landes so viel unsauberes Volk hier ange⸗ sammelt, daß man ohne, Uebertreibung sagen kann, die Hauptstadt strotze von Individuen, die nichts zu thun haben, als auf Naub und Plünderung zu lauern. Die Vorgänge mit Rhallis, Kolokotronis, Soutzos, Paikos u. s. w. haben bewiesen, was man mit solchem Ge⸗ sindel machen könne. Kalergis verfährt höchst summarisch. Seine Neiter, Infanterie⸗ Patrouillen, die Gendarmerie, und wer von den Bürgern helfen will, bringen ihm im Guten oder mit Gewalt alle verdächtige Individuen, und wer sich über Abstammung und regel⸗

mäßigen Erwerb nicht genügend ausweisen kann, wird sofort aus der

Stadt gebracht oder eingeschifft. Viele sind nach dem Bekanntwerden solcher Maßregeln von selbst abgezogen, freilich wohl nicht zur Freude der Bewohner solcher Gegenden, denen sie sich zuwenden. Ich kann jedoch in dieser Beziehung nicht umhin, wiederholt darauf aufmerksam zu machen, daß es dem Ministerium noch immer vorzüglich darauf ankommt, die Ordnung in der Hauptstadt aufrecht zu erhalten, in der auch wohl sehr richtigen Voraussetzung, daß dadurch zugleich nach Kräften auch für das Beste der Provinzen gesorgt werde.

Man hört von Unfällen zur See durch heftige Stürme. Kein Wunder, wenn sich unter diesen Umständen von den hier noch anwe⸗ senden Deutschen Viele, trotz ihrer Sehnsucht nach der Heimat, mit Händen und Füßen gegen die Überfahrt nach Triest auf Segelschif⸗ fen sträuben, da sie voraussetzen, auf solchen eben so viele Wochen auf dem Meere zubringen zu müssen, als auf dem Dampfboot Tage. Indessen reichen natürlich die dargebotenen Mittel nicht hin, derglei⸗ chen Wünsche zu befriedigen.

Die Organisation der Nechts-Verwaltung in England.

Dritter Artikel. (Vergl. Allg. Pr. Ztg. v. J. Nr. 163, 164 u. 170.) Die Verwaltung der Kriminal-Justiz.

Wenn sich gegenwärtig in England viele Stimmen erheben, welche eine Reform der Strafgesetze und des Verfahrens der Krimi— nalgerichte verlangen, und namentlich Lord Brougham, vielleicht der größte Rechtsgelehrte Englands, in einer kürzlich an den Minister des Junern gerichteten Schrift sich zum Vertreter dieser Bestrebungen gemacht hat, so darf man doch nicht glauben, daß die gewünschte Reform sich auf das Prinzip der englischen Kriminal-⸗Gesetzgebung erstrecken soll. Dies Prinzip haben wir bereits, besonders was die Verfolgung, die Instruction und die Verurtheilung von Verbrechen betrifft, als ein so weises und einfaches charakterisirt, wie es nicht leicht in den Strafgesetzbüchern anderer Länder angetroffen wird, und es ist dem Engländer doppelt werth und theuer, weil es so alt wie die Verfassung des Landes ist und in der Denkungsart und der Sitte des Volks wurzelt. Was man zu reformiren wünscht, und worüber die Regierung auch wahrscheinlich in der nächsten Session einen Gesetz⸗ Entwurf einbringen wird, bezieht sich auf die Zusammenfassung aller bestehenden Strafgesetze in einen Straffodex, um für alle Gerichte gleiche Normen festzustellen, und auf die Vereinfachung des alten Formwesens, worin England hinter den Fortschritten zurückgeblieben ist, welche andere Länder in der Organisation des prozessualischen Verfahrens ihrer richterlichen Behörden im 19ten Jahrhundert gemacht haben. Ein näherer Hinweis auf die Einzelnhelten der Verwaltung englischer Kriminal-Justiz wird die Vortrefflichkeit ihres Prinzips und die Mängel ihrer Form zeigen. ;

So wie im Civil-Prozesse die Streitigkeiten vor den in den Grafschaften des Landes von den dres hohen Tribunalen von West⸗ minster abgehaltenen Assisengerichten geschlichtet werden, so fällt den— selben auch die Aburtheilung in Kriminalsachen anheim, mit dein Un— terschiede, daß hier die Appellation von dem Assisengerichte allein an den Gerichtshof der Queens Bench zulässig ist. Die Kompetenz der Assisengerichte erstreckt sich 1) auf Verbrechen des Hochverraths, welche von Privatpersonen begangen werden, d. i. Attentate gegen die Per— son des Königs, der Königin oder des Erbprinzen, und andere Ver— brechen ähnlicher Natur, welche in besonderen Statuten genannt sind; 2) auf Verbrechen niederen Verraths, d. i. Attentate von Untergebenen gegen die Personen ihrer Vorgesetzten, z. B. Mordversuche der Weiber gegen ihre Ehemänner, der Dienstboten gegen ihre Herren, der Geist— lichen gegen die Bischöfe ihrer Diözesen; 3) auf Verbrechen, die man unter dem Namen „Felonie“ begreift und welche je nach ihrer Größe Consiscation des Eigenthums, Verlust des Lebens oder der Freiheit nach sich ziehen. Alle Vergehungen gegen das Gesetz, welche den Grad einer Felonie nicht erreichen (irèspass oder nisiemeanours) gehören dagegen in den Bereich der Jurisdiction der vierteljährlichen Friedensrichter⸗Sessionen. Die Diebstähle machen davon eine Aus— nahme; dieselben werden in große und kleine getheilt. Ein kleiner Diebstahl, oder die Entwendung eines Gegenstandes von 1 Sh. Werth, zieht Gefängniß- oder Leibesstrafe, oder auch unter Umständen Deportation auf 7 Jahre nach sich und gehört vor das Friedensge⸗ richt; ein großer Diebstahl oder die Entwendung eines Gegenstandes über 1 Sh. Werth gehört aber schon in den Bereich der Juͤrisdiction der Assisengerichte und wird nach dem Gesetze als Felonse mit dem Tode bestraft. Diese strenge Bestimmung des englischen Gesetzes kommt indeß niemals zur praktischen Anwendung und in dem Indictment, der Anklage - Akte, gegen den Inkulpaten wird in Uebereinstimmung mit dem Kläger der große Diebstahl stets in einen kleinen verwandelt und zur Aburtheilung der Friedens- richter⸗Session überwiesen. Die humane Sitte der Zeit hat die Strenge des alten Gesetzes gemildert, und nur um Mißbräuchen zu begegnen, halten für gewisse Fälle, so bei nächtlichen Einbrüchen in bewohnte Häuser, bei Entwendung von Gegenständen, die zum allge⸗ meinen Besten gehören, einzelne Parlaments-Statute die ajte Todes— strafe aufrecht. Aber auch in diesen Fällen, wie überhaupt, entscheidet der Richter nach eigenem Gutdünken im Namen der Krone“ und dringt selten auf die Vollstreckung des buchstäblichen Gesetzes.

Die Zeit, wann die Kriminalsachen vor den Assisen zum Spruch kommen, fällt mit der Zeit der Civil-Prozeß-Verhandlungen zusam= men. England ist mit Ausschluß der Grafschaft Wales die serhalb in sechs richterliche Distrikte getheilt, welche zweimal des Jahres, einmal in den Monaten März und April, das zweitemal im Juli und August, von zweien der zwölf Großrichter Englands durchreist werden, und deren, sämmtliche Civil und Kriminal-Rechtsfälle in den bestimmten Terminen von diesen Richtern im Namen des Königs erledigt werden. Fast jede Grafschaft hat nach dieser Anordnung zweimal des Jahres ihre Civil und Kriminal-Assisen; London und Midlessex machen da⸗ von eine Ausnahme, welche jährlich acht Assisen haben; eben so die Graf⸗ schaften Durham, Northumberland, Cumberland und Westmorland, welche nur eine im Jahre zählen.

Das Verfahren im englischen Kriminal-Prozesse ist im Grunde genommen sehr einfach, und nur die verschiedene Auslegung dunkler veralteter Statute, welche die Formen angehen, lassen zuweilen die Fälle eintreten, daß eine Sache in die Länge gezogen oder gegen das Urtheil des Gerichts appellirt wird. Wir haben bereits bel den Friedensgerichten gezeigt, wie einfach das Instruetions⸗Verfahren ist; der Kläger wie der Angeklagte, jeder mit seinen Zeugen, wird vom Friedensrichter verhört, der hierauf unter seiner persönlichen Verant⸗ wortlichkeit den Letzteren entweder freigiebt oder festnehmen läßt, und die Sache je nach ihrer Bedeutung den nächsten Quarter Sessions⸗ oder Grafschafts Assisen submittirt. Im weiteren Laufe des Prozesses vor diesen Gerichtshöfen können alsdann nur vier Fälle eintreten, welche eine Appellation oder Reformation des hier ausgesprochenen Urtheils begründen. Es kann nämlich 1) das Indietment, die Anklage⸗ Akte, nicht in den Ausdrücken des Gesetzes abgefaßt sein; 2) es kann das angeschuldigte Verbrechen nicht vom Gesetze vorbedacht sein; 3) der Richter kann auf eine andere Strafe erkannt haben, als welche das Gesetz vorschreibt, und 4) es kann ein ungesetzlicher Akt während

6 217 des Verhörs stattgefunden haben, gegen den erst nach dem Ausspruche des Urtheils remonstrirt worden ist. Eine nähere Erörterung der Constitution eines Kriminal-⸗Assisenhofes und der gerichtlichen Prozedur in demselben wird zuvörderst zeigen müssen, unter welchen äußeren Umständen diese Fälle eintreten können. ;

Der wesentlichste Bestandtheil des englischen Kriminalgerichts ist die Jury, indem hier das uralte Prinzip der Jurisdictions Befugniß des Volks in seiner ursprünglichen Gestalt sich erhalten hat, unb dem Richter der Krone nur die Leitung der Verhandlungen innerhalb der Schranken des Gesetzes obliegt. Die Geschworenen erkennen in Kri— minalfällen sobwohl was den Thatbestand als das Recht betrifft, was bei Civilsachen, wie wir gezeigt, bekanntlich nicht der Fall war, und es ist deshalb nöthig, einem so einflußreichen Institute, wie die Jury ist, eine besondere Aufmerksamkeit zu schenken.

Zu Michaelis jedes Jahres fertigen die kleinen Konstabler der Grafschaft für jedes Kirchspiel eine Liste von denjenigen Bür— gern an, welche zur Ausübung der Jury -— Functionen qualisizirt sind; das Steuer⸗Register dient ihnen hierbei zur Grundlage. Jeder Bürger hat das Recht, gegen etwaige Fehler und Mängel die— ser Liste, welche 20 Tage an der Kirchenmauer angeheftet bleibt, zu protestiren, und falls der Konstabler die verlangte Abänderung ver⸗ weigert, beim Friedensrichter zu klagen. Die so berichtigten Listen werden alsdann dem Friedensgerichte in dem Hauptorte der Graf— schaft überwiesen, hier einer strengen Revision unterworfen und durch Uebertragung der Namen aus den einzelnen Listen in ein besonderes Buch, das eigentliche Geschwornen-Verzeichniß, angefertigt. Der Sheriff, Präfekt der Grafschaft, eine jährlich auf den Antrag der 12 Großrichter Englands gewählte verantwortliche und unbesoldete Magistrats-Person, händigt den verschiedenen Gerichtshöfen, wie den

Civil⸗ und Kriminal- Assisen und den Friedensrichter-Sessionen, be— sondere Jury-Verzeichnisse, welche mit der größten Unparteilichkeit von ihm nach der revidirten Liste angefertigt sind, aus, und citirt die darin aufgeführten Individuen zu den anstehenden Terminen. Die Geschwornen treffen alsdann an dem bestimmten Tage zugleich mit den beiden Richtern, den gleichfalls nach Distrikten verthellten Advo— katen, den Sheriffs, Ober- Konstablern, Koroners, Friedensrichtern und sonstigen unteren Grafschafts-Beamten, welchen gerichtliche Func⸗ tionen obliegen, in dem Orte der Assisen ein, und werden alsbald, nachdem das ganze richterliche Personal unter Glockengeläute und Trompeten-Fanfaren, geleitet von einer mit Piken in alter Weise be—⸗ waffneten Sheriffs Wache, in feierlichem Aufzuge im Gerichtshofe angelangt und die Gerichts -Session durch Publication des Königl. Kommissions- Berichts von Seiten der Richter für eröffnet erklärt sst, den beiden Abtheilungen des Assisengerichts in der vorgeschriebenen Weise beigeordnet. Nur Krankheitsfälle und durch Eidschwur bekräf— tigte Erweise der Unfähigkeit, die Jury - Functionen zur bestimmten Zeit zu verrichten, entschuldigen das Ausbleiben der vorgeladenen Geschworenen, für welches sonst eine Geldstrafe von 2 bis 5 Pfund für jeden einzelnen Fall entrichtet werden muß.

Im Kriminal-Prozesse fungiren zwei Arten von Geschworenen, nämlich eine Jury der Anklage, große Jury, und eine Jury des Urtheilspruchs, k'eine Jury genannt. Das Gesetz schreibt für die Mitglieder der großen Jury keine anderen Kapazitäten vor, als die jenigen, welche zur Qualification der Aufnahme in die General— Juryliste der Grafschaft erforderlich sind ; der Gebrauch indeß bringt es mit sich, daß nur die respeltabelsten Bürger, die großen Grundbesitzer der Grafschaft, Baronets und Esquires und vorzugs— weise Mitglieder der Friedensgerichts Kommissionen dazu gewählt werden. Die Functionen der großen Jury sind sehr wichtig, weil sie das ganze Prozeß Verfahren beschleunigen, und sie werden überdies für höchst ehrenvoll erachtet. Sie bestehen in der Prüfung der An— klage⸗Afte, und demnächstigen Erklärung, ob die darin enthaltenen Thatsachen eine Anklage auf das Schuld gegebene Verbrechen begrün— den. Gegen die gesetzliche Konstituirung der großen Jury wird in Rücksicht des ehrenwerthen Charakters der gewählten angesehenen Personen niemals Protest eingelegt, und ihre Bildung ist deshalb durch die Aufrufung der ersten 23 Namen aus der Liste des Sheriffs, welcher in der Regel aus Höflichkeit 190 Personen darin aufnimmt, leicht bewerkstelligt. Diese 2z haben ihr Votum mit einer Majorität von 12 abzugeben. Wenn ihre Aufrufung beendet und sie den Eid auf das Evangelium geleistet haben, richket der Richter an sie eine kurze Rede, worin er sie auf ihre Pflichten aufmerksam und mit der vorliegenden Sache bekannt macht, worauf die Jury unter dem Vor⸗ sitze eines aus ihrer Mitte gewählten Mitgliebes (freman) zu einem Tribunal sich fonstituirt und nach Prüfung der Akten, Anhörung der Zeugen und kurzer Berathung ihr Verdikt abgiebt, welches in' den Worten true hill oder no hill, die auf das Indictment geschrieben werden, ausgesprochen wird. Die Worte bedeuten: die Antlage ist begründet oder sie ist nicht begründet. Das Verdilt kann indeß noch an⸗ ders lauten, wenn die Jury zwar in der vorliegenden Sache ein Ver⸗ brechen erkennt, aber nicht dasjenige, gegen welches geklagt wird. Der, Inkulpat kann z. B. eines murder angeklagt fein, des vor— sätzlichen Mordes oder Mordversuches, oder eines mnanelaughter, der Tödtung aus Fahrlässigkeit, oder eines misdlemeanour, schwerer körper= licher Verletzung, oder eines hurglary, des nächtlichen, mit Einbruch in ein bewohntes Haus begleiteten Diebstahls, oder endlich einer felgux, eines kleinen Diebstahls. Erkennt nun die Jury die Beweis-Akten zür Konstatirung des Schuld gegebenen Verbrechens nicht für vollständig genug, sind z. B. die Umstände bei einem nächtlichen Einbruch in ein Haus nicht näher festgestellt, so schreibt sie auf die Anklage - Alte nicht das bloße true hill, sondern nimmt einen niederen Grad des Verbrechens an und verwandelt die Anklage wegen hurglary in eine Anklage wegen Felonie; ihr Verdikt lautet alsdann a true hill or selonie. Unter ähnlichen Umständen verwandelt sie den großen in einen kleinen Diebstahl, oder den vorsätzlichen Mord in einen fahrlässigen.

Wenn die große Jury in dieser Weise über alle dem Gerichte vorliegenden Anklagen ihren Ausspruch abgegeben hat, erfüllt sie noch eine andere Aufgabe, welche die Sitte des Landes ihr übertragen hat. Sie besucht die Gefängnisse, um die Klagen der Gefangenen zu hören; sie berathschlagt ferner über verschledene Gegenstände der Grafschafts⸗ Verwaltung, über öffentliche Arbeiten, Sicherheits- und Gesundheits Polizei, über die Steuerlasten der Provinz, kurz, über alle Gegenstände von allgemeinem Interesse, politische Fragen nicht ausgeschlossen, und übergiebt ihren desfallsigen Bericht, nachdem der— selbe vom Foreman in öffentlicher Gerichts- Sitzung verlesen, dem Richter zur weiteren Verabfolgung an den König. Die Functionen der großen Jury sind damit beendet.

Der Richter schreitet nunmehr zur unmittelbaren Verhandlung der Sache. Die Gefangenen, welche in Folge des Instructions-Ver= fahrens des Friedensrichters bis zur Eröffnung der Assisen in Haft gehalten waren, aber mit ihren Sachwaltern frei verkehren konnten, erscheinen vor der Barre. Man läßt so viele vor, als man in einer Sitzung zu verurtheilen glaubt; gewöhnlich 12 bis 15. Der Grefsier

) Jedes unbescholtene Individuum in dem Alter von 26 bis 60 Jah— ren, welches im Genuß eines jährlichen Einkommens von 10 Pfd. Sterling aus einer Erbpacht oder von 20 Psd. aus einer Zeitpacht oder dem Besitz eines Hauses stehl, ist für die Aufnahme in die Geneal-Liste der Geschwo—⸗

liest das Indictment jedes Einzelnen vor und fügt das Verdikt der großen Jury hinzu; er fragt hierauf den Angeklagten, ob er selbst sich schuldig oder nicht schuldig bekenne. Sehr häusig erklärt der Verklagte sich für schuldig, überzeugt von der Unzulässigkeit, ein erwiesenes Faktum zu leugnen, und in der Hoffnung, daß, wie es in diesem Falle immer geschieht, der Richter die für das Verbrechen bestimmte Strafe mildern werde. Der Richter unterläßt zwar nie⸗ mals, den Inkulpaten zu warnen und demselben den streugen Buch⸗ staben des Gesetzes vorzuhalten, auch die anderen Gerichte⸗Beamten, so wie selbst die Advokaten der Gegenpartei, suchen ihn zu veranlassen, nicht schuldig zu plaidiren und sich zu vertheidigen; wenn aber dennoch der Verklagte bei seinem ersten Entschlusse beharrt, so muß sein Wunsch gewährt werden; er wird ins Gefängniß zurücgeführt und auf Grund seines Eingeständnisses ohne Urtheilsspruch der Jury verurtheilt. Wenn dagegen der Angeklagte nicht schuldig plaidirt, so fragt ihn der Grefsier des Gerichts, wie er gerichtet sein will. Er antwortet: „durch Gott und durch mein Land“, worauf der Grefsier erwiedert: „mag Gott dich befreien, hier ist dein Land*“ (auf die Jury hinweisend). Es wird sofort zur Bildung der Jury geschritten, welche über das Schuldig oder Nichtschuldig urtheilen soll und welche die kleine Jury genannt wird. Sie besteht aus zwölf Männern aus der Mittelklasse des Volks (kleine Grundbesitzer und Naufleute), welche unter der vom Sheriff aus dem General⸗Ge⸗

schwornen⸗Verzeichniß der Grasschaft gezogenen Anzahl von Individuen sich befanden. Der Sheriff nämlich bestimmt zur kleinen Jury 18 Personen; jede Partei vor Gericht streicht von dieser Zahl 12 ihr mißfällige Individuen fort, und das Gericht wählt von den 24 übrig⸗ bleibenden die ersten zwölf, welche beim Aufruf ihrer Namen antwor⸗ ten. Gegen diese Jury indeß haben beide Parteien das Recht, zu prote⸗ stiren, wenn sie Unregelmäßigkeiten bei der Bildung derselben nachzuweisen im Stande sind; und zwar können diese Protestationen zwiefacher Art sein: 1) gegen die ganze Geschwornen-Liste (to he array) und 2) gegen jeden der Geschworenen insbesondere (60 the poll). Wenn das Gericht auf den ersten Protest eingeht, so werden zwei Schieds⸗ richter aus der Zahl der gegenwärtigen Rechtsbeistände der Parteien oder aus den Koroners, zuweilen auch aus den Geschworenen selbst, gewählt, welche die Gültigkeit des Einspruchs nach Anhörung der Partei und der beigebrachten Zeugen untersuchen müssen; sie dürfen das Gericht nicht eher verlassen, als bis sie einig geworden sind. Erkennen sie die Liste für richtig, so bestätigen sie dieselbe durch das darauf geschriebene Wort „aflirme4c“, im enigegengesetzten Falle ver⸗ werfen sie dieselbe durch die Worte „a true challenge“. Zwei der gegenwärtigen Koroners entwerfen alsdann eine neue Jury⸗Liste, und wenn auch diese verworfen wird, so fertigen zwei gewählte Bürger ein drittes Verzeichniß an. Gegen dieses ist kein Protest mehr zu⸗ lässig, und die hierin aufgeführten Geschworenen müssen auf der Stelle erscheinen. Diese Proteste kommen indeß äußerst selten vor, weil die Sheriffs mit seltener Unparteilichkeit und großer Sorgfalt die ersten Listen anfertigen. Der zweite Einspruch gegen die einzelnen Personen der Geschworenen wird ebenfalls durch Schiedsrichter in der obigen Weise erledigt. Es ereignet sich indeß hierbei oft, daß zahlreiche Ver⸗ werfungen vorkommen und die vorschriftsmäßige Anzahl der Ge— schworenen nicht vollständig gemacht werden kann. In diesem Falle ordnet der Richter eine Wahl aus den im Gerichtshofe gegenwärtigen für Juryfunctionen qualisizirten Bürgern an, welche der Sheriff nach dem niedrigeren Census von 5 Pfd., anstatt der gesetzlichen 10 Pfd. Einkommen, sogleich zu bewerkstelligen hat. Um diese Störungen möglichst zu vermeiden, hat man die Zahl der vom Sheriff aus der General-Liste für die kleine Jury zu ziehenden Geschworenen auf 48 festgestellt. Vor Erlaß des neuen Gesetzes (1831) wurden nur 24 gewählt.

Ist die kleine Jury endlich konstituirt, so liest der Huissier des Gerichts ihr die Eidesformel vor; jedes Mitglied antwortet darauf

und küßt das Evangelium. Der Gressier bezeichnet hierauf der Jury den Angeklagten und sein Verbrechen mit folgenden Worten: „Hier steht der Angeklagte, welcher dies Verbrechen begangen hat.“ Nach⸗ dem er die Anklage⸗-Akte vorgelesen, fügt er hinzu: „Der Angeklagte hat nicht schuldig plaidirt; ihr habt über die Sache zu urtheilen.“ Der Sachwalter des Klägers erhebt sich und trägt der Jury die Sache kurz, aber in allen Details vor. Er enthält sich jedes Angriffs gegen den Angeklagten, jeder Aeußerung, welche die Leidenschaften aufregen könnte. Er beendet seinen Vortrag mit der Ankündigung, daß er seine Zeugen vorbringen wolle. Sein ganzer Vortrag dauert nicht viel über eine Viertelstunde. Es folgt das Zeugen-Verhör.

Der Kläger hat in der Regel drei Sachwalter. Der älteste trägt die Anklage vor, die beiden anderen verhören die Zeugen. Jeder Zeuge leistet zuerst den Eid, und wird dann abwechselnd bald von dem Sachwalter des Klägers bald von dem des Angeklagten gefragt; wenn der Letztere Armuths halber keinen Anwalt annehmen kann, so vertritt der Richter dessen Stelle bei diesem Kreuz-Examen. Der

tenen geeignet. (Veigl. Allg. Pt. Ztg. 1813 Rr. 170 Beilage.)

Verklagte hat das Recht, nach jeder Aussage auf die an ihn ergan— gene Aufforderung von Seiten des Greffier den Zeugen selbst zu fra— gen und ihm Bemerkungen zu machen. Die Konstabler und Aerzte geben auch ihre Zeugnisse in Person ab.

Nach Anhörung der Belastungszeugen nimmt der Anwalt des Angeklagten das Wort, und nachdem er die Anklagepunkte ausführlich widerlegt und die Unschuld seines Klienten zu erweisen gesucht hat, führt er seine Entlastungszeugen vor und beginnt das Verhör, an welchem wie vorher jetzt der Anwalt des Klägers Theil nimmt. Die Advokaten haben durchaus kein Recht, eine Folgerung zu Gunsten oder zum Nachtheil des Angeklagten zu ziehen, sondern müssen diese allein den persönlichen Ueberzeugungen der Geschworenen überlassen.

Der Richter nimmt an der Debatte gar keinen Antheil, außer daß er zuweilen die Stelle des Anwalts für den Angeklagten vertritt. Aber er verfolgt mit Aufmerksamkeit den Gang der Verhandlung und schreibt alle Antworten der Zeugen auf, um der Jury, wenn die De⸗— batte beendet ist, den ganzen Verlauf derselben referiren zu können. Nachdem dies geschehen, erheben sich die Geschworenen, reihen sich um ihren soreman (Vorsitzer) und geben ihr Verdikt nach zwei oder drei Minuten, ohne den Saal zu verlassen, ab. Selten nur ziehen sie sich in ihr Berathungs-Zimmer zurück, obschon alle 12 einstimmig ihren Spruch thun müssen. Sobald sie in Einklang stehen, richtet der Grefsier folgende Fragen an sie: „Betrachtet den Gefangenen. Was sagt ihr? Ist er schuldig oder nicht?“ Wenn der foreman der Jury im Namen Aller antwortet: „Schuldig“, so schreibt der Grefsier diese Erklärung in sein Register und sagt zu den Geschworenen: „Vernehmt euer Verdikt, so wie es der Gerichtshof registrirt hat. Ihr sagt, der Angeklagte ist schuldig.“ Der Chef der Jury antwortet: „Jan und der Angeklagte wird ins Gefängniß abgeführt. Man nennt dies das General ⸗Verdikt (general verdiei).

Es giebt aber noch ein Spezial-Verdikt, und zwar, wenn die Geschworenen in Ungewißheit, ob das angeschuldigte Verbrechen in diese oder jene durch das Gesetz vorgeschriebene Kategorie gehört, die Entschei⸗ dung dieser Frage dem Gericht anheimstellen. Ihre Erklärung lautet in diesem Falle: „Wenn der Thatbestand dem Richter einen voͤrsätzlichen Mord zu bedingen scheint, so erklärt die Jury auf ihren Eid, daß der Angeklagte eines solchen Verbrechens schuldig ist; „und es werden als= dann dieselben Unterscheidungen gemacht, wie von Seiten der großen Jury., Das Verdikt kann lauten: „Der Angeklagte ist nicht der Felonie schuldig, sondern eines einfachen Vergehens; nicht der burglarz, sondern der selony; nicht des murder sondern des manslaughter.“

v