1844 / 50 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

d. Der Redner bemerkt noch vorläufig, daß der eine Besserstellung für die erste Klasse auf 175 auf 200 31. festsetze; die Kommission sei aber der beiden Klassen 200 Fl. zu stipuliren.

Frankreich.

irten⸗ Kammer. Sitzung vom 12. Februar. Mit D f des Jagdgesetzes kommt die Kammer sehr lang= fam vorwärts. Der größte Theil der heutigen Sitzung verging noch mit Debatten über die Ausnahmen, welche in dem Prinzip, daß vor Eröffnung der Jagd Niemand jagen dürfe, aufgestellt worden, daß nämlich die Eigenthümer von Besitzungen, die an ihre Wohnungen gränzen und rings umschlossen sind, zu jeder Zeit daselbst sollten jagen dürfen. Da hierunter nichts anderes als Parks gemeint sein können, und dieses Wort in den Ohren der linken Seite einen sehr üblen Klang zu haben scheint, so wurde der zweite Artikel von Herrn Lunau und anderen Rednern dieser Farbe heftig angegriffen. Sie verlangten, daß die Jagd außer der Zeit, wo sie . gestattet ist, allzemein verboten werde. Die Herren Vatout und Häbert dagegen fanden die Ausnahme noch nicht hinreichend und wollten, daß dieselbe auf alle eingefriedigte Besitzungen ausgedehnt werde, möchten dieselben an Wohnungen gränzen oder nicht. Gegen diese beiden An⸗ sichten, die sich im entgegengesetzten Sinn von dem Gesetz-Entwurf entfernten, machte der Großsiegelbewahrer Gründe geltend, welche die Beistimmung der Kammer erhielten. Die Amendements wurden theils zurückgenommen, theils verworfen, und der Artikel un⸗ verändert angenommen. Deu dritten Artikel, der den Präfekten die Bestimmungen über die Eröffnung und Schließung der Jagd anheim giebt, genehmigte die Kammer ohne bedeutende Debatte. Zu langen und lebhaften Erörterungen führte dagegen wieder der folgende Arti⸗ kel, der für die ganze Zeit, wo die Jagd verboten ist, den Verkauf, das Feilbieten und Kolportiren von Wild untersagt. Herr de la Plesse beantragte als Amendement hierzu, daß eben sowohl der Ankauf, als der Verkauf von Wild vor der gesetzlichen Zeit verboten werden soll. Der Großsiegelbewahrer widersetzte sich zwar diesem Amendement sehr entschieden, eben so Herr Crèmieux, welcher fragte, wie man denn verkauftes vom geschenkten Wildpret unterscheiden, und ob man eine Inquisition im Inneren der Wohnun— gen einführen wolle? Aber es wurde dennoch mit schwacher Maso— rität angenommen. Es entstand darüber einige Aufregung in der Kammer. Ein Mitglied bemerkte, daß erlegtes Wildpret auch aus dem Auslande eingebracht werde, man würde also künftig jedem Stück ein Ursprungs⸗Certifikat beifügen müssen, oder sollten auch der Käu⸗ fer von ausländischem Wildpret und der fremde Verkäufer bestraft werden? Ein anderes Mitglied fragte, ob man wohl Nebhuhn⸗-Eier, oder Fasanen, die in einem Vogelhaus auf⸗ gezogen wären, würde verkaufen können, und dergleichen mehr. Indeß ein von Herrn Leseigne ur vorgeschlagenes Amendement ging noch weiter, und wollte auch jeden Transport von Wildpret während der Zeit des Jagdverbots untersagt wissen. Es erhoben sich zahl⸗ reiche Stimmen dagegen. Der Groß⸗Siegelbewahrer gab zu bedenken, daß es doch dem Gutsbesitzer, der in seinem Park bei sei⸗ ner Wohnung ein Stück Wild geschossen, gestattet sein müsse, dasselbe nach einem anderen ihm gehörenden Domizil, oder zu seinen Freun⸗ den bringen zu lassen; oder solle er es etwa allein in seiner Umzäu⸗ nung essen? (Gelächter. Ein Mitglied: „Mag er es in seiner Wohnung essen.“ (Zur Abstimmung.) Herr Gillon: „Wenn der Transport nicht untersagt wird, so ist Ihr Gesetz nicht auszuführen. Der Wilddieb, wenn die Gendarmen ihn mit einem Stücke Wild treffen, wird dann behaupten, er habe es nicht selbst erlegt, auch nicht einmal gekauft, sondern er transportire es nur sür irgend Jemand, oder er habe es auf der Straße aufgenommen, wo es irgend ein Unbekannter aus Versehen habe fallen lassen.“ Als man nun endlich zur Abstimmung schreiten wollte, fand es sich, daß die Kammer nicht mehr in hinreichender Anzahl vorhanden war, und die Berathung mußte vertagt werden.

Schullehr Regierunge t Fl, für die zweite Meinung, jeder der

Paris, 13. Febr. Die Kommission für das Budget für 1845 ist nun vollständig ernannt. Das erste Büreau, das einzige, welches bis jetzt seine Kommissarien noch nicht gewählt hatte, nahm diese Wahl gestern vor. Sie fiel auf die Herren Languinais und Garnier Pages, Kandidaten der Opposition. Der Erstere erhielt 26, der Letztere 23 Stimmen. Die beiden konservativen Kandidaten, Herr Pouillet und Herr Delessert, hatten nur resp. 23 und 18 Stimmen. Die Kommission besteht nun aus 13 konservativen und aus 5 Op⸗ positions Mitgliedern; die Ersteren sind die Herren Meynard, Saunaec, Dejean, Felix Réal, Bignon, von Bussieres, Lepelletier d'Aulnay, Armand, Magnier de Maisonneuve, Tesnières, Vuitry, Baumes und Rihouet, die Letzteren die Herren Havin, Guin, Gustav von Beaumont, Languinais und Garnier Pages.

Gestern, vor der öffentlichen Sitzung der Deputirten⸗Kammer, versammelte diese sich in ihren Büreaus, um zuerst den Vorschlag des Herrn von Réömusat, wegen Ausschließung der Staats⸗-Beamten aus der Kammer, zu prüfen. Dieser Vorschlag ist der Kammer schon fünfmal, unter verschiedenen Formen zur Berathung vorgelegt worden: Erstens von Herrn Gauguier, dessen Proposition auf einen Bericht des Herrn von Rémusat selbst beseitigt wurde; dann von den Herren von Remilly, Mauguin und Pages und von den Herren Ganneron

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und von Sade, deren Vorschläge eben so wenig Erfolg hatten. Am Schluß der Session von 1842 wurde ein ähnlicher Vorschlag des Herrn Ganneron mit 198 gegen 190 Stimmen verworfen. Bei einer gleichen Anzahl von Stimmen, nämlich 388, wurde im vorigen Jahre der dasselbe bezweckende Vorschlag des Herrn von Sade mit 207 gegen 181 Stimmen beseitigt. Damals war jedoch die Verlesung von fünf Büregus genehmigt worden, und nur vier hatten sich dagegen erklärt. Gestern war die Maso⸗ rität dagegen eine entschiedene. Nach sehr lebhaften Debatten, die in den meisten Büreaus über drei Stunden dauerten, wurde die Ver⸗ lesung des Vorschlages, wie schon erwähnt, nur in 3 Büreaus ge— nehmigt, in den 6 andern aber abgelehnt, und im dritten Bürcau hatte überdies die Opposition nur eine Majorität von 2 Stimmen, im neunten errang sie den Sieg sogar nur mit einer einzigen Stimme, und weil Herr Amilhaud sich in dem Augenblicke der Abstimmung entfernte. Dazu kommt noch, daß mehrere Mitglieder, welche für die Verlesung stimmten, deshalb doch den Vorschlag nicht billigen, und in der Kammer gegen die Berathung darüber stimmen wollen. In diesem Sinne sprach sich z. B. Herr von Carné aus. Auch glaubt man, daß Herr von Lamartine seiner in der Sitzung vom 11. Februar 1842 ausgesprochenen Ansicht über diese Frage treu bleiben werde. Die Herren Thiers, von Rämusat und Duvergier d'Hauranne, welche sich besonders bemühten, die Verlesung des Vorschlages durchzubringen, schienen durch die Mäßigung und Vorsicht, mit der sie sich aussprachen, auf die konservative Seite zu Gunsten des Vorschlages einwirken zu wollen, was ihnen jedoch nicht gelang. Die Konservahiven erblicken in dem Vorschlage nur den Zweck der Opposition, für den Augenblick das Kabinet zu stürzen und die Majorität zu spalten, für die Zukunft aber das ganze bestehende Wahlspstem in Frage zu stellen. Der Großsiegelbewahrer bekämpfte den Vorschlag mit großem Nachdruck als einen Angriff auf die Freiheit der Wahlen. Die anderen Minister beschränkten sich darauf, ihn für unzeitig zu erklären, und Herr Guizot kün⸗ digte förmlich an, daß er dem Vorschlag auf allen Stadien entgegentreten werde. Herr Thiers sprach seine Ansicht dahin aus, daß ihm dreierlei erforderlich scheine: erstens verlange er nicht, daß die Kammer den Staatsbeamten gänzlich verschlossen werde, sondern nur, daß Indivi— duen, die ihre 40 Jahre erreicht hätten, ohne ein öffentliches Amt zu bekleiden, nicht der Kammer sich als Mittel bedienen könnten, um dazu zu gelangen; zweitens wolle er der rechtmäßigen Beförderung eines Deputirten, der ein Regierungs-Amt bekleide, nicht hinderlich sein, das wäre barbarisch, sondern er verlange nur, daß die Besörde⸗ rung auf regelmäßige Weise stattsinde, ohne gleichzeitige Uebersprin—⸗ gung mehrerer Stufen, und ohne Verletzung aller hinsichtlich der nicht der Kammer angehörenden Regierungs- Mitglieder beste⸗ henden Vorschriften; drittens wolle er auch nicht die Rechte der Wähler beschränkt, sondern nur die Liste der in die Kammer nicht wählbaren Personen erweitert wissen; so sollten z. B. die niederen Rechts Beamten, wenn dieselben Aemter inne hätten, von denen sie nicht entsetzt werden könnten, ausgeschlossen werden, denn es scheine ihm, daß diese Beamten eben so sehr als administrative gelten müß⸗ ten, wie die Präfekten und Unter-Präfekten, und doch falle es Nie⸗ mandem ein, das Ansehen der Letzteren in der öffentlichen Meinung dadurch für vermindert zu halten, weil ihre Functionen für unverein⸗ bar mit einem Sitze in der Kammer erklärt seien.

„Ich will“, sagte Herr Thiers unter Anderem, „hier nicht auf die Frage von der Abhängigkeit der Beamten eingehen; Niemand hat wie ich die Beamten vertheidigt, Niemand hat sie so enen gisch auf der Tribüne gegen leidenschaftliche Angriffe und unter schwierigen Verhälinissen in Schuß ge— nommen. Wovon ich ausgehe, das ist die große Schwierigkeit, bei dem jebigen Zustande der Dinge das Wahlspstem und die Centralisation mit einander in Einklang zu bringen, denn das Erstere ist die Grundlage unse— res Staatsrechts, die andere ist das Unterpfand und die Bürgschaft unserer Unabhängigkeit als Nation. Der Vorschlag will nichts Anderes, als was man in allen freien Ländern gewollt hat, was man in England auch will, wo doch das Munizipal-System so tiefe Wurzeln geschlagen hat, wo die Centralisation bei weitem nicht dahin gelangt ist, wo sie f in Frankreich befindet. Ueber 20 Bills sind in England schon in Bezug auf die im Par— lamente sitzenden Beamten eingebracht worden, und die Zahl dieser Beam— ten beträgt dort nicht den zehnten Theil von denen, die in unse⸗— rer Kammer sitzen; es ist also keine Oppositions-Grille, der wir genügen wollen, es ist eine Bahn, die wir der Regierung in dem eigenen Interesse der Verwaltungs-Unabhängigkeit eröffnen. Wir verlangen auch nicht das absolute Gute von Ihnen. Keinesweges. Wir wollen nur die oben von mir bezeichneten drei Punkte. Bei unserem Vorschlage werden Sie immer noch an 150 höhere Staats⸗Beamte in der Kammer behalten. Aber Sie werden doch das Deputirten Mandat nicht zu einer Uebergangs— schwelle machen wollen, Sie werden nicht wollen, daß kleinlicher Ehrgeiz auf diesen Grund hin in Ihrer Mitte einen Platz suche. Man begreift nicht, wie Männer, die am Anfange ihrer Laufbahn stehen, das Land in der Kammer über Dinge belehren wollen, von denen sie selbst nichts ver= stehen. Wie können z. B. ein Controlleur, ein Hauptmann Deputirte sein? Das sind Mißbräuche, welche beseitigt werden müssen, um den schlimmen Folgen vorzubeugen, die daraus entstehen, und die zum Sturz der Repräsen⸗ tativ⸗Regierung führen, welche man doch eben so sehr wie die Monarchie aufrecht erhalten will.“

Obgleich die Rede des Herren Thiers mit großer Aufmerksam— keit angehört worden war, so wurde dennoch in seinem Büreau die Verlesung des Vorschlages, mit einer Majorität von 6 Stimmen zu— rückgewiesen. Im siebenten Büreau, in welchem Herr Odilon Barrot für den Vorschlag sprach, wurde die Verlesung desselben ebenfalls, wiewohl nur mit 20 gegen 19 Stimmen abgelehnt. Im Ganzen

stimmten von den 381 in den Büreaus auwesenden Mitgliedern 203 gegen und 175 für die Verlesung, und 3 Mitglieder enthielten sich des Mitstimmens.

Die Büreaus beschäftigten sich dann auch noch mit dem Vor— schlage des Herrn von Briqueville, in Bezug auf die Beisetzung der Asche des Generals Bertrand, welche, diesem Vorschlage gemäß, in der Nähe der Asche Napoleon's ihre Ruhestätte erhalten soll. Von den Büreaus erklärten sich 7 für die Verlesung des Vorschlages in öffentlicher Sitzung. Die Gegner geben als Grund an, daß der letzte Wunsch des verstorbenen Generals selbst dahin gegangen fei, neben seiner Mutter bestattet zu werden. Herr von Briquev'lle erklärte je⸗ doch, daß die Familie des Generals einen Beweis der National-Syin⸗ pathie gewiß sehr dankbar aufnehmen würde, und daß der von dem Verstorbenen vor seinem Tode ausgesprochene Wunsch wohl nur seiner großen Bescheidenheit zuzuschreiben sei, die ihn an eine solche Ehre habe denken lassen. Gegen den Einwand des Herrn Richond Desbrus. daß der Ruhm Napoleon's zu groß sei, als daß neben ihm im Dom der Invaliden noch ein Anderer ruhen dürfe, führte Herr Chabaud Latour an, daß ja neben dem Grabmal des Kaisers in den Seiten⸗ schiffen sich bereits die Grabmäler von Turenne und Vauban befän⸗ den, und daß neben diesen auch wohl ein Grabmal des Generals Bertrand seinen natürlichen Platz finden könne.

Baron Pasquier, der Präsident der Pairs-Kammer, ist von sei⸗ ner letzten Krankheit wieder genesen.

HH Paris, 13. Febr. In der heutigen Sitzung der Deputirten⸗ Kammer unter dem Vorsitze des Herrn Bignon verlas Herr von Rémusat seinen Antrag wegen der parlamentarischen Inkompatibilitä— ten. Er bittet dann um die Erlaubniß, denselben am Mittwoch, den 21. Februar, begründen und entwickeln zu dürfen, was bewilligt wird. Die Kammer setzte darauf die Diskussion des Jagd- Polizei-Gesetzes fort, in der sie gestern bei Art. 4 stehen geblieben war. Dieser Ar⸗ likel betrifft das Verbot des Verkaufs von Wild zur Zeit, wo die Jagd geschlossen ist; daun das Verbot der Zerstörung von Eiern und Jungen der Fasanen, Wachteln und Rebhühner auf dem Grund und Boden eines Anderen, so wie den Verkauf derselben. Herr Vatout sieht durch diesen Artikel die Rechte der Eigenthümer allzu sehr be⸗ schränkt. Man erlaube ihnen, auf ihrem Boden zu jagen, wolle ihnen aber den Transport des erlegten Wildes verbieten. Herr Lunean sieht in dieser Schwierigkeit nur das Resultat der Annahme des von ihm bekämpften Art. 2. Man hätte gar keine Ausnahme der Jagd zur Zeit des Schlusses derselben gestatten sollen. Herr Crémieux will diese Schwierigkeit durch die Erläuterung heben, daß nicht der Transport, sondern nur das Kolportiren des Wildes Behufs des Verkaufs desselben verboten werde. Jeder Eigenthümer kann das erlegte Wild zu sich nach Hause bringen lassen. Herr Glais⸗-Bizoin macht mehrere ähnliche Bemerkungen. Der Siegelbewahrer tritt der Auslegung des Herrn Crémieux bei. Nur der Verkauf des Wildes durch Kolportiren begründe ein Vergehen. Herr de Morny will auch dem Eigenthümer die Jagd auf eigenem Grund und Boden zur verbotenen Zeit untersagt wissen. Es dürfe keine Ausnahme, kein Privilegium durch das Gesetz begründet werden. Endlich wird der erste Theil des Artikels 4 nach einem Amendement des Herrn Leseigneur angenommen. Es soll demnach die Jagd und der Verkauf des Wildes zur verbotenen Zeit in allen Departements überhaupt verboten sein. Auch ein Vorschlag des Herrn von Golbery, wonach Nachsuchungen nach Wild nur bei Händlern, in Wirthshäusern und anderen öffent⸗ lichen Orten erlaubt sein soll, wird angenommen. Ein von Herrn Maurat Bellange vorgeschlagenes Amendement zum zweiten Theil des Artikels wird verworfen, dagegen eine von Herrn de Morny vorge— schlagene veränderte Fassung desselben angenommen, obgleich der Siegelbewahrer sie bekämpst hatte. Auch der Art. 4 in seiner Ge⸗ sammtheit wird nun nach der neuen Fassung votirt; eben so der erste Paragraph des Art. 5. Zu den §§. 2 und 3 sind nicht weniger als sechs Amendements vorgeschlagen. Die Sitzung dauert fort.

Herr Bignon ist zum Präsidenten, Herr Voitry zum Secretair der Budget-Kommission ernannt worden.

7 Paris, 13. Febr. Unter dem Ministerium vom 1. März machte Herr Remilly, Deputirter von Versailles, einen Antrag in Betreff der Inkompatibilitäten, der dem des Herrn von Rémusat gleicht, dessen gestern in den Büreaus genehmigte Lesung heut in der Deputirten⸗Kammer stattfinden wird. Herr Thiers, damals Minister— Präsident, hatte es bekanntlich zu bewirken gewußt, daß der Antrag, um uns des klassischen Ausdrucks zu bedienen, in den Büreaus be graben wurde, weil man damals dem Ministerium keine Verlegen⸗ heit bereiten wollte. Man sagte, die Annahme eines solchen Antrags würde die Auflösung der Kammer herbeiführen. Jetzt ist Herr Thiers nicht mehr Minister, er hat folglich auch nicht mehr dieselben Besorg⸗ nisse, und weit entfernt, in der Annahme des Antrags einen Nach— theil zu sehen, hält er denselben vielmehr für nützlich. Herr von Rémusat hat den Antrag gemacht, allein derselbe geht in Wirklichkeit von Herrn Thiers aus, der ihn durch seinen ehemaligen Kollegen hat vorle—⸗ gen lassen. Um was handelt es sich im Grunde? Um eine Parlaments⸗ Reform. Aber dann fragt man sich, warum Herr Thiers einen ähnlichen Antrag vor vier Jahren hat begraben lassen. Entweder ist die Ne⸗ form nützlich, oder sie ist es nicht; im ersteren Falle mußte man sie in früherer Zeit nicht zurückweisen, im letzteren Falle sie heute nicht

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Seite die weißen Pfauenschweife, und zu seinen Füßen alles Volt lie end, um Segen flehend und beglückt durch seinen 23 eine erehrung diesem Fürsten weihend, wie sie kein anderer genießen kann!

Und nun ist der jeßige Papst eine durchaus würdige Gestalt, seine Ile

voll des geistigen Ausdrucks, der Liebe und Hochachtung einflößt, nicht ach=

tet er, wie es scheint, auf allen Glanz, der ihn umgiebt. Wahrlich, es ist schwer, in solchen Momenten an dieser Veneration innerlich keinen Antheil zu nehmen. Bald übertönt jedoch das Wort: „Mein Neich ist nicht von dieser Welt“ wieder alle Fragen, die sich in der Seele aufrichten. Der Tag nach Weihnachlen ist in der katholischen Kirche dem heiligen

Slefanus, dem ersten Märtyrer, geweiht; unter den vielen Tempeln, die ihm hier errichtet, wird keiner an diesem Tage mehr besucht, als S. Ste⸗ sano rotondo. Diese Kirche liegt in einer jetzt einsamen, verlassenen Ge⸗ gend auf dem Monte Celio und pflegt nur an diesem Tage geöffnet zu werden,. Die Fremden versäumen daher diese Gelegenheit nicht, den eigen⸗ ihümlichen alten Bau, der dem Anfange des 6ten Jahrhunderis angehört, in Augenschein zu nehmen, das hiesige Volk aber strömt heibei, um die Fresken des Pommeranzio zu betrachten, welche rings die Wände bedecken

in ie haf Natürlichleit die Qualen und Foltern der heiligen en.

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aber gerade vor die . bald inne, daß ie Ee. Volkes weit besser dienen, als alle . jene eher zu loben, als

eineg solchen Presepio mit Hen

. aufgebaut, die Figuren, und besond lirche von

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den Gesichtszügen; die Beleuchtung machte, da es schon dämmerte und die übrige Kirche in Dunlel sich hüllte, einen magischen Effelt, hier und da lagen Betende, und die tiefe Stille in den weiten Räumen stimmte ohne— hin zur Andacht.

Von den Festlichkeiten, welche St. Splvester und der erste Tag des neuen Jahres mit sich brachten, will ich nicht sprechen; sie boten wenig Eigenthümliches dar, und in die Kirche der Jesuiten, wohin sich der Papst am Splvester-Abend begab, konnte ich wegen des ungemeinen Zudranges nicht gelangen.

Epiphanias bringt dann ein anderes, neues Leben. Am Abend vor dem Feste werden die Kinder, wie bei uns am Christ-Abend, beschenkt. Die Geschenke bringt angeblich ein altes Weib, Beffana genannt, wie bei uns der Knecht Ruprecht. Die Dienstboten erhalten ebenfalls Gaben. Die Presepien werden in den Kirchen abgebrochen und die folgende Zeit ist ande⸗ ren , , . eingeräumt, als die sich zunächst an die elne des Heilands lnüpfen. Die Erscheinung der Weisen aus dem Morgenlande verweist auf die Völker, die 6 Dunlel liegen, und richtet somit den Blick auf den Missions⸗ beruf und die Missionsthätigleit der Kirche. Vornämlich hat sich hier die Propa—= ganda hervorzuthun. In ihr wird am Feste selbst ein äußerst solennes Hochamt

ehalten, an den beiden . Tagen aber das in aller Welt bekannte

prachfest. Auch hier ist Klles auf ein glänzendes Schauspiel berechnet, aber es ist ein Schauspiel eigener Ari, wie es eben nur Nom darbieten kann. Zu dem Esercizio Accademico, che danno gli Alunni del pontisicio col- sesio. Urbang de prehaganda side in onore dei santi Re Magi denn dies ist der offizielle Titel des sogenannten Sprachfestes wird durch Kar⸗ ten schon einige Tage vorher eingeladen, die Gäste werden von den Lehrern des Collegs mit der ausgezeichneisten Zuvorkommenheit empfangen und in den Hörsaal geführt, der einfach und nicht eben sehr geräumig ist. Die 4 linge sitzen im Halbkreis auf einer erhabenen erb. alle in gleicher Kleidung, aber in den Gesichtszügen, wie in der Hal n . die verschiedenarlige Abstammung verrathenb. Nach einer lur ischer

en . Einleitung fingen sie dann an, ' jeder in seiner Sprache, daz Wunder der

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bino, geschickt gearbeitet und von wahrem, rein menschlichem Ausdruck in

Geburt des Heilands, das aller Welt wiederfahren, zu verkündigen. Kurze

poetische Stücke, alle verwandten Inhalts, hörte man dann rasch nachein⸗ ander in 49 Sprachen vortragen; mehr Sprachen, glaube ich, als Kardinal Mezzofanti spricht, und von denen sicherlich die meisten unverstanden ver⸗ hallten. Natürlich kommt bei solchen Exhibitionen viel auf den Vortrag an, dieser war oft nicht eben sonderlich, das meiste wurde abgelesen, und auch dann zeigten sich bisweilen noch Hindernisse. Besonders zog n 6. ger Chinese durch seinen kecken bizarren Vortrag im Dialekt i g nnen die Aufmerksamkeit auf sich und gewann sich den Applaus . w . Das derbe Soizzero, das Einer von S. Gallen sprach, machte . . auf die Schweizergardisten, die im Saale gufgtstellt wah und nbi? . ren Effekt, es mochte sie an die Heimat mahnen, wie * ,, an 5. leute das sentimenlale deutsche Gedicht, das ein . e, er e,, 66 haft an andere Jelten erinnert. Neben denn aus Schur n zel ang. das Tedesco anticg gehört, indem ein . Das Ganze schloß mit ein deutsches Gedicht recht wohlklingend ve sesn eit aben bem Yblisu r unk sss⸗ humotistisch gehaltenen Scene, zn gelen! Wieser Schluß stßr te die knn. die geschenite zlufmerksamhest abstgttetsen Sonterbärfesten 'in dem Ge nr dung, welche die Feierlichkeit ichefuhle faßt 286 icli erhebendes Gefühl, daß das Christenthum hier hurickließ. Denn es iii in nr Jungen zu lünen Zwecke zusammingefühtt wweenschen 26 5e rn. ein den verschiedensten Sprachen nur Einen preisen, hat 6 2 gibi und Erde geschaffen, und sich uns in seinem Sohne offenbart hat. jphanias i sssi e nach Epiphanias ist zu Missions-Predigten oder vlelmehr a 6 g sich gestaltet hat, zu Controvärs-Predigten gegen 83 rote slantis mus bestimmt. Ein vorzügliches , . unter den Kanzel⸗ Re n genießt jetzt der Pater Ventura, ee. eneral des Theatiner⸗ tvens, welche Würde er niedergelegt haben soll, um sich ganz dem Berufe 5 redigers widmen zu önnen, Um ihn versammelte sich daher an jedem achmittäge in der prächtigen Kirche der Theatiner S. Andrea della Palle, ein eben so zahlreiches als gewähltes Publikum. Auf einem mäßi erhabenen Gerüst, auf dem das Kreuz erhöhl war, befand sich ein ein facher Tisch mit einem

man aber auch hierüber denken mag, so

wieder anregen. Aber es ist nicht die Reform, die Herr Thiers im Auge hat; er glaubt, der Antrag sei von der Art, daß er dem Ka⸗ binette Verlegenheiten bereite, und deshalb hat er denselben von Herrn von Rémusat in der Kammer vorbringen lassen. Die Lesung desselben ist von drei Büreaus genehmigt worden und muß mithin stattfinden. 176 Mitglieder waren dafür und 209 dagegen, und dies Verhältniß zeigt bereits, daß keine Chance für die Annahme vorhan⸗ den ist. Die Opposition weiß dies im voraus, allein sie glaubt, die Diskussion werde dem Ministerium nicht günstig sein.

Durch Aufnahme dieser politischen Frage in die Arbeiten der Kammer wird man wieder eine kostbare Zeit verlieren. Die Kam⸗ mer ist seit länger als sechs Wochen versammelt und hat bis jetzt noch nichts gethan. Der Antrag des Herrn von Rémusat wird nur die durch die Adreß⸗-Debatten herbeigeführte Aufregung verlängern, und da er doch zuletzt nicht angenommen wird, so werden die Be⸗ amten nach wie vor ruhig in der Deputirten-Kammer sitzen. Die Anwesenheit der Beamten in der Kammer hat allerdings ihre Nach⸗ theile; allein das ist es nicht, was die Opposition will, denn nichts wäre ihr leichter gewesen, als unter dem Ministerium des Herrn Thiers die Reform auszuführen; ja, noch mehr, wenn dieser wieder ans Ruder gelangte, so würde er eben so wenig von dieser Reform etwas wissen wollen, wie Herr Guizot. In den Büreaus hat diese Angelegenheit die verschiedensten Ansichten und Argumente zu Tage gebracht. Herr Thiers mußte natürlich an der Dis⸗ kusston Theil nehmen. Er begann mit der Erklärung, daß der Antrag nicht den Zweck habe, Interpellationen herbei= zuführen; der Zweck sei ein weit ernsterer und solle einem noth— wendigen Bedürfnisse abhelfen. Was Herrn Thiers präolfupirt, ist die unermeßliche Schwierigkeit, bei dem gegenwärtigen Zustande der Dinge das Wahlsystem und die Centralisation zu vereinigen, von de— nen das erstere die Basis unseres öffentlichen Rechts, das zweite das Unterpfand und die Garantie unserer Unabhängigkeit als Nation ist. Herr Thiers verlangt nicht das ab solut Gute, aber er und seine Partei wollen dreierlei erlangen:

„I) Wir verschließen den öffentlichen Beamten“, sagt Herr Thiers, „nicht den Eintritt in die Kammer; wir wollen nur, daß derjenige, welcher vierzig Jahre alt geworden ist, ohne Beamter zu sein, nicht den Sitz in der Deputirten-Kammer als ein Mittel ergreife, um ein Amt zu erhalten. Bei unserem Antrage werdet Ihr immer noch 150 höhere öffentliche Beamte in der Kammer haben. Wollt Ihr, daß man sich der Deputirten-Kammer als eines Fußschemels bedient? Wollt Ihr, daß die kleinen Ehrgeizigen in Eure Mitte kommen, da— mit sie wegen ihrer Ansprüche als Deputirte ein Amt erlangen? ) Wir wollen den Beamten, welche Deputirte sind, das gesetzliche Avancement nicht untersagen; das wäre eine Barbarei; wir wollen nur, daß der Deputirte allein nach der hierarchischen Ordnung avan— cinen könne, ohne mehrere Stufen auf einmal zu überspringen, ohne Alle gewöhnlichen Regeln zu verletzen, die für seine Kollegen, die nicht Deputirte sind, gelten. Wollt Ihr den Skandal der unglaublich schnellen Avancements? 3) Wir wollen dem Rechte der Wähler keinen Zwang authun; wir wollen nur die Inkompatibilitäten weiter ausdehnen. Wir glauben z. B., daß die unteren Magistrats Beamten, da sie absetzbar sind, nicht wählbar sein dürfen. Die Mitglieder des Parquets sind eben so mit einer wirklichen Verwaltung beauftragt, wie die Präfekten, die Unter-Präfekten. Hat man nun etwa die Präfekten dadurch herab gewürdigt, daß man erklärte, ihre Functionen seien mit der Stellung eines Deputirten unvereinbar?“

Trotz dieser Erklärungen hatte der Antrag bei der Abstimmung

im vierten Büreau 25 Stimmen gegen und nur 19 für sich.

Grossbritanien und Irland.

Unterhaus. Sitzung vom 10. Februar. Das Haus versammelte sich heute, am Sonnabende, was sonst nicht zu geschehen pflegt, auf kurze Zeit und erledigte einige Geschäfte, um die gestern versäumte Sitzung nachzuholen. Sir James Graham kündigte eine Bill zur Verbesserung des Armengesetzes an, deren Bestimmungen sich hauptsächlich auf die Bastards⸗Klausel beziehen und eine größere Ver⸗ antwortlichkeit dem Vater eines unehelichen Kindes auflegen. Die Bill erhielt die erste Lesung. Eine Antwort des Kolonial-Mini⸗ sters, Lord Stanley, auf eine Frage Sir George Staunton's über die Absichten der Regierung hinsichtlich des Opiumhandels ist aus den übrigen Verhandlungen hervorzuheben. Der Mini— ster erklärte, daß bei der fortgesetzten Neigung des chinesi⸗ schen Volkes, Opium zu genießen, Zwangs Maßregeln zur Unterdrückung dieses Handels unanwendbar und unmöglich wä— ren. Die Regierung wolle deshalb mit dem chinesischen Gou— vernenient in Unterhandlung treten, um den Handel unter gewisse gesetzliche Nestrictionen zu stellen. Sir Henry Pottinger habe bereits Eröffnungen dieserhalb der chinesischen Regierung gemacht; mit welchem Erfolge aber könne er nicht sagen. Bis jetzt müßten indeß die bri⸗ tischen Contravenienten den verschuldeten chinesischen Strafen unter— worfen bleiben und könnten nicht auf den Schutz des britischen Gou⸗ vernements rechnen. Lord John Russell kündigte zum Schluß der Sitzung, trotz des Einspruchs des Ministers Graham, seine Motion iber den Zustand Irlands zum nächsten Dienstage an.

London, 12. Febr. Die vorgestern durch den Globe ver— breitete Nachricht von der Verzögerung des O'Connellschen Prozesses bestätigt sich nicht. Dasselbe Blatt bringt heute die Verhandluͤngen der dubliner Queens-Bench vom gten und 190ten d. M., woraus hervorgeht, daß von dem Richter-Personal allein der Oberrichter den vorschrifts= mäßigen Vortrag gehalten hat, welcher dem Gerichtshofe alle von

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den Parteien für und wider die Sache geltend 6 noch einmal wiederholt und das gerichtliche Verhör definitiv beendet. Der Vortrag des Oberrichters begann in der Sitzung am gen, nach⸗ dem der General⸗Fiskal seine Replik geschlossen; er wurde in der Sitzung vom 10ten fortgesetzt und geendet und die Jury aufgefordert, ihr Verdikt abzugeben. Die Jury hat in der selven Sitzung ihr Verdkkt abgegeben.

Bevor wir auf die Verhandlungen des Gerichts indeß weiter eingehen, ist es nöthig, sich die Anklage⸗Akte zurüctzurufen, auf deren einzelne Punkte sich die Entscheidung der Jury bezieht, und welche zum Verständniß des Verdikts darum unerläßlich ist.

Die Anklage lautete in ihren einzelnen Punkten wie folgt: (vergl. Allg. Pr. Ztg. Nr. 26) ) die Angeklagten haben sich mit anderen unbekannten Personen in gesetzwidriger und böswilliger Weise verschworen, Unzufriedenheit unter den Unterthanen Ihrer Majestät, Haß und Eifersucht unter den verschiedenen Klassen, Mißvergnügen in der Armee, so wie Verachtung der vom Staate autorisirten Ge⸗ richtshöfe zu erregen, ferner, auch Veränderungen in der Regierung und Verwaltung des Landes herbeizuführen und beide verächtlich zu machen; 2) (es werden dieselben Punkte des ersten Abschnitts wie— derholt, nur die Beweise, welche dort angeführt sind, ausgelassen); 3) es sind Versammlungen zu aufrührerischen und gesetzwidrigen Zwecken gehalten worden; 4) man hat Mißvergnügen und Abneigung gegen die Regierung in der Armee zu wecken versucht; 5 man hat sich verschworen, die Regierung Ihrer Majestät in Verachtung und Mißachtung zu bringen; 6) man hat Einschüchterungen versucht, um Veränderungen in der Negierung und Verwaltung zu bewirken; 7) man hat gestrebt, die legislative Union zwischen England und Irland aufzuheben; 8), M und 10 man hat versucht, die Gerichtshöfe des Staats durch Einrichtung der Privat-Schiedsgerichte zu verunglim— pfen; 11) es sind Versammlungen großer Massen von Menschen ver— mittelst Einschüchterungen zu Stande gebracht worden, wo man auf— rührerische Reden und Schriften gehalten und verbreitet hat.

Gleich nach Beendigung des Vortrags des Oberrichters wurde die Jury in ihr Zimmer geleitet und unter Bewachung des Sheriffs gestellt. Der Oberrichter bedauerte, ihr erklären zu müssen, daß die Strenge des Gesetzes in dem gegenwärtigen Falle nach Beendigung der Anklage Verhandlungen aufrecht erhalten werden, daß sie dem= nach bei verschlossenen Thüren die Nacht oder noch länger in dem Gerichtszimmer verharren müßte, bis sie ein einstimmiges Verdikt ab⸗ gegeben hätte. Indeß bedeutete der Richter Crampton, er habe Sorge getragen, daß sie mit einigen Erfrischungen von „mäßigem Charakter“ versehen werden könnten (Gelächter), was bekanntlich den Worten des alten Statuts „die Jury soll ohne Speise und Trank, ohne Licht und Feuer bleiben“ zuwiderläuft, aber zu jetziger Zeit niemals unterlassen wird. Die Jury wurde demnach um 77 Uhr Abends eingesperrt.

Die Geschäfte des Gerichts waren während der Berathung der Jury suspendirt, doch blieb der Hof versammelt, um sogleich nach Beendigung derselben, seine Verhandlungen wieder aufnehmen zu können. Der Saal war in dieser Zeit zum Erdrücken angefüllt. Da man durch Unterhaltung sich die Zeit vertreiben wollte, und die⸗ serhalb auf alle möglichen Scherze und Schwänke kam, so z. B. die Stimmen der Ausrufer nachahmte, falsche Gerüchte verbreitete, Wetten anstellte, so entstand ein so gewaltiger Lärm, daß alle Be⸗ a n der Beamten, Nuhe herzustellen, fruchtlos blieben, und der ganze Gerichtshof einem kleinen Theater während des Zwischenaktes glich. Draußen bot das versammelte Volk nicht weniger ein echt irländisches Schauspiel; eine unwillige, ängstliche und aufgeregte Volksmenge hatte sich gesammelt, die jede Minute an Zahl zunahm, bis die runde Halle mit einer kompakten Masse menschlicher Wesen angefüllt war, und die äußeren Höfe nur durch Spaliere von Polizei⸗Soldaten gangbar wur⸗ den. Eben so war der Kay außen an dem Gerichtsgebäude von der niedrigsten Klasse des dubliner Volks angefüllt, welche sich die Zeit damit vertrieb, daß sie die Polizei verhöhnte, oder die Vorgänge wäh⸗ rend des Verhörs mit großem Eifer und „Gusto“ diskutirte. Eine Abtheilung berittener Polizei patrouillirte durch ihre Massen, um den Fahrweg in Etwas frei zu erhalten, während Abtheilungen desselben Corps in Zwischenräumen längs der Kay⸗Brüstung aufgestellt waren.

Endlich fanden sich der Richter Erampton und die übrigen Justiz⸗Beamten, so wie die Kron-Anwälte und die Rechtsbeistände der Angeklagten, welche sich auf kurze Zeit zurückgezogen hatten, wieder ein, und es wurde etwa um 94 Uhr nach der Jury geschickt, um ihr anzuzeigen, daß der Gerichtshof wieder versammelt waͤre. Der Vor— sitzer der Jury trat herein und sagte: „Mylord, wir sind noch nicht ganz fertig.“ (Große Sensation im Gerichtshofe.) Richter Crampton: „Sehr wohl, meine Herren, ich werde warten.“ Der Richter zog sich zurück und erschien erst 19 Minuten vor 11 Uhr, während welcher Zeit derselbe Lärm wie früher die Versammlung un terhielt. Auf die jetzige Aufforderung trat endlich die Jury unter der tiefsten Stille in den Gerichtssaal ein und es fand folgende Ver handlung statt:

Der Vorsitzer der Jury: Mylord, sollen wir über jeden einzelnen Punkt der Anklage unser Verdilt geben?

Nichter Crampton: Ja, meine Herren.

Der Vorsitzer: Und müssen wir über jeden Punkt ein Verditt geben, mögen wir übereinstimmen oder nicht?

Richter Crampton: Gewiß; wenn Sie über jeden Punkt darüber alle übereinstimmen, so haben sie blos „Schuldig“ oder „Nicht schuldig“ zu sagen. Wenn Sie über einige Punkte übereinstimmen und über andere nicht, so werden Sie diejenigen angeben, über welche Sie übereinstimmen und auch die Namen der Angeklaglen in Bezug auf welche Sie überein⸗ gestimmt haben.

Die Jury zog sich hierauf zurück und erschien nach 20 Minuten

wieder mit dem Verdikt. Der Kronschreiber rief die Namen der Jury Mitglieder und darauf die der Angeklagten auf; Alle antwor⸗ teten bis auf Daniel O'Connell und John O Connell. Beide wurden auf Grund ihres Bürgschafts⸗Reverses aufgerufen. Herr Forde, der Anwalt O'Connells, erschien für diesen. Außer ihnen fehlten noch die Angeklagten Tierney und Duffy.

Der Kronschreiber Gu den Geschworenen): Meine Herren, haben Sie ein einstimmiges Verditt?

Der Vorsitzer: Ja. (Große Aufregung.)

Der Kronschreiber (liest das ihm ausgehändigte Verdikt): Ueber den ersten Anklagepunkt finden Sie, meine Henren, kein Urtheil; über den zweiten ebenfalls kein Urtheil; über den dritten sagen Sie, daß Daniel O'Connell, Richard Barrett und Charles Duffo schuldig sind; über den vierten Punkt sagen Sie, daß D. O'Connell, J. O'Connell, T. M. Rap, T. Steele, C. Duffp und R. Barrett schuldig sind; über den fünften sagen Sie, daß D. O'Connell, J. O'Connell, T. M. Ray, J. Gray, T. Steele, C. Duffy und T. Tierney schuldig sind; über den fech sten sa— gen Sie nichts; über den siebenten sagen Sie, daß D. O'Connell, J. O'Connell, T. M. Nay, J. Gray, T. Steele und C. Duffo schuldig sind; über den achten und neunten Punkt finden Sie kein Urtheil; über den zehnten entschieden Sie, daß D. O'Connell, J. O'Connell, T. M. Ray, T. Steele, J. Grag und C. Duffy schuldig sind; über den elften endlich finden Sie kein Urtheil und derselbe trägt nur die Unterschrift des Vorsitzers.

Richter Crampton: Sie müssen ihr Verdikt wieder zurücknehmen.

Sie haben gewisse Angeklagte in einigen Punkten schuldig befunden, ohne die Anderen zu nennen; Sse sollten nun aber diejenigen, deren Namen Sie weggelassen haben, nennen und dabei „nicht schuldig“ sagen. Ueberhaupt müssen Sie, wenn Sie in Betreff einiger der Angellagten verschiedener Meinung sind, es angeben und die Personen namhaft machen. „Ein Geschworener; Mylord, wir stimmen Alle überein. Es herrscht keine Verschiedenheit der Meinung unter uns, und wir sind nur in Betreff der Abfassung der Entscheidun⸗— gen nicht ein verstanden, (Große Aufregung) Die Jury nitt ab, um sich über diese Form zu berathen.

Ein ungeheures Vivatrufen erhob sich in diesem Augenblick außerhalb des Gerichtshofes zu wiederholtenmalen. Es hatte Jemand das Gerücht von O'Connell's Freisprechung verbreitet. Der Ober-Sheriff befahl den Polizei-⸗Konstablern im Wiederholungsfalle die Halle zu fäubern. ͤ Es war mittlerweile Mitternacht geworden, und die Jury berieth sich noch. Dies rief eine merkwürdige Diskussion hervor, welche von beiden Parteien mit einer auffallenden Aengstlichkeit wegen der mög-⸗ lichen Begehung eines Versehens, das auf die Entscheidung einwirken könnte, geführt wurde. Der General-Prokurator hielt den Gerichtshof für nicht kompetent, das Verdift der Jury Sonnabend Abends nach Mitternacht, also schon am Sonntage, anzunehmen, und trug auf die Vertagung desselben bis Montag früh um 8 Uhr an. Der Richter Crampton zweifelt, ob es gewiß sei, daß nach 12 Uhr das Verdikt nicht mehr angenommen werden könne. Der General-Prokurator ist dessen auch nicht ganz gewiß, er kennt kein Präcedenz dieser Art und kann allerdings nicht behaupten, daß das Verdikt alsdann ungültig wäre; aber er hält es für sicherer, zu vertagen. Die Sachwalter der Angeklagten verhalten sich ganz passiv und geben gar keine Auokunft, 2 Zeit . . verstreichen. Da endlich, nachdem eine Partei eine entschiedene Antwort gegeben, vertagt der Richter Crampton die Sitzung bis Montag. . ; 37

Ver Anwalt Mahney reicht im Namen der Angeklagten hierauf einen schriftlichen Protest gegen die Kompetenz des Gerichtshofes, sich Sonnabend Nachts nach 12 Uhr zu vertagen, ein. Die Jury wird . und derselben erklärt: ,

Richter Erampton: Ich bedauere, Ihnen folgende unangene Mittheilung machen zu müssen. Man hat . . daß e i. Ihr Verdikt zu empfangen, nach 12 Uhr erlischt, und ich muß Ihnen daher mit Bedauern erklären, daß Sie bis Montag früh eingesperrt bleiben müs⸗ sen. Die Schuld liegt dalsan, daß die Verhandlungen heute Morgen so spät begonnen haben, was unmöglich zu verhindern war. Man wird? Alles thun, um Ihre Lage so behaglich und angenehm als möglich zu machen und es wird Ihnen auch freistehen, unter der Obhut des Ober Sheriffs Sonntag dem Gottesdienste beizuwohnen. ö ö

Die Sitzung wurde somit aufgehoben.

Bis Sonntag Mergens um 2 Uhr ist in Dublin Alles ruhig geblieben. Starke Abtheilungen Polizei⸗Soldaten patrouilliren und alle Truppen der Garnison stehen bereit, jeden Augenblick auszurücken. Herr O'Connell hat den Gerichtshof, seitdem er seine Vertheidigungs⸗ Rede gehalten, nicht mehr besucht. Man sagt, er sei krank.

Schweden und Norwegen.

Stockholm, 9. Febr. Die neuesten Bülletins über das Be⸗ finden des Königs lauten folgendermaßen:

Den 7. Febr., Se. Majestät befanden sich gestern Nachmit⸗ tags ziemlich ruhig; die Eßlust hatte jedoch abgenommen. Die Nacht ist weniger gut und, der Schlaf theils durch Schmerzen im Fuße, theils durch allgemeine Unruhe gestört worden, jedoch ohne Fleber. Heut Vormittag sind Se, Majestät matter als an den vorhergehen⸗ den Tagen und es fehlt fortwährend an Appetit.

Den 8. Februar. Se. Majestät der König haben gestern Nachmittag etwas Speise zu sich genommen und darauf einige Stun⸗ den guten Schlaf bis nach Mitternacht genossen. Seit 2 Uhr Mor- gens war der Schlaf unruhiger. Heut Vormittag war der Zustand des Königs etwas besser als gestern zu derselben Zeit. Das Uebel am Fuße ist unverändert.

Den 9. Feb rugr. Der Zustand Sr. Majestät des Königs ist seit dem letzten Bülletin unverändert geblieben, nur war der Chin während der Nacht weniger gut.

Das Aftonblad macht zu dem letzten Bülletin folgende Be⸗

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Stuhl, dies war die Tribüne, von welcher herab Pater Ventura seine eindringliche Stimme ertönen ließ. Man wird es ihm gern einräumen, daß er nicht geringe Nednergaben besitzt. Organ, Gestalt, Gesichtszüge gewinnen vorweg und Gedanken und Worte strömen ihm in großer Fülle, zu. Besonderes Lob in rhetorischer Beziehung verdienten die Eingänge seiner Predigten, in denen er mit bewunderungswürdiger Geschicklichkeit stets die bine fn, Erzählung von den Weisen des Morgenlandes auf sein eigentliches Thema, die Ver? herrlichung der römisch-kalholischen Kirche und die Bekämpfung der Keßer, hinzuleiten wußte. Aber eine ganz andere Frage ist es, ob Alles, was er sagte, mit der Wahrheit bestehen kann. Zugegeben selbst, daß die Zerwürf⸗ nisse der Protestanten unter sich so arg seien, als er sie darstellte, die Ein⸗= heit der römischen Kirche so stark, als er uns glauben niachen will, so müssen wir doch entschieden Einspruch dagegen thun, daß Luther mit allen Keßern und selbst mit Muhamed ö ja mit Caligula und Nero in nahen Vergleich gezogen wird, daß die Resormation allein aus weltlichen Motiven hergeleiset und mit der Revolution in nächstem Zusammenhang gebracht wird. Auch dem können wir feinen Glauben beimessen, daß die römische Kirche jetzt nur Siege feiere und der Protestantismus bereils sein lebes Wort gesprochen habe. Wir können die Hoffnungen auf baldige völlige nne! Englands in den Schoß der alleinseligmachenden Kirche nicht theilen, wie sie bereits Kardinal Paceg früher ausgesprochen hal und P. Venturg wiederholte. Und was soll man endlich dazu sagen, wenn P. Ventura laut verlündigt, aller Orten wanften die Throne, die Kabinette . das Zutrauen der Völker verloren, nur der Stuhl Petri stehe jetzt sicherer, als je zuvor, nach dem Papste streckten die unterdrückten Völler die Hände aus, von ihm allein erwarteten sie Hülfe und Beistand. Wer erinnert sich hierbei nicht der Theorieen eines Lamennais, die doch einst von dem heiligen Stuhle 3 verdammt wurden! Wie

lche Worte verhallen nicht, ohne

Eindruck zu machen. Es ist nicht ohne Erfolg, wenn der beredte Pater am Schluß seiner Vorträge alle Ketzer dringend einladet, zu dem Reichthum der katholischen Kirche, dessen sie sich freventlich beraubt hätten, , . kehren, wenn er sie mit aller Wärme eines „katholischen Herzens“ flehentlich bittet, sich dem Altar des Herrn zu nahen. Und wie einladend strahlt dieser Altar in mehr als tausend Kerzen, die während der Predigt ange— zündet werden und dem Schluß derselben auch äußerlich einen ganz beson⸗ deren Glanz verleihen! Alles dies ist, wie gesagt, doch nicht ohne Erfolg; wir haben aus unserer kleinen protestantischen Gemeinde hier in der letzten Zeit zwei zum römisch⸗katholischen Glaubensbekenntniß übertreten sehen.

Hat man in der ersten Woche nach Epiphanias der armen Ketzer ge= dacht, so ist man in der zweiten Woche für die Seelen der armen Thiere besorgt. Von S. Antonio (den 17. Januar) bis zum nächsten Sonntag (den 21. Januar) geschah unter großem Zulauf die Einsegnung der Pferde und Esel, von welcher schon Göthe in seiner italienischen Reise erzählt. Darin hat die Auftlärung denn doch seitdem einen Forischritt gemacht, daß die Herren jetzt ohne Furcht vor Gefahr 4 auch an diesem Tage ihrer . bedienen und gemächlich selbst nach S. Antonio fahren, um die

hiere weihen zu lassen, aber bedenllich wurde es auch noch jetzt sein, die Ceremonie ganz zu verabsäumen. Wenigstens . man hier viele trau⸗ rige Unglücksfaͤlle von solchen, welche ihre Thiere der kirchlichen Weihe entzogen haben. Ich sah einmal die päpstliche Kavallerie zur Ein⸗ weihnng nach S. Antonio sich begeben, ein andermal einen gewaltig langen Zug von Postpferden dahinführen und fand am letzten Tage auf dem wei⸗ ten Platze vor der Kirche ein solches Gewirr von Pferden, Ech und Men schen durch einander, daß ich nur mit großer Mühe zur öinschauung der Ceremonie gelangen konnte. Diese besteht übrigens allein darin, daß ein Mönch mit einem langen Wedel das Weihwasser über die vorbeiziehen den

Thiere ausspritzt und Gebete dabei murmelt, wofür denn natürlich eine kleine Gabe verabreicht wird.

In den letzten Tagen hatten wir dann noch Feserlichkeiten, die nicht regelmäßig dem Kirchenjahr angehören, aber doch auch mit der Kirche Verbindung stehen. In dem Konsistorium vom 22. Januar hatte der Papst drei neue Kardinäle ernannt, und dies wurde an demselben und dem fol= genden Tage durch eine glänzende Erleuchtung gefeiert. Die Häuser der Prälaten, der hiesigen Gesandten u. A. waren init Lampen und Feuerbecken erhellt, besonders aber zeichnete sich das Palais auf dem Monte Citorio, wo der allgemeine Empfang von Seiten, der neuen Kardinäle gehalten wurde, die Kirchen am Trajansforum, die Sapienza und die Post aus. Auf den Straßen war munteres, lustiges Leben, dem nur am ersien Abend ein Regenguß bald Einhalt that. ;

So bin ich, indem ich von der Kirche sprechen wollte, auf ganz äußer. i weltliche Dinge . pd . = nun . die römische kirche in ihrem Prinzip, das sich hier am reinsten ausspricht, daß sie Ales und Jedes in ihren Bereich zieht, daß sie das Leben in allen 6 . . ren, selbst in den scheinbar gleichgültigsten und den höheren en ent serntesten, bestimmt. Sie finden hier seine Osteria, kein Kaffee, wo die Maria erhöht und ihr Lichter angezündet wären, und selbst —— naval mit allen seinen Tollheiten, dem wir en steht im Dienste der Kirche. Doch genug von dem priester ü

Berichtigung. In der gestr (Feuilleton) ö ö 8* 8

3 legte. S. 307, Sp. 1, 8. v. u. stait 6 J. 8 v. u. ka ed lies: 2j