1844 / 115 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Gesetzes gedacht, sondern lediglich die Bewilligung der idi den Schfeusengeldern beantragt habe. Darüber lasse *r , . ob, 83 zu fr f her Zwecken etwas her⸗ eben solle, eine Nothwendigkeit vorliege; allein die Entscheidung über diese Frage hänge nach dem dritten Absatze des 8. 35 des Landes Verfassungs Gesetzes allein von der Regierun s- Behörde ab, und haben Stände damit nichts zu thun, es sei denn, daß späterhin Beschwerden über vermeintliche nieberschreitung der geseßlichen Befugnisse erhoben würden. )

Das dritte Mitglitd stimmte im Wesentlichen mit den vom sünften Redner geäußerten Ansichten überein. Die Negierung habe allein über die Nothwendigkeit zu entscheiden. Letztere könne aber in vorliegendem Falle überall leinen Zweifel erleiden. Die Regierung habe einen Vertrag mit der Krone Preußen abgeschlossen, der seiner Ansicht nach die Interessen des Landes in hohem Grade wahre. Er glaube, die Regierung habe dabei zweckmäßig gehandelt, aber nicht vermeiden können, einen Nebenvortrag we— gen Aufhebung der in Rede stehenden Berechtigungen abzuschließen. Werde daher das Geld nicht bewilligt, so kemme auch der Vertrag nicht zur Aus— führung, was gewiß nicht zweckmäßig sein würde.

Ein sechstes Mitglied gab zu, daß allein die Regierung die Frage zu entscheiden habe, ob eine Nothwendigkeit vorliege. Dagegen hätten die Stände die Befugniß, in den geeigneten Fällen, da wo die Veranswort— lichkeit der Minister gesetzlich feststehe, diese zu Nechenschaft zu ziehen, im anderen Falle aber Vorstellungen zu machen.

Die Diskussion beschästigte sich noch eine Zeit lang mit den angereg— ten Fragen; zum Schlusse wurden die beiden Verbesserungs- Anträge dann einer nach dem andern einhellig genehmigt. Hiernächst kam der Haupt-An— trag der Regierung auf nachträgliche Zustlimmung zu dem Staats⸗-Vertrage und dessen 1 Vollzuge in Frage, und wurde diese gleichfalls cin= stimmig ertheilt.

9 Verfolge der Sitzung gab noch das Kabinets-Schreiben vom 25. März d. J. über den gegenwärtigen Stand der Chausséebauten zu weit— läuftigen Erörterungen Veranlassung.

die Erlassung eines

Württemberg. Reutlingen, 15. April. (S. M.) Heute wurde vor dem Handels Schiedsgericht für den Schwarzwald -Kreis der erste Prozeß mündlich und öffentlich verhandelt. Der Akt fand in dem Rathhaussaale statt, einem großen mit schönen Glasmalereien gezierten Zimmer, in welchem für die Zuhörer noch ein Raum übrig blieb, der 2090 Personen zuließ. Dieser Platz war angefüllt, als um halb neun Uhr das Gericht eintrat. Der Präsident, Stadtschuldheiß Camerer, begann mit einer einleitenden Rede über die Entstehung, Zusammensetzung und Bedeutung der Handels Schiedsgerichte, wobei er sich über das mündliche und öffentliche Verfahren, seink Vorzüge, seinen Zerfall und die Wiedereinführung ausführlich verbreitete und auseinandersetzte, daß hierzu die Handelsgerichte ganz geeignet seien. Hierauf wurde die eigentliche Prozeß⸗Verhandlung eröffnet. Der Gegenstand des Streites war nicht der Art, daß er die Neugierde besonders anregen konnte; dennoch hielten die Anwesenden volle drei Stunden bis zur Bekanntmachung des Urtheilsspruches aus.

Baden. Karlsruhe, 19. April. (M. J.) In der 5tsten öffent— lichen Sißgung der Kammer der Abgeordneten fand die allgemeine Diskus⸗— sion des Entwurss einer Strafprozeß⸗Ordnung statt. Der Entwurf ist nach einzelnen Materien oder Prozeß -Abschnitten in 24 Titel getheilt. Ueber Titel J. Allgemeine Bestimmungen, 11. von der Zuständigkeit der Straf— gerichte, III. von der Unfähigkeit zur Ausübung des Richteramtes und Ab— sehnung der Gerichtspersonen, JV. von den Behörden, welche mit Erfor— schung und Verfolgung der Verbrechen beauftragt sind, V. vom Staats⸗ Anwalt und seinen Amis-Verrichtungen, Vl. von den Polizei⸗-Behörden in Beziehung auf die Verfolgung von Verbrechen, VII. von dem Untersuchungs⸗ Richter, Vll. von den Amtsrichtern, hat der Abz. Welcker Bericht erstattet. Ueber Tit. 1X. von der Führung der Unter— suchung, im Allgemeinen, X. von dem Augenschein und den Sach— verständigen, XI. von der Haussuchung und der Beschlagnahme von Brie⸗— fen, XII. von Vorladungen und Fristen, XIII. von Vernehmung der Jeu— gen, XIV. von der Vorladung des Angeschuldigten, von Vorfuͤhrung und Verhaftung desselben, XV. von der Vernehmung des Angeschuldigten der Abg. Leiblein. Ueber Tit. XVI. vom Schlusse der Untersuchung und von Anordnung der Schlußverhandlung oder Versetzung in den Anklage— stand, XVII. von der Schlußverhandlung vor den Bezirks-⸗Strafgerichten und vor den Hofgerichten, XVIII. von der Berathung und von dem Urtheil, XIX. von dem Beweise in Strafsachen der Abg. Hecker. Ueber Tit. XX. von den Rechtsmitteln, XXI. von dem Verfahren wider Abwesende und 8 . XXIII. von der Vollstreckung der Strafurtheile, XXIV. von den Strasprozeßkosten der Abg. von Stockhorn. Ueber Tit. XXII. von der Anschließung der Beschädigten an das Strasverfahren der Abg. Weiz el. Außerdem hat der Abg. Hecker gegen verschiedene Bestimmun⸗ gen des Strafprozeß⸗Entwurfs, den Anklageprozeß und die Staats⸗-Anwalte betreffend, ein Spezial Votum den Berichten beigegeben. Die wichtigsten Abweichungen des Entwurfs von dem Bestehen des bisherigen Strafverfah⸗— rens sind: a) die Mündlichkeit, wonach in der Regel durch Vernehmung der Betheiligten und Zeugen der ganze Rechtsfall vor dem urtheilenden Gerichte selbst mündlich verhandelt werden soll. Bisher wurde das Gericht nur schriftlich durch die Untersuchungs-Akten und Vorträge von Referenten, von den Aussagen der Angeschuldigten, Zeugen und Sachverständigen in Kennt— niß gesetzt. b) Die Oeffentlichkeit, welche darin besteht, daß das Publikum Cnach dem Entwurf: „erwachsene Mannspersonen“) zu den Verhandlungen der Strafgerichte unbedingt Zutritt hat. Nur in ge— wissen Fällen, wo andere Rüchschten überwiegen, wird die Oeffentlichkeit in der Art beschränft, daß nur einige, von den Betheiligten zugezogene Freunde oder Verwandte, und die bei dem Gerichte angestellten Anwälte, zugelassen werden. c) Das Anklage Prinzip, wonach ein als öffentlicher Ankläger ausQ— gestellter Staats Anwalt bei der Voruntersuchung mitwirkt und bei der münd— lichen Verhandlung vor dem urtheilenden Gerichte die Anklage führt, damit dieses eine unbefangene Stellung zwischen beiden Theilen bewahre, und nicht selbst in die Rolle des Anklägers verfalle. Abg. Trefurt fand die Schil— derung, welche der Berichteistatter (Welcker) von dem bisherigen Sostem bei Vergleichung desselben mit dem neuen gegeben, nicht richtig, und die Schil— derung des ersteren tadelnswerth, was zu einigen Diskussionen führte, die Erörterung wird fortgesetzt.

Oesterreichische Monarchie.

Triest, 14. April. (A. 3.) Se. Kaiserl. Hoh. der Erzherzog Friedrich und die 5 Kinder Sr. Kaiserl. Hoh. des Vice-Königs Rainer sind am 11Iten d., in Begleitung mehrerer anderer hohen Personen, nach einer 7östündigen Fahrt von Malamocco auf dem Dampfboot „Imperatrice“ in Pola eingetroffen, wo sie die römischen Alterthü— mer, den Hafen und die Festungswerke in Augenschein nahmen und dann Abends nach Venedig zurückkehrten. Die jungen Erzherzoge sollten auch unserer Stadt einen Besuch abstatten, welcher aber für diesmal eingetretener Hindernisse wegen unterbleiben mußte.

Das genannte, eben so solide als elegante neue Dampfboot des Lloyd hat sene Fahrt zum erstenmal gemacht und kehrte gestern mit 229 Venetlanern, worunter der Podesta, der Delegat, viele Beamte, Kaufleute und andere Honoratioren Venedigs, von der Directson des Lloyd eigens eingeladen, nach Triest zurück. Von hier aus fuhren uf den zwei Dampfböten „Friedrich“ und „Mitrowski“ über 56h Personen denselben entgegen. Auf der Höhe von Pirano trafen die drei Dampfböte zusammen. Das auf dem „Friedrich“ besindliche Musil. Corps spielie die Vollshymne, und bei dem here Jubelrufe:

r, engzigr Evviva Frieste“ begrüßten die Bewohner der 6 Schwesterstũdte einander auf dem Meere und fuhren dann * , . dem Hafen von Triest zurück. Hier ertönten von den anf . des Lloyd und den Kauffahrteischiffen Kanonen=

3 G m. nahen Bergen wiederhallten. Bie Ufer und der

Rufe die def nud scha gen gefüllt und begrüßten mit freudigem 21 etzn Gäste, welchen gestern Abend ein glänzender

im deutschen Kasin Willkommenseins ber r m, lle mehrere andere Zeichen des

690

Frankreich.

Deputirten⸗Kammer. Sitzung vom 16. April. Die Rede des Grafen von Montalembert hat zu einer so ernsten Debatte in der Kammer Anlaß gegeben, daß noch einige Auszüge aus derselben, besonders mit Hinsicht auf die bald bevorstehende Dis kussion des Unterrichts Gesetzes, nicht ohne Interesse sein werden. Um das Verhältniß zwischen der weltlichen und geistlichen Gewalt, wie der Redner dasselbe auffaßt, auf Autoritäten zu begründen, ging Graf Montalembert unter Anderem auf ein Beispiel aus den ersten Jahrhunderten der christlichen Kirche zurück, indem er sagte:

Im vierten Jahrhundert, als man noch nichts wußte von Jesuiten und Ultramontanen, lebte ein Bischof mit Namen Basilius. Dieser Bischof gerielh in Streit mit dem damaligen Staat, d. h. mit dem Kaiser Valens, über eine Frage, nicht wichtiger, als die von der Jugend Erziehung. Der Kaiser ließ den Bischof durch seinen Kultus-Minister bedrohen. Diefer, als er sah, daß ihm Basilius standhaft Widerstand leistete, rief aus: „„Man hat noch nie mit solcher Arroganz zu mir gesprochen.““ Basilius versetzte: „Du wirst wohl noch nie mit einem Bischof zu thun gehabt haben.““ Daß der Präfekt des Kaisers Valens noch nicht 100 Jahre nach Christo erstaunte über die Sprache eines Vischofs, war ganz natürlich; nichts weniger aber als natürlich ist es, daß dieses Staunen sich wieder holt bei allen Ministern, Präfekten, General-Prokuratoren und anderen Po⸗ litikern dieser Zunft, die doch den Widerstand der Bischöfe, wie er sich seit funfzehnhundert Jahren gezeigt hat, kennen sollten. Ihr habt also noch nie mit einem Bischof zu thun gehabt? Ihr glaubt nur immer Intriganten und Ehrsüchtige zu sinden und wundert euch, Geistlichen zu begegnen, die ihre Mission von oben zu haben glauben und sich der Gottheit verantwort— lich halten.“ Graf Montalembert citirte nun Aussprüche Fenelon's und Bonald's zu Gunsten des Verlangens der Kirche nach Unabhängigkeit und fuhr dann sort: „Unsere Gegner wenden ein: „„Ihr wollt also die Kirche haben, wie sie im Mittelalter war unter Gregor VII. und Bonifaz Vlil.?““ Allerdings, gerade das wünschen wir; die Kirche Gregor's XVI., der heute zu Nom thront, ist dieselbe Kirche, wie die des heiligen Gregor VII., so wie diese die nämliche war, wie die Kirche des heiligen Gregor's des Großen, des heiligen Basilius, des heiligen Hilarius. Frei— lich wäre es bequemer fuͤr unsere Staatsmänner, wenn es sich anders damit verhielte und sich die Kirche herbeiließe, in ihren Dogmen, Rechten, Ansprüchen und Gebräuchen so oft zu wechseln, wie es in den Gesetzbüchern und vor den Gerichten geschieht. Es dürfte damit nur der kleine Mißstand eintreten, daß die katholische Kirche in der Umwandlung herabsinken würde zu einer der vielen Sekten, die sich von Jahrhundert zu Jahrhundert um— bilden nach Zeit und Umständen. Nicht die Kirche hat sich geändert, sondern die Gesellschaft. Darum ist auch die Anklage ungerecht und nur aus einer Vermischung der Vergangenheit mit der Ge genwart erllärlich, als strebe die Kirche nach politischer Wirksamkeit; sie ist weit entfernt, solcherlei Ansprüche zu hegen; wenn sie in früheren Zeiten ihren Einfluß geltend machte, so geschäh es, weil die Na— tionen es so wollten und die Intervention des Klerus mit den gesellschast— lichen Verhältnissen im Einklange stand. Aber so weit die Kirche entfernt ist, sich einmischen zu wollen in die weltliche Regierung der Personen, so entschlossen war sie von jeher und ist sie noch heute, die Regierung und Erziehung der Seelen, ihr geistliches Recht, nicht aufzugeben. Sie hat in dieser Beziehung gar oft schon tprannischen Druck eifahren, unsäglich ge— litten, zuweilen geschwiegen, nie aber eine rückgängige Bewegung gemacht.“ Die Berufung auf die Freiheiten der gallikanischen Kirche wies der Red— ner spöttisch zurück, indem er bemerkte, der große Theologe Napoleon Buonaparte habe sie gufgehoben, als er beim Abschluß des Konkordats von 1801 von dem Papst Pius VII. etwas erlangt habe, was der heilige Stuhl nie gewagt hatte, zu fordern, die Entsetzung des ganzen französischen Episkopats in Masse: da— mals habe es Katholiken gegeben, die dem Papst das Recht zu einer so außerordentlichen Machtübüng abgesprochen hätten, und eben so auch das Necht, den Kaiser Napoleon zu krönen zum Nachtheil der Dynastie Bour— bon; diese Katholilen hätten das Schisma gegen das Konkordat gebildet; in die Reihen dieser Katholiken müßten diejenigen verwiesen werden, die heute noch die Freiheiten der gallikanischen Kirche geltend machen wollten. Der Nedner zeigte dann, daß Staatsmänner, die sich zu den Grundsätzen der Revolution von 1830 belennen, nach welchen sich Frankreich in Folge der Juli-Ordonnanzen vom Eid der Treue gegen Karl X. entbunden achtete, Grundsätzen, die noch vor kurzem der Minister Duchatel in der Deputirten-Kammer so entschieden formulirte durch die unumwundene Erllärung:; „Wenn heute die Regierung des Königs Ludwig Philipp ge— gen die Charte handelte, wie 1830 die Negierung Karl's X. gethan hat, so wären wir von unserem Eide entbunden“, daß solche Staatsmänner sich nimmermehr auf Bossuet und Ludwig XIV. berufen könnten. Um die Frage kurz zu lösen, bemerkte der Redner dann: „Wenn, wie Ihr vorgebt, die vier Aitikel der Declaration von 1682, an welche Niemand mehr denkt, unter dem Klerus und bei den Gläubigen noch als Gesetz der Nation in Kraft bestehen, so will ich Euch ein Mittel angeben, die Thatsache zu beweisen. Der Herr Grofsiegelbewahrer oder ir? gend einer seiner Nachfolger im Amte, und wäre es auch Herr Isambert oder Herr Dupin, mag nur versuchen, unter den achtzig Bischöfen in Frankreich Prälaten zu finden, die den vier Artikeln beitreten; ich gehe noch weiter: damit man nicht mit den gegenwärtigen Bischöfen zu thun bekomme, so möge nur die Regierung erklären, sie werde zu den fünf dermalen erledigten Bischofssitzen nur Prälaten ernennen, die sich öffentlich zu den vier Artikeln belennen würden. Ihr wisset, daß Ihr keine solche sinden würdet, daß Eure Bischofssitze bei solcher Bedingung für immer erle— digt bleiben würden, und Ihr fahrt doch immer fort, uns die gallifanischen Freiheiten einzuwerfen. Weg für immer mit diesen Freiheiten! (Starkes Murren im ganzen Saal.) Sie werden stets nur angerufen von unseren Feinden; was ich hier sage, sühlen Tausende von Katholiken mit mir; es bedarf, um zu dieser lieberzeugung zu gelangen, keiner tiefen theologischen Studien; man darf nur beobachten, von welcher Seite her auf den gallifanischen Frei⸗ heiten bestanden wird; nur die Feinde der Kirche, unter denen sich nach Be— wandniß der Umstände bald Nepublikaner, bald Höflinge finden, berusen sich auf die Declaration von 1682.“ Von dem Konkordat hält Monta⸗ lembert so wenig, als von der Declaration von 1682; er zeigt, daß viele Bestimmungen dieser Uebereinkunft mit dem Paxst gar nicht zur Ausführung gekommen und viele andere bei dem jetzigen Stand der Dinge nicht mehr ausführbar sind und darum auch ganz unbeachtet bleiben. Nach einer scharfen Krilik der bisher von der Regierung gegen die klerikalische Agitation angewendeten Mittel schloß Graf Montalembert mit einer Lobrede auf die Standhastigkeit der Katholiken. „Wir sind nicht von gestern“, sagte der Redner, wir gehören zu einem alten Geschlecht, dessen Geschichte in jedem Munde ist; aus ihr ab wir Muth, von ihr sollten unsere Feinde sich belehren lassen. Keine gesetzgebende Versammlung wird se in Frankreich die Volksthümlich= keit der Constituante, die Allmacht des Konvents, den Zauber des Ruhms unter Napoleon erreichen. Nun denn, wir haben unter uns Individuen, die Zeugen waren von Allem, was geschehen ist unter der Constituante, in den Tagen des Terroris'mus, in der Epoche des Kaiserthums. Man hat 1791 die Kirchenspaltung, 1793 die Blutgerüste, 1798 die Deportationen, 1811 die Staatsgefängnisse gegen die Katholiken versucht, und nichts war im Stande, sie zu beugen. Macht immerhin neue Gesetze, uns zu be= drücken; sie mögen ausgeführt werden, bleiben aber sicher ohnmächtig. Das Gewissen wird nicht erreicht von euren Legisten; ihr seid einem Kampfe nicht gewachsen, in welchem Mirabeau, Robespierre und Napoleon leine Lorbeer gesammelt haben.“

Paris, 19. April. Nachdem in der gestrigen Sitzung der Deputirten⸗-Kammer das Amendement des Herrn Cremieurx, wonach das Verbot, in der Zeit, wo die Jagd untersagt ist, Wildpret zu transportiren, zu kaufen, zu verkaufen und zu kolportiren, auch auf das von Krongütern herrührende Wild sollte ausgedehnt werden, verworfen hatte, wurde über den ganzen Gesetz-Entwurf über die Jagdpolizei, wie derselbe aus der Pairs Kammer hervorgegangen, zur Abstimmung geschritten, und es erfolgte die Annahme mit 214 gegen 99 Stimmen.

Der Moniteunr enthält die Vergleichung der Einnahme des ersten Viertelsahrs von 1814 mit der des nämlichen Vierteljahres von 1812 und 1813. Der Gesammt-Betrag für 1844 beläuft sich auf

, m Fr. und ist um 1,007, 009 Fr. höher als im Jahre 1843.

Die Ehrendegen⸗Subscription des National für Admiral Du— petit⸗Thouars ist, einschließlich der Beiträge, welche von 44 Provin⸗ zial⸗Zeitungen angekündigt worden, auf 206382 Fr. gestiegen.

Der Commerce ist aus einem ministeriellen Blatte wieder ein Organ der napoleonischen Ideen geworden. Ein Agent Ludwig Bo— naparte's hat es angekauft, da der frühere Käufer, Theodor Chevalier, es nicht bezahlen konnte.

Nach dem Patriote des Alpes, hat der Pater Lacordaire um den Preis von 50, 000 Fr. die ehemalige Karthause von Chalais angekauft, um dort ein Kloster seines in Frankreich nicht anerkannten Ordens zu errichten. Drei oder vier aus Italien gekommene Domi nikaner haben von diesem Gebäude Besitz genommen.

HA Paris, 19. April. Die heutige Sitzung der Deputirten—⸗ Kammer wurde um 1 Uhr schon eröffnet, alle Gallerieen waren bedeutend gefüllt, die Deputirten zahlreich erschienen. Auf ber Tri— büne bemerfte man auch viele Damen. In den Couloirs des Saales bemerkt man Gruppen von Deputirten lebhaft auf- und abgehen und sich unterreden, namentlich die Herren Thiers, Billault, de Malle ville und von Rämusat. Herr Billault besteigt endlich die Tribüne und nimmt das Wort: Im vergangenen Februar habe der Herr Mi

nister der auswärtigen Angelegenheiten gesagt: „Der Vorfall zu Otaheiti ist eine Thatsache, die erst beginnt, wir verlangen nicht die Gutheißung unserer Akté, man wird sie später prüfen.“ Diese so gestellte Lage nehmen wir an, sagt der Redner; in der Zukunft wer⸗ den wir sehen, durch welche Einslüsse das Kabinet beherrscht war, wie es sich aus den Schwierigkeiten gezogen hat, die es aufgehäuft hat. Leider sei eine Konzession gemacht worden, von der man schwer zurück⸗ kommen könne, die Desavouirung des Admirals Dupetit Thouars. Die Kammer werde prüfen, aber dazu sei nöthig, daß all, Elemente der Diskussion ihr vor Augen gelegt werden, daß kein Irrthum übrig bleibe. Die Kammer müsse die Thatsachen kennen, die zwischen dem Protek

torat, der Besitznahme und der Desavouirung des Admirals vorgegangen. Im Monat Februar habe die Kammer die Mittheilung der unent⸗ behrlichen Dokumente verlangt; der Minister habe sie gegeben. Seitdem seien neue angekommen; man müsse, wissen, ob sie vollständig seien, ob die Kammer die Lage darnach würdigen könne. Er beziehe sich in dieser Hinsicht auf das von dem Minister des Auswärtigen selbst in einer früheren Sitzung gegebene Resum(. Der Redner sucht zu be⸗ weisen, daß das Kabinet schon im Monat Februar alle erst jetzt ver⸗ öffentlichte Thatsachen gekannt habe, sindet Widersprüche zwischen den damaligen Angaben und dem detaillirten Bericht des Admirals. be⸗ schuldigt das Ministerium, die Wahrheit verhehlt zu haben. Die Lage der französischen Marine sei in Folge des Verhaltens des Konsuls Pritchard und der britischen Marine-Offiziere unerträglich gewesen. Man muß sie wegjagen! habe man von allen Seiten gesagt. Zu den offenen Feindseligkeiten seien geheime Intriguen gekommen. Die französische Flagge würde verlacht worden sein, wenn sie länger solche In sulten geduldet hätte. Der Admiral habe so handeln müssen, wie er gethan. (Murren im Centrum.) Die Königin Pomareh habe alle Bestimmungen des Vertrages verletzt. Als man früher von dem Minister den Bericht des Capitains Bruat verlangte, habe er geantwortet, es sei keiner da. Aber er (der Nedner) sei überzenigt, daß einer da sei. Es sei unmöglich, daß die provisorische Regierung feit 14 Monaten feine Depeschen gesendet hätte. Jedenfalls seien folche mit dem Wallfischfänger Elisabeth

angekommen. Schon im Monat Februar habe die Regierung einen Brief der Königin Pomareh an den König der Kammer mitgetheilt. Wie sei ihr derselbe zugekommen? Ob sie nicht auf demselben Wege auch Berichte des Capitains Bruat oder der provisorischen Regierung erhalten habe? Der Capitain Bruat würde gegen alle seine Pflich⸗ ten gefehlt haben, wenn er keinen Bericht erstattet hätte. Der Red— ner verlangt Mittheilung der Korrespondenz des Capitains Bruat und der Berichte, auf die sich der Admiral Dupetit-Thouars in dem sei— nigen bezieht. Die Frage sei, ob die Regierung beständig die Mittheilung der nothwendigen Aktenstücke verweigere, Richter in eigener Sache sein und nur auszugsweise mittheilen könne, was ihr gefällig sei. Herr Guizot habe zur Zeit der Coalition den von Herrn Molé beigebrachten TDo— kumenten geradezu sein Vertrauen verweigert, gesagt, dieselben seien ausgewählt, je nach Belieben des Ministeriums. Er könne jetzt dasselbe dem Herrn Guizot sagen. Die Mittheilung könne allerdings für das Kabinet mißlich sein, aber sie müsse erfolgen. Der Redner wirft dem Ministerium vor, die Nationalität zu opfern u. s. w., er— klärt aber zuletzt, es solle keine Kabinetsfrage aus diesen Interpella— tionen gemacht werden, der Augenblick sei noch nicht dazu gekommen. Herr Guizot besteigt die Tribüne unter allgemeiner Aufnierksamkeit. Er beginnt eben zu sprechen.

A Paris, 19. April. Heute ist der Tag, wo die Opposstion wieder eine Hauptschlacht gegen das Ministerium zu liefern beabsich— tigt. Die Angelegenheit von Otaheiti, welche schon am letzten Februar und am ersten März den Vorwand zu einem allgemeinen Sturm auf das Kabinet hergeben mußte, soll jetzt zum zweltenmale als Veran— lassung zu einem Kampfe auf Leben und Tod gegen das Kabinet vom 29. Oftober benutzt werden. Die Opposition hofft ziemlich stark, daß ihr Angriff heute von besserem Erfolge begleitet sein werde als vor sechs Wochen, und man muß allerdings annehmen, daß der Sieg in der Kammer diesmal wenigstens nicht eine von vorn herein völlig ausgemachte Sache sei. Die geheime Abstimmung wird in dessen von Männern, welche die Verfassung des Geistes der Kam— mer und das Treiben der Parteien in derselben aus gründlicher For— schung kennen, für eine ziemlich sichere Bürgschaft dafür gehalten, daß die Stimmenmehrheit dem Ministerium treu bleiben werde. Eine gewisse Anzahl von Oppositions-Deputirten nämlich, vorzüglich Män— ner der äußersten Rechten und der äußersten Linken, wünscht im Grunde ihres Herzens keinesweges den Sturz des Ministeriums Soult-Guizot, weil sie fürchtet, daß demselben ein Ministerium Thiers nachfolgen werde, dessen Politik ihren Wünschen und Hoffnungen noch weniger entsprechen würde, als die des gegenwärtigen Kabinets. Jene, Sp⸗= positionsmänner werden zwar niemals wagen, sich in einer FKabinets= frage öffentlich für das bestehende Ministerium zu erklären, . der Nugelung dagegen brauchen sie keinen Anstand zu nehmen, ihr Vofum für Herrn Guizot und gegen Herrn Thiers abzugeben. Im Falle einer Kabinctskrisis würde Herr Thiers allerkings die besten Chancen haben, seinen früheren Platz an der Spitze der Staatsverwaltung wieder zu ge⸗ winnen. Die eventuellen Aussschten des Herrn Mol, des einzigen Staats⸗ mannes, welcher Herrn Thiers beim Eintreten eines Kabinetswechsels die Zusammensetzung des künftigen Ministeriums und den Vorsitz in demfelben streitig machen könnte, sind in dem gegenwärtigen Augen⸗ blicke sehr gering. Wir wollen das Warum nicht untersuchen, daß aber Herr . selbst nicht sehr darauf rechnet, Herrn Thiers den Rang streitig machen zu können, geht sehr deutlich aus der Sprache der Presse hervor, welche seit dem Sturze des Ministeriums vom 15. April, unter allen Umständen das Organ der Politik des Herrn Molé geblieben ist, der sie ihre ministeriellen Sympathieen immer un⸗ tergeordnet hat. Die Pyresse spricht sich mit großer Schärfe gegen den beabsichtigten Angriff auf das Kabinet aus, obgleich sie selbst das Verfahren des Herrn Guizot in der Otaheitischen Angelegenheit ohne Rückhalt gemißbilligt hat.

„Es handelt sich“, sagt das genannte Blatt, „für die Opposition we⸗ der um die Ehre des Admirals Dupetit⸗Thouars, noch um die Krone der Königin Pomareh, es handelt sich für sie auch nicht einmal um Frankreich und um England, diese beiden Mächte, welche zu einer ewigen Nebenbuh⸗ lerschaft verdammt sind, es handelt sich für sie einzig und allein darum, das Kabinet zu schwächen. Die Fehler, welche das Ministerium began gen hat, sind das geringste Unrecht desselben in den Augen der Opposition, welche ihm dieselben ganz leicht verzeihen würde. Das große Verbrechen des Kabinets besteht darin, daß es bereits vier Jahre alt ist, und daß es noch mehr als eine Probe bestehen zu sollen scheint. Die Oppositjon macht sich keine Täuschungen. Sie weiß recht gut, daß sie die Gesinnungen und die Stimmen der Mehrheit nicht durch einen Brief aus Bordeaux umgestal⸗ ten kann, in welchem dem Schiffs-Lientenant Reine unverbürgte Worte zu⸗ geschrieben werden, die er im ersten Augenblick nach seiner Landung ausge⸗ sprochen haben soll. Die Opposition wesß recht gut, daß sie das Ministerium nicht in der Kammer stürzen kann, und darum will sie es bei dem Volke in Mißachtung bringen. Es ist möglich, daß die Opposition dem Mi⸗ nisterium durch eine solche systematische Verfolgung Schaden zufügt, aber wir glauben, daß sie sich selbst dadurch noch weit größeren Schaden thut. Der unwiderlegbare Beweis der Wahrheit unserer Worte liegt in der eige⸗ nen Schwäche der Opposition, welche immer mehr zunimmt. Die Oppo— sition hat niemals so wenig Einfluß auf die öffentliche Meinung gehabt, als jetzt. Es ist zu offenbar, daß es nicht der Patriotismus ist, welcher sie zum Kampfe anfenert. Wenn die Ränkesucht eine strenge Miene annimmt, und wenn sie die entrüstete spielt, so läßt sich Niemand lange dadurch täu— schen. Die Kammer und die Nation wissen nachgerade, was alle diese großen Neden noch bedeuten, wenn 24 Stunden verflossen sind, seitdem sie ein Ministerium gestürzt haben; die Personen wechseln und die Sachen bleiben wie sie waren. Man versucht gar nicht, es besser zu machen, als die Vorgänger, man versucht nicht einmal, es anders zu machen.“

Alle diese Dinge, die mit anderen Worten schon oft bei früheren Kabinetswechseln gesagt worden sind, sind heute eben so wahr, als vor fünf und acht und zehn Jahren. Die häufigen Veränderungen des Ministeriums, welche Frankreich seit der Juli-Revolution erfahren hat, sind längst von allen guten Köpfen für ein eben so zweckloses als nachtheiliges und gefahrvolles Spiel mit dem constitutionellen Mechanismus erkannt werdr. Kein politisches System und keine Partei hat bei allen jenen Krisen irgend etwas Nennenswerthes gewonnen, und das Land, als Ganzes, hat dabei unendlich viel versäumt und verlo— ren. Frankreich, das seit 114 Jahren nicht weniger als 18 verschie— dene Kabinette gehabt hat, würde ganz gewiß auf den Bahnen der rationellen Gesetzgebung und der Unternehmungen zum öffentlichen Nutzen viel weiter fortgeschritten sein, wenn nicht die Staatsgewalten einen großen Theil ihrer besten Zeit und ihrer besten Kräfte auf un⸗ fruchtbare Kämpfe verwendet, wenn die Kammern nicht fortwährend die Erledigung von Kabinetsfragen wie ihre wichtigste Aufgabe behandelt hätten, und wenn die Ministerien nicht unaufhörlich durch die Sorge um ihre ohne Unterlaß bedrohte Existenz von der eigent⸗ lich staatsmännischen Wirksamkeit abgezogen worden wären.

m Paris, 19. April. Der Herzog von Montpensier wird übermorgen in Marseille aus Algerien erwartet. Er wird nur we? nige Tage im Schoße der Königlichen Familie verweilen und dann nach Metz sich begeben, um sich in dem praktischen Artilleriedienst ein⸗ zuüben, worin er durch seine vorjährige Krankheit unterbrochen wurde. Spä— ter, im Herbst, wird ein großes Lustlaͤger in der Umgegend von Metzerrichtet werden, woran der Prinz theilnehmen soll. Die dies fälligen Manöver sind nach einem ausgedehnten Maßstabe angeordnet, um dem Prinzen den Ueberblick einer großen Schlacht zu gewähren. Zu dem Ende wer— den im kommenden Monate 4 Kavallerie⸗Regimenter sich bei Straß— burg konzentriren und nach längerer Einübung allmälig unter fort— dauernden Manövern zu den Trußpen in Metz stoßen, mit welchen sie dann die großen Manöver ausführen sollen. Die reitenden Jäger werden zum erstenmal dabei mit den neuen Bärenmützen (alpak) er—⸗ fle, welche sie fortan statt der kegelförmigen Tschakos tragen ollen.

Der Couxrier frangais und der Sigcle veröffentlichen heute einen Brief aus Bordeaux, worin behauptet wird, Herr Reine, Adjutant des Contre-Admirals Dupetit-Thouars, hätte bei seiner Landung daselbst erklärt, daß Herr Dupetit - Thouars sich vorzüglich dadurch bewegen ließ, die Besitznahme der Insel Otaheiti zu unter— nehmen, weil die herrschenden Häupter der sogenannten Sieben In— seln, über welche die Königin Pomareh nur das Ober-Lehnsrecht ausübt, sich aus freien Stücken unter die Herrschaft Frankreichs ge— stellt hätten. Der fragliche Brief wurde von einem der Notablen der Handels -Kammer von Bordeaux an Herrn Dufaure gerichtet und soll bei der heute beginnenden Diskussion über Otaheiti eine große Rolle spielen. Die Opposition wird sich vorzüglich darauf stützen, um ihr Begehren durchzusetzen, daß Herr Reine vor einer besonderen Kommission der Kammer vernommen werden müsse, bevor letztere ihr Urtheil über das Benehmen der Regierung in dieser An— gelegenheit aussprechen dürfe. ö

Der Courrier frangais will wissen, das Kabinet von St. James hätte dem Herrn Guizot das wichtige Zugeständniß gemacht, die Verträge wegen des Durchsuchungsrechtes von 1831 und 1833 aufzugeben. Der Courrier frangais ist schlecht unterrichtet wor—⸗ den. Nach der eigenen Aussage des Herrn Guizot hat das Kabinet von St. James nur das Prinzip einer möglichen Revision jener Verträge, nicht aber die Abschaffung des Durchsuchungsrechtes zuge— geben, und wird es jetzt um so weniger thun, als Lord Palmerston in wenigen Tagen eine besondere Motion im Oberhause einzubringen beabsichtigt, gerade um die Modification, geschweige denn die Ab— schaffung der Verträge von 1831 und 1833 zu verhindern.

Grossbritanien und Irland.

Oberhaus. Sitzung vom 18. April. Der einzige Gegen— stand, welcher die Lords in ihrer heutigen kurzen Sitzung beschäftigte, war die Vorlegung einer Bill von Seiten Lord Campbell's, welche zum Zweck hat, britische Gläubiger gegen ihre im Auslande sich auf⸗ haltenden britischen fraudulenten Schuldner zu schützen, indem nach dem jetzigen Gesetze eine in England kontrahirte Schuld nach sechs— jährigem Aufenthalte im Auslande von dem Schuldner nicht mehr bezahlt zu werden braucht. Es soll nunmehr nach der Bill Lord Campbell's den Gläubigern das Recht zustehen, ihre im Auslande befindlichen Schuldner vor die englischen Gerichte zu citiren und das gerichtliche Verfahren gegen dieselben, wenn sie zu dem ihnen angesetzten Termine nicht erschienen wären, in der—= selben Weise stattfinden, als wenn die Vorladung gegen sie in Eng⸗ land selbst erlassen worden wäre. Lord Campbell machte bemerklich, daß in Frankreich ungefähr 66,000 britische Unterthanen ihren per manenten Aufenthalt hätten und ungefähr 50, 900 vorübergehend dort verweilten, welche zusammen etwa 3 Millionen Pfd. dort verzehrten. Die Bill wäre somit gerechtfertigt, selbst wenn nur 100 Individuen von dieser Anzahl sich in der bezeichneten Lage befänden.

Die Bill erhielt die erste Lesung, und das Haus vertagte sich.

. unterhaus. Sitzung vom 18. April. Das Unterhaus hielt heute gleich fall nur eine kurze Sitzung, in der Lord Ashley gleich zu Anfange, in Bezug auf sein weiteres Verhalten zu der Fabrikbill der Regierung folgende Erklärung abgab:

„Ich nehme Veranlassung, meine Herren, Sie' mit den Absichten be⸗ kannt zu machen, welche ich in Rücksicht auf die Fabrikbill hege. Ich wollte anfangs dem Comité gewisse Bestimmungen vorlegen, doch habe ich einen anderen Weg gewählt, nachdem der Herr Sprecher ein solches Ver—=

691

fahren als mit dem parlamentarischen, Gesetze für nicht verträglich erachtete. Da nun aller Wahrscheinlicheit nach gegen die Be— stimmungen der Bill, wie sie jetzt gefaßt sind, bei ihrer zwei⸗ ten Lesung keine Opposition sich erheben, dieselbe auch ohne Wi— derstand durch den Ausschuß gehen wird, so daß ihre dritte Le— sung schon auf den 3. Mai anstehen dürfte, so habe ich beschlossen, an diesem Tage erst den Zusatz gewisser Klauseln, die mein früheres Amende— ment enthielt, in Antrag zu bringen. Ich kündige demnach an, daß ich bei der dritten Lesung der Fabrikbill am 3. Mai beantragen werde, die Stunden der Arbeitszeit vom 1. Oltober d. J. ab sür alle jungen Leute auf 11 Stunden des Tages, also auf 64 in der Woche (weil am Sonn— abende nur immer 9 Stunden gearbeitet werden), und vom 1. Oltober 18437 ab auf 10 Stunden des Tages und 58 in der Woche zu beschränkfen.“

Die übrigen Verhandlungen des Hauses waren ohne Interesse. Auf eine Anfrage wegen Erneuerung des Privilegiums der Bank von England erklärte Sir R. Peel, daß die Regierung darüber ihre ver⸗ sprochene Maßregel nach dem Budget, welches am 29sten vorgelegt werden soll, einbringen werde. Eben so erklärte der Premier⸗-Mini⸗ ster, von einer anderen Seite befragt, daß die durch die Zeitungen verbreiteten Gerüchte von einer Zurücknahme der irländischen Registri⸗ rungs-Bill ungegründet wären. Die Regierung aber habe beschlossen, die Debatte über diese Bill in Rücksicht auf die irländischen Mit— glieder des Hauses, welche dazu sich zahlreich einfinden wollten, noch um 14 Tage auszusetzen.

Son don, 19. April. Ihre Majestät die Königin hielt gestern im St. James-Palast glänzenden Hof- Cercle, den zweiten in dieser Saison. wohnten demselben bei.

D

Die angeklagten Repealer haben nunmehr durch ihre Sachwalter der dubliner Queens-Bench ihren Protest gegen den Urtheilspruch der Jury eingereicht und auf ein neues Verhöt angetragen. Die Gründe, durch welche sie ihren Einspruch unterstützen, sind die bekannten; man erklärt die Bildung der General-Liste der Geschworenen für gesetz⸗ widrig, indem bei der Uebertragung der Namen einige Blätter ab⸗ handen gekommen sind, und scheint ganz besonders auf das Re⸗ sumé des Oberrichters zu fußen, das für parteiisch erklärt wird und deshalb auf den Urtheiispruch der Geschworenen ein— gewirkt haben kann. Es steht dahin, ob der Gerichtshof diesen An— trag berücksichtigen wird, oder ob die Angeklagten ihre weiteren Rechtsmittel, namentlich das Writ of Error, noch werden anwenden müssen. Vorlänfig hat das Gericht die Verhandlungen über den Antrag bis auf den 22sten ausgesetzt, da die Anwesenheit des zur Zeit anderweitig beschäftigten SOberrichters Pennefather abgewar⸗ tet wird.

Abermals ist die Nachricht eingegangen, daß die Mannschaft eines britischen Kauffahrteischiffes, eines Wallsischfängers, auf einer der In— seln der Südsee der Mordlust der Eingebornen zur Beute geworden ist. Das Schiff war die im Jahre 1839 von London abgegangene und seit anderthalb Jahren verschollene „Harriet“, die Insel, an wel⸗ cher dasselbe seinen Untergang fand, heißt Quollen oder Strong's IJsland (1627 OX. 6 NB. ), und aus den erhobenen Nachforschungen scheint sich zu ergeben, daß die etwa dreißig Mann starke Mannschaft von den Ein= gebornen überfallen worden ist, als sie sich bis auf fünf Mann am Lande befand, daß diese Fünf, von denen man nichts weiter gehört hat, sich in einem Boote auf die See geflüchtet haben, und daß das Schiff selbst von den Eingebornen in Brand gesteckt und versenkt worden ist. Einzelne Theile des Schiffes und der Ladung sind aus dem Meeresgrunde wieder hervorgeholt worden. Ueber die Veran— nun zu der Ermordung der Mannschaft hat man keine Auskunft erhalten.

D g i .

27 Nom, 9. April. Die Feierlichkeiten der heiligen Woche sind nun vorüber; sie wurden in gewohnter Weise unter einem ungeheuren Andrang von Fremden begangen und von dem schönsten Wetter be⸗ günstigt. Die prachtvoll? Erleuchtung der Peterskuppel und das glänzende Feuerwerk von der Engelsburg konnten so ihren wunder⸗ baren und einzigen Effekt ungehemmt ausüben. Der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin und der Erbprinz von Lippe waren zu diesen Feierlichkeiten von Neapel zurückgekehrt und wohnten ihnen sämmtlich mit dem Erbprinzen von Schwarzburg, der sich seit einiger Zeit hier aufhält, bei. Unter den vielen anderen ausgezeichneten Fremden, welche diese Zeit hier in Rom zu versammeln pflegt, zieht besonders die Anwesenhelt des Dr. Hurter, des berühmten Verfassers der Geschichte Innocenz' III., die Aufmerksamkeit auf sich; man glaubt all⸗ gemein, daß der Uebertritt des ehemaligen Antistes von Schaffhausen zum Katholizismus entweder schon erfolgt sei oder demnächst zu er⸗ warten stehe. Gestern hatte sich eine sehr glänzende Versammlung zu dem Konzert eingefunden, welches der Muͤsik-Direktor Landsberg in der Mittagsstunde in dem Saale des Palazzo Caffarelli gab; der erste Theil des Konzerts war ganz geistlicher Musit gewidmet, und bestand vornehmlich aus Chören Sebastian Bach's und Händel's, die ihren tiefen Eindruck bei sorgsamer Execution nicht verfehlten. In⸗ teressant war dieser Sieg protestantischer Kirchenmusik hier in Rom, nachdem die katholische KirchenMusik kurz vorher in der sistinischen Kapelle ihre schönsten Triumphe gefeiert hatte. Große Bewegung verursachte in der Versammlung, besonders unter den anwesenden Künstlern, die kurz zuvor eingetroffene Nachricht von dem Tode Thor— waldsen's, den man immer nöch als Rom nah verbunden aufah, und der die mannigfachsten Beziehungen hier behalten hatte. Auch Ita— lien ist in diesen Tagen um einen berühmten Namen ärmer gewor⸗ den, Giuseppe Micali, der Verfasser der Geschichte Italiens vor der Herrschaft der Römer, endete, nach den florentiner Blättern, am 28sten v. M. sein Leben.

Die Fremden verlassen uns jetzt, in hellen Haufen, die Einen nach Florenz, die Anderen nach Neapel die breite Heeresstraße zie⸗ hend. Nicht geringe Bestürzung unter ihnen verursachte, daß in der Nacht vom 360. auf den 31. März unweit Terracina zwei Dlligencen räuberisch überfallen wurden. Die 14 Passagiere, welche sich in den Diligencen befanden, haben alle mehr oder minder Verlust an Geld oder anderen Habseligkeiten zu beklagen, doch sind sie Alle ohne kör— perliche Verletzungen davongekommen, da sich Niemand den bewaffne— neten Räubern zu widersetzen wagte. Der Verlust der Reisenden wird im Ganzen auf 10,9000 Fr. angegeben. Dies Ereigniß, so unge⸗ wöhnlich es seit einer Reihe von Jahren ist, steht doch sicherlich mit den Umtrieben, wie sie an einzelnen Orten in Ealabrien und in der Romagna in der letzten Zeit vorgekommen sind, in keinerlei Verbin= dung und ist allein aus der Habsucht einzelner ruchloser Menschen zu erklären. So manche Gerüchte von Unruhen in Neapel und in den Marken hier auch umlaufen, die aber meist ungemein übertrieben sind, so leben wir doch hier in der größten Ruhe und ohne alle Besorgniß vor gewaltsamen Auftritten; das geistliche und künstlerische Leben geht ungestört seinen ebenen Gang fort, und die politischen Bewegungen Europa's finden hier nur in kleinen Kreisen, und selbst da nur ein schwaches Echo. In kirchlicher Beziehung erregte es Aufsehen, daß der Bischof von Gibraltar hier vor kurzem eine Confirmation nach dem Ritus der englischen Kirche vornahm, ein geistlicher Akt, der früher hier niemals vorgekommen sein soll, wie denn überhaupt die Engländer, trotz ihrer großen Anzahl, hier in der Ausübung ihres Kustus sehr beschränkt sind; sie müssen ihren Gottesdienst in einem

Ihre Majestäten der König und die Königin der Belgier

sehr unansehnlichen und verfallenen Gebäude vor den Thoren der Stadt halten.

Mn den nächsten Tagen werden der Großherzog von Mecklen⸗ burg⸗-Schwerin und der Erbprinz von Lippe uns wieder verlassen, und nach Ablegung des bisher beobachteten Inkognito ihre Reise nach dem Orient antreten.

8 6

Paris, 18. April. Die neuesten Nachrichten von Cap Haiti vom 14. März, die auf dem Wege über New⸗Nork hier ange⸗ kommen sind, sagen, die auf der Insel Haiti ausgebrochenen Unruhen hätten den ernstlichsten Charakter angenommen. Die ganze Armee und die National⸗-Garden waren aufgeboten, um gegen die Insurgenten zu marschiren. Der Präsident selbst sammelte alle Truppen um sich, die sich auf jenem Theile der Insel zerstreut fanden, und man sah einem entscheidenden Kampfe entgegen; man hoffte jedoch, dessen Aus⸗ gang werde zu Gunsten der Regierung ausfallen.

Ueber das Fehlschlagen der angeknüpft gewesenen Unterhandlun⸗ gen zwischen Herrn Adolphe Barrot und der Regierung von Haiti zu dem Zwecke, dieser die Zahlung der Entschädigungs⸗-Summe zu erleichtern, deren Dividenden sse, kraft des 1838 abgeschlossenen Ver⸗ trags, halbjährlich an Frankreich bezahlen sollte, erhält man genaueren Aufschluß durch das folgende Dokument, eine Botschaft, welche der e, ,, an die konstituirende Versammlung gerichtet hat, und welches autet:

„Konstituirende Bürger!

Es ist für mich eine peinliche Pflicht, Ihnen mitzutheilen, daß meine Bemühungen, einen Aufschub im Vollzug unseres Finanz⸗Vertrages vom 12. Februar 1838 mit Frankreich zu erlangen, nicht glücklich gewesen sind. Vier lange Konferenzen haben zwischen unseren Bevollmächtigten und dem außerordentlichen Commissair Sr. Majestät des Königs der Franzosen statt= gehabt. In der ersten dieser Konferenzen haben wir uns darauf beschränkt, einen bloßen einfachen Aufschub zu verlangen, indem wir uns auf das Un—⸗ Aüch aller Art stützten, von dem wir betroffen wurden, und eine offene Darlegung unserer finanziellen Lage machten. Der französische Bevollmäch- tigte erkannte zwar die Schwäche unserer jetzigen Hülfsquellen an, erklärte aber, den Aufschub nur vermittelst zureichender Compensationen gewähren zu können. In der zweiten Konferenz hat man zu erfahren gesucht, welches die anzubietenden Compensationen sein könnten, und man ist bei dem Vor- schlage einer Verminderung der Douanen⸗Zölle auf die französischen Waa⸗ ren von spezieller Herkunft stehen geblieben. Dieser Vorschlag in seiner beschränlten Form wurde sogleich und peremtorisch zurückgewiesen; aber der französische Bevollmächtigte schien das Terrain der Diskussisn gutzuheißen und sagte, daß, wenn der Vorschlag verallgemeinert und die Zoll⸗Verminde⸗ rung auf alle französischen Waaren ausgedehnt würde, er die Sache in Erwägung ziehen werde. In der dritten Konferenz wurde der Vorschlag der theilweisen Zollherabsetzung erneuert, und man mußte den Bemühun⸗ gen widerstehen, welche der französische Bevollmächtigte machte, um uns zu vermögen, den Vorschlag auszudehnen, wie er es offenbar wünschte; da die Diskussion über die thäilweise Zoll-Verminderung erschöpft war, so haben wir uns erboten, einen Theil der von jetzt bis auf fünf Jahre hinaus verfallenden Fristen zu bezahlen, und die zu machenden Abzüge auf die wei- teren Fristen zu übertragen. Der Bevollmächtigte erklärte uns, er könne die Summen der Fristen nicht zerreißen, und habe nur Auftrag, einen vollen und gänzlichen Aufschub zu gewähren, und nicht einen modifizirten Aufschub. In der vierten Konferenz haben wir die beiden Vorschläge, den kommerziellen und den sinanziellen, die ge⸗ trennt gemacht worden waren, vereinigt und unter Zoll-Erleichterung bis zu einem gewissen Punkte für die französischen Waaren spezieller Herkunft uns erboten, einen Theil der künftig verfallenden Fristen zu bezahlen. Dieser vierte und letzte Vorschlag wurde gleichfalls verworfen, und der französische Bevollmächtigte hat bis zum letzten Augenblicke bei seiner absoluten Wei gerung beharrt, sich in die Erörterung irgend eines Vorschlags einzulassen, zu dem die Initiative von ihm käme. Die Unterhandlungen wurden daher am

13ten l. M. (Januar) geschlossen, und ganz einfach und lediglich zu dem Vollzuge des Vertrags vom 12. Februar 1838 zurückkehrend, hat die Re⸗ gierung auf der Korvette Sr. Majestät, der „Aube“, 300,000 Piaster laden lassen, die an die Depositen- und Eonsignations-Kasse von Paris gerichtet sind. Der französische Bevollmächtigte hat sich nicht offiziell mit dem Ansehen zu befassen gehabt; aber auf eine außeroffizielle Mittheilung, worin er zur Zahlung der Zinsen anrieth, hat ihm der Secretair des Departements der auswär⸗ tigen Angelegenheiten die traurige aber unvermeidliche Nothwendigkeit ge⸗ meldet, in der wir uns befinden, für den Augenblick den Dienst diefes An= lehns gänzlich einzustellen. Dieses ist, konstituirende Bürger, das Resumé der Unterhandlungen, welche stattgehabt haben, und deren Protofolle Ihnen unverzüglich vor Augen gelegt werden sollen. Die Regierung hätte einen Aufschub von mehreren Jahren erlangen können, aber unter Bedingungen, die ihr nicht vereinbar schienen, mit den Interessen, die ihr anvertraut sind. Der Stand dieser wichtigen Frage nimmt meine ernstliche Aufmerksamfeit in Anspruch, und ich werde nicht verfehlen, meine ersten Entschlüsse darüber Ihnen mitzutheilen. Heil im Vaterlande. (gez) Charles Herard der Aeltere.“

Um wohl ermessen zu können, inwieweit die Regierung von Haiti mit Anerbietungen von Zugeständnissen freigebig gewesen ist, und der französische Bevollmächtigte, übertrieben und hartnäckig in feinen For⸗= derungen, amerikanische Korrespondenzen hatten gesagt, er habe für Frankreich vollständige Befreinng von allen Tonnengeidern und das ausschließliche, Monopol der Einfuhr für die französischen Schiffe verlangt, wovon in der Botschaft des Präsidenten Herard, wie man sieht, nichts vorkommt hätte der Präsident etwas klarer sich aus sprechen müssen, als er in seiner Botschaft gethan hat. Es scheint üibrigens, daß das Verfahren der vollziehenden Gewalt in dieser Ange⸗ legenheit von der öffentlichen Meinung nicht gutgeheißen wurde, denn die konstituirende Versammlung hatte sehr lebhafte Interpellationen an ihn gerichtet, die lange ohne Antwort blieben. Als endlich die Landesvertreter bereits im Begriff waren, einen energischen Beschluß zu fassen, in Folge der hartnäckigen Weigerung des Staäats-Secretairs des Auswärtigen, vor den parlamentarischen Schranken zu erscheinen und über die Unter“ handlungen mit Frankreich genauere Rechenschaft zu geben, da gab endlich der Minister in der Sitzung vom 11. Februar der an ihn gestellten Aufforderung Folge, immerhin jedoch nur so weit, daß er die Protokolle der Unterhandlungen vorlegte. Als er aber gefragt wurde, was die Regierung in dem Falle zu thun gedenke, daß der Schatz die künftig fällig werdenden Zahlungen nicht leisten könnte, weigerte sich Herr Herard Dumesle, dis verlangte Erklärung zu geben. Aber das Manifeste enthüllt ohne Zweifel die Geheimnisse der Re—⸗ gierung, indem es meldet, dieselbe habe nach einem vergeblichen Ver⸗ suche, von dem Großhandel von Haiti ein Anlehen zu erlangen, einen zweiten Commissair abgefertigt, um die fiskalischen Unterhandlun⸗ gen, die bereits in England angeknüpft sind, zu beschleunigen. Das Manifeste sagt: „Wie kostspielig auch die jetzige Zahlung der Zin⸗ sen des Anlehens sein mag, die Ehre und der National⸗Kredit ge⸗ bieten dieses Opfer. Die Regierung, beharrend bei ihrem Gedanken, durch Tratten zu zahlen, die vom Großhandel auf Frankreich gelie⸗ fert würden, und rückzahlbar wären durch Zurückhaltung des Ertrags der Einfuhr -Zölle, hat zu diesen Zwecke am ten d. (Februar) die Kaufleute dieser Stadt (Port au Prince) versammelt. Man sagt, die Versuche zu diesem Anlehen seien erfolglos gewesen, weil die Re⸗ gierung nicht auf. die Vorschläge des Handels eingegangen ist. Herr R. A. Windsor soll unter Allen ausgewählt worden sein, um Herrn A. Dupuy, der mit Unterhandlung eines Anlehens in England beauf⸗ tragt ist, Vollmachten zu überbringen, die ihn offiziell als Agenten der Republik Haiti beglaubigen.“

C