1844 / 116 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Frankreich.

tirten⸗ Kammer. Sitzung vom 19. April. Die . 2 begann ohne weitere Einleitung sogleich mit der be⸗ reits in ihren Hauptpunkten —ᷣ— Interpellation des Herrn Billault in Betreff des Verfahrens der Regierung in der otaheiti⸗ schen Angelegenheit, namentlich mit Hinsicht auf die Mittheilungen, welche der Kammer darüber gemacht worden. Der Redner sagte am Schluß, nachdem er erklärt hatte, daß die Opposition übrigens keine Vertrauens Frage an diese Interpellation knüpfen wolle; „Ich wesß gar wohl, daß die verlangten Mittheilungen der Regierung Infonvenienzen bereiten können, nicht aber jenseit des Kanals, sondern in Frankreich selbst. Die Regierung fürchtet, daß die Details dieser Angele= genheit das Land aufregen möchten; sie vertagt, sie hofft auf die Zulunstʒ sie will die erste Hitze verrauchen lassen. Sie baut auf die Vergeßlichkeit ber Menschen. Was liegt ihr an der Ehre der Flagge, der Würde Frank⸗ reichs? In einem halben Jahre werden vielleicht die Thatsachen bekannt werden; dann ist die Session zu Ende, die Interpellation unmöglich. Das Kabinet wird also fortbestehen. Was liegt an der National-Ehre, wenn nur das Kabinet fortbesteht. Braucht es einen Beweis, die Hinopferung der Nationalität darzuthun, so genügen die täglichen Lobsprüche der engli⸗ schen Presse zu Gunsten des Herrn Guizot. Die englischen Blätter glauben sich gehalten, dem Herrn Minister jeden Tag Unabhän⸗ gigleits Certisilate auszustellen. Daß die. Regierung den Admiral Fezavouirt hat, muß auf die französische Marine in der Südsee den nach theiligsten Einfluß üben. Die französische Regierung hätte zum mindesten als Ersatz für die Desavouirung verlangen sollen, daß der Konsul Prit⸗ chard zurückgerufen würde. Das Gerücht hat von dieser Zurückrufung ge= sprochen; allein sie hat sich nicht bestätigt. Der Augenblick ist vielleicht noch nicht gekommen, wo das Land den Kelch der Bitterkeit, den man ihm zu trinken giebt, zu erkennen im Stande jein wird. Bis das Maß voll ist, bis die Herabsetzung Frankreichs im Auslande klar erkannt wird, ver langt die Opposition keine Kabinetsfrage. Bis dahin will sie blos das Land aufklären. Sie verlangt demnach für jetzt blos die Mittheilung der Dokumente, aus denen man eine Ansicht von der Sache gewinnen könne.“ Hierauf bestieg Herr Guizot die Rednerbühne und ließ sich im Wesentlichen folgendermaßen vernehmen: „Als ich die Arena, auf der ich mich befinde, zum ersten Mal betrat, machte ich mich auf viele Kämpfe, Streitigkeiten und Schmerzen gefaßt. Doch habe ich die jetzigen Vorgänge, die sonderbaren Anklagen, die sonder— baren Erklärungen, denen man das Benehmen der Minister unterworfen, nicht vorausgesehen, nicht voraussehen können. Trotzdem wundere ich mich nicht darüber, ja ich thue Ihnen nicht einmal die Ehre an, mich darüber zu wundern. Es giebt gewisse Abneigungen, die man austoben lassen muß, ohne ihnen einen Werth beizulegen, den sie nicht verdienen. Ich werde also blos die Thatsachen, die Politik des Kabinets, ins Auge fassen, und zwar so, als ob ich nicht dabei betheiligt wäre. Uebrigens habe ich kein sonderliches Verdienst dabei, wenn ich ruhig bleibe, wenn ich mich unparteiisch zeige. Ich habe den Muth, dies der Kammer zu erklären. Vor Allem aber werde ich mich be— streben, keinen Ausdruck zu gebrauchen, der die Gränzen der parlamentari- schen Sprache überschritte. Zunächst drängt es mich, eine Thatsache zu be— richtigen, von der man einen sonderbaren Mißbrauch gemacht hat, ich meine die Widersprüche hinsichtlich der Mitiheilung der Dokumente, die man der Negierung vorgeworfen. Man hat zu verstehen geben wollen, daß die Re gierung zu einer gewissen Zeit den Empfang von Depeschen, die wirklich eingelaufen, in Abrede gestellt habe. Diese Insinuation zurückzuweisen, brauche ich nur die Worte anzuführen, die der Marine ⸗Minister in der Sitzung vom 1. März gesprochen, und die ich buchstäblich anführen will. „„Ich versichere auf meine Ehre““, sagte der Marine⸗Minister, „„daß wir mit dem Schiffe „Elisabeth“ keine anderen Berichte von dem Admi⸗ ral Dupetit⸗Thouars erhalten haben, als die, welche vorgelegt worden sind.““ Herr Ledru⸗Rollin hat bei Anführung dieser Stelle die Worte: „mit dem Schiffe Elisabeth“ ausgelassen, so daß es den Anschein erhielt, als ob der Marine⸗Minister erklärt hätte, er habe nie einen anderen Bericht weiter er= halten, als die beiden mitgetheilten Piecen. Dies schien in der That Herr Billault selbst vorigen Sonnabend zu glauben. Ich mußte diese Thatsache genau seststellen, damit Jedermann wisse, daß das Kabinet weder am 1. März noch vori⸗ gen Sonnabend bestritten hat, ausführliche Berichte über das erhalten zu haben, was in den 14 Monaten zwischen dem Proteltorat und der Absetzung der Köni⸗ gin Pomareh vorgefallen, und daß es niemals vor der Kammer ein Geheimniß barals machen wollte. Das Kabinet glaubte allerdings vor sechs Wochen, diese Berichte nicht mittheilen zu dürfen, aber es hat ihren Empfang nie⸗ mals abgelengnet. Was nun die Gründe betrifft, warum es dieselben nicht mistheilen zu dürfen glaubte, so war das Kabinet erstens der Mei⸗ nung, und es glaubt dies noch, daß in die sen Berichten keine wichtige Thausache enthalten sei, die der Kammer uicht schon bekannt wäre, und die deren Ueberzengung in Bezug auf das Wesentliche hätte verändern können. Ich habe schon neulich gesagt, daß dem Admiral Dupetit-Thouars selbst, als er am 1. November vor Otaheiti eintraf, in den vorhergegangenen Ereignissen kein Grund zu liegen scheinen mußte, eiwas Weiteres, als die bloße, einfache Vollziehung des Protektorats⸗-Vertrages zu fordern, wie sein Verfahren es beweist. Berselben Meinung waren auch wir. Ein anderer Grund, der uns vor 6 Wochen hinderte, die besagten Dokumente mitzutheilen, war der, daß sie, ohne eben neue, unbekannte Thatsachen zu enthalten, doch viele einzelne Angaben über Alles, was während jener vierzehn Monate zwischen den Franzosen und den Eingeborenen, zwischen den sranzösischen und den engli= schen Offtzieren vorgefallen war, daß sie allerlei lebhafte und genaue Schilderun⸗ gen über diese Vorfälle enthielten, daß ihre Veröffentlichung also nothwendiger⸗ weise die schwebenden Fragen vergiften, die Gemüther reizen und irrte g. ren müsse. Ich weiß freilich, daß es außerhalb dieser Mauern Leute giebt, die dergleichen nicht fürchten, sondern vielmehr gein jede Gelegenheit ergrei⸗ fen, Oel ins Feuer zu gießen. Wir aber, als regelmäßige Regierung, als Freunde des Friedens, dürfen dies nicht zu unserem Gewerbe machen. Wir wollen die Wahrheit nicht unterdrücken, aber wir wollen auch keinesweges ohne dringende Nothwendigkeit die Gemüther erbittern. (Sehr gut) Man

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kann, meine Herren, die Augen vor Thatsachen nicht verschließen. Die eng= lische Negierung ist zwar in dieser Frage nicht Partei, aber Niemanden kann im Ernst das lebhafte und allgemeine Interesse unbekannt sein, welches ein großer Theil des Publikums in England an dieser Frage nimmt. (Zur Linken: In Frankreich nicht minder.) Die Sache gewinnt dadurch naturlich auch Be⸗ deutung für das englische Kabinet. Wir hatten also. in unseren Verhält- nissen mit demselben hierauf, als auf eine wichtige Thatsache, ernstliche Rück sicht zu nehmen; es wäre unklug und sinnlos gewesen, hätten wir dies nicht thun wollen. Wir haben deshalb nicht die mindeste, Willfährigkeit gegen die englische Regierung bewiesen, eben so wenig wie in irgend einer anderen Frage, aber wir waren darauf bedacht, nicht Aufregung in den Gemüthern zu verursachen, nicht Details zu veröffentlichen, die für die Fest= stellung der Ansichten nichts nützen und nur die Leidenschaften er⸗ hitzen konnten. Dies war ein zweiter Grund, der uns vor sechs Wochen zurückhielt, die betreffenden Piscen vorzulegen. (Beifall im Cen= trum.) Nun noch einen spezielleren und nicht minder erheblichen Grund. Vor 6 Wochen war die Frage noch nicht auf den Punkt gelangt, wo sie sich jetzt besindet. Man hat gefragt, wie es sich mit der Abberufung des Konfuls Pritchaid verhalte. Er ist in der That abberufen und auf einen anderen, 2 bis 300 Meilen von Otaheiti entfernten Posten versetzt worden. (Sehr gut. Stimme zur Linken: Ist der Posten vielleicht besser? Ist es eine Belohnung oder eine Ungnade?) Wir wünschten, daß dies geschehen möchte. Wir verlangten es nicht, wir eröffneten keine Unterhand-= lungen darüber, haben also auch keine Aktenstücke darüber vorzulegen. Ich müßte erstaunen, wenn man uns daraus einen Vorwurf machen wollte. Vor sechs Wochen gerieth man außer sich bei der bloßen Voraussetzung, daß die eng⸗ sische Negierung von uns die Desavouirung des Admiral Dupetit-Thouars hätte fordern, daß wir auf eine solche Forderung, auf eine bloße Bemerkung in dieser Hinsicht hätten hören können; und man hatte Recht. Aber man thue auch Anderen nicht, was man will, daß diese uns nicht thun. (Sehr gut.) Wir haben nichts gefordert, weil wir kein Recht dazu hatten, weil es eine Unschicklichkeit von uns gewesen wäre wir ließen die Sachen sich selbst entwickeln, wie sie so weisen, einsichtsvollen und wohlgesinnten Män- nern, als die Mitglieder des englischen Kabinets es sind, sich darstellen mußten; und Herr Pritchard wurde zurückberufen, ohne daß wir uns darum bemühten. Dazu war aber nöthig, daß wir zu keiner unzeitigen, unvorsichtigen Veröffentlichung schritten, daß wir unseren Wünschen nicht die Miene der Forderung und Drohung gaben, genug, daß wir uns gegen das englische Kabinet so benahmen, wie es sich im Beginn dieser Saché gegen uns benommen hatte. Dies, meine Herren, waren die ernsten, wirklichen und rechtmäßigen Gründe unserer Zurückhal— tung vor 6 Wochen. Auch jetzt giebt es noch Gründe zu solcher Zurück⸗ haltung. Die Frage ist zwar weiter vorgerückt, aber noch nicht beendigt. Der von uns gefaßte Beschluß ist im Stillen Ocean noch nicht vollzogen. Der Admiral Hamelin ist noch nicht unter Segel gegangen. Es können noch vielerlei Zwischenfälle eintreten. Unzeitige Aeußerungen und Ver= öffentlichungen können üble Folgen haben. Hierauf haben wir bei den neuen Mittheilungen, welche wir hente der Kammer vorlegen, die nöthige Rücksicht genommen. Man handelt in England nicht anders; auch dem Parlament theilt das englische Kabinet nur die ihm zur Publication geeignet scheinenden Auszüge aus den Aktenstücken mit. Es liegt dies in den Prinzipien der Repräsentativ- Regierung; sie fordert vom Lande dieses Vertrauen zu den Depositaren der Gewalt; man möge diese stürzen, wenn jenes Vertrauen nicht vorhanden ist.“ (Beifall im Centrum.)

Nachdem hierauf Herr Ledru⸗Rollin den Marine-Minister nochmals wegen seiner schon von Herrn Guizot berichtigten Aeuße— rung zur Rede gestellt und Admiral Mackau die Angabe seines Kol⸗ legen für volllommen genau und richtig erklärt hatte, wollte zwar die Opposttion sich noch immer nicht beruhigen; man sprach von berech neter Verschweigung, absichtlich verursachter Verwirrung, um die Kam— mer irre zu führen u. dgl. m.; der Eine verlangte Fortsetzung der Diskussion am nächsten Tage, der Andere am Montag oder an einem anderen Tage der nächsten Woche; ein Mitglied warf die Frage auf, ob nicht eine völlige Untersuchung einzuleiten, ein anderes, ob nicht wenigstens die Mittheilung eines speziellen Berichts zu fordern sciz die Kammer trennte sich aber am Ende, ohne irgend einen Beschluß zu fassen, ob die Diskussion fortgesetzt werden solle oder nicht, nach⸗ dem Herr Guizot 40 verschiedene auf die otaheitische Angelegenheit bezügliche Piscen vorgelegt hatte.

Paris, 20. April. Am Tage darauf, als Graf Montalem— bert seine neb⸗katholische Rede in der Pairs⸗-Kammer gehalten hatte, eröffnete Herr Lacretelle, Professor der Geschichte an der Sorbonne, Verfasser von Werken über die Religions-Kriege und einer Geschichte Frankreichs vom Tode Ludwig's XIV. bis zur Juli-Revolution, seinen akademischen Kursus mit einem Vortrag gegen die Uebertreibungen und Anmaßungen der geistlichen Gewalt, dem Staat gegen—⸗ über, und namentlich gegen den Jesuitismus. Das Journal des Débats macht besonders aufmerksam auf die Vor— lesung, welche mit der Absicht einer augenblicklichen Ent⸗ gegnung auf die Doktrinen des Grafen von Montalembert gehalten zu sein scheint. Nachdem der Redner der Sorbonne die Frage über die Konkurrenz beim öffentlichen Unterricht berührt hat, kömmt er auf die Grundsätze der Jesuiten, die er als den übermüthigsten Aus—⸗ druck des Ultramontanismus bezeichnet, und sagt in dieser Beziehun unter Anderem: „Das Problem beruht in der Frage, ö wir zweien Königen zu gehorchen haben, oder vielmehr gar einem fremden Sberhaupt allein, welches in unserem Könige nur einen bürgerlichen und absetzbaren Statthalter sehen möchte. Wir aber erkennen nur Einen König, und zwar einen con— stitutionellen.“ Dann wird von der Herrschsucht gesprochen, die das Papstthum in früheren Zeiten, als es durch die weltliche Macht noch

nicht in die gehörigen Gränzen zurückgewiesen worden, mit wenigen Ausnahmen stets gezeigt habe. Es wird darauf den heutigen klerika⸗ lischen Bestrebungen die Macht der öffentlichen Meinung, mit der Stütze der drei Staatsgewalten, entgegengesetzt und hierbei Lud— wig Philipp, als das Genie des constitutionellen Königthums, dem vierzehnten Ludwig, als dem Genie der absoluten Monarchie, gegenübergestellt. Der Redner schließt endlich, nach weiterer Ausfüh⸗ rung dieser Gegensätze, mit folgenden Worten: „Es besteht eine unüberwindliche Unverträglichkeit zwischen dem französischen Charakter und dem Charakter des Jesuitismus, wie zwischen dem offenen Wort, das hervorgeht aus dem Grunde des Herzens und dem versteckten Gewissensvorbehalt. Die Freiheit hat bei uns ihre Fanatiker, furcht⸗ bare Fanatiker gehabt. Was aber eine Nation am tiessten verdirbt, was die unsere am meisten verabscheut, das ist der ränkevolle und trügerische Fanatismus, der selbst das eingeborne Gefühl für das Vaterland verletzt. Prälaten Frankreichs! Bekenner der galli⸗ kanischen Kirchenfreiheiten! Achtet dieses Gefühl und erröthet nicht, einen Namen zu tragen, den ihr den Ruhm habt, mit dem großen Bossuet zu theilen. Sollte aber eine heillose Intrigue euch blind machen und neue Manifeste gegen uns hervorrufen, so wird der Ge⸗ schichtschreiber der Religionskriege nicht weichen und sich beugen vor denen, die uns die Zeiten der Ligue zurückbringen wollen.“

HI Paris, 20. April. In der heutigen Sitzung der Depu tirten⸗Kammer erstattete Herr Lebobe zuerst den Kommissionsbericht über den Gesetz-Entwurf, die Eisenbahn von Nimes nach Montpellier betreffend. Dann erstattete Herr de Lasteyrie Bericht über eine Petition eines gewissen Herrn de Waldau zu Calais, der die Ueber— tragung der Asche des Sohnes Napoleon's (des Herzogs von Reich— stadt)b nach Frankreich verlangt. Man ging darüber zur Tagesordnung, Eine andere Petition um Abschaffung des Gesetzes vom 28. April 1516 und Vereinigung aller Auflagen auf Getränke in eine einzige wurde an den Finanz-Minister verwiesen. Ein Soldat, Jumeau, von der Garnison von Paris verlangt Verbesserung der Lage der Verhafteten im Militair-Gefängnisse. Der Berichterstatter Herr Lebobe sagt, die Ausdrücke dieser Petition hätten ihn veranlaßt. sich in das Gefäng niß der Abbaye zu begeben, um sich von der Wahrheit der angeführ— ten Thatsachen zu überzeugen. Er habe da die Ueberzeugung er⸗ langt, daß kein Militair des Namens Jumeau dort sich befunden habe. Kein Soldat habe die angegebenen Klagen bestätigt. Die Petition sei also offenbar apokryph, und die Kammer habe sich, seiner Ansicht nach, deshalb nicht damit zu befassen. Zustimmung.) Nach Berichterstattungen über mehrere andere Petitionen erstattet, Herr d'Hausfonvikle Bericht über eine solche von Mitgliedern verschiedener Konsistorien der reformirten Kirche, welche Freiheit der Kulte verlangen. Die Kommission beantragt Verweisung derselben an den Kultus-⸗Minister, Herr de Lafarelle spricht gegen die Kommissions-Anträge, er will zwar auch die Verweisung an den Minister, aber aus anderen Grün⸗ den als die Kommission. Der Siegelbewahrer; er werde die Verweisung an ihn bekämpfen, weil die Kommission sie verlange, im Hinblick auf einen interpretativen Gesetz Entwurf, den sie für nöthig halte, der aber dem Ministerium überflüssig erscheine. Da aber meh⸗ rere Redner für und gegen die Kommisstons- Anträge eingeschrieben seien, so behalte er sich vor, nach ihnen zu Frechen. Herr De da.= fareltle unterstützt nun die Berweisung der Petition an den Minister, bamit die Regierung untersuche, ob, in Ermangelung einer legislativen Maßregel, nicht mindestens eine administrative zu treffen sei, um das Recht der Protestanten in Frankreich, ihren Kultus auszuüben, zu be— günstigen. Der Siegelbewahrer erklärt, nach der Ansicht der Regierung sei die gegenwärtige Gesetzgebung zureichend, und deswe⸗ gen bekänipfe er die Verweisung der Petition an ihn. Aber sobald es sich nur von administrativen Maßregeln handele, um die Freiheit der Kulte zu begünstigen, die im Wunsche der Regierung liege, werde er sich der Verweisung der Petition an ihn nicht wider— setzen, wie ihn Herr de Lafarelle verlange. (Ruf zur Abstimmung.) Herr von Gasparin hofft, die Kammer werde ihn hören wollen. Er wolle die Verweisung der Petition an den Siegelbewahrer in dem Sinne unterstützen, den die Regierung darein lege. (Murren.) Wir Protestanten verlangen ein Gesetz in dem Sinne des Artikels der Charte. (Die Sitzung dauert fort.)

Gestern Abend, als der aus 25 Wagen bestehende Convoi auf der Eisenbahn von Orleans hierher auf der Höhe von Jory ankam, steckte ein von dem Kamin der Lokomotive auf die Decke eines Wag— gons gefallener Funke dieselbe in Brand, und in Folge des heftigen Windes waren binnen kurzem 4 Waggons verbrannt, in denen sich Schlachtvieh befand, das fast sämmtlich zu Grunde ging, ohne daß jedoch glücklicherweise ein Menschenleben dabei verloren ging.

z Paris, 20. April. Die gestrige Sitzung der Deputirten⸗ Kammer hat die Erwartung der Opposition getäuscht. Es ist sehr friedlich hergegangen, und weder Herr Billault, noch Herr Ledru Rollin haben große Bewegung hervorgebracht. Wir wollen uns auch bei dieser Erörterung nicht aufhalten und nur einige Details der ota⸗ heitischen Angelegenheit erwähnen, von denen bisher weder in der Kammer, noch in der Presse die Rede gewesen ist. Bekanntlich ist der Schiffs- Eapitain Bruat Gouverneur der französischen Besitzun⸗

Fürstenstamm endete mit Wilhelm II. Durch die Hand der Erbin desselben, Constantia, überkam der Hohenstaufe Heinrich VI. die Herrschaft, die er auf tyrannische Weise übte. Kurzes Glück verbreitete die Regierung seines Sohnes, des gefeierten Friedrich 1. Nach Konrad's 1IV. Tode warf sich Karl von Anson zum Gebieter auf. Die berühmte Vesper des Jahres 12852 vernichtete alle Franzosen auf der Insel. Nach so viel Wechselsällen waren es die Spanier, also Mischlinge aus römischen, arabischen und ger= manischen Keimen entsprossen, welchen, zuerst mit Peter von Aragonien, die Krone anheimfiel. Seit 1504 wurde auch Neapel von ihnen beherrscht. Im utrechter Frieden brachte die Handels-Eifersucht der Engländer eine Trennung beider Reiche zu Wege. Sicilien kam auf kurze Jeit an Sa— vovenz 1720 wurde es an Oesterreich abgetreten; 1733 siel es, und zwar mit Neapel vereinigt, wieder an Spanien, wurde jedoch als besonderes Neich verwaltet. Karl III. übergab es bei seiner Besteigung des heimat lichen Thrones dem Prinzen Ferdinand mit der Besimmung, daß es mit Spanien nicht wieder vereinigt werden solle, Englischer Schutz erhielt es seinem Fürsten, als ber Ueberrest des neapolitanischen Königreichs neuerlich den französischen Waffen unterlag.“

„Die Verschiedenheit der Völker, welchen die Insel unterworfen gewesen ist, nd die denkwürdigen geschichtlichen Siadien, weiche sie bar uffn hat, 6 sich überall auf die interessanteste Weise bemerkbar. In den Höh— r hnmnigen des wunderbaren Thals von Ispica scheint fast die einzige 6 Untergegangenen Urbevölkerung zurückgeblieben zu sein. Mit dem rann , vieler, Felsenküsten und Häfen sind' un vergeßliche historische Erinne⸗ of enn L alte farthagische en chen und Krjegsmacht verknüpst. Die nischer ind len altgriechischer Tempel erinnern an großartige Zeilen helle⸗ mischen lg · Später errichtete Triumphzeichen und Theater belunden rö= 6 . n, Auf vielen Bergspitzen a. sarazenische eiche ing . , schen Festungsthürmen. Manche Kirchen bergen . . ber hohenstaus 2. und spanischer Herrscher. In den schmack, und die n . arabischer Ge⸗ e eueren buntgemischte Abstammung der Bewohner sinn bildlich 2 3

Nachdem der Verf. nun das Atußere der Hauptstadt Palermo gezeich⸗

net, fährt er S. 73 fort: „Die Straßen sehen, wenn sie nicht gerade vom Sonnenlicht hell beleuchtet werden, schwärzlich aus. Hierin giebt sich das erste Zeichen um sich greifender Verarmung kund. Das zweite fanden wir in der Leere der Straßen und des großen unregelmäßigen Platzes La Ma— rina. Diese Oede war um so auffallender, als wir den unablässigen Tu= mult des neapolitanischen Treibens erst Tags zuvor aus dem Hhre verloren hatten. Der ernste, fast trübe Ausdruck, den wir auf den Gesichtern der Schiffer im Hafen, der Kaufleute in den Läden, der meisten uns in der Stadt begeguenden Menschen wahrnahmen, war keine Täuschung. Wir befanden uns unter einem von Sorgen und Kummer schwer belasteten Volke. Die Ursachen seiner Noth liegen nicht fern. Die bekannten Parlaments-⸗-Beschlüsse von 1812 haben allerdings im Interesse der gerin⸗ geren Klassen alle Feudglrechte aufgehoben. 3 Bestimmung wurde durch das organische Gesetz Ferdinand's J. vom 12. Dezember 1816 aufrecht er⸗ halten. Dennoch sind die Klöster und die Edelleute, theils vermöge ihres unverhältnißmäßigen Grundeigenthums, theils vermöge des sehr mangel= haften Nechtszustandes, thatsaͤchlich noch immer im Besitz so vieler, Vor. züge, daß an einen Aufschwung von Betriebsamkeit und Gewerbsthätigkeit unter dem Volke nicht zu denken ist. Im Alterthum zählte der Staat von Agrigent 80h, 0009, der von Syrakus Über eine Million Einwohner. Die heutige Bevölkerung der ganzen Insel wird nur zu 1,700,000 Menschen angegeben. Dies beträgt zwar für die 496 Meilen des Landes noch im= mer 3230 Seelen auf dse M Meile, steht aber mit der üppigen Fruchtbarkeit des Bodens und mit dem Feichthum an anderweitigen natürlichen Erwerbs⸗ quellen in keinem Verhältniß. Die Insel enthält aber auch 400 Klöster uͤnd in ihnen zwischen 45 und 50,006 Mönche und Nonnen. Von diesen und von der zum Theil sehr wohl dotirten Weltgeistlichkeit, welche ebenfalls 25.000 Köpfe zählt, ist fast der fünfte Theil der Bevölkerung unmittelbar abhängig. Der Adel zählt 66 Herzoge, 217 Fürsten, 220 Marquis, gegen 2060 Barone und andere Edellente. Die A5 Königlichen und 35 Mediat- städte der Insel enthalten zwar den Üüberwiegenden Theil der Einwohner— schaft, doch ind, sie fast ganz auf den Anbau der unentbehrlichsten Feld⸗ früchte, auf Fischerei, Korallenfang, unbedeutende Handwerke und wenig lohnende TageArbeit verwiesen. Handel und Gewerbfleiß stocken. In die ser Beziehung kommen sast nur Palermo, Messing und Catanea in Betracht.

Dies sind die Stapelplätze für die Verarbeitung der im Lande gewonnenen Seide und für die Ausfuhr derselben und der Südfrüchte.“

„Eigentliche Kommunen existiren, mit Ausnahme der nächsten Umge⸗ bungen des Aetna, nur in Städten. Unzweiselhaft haben die Bedrückungen des Adels und die vielen äußeren Kriege und inneren Fehden im Mittel- alter diese städtischen Verbände hervorgerufen und befestigt. Das platte Land umfaßt aber den überwiegenden Theil des Grundbesitzes, und dieser ist fast ausschließlich in den Händen der Geistlichkeit und der Evelleute. Bie herrlichsten Produkte des Bodens verlieren durch unglaubliche Verngch— lässigung ihren Werth. Der Aubau des Weins, welcher überall reichlich gedeiht, wird nur an wenigen Orten, am Aeing, in Syrakus und in Par- sala, mit einiger Sorgfalt getrieben. Auch die Oelkultur lieg! seßr dan eder. So weit ich Sicilien gesehen, habe ich nur sehr alte ,, . leinen einzigen neu gepflanzten erblickt. Production, Absatz und . werden von Jahr zu? Jahr geringer. Nicht nur die zahlungen . ö . Theil hoch bestenerten Erzeugnisse fremden vewerb eib iz 2 . die an neapolitanische Spekulanten verpachteten , . 90 ö gehen aus dem Lande, ohne Kaß seit langer Jeil von der Negierung 236 wesentliche Ver⸗ wendungen für dasselbe gemacht worden wären. Zum Uehberfluß verzehren viele Grundbesitzer ihre Jtenten in fremden Hauptstädten. Die Armuth muß unter diefen Ümständen beunruhigend zunehmen. Die Ueberlassung des efe'! ion dhe an sin an äössche Lanz gell haft bat den Ruin des Landes vollendet. Die frühere Art, jenes für die Insel höchst wichtige Prodult zu fördern, gab vielen Tausenden Verdienst und Lebensunterhalt. Durch die neu eingeführte, drückende und beschränkende Ordnung sollen über 30 000 Arbeiter plötzlich ihres Unterhalts beraubt worden sein. (Es ist hierbei nicht zu vergessen, daß der Brief 1839 geschrieben wurde.)

„Für Palermo speziell treten noch zwei traurige Hauptursachen schnell zunehmender Verarmung hinzu: einmal die Advofaten, welche hier in über= chwänglicher Anzahl vorhanden sind und mit ihren Dienern, Schreibern und Helfershelfern über tausend Köpfe ausmachen; dann die Folgen der Cholera, wesche vor einigen Jahren die Stabt uud die Umgegend auf das schrecklichste verwüstet hat. Jene saugen recht eigentlich an dem Mark des Landes; sie verwirren die Anwendung der Gesetze durch ihre Kunstgriffe und Intriguen so, daß man sich im Justande der unbeschränftesten Recht

gen in der Südsee, und als solcher hatte er darüber zu wachen, daß Frankreichs Protektorat über Otaheiti respektirt werde. Der Contre⸗ Admiral Dupetit⸗Thouars befehligt die Schiffs⸗Station in der Süd⸗ see, eine der 11 Stationen, die Frankreich an verschiedenen Punkten unterhält. Als Contre⸗-Admiral ist er der Vorgesetzte des Herrn Bruat, obgleich dieser den Titel eines Gouverneurs der französischen Niederlassungen in Oceanien führt. Seit der Ankunft des Herrn Bruat auf den Marquesas⸗Inseln hat sich zwischen ihm und dem Befehlshaber der Schiffs-Station eine Art von Rivalität gebildet, die dem Dienste sehr nachtheilig ist. Diese Rivalität hat zu der Besitznahme von Otaheiti durch Herrn Dupetit⸗-Thouars vielleicht eben so viel beigetragen, als das Benehmen des englischen Konsuls Pritchard. Der Befehlshaber der Schiffs-Station wollte seine Autorität nicht einschläfern und noch weniger sie durch die des Schiffs Capitain Bruat vernichten lassen. Aber was sollte er thun, um nicht unthätig zu bleiben? Er mischte sich daher in Fra⸗ gen, über die vielmehr der Capitain Bruat zu entscheiden hatte, und stützte sich auf seinen höheren Grad, um sich diese Entscheidung an— zumaßen. Das Ministerium kannte die zwischen beiden Seemännern bestehenden Zwistigkeiten sehr wohl, und es weiß auch, daß die Be⸗ sitznahme zum Theil diesen Zwistigkeiten, so wie dem Wunsche des Admirals, einen Akt der Autorität auszuüben, zuzuschreiben ist. Dies wollte Herr Guizot in der Deputirten Kammer bei den ersten Inter— pellationen über die otaheitische Angelegenheit auf der Tribüne erklä— ren. Man erinnert sich, daß er sich einem Votum der Kammer wider⸗ setzte, indem er sagte, er habe neue Berichte mitzutheilen. Allein bis zum nächsten Tage hatte das Ministerium gefunden, es sei besser, über diesen Punkt zu schweigen, und man weiß, wie diese Angelegen⸗ heit endigte. ——

Das Kabinet ist, wie man wohl denken kann, äußerst unzufrieden mit dem Benehmen des Contre-Admirals Dupetit⸗Thouars, das ihm ungeheure Verlegenheit bereitet. Es will indeß diesen Stabs-Ofsizier, dessen Benehmen so lebhafte Sympathieen im Lande erregt hat, nicht verletzen und denkt sich nun auf folgende Weise aus dieser Verlegen— heit zu ziehen: Um vom Contre-Admiral zum Viee-Admiral zu avanciren, ist ein dreijähriger aktiver Dienst in jener Charge erforder— lich. Herrn Dupetit-Thouars' dreijährige Dienstzeit geht erst im nächsten September zu Ende. Erhält er jetzt den Befehl zur Rück— kehr nach Frankreich, so könnte man ihn nicht zum Vice Ad⸗ miral ernennen, und dann wäre seine Ungnade vollständig. Dies will das Ministerium vermeiden, um die öffentliche Mel⸗ nung nicht zu sehr vor den Kopf zu stoßen. Man verzögert daher so viel wie möglich die Abreise des Contre- Admirals Hamelin, der das Kommando der Schiffs-Station in der Südsee übernehmen soll, und man wird die Dinge so arrangiren, daß Herr Dupetit-Thouars seine Abberufung nicht vor dem September erhält, in welchem Monate, wie bereits erwähnt, seine dreijährige Dienstzeit als Contre-Admiral zu Ende geht. Seine Ernennung zum Vice— Admiral, die gegenwärtig beschlossen ist, wird den Eindruck der Ab⸗ berufung etwas mildern, und Herr Dupetit-Thouars wird sich gewiß nicht beklagen. Dies erklärt die Verzögerung der Abreise des Contre⸗ Admirals Hamelin und die Mühe, die man sich giebt, ein abgetakeltes Schiff auszurüsten.

Diese Ernennung wird zugleich eine Antwort auf die Subserip— tionen für den Ehrendegen, der Herrn Dupetit-Thouars bestimmt ist; er wird lieber Vice-Admiral werden, als einen Ehrendegen annehmen und seine Stellung verlieren wollen. Er kann sich übrigens leicht der ihm zugedachten Ehre entziehen. Nach den bestehenden Vexord⸗ nungen darf ein Offizier Geschenke dieser Art nur mit Genehmigung seiner Vorgesetzten, d. h. des Ministers, annehmen. Nun ist es klar, daß Herr von Mackau dem Herrn Dupetit-Thouars nicht gestatten wird, den ihm vom National bestimmten Ehrendegen anzunehmen, und Herr Dupetit⸗Thouars seinerseits wird sich hinter den gesetzlichen Vorschriften verschanzen, um dies kleine patriotische Geschenk zurück— weisen zu können.

Man muß es übrigens eingestehen, daß nur in Frankreich die Manie herrscht, solche sogenannte National-Manifestationen zu ver⸗ anstalten, und zwar wegen Handlungen, die der Mühe gar nicht ein mal werth sind. Was hat denn eigentlich Herr Dupetit-Thouars gethan? Hat er eine glänzende Waffenthat ausgeführt? Hat er eine Schlacht gewonnen, einen Freund gerettet oder einen Feind zu⸗ rückgetrieben? Ist er in Gefahr gewesen? Nichts von Allem hat statigefunden, und die Besitznahme von Otaheiti war das Leichteste von der Welt; Niemand konnte sich widersetzen, weder der Konsul Pritchadrd, noch der Commodore Toup Nicholas, der ein⸗ zige ernstliche Gegner des Herrn Dupetit⸗Thouars. Man weiß in der That nicht, warum die französischen Patrioten so viel Lärm machen. Was würden sie denn thun, wenn Herr Dupetit-Thouars eine Seeschlacht gewonnen oder eine gut ver— lheidigte Insel mit dem Degen in der Hand erobert hätte? Dann würde der Rational genöthigt sein, zu Denkmälern, Statuen und Medaillen aufzufordern, und die Sprache würde nicht Worte genug haben, um ein solches Ereigniß gebührend zu rühmen. So geht es hier stets; niemals würdigen wir die Sachen nach ihrem wahren Werthe. Man hat allerdings aus der otaheitischen Angelegenheit eine wichtige politische Frage gemacht, und man hat geglaubt, daß

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eine sogenannte National⸗Subscription die Stellung des Ministeriums sehr schwierig machen werde. Im Grunde ist dies Ailes nicht sehr wichtig. Der National wird dabei zu Schaden kommen und ge⸗ nöthigt sein, das Geld den Subskribenten zurückzugeben, ein Geschäͤft, das weit schwieriger sein wird, als die Einsammlung der Beiträge.

Grossbritanien und Irland.

London, 20. April. Das Unterhaus war gestern während des größten Theils seiner Sitzung im Ausschusse für Geldbewilligun— gen beschäftigt, und die Verhandlungen bieten nichts von Interesse. Mehrere Posten zur Unterhaltung der Civil⸗Verwaltung verschiedener Kolonieen wurden nach erfolgter Abstimmung, welche der Einspruch und die Beschwerden einiger radikalen Mitglieder des Hauses über die schweren, dem englischen Volke für seine Kolonieen aufgelegten Steuern nöthig machten, bewilligt und die weiteren Verhandlungen bald darauf vertagt. Das Oberhaus war nur kurze Zeit versam⸗ melt und beschäftigte sich mit einigen eingebrachten Petitionen für und wider die vom Lord-⸗Kanzler angekündigte Bill über Dissenter-Kapellen. Die Verhandlung blieb ohne Resultat.

Die Regierung veröffentlicht heute die Balance der Staats⸗ Ausgabe- und Einnahme-Rechnung für das mit dem 5. April abge⸗ laufene Finanziahr 1844, welche das äußerst zufriedenstellende Resultat ergiebt, daß die Einnahme in diesem Jahre die Ausgabe um 2, 095,427 Pfd. übersteigt. Die Haupt-Posttionen stellen sich folgendermaßen:

Einnahme. 21,426,632 Pfd. St. Aer e , 76 Stempeln 7, 01 1,936 Steuern (Grund- und indirekte) 4, 192,473 Sn, , , 5, 356,888 Post 628, 000 Kron -⸗-Ländereien . 147,503 Gehalts- und Pensions-Abzüge, 15 u. 4 Sh. vom Pfd. 5,216 Kleine Fidei⸗Kommisse der Krone J 29,917

Ersparungen an Gehältern in der Verwaltung 504121 2 51,811, 000 Pfd. St.

Andere Einnahmen. Die von China stipulirte Summe ..... .... .... . S0 3, 8o2 Pfd. St. Von der ostindischen Compagnie 60,000 . Nicht eingeforderte Dividenden ö 3 11 Y ,,,, 23,20

FstT.

. Ausgabe. Zinsen und Abzahlung der fundirten Schuld.... Annuitäten

Nicht fundirte Schuld (Zinsen für Exchequer-Bills)

24, 6542, 472 Psd. St. 3, 883, 9069 * 606,342 * ö,, . . Jahrgelder und Pensionen Gehälter Diplomatische Gehälter und Pensionen Justiz⸗Verwaltung nnn, . Das Heer 6, 118, 656 6, 286, 056 Feldzeug · Amt 1,946, 926 Vermischte Parlaments-Bewilligungen .... ...... 2, 812, 294 Opium Entschädigung.. ö 1,249, 395 Chinesische Expedition 821,020 , . 25,300 3d d off Ff. 7ST. 2, 095, 427 . 3T TDöö r r Fb. ST. Die Presse kann nicht anders, als sich über ein solches Resultat günstig aussprechen. „Wenn wir an das „schreckliche Uebermaß“ der IÄusgabe über die Einnahme denken“, sagt die Tim es, „was nicht weniger als 4 Millionen betrug und uns Anfangs des Jahres 1843 beunruhigte, so müssen wir gewiß uns wieder gestärkt fühlen, wenn wir auf das zufriedenstellende Uebermaß der Einnahme über die Aus⸗ gabe von 2,095,127 Pfd. blicken, welches die Rechnung im April 1844 abschließt.!“ Dennoch ist dieser Finanz-Zustand des Staates nicht geeignet, die Times ganz zu beruhigen; die Einkommensteuer, die verhaßte Auflage, welche eine vorübergehende Krisis zu heilen bestimmt war, und deren Annahme nur die dringendste Nothwendig—⸗ keit gebot, droht eine stehende Einnahmequelle des Staats zu werden, und diese Aussicht trübt die freudigen Hoffnungen, zu welchen die Herstellung des Gleichgewichts in dem Finanz Etat berechtigte. „Brauchen wir wohl noch zu sagen“, schreibt die Tim es, „wie ängstlich wir Blatt für Blatt die Rechnung durchsahen, um einen Strahl von Hoffnung für die baldige Abschaffung der Einkommen⸗ steuer zu sinden? Es war vergebens; wir stehen jetzt dem Ende der Periode, für welche wir uns die Steuer gefallen ließen, näher als ihrem Anfange; wir sehen das Ziel, welches der Premier- Minister uns bei der Auflage dieser unpopulairen Steuer vorhielt, schon vor Augen und fangen an, uns der baldigen Freiheit zu freuen, da müs⸗ sen wir inne werden, und zwar nicht mit gewöhnlicher Besorgniß, baß dies abscheuliche Monstrum von Steuer bei ihrer Abschaffung einen Ausfall von nicht weniger als 5,356,888 Pfd. St. in den Staats-Einnahmen verursachen muß. Wie soll dieser Ausfall gedeckt werden? Unsere Einnahme übersteigt in diesem Jahre die Ausgabe

Ueberschuß der Einnahme

um 2 Millionen, Herr Goulburn verspricht uns, aus der Zins⸗-Re⸗ duction der 3 prog. Stocks auch noch eine halbe Million, aber wie sollen noch die übrigen 25 Millionen ergänzt werden eine starre, unbewegliche Summe, die unsere übrigen Einnahme⸗Quellen schwer⸗ lich decken können. Wenden wir uns zu der größten Einnahme, den Zöllen, so suchen wir vergebens die Erfüllung der großen Ver⸗ sprechungen, weiche Sir R. Peel auf Grund seines neuen Tarifs gab und noch immer giebt. Was sehen wir? Nicht das stete Wach⸗ sen der Einnahme, welches unsere staatsökonomischen Enthusiasten pro⸗ phezeit haben, aber wohl ein stetes gleichmäßiges Sinken. Wir hat⸗ ten im Oktober 1842 eine Summe von 197 Millionen, im Oktober 1813 schon nicht mehr als etwas über 185 Millionen und gegenwär⸗ tig noch weniger als diese Summe eingenommen. Wir kön⸗ nen deshalb aus diesem Einnahme- Zweige nichts erwarten. Die Post Einnahme zeigt (heu! quantum mutatus) ein unbedeutendes Steigen von 30 oder 10,9009 Pfund statt der küh⸗ nen Erwartungen des Herrn Rowland Hill. Alles, was gethau wer⸗ den konnte, ist geschehen. Das korrespondirende Publikum wird durch blaßrothe, purpurne und blaue Portraits der Königin, durch gestem⸗ pelte Brief-Couverts und gestempeltes Briefpapier, durch alle mög⸗ lichen Kunstzierrathen veranlaßt, seine Pfennige und Two⸗Pences auf die Post zu tragen, aber leider hat das Publikum sich immer schon besonnen, wie viele Briefe es schreiben will, und bleibt unempfindlich gegen alle Lockungen von St. Martins⸗-le-Grand. Eine Besse⸗ rung der Einnahme hat stattgehabt, das ist keine Frage; und wahrscheinlich wird dieselbe sich noch günstiger stellen, aber ge⸗ wiß nur in so mäßiger und gewöhnlicher Weise, daß alle die Er⸗ wartungen von der größeren Lust des Publikums, Briefe zu schreiben, sich als übertrieben herausstellen werden. Herr Rowland Hill ist gewiß nicht unser Deus ex machina für unseren gegenwärtigen Zweck.“ Auch von den übrigen Einnahme- Zweigen erwartet die Times keine Steigerung, so daß der Ausfall bei einer Abschaffung der Einkommensteuer gedeckt werden könnte.

nieder land e.

Aus dem Haag, 20. April. Der Aufenthalt der Kö⸗ niglichen Familie in Amsterdam, wo sie bekanntlich seit dem 16ten verweilt, liefert einen neuen Beweis von der Anhänglichkeit des Vol⸗ kes an seinen König. Ihre Majestäten der König und die Königin, so wie die Prinzen und die Prinzessin von Oranien, werden überall mit Frende und Jubel empfangen. Es ist dies eine Reise der An⸗ erkennung, indem Se. Majestät, tief gerührt durch die Anstrengungen, welche die Nation gemacht hat, um die Finanzen des Landes zu ret⸗ ten, sich beeilte, der großen Stadt, die so viel zur Deckung der An⸗ leihe beigetragen hat, seinen Dank dafür darzubringen, und an die⸗ sem Königlichen Beweise der Zufriedenheit haben zugleich alle Städte und Gemeinden des Königreichs Theil. ;

Die neue Anleihe von 35 Mill. Fl. zu 4 pCt., welche zur Ein⸗ lösung der Sproc. Renten bestimmt ist, soll der Vorläufer einer grö⸗ ßeren Konvertirung sein, indem man die Hoffnung hegt, daß die Kon⸗ vertirung der 5proc. in 4proc. in der Folge zu Stande kommen werde. Es ist dies der erste Schritt zur Reduction der Staats-Renten. Die Regierung ist unablässig bemüht, sowohl die aus den Schulden des Landes, als die aus den allgemeinen Ausgaben entstehenden Lasten allmälig zu vermindern. Schon sind in allen Verwaltungs Zweigen bedeutende Vereinfachungen und Ersparungen eingeführt worden.

Die Direction der niederländischen Bank hat ihre Rechnungen am 31. März abgeschlossen, und jede Actie erhält eine Dividende von 54 Fl.

Seitdem die gerichtlichen Citationen und Verfolgungen im Her⸗ zogthum Limburg begonnen haben, ist Unordnung in dem Lager der Separatisten eingerissen. Der sogenannte verantwortliche Gérant und der Drucker ihres Journals sind verändert worden; sie haben an die Stelle eines unbekannten Menschen einen noch unbekannteren gesetzt, und der Sohn des Druckers ist an die Stelle des Vaters gekreten, weil dieser nicht mehr die Verantwortlichkeit übernehmen wollte. Dies sind Thatsachen, welche die hier eingegangenen Briefe melden. Die gerichtliche Untersuchung wird mit Eifer fortgesetzt; indeß erfahren wir auch, daß weder die Proclamationen, noch die Ermahnungen, noch die begonnenen Prozesse die Agitatoren abschrecken; sie senden ihre Agenten in alle Gemeinden, die dem Volke zurufen: „Leistet gesetzlichen Widerstand; zahlet nichts, wir zahlen auch nichts!“ und ihr tägliches Organ fügt mit einer unverschämten Zuversicht hinzu: „Harret aus; wir haben die gegründete Hoffnung, daß die Trennung bald stattfinden wird!“ Was soll man bei solchen De⸗ monstratiönen thun? Die Regierung muß mit Energie zu Werke gehen und nicht dulden, daß einige Ehrgeizige eine ganze Bevölke⸗ rung ins Verderben stürzen. In allen Gemeinden werden die allge⸗ meinen und die lokalen Steuern verweigert; die leichtgläubigen Ein⸗ wohner sind unklug genug, dem ihnen gegebenen Impulse zu folgen, und es müssen offenbar die ernstesten Unannehmlichkeiten daraus ent- stehen. Aber bei dem Gange, den die Angelegenheiten neh⸗ men, werden die Kleinen für die Großen, die Armen für die Reichen büßen müssen; denn vermittelst Zahlungen und gehei⸗ mer Unterwerfungen ist es bereits geschehen, daß die Mit⸗ glieder der separatistischen Verbindung der Strafe entgangen sind,

losigkeit befindet. Ihre Büreaus bestehen in, nach der, Straße zu offenen, oder nur burch einen leinenen Vorhang verdeckten, Gewölben, an deren Wänden auf hohen und langen Pulten zahlreiche Perggmentbände, Prozeß— Akten und Dokumente enthaltend, aufgestellt sind. In der Mitte dieser Räume sitzt, einer Kreuzspinne in ihrem Netz vergleichbar, der schwarz ge— kleidete Priester der Themis und wartet der Kunden, deren er sich entweder schon längst mit dämonischer Gewalt unwiderruflich bemeistert hat, oder welche ihm wie Schlachtopfer von ausgesendeten Mäktlern zugeführt werden. Niemand darf hier glauben, ein von ihm erkauftes Eigenthum sicher zu besitzen. Oft erheben sich Ansprüche darauf von Seiten und von Personen her, deren Dasein bis dahin nicht geahnt worden war, und häufig genug bringt es die Verschmitztheit des Advokaten wirklich dahin, daß dem Prä⸗ tendenten seine unbegründeten Anforderungen mit hohen Summen abgekauft werden, von denen natürlich der größere Theil in die Taschen des listigen Anwalts fließt. Manche Familie besoldet mehrere für geschickt bekannte Rechtsverständige blos deshalb sehr reichlich, damit dieselben sich, oerpflich ten, nicht gegen sie aufzutreten. Der Reiche und Mächtige ist seines Sie⸗ ges gegen den Unbemilkelten fast immer gewiß. Er darf, sich deshalb Alles erlauben. Um so tiefer wurzelt wüthender Parteihaß in den Gemüthern des Volks.“

Es folgt nun ein erschütterndes Gemälde von der Dezimirung Paler= mo's durch die Cholera und von der Auflösung aller Bande der Gesellschaft in Folge dieser Katastrophe. Dann heißt es weiter: „Schon vor dem Auflreten dieser furchtbaren Geißel hatte düsterer Unmuth auf vielen Punk- ten der Insel Wurzel gefaßt. Die Unwissenheit und Rohheit der niederen Stände macht ihre alte Neigung zur Empörung noch gefährlicher, rücksichts⸗ loser. Schon im Jahr 1831 wurde der Anschlag einer verzweifelten Bande, Palermo zu überfallen und zu plündern, nur durch Zufall vereitelt. Blutige Hinrichtungen schürten das glimmende Feuer mehr, als sie es dämpften“. Der Verfasser erzählt uns nun die auf der Insel herrschende Unordnung und Raubsucht, und in Folge derselben die persönliche Unsicherheit, so daß die Regierung die gährenden Massen nur mit dem Bajonette niederhalten könne. „Trotz allem über Palermo verhängten Ungemach“, fährt er dann fort, „fand ich die Bettelei zwar nicht weniger häufig, aber doch weniger frech, als in Neapel. Auch ist man hier viel mehr zum Geben aufgelegt, wenn

man in die oft edlen und von tiefem Jammer durchfurchten Züge der um Mitleid Flehenden btickt. Mancher Arme, der uns unter der Hand um ein Almosen bat, zeigte in Kleidung, Haltung und Sprache die Spuren einsti⸗ gen Wohlstandes. Der Sicilianer wächst, wenn er nicht sehr wohlhabenden Familien angehört, ohne Schulunterricht auf, denn für diesen wird fast Nichts gethan. Er ist deshalb unwissend, rauh und hart. Es ist aber in ihm ein' undeutliches Gemisch von spanischem Stolz, deutscher Redlichkeit und arabischer Großmuth zurückgeblieben. Versprechen pflegt er heilig zu halten, Gastfreundschaft nicht zu verletzen. Glühende und leicht angefachte Rache ist seine hauptsächlichste Leidenschaft. Blutvergießen ist ihm Spiel, Verachtung des Menschenlebens ihm eigen; es hat für ihn selbst oft zu geringen Werth, um es bei Anderen zu schätzen; aber er ist weder feig, noch gemein, wie so häufig der Neapolitaner, und es spricht gewiß sehr für den Charakter des Volkes und für das Edle in den Grundbestandtheilen seiner Abstammung, daß es, des langsährigen Druckes fremdländischer Herrscher, der Sorglosigkeit seiner Ne= gierung, des Uebermuths eines reichen und mächtigen Adels, der Insinua⸗ lionen der Geistlichkeit, der Intriguen eines Hees von Advokaten und aller Leiden, welche Krieg, Empörung, Erdbeben, Pest und Ueberschwemmung mit sich führen, ungeachtet, nicht schon längst zu der tiefsten Stufe moralischer Verworfenheit hinabgesunken ist.“

Was Bitter ferner noch über Siꝑcilien, dann über Malta sagt, ist gleich belehrend und trefflich; es giebt schwerlich eine lebendigere und malerischere Schilderung der Besteigung des Aetna, als die seinige. Sie ist zu ausführ= lich, um sie hier einflechten zu können, wir müssen daher Freunde der Lektüre von Reisebeschreibungen auf das Buch selbst verweisen. Augenscheinlich sind die Abschnitte über Sicilien und Malta schon für den Druck ausgear— beitet gewesen, während die Notizen über die Rückreise nach Neapel, Livorno, . Florenz und Turin u. s. w. nur wiederum für den engeren Kreis einer Familie ursprünglich bestimmt waren, der gegenüber er jenes Herz voll Liebe und Treue, jenen Sinn voll der edelsten Pietät kundglebt, wodurch der so früh Dahingegangene Allen, die ihn näher gekannt haben, unver= geßlich bleiben wird. .

Geistliche Musik⸗Aufführung in der Garnisonkirche.

Daß bei Kirchen-Konzerten, wo sogar zur Begleitung der Gesänge die Orgel in Anwendung gebracht wird, eine gewisse Einfarbigkeit unvermeidlich ist, darüber haben wir uns ausführlicher auszusprechen bereits bei einem ähnlichen Anlasse Gelegenheit gehabt. Auch bei der von Herrn Prosessor C. Kloss am Montag, den 23sten, von 5 —7 Uhr in der Garnisonkirche veranstalteten geistlichen Musif-Aufführung war dieser Uebelstand fühlbar, und das Publikum hatte sich auch, trotzdem daß die Einnahme zu wohlthä⸗— tigem Zwecke bestimmt war, dennoch nur höchst spärlich eingefunden. Als tüchtige Orgel-Virtuosen zeigten sich sowohl Herr ꝛc. Kloss wie Herr Haupt im Vortrage verschiedener figurirter Choräle, Fugen 2c. Auch ein vier- stimmiger Ehor nebst Fuge voön der Composition des Herrn Kloss und eine Molsette für Männerstimmen machten, von einem freilich etwas schwach be⸗ setzten Dilettanten - Chor vorgetragen, eine, wenn auch nicht imponirende, doch gute Wirkung. Von dem Gründer des wahren Kirchenstyls, von Palestrina, wurde ein Homnus: „Gloria Patris, a capella ebenfalls recht sicher gesungen und verfehlte auf die für reinen Kirchengesang empfänglichen Gemüther seinen Eindruck nicht. Alles Aeußerliche verschmähend, giebt uns Palestrina's Musik in ihrer Einfachheit, ruhigen Würde und Kraft nur den Ausdruck der Liebe und Andacht, wie sie dem Innern, alles Weltliche nicht beachtend, entspringt, und Niemand nach ihm hat diesen Stol voller Hoheit und Wahrheit in solcher Reinheit und Einfachheit zu handhaben verstanden, obgleich er von Vielen und mit Glück nachgeahmt wurde. Außer diefem Stücke aus dem sechzehnten Jahrhundert hörten wir noch mehrere aus dem neunzehnten: Mlle. Tue zetk trug eine Arie aus Haydn's „Jahreszeiten“, so wie ein „Ave Maria“ von Cherubini, mit Orgelbeglei= tung vor, und Herr Pfister, dessen schöne Mittel wir bereits anerkannt haben, sang die Cavaline aus „Paulus“ von Mendelssohn: „Sei getreu“, recht gelungen.