1844 / 120 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

andi alt wir nicht mittheilen mögen, wird der Vorschlag ge⸗ 99 Schrift herauszugeben, welche die Ider des

ismus zu einer gemeinsamen mache, Polen als ein histori⸗ pere rn uu steln 6 alle slawischen Richtungen konzentrire. Außerdem solle die Schrift nach dem katholischen Vrinzip redigirt werben, welches jener Reform günstig sei, doch müsse die Tendenz der Zeitschrift anfangs nicht zu scharf hervortreten, damit dieselbe allmälig Vertrauen gewinne.

Ausland.

Deutsche Zundesstaaten.

Bayern. München, 21. April. (A. 3.) Ihre Majestät die Königin wird am 10. oder 11. Mai München verlassen, um sich nach Berchtesgaden zu begeben; Ihre Königl. Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin sind gestern Abend um 7 Uhr im besten Wohl— sein hier eingetroffen. Außer Sr. Kaiserl. Hoheit dem Erzherzog Karl, der mit seinem Sohne Albrecht, dem erlauchten Bräutigam unserer Prinzessin Hildegarde, morgen Mittag hier ankommt, werden auch einer heute durch Estaffette eingetroffenen Nachricht zufolge Ihre Kaiserl. Hoheiten der Erzherzog Karl Ferdinand aus Mailand, der Erzherzog Friedrich Ferdinand aus Prag, sowie der Erzherzog Wil⸗— helm und die Erzherzogin Marie aus Wien hier eintreffen.

Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 24. April. (Sch. Z.) Aus den nächsten Umgebungen unseres vielgeliebten Großherzogs sind uns in diesen Tagen wieder mehrfach Nachrichten zugegangen, welche aus Rom bis zum Sten d. datirten und sich über das Befinden des hohen Reisenden überaus günstig aussprechen. Se. Königl. Hoheit waren gewilligt, nach erfolgtem Abschiedsbesuche bei Sr. Heiligkeit sich am 9ten d. nach Neapel zurückzubegeben, um sich nach einigem Aufenthalte in Sicilien am 28sten d. von Malta aus nach Konstan⸗— tinopel einzuschiffen. Die Ueberfahrt wird auf einem französischen Dampfschiffe geschehen und hoffte man, nach kurzem Aufenthalte in Syra und Smyrna, am 4. oder 5. Mai in Konstantinopel einzu⸗ treffen, wo Se. Königl. Hoheit etwa drei Wochen zu verweilen, theil⸗ weise diese Zeit jedoch auch zu Ekursionen im Bosporus, sowie nach Vrussa, Troja 4“, zu verwenden gedachten. Der Großherr war durch Vermittelung des preußischen Gesandten, Herrn Lecoq, von dem bevor⸗ stehenden Besuche Sr. Königl. Hoheit bereits benachrichtigt worden. Soweit bis jetzt bestimmt, wird der Großherzog auch die Rückreise in den ersten Tagen des Junius wieder über Malta bewerkstelligen und dort die Quarantäne abhalten, womit ein Zeitverlust von mindestens zehn Tagen verbunden sein wird. Von Malta sollte auch wieder der Weg über Neapel eingeschlagen, von hier aus aber direkt auf Livorno inge! werden, und würden Se. Königliche Hoheit noch einigen

ufenthalt in Florenz, Genua und Mailand machen, sodann aber

durch die Schweiz nach Deutschland zurückkehren. Nachdem die zweite Hälfte des Monats Julius noch zur Abstattung von Besuchen an verschiedenen süddeutschen Höfen verwendet worden, dürfen wir der Rückkehr des geliebten Landesherrn in den ersten Tagen des Monats August entgegensehen. So wie bisher in Italien werden Se. Königliche Hoheit auch auf Ihrer Reise nach Konstantinopel von dem Erbprinzen von Lippe begleitet sein, und gedachte auch der Erbprinz von Schwarzburg⸗Rudolstadt sich Ihnen anzuschließen.

Freie Städte. Bremen, 24. April. Der hier bestehende evangelische Verein für deutsche Protestanten in Amerifa erläßt in den hie sgen Zeitungen folgende Aufforderung: „Der hülflose Zu⸗— stand vieler tausend unserer ausgewanderten Landsleute und Glau— bensgenossen rief vor einigen Jahren unseren Verein ins Leben. Sollten sle nicht in den entlegenen Wäldern und Wiesen des Westens ohne Predigt des Worts und ohne Unterricht ihrer Kinder bleiben, oder aus Noth gezwungen werden, zu der römischen Kirche zu treten, so mußte Deutschland sich aufmachen, ihnen zu helfen und ihnen Pre⸗ diger und Lehrer senden. Die wichtige Angelegenheit fand nicht allein unter uns Anklang, es bildeten sich auch in Stade, Hamburg, Dres⸗ den, Elberfeld und Hanau ähnliche Vereine. Wir gingen indeß so⸗ gleich ans Werk, sandten mehrere junge Leute auf unsere Kosten zu weiterer Ausbildung ins Rauhe Haus bei Hamburg, die dort so weit gebracht werden sollten, daß sie nicht allein dem Unterricht der Ju⸗ gend vorstehen, sondern auch die Alten mit Gebet und Gesang, Vor— lesen und Erklären des Wortes Gottes erbauen könnten. Bald zeigte sich auch Gelegenheit, studirte und unstudirte Männer auszurüsten und auszusenden. Seit vier Jahren haben wir acht Sendboten hinüber⸗ geschickt, welche in gesegnetem Kirchen- und Schuldienst in den Staa—⸗ ien Indiana, Ohio, Mississipi und New-=Nork, einer auch in Buenos⸗ Ayres, stehen. Die Unterhaltung jener Jünglinge im Rauhen Hause, o wie die Ausrüstung und theilweise Unterstützung der Uebrigen, hat indeß unsere Einnahme überstiegen; unsere diesjährige Rechnung schließt mit einem Defizit von 191 Rthlr. 36 Gr. Und nun müssen wir vier jener jungen Leute: Heinrich Eppens aus Hastedt, Philipp und Adolph

720

Conradi aus dem Nassauschen, Wilhelm Schünemann aus dem Han— noverschen, da ihre Bildung vollendet ist, nach Amerika aussenden. Die Ausrüstung an Kleidern, Wäsche und Büchern erfordert eine bedeutende Summe, und wir wenden uns daher an unsere Mitbür—⸗ ger mit der herzlichen Bitte, uns dazu durch außerordentliche Bei⸗ träge unterstützen zu wollen. Wir hoffen, auch bei denen, die bis dahin nicht Mitglieder unseres Vereins waren, und welche durch ihre Verbindung mit Amerika oder um der protestantischen Kirche willen an . wichtigen Angelegenheiten Theil nehmen, keine Fehlbitte zu thun.

. —⸗ 2 Oesterreichische Monarchie.

Wien, 29. April. (A. 3.) Der gestrige 51 ste Geburtstag des Kaisers Ferdinand gab Veranlassung, daß sich die meisten Mit⸗ glieder der Kaiserlichen Familie aus Böhmen, Mähren, Ungarn und Steyermark hier einfanden, um Se. Majestät ihre Glückwünsche dar—⸗ zubringen. Die Bürger Wiens begingen diesen Festtag, wie gewöhn— lich, durch einen feierlichen Gottesdienst in der Metropolitan Kirche zu St. Stephan unter Paradirung des Bürger⸗Militairs. Die Gar⸗ nison war unter dem Befehl des Feldmarschall⸗-Lieutenants Prinzen von Wasa zu einem Feldgottesdienst auf dem Glacis der Stadt in Parade ausgerückt, welchem der Erzherzog Franz Karl und der gegen— wärtig hier befindliche schwedische General von Hjerta 2c. beiwohnten, und nach dessen Beendigung sämmtliche Truppen vor Sr. Kaiserl. Hoheit und deren hohem Gefolge desilirten. .

Die Krankheit des jungen Erzherzogs Franz Joseph verläuft vollkommen regelmäßig, und ist bereits im Abnehmen.

Die Wiener Zeitung publizirt in ihrem Amtsblatt vom heu— tigen Tage nun auch den mehrbesprochenen Postvertrag mit Preußen, wodurch der Frankirungszwang gegenseitig aufgehoben, und die Porto⸗ Beträge merklich ermäßigt werden.

Wien, 22. April. Heute früh ist Se. Kaiserliche Hoheit der Erzherzog Albrecht, in Begleitung seines Vaters, des Erzherzogs Karl, von hier nach München abgereist, um daselbst seine Vermählung mit Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Hildegarde zu feiern.

Üussland und Polen.

Warschau, 25. April. Se. Kaiserl. Hoheit der Großfürst Thronfolger und dessen Gemahlin sind heute früh aus Deutschland hier eingetroffen, und haben ihren Aufenthalt im Palast Lazienski genommen.

Frankreich.

Pairs⸗Kammer. Sitzung vom 22. April. Da man in den neueren Bewegungen unter dem hohen Klerus von Frankreich, insofern dieselben auf vollkommene Freiheit des Unterrichts gerichtet sind, das Bestreben erblicken will, die Erziehung und Bildung der Jugend wieder in die Hände der Jesuiten zu bringen, so war auch ein großer Theil der Rede des Herrn Cou sin, als Vorkämpfers der Universität und der Philosophie, gegen jenen geistlichen Orden ge⸗— richtet, dessen Geschichte und Charakter der Redner in folgender Weise schilderte:

„Im 16ten Jahrhundert bedurfte die Kirche gegen neue Gefahren neuer Institutionen. Der Dominikanerorden, der Franziskanerorden hatten ihre Zeit gehabt; sie bestanden noch; sie lebten nicht mehr. Die Kirche, stets unerschöpflich, brachte aus ihrem Schoße in der Mitte des 16ten und zu Anfang des 17ten Jahrhunderts (1540 und 1612) zwei neue Orden hervor, die während eines Jeitraums von 200 Jahren eine große Rolle in der Geschichte des öffentlichen Unterrichts in Frankreich gespielt haben; der eine diefer Orden, allgemein, ohne Vaterland außer der Kirche, ihrer Vertheidigung gewidmet und stets bereit, sich dahin zu begeben, wo es ihr Dienst fordert, nach Paris oder nach Peking, an den Hof oder in die Wüste, auf die Kanzel oder zum Märtyrerthum; der an— dere, ausschließlich französisch, der gallikanischen Kirche unterworfen, einge⸗ führt zu dem bestimmten Zweck, Lehrer zu bilden für Semingrien und Gymnasien; zwei Congregatsonen, die bald Nebenbuhler und Feinde wur— den: die eine, geboren zum Krieg, die Flamme der gwietracht aller Orten anschürend zur Erhaltung der sie auszeichnenden Ei⸗ genschaften: Beharrlichkeit und List; die andere, aufgekommen nach den großen Stürmen des sechszehnten Jahrhunderts, nur bedacht auf Herstellung der Ordnung, voll Eifer, aber auch voll Mäßigung, nicht unfähig, mit Vortheil, ja mit Glanz, in der Welt und auf der Kanzel aufzutreten, aber vor Allem die Zurückgezogenheit und das Stu— dium liebende; die eine, schon durch den Geist ihrer Institution zu eiserner Disziplin, zu unbedingtem Gehorsam verurtheilt, allzusehr be— müht, ihre Zwecke zu erreichen, als daß sie hätte bedenklich sein können bei der Wahl ihrer Mittel, entschiedene Feindin jeder Ten— denz zur Prüfung, durch Natur und Gewohnheit zu blinder Hinge— bung geneigt und zum strengsten Halten an ihrer Regel verbunden; die andere im Gegentheil eine Freundin der Aufklärung und gemäßigten Freiheit, gern Literatur und Philosophie mit theologischen Strebungen ver— mischend, ein Verein frommer Männer zur Uebung christlicher Liebe, von Bossuet treffend bezeichnet als eine Gesellschaft, wo man gehorcht, ohne ab— zuhängen, und regiert, ohne zu befehlen. Wer erkennt nicht die Väter vom Oratorium und dle Väter Jesuiten? Die Jesuiten, geborene Eroberer, be— ginnen mit wunderbaren Thaten. Gleich mit dem ersten Schritt verbreitet sich der Orden über ganz Europa und bis in die feinsten Weltgegenden.

Die Jesuiten haben ihre Heiligen, ihre Gelehrten, ihre Helden, ihre Märtorer: das ist ihr erstes Jahrhundert, ihr unvergänglicher Ruhm. Dann streben sie aus Lei- den und schwerer Erfahrung zur Herrschaft, erscheinen an den Höfen, verfügen über die Mächte, erdrücken ihre Feinde, führen den Pflug über die Trümmer von Port-Noval, säen Schrecken und Furcht; das ist ihr zweites Zeitalter, nütz- lich und schädlich zugleich, voll abscheulicher Doltrinen neben reinen Cha— rakteren, der edle Bourdaloue zur Seite jener versolgungssüchtigen Beicht⸗ väter Ludwig's XIV. In ihrer letzten Zeit ist ihnen von den großen Eigen schaften der früheren Epochen nichts geblieben, als das aner ch Beharren, nach Erhaltung einer Gewalt zu streben, von der sie keinen edlen Gebrauch mehr zu machen wußten; ihr Feuereifer stimmte sich herab zur Ränkesucht; als sie 1764 aus Frankreich vertrieben wurden, hatten sie keinen Gelehrten mehr vom ersten Rang, keinen einzigen ausgezeichneten Schriststeller; selbst ihr Talent zum Jugend Unterricht, das man bis zum Lächerlichen übertrieben hat, war verschwunden. Ihr Genie für die Erziehung bestand von jeher nur in wirklicher oder angenommener Gutmüthigkeit, mittelst welcher sie sich in die Seelen und Gemuther einschmeichelten, so wie in dem Schatfsinn, den Beruf und die Neigungen ihrer Zöglinge zu entdecken; ihr Schulzucht⸗ System war offenbar mangelhaft; das erste Prinzip einer Disziplin, die auf Erhebung, nicht auf Herabwürdigung der Charaktere ausgeht, besteht immer in der strengsten Nechtlichkeit aller gebrauchten Mittel, so daß aus der Anwendung der Regel jedesmal eine lebendige Sittenlehre wird. Die jesuitische Schulzucht stützte die Lehrkanzel auf den Veichtstahl und breitete über die ganze Unterrichts Anstalt das Netz einer geheimnißvollen Polizei aus, die ihre unbewußten Werkzeuge oft in den Zöglingen zu finden veistand. Traurige Lehrzeit für die Jugend eines freien Volkes! Die Studien hat— ten in den Jesuitenschulen nie einen männlichen Charakter; das gründliche Wissen wurde dem angenehmen geopfert. Wer kennt nicht die verschiedenen Glückswechsel der Gesellschaft Jesu? Bald aufgenommen, bald verjagt, heute wiedergerufen, morgen von neuem ausgetrieben, ward sie zuletzt, vor nun 70 Jahren, von einem Schlage getroffen, der der letzte zu sein schien, aber nicht der letzte war. Heinrich IV. war es, der die Jesuiten aus Frank- reich verbannte und sie doch später, den Widerstand des Parlaments nicht achtend, wieder zuließ. Warum wohl? Fragt nur Sull?! Weil er fürchtete, vergiftet oder ermordet zu werden; das sind des Königs eigene Worte. Heinrich 1V., stets von Komplotten umgeben, glaubte Sicherheit zu erlangen, indem er Jean Chatel's Anstifter mit Wohlthaten überhäufte. Ist er nicht dennoch unter Ravaillac's Dolch gefallen? Niemals jedoch hat Hein= rich IV. den Jesuiten das Recht, die Jugend zu unterrichten, ertheilt; erst nach seinem Tode entriß der Orden den schwachen Händen der Regentin, Maria von Medieis, was der König verweigert hatte, eine Urkunde nämlich, die den Jesuiten das volle Recht, Schulen zu halten, einräumte. Das Par- lament will das Patent nicht eintragen; die Jesuiten aber wenden sich an den Hof, und durch höchsten Beschluß vom 15. Februar 1618 wird ihr Gymnasium zu Clermont mit den Unterrichts -Anstalten der Universität von Paris auf gleichen Fuß gesetzt. Aber auch dann noch unter welchen Bedingungen? Die Jesuiten sollten öffentlich austreten ge— gen die politischen und moralischen Doktrinen, welche von ein— zelnen Gliedern des Ordens gepredigt wurden, und sich verbindlich machen, die Aussprüche der Sorbonne und die Lehre der gallifanischen Kirche in Allem, was sich auf die geheiligte Person des Königs beziehe, anw zuerkennen, auch sich nach den Gesetzen und Gebräuchen der Universität zu richten. Niemand dachte zu jener Zeit an ein natürliches Recht, Unterricht zu ertheilen; Niemand sah in dem Halten von Schulen eine Privat⸗Industrie; die Ermächtigung, Unterrichts-Anstalten zu begründen, wurde den Jesuiten zugleich als eine Gunst und als eine Last bewilligt; man stellte ihnen Be⸗ dingungen, die sie eingingen, aber freilich gar oft unbeachtet ließen.“

Der letzte Theil der Nede des Herrn Cousin war vorzüglich der Vertheidigung der Universität gegen die ihr in der Polemik des Kle⸗ rus gemachten Vorwürfe, daß sie die Religion in den jugendlichen Gemüthern untergrabe, und dem Lobe des in den Colléges ertheilten Unterrichts, so wie seines Einflusses auf die Jugend, gewidmet. Die Universität hat, der mit aller Entschiedenheit ausgedrückten Ueberzeu— gung des Redners zufolge, das Ziel, welches ihr gesteckt war, er— reicht, nämlich: die Entwickelung der Ideen des 19ten Jahrhunderts durch einen dem Geiste der Zeit angepaßten Unterricht. Der Redner ist der Meinung, daß der Unterricht in der Philosophie in den Se⸗ kundärschulen beibehalten werden müsse, und daß dieser Unterricht, obwohl voll Ehrfurcht gegen alle vom Staate anerkannten Religio⸗ nen, nicht einer derselben ein Monopol einräumen dürfe. Herr Cousin bemerkte in dieser Hinsicht:

„Man macht sich eine seltsame Vorstellung von dem Unterrichte der Universität; dort heißt es, sie unterstütze die platonische Philosophie, dort, sie vertheidige aristotelische Grundsätze; wieder Andere behaupten, daß sie die Ideen der Descartes, Bacon, Kant, Laromiguiere, Royer-Collard lehre. Nichts von allem dem ist wahr. Die Universität will vor Allem den Geist ihrer Zöglinge heben durch moralische Maximen, durch Beispiele, welche zum Guten führen, durch weise Ansichten, welche die Begriffe von Necht und von Unrecht bestimmen. Strenger noch als die Restauration, strenger als Herr Noyer-Collard, als der Bischof von Hermopolis selbst, wachen wir mit äußerster Sorgfalt darüber, daß keine irreligiöse oder unmoralische Ansicht das Herz und den Geist der Zöglinge verführe. Und doch will man diese Wahrheiten nicht anerkennen, und doch verlangt man die Zer— störung der Universität! Ihr wollet sie stürzen? Nun, angenommen, Eurem Wunsche würde genügt, was wäre dann die Folge? Bald würden, unter dem Schirme der vollständigen Unterrichtsfreiheit, die Ihr fordert, ka— tholische, protestantische, jüdische und andere Schul -Anstalten entstehen und schon von ihrer Jugend an die Bevölterungen trennen, die sich fliehen, sich gleichsam gegen einander abschließen würden. Dann würde jene glückliche Vermischung, welche die Universität mehr und mehr zu Stande zu bringen stets gestrebt hat, bald wieder verschwinden und mit ihr auch jene große Tugend, welche die Stärle und die Einheit der Nationen ausmacht, jene Tugend,

die Königin zwischen zwei Statuen ihres Mannes stehend, an ihren Knieen Töchter und Söhne, ebenso an den Knieen des Königs; zwischen den gro⸗— ßen Riesen stehen Strebepfeiler, mit ungeheuren Hieroglyphen bedeckt, so wie auch rings um die Fagaden ein Kranz von schön . riesen⸗ haften Buchstaben sich hinzieht. Das Ganze, am Fels eiwa fang Fuß über dem jetzigen Wasserstand des Flusses erhoben, macht einen großartigen und nicht erdrückenden Eindruck. ; Aber fast überwältigend, obgleich durch die treffliche und lebendige Arbeit wieder nicht unerfreulich, ist die Fagade des großen, von Rhamses selbst dem Götterkönige Ammon Ra und dem Sonnen-Gott Phre erbauten oder vielmehr in die Erde hineingegrabenen Tempels. Da sitzen, aus dem Sandstein gehauen, vier gewaltige Statuen des Königs, über 60 Fuß hoch, von Schuller zu Schulter 21 Fuß breit, zwei davon fast ganz sichtbar, eine halb, eine bis ans Knie im Sande vergraben. Wenn ich bei den letzieren auf der Höhe der Oberlippe stehe, so reiche ich mit dem Scheitel bis etwa an die Mitte der Stirn. Und doch ist die Arbeit durchaus leben⸗ dig und kräftig; der Kopf, natürlich Portrait, hat einen freundlichen und n, Ausdruck. Ueber der engen Thür, zwischen den beiden mitt eren Kolossen, steht eine, ebenfalls rlesenhafie Statue des Gottes Phre. Die Verhältnisse sind etwas gedrückt, und lange nicht so rein, wie bei den volllommensten ägyptischen Statuen, den Memnons Kolossen; doch machen diese hohen Gestalten in der ernsten und schweigenden Wüste, an der steilen Felswand, über dem herrlichen Strom den wunderbarsten Eindruck, mag man sie nun, auf den bewegten Wellen heranfahrend, vor sich heran wachsen sehen oder zwischen und an ihnen herumklettern und wie zu Felsen und Bergen an ihnen heraufblicken! Nicht minder großartig ist der Blick durch die halb offene Thür in die erste große Pfeilerhalle, die don acht vier⸗= 2 En, voin durch kolossale Statuen des Königs gezierten Pfeilern getragen äböarnernst hauen Liese eiwas niedrigen, gehrüchken Gestalten mit Hin- nil Und Geißel den Beschauer an, —= mit ebenfalls merlwürdig gut nan Cel rr en Ausdruck, als lächelten sie über die Kleinheit eit derer, die da erstaunt und verwundert vor ihnen stehen.

* Von Ed Dahmer, den 24 Janu ö ar d. J. * enn, .* unserer schlechten, mühsam aufgetriebenen Kameele * er, 3 r e Wüste lommen: so gelangten wit denn auch erst am argen des neunltn Tages in Übu hammed ain Nil an, wobei wit die Wüste recht durchgelostei haben. hann zwar früher schon Wüste genug

gesehen, mehr als sonst alle Reisenden, die bis zur zweiten Kataralte gehen;

wir hatten ja bei den Pyramiden Monate lang darin gelebt, aber doch immer nach einer Seite ganz in der Nähe bewohnter, fruchtbarer Orte; hier waren wir zum erstenmale in der weiten, dem Auge ganz unendlichen Ein— samkeit, wo man nach allen Seiten Tagereisen weit zu wandern hatte, um menschliche Spuren zu finden. Einförmig aber ist sie nicht; oft von Gebir— gen durchbrochen, ist sie durch Form und Farbe vielfältig belebt und, nach den Tageszeiten wechselnd, selbst mannigfaltig. Die beiden ersten Tage ging es durch enge Thäler eines wilden Sandstein Gebirges, dann auf einer großen, weiten, sanst ansteigenden Ebene, wo wir nur ferne Gebirge sahen; am Mittag des vierten Tages erreichten wir die großen vulkanischen Massen des Gebirges Rost; auf diesem Boden wirken die einzeln und unregelmäßig fallenden g n doch so viel, daß sich in den Thälern eine ärmliche und doch dem Auge erquickliche Vegetation von dürren, doinigen Alazien, sogar hier und da von Duma- Palmen bildet. Schon am 7ten Morgen zeigte man uns in blauer Ferne das Gebirge von Abu Hammed; wie froh rle— fen am 8ien Tage unsere Araber: Morgen am Nil! Und wie leuchteten uns am 9Hten früh in hellem Sonnenschein seine Fluthen entgegen! Hier, am östlichen Ufer, tritt die Wüste bis unmittelbar an den Fluß; die wenigen Hütten des Dorfes vermehrten nur den Eindruck der De= solation aber wie erquicklich leuchtete uns gegenüber eine reiche, grüne Insel, mit üppigem Pflanzenwuchse! wie erfrischend war ein Trunk aus den fühlen süßen Fluthen, nachdem wir eine Woche lang in jedem kärglich zu— emessenen Tropfen das Leder unserer Schläuche mitgeschmeckt hatten! ij dem Wege waren uns mehrere Karavanen und Heerden von Kameelen begegnet, welche Mehmed Ali hier im Süden aufkaufen läßt, um sie in Aegypten zu vertheilen; wie langsam näherte sich eine solche Karavane, wenn wir sie fern am Horizonte gesehen hatten aber war man erst bei einan— der vorbei, wie rasch entfernte man sich von einander! Geier, Adler, Ra⸗ ben zeigten sich häufig; im Sande die Spuren von Höänen und Füchsen, die zu den unzähligen Kameelleichen hinführten, an denen man fast hätte den Weg sinden können; einmal zählten wir vierzig solcher Gerippe in we⸗ niger als einer halben Stunde.

n Abu Hammed früh angekommen, ruhten wir den Rest des Tages und brachen dann am 17ten Morgens wieder auf mit unseren Kameelen und Führern. Unser Hauptführer war ein Ababdeh- Neger, von dünnem aber , . Körperbau, mit scharsen ausdrucksvollen Zügen; das Haar hing n unzähligen kleinen Flechien, wie eine große Perücke, um seinen Kopf;

in Abu Hammed sah er plötzlich ganz verändert, wie ein Greis aus, weil

er sich das Haar dort nun mit weißem Fett eingeschmiert hatte. Auf die⸗ sen Kopsputz wenden sie unendlich viel Zeit und Mühe. Ein Mäntelchen von groben Leinen eher ein langer Shawl zu nennen tau hte er sehr geschmackoll umzuwerfen; bewaffnet war er mit Schild und Lanze. Die anderen waren zum Theil Barabra oder Nubier, mit langen geraden Schwertern bewaffnet; zum Theil halb nackte Männer aus der suͤdlichen Provinz Berber (in der wir jetzt sind) mit fast wolligem Haar und gon afri⸗ lanischer Physiognomie. Die Reise von Abu Hammed weiten ging in der Nähe des Flusses, der bald ein paar hundert Schritt, bald ein paar Stunden entfernt blieb; der Rand der Wüste war mit Akazien und Duma Palmen in malerischen Gruppen bedeckt. Mittags und Abends waren wir fast immer am Fluß und in der Rähe eines Dorfes, wo wir unte einem der großen, en . cher, die sich vor vielen Häusern sinden, ausruhten; die Dorfer liegen of

; ö , e e isch unter Bäumen zerstreut, die Leute sehen sehr hübsch, die Häuser malerisch sehr dunkelbraun, mit wenig oder

üthig ni ehr intelligent aus, ; gutmüthig nicht sehr intellige Ganze machte immer einen fehr pa—

erückengrtig geslochtenem Haar; das 6 , e r ffn ssen, west mehr als in Aegbbten.! Am Sonn lag den

2ssten Porae i, vir El Mekkeyrif, die Hauptstadt der Provinz . ,,,, Bazar hat, und eine Art Stapelplatz für sindische Waaren bildet, die über Savakim hierher kommen, aber sonst frei⸗ lich nur ein Hause von Hütten ist. Am Montag Mittag reisten wir wieder mit unseren Kamerlen von da ab, da wir keine Varke gefunden es waren alle nach Kartum, um Munition 2c. für eine Kriegs- Expedition nach Osten hierher zu bringen. Seit Dienstag Morgen. befinden wir uns hier, und hoffen morgen zur Weiterreise (nach Assur, Schendi, Unga, Me- faunal, Kartum, Maderg, Soba) eine Barke zu belommen.

Mit dem nächsten Briefe werde ich Ihnen von den Wundern der Stadt Meroe berichten, von welcher wir nur zwei Tagereisen entfernt sind, Die wissenschaftliche Ausbeutung dieses berühmten Srtes, und die Fesistellung des Alters ihrer Denkmäler, so wie ihres Verhältnisses zu Aegypten ist, wie Sie wissen, von unserem Könige uns ganz besonders aufgegeben. Wir fühlen uns glücklich, jetzt hoffen zu dürfen, diesen aus den Bedürfnissen der turopäischen Wissenschaft geschöpften Königlichen Gedanken nun bald der Verwirklichung näher zu bringen.

welche wir die Liebesgesinnung des Patriotismus nennen wollen, jene erha—Q bene Tugend der Toleranz!“

Der Redner zählte dann die Dienste auf, welche die Universität der Gesellschaft leistet, indem sie deren moralische und soziale Erzie⸗ hung befestigt, und erinnerte daran, sie sei es, durch welche die Söhne der unbekanntesten Familien den nämlichen Unterricht erhielten, wie die Söhne der Großen und der Könige selbst, so daß sie auf die glücklichste Weise jenen Grundsatz der Gleichheit in Anwendung bringe, welcher in die Sitten Frankreichs eingedrungen sei und jetzt in seinen Institutionen herrsche.

Was die Organisation und die Neglements der Universität anbetrifft“, fuhr der Redner fort, „so datiren sie allerdings aus der Zeit des Kaiser— reichs her; sie wurden aber auch von der Restauration beibehalten und seit ö nicht geschwächt, sondern im Gegentheile noch mehr befestigt. Der Religions · Unienricht zog stets und überall die Aufmerksamkeit der Universität auf sich; so oft man von den Bischöfen unterrichtete Lehrer für denselben erhalten konnte, nahm man sie, waren sie auch nicht graduirt, zur Unterwei⸗ sung der Dogmen und der Morallehre der Religion in den Schul⸗ Anstalten an. Sie hat also dem großen Gedanken, welcher sie geschaf⸗ fen, in allen Beziehungen entsprochen. Wenn die Universität nur dazu da wäre, Griechisch, Lateinisch, Mathematik und Philosophie zu lehren, dann würden wir nicht mit solchem Nachdruck, wie wir es thun, sie, ihr Wirken und ihr Streben vertheidigen; wir unterstützen sie aber und wollen sie aufrecht erhalten, namentlich deshalb, weil sie, indem sie denselben Un— terricht, dieselben moralischen und politischen Grundsätze allen Mitgliedern der Gesellschaft ertheilt, dahin trachtet, jene so nützliche, jene dem Leben eines großen Staates so nothwendige Einheit herbeizuführen und sestzustellen.“

Namentlich aus Rücksichtnahme für diesen Grundsatz sprach sich Herr Cousin auf das entschiedenste gegen den Artikel 7 des Gesetz⸗ Entwurfs aus, der den kleinen Seminarien Vortheile und Privilegien einräumt, welche, wie er sagte, die Kontrole höchst erschweren und das Auge des Staats verhindern würden, in das Innere dieser geistlichen Schul— Anstalten einzudringen. Herr Cousin erklärte, wenn man diesen Arti kel fallen lasse, so wolle er für den Entwurf stimmen.

Deputirten-Kammer. Sitzung vom 23. April. Auch heute wurde die allgemeine Diskussion des Gesetz- Entwurfs über die Gefängniß-Reform noch nicht geschlossen, und die Debatten haben bis jetzt kein bedeutendes Resultat ergeben. Der Marquis von La— rochefoucauld-Liancourt und Herr Carnot sprachen gegen den mini— steriellen Entwurf, der dagegen von Herrn Guͤstav von Beaumont, der selbst auf einer Reise durch die Vereinigten Staaten die daselbst nach dem pennsylvanischen und nach dem auburnschen Systeme einge⸗ richteten Gefängnisse kennen gelernt hat, mit aller Kraft der Ueber— zeugung vertheidigt wurde. Herr Carnot berief sich auf die Schil derungen, welche Boz (Dickens) in seinen Reise - Berichten über Amerika von den Folgen des pennsylvanischen Systems entworfen, wonach dasselbe eine vollständige physische und in telleltuelle Schwächung der Sträflinge verursache. Dagegen bemerkt das Journal des Däbats, es ziehe die Ansichten der Herren Demetz, von Tocqueville, von Beaumont, Crawford und Dr. Julius, welche die Frage an Ort und Stelle studirt, den Reise-Eindrücken eines englischen Roman-Schriftstellers vor, der einzigen Autorität, auf welche die Gegner des Gesetz- Entwurfs sich zu berüfen wüßten, und es sei überzeugt, daß in den pennsylvanischen Gefängniß⸗-Anstalten die Sterblichkeit nicht größer, die vorkommenden Fälle von Wahnsinn nicht häufiger seien, als in denen des auburneschen Systems und in den gewöhnlichen französischen Gefängnissen, wie dies auch aus den von Herrn von Beaumont der Kammer vorgelegten Dokumenten her— vorgehe.

Paris, 21. April. Briefe aus Dreuxr vom 22sten melden, daß der König bei seiner Ankunft in dieser Stadt mit dem lebhaf testen Enthusiasmus empfangen wurde. Der König hielt Revue über die National⸗Garde. Am Äbend war Diner im Schloß. Durch den Telegraphen hat die Regierung die Nachricht von der Ankunft des Herzogs von Montpensier zu Marseille erhalten. Der Prinz wird zwei oder drei Tage dort verweilen und sich dann nach Paris begeben, um dem Namensfeste des Königs beizuwohnen.

Der Commerce will aus guter Quelle erfahren haben, daß Herr Guizot an die verschiedenen italienischen Regierungen, mit Aus— nahme des Herzogs von Modena, eine Note folgenden Inhalts habe richten lassen: „Die französische Regierung ist entschlossen, ein poli— tisches System zu befolgen, welches den Aufwieglern in Italien jede Hoffnung nehmen muß, jemals von Frankreich die materielle oder auch nur die moralische Unterstützung, welche ihnen vielleicht noch Täuschun— gen macht, zu erlangen. Alle Flüchtlinge, alle Häuptlinge der Be— wegungen in Italien müssen sich für gewarnt halten.“

EI Paris, 24. April. In der Pairs-Kammer nahm heute Herr Rossi zuerst das Wort. Die Frage, um die es sich handle, sei so wichtig, sagt er, daß es Verblendung seinerseits wäre, sie auf künstliche Weise verkleinern zu wollen. Er wolle sie prüfen, so wie die Charte sie gemacht habe, unter mehreren Gesichtspunkten. Sie sei nicht neu, sei schon bei Anlaß der Frage der Freiheit der Presse gelöst worden, durch die Entscheidung, daß es keine öffentliche Freiheit geben könne ohne Bürgschast. Man habe Belgien als Muster ange— führt, aber man hätte damit warten sollen, bis Belgien ein Blatt in der Geschichte einnehme. In der moralischen Ordnung der Dinge gebe es drei analoge Arten von Freiheiten: die Freiheit der Presse, die Freiheit des Gewissens und die Freiheit des Unterrichts. Die Freiheit der Presse sei, seiner Ueberzeugung nach, die nothwendigste, sie sei in der That weit weniger gefährlich, als die Freiheit des Un terrichts. Die Presse, die sich heute verirre, könne morgen von der öffent—⸗ lichen Meinung zurückgewiesen werden, je mehr sie sich verirre, desto mehr schwäche sie sich. Der Unterricht besitze im Gegentheil keines dieser Zurechtweisungsmittel, und deshalb könne er unbeschränkt frei gefähr licher werden, als die Preßfreiheit. Die kirchliche Partei habe sich getäuscht über das Resultat des von ihr mit der Universität unter nommenen Kampfes. Sie habe geglaubt, Frankreich könne ein großes Seminar werden, und die unbeschränkte Freiheit des Unterrichts, die sie verlange, sei in der That nur ein ausschließliches Privilegium für die Kirche. Ohne der rechtmäßigen Autorität der Familienväter etwas zu nehmen, müsse man doch nicht ein unbegränztes Vertrauen in die väterliche Leitung haben. Man lasse die Universität mit starker Hand die Freiheit des Unterrichts leiten, und man werde die Schulen sich vervielfachen, den Unterricht sich ausbreiten sehen mehr und mehr. Dann werde ein ehrenhafter Kampf zwischen dem öffentlichen und Privat- Unterricht Platz greifen. Die ÜUniversität könne wohl einige Köpfe verlieren, aber durch ihre Bemühungen und in Folge der Aufhebung der privilegirten Schulen werde sie dieselben bald wieder gewinnen. Die Universität habe weder faktisch noch rechtlich bei der Sache, etwas zu thun, der Kampf sei nicht zwischen den öffentlichen Freiheiten und der Universität, sondern zwischen den Freiheiten und dem Rechte des Staates, welches dieser wohl beschränken wolle, aber nicht aufgeben. Der Redner hält der Universität eine glänzende Lobrede, und fährt dann fort: Der Klerus wünsche Unterricht zu ertheilen, das sei ganz natürlich; daß die Männer, welchen nach Er⸗ füllung ihrer Pflichten als Priester noch einige Zeit übrig bleibe, solche zu Unterricht verwenden wollen, begreife er vollkommen. Aber ein schwerer Irrthum wäre es, sich einzubilden, daß die Eigenschaft als Priester heutzutage genüge, um sich aller menschlichen Dinge

721

Meister zu machen, jeder Versuch dieser Art würde unfehlbar zu einer für alle Welt schlimmen Reaction führen. (Die Sitzung dauert fort.)

In der Deputirten⸗Kammer sprach bei Fortsetzung der Debatte über die Gefängnisse zuerst Herr Leon de Malevile ge⸗ gen den Gesetz⸗-Entwurf. Er sagt, den von den Herren Gustave de Beaumont und Tocqueville angeführten Autoritäten zu Gunsten des Pönitentiar⸗-Systems könne er eine Menge anderer entgegenstellen, die demselben entgegen seien; er führt in der That eine lange Reihe von deutschen, englischen und italienischen Schriftstellern an, die gegen das— selbe schrieben. Doch verlangt er nicht die Verwerfung des Gesetzes, sondern will nur seine Zweifel ausdrücken. Nachdem er geendet, nahm der Minister des Innern das Wort, das Gesetz zu vertheidigen. Die Sitzung dauert unter tiefer Stille fort.

im Paris, 23. April. Ludwig Philipp damit beschäftigt ist, seine Familien- Angelegenheiten in Ordnung zu bringen. Bei seinem neulichen Ausfluge nach Eu, hat er an seiner letzten Willenserklärung mehrere wichtige Zusätze und Aenderungen gemacht, zu welchem Ende einer der erfahrensten Rechts— KRonsulenten damals nach Eu beschieden worden war. Jetzt ist der Rönig nach Dreur abgereist, um seine eigene Grabstätte dort zu be—

uchen. Nach dem unglücklichen Tobe des Herzogs von Orleans hat der Rönig die Erweiterung der unterirdischen Gruftkapelle von Dreux angeord net. Seit zwei Jahren wurde anhaltend daran gearbeitet und das Werk schreitet seiner Vollendung entgegen. Der König hat für sich und seine Gemahlin eine Grabstätte zwischen dem Herzoge von Orleans und der verstorbenen Prinzessin Marie sich ausgewählt, welche er gestern besschtigte, und von wo er morgen wieder in den Tuilerieen

einzutreffen gedenkt.

Nach der Democratie pacifique behaupten heute auch der Constitutionnel und das Journal du Hävre, das Kabinet wäre zu dem Entschlusse gekommen, die von Herrn Dupetit⸗Thouars vorgenommene Besitznahme von Otaheiti faufrecht zu erhalten. Nach der Angabe der beiden letzteren Blätter soll die Theilung der Insel Haiti zu Gunsten Frankreichs und Großbritaniens der Preis wer⸗ den, unter welchen England die Rechtmäßigkeit der Besitznahme der Insel Otaheiti anerkennen würde. Ich habe Ihnen bereits bemerkt, daß, obwohl dergleichen Gerüchte nicht ohne große Vorsicht angehört werden dürfen, denselben wenigstens so viel Wahres zum Grunde liegt, daß in Betreff der Angelegenheiten von Otaheiti höchst wich— tige Unterhandlungen so eben eingeleitet worden sind, so daß die Kammer es für, rathsam findet, erst nach der Diskus— sion des neuen Pönitentiar-Gesetzes die begonnenen In— kerpellationen über die otaheitischen Ereignisse fortzuführen. Die Opposition selbst erkennt, daß wenn sie dem Kabinet gestatten will, eine Diversion in der bisherigen Politik in Betreff von Otaheiti vorzu— nehmen, sie dem Herrn Guizot die Zeit gönnen muß, mit dem Kabi— net von St. James die nothwendige Rücksprache zu nehmen. Da morgen oder übermorgen Herr Felix Real seinen Bericht über die Supplementar-Kredite einbringen wird, so werden die darüber zu be— ginnenden Debatten der Spposition eine erwünschte Gelegenheit darbieten, die auswärtige Politik des Kabinets zu bekämpfen, und die otaheitischen Angelegenheiten abermals zur Sprache zu bringen, was jedoch erst nach der Diskussion des Pönitentiar-Gesetz⸗Entwurfes, also in etwa 12 bis 15 Tagen stattfinden kann. Bis dahin wird es Herrn Guizot möglich sein, zu wissen, was er in London zu erwarten hat, um darnach seine Antwort auf die neuen Interpellationen wegen Otaheiti einzurichten. ;

Um zur besprochenen Theilung der Insel Haiti zurückzukehren, ist es faktisch, daß die letzten Nachrichten aus Port au Prince das Kabinet der Tuilerieen bestimmt haben, eine Escadre ausrüsten zu lassen, die nach jenen Gewässern unverzüglich absegeln wird, um in vorkommenden Fällen die Interessen und Ansprüche, welche Frankreich dort geltend zu machen hat, aufrecht zu erhalten. Es ist kaum an= ders zu erwarten, als daß England seinerseits die britische Station vor der Insel St. Domingo vermehren wird, um nöthigenfalls mit Frankreich gemeinschaftlich dort interveniren zu können.

Man erwartet vor Ende der laufenden Woche die Herzogin von Kent in Paris, welche ein paar Wochen an unserem Hofe zuzubrin⸗ gen gedenkt, bevor sie nach Deutschland eine längere Reife unterneh⸗ men wird. Ludwig Philipp hat das Palais de l'Elysée Bourbon zumEmpfange der erlauchten Reisenden einrichten lassen. Man spricht von einem glänzenden Feste, welches Ludwig Philipp der Herzogin zu Ehren in Versailles zu geben gedenkt. ö

Grossbritanien und Irland.

Unterhaus. Sitzung vom 23. April. Dr. Bowring richtete heute sogleich zu Anfang der Sitzung seiner gestrigen Ankün' digung zufolge die Frage an den Premier⸗Minister, ob die Regierung ofsizielle Kenntniß von einem Vertrage habe, der kürzlich zwischen den Vereinigten Staaten und dem deutschen Zoll-Vereine abgeschlossen worden sei, wonach künftig die Erzeugnisse der beiden Kontrahenten nach den Grundsätzen eines Vorzugs-Zoll-Systems gegenseitig zuge— lassen werden sollten. Er habe namentlich gehört, daß der deutsche Zoll-Verein die amerikanische Baumwolle und andere Artikel zollfrei, den amerikanischen Taback statt wie bisher für 57 für 4 Rthlr. zu— lassen, amerikanische Strumpfwaaren nicht höher als mit 20 pCt. des Werthes belasten und den Zoll von mehreren Artikeln nicht höher als auf 19 pCt. stellen würde; die deutschen Fabrikanten erhielten dadurch einen großen Vortheil vor den britischen, und er frage deshalb, was die Regierung zum Schutze der britischen Interessen zu thun gedenke.

Sir R. Peel: Die Angaben des ehrenwerthen Mitgliedes sind im Wesentlichen richtig. Ein Vertrag ist zwischen Preußen, das für den Zoll- Verein handelt, und dem Repräsentanten der Vereinigten Staaten abge— schlossen worden, welcher die Herabsetzung gewisser Zölle stipulirt. Aber ich kann nicht dem Beispiele des ehrenwerthen Mitgliedes folgen und sagen, daß ein Vorzugs-Zoll-Sostem eingerichtet worden ist denn ich will nicht ein neues Wort einführen; im Gegentheil, ich muß mich einer solchen Be— zeichnung widersetzen. Ich glaube, das ehrenwerthe Mitglied hat den we— sentlichen Inhalt des Vertrags richtig angegeben, aber ich muß bemerklich machen, daß derselbe noch nicht ratistzirt ist. Der Vertrag muß aber, um die Natification zu erhalten, die Zustimmung der Regierung der Vereinig— ten Staaten und zweier Drittheile des Sengts haben.

Herr Labouchere: Ich glaube, daß in Gemäßheit der zwischen den Vereinigten Staaten und England bessehenden Verträge, die ersteren nicht berechtigt sind, die Erzeugnisse des deutschen Zoll-VTereins oder irgend eines anderen Landes unter guͤnstigeren Bedingungen zuzulassen, als welche für die Produkte und Fabrikate Englands bestehen. In diesem Falle müssen deshalb meiner Meinung nach alle Zoll-Reductionen der Vereinigten Staa— ten für preußische oder deutsche Fabritate auch den unseren zu gute kommen.

Sir R. Peel: Die Regierung hat diese Frage bereits in Ueberlegung genommen; doch da der in Rede stehende Vertrag noch nicht ratistzirt ist, so will ich nicht auf Einzelheiten näher eingehen, soöndern nur erklären, daß dieser Gegenstand unserer Aufmerksamkeit nicht entgangen ist. Es besteht ein Vertrag zwischen England und den Vereinigten Staalen, worin die Stipulation enthalten ist, daß England in Handels -⸗Angelegenheiten auf gleichen Fuß mit der am meisten begünstigten Nation gestellt werden soll. Doch Sie werden wissen, daß es zwei Arten von Handels Verträgen giebt; die eine Klasse solcher Verträge stellt eine Nation zu einer andemen auf gleichen Fuß mit der von dieser am meisten begünstigten Nation, ohne daß dafür ein Aequivalent gegeben wird; die zweste Klasfe thut dasselbe, aber mit der Bedingung, daß von der begünstigten Nation Zugeständnisse

emacht werden. Es ist ein Vertrag der ersten Art, welcher zwischen Eng-

ö. und den Vereinigten Staaten besteht.

Es verlautet seit längerer Zeit, daß

Die weitere Erörterung warb hiermit abgebrochen. Sir R. Peel legte dem Hause die auf die neuesten Ereignisse in Griechenland be⸗ züglichen Dokumente vor, und nahm Veranlassung, seine Freude dar⸗ über auszudrücken, daß es den Griechen gelungen sei, den Grundsätzen einer freien Repräsentativ⸗Regierung Geltung zu verschaffen. Nach dem Durchlesen der vorgelegten Papiere würde man Ihrer Majestät Regierung den Beifall nicht versagen können, welchen dieselbe in Rück⸗ sicht darauf verdiente, daß ihre Maßregeln und ihr Rath mit dazu , g. haben, den dortigen Ereignissen ein glückliches Ende zu geben.

Eine merkwürdige Scene, welche das Haus in große Aufregung versetzte, ereignete sich hierauf in Folge der gestern abgebrochenen und heute wieder aufgenommenen Debatte über die in einer öffentlichen Volls⸗Versammlung von Herrn Ferrand gegen den Minister des Innern ausgesprochenen Beleidigungen. Bekanntlich hatte Herr Roebuck gestern die Sache zur Sprache gebracht und Herrn Ferrand zur Verantwortung darüber aufgeforderk. Die ehrenrührigen Be⸗ schuldigungen des Letzteren beziehen sich auf zwei Behauptungen, welche durch den in der Times über jene Versammlung gegebenen Bericht zur Oeffentlichkeit gelangt sind, nämlich erstens, daß Sir James Graham sich eines falchen, von einem General⸗-Armen⸗Kommissarius erstatteten Berichtes bedient habe, um Herrn Ferrand Lügen zu strafen und in den Augen seiner Kommittenten herabzusetzen, zweitens, daß der Mi⸗ nister den Präsidenten eines Comité's zur Entscheidung über eine streitg gewesene Parlamentswahl für Nottingham verleitet habe, die Entscheidung zu Gunsten eines dem neuen Armengesetze ergebenen Kan⸗ didaten ausfallen zu lassen, weil der Gegenkandidat diesem Gesetze feindlich gewesen sei. Herr Ferrand sollte beide Behauptungen recht⸗ fertigen und näher begründen, und wurde heute vom Sprecher dazu aufgefordert, nachdem er gestern den Mangel einer Vorbereitung zu dieser Erklärung vorgeschützt hatte. err Ferrand eillärt: „Ich habe heute Morgen genau alle meine Worte, welche ich in jenen Versammlungen gesprochen habe, geprüft, und ge— funden, daß ich nicht eine Sylbe von jener Nede zurücknehmen kann, welche die Beschuldigungen gegen den Minister des Innern und Herrn Hogg, den Präsidenten des Wahl -Comité's, enthalten soll. Als ich diese Sprache führte, machte ich Gebrauch von dem heiligen Nechte jedes freigeborenen Engländers, seine Meinung ungehindert und überall über die Amtsfüh⸗ rung zweier Staats⸗Beamten auszusprechen. Das Haus kann mich dieses Rechtes nicht berauben. Aber wenn ich durch die Ausdrücke, deren ich mich bediente, in irgend einer Weise die persönliche Ehre eines Mitgliedes dieses Hauses verwundet habe (der Redner wird hier durch ein lautes Geläch⸗ ter auf den Oppositions Bänken unterbrochen). Der Parteigeist und das ungeziemende Betragen gegen mich am gestrigen Abend, das sich jetzt wie derholt, überzeugen mich, und sie müssen alle ehrenwerthen Herren überzeu- gen und ich weiß, diese meine Ansicht ist die des englischen Volkes über- haupt daß dies Haus das letzte Tribunal ist, an welches ich oder jeder Engländer appelliren kann.“

(Herr Ferrand wird hierauf mit so entschiedenen Aeußerungen des Un- willens von allen Seiten überschüttet, daß er plötzlich von seinem Sitze auf- springt und das Haus verläßt; eine Todtenstille begleitet seine Bewegungen, bis er an die Thür gelangt ist, da plötzlich die ganze Versammlung, welche heute ungewöhnlich zahlreich war, in ein schallendes Gelächter ausbricht. Vachdem man sich beruhigt, steht Sir James Graham auf, geht bis an die Tafel des Hauses und schaut mit einer so ernsthaften und staunenden Miene, in einer Stellung, welche, wie die Times sagt, die reichste Komik offen barte, nach der Thür, daß das Haus von neuem seiner Lachlust Raum ge⸗ ben muß.) Man sragt endlich, was zu thun sei.

Herr Hogg, der mit beleidigte Präsident jenes Wahl⸗Comité's, erllärt auf das bestimmteste die gegen ihn gerichteten Behauptungen des Herrn ge,. für .

ir James Graham sagt, daß er die Sache für seine Perso sich beruhen lasse, doch dem han . . nennen; . Sir R. Peel trägt auf Vertagung an, damit man die Sache über—

legen könne, ob sie als etwas Lächerliches mit Gleichgültigkeit od etwas Ernstes betrachtet werden soll. . e e Te il ne. * übrigens so wie der Fall mit dem Tausendkünstler, der vorher ankündigt daß er morgen in eine Quart Bouteille kriechen werde, und wenn es dazu kommt, plötzlich unsichtbar wird. Wie der sein Publikum täuscht, sind wir heute getäuscht.“ ö ;

w Ru ssell und Lord Stanley sprachen ebenfalls ihren Unwillen über Herrn Ferrand aus; endlich entschied der Sprecher, an den man sich wandte, daß wie bei einer früheren Gelegenheit, in Sachen O'Connell's vorläufig die Behauptungen des Herrn Ferrand nebst dessen Eingestũndniß derselben an der Tafel des Hauses verlesen werden und das Haus sich das Weitere vorbehalten solle. Das geschah und die meisten Mitglieder ent fernten sich darauf, so daß das Haus vertagt werden mußte.

Das Oberhaus beschäftigte sich heute mit mehreren Peti⸗ tionen, worunter auch eine, von 89 Fabrikanten in Staffordshire gegen die Zehn-Stunden⸗-Bill, bei welcher Gelegenheit sich auch Lord Brougham, wie er es schon einmal gethan, gegen jede Beschrän⸗ kung der Arbeitszeit durch legislative Maßnahmen erklärte.

Eine längere Debatte, auf Veranlassung des Marquis von Norm auby über die Geschworenen in Irland, wiederholte das bei einer früheren Gelegenheit bereits darüber Gesagte. Von Seiten der Minister wurde bestimmt in Abrede gestellt, daß von der Krone auf den Glauben der Geschworenen gerücksichtigt werde, und dieselben von der Juryliste der Religion wegen sich ausgeschlossen fänden.

London, 23. April. Die neuen Parlamentswahlen, welche durch die anderweitige Besetzung mehrerer Justizämter in Folge des Ablebens Lord Abinger's nöthig geworden waren, haben alle dre gestern stattgefun⸗ den, und sind zu Gunsten der Tories ausgefallen. In Exeter wurde Sir William Follett, der neue General-Anwalt, mit großer Majorität wieder⸗= gewählt. Sein Gegner war General Briggs, ein von der Anti⸗korn— law-league aufgestellter Kandidat. In Huntingdon ist Herr Baring (welcher im vorigen Jahre Herrn Pattison den Parlamentssitz für Lon don streitig zu machen suchte), und in Woodstock der Marquis von Blandford, ältester Sohn des Herzogs von Marlborough ohne Wider⸗ stand erwählt worden. .

Uieder lande.

Aus dem Haag, 22. April. Den holländischen und belgischen Journalen zufolge geht man in Belgien damit um, die Er⸗ zeugnisse der niederländischen Kolonieen mit höheren Zöllen zu bele—⸗ gen, als die aus den Ursprungsländern direkt bezogenen Waaren, während man dagegen, falls dies Projekt zur Ausführung kommen sollte, in Holland zu Repressalien gegen Belgien entschlossen sei. Man weiß nicht, wie weit die belgischen Kammern einem solchen Projekt günstig sein werden; allein es ist für beide Länder zu befürchten, daß die⸗ ser Entschluß Belgiens bei den National- Repräsentanten, die den Großhandel begünstigen wollen, Anklang findet. Holland würde sich daun in die unangenehme Nothwendigkeit versetzt sehen, seine Zölle auf diejenigen Artikel, für welche Belgien ohnehin schon schwer Absaß fin⸗ det, zu erhöhen. Gent und Lüttich, so wie mehrere geringere Stäbte, würden bedeutend dadurch leiden. Man muß daher hoffen, daß die belgische Negierung das Für und Wider in dieser wichtigen Frage reiflich erwägen werde, und daß durch die Ausführung eines unklugen Projektes die kommerzielle Harmonie zwischen zwei Wändern, die ge⸗ genseitig einander bedürfen, nicht gestört werden wird.

Es ist hierbei von beiden Seiten Mäßigung nöthig, denn diese Frage gehört zu denen, die Alles verderben, wenn man sie mit Er bitterung behandelt; man verfällt alsdann von einem Fehler in den anderen, von einem Unglück in das andere. Es leidet 6 ch keinen Zweifel, daß Holland nicht bereit sein sollte, seine Hand 2