1844 / 147 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

ü werden möge“, und wurde diesem Antrag, als in sich ge⸗ , sofort . Umfrage beigetreten. Der Senatsvertrag in Betreff des Handelsvertragés mit den Vereinigten Staaten von Amerifa lautete: Schon seit einer Reihe von Jahren sind die Re⸗ ierungen des Zoll⸗Vereins und der Vereinigten Staaten Nord⸗ Car nsfre bemüht gewesen, eine den Handels Interessen beider Länder entsprechende Uebereinkunft abzuschließen. Erst jetzt ist es der Königl. preußischen , . des Zoll⸗Vereins, gelungen, einen Ver⸗ trag zu Stande zu bringen, in welchem so viel wie möglich der Vor⸗ theil, nicht blos des 4 Zoll⸗Vereins, sondern auch der einzel⸗ nen dazu gehörigen Länder wahrgenommen und ein Resultat gewon⸗ nen worden ist, das, wenn es auch für hiesige Stadt vielleicht nicht von großer kommerzieller Bedeutung, doch im Allgemeinen recht erfreulich genannt werden kann. Der Senat glaubt sich lediglich auf die beiliegenden vertraulich mitgetheilten Aktenstücke beziehen und, mit Rücksicht auf die hierin enthaltenen Erläuterungen, der Sanction der gesetzgebenden Versammlung entgegensehen zu können.“

XX Königreich Sachsen, 22. Mai. In diesen Tagen ist das 6te Stück des Gesetz⸗ und Verordnungsblattes für das Königreich Sachsen ausgegeben worden. Dasselbe enthält unter Anderem eine Verordnung des Kult⸗Ministeriums, die Ausführung der gesetzlichen Bestimmungen über den Schul und Religions⸗Unterricht der Kinder aus gemischten Ehen betreffend und Verordnung des Mi⸗ nisteriums des Innern, den nunmehrigen Eintritt der Wirksamkeit des Expropriations⸗Gesetzes vom Jahre 1837 in Bezug auf die Sächsisch—⸗ Schlesische Eisenbahn betreffend.

Professor Dr. Hülsse, Direktor der Gewerbeschule in Chemnitz, ist vom Ministerium des Innern beauftragt worden, in Begleitung des Dr. Weinlig, Lehrers der Chemie und Technologie an der Han⸗ delsschule zu Leipzig, die Industrie⸗-Ausstellung in Paris in Augen⸗— schein zu nehmen und darüber zu berichten.

Bekanntlich war schon seit vielen Jahren im erzgebirgischen Kreise unweit Zwickau ein unterirdischer Brand bemerkbar, in neuerer Zeit hat man Versuche gemacht, die durch denselben erhitzte Ober⸗ fläche gleichsam als ein Treibhaus zu benutzen, die auch wohlgelungen sind. Die bevorstehende Eisenbahn-Verbindung jener Gegend mit Leipzig ꝛc. stellt nunmehr als ein vortheilhaftes Unternehmen dar, die Treibegärtnerei auf den Erdbränden beim Dorfe Pla⸗ nitz mehr im Großen auszuführen. Für diesen Zweck ist abermals ein Actien-Verein ins Leben getreten, dessen Statuten bereits die ministerielle Bestätigung erlangt haben. Letzteres ist auch in Bezug auf den neu errichteten cunnersdorfer Actien⸗Verein zum Aufsuchen von Steinkohlenlagern in cunnersdorfer Flur erfolgt.

Oesterreichische Monarchie.

v Prag, 20. Mai. Fürst Milosch Obrenowitsch, von Wien kommend, hat einige Tage in unserer Stadt verweilt, und ist gestern nach Teplitz abgereist, von wo er später nach Norddeutschland sich begeben wird. Eine Bekanntmachung des Hofkammerpräsidiums ertheilt den österreichischen Fabrikanten, welche Einsendungen zu der im Spätsommer stattfindenden berliner Industrie⸗Ausstellung beabsich⸗ tigen, die Zusicherung gänzlicher Mauthbefreiuung für derartige in⸗ ländische Erzeugnisse bei ihrer Hinsendung, und wenn unverkauft blei⸗ bend, bei ihrer Wiedereinfuhr über die Gränzen der Monarchie. Es ist dies ein neuer erfreulicher Beweis von dem Wunsche unserer Be⸗ hörden: daß österreichische Fabrikanten das ihrige dazu beitragen mögen: jener . den Charakter einer allgemeinen deutschen zu verleihen.

Frankreich.

Pairs⸗Kammer. Sitzung vom 21. Mai. In der heu⸗ tigen Sitzung der Pairs⸗-Kammer bemerkte man einen größeren Zu— drang des Publikums als bisher, woran die Erwartung Ursache war, daß die Debatte über den Artikel des Gesetzes in Betreff des Se⸗— kundär⸗lUUnterrichts, der sich auf die sogenannten kleinen Seminare be⸗ zieht, beginnen werbe. Um 2 Uhr wurde die Sitzung unter Vorsitz des Kanzlers, Baron Pasquier, eröffnet.

Der Herzog von Broglie erstattete zunächst Bericht über die Kom-⸗ missions-Beschluͤsse in Betreff zweier Amendements zu den Art. 23 und 25, die an sie zurückverwiesen worden waren. Die Kommission erklärt sich für Annahme des Amendements des Herrn Lebrun, wonach zum Art. 23 die Worte hinzugefügt werden sollen: „der nicht die durch Art. 14 vorgeschrie⸗ bene Erklärung abgegeben haben würde.“ Die Kammer nimmt es an. Zu Art. 25 schlägt die Kommission folgende Redaction vor: „welche als öffent= lich begangen erachtet werden, sollen, wenn sie in Gegenwart der Zöglinge begangen wurden, wenn auch im Innern der Anstalt.“

Herr Franc Carré belämpft diese neue Fassung und beharrt bei sei⸗ nem Amendement.

Die Herren Barthe, von Doumant, von Bussires und Her⸗ zog von Broglie ergriffen nach einander das Wort. Das Amendement des Herrn Franc Carré wird verworfen, der von der Kommission amendirte Artikel angenommen.

Die Kammer schreitet nun zu Art. 30 der Kommission (Art. 17 des Entwurfs). Die Kommission hat folgende Fassung vorgeschlagen: „Die Zöglinge der geistlichen Sekundärschulen, die in Gemäßheit der Ordnung vom 16. Juni 1828 errichtet sind, werden zu den Prüfungen für das Ba- kalaureat-*s-lettres zugelassen und können das gewöhnliche Diplom erlangen, wenn sie ein Zeugniß beibringen, das ö 1) daß sie zwei Jahre hin⸗ durch in einer der besagten Schulen den Lehrvorträgen der Geschichte und der Philo sophie beigewohnt haben; 2) daß diese Lehrvorträge von Lehrern gehalten wurden, die mit den Graden ausgestattet waren, welche durch Art. 17 des ire ee, Gesetzes verlangt werden. Das Zeugniß wird ausgestellt von dem Direltor der Schule. Nichtsdestoweniger sind die besagten Zög⸗ linge nur zuzulassen in den Gränzen der für sede Schule durch die Or⸗ donnanz, welche . konstituirt, sestgesetzten JJuhl. Eine Namenliste der Zög⸗ linge der geistlichen Sekundärschulen wird jährlich dem Großsiegelbewahrer übergeben und durch ihn dem Minister des öffentlichen Unterrichts mitge⸗ theilt. Der Kanzler verliest ein Schreiben des Barons Seguier, der sich entschuldigt, an der Diskussion über Art. 17 nicht Theil nehmen zu können.

Herr Cousin hat das Wort, erklärt aber, es an den Grafen Mon⸗ talembert abzutreten. Dieser beginnt mit Ausdruck seinen Dank an die Kammer für die Nachsicht, mit welcher sie ihn gehört; obgleich seit dem ersten Tage der Diskussion eine feindselige Majorität sich herausgestellt, habe er doch die Fehler des Gesetzes und seine tyrannische Tendenz zeigen fönnen. Er erklärt dann das Recht der Bischöfe für heilig und un umgänglich für Ausübung ihres Amtes, und es sei auch von allen Re⸗ gierungen, außer der des Kaiserthums, anerkannt worden. Die Kirche werde, was auch kommen möge, nie das Joch der Universität sich gefallen lassen, sondern e, lelsten, denn sonst würde sie ihre Pflicht und Würde verletzen. Diefer Widerstand werde sich auf die ehrliebende Bevöl⸗ lerung ausdehnen, und werde über die materielle Stärke eben so wohl triumphiren, als über Gewaltthätigkeit. Er protestire seinerseits und im

Namen der Kollegen, die ihn in dieser Distussion unterstützten, gegen das vorliegende Gesetz. „Wir Alle protestiren“, sagt er, „denn, wenn wir es

nich s thäten, würden wir unsere Pflichten als aufrichilge und loyale Pairs von 3. ,.

er nister der auswärtigen Angelegenheiten besteigt

die Wibgnt. (icht Gute n ge n eri, ab ne, damn Enischuldigung,

daß er sobald d

be a nnn as Wort in dieser Debgtte nehme, aber morgen finde in

n Jammer eine Digkussion statt, der er durchaus beiwohnen

mäüsse. Er habe aher beschlossen, der anmmer sein ganzen Gedanlen zu

sagen; aber selbst wenn er diefen Entschluß nicht gefaßt Ht⸗ die Worte

. 2 . 6 ihm würden ihn auf die Tribünk gerusen haben. Der—

selbe habe gesagt, 6 und dessen chrenwenhe Freunde haänen sich von der

872 4 zurückgezogen, weil die Freiheit, ihre Meinung zu entwickeln, gefehlt habe.

Graf Montalembert unterbrechend: Das sind nicht meine Ausdrücke.

Herr Guizot: Derselbe Redner habe gesagt, er habe sich nicht frei⸗ 2 erllären können, und deshalb sei er und seine Freunde zurückge— reten.

Graf Montalembert: Nein doch! ich habe im Gegentheil der Kammer gedankt.

Herr Guizot: Hören Sie mich doch bis zum Ende an, mein Herr! Sie haben gedankt, und grade darin liegt die Inlonsequenz, die ich bezeich- nen will. Sie haben der Kammer für ihre Nachsicht gedankt, und sich be— llagt, nicht mit voller Freiheit haben sprechen zu können, beifügend, daß Sie sich deshalb von der Diskussion zurückgezogen hätten. Aber Niemand hat das Necht, sich zurückzuziehen, weil seine Meinung nicht die Oberhand er— langt hat. Die ganze Kammer hat Sie mit Nachsicht gehört, Sie haben sich nicht zu beklagen, Sie befanden sich in keiner besoͤnderen Lage. Die Kammer hat ihr Recht geübt, Sie das Ihrige, und Sie haben sich von der Diskussion nur zurückgezogen, weil Sie geschlossen hatten. Der Nedner vor Ihnen habe das Gesetz ein ivrannisches genannt, dasselbe als nothwendiges Grab der Freiheit bezeichnet und befremdliche Worte vernehmen lassen, als er der Kammer für ihre Nachsicht gedankt. Das Gesetz ist aber frei diskutirt wor— den, alle Meinungen konnten sich vernehmen lassen.“

Nach Herrn Guizot sprach noch der Baron von Barante für den Vorschlag der Kommission, jedoch mit der Modisication, daß er den kleinen Seminarien für die Erfüllung der ihnen vorgeschriebenen Bedingungen eine Frist von fünf Jahren eingeräumt wissen wollte, um ihnen Zeit zur Vorbereitung darauf zu lassen, Graf von St. Pxriest aber äußerte einige Bedenken, ob der Vorschlag der Kom— mission die gewünschte Versöhnung zwischen den verschiedenen In— teressen zu Stande bringen würde, wogegen Marquis von Gabrlac sich ganz für das Kommissions-Amendement erklärte. Die Diskussion soll fortgesetzt werden.

Paris, 22. Mai. Die französische Marine hat einen bedeu⸗ tenden Verlust erlitten; der Vice-Admiral Lalande, Deputirter von Finistare, ist am Sonntag in Paris an einer langen und schmerzhaften Krankheit im Alter von 57 Jahren gestorben.

HI Paris, 22. Mai. In der Pairs Kammer wurde heute die gestern begonnene Debatte über den Artikel 30 des Gesetzes über den Sekundär⸗Unterricht fortgesetzt.

Herr Cousin hat das Wort gegen den Artikel. Er wolle aber, sagte er, den Rednern von gestern nicht antworten. Graf Montalembernt habe erklärt, sich aus dem Kampfe zurückziehen zu wollen, es wäre also nicht sehr edelmüthig, einen so edlen Gegner in seiner Zurückgezogenheit zu stö— ren. Er wolle nur das Wort des Ministers der auswärtigen Angelegen heiten unterstützen, streng sich innerhalb der Gränzen des zu diskutirenden Artikels haltend. Er wolle einen Blick auf die Metamorphose werfen, welcher man die kleinen Seminare unterworfen, und die verschiedenen Re— gimes, die sie durchgemacht. Er werde dabei so schnell zu Werke gehen als möglich und bitte die Kammer, ihm ihre ganze Aufmerksamkeit zu schenken. Der Redner entwickelt ausführlich die Organisation der kleinen Seminare, und unter sucht die Gesetzgebung für dieselben unter dem Kaiserreiche und der Restauration. Bei dem Eintritte des Ministeriums Martignac anlangend, rühmt Herr Cousin die Ordonnanzen von 1828, die er ein unsterbliches Monument der letzten schönen Tage der Restauration nennt. Auf den Hauptpunkt der Diskussion übergehend, behauptet Herr Cousin, der Art. 17 (des Entwurss, jetzt Art. 30 der Kommission) sei ganz zum Vortheil der kleinen Seminare, gewähre ihnen die nämlichen Rechte wie den Colléges des Staates und besreie sie von den Lasten, welche die letzteren tragen müßten. Der Gedanke des Ministeriums verrathe sich da ganz und gar, es sei wenig für den Unterricht der Univer⸗ sität, sehr für den geistlichen. Und welche Garantieen verlange es für die bewilligten Nechte, frage man. Es gebe Alles, ohne irgend Etwas zu er⸗ halten. Doch er irre sich, man gebe ihm drei Graduirte! (Allgemeine Hei⸗ terkeit. Das Gesetz sei süß und mild für diese, lästig für die anderen. Seine Gegner (des Redners) hätten große Theilnahme bezeigt für die jungen Leute, die aus den kleinen Seminaren austräten, weil sie keinen Beruf zum geistlichen Stande fühlten. Er selbst habe um sie so wenig Angst, als die weisen und frommen Urheber der Ordonnanzen von 1828 gehabt, weil er wisse, daß in der Mehrzahl der kleinen Seminare der Unterricht sich nicht auf die geistlichen Studien beschränke; weil er Prospekte der kleinen Semi⸗ nare gesehen, worin Tanzen und Fechten als ein Theil des Studien-Pro⸗ gramms sigurirten. (Murren, Verneinungen.) Er habe sie gelesen, und er könnte sie sogar vorlesen. (Herr von Boisso: Ver— lesen Sie dieselben.) Eine nicht geringe Zahl von jungen Leuten, fährt der Redner fort, seien in die kleinen Seminare geschickt worden, um Staats- männer und Diplomaten aus ihnen zu machen; ja manche seien nach mehr— jährigem Verweilen darin, sogar in die Regimenter eingetreten. Der Redner griff dann den ministerillen Entwurf noch weiter an, in welcher er eine ganze Contre-Revolution erblicken wollte.

O Paris, 22. Mai. Die Broschüre des Prinzen von Join⸗ ville hätte fast eine Minister⸗Krisis hervorgerufen. Der Admiral Mackau findet durch die Veröffentlichung jener Broschüre seine Stel⸗ lung in der Kammer so erschwert, daß er dringend den König er— suchte, ihm zu erlauben, aus dem Ministerium sich zurückzuziehen. Der See⸗Minister beschwert sich am meisten darüber, daß der Prinz von Joinville die Archive des Admiralitäts-Rathes, dessen Mitglied er ist, dazu benutzte, um die bisherige Verwaltung und Organisation der Marine anzugreifen und der öffentlichen Kritik preiszugeben. Dem vereinten Einflusse des Königs und des Herrn Guizot ist es endlich gelungen, den Baron Mackau zum Verbleiben im Kabinet zu bewe— gen, denn sein Austritt hätte in dem Augenblick, wo die Angelegen⸗ heiten von Otaheiti wieder zur Sprache ko]mmen (morgen oder übermorgen) die Auflösung des ganzen Kabinets nach sich zie⸗ hen können, um so mehr, als Herr Martin du Nord nur auf eine solche günstige Gelegenheit wartet, um ebenfalls auf sein Porte⸗ feuille zu verzichten. Herr Martin du Nord will auf keinen Fall warten, bis der Gesetz⸗Entwurf des Sekundär⸗Unterrichts Anfangs der nächsten Session in der Deputirten⸗Kammer zur Sprache kömmt. Er ist der Streitigkeiten zwischen der Universität und dem Klerus übermüde und will sich nicht den heftigen Debatten aussetzen, welche hierüber Anfangs des nächsten Jahres in der Deputirten⸗Kammer an⸗ gehen werden. Die in der Pairs-Kammer gemachte Erfahrung hat den Kultus⸗Minister gewitzigt. Jedenfalls wird er nach dem Schlusse der Session sein Ministerlum verlassen und es mit dem Posten eines Präsidenten am Cassationshof vertauschen, dessen gegenwärtiger Titu⸗ lar, Herr Zangiacori, dann in den Pensionsstand treten wird.

Heute vor dem Beginn der Sitzung in der Deputirten-Kammer wurde fast nur von der Broschüre des Prinzen von Joinville gespro⸗ chen. Den Anlaß dazu bot ein leitender Artikel im Journal des Débats von heute, welcher aus der Feder des Herrn Guizot ge⸗ flossen sein soll, und der zum Zweck hat, zu beweisen, daß der König das Benehmen des Prinzen von Joinville nicht nur nicht billigt, son⸗ dern sogar der Veröffentlichung der fraglichen Broschüre seine väter⸗ liche Autorität entgegengesetzt hat. Man versichert, daß der heutige Artikel des Journal des Débats vorläufig von Herrn Guizot dem König unterlegt worden ist, und daß Ludwig Philipp mit eige⸗ ner Hand mehrere Ausdrücke darin verschärft hat, um dem Prinzen von Joinville eine harte Lection zu geben und den See⸗Minister vollends zu besänftigen.

Das Journal des Dabats erklärt ausdrücklich, daß der Prinz, indem er die Dokumente, die ihm als Präsident einer beson⸗ deren Kommission des Seewesens anvertraut worden und worüber er nur seinen Chefs Bericht zu erstatten hatte, der Oeffentlichkeit über⸗ gab, sich zum blinden Instrument einer ministeriellen In ti⸗—

gue herabgewürdigt habe. Der Eindruck, welchen der Artikel des Journal des Däbats auf die Deputirten⸗Kammer hervorbrachte, war sehr verschieden. Die Opposition und mit ihr ein Theil der konservativen, nicht eben ministeriellen Deputirten sahen in dem rück— sichtslosen Tadel des Prinzen von Seiten des Kabinets ein sicheres Zeichen, daß das Ministerium durch die Broschüre des Prinzen von Joinville in seiner eigenen Existenz sich gefährdet sinde und um jeden Preis sich retten wolle. Die eigentliche ministerielle Majorität aber, welche den harten Stand des Kabinets bei der bevorstehenden Dis= kussion der Supplementar⸗-Kredite befürchtet, zollt der Energie, mit welcher Herr Guizot den Eindruck der Broschüre des Prinzen von Joinville verwischen möchte, lauten Beifall, um so mehr, als es be— kannt ist, daß die Opposition in diesem Kampfe gegen das Kabinet an den Freunden des Grafen Molé einen Anhaltepunkt sinden wird; sicherlich ist es, daß Herr Carné, einer der eifrigsten Anhänger des Grafen Molé, die Politik des Herrn Guizot in den Angelegen— heiten von Otaheiti lebhaft angreifen wird. Auch bei Hofe wird das Benehmen des Prinzen von Joinville verschieden beurtheilt. Der König befürchtet, daß die zu große Popularität, die sich der Prinz durch seine neueste Broschüre erwarb, dem Herzog von Nemours zum Abbruch gereichen und der künftige Regent dabei in den Hintergrund treten möchte. Ludwig Philipp besitzt eine zu große Lebens -Erfah⸗ rung, um nicht einzusehen, daß die Gegner der Juli-Dynastie nicht ermangeln werden, durch die Popularität des Prinzen von Joinville die Regentschaft seines älteren Bruders zu bekämpfen. Dagegen nimmt Madame Adelaide, die Schwester des Königs, den Prinzen von Joinville, der von jeher ihr Liebling war, offen gegen das Ka— binet in Schutz, und dem besonderen Einflusse dieser Prinzessin ist es zuzuschreiben, wenn die Broschüre, ungeachtet der entgegengesetzten Ansicht des Königs, eine so große Oeffentlichkeit erhielt. Man macht sich kaum einen Begriff, welche Sensation von den obersten bis zu den untersten Klassen der Bevölkerung die Broschüre des Prinzen von Joinville hervorbrachte; sie wird noch lange Zeit von sich reden machen und nicht nur dem gegenwärtigen Kabinet, sondern auch dessen Nachfolgern Verlegenheiten über Verlegenheiten bereiten.

Die prosektirte Umgestaltung der Kirche Parthemont, Rue Grenelle St. Germain, in einen protestantischen Tempel, gab zu einem besonderen Streite zwischen der Regierung und der Stadt Paris Anlaß, dessen Entscheidung gegenwärtig der Deputirten⸗-Kammer obliegt. Durch einen Konsular-Beschluß vom 12. Frimaire Anno XI. wurden die früher katholischen Kirchen St. Louis de Louvre, St. Marie (Rue St. Antoine) und Parthemont (Rue Grenelle St. Ger— main) dem protestantischen Gottesdienst zugetheilt, und zwar die Kirche St. Louis als Konsistorial⸗«, die beiden anderen als Hülfs— Kirchen derselben. In Folge dieser Verordnung setzte der Präfekt der Seine am 16. Ventose des nämlichen Jahres das protestantische Konsistorium in Besitz der Kirchen St. Louis und St. Marie. Die Kirche Parthemont, welche während der Revolution als Militair⸗ Magazin diente, konnte nicht sogleich geräumt werden, daher verwies der Präfekt der Seine das protestantische Konsistorium an den Mi⸗ nister des Krieges, von welchem die Kirche Parthemont noch abhing.

Die Kirche St. Louis wurde im Jahre 1810 zur Vollendung des Louvre niedergerissen und dafür dem protestantischen Konsistorium die alte Kirche der Peres de l' Oratoire, in der Rue St. Honoré, provisorisch eingeräumt, wo der protestantische Gottesdienst noch heutigen Tages abgehalten wird. Diese Konzession ist, wie ich schon bemerkte, nur als provisorisch zu betrachten, weil, im Falle das Louvre wirklich ausgebaut und mit den Tuilerieen verbunden werden sollte, nach dem Bauplan die Kirche de l'Oratoire abgetragen werden muß. Das protestantische Konsistoͤrium unterließ daher nicht, unausgesetzt vom Kriegs- Minister die Räumung der Kirche von Parthe⸗ mont zu begehren, welche ihm seit beinahe einem hal⸗ ben Jahrhundert von der damaligen Regierung eigenthümlich überlassen worden war. Dem Konsistorium gelang es endlich, im Jahre 1812 die Räumung der Kirche zu erlangen, als ein Streit zwischen dem Präfekten der Seine im Namen der Stadt Paris und der Verwaltung der Staats-Domainen ausbrach, wobei die Frage aufgeworfen wurde, wem von beiden, ob dem Staat oder der Stadt Paris, die Kirche Parthemont als Eigenthum gehöre. Nach dem organischen Gesetze vom 18. Germinal anno X gehört das Eigen— thum der katholischen Kirchen der respektiven Gemeinde, worin sie liegen, mithin die Kirchen der Hauptstadt der Munizipalität von Paris. Der Präfekt der Seine machte nun in Bezug auf die Kirche Parthemont das nämliche Recht geltend. Die Verwaltung der Staats-Domainen behauptete hingegen, daß das Gesetz vom Ger minal bei der Sache nichts zu thun habe, indem zum Erwerbe des Eigenthumsrechtes ein besonderer Rechtstitel erforderlich sei, welcher durch die bloße Analogie nicht begründet werden kann. Um dem Streit ein Ende zu machen, entschloß sich der Finanz-Minister, die Frage durch die Kammern entscheiden zu lassen. Die Kommission, welche beauftragt wurde, darüber an die Kammern Bericht zu erstat= ten, hat vor einigen Tagen ihren Bericht abgegeben. Sie spricht sich einstimmig dahin aus, daß das Eigenthumsrecht sowohl der Kirche de l' Dratoire als der Kirche Parthemont der Stadt Paris gebührt, in— dem diese, und nicht der Staat, seit vielen Jahren die Instandhaltung der Kirchengebäude de l' Dratoire besorgt habe und für die Ausbesse= rung der Kirche Parthemont eine Auslage von 94,000 Fr. zu über— nehmen auf dem Punkte stehe.

Ein ähnlicher Streitfall wiederholt sich in der Gemeinde Börsch (Nieder⸗-Rhein). Die Errichtung einer Aerarial⸗Waffenfabrik in Klin genthal, zur erwähnten Gemeinde gehörend, lockte bald eine Menge Arbeiter verschiedenen Glaubens herbei, welche jetzt eine Bevölkerung von 700 Seelen bilden. Schon vor der Herstellung des öffentlichen Gottesdienstes in Frankreich bestand in Klingenthal eine Kirche, ein Pfarrhaus und eine Schule für Katholiken und drei Gebäude ähn— licher Art für Protestanten. Die Kosten wurden gemeinschaftlich vom Staate und von den Einwohnern getragen. Im Jahre 1837 ging die Waffenfabrik ein, und als es sich darum handelte, die dazu gehö⸗ rigen Gebäude zu veräußern, behauptete die Domainen-Verwaltung, daß die auf dem Grund und Boden der Fabrik gebauten Kirchen und Schulen Eigenthum des Staates wären. Beide Konfessionen erhoben sich gegen die Ansprüche des Fiskus und machten ihr Eigenthumsrecht . Die Kammer wird wohl zu Gunsten der Gemeinen ent— cheiden.

A Paris, 20. Mai. Ein neuer Bruch Frankreichs mit Mexiko wird mit jedem Eintreffen neuer Nachrichten aus Amerika wahrschein⸗ licher. Die mexikanische Regierung weigert, sich auf das entschiedenste, ber gebieterischen Einmischung Frankreichs in die inneren Angelegen— heiten der Republik Folge zu geben, und in Frankreich ist man weni⸗ ger als je geneigt, die lechtmäßigkeit einer solchen Weigerung anzu⸗ erkennen. Lr beiden Hauptpunkte der obwaltenden Schwierigkeiten sind bekanntlich der neue Zoll⸗-Tarif des amerikanischen Freistaates und bas von demselben erneuerte Verbot des Kleinhandels für alle Aus—⸗ länder, die nicht eine besondere Ermächtigung dazu von der Regie⸗ rung erlangt haben. Dieses Verbot, welches schon einer der Vor⸗ wände der Expedition nach San Juan de Ulloa war, scheint allerdings in dem jetzigen Augenblicke den Verträgen zu widersprechen, welche Frankreich den Mexikanern inzwischen aufgedrungen hat; was den neuen Zoll-Tarif betrifft, so fehlt es seibst an dem Schatten eines Rechts⸗

grundes für die französischen Protestationen gegen denselben. Gleich— wohl giebt es keine einzige der hiesigen Zeitungen, die nicht ganz na— türlich fände, daß Frankreich die Inkraftsetzung jenes Tarifs nöthigen— falls mit Gewalt verhindere, aus der einfachen Ursache, weil er die französischen Handels⸗Interessen zu beeinträchtigen droht.

Wenn Mexiko den Ausländern den Kleinhandel untersagt, so hat es ohne allen Zweifel gute Gründe dazu, die der Natur der Sache nach keinenfalls einer Prüfung und Bestätigung oder Verwerfung durch eine fremde Staatsgewalt unterliegen. Die Franzosen berufen sich darauf, daß in Frankreich Verbote jener Art nicht vorhanden sind, allein wie will man daraus folgern, daß das mexikanische Interesse solche Maßregeln ebenfalls entbehrlich mache? Die Berufung auf das eigene Beispiel ist nichts weiter als eine Phrase ohne allen Inhalt.

Mit Rücksicht auf das französische Verhältniß zu Mexiko wird in diesem Augenblicke auch den texianischen Angelegenheiten eine ganz besonders große Aufmerksamkeit gewidmet. Ginge es nach dem halb- lauten Wunsche gewisser Politiker, so würde Texas mit seinem An⸗ suchen um Aufnahme in den nordamerikanischen Staatenbund zurück— gewiesen, und Frankreich suchte sich dann des Protektorats über die junge Republik zu bemächtigen, um sie zum Stützpunkte seiner diplo— matischen und militairischen Operationen gegen Mexiko zu machen. Diese Speculation, wie man sieht, greift sehr weit in das Gebiet der Möglichkeiten hinaus, und es wäre vor der Hand sehr müßig, auf 6 ihrer Voraussetzungen und ihrer Folgerungen ein— zugehen.

Die Anträge, welche das Ministerium in der Absicht, die Sklaven— Emancipation vorzuarbeiten, an die Deputirten-Kammer gestellt hat, werden von der Kolonial-Partei mit der größten Bitterkeit angegrif— fen. Sehr natürlich; wer den Zweck verhindern will, muß sich vor allen Dingen den Mitteln widersetzen. Was immer die Regierung auch unternehmen möge, um die endliche Aufhebung der Sklaverei in den französischen Kolonieen anzubahnen, die Vertreter und Wort— führer der Pflanzer werden darin nur Mißgriffe, Ungebühren, Rechts⸗ verletzungen sehen. Die fraglichen Anträge des Ministeriums laufen im Wesentlichen darauf hinaus, daß der Regierung außerordentliche Vollmachten zur Regulirung gewisser Kolonial Verhältnisse durch Qrdonnanzen gegeben werden. Daß die regelmäßige Befreiung der Sklaven auf diesem Wege weit zweckmäßiger und weit rascher vor⸗ bereitet werden könne, als mit Hülfe der legislativen Formen, deren Beobachtung in Verhältnissen dieser Art sehr wenig Nutzen verspricht, ist für Jedermann einleuchtend. Daraus darf man denn aber freilich nicht folgern, daß die ministeriellen Anträge eine günstige Aufnahme in der Kammer finden werden. .

Grossbritanien und Irland.

Oberhaus. Sitzung vom 20. Mai. Die Fabrikbill der Regierung, welche im Unterhause auf einen so hartnäckigen Widerstand stieß, scheint bei den Lords einen leichteren Fortgang zu haben. Lord Wharneliffe beantragte heute nach kurzer Erörterung ihrer Haupt⸗ bestimmungen die zweite Lesung, und der Marquis von Normanby, obgleich er in längerer Rede die Vortheile einer Arbeitsbeschränkung im Sinne Lord Ashley's zu erweisen suchte, widersetzte sich doch nicht derselben in so weit, daß er ein Amendement stellte. Lord Brougham wiederholte seinen früher schon erhobenen Einspruch gegen jede Beschrän= kung der Rechte des Arbeiters, aber beschränkte sich auf den einfachen Protest gegen die Bill, die bekanntlich die Arbeitszeit der Frauen und jungen Leute regulirt. Nur Lord Winchelsea entschied sich aus— drücklich zu Gunsten der Zehnstunden-Klausel, fand indeß keine Unter stützung, so daß die Bill ohne Abstimmung zum zweitenmal verlesen wurde. Das Haus vertagte sich darauf.

Oberhaus. Sitzung vom 21. Mai. Lord Beaumont brachte heute die bekannte Angelegenheit des Maltesers Tunbab zur Sprache, der wegen Ermordung eines Dieners des britischen Konsuls in Tunis, Sir Thomas Reade, von diesem den bestehenden Verträgen gemäß den Gerichten des Bey von Tunis überliefert und hier zum Tode verurtheilt, aber in Folge der Intervention des französischen Konsuls in Tunis, de Lagan, von der Strafe befreit worden war. Lord Beaumont beantragte die Vorlegung der zwischen der Regierung und Sir Thomas Reade darüber geführten Korrespöndenz, damit es, wie er sagte, klar werde, daß der britische Konsul streng nach den Verträgen gehandelt habe und das Verfahren des französischen Konsuls durch nichts gerechtfertigt sei, damit überhaupt die schlechte Rechts⸗Verwaltung in diesen Staa⸗ ten bekannt und die Regierung veranlaßt werde, Maßregeln zur Ver— hinderung von unter christlichem Schutze verübten Verbrechen zu treffen. Lord Aberdeen beklagte die Uebel dieser Rechts Verwaltung und versicherte, daß sie bereits seit Jahren ein Gegenstand ernster Bera⸗ thung der Regierung sei. Er stimmte vollkommen mit den Ansichten Lord Beaumont's überein, daß der britische Konsul rechtmäßig gehan— delt habe, und der französische Konsul um so weniger zu entschuldigen sei, als seine Intervention zu Gunsten eines Menschen stattfinde, der einen mit Vorbedacht am hellen Tage ausgeführten Mord begangen habe. Die Regierung behalte es sich vor, dieser Sache wegen die nöthigen Schritte bei der französischen Regierung zu thun, wozu sie bereits die Einlei⸗ tung getroffen habe. Daß sie übrigens ihre Aufmerksamkeit auch stets auf die Beschützung der Rechte und Interessen der Christen in diesen Staaten gerichtet behalte, wenngleich sie ihren Schutz nicht wie der französische Konsul einem Verbrechen zu Theil werden lasse, gehe daraus hervor, daß es ihr gelungen sei, die Pforte zur Ab⸗— schaffung der Hinrichtungen von Renegaten, welche zum Christenthum zurückgekehrt seien, zu bewegen. Er zeige dies vorläusig hiermit an und werde binnen kurzem auch hierüber die betreffenden Papiere vorlegen.

Der Antrag Lord Beaumont's wurde hierauf genehmigt und das Haus vertagte ssch.

Unterhaus. Sitzung vom 20 Mai. Das Haus konsti= tuirte sich zum General⸗Comité, worauf Sir R. Peel die Annahme seiner schon am 6ten d. Mts. vorgelegten Resolutionen, betreffend die Verlängerung des Bank⸗Privilegiums, sowie die Reformen des Bankwesens überhaupt, beantragte. Der Minister wiederholte die Grundsätze, auf welchen die von ihm gestellten Resolutionen beruhten, und suchte durch ausführliche ins Einzelne gehende Angaben über das Geld und Bankwesen des Landes seine Reformen zu rechtfer⸗ tigen. Namentlich erwies er die Einwendungen der Privat-Actien— Banken gegen die Beschränkung ihres bestehenden Rechts hinsicht⸗ lich der Noten- Emission, welches ausschließlich auf die Bank von England übertragen werden soll, als grundlos und seine Anordnung darüber als nothwendig und heilsam. Denn dadurch, baß er die Annahme des Grundsatzes unbeschränkter Konkurrenz in der Ausgabe von Noten als unstatthaft verbiete, beseitige er ein großes Hinderniß der natürlichen und gehörigen Wirksamkeit des Wechselhandels. Dreimal sei es vorgekommen, daß der Geldverkehr des Landes durch die Weigerung der Privatbanken, ihre Noten mit Berücksichtigung des auswärtigen Wechselhandels einzulösen, gefährdet worden sei in den Jahren 1826, 18314 und 1838. Der Baarbestand der Bank wäre zu diesen Zeiten bedeutend vermindert worden, und dennoch hätten Angesichts dieser Thatsache die Banken im Lande ihre Noten- Circulation beträchtlich erweitert, ehen darum, weil bei den

873

hohen Preisen der Speculation ein weites Feld geöffnet wurbe. Die Folge davon habe sich in einer wahrhaft beunruhigenden Menge von Fallissements unter den Privat- Banken gezeigt, von denen auf das Jahr 1840 allein 24 kämen, die bis auf 7 sämmtlich unfähi waren, Dividenden zu zahlen. Der Minister erklärte wiederholt, 9. er durchaus keine Eingriffe in bestehende, wohlerworbene Rechte sich erlauben werde, doch dürfe man nicht, wie er sagte, diesen Rechten eine solche Bedeutung beilegen, daß um ihretwillen jede Reform der bestehenden Gesetze unmöglich sei. Den Kapitalien müsse allerdings nach wie vor die freiste Konkurrenz unter einander gelassen wer⸗ den, dagegen sei es den Interessen des Landes gefährlich, noch länger zu gestatten, daß man persönlichen Kredit wie Geld betrach⸗ tet, ohne daß dafür eine das geschäfttreibende Publikum hinreichend schützende Sicherheit geleistet werde. Auf Grund dieser Rechtferti⸗ gung wurden die Resolutionen nach kurzer Diskussion, an welcher fast nur Mitglieder der Opposition, und zwar zu Gunsten der ministeriel⸗ len Anträge theilnahmen, ohne Abstimmung genehmigt, worauf Sir R. Peel anzeigte, daß er die auf diese Resolutionen zu begründende Bill noch vor Pfingsten einbringen werde. Das Haus vertagte sich hierauf.

London, 22. Mai. Nach der Insel Guernsey, wo zwischen dem Gouverneur, General-Major Napier, und den Lokal-Behörden seit längerer Zeit Streitigkeiten obwalten, sind in diesen Tagen plötz⸗ lich Truppen abgesandt worden. Ueber die Natur dieser Streitig keiten hat unser Korrespondent vor kurzem berichtet. J

Am 18ten ist der Landsitz des Grafen von Carlisle, Naworth Castle, in der Nähe der Stadt Carlisle belegen, ein Raub der Flam men geworden. Er war der Stammsitz der Familie Howard Gu welcher die Grafen von Carlisle gehören) in der Grafschaft Cumber— land und selbst ein sehr altes Gebäude, mit vielen Alterthümern an— gefüllt, die nur theilweise haben gerettet werden können.

Die Morning Post versichert aus guter Quelle, daß Familien Umstände die Königin hindern werden, den Besuch Ihrer Majestäten des Kaisers von Rußland und des Königs von Hannover zu der Zeit zu empfangen, wo es diesen Souverainen gefallen möchte, ihre respek⸗ tiven Staaten zu verlassen. „Wir bedauern demnach“, schreibt dies Blatt, „melden zu müssen, daß keiner von beiden Fürsten dieses Jahr nach London kommen wird.“

O London, 21. Mai. Trotz des Donnerns der Times hat sich im Oberhause auf der konservativen Seite Niemand für Lord Ashley's Plan erhoben, als der excentrische Graf Winchelsea; und das Haus ließ ohne alle Schwierigkeit und ernstliche Debatte die ministerielle Bill für die Anordnung des Fabrikwesens zum zweiten Verlesen zu. In wenigen Tagen wird dieselbe Gesetz werden; und Manche hoffen nun, daß, trotz allen Lärms, die arbeitenden Klassen sich damit begnügen werden.

Es ist wenigstens Alles in den Fabrik-Gegenden still geworden,

und man hört von dem angedrohten allgemeinen Austreten der Ar= beiter nichts mehr. Mit ihren Ermäßigungen des Tarifs haben die Minister im Unterhause wieder einen Schritt vorwärts gethan, ohne daß einer ihrer unzufriedenen Anhänger auch nur ein Wort dagegen geäußert hätte. Ein Versuch von einer anderen Seite, den Zoll von ausländischem Kaffee dem unseres Kolonial-Produkts gleichzustellen, wurde ohne Mühe zurückgewiesen. Ueber den Zucker= Zoll aber wird es zu großen Debatten kommen, zumal da nun auch eine Versammlung des Vereins für die Abschaffung der Sklaverei, für die Gleichstellung des Zolles von allen fremden Ländern, ohne Rücksicht auf das Sklavenwesen, entschieden hat. Freilich weiß man recht gut, daß die Masse der Versammelten nur in der Absicht zu sammengekommen war, um gegen den ministeriellen Plan zu entschei⸗ den; doch wird selbst von dem Morning Herald zugegeben, daß in derselben beherzigungswürdige Worte gesprochen worden sind. Man kömmt nämlich offenbar in England allmälig zur Ueberzeugung, daß alle unsere Bemühungen, den Sklavenhandel gewaltsam zu hemmen, die Verwendung von Millionen, die Aufopferung fo vieler Leben von Offizieren und Matrosen, nicht nur denfelben nicht verhindert, sondern seine Uebel nur vermehrt haben, daß derselbe endlich andere Nationen zur Eifersucht und zum Haß gegen uns auf— geregt hat, indem diese bewogen worden, gewissermaßen uns zum Trotze diesen gräulichen Handel zu befördern. Alles dieses wird in den Debatten vielfach zur Sprache kommen und dürfte, wenn auch nicht sogleich, zu einem veränderten Systeme führen. Doch steht nicht zu erwarten, daß die Minister bei der jetzigen Gelegenheit nachgeben werden; vielmehr ist es wahrscheinlich, daß sie zum Theil, eben in Folge dieser zunehmenden Ueberzeugung, beschlossen haben, durch den Unterschied in dem Zucker- Zoll einen friedlichen Weg zur Abschaffung des Sklavenhandels zu versuchen. In Irland ist es so ruhig geworden, daß die Wachtposten zu Dublin, welche seit einem Jahre vielfach verstärkt worden waren, auf den alten Fuß zurückgebracht worden sind. Sollte dies aber nicht darauf hindeuten, daß man O'Connell nicht zur Strafe zu ziehen gedenkt?

Orford ist in großer Gährung: Der Vice⸗Kanzler besteht darauf, dem Puseyiten Macmullan den Grad eines Bachel. der Gottesge— lehrtheit zu verweigern; indem der Professor der Theologie seine des⸗ halb eingereichte Abhandlung über das heilige Abendmahl als gegen die Lehre der Kirche erklärt hat. Dagegen verweigert eine große Anzahl der Mitglieder der Universität die Annahme der vom Senat vorgeschlagenen Verordnung, wonach die Zulassung oder Verwerfung zu diesem Grade auf eine unbestreitbare Weise dem Gutachten des jedes⸗= maligen Professors der Theologie anheim gestellt werden solle. Die Puseyiten thun es natürlich vorzüglich, weil der gegenwärtige Professor, Dr. Hampden, ein Gegner ihres theologischen Systems ist, viele Andere aber, weil sie in einem einzigen Manne keinen Ketzerrichter aufgestellt zu sehen wünschen, in dessen Gewalt es gegeben wäre, der Universi⸗ tät durchaus eine einzige theologische Farbe zu geben. Sie wollen die Untersuchung über die Rechtgläubigkeit des Klerus lieber, wie bisher, den einzelnen Bischöfen überlassen.

8elgien. Brüssel, 23. Mai. Nachdem die Repräsentanten⸗Kammer in ihrer vorgestrigen Sitzung einen abermaligen Antrag auf Vertagung der Differenzial⸗Zölle, der von Herrn Castiau ausging und eine vor— herige Zurückverweisung der vielen verschiedenen, in Bezug auf diese Zölle eingereichten Vorschläge an die Kommissson bezweckte, mit 40 gegen 28 Stimmen verworfen hatte, entschied sie heute auch die 2te der ihr vorliegenden Handels-Fragen, ob man bei den Differenzial⸗ Zöllen die Flagge und den Herkunftsort zur Basis nehmen wolle, und ob Herkunfts- Differenzialzölle zu Gunsten der fremden Schifffahrt, abgesehen von jeder Reziprozität oder besonderen Verpflichtung, an⸗ genommen werden könnten, bejahend. Statt Bejahung der dritten Frage, ob die Differenzialzölle fest oder progressiv sein sollten, wurde ein vom Minister des Innern vorgeschlagenes ÄAmendement angenom— men, wonach die bezeichneten Rohstoffe, auf welche der Zoll erhöht werden soll, im ersten Jahre nur die Hälfte dieser Erhöhung erleiden sollen. Bejahend wurde ferner die Frage entschieden, ob die Erzeugnisse Asiens, Afrika's und Amerika's, wenn ste direkt von den Productions⸗ Orten unter der Flagge der länder, in denen sie erzeugt und aus denen sie eingeführt werden, in Belgien eingehen, hier auf demselben

Fuß, als ob sie unter belgischer Flagge eingingen, sollen zugelassen werden, falls diese letztere in jenen Ländern ö wie die National- Flagge behandelt wird. Doch soll diese Reziprozität nicht ohne Weiteres als ein Recht in Anspruch genommen werden können, son⸗ dern ihre Bewilligung erst durch eine Königliche Verordnung ausge⸗ ern werden, aber ohne daß es des Abschlusses eines Vertrages dedürfte. .

Dänemark.

Kopenhagen, 21. Mi. (Alt. M.) Gestern ist die preu⸗ ßische Korvette „Amazone“ hier angekommen.

Schweiz.

Sitten, 20. Mai. (O. P. A. 3.) Die Pläne entfalten sich; die Unterdrückung des Unterwallis hat begonnen; der Bürgerkrieg ist ausgebrochen. Am 17ten trat der Große Rath nach eintägiger Unterbrechung wieder zusammen; die Kommission erstattete Bericht über die vom Staats-Rath vorgeschlagenen Maßregeln zur Wieder⸗ herstellung des Landfriedens. Sie beantragte militairische Besetzung von St. Moriz, Zugabe einer Großraths⸗Kommission dem Staats⸗ Rathe, Ausstellung eines Truppen-Kommandanten u. s. w. In einem Konventikel waren diese Anträge vorberathen worden; gleichzeitig vernahm man den Anmarsch der Oberwalliser. Die Sitzung des Großen Rathes waren furchtbar stürmisch und aufge⸗ regt, nach Unterbrechungen trat er um 6 Uhr Abends nochmals zu⸗ sammen. Die Liberalen verließen den Saal, auch einige Mitglieder der Mehrheit. Nun beschloß der Große Rath, Nachts zehn Uhr, I) die militairische Besetzung der aufrührerischen Gemeinden, 2) au⸗ ßerordentliche Vollmachten dem Staats- Rathe und Zugabe einer Großraths -Kommission von drei Mitgliedern in den Personen der Herren Wilh. von Kalbermatten, Adrian von Courten und Luder; 3) Aufstellung eines Kommandanten der Landwehr in der Person des Herrn W. von Kalbermatten. Der Beschluß kam mit 47 Stimmen zu Stande.

Am 18Sten Nachmittag, zwischen 3 und 4 Uhr, rückten etwa 1000 Oberwalliser in Sitten ein. Im Oberwallis war jeder Waffenfähige vom 15ten bis zum 60sten Jahre aufgeboten worden. Die Geistlichen an ihrer Spitze, zogen sie abwärts, wohlversehen mit Waffen, Lebens⸗ mitteln und Geräthschaften, im vollen Enthusiasmus. Aber an dem⸗ selben Tage hatten sich die Liberalen des Unterwallis in Martinach gesammelt und in Bewegung gesetzt. Eine ihrer Kolonnen war schon nahe an Sitten, als die Oberwalliser einzogen. Ueber die Haltung des in Sitten aufgestellten Bataillons schweigen die Berichte. Herr Moriz Barmann steht an der Spitze der vordersten Kolonne der Unter⸗ walliser, die übrigen eilen, sich mit derselben zu verbinden. Am 19ten erwartete man ein blutiges Zusammentreffen. So weit gehen die Berichte in den waadtländer Blättern.

Die Staats-Zeitung hat Berichte bis zum 17ten. Sie be⸗ stehen in einem Rapport des Herrn Bernhard Meier, der im Wallis nun plötzlich die Eigenschaft eines eidgenössischen Commissairs entfal⸗ tet. Das genannte Blatt bringt seinen Bericht vollständig; es geht daraus hervor, daß Herr Meier die Instruction hat, seine Eigenschaft als Commissair dann geltend zu machen, wenn die Verhältnisse sich so gestalten sollten, daß die Anwesenheit eidgenössischer Kommissarien nothwendig erscheint, und die Regierung von Wallis ihm diesfalls einen bestimmten Wunsch zu erkennen gebe. Das Faftischt des Be⸗ richtes stimmt übrigens mit dem Obigen überein. Noch am 18ten, Morgens 3 Uhr, hatte der Staatsrath keinen Wunsch an Herrn Meier ausgespröchen, daß er als eidgenössischer Commissair handeln möchte; der Vorort dagegen, auf des Letzteren Anfrage ver⸗ ordnet, daß er als eidgenössischen Commissair auftreten solle. Dem Landammann Schmid hat er befohlen, sich in gleicher Eigenschaft nach Sitten zu begeben. Die Regierungen von Freiburg und Waadt wurden eingeladen, die angemessenen Verfügungen zu treffen, um auf Einlabung der Regierung von Wallis, des eidgenös⸗ sischen Vororts oder der eidgenössischen Kommissarien, durch Absendung eines Bataillons Hülfe leisten zu können. Genf soll eine Batterft Artillerie in gleichem Sinne bereit halten; Bern ist übergangen. Die Regierung von Wallis ist vom Vorort angewiesen, die Hülfe von den w zu verlangen. Durch Kreisschreiben vom L9Yten endlich giebt der Vorort von diesen Maßregeln sä— ĩ Ständen Kenntniß. n bees er.

Ber, 19. Mai. Die Verbindung zwischen St. Mori und Martinach ist durch eine Abtheilung Bewaffneter n ,, Das ganze Corps der Unterwalliser befindet sich zwischen Riddes und Ardon; man organisirt eine Abtheilung links von Riddes, um * Feinde, welcher von der Seite kommen könnte, Widerstand zu leisten; der übrige Theil der Unterwalliser wird zum Angriff geg? Ardon verwendet werden. ; .

Bex, 19. Mai. Mitternacht. Die beiden Heerhaufen

heute Nachmittag bei der Brücke über die 2 , Sitten. Die Unterwalliser wollten gegen den Abend vorrücken, un⸗ geachtet die Positionen auf dem linken Ufer durch die Oberwalliser besetzt sind. Den Unterwallisern fehlt es, wie es scheint, an Lebens mitteln und vielleicht auch an Munition. Dies wird das Zusammen« treffen näher rücken, welches auch die strengen Maßregeln sein mögen mit denen die Häupter der liberalen Partei bedroht sind. Der Eil wagen hat heute nicht weiter als bis Vetroz gelangen können. Der Durchpaß durch das Dörfchen Verneyaz Gwischen St. Moriz und Martinach) ist durch eine Abtheilung Altschweizer aus den Ber en Abgeschnitten, welche weder Waffen noch Munition passtren läßt. Die Oberwalliser stehen auf, den Höhen, von welchen aus sie Schüsse ab= feuern; die Jungschweizer haben sich auf Ardon zurückgezogen, sie hoffen, ihre Gegner in die Ebene hinabzulocken, um sie mit dem Ba—= sonet anzugreifen, da ihnen die Munition mangelt. Es soll bereits einige Todte und Verwundete gegeben haben. Diese Thatsachen sind vom 19ten 37 Uhr Nachmittags.

Lausanne, 29. Mai. (Frankf. J.) Ein Privat⸗Bericht aus Vivig vom 20. Mai, dessen Genauigkeit wir jedoch nicht ver⸗ bürgen können, meldet Folgendes: „Es ist halb 2 Ühr, eben ist die Diligence angelangt. Es soll zwischen Ardon und Sitten bei einer Brücke zu einem Gefecht gekommen sein. Man spricht von circa 30 Todten auf beiden Seiten. Weiter heißt es, daß die Oberwalliser bis Martinach gezogen seien, allwo eine Viertelstunde hierher heute ein Gesecht stattgefunden haben werde. Viele Waadtländer gehen einzeln mit Stutzen zu den Unterwallisern. Das Trauerspiel ist noch nicht aus. Alles ist in Bestürzung und in gespannter Erwartung.“

Spanien.

3 Madrid, 15. Mai. Die Abreise der Königl. Familie Barcelona soll am 20sten erfolgen. Nur der Hin n ef. C6 neral Narvaez, wird die Königinnen begleiten, die übrigen Minister bleiben hier zurüch, während einige Beamte der ver chiedenen Mini- sterien bereits nach Barcelona abgegangen sind. Die Königin hat dem , . ö p 6 zu begleiten. Der fran⸗ zösische Botschafter wird dem Hofe folgen, und auch der isch Gesandte sich nach Barcelona 86336 e. .