1844 / 175 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Ausland.

Deutsche Bundesstaaten. ;

önigreich Bayern. Die Münchener Politische , 5 ae , ,,,. amtliche Darstellung der Vorgänge zu Ingolstadt; „Nach so eben eingelaufenen Berichten haben zu In⸗ olstadt am Sonntage, den 16ten d. M. , Abends beklagenswerthe ef ute stattgefunden, deren erste zufällige Veranlassung bald darauf zur Verübung, anderer damit in keinem Zusammenhange stehender ahndungswürdiger Attentate gegen die öffentliche Ordnung und Sicher⸗ heit benutzt worden ist. Die Arretirung eines Festungs⸗ Arbei⸗ ters, Namens Bader, wegen excesstver Trunkenheit, hatte die traurige Folge gehabt, daß derselbe, als er auf dem Wege zum polizeilichen Arrest Lokale die Flucht ergriffen, von dem ihn verfolgenden und zur Haft bringenden Polizei-Nottmeister durch einen Stich mit dem Säbel getödtet worden war. In einem Augen⸗ blick hatte sich um den zu Boden gestürzten Todten eine Menge an⸗ derer Arbeiter geschaart, und den Rottmeister genöthigt, in dem be⸗ nachbarten Walser Bräu- und Gasthause, das sofort verschlossen wurde, Zuflucht zu suchen. Ein großer Haufen Festungs- Arbeiter, unter weichen sich bekannterweise seit Jahren viele Fremde befinden, drang hierauf gegen dasselbe an, umringte es, und forderte mit lautem Geschrei und immer wachsendem Lärmen die Herausgabe des Ge⸗ flüchteten, der sollte der Gerechtigkeit des Staates ihr ordent⸗ licher freier Lauf gelassen werden, gegen die leicht erklärbaren Dro⸗ hungen und die Rache einer erhitzten Menge mit allen gesetzlichen Mitteln geschützt werden mußte. Da auf mehrmalige Aufforderung sowohl des inzwischen herbeigeeilten Bürgermeisters, als auch des Stadt⸗Commissairs von Ingolstadt der Volkshaufen nicht ausein⸗ anderwich, noch sich entfernte, vielmehr sich anschickte, das Haus des Bräuers Walser gewaltsam anzugreifen, wurden aus der nächstgelegenen Kaserne des Königlichen Infanterie- Regiments Karl Pappenheim verstärkte Patrouillen requirirt, und bei der Ankunft von ungefähr 20 Mann der Rottmeister in ihrer Mitte zur Verwahrung in bie genannte Kaserne abgeführt. Der zahlreiche Haufen begleitete den Gefangenen und wendete sich größtentheis in gleicher Weise gegen die Kaserne, vor welcher aber inzwischen eine beträchtliche Abtheilung Mi⸗ litair aufgestellt worden war, um das Eindringen der tobenden Menge zu verhindern. Als diese endlich die Ueberzeugung gewann, den Verhafteten nicht erreichen zu können, zerstreute sie sich tumultuarisch in verschie⸗ denen Richtungen durch die Stadt, und machte ihrer Erbitterung durch Beschädigungen am Eigenthum einiger Gewerbsleute Luft, indem sie durch Steinwürfe und mittelst losgerissener Pfähle bei zwei Bier⸗ bräuern und 6 Bäckern Fenster und Läden zertrümmierte. Durch das rasche und kraftvolle Einschreiten der bewaffneten Macht, welche die Rotten mit gefälltem Bajonette auseinandertrieb, ohne daß jedoch eine Ver⸗ wundung erfolgt wäre, wurden weitere und noch ärgere Straßen⸗Unfuge glücklich verhindert, und so konnte bereits Abends um 2 Uhr diese durch ein bedauerliches plötzliches Ereigniß zufällig herbeigeführte Störung der öffentlichen Ruhe als beendigt betrachtet werden. Geeignete Vor⸗ sichts- und Sicherheits-Maßregeln wurden des Tages darauf von den Polizei⸗Behörden zur Verhütung neuer Exzesse getroffen, und wir haben bis zu der Stunde, in welcher wir dieses schreiben, keine Nachricht, daß die betrübenden Vorfälle sich irgendwie erneuert hät⸗ ten. Der in Haft gebrachte Rottmeister wurde gestern Morgens von der Kaserne aus dem Königlichen Landgerichte Ingolstadt zur Einleitung der strafrechtlichen Untersuchung übergeben und der zuversichtlich zu erwartende räsche Verlauf derselben wird die dem Reate angemessene Strafbarkeit an den Tag legen. Von den, Ex⸗ cedenten wurden mehrere gleichfalls verhaftet.“ Der Nürn⸗ berger Correspondent vom 21. Juni bringt die (nach, obiger Erzählung wenig glaubwürdige) Nachricht, es sei von Eichstädt und Neuburg eine Verstärkung von Truppen in Ingolstadt eingerückt, und auch der Divistons-Konimandant Graf Pappenheim von Augsburg aus dahin abgereist.

Königreich Sachsen. Die Deutsche Allgemeine Zei⸗ tung ae . errnhut vom 16. Juni: „Heute Abend hat der Superintendent und Konsistorial-Rath Dr. Siedler aus Posen im Betsaale zu Herrnhut von den sogenannten Bischöfen der Brü⸗ derlirche, als erwählter Senior der wiederhergestellten Unitätskirchen in Posen, die apostolische Weihe der Ordination erhalten, und zwar nicht in der gewöhnlichen herrnhutischen Ordinationstracht, sondern in dem geistlichen Amts ‚Ornate der lutherischen Kirche.“

erzogthum Sachsen⸗Meiningen⸗Hildburg⸗ . 29 des Herzogs Bernhard von Sachsen-Weir mar und die Prinzessin Karoline von Hessen, so wie der, Prinz Ernst von Barchfeld und die Fürstin von Hohenzollern sind in Liebenstein angelangt, um die verwittwete Königin von England, die 6 bis 8

Wochen dort verweilen wird, zu begrüßen. Noch viele andere höchste

und hohe Herrschaften haben sich bei Ihrer Majestät zum Besuch an⸗ . ber König von Hannover, der Erbgroßherzog von

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Sachsen⸗Weimar, der Herzog von Sachsen⸗Koburg- Gotha in Beglei⸗ tung der Herzogin von Kent und des Fürsten Leiningen u. A. m. Jür die israelitischen Gemeinden des Herzogthums Meiningen ist eine ausführliche Synagogen- und Gottesdienst⸗ Ordnung durch das Konsistorium bekannt gemächt worden. Nach der Höchsten Anordnung waren alle Gemeinden durch ihre Abgeordneten vorher darüber ge—⸗ hört worden, und, wie die Dorfzeitung vom 22. Juni meldet, hatten sie sich sehr verständig und dankbar darüber erklärt.

K*. Dresden, 22. Juni. Seit den letzten 30 Jahren hat die Einwohnerzahl Dresdens sich um ungefähr 50 pCt. vermehrt. Die natürliche Folge ist, daß die in früherer Zeit errichteten kommun— lichen Anstalten den jetzt bestehenden Verhältnissen nicht angemessen sind. Namentlich wird das hiesige Stadtkrankenhaus, welches wohl auch in anderer Hinsicht den heutigen Anforderungen und Wünschen nicht ganz entsprechen mag, für das dermalige Bedürfniß völlig un⸗ zureichend erachtet, weshalb seit längerer Zeit bei den Verhandlungen der Stadtverordneten die Erbauung eines größeren Stadtkranken⸗ hauses einen der wichtigsten Gegenstände ausmacht. Schon vor zwei Jahren ist das dazu ausersehene, am östlichen Ende der Altstadt ge⸗ segene Terrain acquirirt, auch bereits eine große, Masse Steinwerk dazu angefahren worden. Dessenungeachtet sindet die Vollführung des Baues Anstand und Widerspruch und, wie es scheint, mit vollem Grunde. Die Höhe der dazu mit 130 150,000 Rthlr. veranschlagten Summe, welche leicht bei der Ausfübrung noch bedeutend überstiegen werden könnte, hat nämlich die nähere Betrachtung hervorgerufen, daß es doch dem eigentlichen Zwecke nicht entspricht, für die Armen und Kranken so große, den Palästen gleichende Prachtgebäude neu aufzubauen, und daß die Absicht mit weit geringeren Kosten und noch vollständiger durch Armen- und städtische Kranken⸗Kolonieen, bestehend aus einer Mehrzahl bürgerlicher Häuser von mittlerer Größe, zu errei⸗ chen sci. Es würden dazu für die Stadt Dresden etwa 10 Häuser, von welchen jedes mit 8 10900 Rthlr. zu erbauen wäre, nöthig sein. Diese Meinung erhält ein um so größeres Gewicht, wenn man erwägt, daß durch mehrere von einander getrennte und dennoch leicht in Verbindung zu setzende Gebäude die Kranken zweckmäßiger abzuson⸗ dern sind und die Verbreitung der Miasmen und Kontagien besser vermie⸗ den werden kann, als in einem einzigen großen Gebäude mit Kranken aller Art. Dazu kommt, daß die Haupterfordernisse solcher Anstalten, nämlich reine Luft, Licht und Reinlichkeit, beim Bau eines einzigen umfangreichen Hauses schwierig zu erlangen sind, daß im entgegenge⸗ setzten Falle bei entstehendem Feuer nicht gleich die ganze Anstalt mit sämmtlichen Kranken in große Gefahr gerathet, daß in Folge der Ersparniß mehr auf die Pflege, Aufsicht, Beköstigung, Bekleidung der Kranken und Rekonvaleszenten 3c. verwendet werden kann, und daß die Kranken selbst, die sich gewiß in Palästen nicht heimisch und nicht wohler befinden, den Verhältnissen, in die sie zurücktreten, nicht allzu— sehr entfremdet werden. . .

Es ist sehr zu wünschen, daß die hiesige Anlage zu einer Muster⸗ Anstalt solcher Art für große Städte erhoben werde. .

Unter der hiesigen Bürgerschaft ist der Wunsch und die Absicht laut geworden, bei der bevorstehenden Rückkehr Ihrer Majestäten des Königs und der Königin, durch einen solennen Empfang Allerhöchst⸗ denenselben ihre Huldigungen darzubringen. Ihre Majestät die Kö⸗ nigin wird am 26sten d. M. hier wieder eintreffen, der Tag der Rückkehr des Königs aber ist noch ungewiß.

Oesterreichische Monarchie.

Görz, 114. Juni. (A. 3.) Der Herzog von Angouleme hat in seinem Testamente der verwittweten Herzogin den Nießbrauch sei⸗ nes Vermögens, das Eigenthum desselben zu zwei Drittheilen dem Herzoge von Bordeaur und zu einem Drittheile der Schwester des Letzteren vermacht. .

Die Exequien des hohen Veiblichenen sind hier mit wahrhaft Königlichem Pompe gefeiert worden; die ganze Bevölkerung schloß sich dem Leichenzuge nach Castagnavizza an und erhöhte durch ihre Theilnahme die Bedeutung der Feier, da sie den sprechendsten Be⸗ weis von den hohen Tugenden des Hingeschiedenen ungeheuchelter Religiosität und unerschöpflicher Wohlthätigkeit gegeben hat.

Die verwittwete Herzogin von Angoulème hat der Stadt Görz eine namhafte Summe zur Gründung eines Hospitals für Wahnsin⸗ nige geschenkt.

v Prag, 19. Juni. Seit gestern herrscht in unserer Stadt eine große, durch Auflehnung der Drucker in den Kattun⸗- Fabriken herbeigeführte Besorgniß, die durch einige Vorgänge des heutigen Tages nur noch mehr gesteigert werden mußte. Vor einigen Tagen waren, wie früher schon sehr häufig, so auch diesmal, zuerst in der Kattun⸗-Fabrik der Brüder Poyges Streitigkeiten zwischen den Fabrik⸗ esitzern und den Druckern über das Lohnausmaß entstanden, die uf Requisition der Ersteren zur gefänglichen Einziehung einiger er Wortführer führten. Dadurch, noch mehr, erbittert, legten se Drucker gestern Vormittags die Arbeit nieder, versammel⸗ ten sich jedoch bald darauf zur Ausübung von Exzessen in

der Fabrik, welche mit persönlichen Mißhandlungen und end⸗ lich sogar gänzlicher Zerstörung der Perrotinen endeten; weiteres Unheil wurde durch das Eintreffen der angerufenen militairischen Hülfe in dieser Fabrik verhindert. Von hier begaben sich die Drucker aber nach anderen Fabriken, wo ihre Genossen die Arbeit ebenfalls einstellten und in gemeinsamer Vereinigung heute Morgens auch in anderen Fabriken der Stadt und Umgegend Mißhandlungen an einigen der Besitzer ausübten und Maschinen zerstörten, ehe es durch das ein schreitende Militair verhindert werden konnte. Gegen weitere Aus⸗ dehnung dieses verbrecherischen Treibens ist durch gehörige Verthei⸗ lung des Militairs in der Stadt sowohl als in deren Umgebung ge⸗ sorgt; und man hofft, daß es den von Sr. Kaiserl. Hoheit dem Erzherzog Statthalter getroffenen, im hohen Grade fürsorgenden und dabei doch möglichst schonenden Verfügungen gelingen werde, die Tumultuanten zur Besinnung zu bringen und zum Wiedernntritt ihrer Arbeit zu vermögen, um so mehr, da bisher überall das Erscheinen des Militairs zur Hintanhaltung fernerer Gewaltthätigkeiten genügte, ohne daß es nothwendig war, von den Waffen Gebrauch zu machen. Indessen ist man doch nicht ganz ohne Besorgniß wegen des ferneren Verlaufes dieser bedauerlichen Angelegenheit. Wie strafbar übrigens die Auflehnung der Arbeiter auch ist, besonders bei einer solchen Aus⸗ artung in das verabscheuungswürdige Verbrechen öffentlicher Gewalt= thätigkeit und Zerstörung des Eigenthums, so kann doch andererseits auch das bisherige Verhalten der hiesigen Besitzer der Kattun⸗Fabriken nicht gebilligt werden. Eben weil sie als Israeliten in den unteren Schichten der Bevölkerung wenig Anhänglichkeit haben, sollten sie um so mehr beflissen sein, durch Fabrik⸗ Schulen, Er⸗ sarungs, und Pensionsfonds die sittliche und materielle Lage ihrer Arbeiter verbessern zu helfen, was ihnen bei diesen und den übrigen Klassen der Bevölkerung gewiß bleibende Sympathieen erwerben müßte. Leider aber ist von den hiesigen Fabrikanten bisher gar nichts geschehen, um durch Unterricht oder anderweitige Unterstützungen der n ihren Fabriken beschäftigten Kinder und Arbeiter dem, was in anderen Fabriksorten Derartiges geschieht, sich gleichʒustellen. Mögen die jüngsten bedauerlichen Vorfälle dazu beitragen, daß diesem Man⸗ gel abgeholfen werde; Anstalten der erwähnten Art sind in geschlossenen Fabriken die besten Abwehrmittel gegen Rohheit und ungesetzliche Gewaltthat, die durch Vorkehrungen der Behörden wohl an der Verbreitung, nimmermehr aber am Ausbruch verhindert werden kön- nen. Unsere Fabrikanten überdies, die so lüstern nach der Erhebung in den Adelsstand sind, sollten bedenken, daß die Sorge um die Ver⸗ besserung der moralischen und materiellen Existenz Hunderter von Arbeitern ebenfalls eine Art Adel verleiht, dessen Werth dem eines er⸗—

kauften Wappenbriefes gewiß nicht nachsteht. Frankreich.

Pairs⸗Kammer. Sitzung vom 18. Jun i. Heute wurde das Gefetz wegen der Erfindungs-Patente mit 93 gegen 4 Stim⸗ men angenommen. Dann kam das Gesetz wegen Einberufung von „00h Mann an die Reihe. Nachdem alle Artikel ohne Debatte volirt waren, wurde das ganze Gesetz mit 87 gegen 1 Stimmen genehmigt.

Deputirten-Kammer. Sitzung vom 18. Juni. An der 3 war die Wiederaufnahme der Diekuss on n Gesetzes über die Eisenbahn von Orleans nach Bordeaur. Nach ö gestern die Diskussion des Lastenheftes beendet, worden, kam . dirt. 3 des Geseßes selbst. Der Minister wird dadurch 6 igt, die Bahn auf eine Dauer von höchstens 41 Jahren und 1 . h von dem für die Schienenlegung festgesetzten Tage an gerechnet, in Pacht zu geben. . ͤ ö 3. 9 Preigne beantragt, nur 35 Jahre statt 41 zu setzen, die Konzession solle durch Zuschlag erfolgen und, keine Gesellschaft ohne Cau⸗ tionsleistung zugelassen werden. Der Zuschlag solle, aber erst durch eine Königliche Ordonnanz definitiv werden. Nach Gerüchten an der Börse, sagt der Redner, wolle sich für gewisse Bahnen leine Gesellschaft anbieten, weil sie glaubten, daß die Konzession dafür schon im voraus ertheilt sei. Die Auslaffung bieser Bestimmung in gewissen Lastenbtchern schienen diese

üchte zu ätigen. ; ;

ö. 3. . der öffentlichen Arbeiten: Er, solle die Perso; nen nennen, welche gemachte Versprechungen anführen. (Lärm! Aufregung! ö 1

ᷣᷓ. . Preig ne: Er habe nicht von Versprechungen geredet, sondern von Gerüchten an der win se, .

Der Minister: Der Redner scheine sie aber unter sein Patronat nehmen zu wollen, indem er sie auf der Tribüne wiederhole. /

Hert von Preigne: Er habe nicht die Absicht eines Angriffs auf den Minister gehabt. (Aufregung und Zeichen der Verwirrung. Der Mi nister sagt, er werde dem Redner antworten. Eine Stimme; Das ist der Müh nicht werth.) Herr von Preigne vollendet seine Rede unter Murren und Unaufmerksamkeit der Kammer.

Der Minister der öffentlichen Arbeiten antwortet, wenn man dergleichen Gerüchte hier vorbringe, von deren Existenz er übrigens nichts wisse, so solle man klarer, bestimmter sein. Doch wolle er die Sache fallen laffen, da Herr von Preigne seine Insinuationen zurückgenommen habe. Das Amendement desselben bekämpft er, und bittet die Kammer, den Artikel

der Regierung zu votiren. (Ruf: Zur Abstimmung!)

*

* —— er das ganze (freilich nur aus 2000 Unterthanen und einigen Nachtwãch⸗ tern bestehende) Königreich Noetot den Besitzungen des Ordens einverleiben werde. Jeannette, die gewaltig kriegslustig geworden, dringt auf Aus sech⸗ tung der Fehde, und die Unterthanen rüsten 66 zum Kampf. Der fried⸗ liebende Joffelin kann aber kein Blut fließen sehen; ein glücklicher Zufall bietet sich ihm dar, den Krieg auf gütlichem Wege zu beenden.

Dies verwirklicht sich im dritten Alt. Josselin und Reginald sind eben im Begriff, den Krieg zwischen Mvetot und der Komthurei in einem Zweikampf auszufechten, da zeigt ersterer dem Ordensritter ein Dolument, woraus dieser mit Jen rf g erkennt, daß Magarethe ein Kind seiner Liebe und Sünde sei. Der besiegte Komthur willigt jetzt in die Heirath seines Neffen, um das Vergnügen zu haben, in seiner Nichte (für solche wird Margarethe jetzt ausgegeben) seine Tochter umarmen zu können.

Diefe vernutzte Fabel des dritten Akts schadet dem Eindruck des be— lustigenden Ganzen nicht wenig, das zunächst nach der weltbekannten Chan⸗ son von Beranger gedichtet ist. Ein paar Couplets des Berangerschen „Roi d'Vretor' sind sogar wörtlich aufgenommen (in einer Art Vision), machten aber in der deutschen Bearbeitüng und da nicht allen Zuhörern das salirische Lied bekannt sein kann, gar keinen Eindruck. Beranger schrieb dieses Gedicht im Jahre 1613, wo die Anspielungen auf die blutige Mili= tait⸗Herrschaft Napoleon's nahe . lagen. Nachher blieb es im Munde des Volles, als ein geistreicher Spott auf die Schlaraffen⸗Herrschaft. Die Teridichter der Adamschen Oper haben natürlich nur die Grundzüge .

Chanson beibehallen können, und felbst der Charakter des e g. erscheint

bei ihnen wesentlich modisizirt: er erscheint hier weder als mastlger Silen,

der guf einem Esel sein Buodez-Ländchen durchreitet, noch auch als renom—

wistischer Fallstaff, vielmehr ist er ein i und iugendhaster Dorf⸗ hilosonh, der alg Privatmann lebt Und leben läßt und als König die wwise „Das Voll vor Allem, Alles für das Volt“ annimmt.

Mäh Heflot, das jetz ungefähr Jo, oc Einwohner zählt, besaß deren im 16 Iller nur den fünften Theli. Es war ein freies Erblehen, dessen

zer sih Fürsten ober Könige nannien. Den Neu- Franzofen lag also,

ten -Königihum persiffliren wollten, von er der Spaß nahe sich an Mreioi zu . Venitre saint . gris *! rief geg IV. vor der Schlacht von Jr gus, „ei je Perds la courunne d E rr ere, ei , nr, Üächligene geen, die Genen, Hor

n ,, nan ij ö. . nie Sol.

r ,

wenn sie ein

Konigihum. Darf man alten Chroniken glauben, so wurde Noetot durch

Klotar J., zur Sühnung eines von ihm begangenen Verbrechens, zum

Königreich erhoben. Gauthier, Herr von Nvetot, ein alter in Ungnade

gefallener Günstling, trat den König an, nachdem er aus dem rige ge⸗ gen die Ungläubigen zurückgekehrt; er glaubte dazu den richtigen Augen. blick gewähst zu haben, indem er sich an Klotar während der Messe wandte: dieser aber zog in der Kirche seinen Degen, und Gauthier sank entseelt auf ie Stufen des Altars. . .

; 4 Musik zu dieser Oper ist nicht ganz so pikant und, frisch, wie die zum „Postillon“, „Brauer“ und „Zum treuen Schäfer“, in vielen Num⸗— mern aber doch dem Boieldienschen Genre hübsch angenähert, in einzelnen ausgezeichnet. Letzteres gilt besonders von den eigentlich komischen

Gesangstücken, namentlich von dem Duett zwischen Jcanneton und Josselin im zweiten Akt, wenn jene die Liste de la maison royale dor⸗ legt. Die Lieder, Josselin's athmen Laune und Lebensmuth. Der Chor „Herrlich blüht hier im Saal, athmet wahre, Tafelfreude. „Wahr. haft schön ist im ersten Finale die Stelle „Ihm gebührt vor Allen.“ Auch das Duett zwischen Jeanneton und Daniel im 2ten Akt („Ein Kleid, ein stolz Betragen“) hat melodischen Fluß. Ueberhaupt beruht der Neiz dieser Oper in ihren schönen Zweigesängen, zu deren dramatisch wirksamsten N 8 des zweiten Akts zwischen Reginald und Adalbert gehört. Sonst sind die ernsteren Stellen ziemlich vulgair gehalten; dies gilt besonders von Adal- bert's erster Arie , nah nin Norgen! und von dessen Romanze Margarethe, nichts soll uns scheiden.

! ei ,, . zeichnele sich Herr Mantius als Josselin so aus, daß der ihm so reichlich gewordene Beifall nur ein wohlverdienter 56 des Dankes für eine i . Leistung war. Auf solcher Höhe, der j endung haben wir das Epiel diefes brapen Sängers, noch nie gesehen; Der Vortrag der Worte „Nein, nein, laßt mir mein harmlos 66 z wohnt das wahre Glück allein?“, so wie der Stelle „Auf Lieb' allein erbau

ich meinen Thron“, erregten den Enthusiasmus der Versammlung,. Auch Dem. Mar, welche als Jeannette im Besitz der zweiten Hauptrolle etz ercellirte in Spiel und elan, Herr Bötticher hielt den ö d wacler, wahren Hen er az Adalbert nicht selten detonirte und dabei

aniel) auch ann Frentzen hl fe en haben, so entlockte uns sein Gesang

ĩ * leb les spielis. ü wir ung den Späßen des Herrn Schneider D doch

manchen Stoß seuszer.

ͤ Conrad 7 die Margarethe ... Von allem Anderen abgesehen, ist die Stimme der

elben so wenig tonausgebend,

*

daß ihr Vortrag nie eine gleichmäßige Wirkung erzeugen kann, indem die

hohen' Töne (dle vom zweigestrichenen (ab erst einigermaßen Klang bekom- men), abwechselnd mit den Mitteltönen angeschlagen, zum Nachtheil der letzteren allzu sehr kontrastiren. u.

Naturwissenschaftliches.

Berlin. In der Versammlung der Gesellschaft naturforschender Freunde am 18. Juni legte Herr Müller einen aus dem Gestein ausgearbeiteten Teleosaurus-Schädel aus dem Cias von Boh vor und erläuterte dessen Bau. Es bestäligte sich, daß die hintere Nasenöffnung an derselben Stelle, wie an den lebenden Krokodilen und Gavialen ist, aber sie durchbohrt nicht den Körper des Keilbeins, welches schon nach osteologischen Prinzipien unmöglich ist, sondern wird von dem hinteren Ende der assa pierygoidea oder Flügelbeine bedeckt, deren abgebrochenen hinteren Theil man für das Keilbcin gehalten hat. Die Flügelbrine sind sehr lang und , n, , . als bei den lebenden Gavialen. Es giebt zwar unter den ossilen avialen mehrere Gattungen nach dem Bau der Wirbelgelenle, Schilder und Zähne, aber Thiere, welche den Teleosaurus in allen wesentlichen Dingen gleich sind, sind ohne Grund davon getrennt worden und haben zu zahlreichen synonymen Gattungsnamen Veranlassung gegeben. Herr Linz zeigte Stücke von dem Stamme einiger Bignoniamen aus Süd⸗Amerika vor, wo die Rinde regelmäßig ins Kreuz in das Holz gewachsen ist. Er machte aufmertsam darauf, daß auch in unseren Bäumen, namentlich im Buchen= holz, die Rinde in das Holz hineinwächst, doch nicht so regelmäßig, als in senen tropischen Stämmen. Die Anatomie zeigte, daß wirklich das Ein- gewachsene Rinde war, das übrige Holz. Herr Ehrenberg zeigte noch einige ber charakteristischen Formen des mitroskopischen Lebens im Eise des Südpols von der Eppedition des Capitain Roß vor. Herr Ewald legte ge n rr. von einer neuen zweischaligen Molluskengattung aus der

reideformation vor, welche er mit dem Namen Sparogrypius belegte, und welche im Sostem der Gattung Caprina zunächst ihre Stelle hat. Endlich zeigte Herr von Tchudi einen Gecarcinns aus dem Innern von Peru vor, der jetzt schon seit zwei Jahren in der Gefangenschast lebt.

w ———

Das Amendement wird verworfen und die Dauer des Pachtes zu 41 Jahren angenommen. Herr von Preigne besteht, anstatt der bloßen den Konkurrenten auferlegten Bedingung einer Cautionsleistung, nun auf Zuerkennung der Konzession mit Oeffentlichkeit und Konkurrenz; aber der Berichterstatter, Herr Du fau re, bekämpft auch dieses Amende⸗ ment. Herr Luneau kritisirt die Art und Weise, welche die Regierung sich vorbehalten, und behauptet, es seien daraus bereits Mißbräuche entstan- den, die er nachzuweisen sucht. Der Regierung werde durch die an⸗ genommene Weise alle Freiheit des Handels benommen. Er hatte mehrere Pairs und Deputirte auf einer Liste, die er verlas, genannt, als Theilnehmer an einer Gesellschaft, wodurch man das Vertrauen der Actiongire anlocken wolle. Herr de l' Espee, dessen Name auch genannt ist, erklärt, darüber Aufschluß geben zu wollen, um jeden, Argwohn zu beseitigen (Murren); das Vertrauen, das ihm die Kammer erwiesen, indem sie ihn zu einem ihrer Secre⸗ taire ernannt, mache es ihm zur Pflicht. (Zustimmung.) Gerade die seit einigen Jahren eingerissenen Mißbräuche bei den Eisenbahn⸗ Unternehmungen hätten einige Männer beider Kammern zur Bethei⸗ ligung daran bestimmt, um der Sache eine bessere Leitung zu geben. Graf Mols stehe an der Spitze der verlesenen Liste. Der Theil⸗ nahme dieser Männer sei das Zustandekommen der Bahn nach Rouen und die Beseitigung der Schwierigkeiten der Vollendung der Bahn nach Orleans zu danken. Es folgten dann noch einige andere persön⸗ liche Erklärungen der Herren Etienne, Odilon Barrot und Ganneron in ähnlichem Sinne. Der Minister der öffent⸗ lichen Arbeiten vertheidigte zwar die unbedingte Befugniß des Staats, unter den Konkurrenten diejenigen auszuwählen, die ihm die meisten Garantieen darzubieten schienen, versicherte aber zugleich, daß, wenn mehrere gleich empfehlenswerthe Konkurrenten aufträten, die Konzession zu der Unternehmung auf dem Wege der Adjudication erfolgen solle. Die Kammer fand sich indeß hierdurch nicht beruhigt, sie wollte das fakultative Verhältniß in ein obligato— risches verwandelt sehen, und es wurde zuletzt das Amendement des Herrn Preigne mit Zustimmung des Ministeriums und der Kommis— sion einmüthig angenommen, indem man ihm nur die Bestimmung hinzufügte, daß keine Compagnie ohne vorherige Einwilligung des Ministers und ohne Niederlegung einer Caution von 2 Millionen Fr. zum Bieten zugelassen werden solle. Nach Votirung des 3Zten Arti— kels blieb nur noch wenig zu thun übrig. Der A4te Artikel, der den Minister der öffentlichen Arbeiten ermächtigt, provisorisch für den Be—⸗ trieb der Bahn zu sorgen, wenn binnen zwei Monaten keine Com— pagnie zur Uebernahme derselben unter den festgestellten Bedingungen sich bereit finden sollte, wurde nach kurzer Diskussion genehmigt. Hierauf schlug Herr Cremieux einen Zusatz-Artikel vor, welcher dahin lau— tet, daß kein Mitglied beider Kammern einer Compagnie angehören dürfe, der eine Eisenbahn durch Konzession zuerkannt wird, und daß ein solches Mitglied eben so wenig zum Verwaltungs⸗-Rath einer die⸗= ser Eisenbahnen gehören dürfe. Dieser Zusatz⸗ Artikel wurde nach einer ersten zweifelhaften Abstimmung bei der zweiten angenommen, was lebhafte und lange anhaltende Bewegung in allen Theilen des Saales verursachte. Die Sitzung blieb geraume Zeit suspendirt, dann endlich schritt man zur Abstimmung über den ganzen, die Eisenbahn von Orleans nach Bordeaux betreffenden Gesetz⸗Entwurf, und wurde derselbe mit 218 gegen 66 Stimmen genehmigt.

Paris, 19. Juni. Die neun Kommissarien, welche in den Büreaus der Deputirten⸗Kammer zur Prüfung des Unterrichtsgesetzes gewählt wurden, sind die Herren von Tocqueville, Thiers, St. Marc Girardin, von Carne, Salvandy, Remusat, Quinette, Odilon Barrot und Dupin. Nicht ein einziger dieser Deputirten ist für den ministe⸗ riellen Gesetz⸗Entwurf, sondern alle finden mehr oder weniger daran auszusetzen. Die entschiedensten Gegner desselben (obwohl von ganz verschiedenen Standpunkten aus) sind die Herren Thiers und von Carne, Ersterer als Vertheidiger der Universität, der Letztere als Kämpe für die unbedingte Freigebung des Unterrichts. Damit steht indeß Herr von Carne ganz isolirt in der Kommission, denn alle andere Mit⸗ glieder nähern sich den Ansichten des Herrn Thiers in Bezug auf die Unterrichts- Frage. Es kann daher kein Zweifel dar⸗ über obwalten, wie der Bericht der Kommission ausfallen wird, wenn auch nicht Herr Thiers selbst mit Abfassung desselben beauftragt werden sollte. Die Kommission ist bereits zusammengetreten und scheint ihre Arbeiten möglichst beschleunigen zu wollen, denn sie hat beschlossen, sich täglich zu versammeln. Zu ihrem Präsidenten hat sie in ihrer ersten Sitzung Herrn Odilon Barrot gewählt, zu ihrem Se⸗ cretair Herrn St. Marc Girardin, der im Jahre 1836 Berichterstat⸗ ter über den damals der Kammer vorgelegten Sekundär⸗Unterrichts-Ent— wurf war. Auf jeden Fall will die Kommission ihren Bericht noch vor dem Schluß der diesjährigen Session einreichen. Die Diskussion in den Büreaus bewegte sich vorzüglich um den 31sten Artikel des Gesetzes, der die kleinen Seminarien betrifft. Mit wenigen Ausnahmen wurden die Zugeständnisse, welche die Pairs-Kammer diesen Unterrichts⸗-Anstalten, so wie dem Klerus überhaupt, gemacht, von allen Rednern bekämpft. Da die Vorträge der Herren Thiers und von Carne den Gegensatz in der Betrachtung dieser Frage am meisten hervortreten lassen, so ige, hier aus ihren Reden noch einige der prägnantesten Stellen olgen.

Herr Thiers: Die schwebende Frage ist von solcher Wichtigkeit, es handelt sich dabei so sichtbar um die Sache der französischen Revolution, die einzige meinem Herzen wahrhaft theure Sache, daß ich mich diesmal mit dem größten Eifer vorgnstelle, was es mir auch kosten möge. Ja, ich gehöre zur Partei der französischen Revolution, wohlver— standen der Revolution ohne ihre Ausschweifungen und Irrthümer, und deshalb will ich, daß der Unterricht in den Händen der Universität bleibe. Man sagt täglich: „Die Jugend muß religiös erzogen werden“, und ich erkenne, daß dies den Familien und der ganzen Gesellschaft außerordent⸗ lich am Herzen liegen muß. Aber ich höre niemals sagen: „Die Jugend muß in dem wahren Geiste der Zeit und der Institutionen, in den einer großen Nation geziemenden patriotischen Gesinnungen erzogen wer— den.“ Ja, ich will, daß man fromme Menschen etziehe, aber ich möchte auch, daß man dafür sorgte, gute Bürger und gute Fran zosen zu erziehen. Es scheint mir jedoch nicht, daß man sehr dafür sorgt, wenn man die Jugend den Händen der Universität entreißen will, um fie den Jesuiten zu Freiburg oder ihres Gleichen in Frankreich zu übergeben. Alle Bestrebungen sind auf das eine Ziel gerichtet, den Laien⸗Unterricht zu vernichten, und der Geistlichkeit den Jugend-Unterricht anzuvertrauen. Dem widersetze ich mich und werde mich ihm stets aus allen Kräften widersetzen. Das Wort Unterrichtsfreiheit ist nur für die Umstände erfunden und um den wahren Zweck darunter zu verbergen. Dieser Zweck ist, uns funfzig Jahre rückwärts zu bringen und in einer der wichügsten Angelegenheiten eine, völlige Contrerevolution zu bewirken. Die fran zösische Revo⸗ lution hat Alles verweltlicht, die Gefellschaft, Lie Negierung, die Erziehung; fie hat Frankreich und Europa säfularisirt. Es ist eine feflsame Umkehr, ein kühner Rückschritt, wenn man, wiederhersfellen will, was sie gestürzt hat. Ich weiß sehr wohl, man wird sagen, wir seien gottlos, da wir keine Religion in Frankreich wollten. Das find thörichte Verleum' dungen, über die man sich hinwegzusetzen wissen muß, wenn das öffentliche Interesse es erfordert. Heutzutage, meine Herren, ist kein Verdiest dabei, sich für religiöse Ideen eingenommen zu erklären; vor funszig Jahren hätte das verdienstvoll sein können; jetzt heißt es einer Art von ir gehorchen; ich fürchte fast, zu ie. was ich in dieser Hinsicht denke, so sehr finde ich, daß dies einem Geschmack des Tages gehorchen heißt. Nun, ohne den Ideen des Augenblicks schmeicheln zu wollen, erkläre ich, daß ich für mein Theil hundertmal mehr eine gläubige Nation liebe, als eine ungläubige: eine gläubige Nation ist begeisterter, wenn es sich um Werke des

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Geistes handelt, auch heldenmüthiger, wenn es sich darum handelt, ihre Größe zu vertheidigen. Hätte ich diese Wohlthaten des Glaubens in meiner Hand, ich würde dieselbe über mein Land öffnen, jedoch unter der Bedingung, daß mit dem Glauben die Duldung und die Geistes freiheit sich vereinigten, ohne die kein aufgeklärter Mensch jcht leben möchte. Glau= ben Sie aber, daß Sie die Jugend gläubig machen werden, wenn Sie sie der Geistlichkeit übergeben? Ich glaube es keinesweges, und ich will ein schlagendes Beispiel anführen. Das achtzehnte Jahrhundert, so berüchtigt durch seinen Unglauben, aus wessen Händen ist es hervorgegangen? Aus den Händen der geistlichen Corporationen; und die jetzige Generation, das wird man wenigstens zugeben, ist weit mehr den religissen Ideen ergeben, als die, welche ihm voranging; man wird zugeben, daß sie, wenn nicht gläubig, doch wenigstens von Achtung und Ehrerbietung gegen die Religion erfüllt ist. Nun wohl, sie ist aus der Universität hervorgegan— gen. Wie kömmt es denn aber, daß die Universitat frommere Leute oder wenigstens ehrfurchtsvollere bildet, als die Väter des Oratoriums und die Jesuiten sie bildeten? Einzig und allein daher kömmt dies, weil man den Glauben der Jugend nicht hat erzwingen wollen. Die Regierung, die Universität hat bei allem Religions- Unterricht, den sie ihr gab, doch ge— wissermaßen ihre Freiheit geachtet, kein Ziel vor sie hingestellt, und die jugendlichen Gemilher, sich selbst überlassen, haben sich nicht zur Gottlosig⸗ leit gewandt, denn das menschliche Herz, wenn es nicht durch herrschende Anmaßungen gezwungen oder verblendet wird, neigt sich viel eher zu reli— gösen Ideen als zum Gegentheil. Man gebe mir in ganz Frankreich die Lehrer von Freiburg, und ich verspreche Ihnen einen Voltaire. Wolle Gott, daß, wenn noch einmal ein solcher erscheint, er eben so viel gesunden Sinn und Geist habe. Und dann ist dies noch nicht Alles. Wenn Sie die Jugend katholischen Priestern übergeben wollen, so werden Sie doch wohl nicht ver⸗ langen, daß auch die Protestanten, auch die Juden ihre Kinder zu diesen schicken sollen? Jede Religion wird also ihres eigenen Unterrichts bedür⸗ fen; man wird einen katholischen, einen protestantischen und einen jüdischen Unterricht haben müssen. Da hätten wir denn wieder die Gesellschaft von vor 1789, jene Gesellschaft, in welcher es nicht Franzosen gab, sondern Burgunder, Provenzalen, Bretagner, Flamänder, Edelleute, Buͤrger, Juden, Protestanten, Katholiken. Die französische Revolution trat deshalb ein, um diesen Unterschied zu zertrümmern, um eine einzige Nation mit gleichem Geiste, gleichen Rechten und gleichen Pflichten zu bilden. Ihr Hauptwerk ist die Einheit in allen Dingen. Wir haben Einheit in der Verwaltung, in der Rechtspflege, in den Finanzen: auch im Unterrichtswesen thut sie noth. Wissen Sie, was die Universität eigentlich ist? Die Einheit in Unterrichts- sachen. Als Napoleon das nene Unterrichts-System gründete, soll er, glaubt man, nur von dem Gedanken an Despotismus und unumschränkte Gewalt erfüllt gewesen sein. Ich will sicherlich keinen Freiheits-Apostel aus ihm machen. Er hatte zu seiner Zeit eine andere Aufgabe zu erfüllen, nämlich die, aus allen um ihn aufgehäuften Trümmern der französischen Gesellschaft eine gleichartige und starke Gesellschaft zu gründen. Im Jahre 1802 pflog er im Schooße des Staatsraths hierüber die schönsten Bera— thungen. Er verlangte eine außerordentliche Menge von Stipendien oder Freistellen, um sich der französischen Jugend durch fast unentgeltliche Erzie—⸗ hung zu bemächtigen. „Sie glauben vielleicht“, sagte er zu seinen Räthen, „daß es Macht ist, was ich begehre? Macht habe ich mehr, als ich brauche. Wer in Frankreich, ja in Europa, leistet mir jetzt Widerstand? Nein, ich will eine Gesellschaft gründen. Blicken Sie uͤm sich. Was sehen Sie? Einerseits scheinbar unterworfene Vendeer, Ausgewan— derte, die ich zurückberufen, Priester, die ich ihren Altären zurück⸗ gegeben, und die, obgleich sie alles Gute annehmen, was ich ihnen erzeige, doch im Herzensgrunde mich verabscheuen. Andererseits ins Unendliche ge—⸗ spaltene Revolutlonairs, die sich einander verrathen und anklagen. Und über diesem Allen eine befreite Nation, die nicht mehr weiß, auf wen sie hören soll, die nach Ruhe verlangt, die an gar nichts mehr denken mag. Sie glauben doch nicht, daß ein solcher Gesellschafts⸗-Zustand ein guter ist? Mit jungen Leuten werde ich eine wahre Gesellschaft bilden, die beseelt sein soll von den gesunden Ideen des Jahrhunderts, von den Gesinnungen des wahren Patriotismus, und die, ohne falsche Vorstellungen von der Vergan— genheit, so wie ohne den Haß der Gegenwart, würdig sein wird, uns nach⸗ zufolgen, und fähig, den wahren Gedanken derjenigen zu ver— wirklichen, welche die Revolution gemacht.“ Napoleon's Ansicht, wahr und richtig zu seiner Zeit, ist es in mehreren Be— ziehungen noch heute. Ich glaube, daß man eben so wenig jetzt, als vor vierzig Jahren, einer Partei die Erzichung der Jugend übergeben darf. Ich denke von den Jesuiten nicht ganz so schlimm, als man von ihnen zu denken pflegt; es herrscht in dieser Hinsicht viel Uebsertreibung. Glauben Sie denn aber nicht, daß Sie gegen jede vernünftige Politit fehlen würden, wenn Sie die Jugend den Männern übergeben wollten, die vor zwanzig Jahren zu St. Acheul lehrten, die jetzt zu Freiburg lehren, und die ihren Zöglingen sagen, die Revolution von 89 sei das blutdürstige Gelüst einer blasirten Nation, die Unglücksfälle von 1865 seien eine gerechte Strafe für diese Verbrechen, und die Revolution von 1830 sei eine Palast-Verschwörung gewesen? Wis⸗ sen Sie, was daraus entstehen würde? Die traurigen Zerwürf⸗ nisse, welche uns spalten, würden noch um zwanzig, dreißig Jahre ver⸗= längert werden. Die neue Generation würde mit unseren alten Leiden⸗ schaften aufwachsen, und der glückliche Tag, an welchem Frankreich, endlich einmal in gleichen Ideen und Gesinnungen sich nahe gerückt und von der Macht des „Bündels“ durchdrungen sein wird, wäre um ein Vierteljahr hundert in die Ferne geschoben. (Schluß folgt.)

Herr Double, Ordonnanz-Offizier des Kriegs⸗Ministers, Mar⸗ schall Soult, ist gestern Abend mit einer Mission nach der marokka⸗ nischen Gränze von hier abgereist.

H Paris, 19. Juni. In der heutigen Sitzung der Deputir⸗ ten⸗-Kammer wurde die allgemeine Diskussion des Gesetzes über die Eisenbahn von Paris nach Lyon eröffnet. Herr Stourm hat zuerst das Wort gegen den Entwurf. Er spricht sich zunächst gegen die gewählte Linie der Bahn aus und hätte die Richtung durch das Bassin der Seine vorgezogen. Herr Larabit spricht zu Gunsten des Entwurfs, vertheidigt die von der ee ,. gewählte und von der Kommission angenommene Linie. Seit undenklicher Zeit finde der Verkehr zwischen dem Norden Frankreichs und Lyon durch das Thal der Nonne statt; die sachverständigen Männer, welche den Entwurf geprüft, hätten so altbegründeten Interessen nicht Eintrag thun dür— fen. Außerdem sei es die geradeste Linie. Herr Nisamrd spricht in demselben Sinne wie Herr Stourm; er nennt die Wahl der Linie durch das Nonnethal eine Verletzung aller Grundsätze der Gerechtig⸗ keit und gleicher Vertheilung; das Yonnethal treibe Landwirthschaft, das Seinethal Industrie und Handel, und letzteres biete auch weniger Steigungen und Abhänge. Eine Eisenbahn durch eine so industrielle Gegend wäre von unermeßlichem Vortheil für Frankreich gewesen, da ihr nur die Transportmittel fehlten; dort würden jährlich allein über 60,000 Tonnen Eisen produzirt, und jährlich würden auf einer Eisenbahn nicht unter 102,000 Tonnen zu transportiren gewesen sein. Herr Martin (von Lyon) las unter allgemeinem Geräusch noch eine Rede zu Gunsten des Gesetzes, worauf die allgemeine Diskussion ge⸗ schlossen und die spezielle eröffnet wurde.

O Paris, 19. Juni. Das gestern angenommene Amendement des Herrn Cremieux wird zur unvermeidlichen Folge haben, daß der Geseß- Entwurf über die Eisenbahn von Paris nach Bordeaux in die— sem Jahre nicht zur Ausführung kommen kann. Die Pairs⸗Kammer, welche in ihrer Mitte mehrere hochgestellte Männer, wie Graf Molé, Marschall Gérard, Graf Daru, zähli, die an der Spitze der Eisen= bahn-Unternehmungen stehen, wird zweifelsohne aus Rücksicht für diese das Cremieuxsche Amendement verwerfen, worauf der betreffende Gesetz⸗ Entwurf abermals der Deputirten⸗Kammer vorgelegt werden muß, wo man dann wohl nicht auf jenem der Kammer unversehens abgewon⸗

nenen Amendement bestehen dürfte. Die Tagesordnung der Depu⸗

tirten⸗Kammer ist ohnehin so belastet, daß sie kaum vor Ende des Monats Juli wird erschöpft werden n Deputirten beklagen sich laut über die so lange Dauer der Session, welche in diesem Jahre,

durch sieben volle Monate ausgedehnt, höchstwahrscheinlich nicht vor der ersten Hälfte des Monats August wird geschlossen werden.

Die Mitglieder der Kommission über das Unterrichtsgesetz sind schon darüber einig geworden, daß Herr Thiers zum Berichterstatter ernannt werden soll. Das Kabinet ist darüber sehr unruhig, und Herr Guizot hat seinen Freunden unverholen erklärt, daß die Minister sich gezwungen sehen werden, aus dem Unterrichts Projekt eine Ka⸗ binets-Frage zu machen, weil die Form, in welcher Herr Thiers seinen Bericht einzukleiden wünscht, der Streitfrage hauptsächlich einen poli⸗ tischen Charakter verleihen soll, um das Ministerium dadurch zu stürzen. Eben deshalb soll Herr von Lamartine vorgestern in den Büreaus sich enthalten haben, seine eigene Meinung über das vorliegende Un⸗ terrichts Projekt zu äußern, damit später nicht der Verdacht gegen ihn auftauche, er hätte sich mit Herrn Thiers zum Sturze des Ka⸗ binets verbunden. Er billigt zwar nicht durchgehends den Gesetz⸗-Entwurf der Regierung, aber darum wünscht er noch nicht, daß Herr Thiers sich daraus eine Brücke ins Kabinet baue. Herr von Lamartine, heißt es, wird bei der Diskussion des fraglichen Gesetzes sich den Tendenzen des Herrn Thiers entgegenstellen, und den Grundsatz vertheidigen: daß nur dann die Freiheit des Unterrichtes eine Wahrheit werden könne, wenn entweder eine herrschende Staats-Religion anerkannt werde, oder die Kirche vom Staat abgesondert bestehe; sonst müßten ent⸗ weder die Kirche oder der Staat (die Universität im Sinne der Opposition) einen Theil ihrer Freiheit einbüßen, und es entständen jene gefährlichen Reibungen, die wir heutzutage bedauern. Es ist nicht mehr zu verkennen, daß seit den letzten Debatten über Montevideo das Kabinet der Tuilerieen eine Diversion in seiner eigenen Politik mit Bezug auf Montevideo beschlossen hat. Graf von Lurde, bisheriger Gesandter in Buenos-Ayres, welchem vor⸗ geworfen wird, daß er nicht genug Energie angewandt habe, um von Rosas den versprochenen Schaden-Ersatz zu Gunsten der dortigen Franzosen zu erwirken, ist so eben vom Herrn Guizot abberufen wor⸗ den. An dessen Stelle wurde Herr Mareuil, diesseitiger Geschäfts⸗ träger in Turin, nach Buenos⸗Ayres beordert.

Der Marquis von Larochefoucauld, ehemaliger Gesandter in Hessen⸗-Darmstadt, ist zu dem Posten eines Gesandien in Florenz be⸗ fördert worden.

Wir erhalten heute über Gibraltar Nachrichten aus Marokko bis zum 29. Mai. Die spanische Escadre, bestehend aus der Fregatte „Christine“ von 44, aus der Korvette „Venus“ von 24 Kanonen, aus der Kriegsbrigg „Manzanares“, aus einem Dampfboote und fünf Handelsschiffen, lag im Hafen von Tanger vor Anker. Am Bord derselben befindet sich der Infant Henrique, Herzog von Se⸗ villa, welcher die Kriegsbrigg „Manzanares“ befehligt. Au⸗ ßerdem befanden sich daselbst ein britisches Dampfboot „Locust“ und eine französische Kriegsbrigg. Doch erwartete man daselbst, außer der Flotte des Prinzen von Joinville, bald auch den Prinzen Friedrich von Dänemark mit zwei Fregatten, und den Prinzen Hein⸗ rich der Niederlande mit einer Escadre, so daß vier europäische Prinzen dort die Marine ihrer respektiven Nation befehligen werden. Der britische Gouverneur von Gibraltar hatte sich nach Tanger be⸗ geben, um die doppelten Streitigkeiten zwischen Marokko und Spanien einerseits und Frankreich andererseits, nach dem Wunsche des Hofes von St. James, durch eine friedliche Ausgleichung zu beenden.

X Paris, 19. Juni. Unter einem Theile des großen und mächtigen Stammes der Flittas, deren Unterwerfung neulich in den offiziell en Berich⸗ ten angekündigt wurde, sind von neuem Aufstände ausgebrochen, weshalb eine Kolonne, unter den Befehlen des Obersten Bourdjolly, von Mo—⸗ staganem gegen sie abgeschickt werden mußte. Man sieht eben, daß die Stämme des Westens namentlich, wenn sie von der Uebermacht der französischen Kolonnen sich erdrückt sehen, stets das alte Spiel schein⸗ barer Unterwerfung von neuem beginnen, um für den Augenblick we⸗ nigstens der lästigen Gegenwart der verhaßten Feinde auf ihrem Grund und Boden los zu werden, sobald dieselben aber fort sind, die Unter⸗ werfung als nicht geschehen zu betrachten. Bei den Flittas hat offen bar die Nachricht von der Parteinahme der marokkanischen Streitkräfte an der Gränze für Abd el Kader mit eingewirkt. Von der Ankunft neuer Truppen aus Frankreich in Afrika, mit Ausnahme eines Regi⸗ ments, das zu Toulon in Garnison lag, hat man übrigens bis jetzt nichts vernommen; was etwa noch von solchen dahingeschickt wirb dürfte erst allmälig in dem Maße, wie die verschiedenen Regimenter aus den mehr nach dem Innern zu gelegenen Garnisonen in Toulon eintreffen, von dort aus übergeschifft werden.

Der Vorfall zwischen dem ersten Prästdenten des Königlichen Gerichtshofes, Herrn von Seguier, und dem durch den Batonnier (Stabträger) Herrn Chair d'Estange und mehrere andere Mitglieder repräsentirten Advokatenstande (vergl. Paris im gestrigen und vor⸗ gestrigen Blatte unserer Zeitung) ist ein wahres öffentliches Aergerniß Über welches die Blätter nicht einmal die volle Wahrheit sagen. Als vorgestern der Präsident mit dem Gerichtshofe sich erhoben, die Ver⸗ schiebung der Streitsache, welche hatte verhandelt werden sollen, dem Antrage des Herrn Chair d'Estange gemäß ausgesprochen hatte und darauf sich zum Abgehen anschickte, ließ sich nicht blos einiges Ge⸗ räusch, wie die Blätter sagen, sondern sogar Zischen und Pfeifen ver⸗ nehmen; da kehrte der erste Präsident sich um und verlangte Ehr⸗ erbietung für die Magistratur. Wenn wirklich, wie es heißt, gegen die Unterzeichner des Schreibens an den Präsidenten Seguier ein gerichtliches Einschreiten erfolgen sollte, so würde das Uebel nur noch schlimmer werden, da alle Advokaten sich einmüthig gegen das Benehmen des Präsidenten erklären, das den Anlaß zu dem ganzen Streite gab, und das selbst seine Freunde nicht entschuldigen. Zu dem ist Herr Chair d' Estange als ein sehr gemäßigter, durchaus der Regierung ergebener Mann bekannt, der als Deputirter stets mit den Konservativen gestimmt hat, und der sich nicht an die Spitze gestellt hätte, wenn es blos Partei⸗ zwecke oder etwa die Befriedigung persönlicher Leidenschaften gegol⸗ ten hätte. Die Klagen gegen den Präsidenten Segnier sind nicht neu, und längst hatte man das Ausbrechen eines solchen Konfliktes besorgt, der nun eingetreten ist.

Grossbritanien und Irland.

London, 19. Juni. Das Unterhaus hielt gestern keine Sitzung, da die beschlußfähige Anzahl von Mitgliedern sich nicht ein- gefunden hatte. Im Oberh ause brachte nach der gestern bereits gemeldeten zweiten Lesung der Bill zur wirksameren Unterdrückung des Sklavenhandels Lord Stradbroke eine Petition von Bewohnern der Grafschaft Suffolk ein, worin das Haus gebeten wird, eine Kom⸗ mission zu bestellen, welche die in den sozialen Verhältnissen der ge⸗ nannten Grafschaft liegenden Ursachen der häufigen Brandstistungen untersuchen soll, durch welche gegenwärtig die dortigen Distrikte beun⸗ ruhigt werden. Lord Wharnzliffe versprach, den Minister des Innern auf den mangelhaften Zustand des Gesetzes hinsichtlich der Bestrafung von Brandstiftern aufmerksam zu machen. Die Vorgänge in Suffolk haben übrigens die Times veranlaßt, einen ihrer Kor⸗ respondenten dahin zu fenen! um die Ursachen des dortigen Unwe⸗ sens zu erforschen. Die Berichte desselben werden indeß durch den Heute enn dieses Blattes getrübt, das aus dem Einfluß des neuen

rmengesetzes, welches die Menschen demoralisire, das Übel haupt⸗ sächlich herleiten will. ;

In Irland ist Alles äußerlich ruhig; die Leiter der Repeal · BSe⸗