1844 / 272 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Allgemeinen Zeitung schreibt man unterm 25. Sep= 2 . „In unserer Stadt herrschen wegen der seit etwa Monatsfrist in verschiedenen Gegenden Altbayerns ausgebrochenen eigenthümlichen Epidemie große Besorgnisse. Die Aerzte taufen die neue Krankheit „weißes Friesel“ die Landleute nennen sie die „schwar⸗ zen Blattern“, allgemeinhin spricht man wohl auch von dem Ausbruche der „schwarzen Pest“. Die Aerzte haben natürlich recht, aber auch die Laien bezeichnen etwas Wirkliches durch ihre Ausdrücke, indem nach dem rasch erfolgenden Tode der Angesteckten sich die Leichname mit schwarzen blatterartigen Geschwüren bedecken, die wiederum die Ver⸗ kändiger sofort eintretender Fäulniß sind. Es ist wohl kaum nöthig, hinzuzufügen, daß diese Angaben ihren Weg von den Bezirken, inner⸗ halb deren die Krankheit gegenwärtig herrscht, bis hierher von Munde zu Munde gemacht haben, daß noch keinerlei öffentliche Bekannt⸗ machung erfolgt ist, und daß vor der Bildung irgend eines bestimm⸗ feren Urtheils vor Allem die Rückkehr der von hier nach den infizir⸗ ten Landgerichten abgegangenen Aerzte abgewartet werden muß. Nach gewöhnlicher Annahme forderte die Krankheit bis jetzt, wo sie nur aufgetreten, ein Bevölkerungs-Opfer von 20 pCt., was auch so ziem⸗ lich mit der höchst wahrscheinlich aus offizieller Quelle stammenden, zur Beruhigung gegebenen Korrespondenz⸗- Notiz von hier in der Augsburger Allg. Ztg. übereinstimmt. Nicht unbemerkt darf bei dieser Gelegenheit bleiben, daß in den öffentlichen Gesundheits—⸗ Verhältnissen dahier seit dem Verschwinden der gräßlichen Schleim- fieber, also seit ungefähr zwei Jahren, ein solcher Stillstand einge⸗ treten ist, wie sich dessen kaum die ältesten Aerzte aus einer früheren Periode, ja nicht einmal aus der Zeit unmittelbar nach dem Herrschen der Cholera, erinnern können. So ist denn auch in diesem Sommer trotz aller Witterungs- und Temperaturwechsel der öffentliche Kran- kenstand hier sowohl in Bezug auf die Zahl der Patienten als rück— sichtlich des Verlaufs der Krankheiten ein überaus günstiger.“ Bei dem Dorfe Sonderheim, Landgerichts Höchstädt, wollten am 21. Sep⸗ tember 11 Personen über die Donau setzen: nah am Ufer sank das überfüllte Boot und 8 Menschen ertranken.

Freie Stadt Lübeck. Der Weser⸗-Zeitung schreibt man aus Lübeck (22. September): „Nachdem nun auch von Seiten Hamburgs die Ratification der dresdener Elbschifffahrts⸗-Verträge er⸗ folgt ist, werden dieselben in Kraft treten, jedoch nicht, der ursprüng⸗ lichen Verabredung gemäß, schon mit dem 1. Oktober, sondern erst später, wie es heißt, mit dem 1. Januar 1845. Auch für Lübeck sind jene Verträge von Bedeutung. Denn theils sind in ihnen ge⸗ rade auf nordische Produkte, die über Lübeck eingeführt werden, die Elbzölle herabgesetzt, theils ist auch durch Separat-Artikel eine grö⸗ ßere Freiheit des Verkehrs von hier aus bis in die Elbe und auf der Elbe stipulirt worden. Die Königlich dänische Regierung hat sich nämlich verpflichtet, die fernere Ausübung der bisher von dem Schiffer⸗Amte zu Lauenburg in Anspruch genommenen ausschließlichen Befugniß, die von der Stecknitz gekommenen und für die Stecknitz-Schifffahrt bestimmten Güter auf der Elbe zu verschif-— fen, nicht zu gestatten. Die Stadt Lübeck dagegen verzichtet zu Gunsten sämmtlicher Elbufer-Staaten auf das ansschließliche Recht, Waaren auf der Delvenau und Stecknitz, so wie auf der Trave von der Einmündung der Stecknitz in dieselbe bis zur Stadt Lübeck oder auf demselben Wege von der Stadt Lübeck aus bis zur Elbe zu verschiffen. In Gemäßheit dieser Bestimmungen steht es nun den Fahrzeugen sämmtlicher Elbufer- Staaten frei, die nach dem Nor⸗ den bestimmten deutschen Fabrikate unmittelbar, ohne daß eine Um⸗ ladung oder ein Land⸗Transport nöthig ist, bis nach Lübeck zu brin- gen, von wo sie dann nordische Produkte als Rückfracht wieder mit nach Hause nehmen können. Eben so haben lübeckische Fahrzeuge das Recht, die sämmtlichen Häfen an der Elbe zu besuchen und Waa⸗ ren dahin zu bringen oder daher zu holen. Für Lübeck sind übrigens durch die dresdener Verträge auch einige innere ganz heilsame Ver— änderungen nothwendig geworden. Es bestanden in unserer an Cor⸗ porationen überreichen Stadt eine besondere Innung, der die Rhede— rei⸗Befugniß für Stecknitzschiffe zustand, ferner eine Innung der Stecknitzfahrer und eine andere der Travenfahrer. Diese sämmtlichen Corporationen sind durch Rath⸗ und Bürgerschluß aufgehoben, und es ist beschlossen worden, an die Stelle der Traven- und Stecknitz⸗ fahrer künftig patentirte Flußschiffer treten zu lassen, die Rhederei⸗ Befugniß für Flußschiffe aber jedem hiesigen Bürger zuzugestehen.“

A Aus dem Voigtlande, Ende September. Erst durch Nr. 263 der Allg. Preuß. Ztg. erfahre ich, daß bei der letzten Feier unseres Constituͤtions Festes ein Redner unter anderen Dingen auch das Recht der Steuer⸗-Verweigerung als ein wünschenswerthes Gut bezeichnet, und wie er diesen Wunsch motivirt hat. Letzteres scheint beklagenswerth und geeignet, im Auslande falsche Begriffe von unseren staatlichen Verhältnissen zu erzeugen, weshalb Sie einige Worte darüber gestatten wollen.

Hat der Redner wohl erwogen, welches Dürftigkeits-Zeugniß er der Verfassung und noch mehr den Vertretern unseres Landes durch die Worte ausstellt, daß ohne jenes Recht die im Reiche der Mög⸗ lichkeiten nicht fern liegende ministerielle Willtür niemals zu beschrän⸗ ken sein werde? Jedes einzelne Mitglied unserer öffentlich verhan— delnden Stände ist befugt, Wünsche und Anträge in Bezug auf wahr⸗ genommene Gebrechen anzubringen, schriftliche Beschwerden der Unter⸗ thanen werden angenommen, jede Kammer hat das Recht der Be⸗ schwerde, beide, vereinigt, können förmliche Anklagen erheben, für welche ein eigener Staatsgerichtshof besteht, die Alten desselben wer⸗ den durch den Druck bekannt gemacht, und das Begnadigungsrecht

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des Königs ist in Fällen dieser Art beschränkt. Wenn bei solcher Anhäufung von Gegenmitteln noch etwas von „ministerieller Willkür“ zu fürchten wäre, so läge die Schuld sicherlich nicht an dem Mangel einer noch stärkeren 3 sondern an denen, welche die vorhandenen nicht zu gebrauchen wissen oder wagen, und noch viel weniger dürfte man von ihnen die Anwendung der geforderten erwarten, weil sie wirklich von mannigfachen Bedenklichkeiten umgeben ist.

Ferner befand sich der Redner im starken Irrthume, als er be⸗ hauptete, daß „Frankfurts hohe Stelle“ den sächsischen Ständen die Befugniß zur Steuer⸗Verweigerung vorenthalte. Allerdings begegnen die Bundestags-Beschlüsse vom 28. Juni 1832 einer dahin gehenden Interpretation der verschiedenen Verfassungs-Urkunden, allein mit Stolz sage ich es das Königreich Sachsen wird davon gar nicht berührt. Unsere nach reiflichster Prüfung verabschiedete Verfassung gewährt nämlich einem so unverständigen Beginnen keinen Raum, denn F§. 97 erkennt die Verpflichtung der Stände an, für das Aufbrin⸗ gen des Staats⸗Bedarss zu sorgen, wobei sie jedoch befugt sind, die Nothwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Höhe der Ansätze zu prüfen; nach §. 1092 darf die Bewilligung von Abgaben nicht an fremdartige Bedingungen geknüpft werden und §. 103 bestimmt das Auskunfts⸗ mittel, wenn Regierung und Stände sich nicht vereinigen können. Die⸗ sen Paragraphen wird die keckste Auslegungskunst keinen anderen Sinn unterzuschieben vermögen.

Frankreich. Paris, 23. Sept. Der König kam gestern in Begleitung der Königin und seiner Schwester nach den Tullerieen und führte nach einer besonderen Konferenz mit dem Finanz-Minister den Vorsitz im Minister⸗Rathe. Die Abreise des Königs nach Eu steht nahe bevor.

Der Herzog von Glücksberg ist als Ueberbringer des Friedens Traktats mit dem Kaiser von Marokko in Paris angekommen.

Das Blatt Algerie bringt jetzt folgende Details über den Ab- schluß des Friedens mit Marokko: „Am Sten schon bat Sidi Bu⸗ sellam, Pascha von Larache, im Namen des Kaisers um den Frieden; er zeigte an, daß der Kaiser die freundschaftlichsten Gesinnungen ge⸗ gen Frankreich hege und alle Bedingungen annehme. Der neapoli⸗ kanische Konsul, Herr von Martino, brachte dieses Schreiben nach Cadix, wo er am 6ten ankam. Man traute jedoch dort den schon so oft als leer erwiesenen Versprechungen des schlauen Pascha's nicht, und Herr Warnier erhielt den Auftrag, sich nach Tanger zu begeben und die Vollmachten des Pascha's zu prüfen. Die Herren Warnier und Martino kamen am Tten auf dem „Cuvier“ vor Tanger an; sobald der Pascha die Ankunft eines französischen Gesandten erfahren hatte, begab er sich in das neapolitanische Konsulat, wo sich auch Herr Warnier einfand; er war am Landungsplatze von allen marokkanischen Civil und Militair⸗-Behörden empfangen worden und begab sich nun unter dem Freudenjauchzen der den Frieden verlangen den Bevölkerung, von einer Ehrenwache und allen Behörden beglei⸗ tet, durch ein Spalier von Soldaten zum Pascha. Sidi Busellam empfing Herrn Warnier (der ihm schon das erste Ultimatum über⸗ bracht hatte) als alten Bekannten und bedauerte, als dieser seine Vollmachten zu sehen wünschte, daß er sich vom Kaiser keinen speziellen Brief zu diesem Zwecke habe geben lassen; da jedoch die Entfernung des Kaisers die Abstellung dieses Uebelstandes un⸗ möglich machte, so bestätigte der Pascha durch einen von Zeugen un⸗ terschriebenen formellen Akt, daß er den Befehl erhalten habe, mit unbeschränkter Vollmacht mit dem französischen Gesandten zu unter⸗ handeln. Herr Warnier kehrte mit diesem Dokumente nach Cadix zurück. Am 9. September verließ die ganze Flotte Cadix und kam am 109ten um 19 Uhr Morgens auf der Rhede von Tanger an. Der Kaid Abbon, Gouverneur von Tanger, kam sogleich an Bord des „Suffren“, um dem Prinzen das Gesuch um den Frieden zu wieder— holen; der Prinz empfing ihn sehr gut, lobte seine muthige Ver⸗ theidigung der Stadt während des Bombardements und schenkte ihm ein Paar reichverzierte Pistolen; um 2 Uhr begaben sich Herr Warnier, der Schiffsfähnrich Anger mit einem Ober-Bootsmann und einem Marine⸗Infanterie⸗Unteroffizier ans Land und übergaben demPascha den Friedensvertrag mit der Frage, ob er ihn annehme; der Pascha ent⸗ schloß sich augenblicklich zur Annahme. Auf ein gegebenes Signal gingen nun die Herren von Glücksberg und Nyon ans Land, in den Palast des Gouverneurs, und der Vertrag wurde von beiden Theilen unterzeichnet. Sogleich wurde die französische Flagge auf dem Kon⸗ sulatsgebäude aufgezogen und von den Batterieen und der Flotte mit 21 Kanonenschüssen begrüßt.“

Die Unterhandlungen des Kabinets der Tuilerieen, um zu ver⸗ hindern, daß der Herzog von Bordeaux sich an den französischen Grän— zen aufhalte, sollen vollkommen gelungen sein. Es heißt, daß der Herzog diesen Herbst in der Schweiz, im Großherzogthum Baden und in Württemberg zubringen wollte, und daß jede der Regierungen dieser Staaten sich seiner Reise, weil sie Frankreich Verdacht einflößen könne, widersetzt hat.

Ueber die französische Expedition nach Ching giebt die Revue de Paris jetzt einige neuere Nachrichten. Das französische Handels— schiff „Atlas“ war auf seiner Fahrt von Manilla nach Europa im astatischen Archipel etwa 500 Lieues von Canton zwischen den Phi- lippinen und den Molukken der Fregatte „Cleopatra“ begegnet, welche zu der französischen Schiffs-Division gehört, die den Austrag hat, die Länder des äußersten Orients zu erforschen. Durch die „Cleopatra“ erfuhr man, daß alle Schiffe der Expedition bis dahin ihre Fahrt ohne den geringsten Unfall zurückgelegt hatten, obgleich die Schiffe „la Syrene“ und „la Victorieuse“ einigemal Stürme auszuhalten hatten. Die „Cleopatra“ selbst hatte auf ihrer Fahrt, nachdem sie

X Paris, 24. Sept.

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in dem indischen Meere die Linie passirt, einige Lieues vom Aequator diesseits Gelegenheit, ein äußerst seltenes meteorologisches Phänomen zu beobachten. Morgens gegen 10 Uhr, als die Strahlen der Sonne bereits gleich Feuer brannten, erhob sich ein weißlicher Dunst in der Luft, umgab den Horizont des Schiffes und machte das Licht des Sonnengestirns etwas erbleichen, als ob es durch eine leichte Gacehülle durchginge. Allmälig nahm dieser Dunst eine sehr helle grünliche Farbe an, die nach einigen Augenblicken und fast unmerklich ins Röthliche überging. Nach Ver⸗ schwinden des Phänomens am Himmel bildete sich ein Gewölk, aus welchem dann, seit langen Jahren zum erstenmale in jenen Gegenden, ein reichlicher Regenguß erfolgte. Als die „Cleopatra“ Angesichts der Ladronen⸗-Jnseln ankam, begegnete sie einem nach Canton segeln— den englischen Schiffe. Durch dieses Schiff wahrscheinlich wurde die nahe Ankunft der französischen Schiffe angekündet, und daraus erklärt sich, daß einige englische Blätter von ihren Korrespondenten die Nach— richt erhielten, sie seien schon an ihrer Bestimmung angekommen. Die Presse theilt Nachrichten aus Mexiko über die Hinrichtung französischer Unterthanen mit, die man mit dem General Sentmanat zusammen gefangen genommen hatte. Das Wichtigste dabei ist der Protest des französischen Gesandten, Herrn Alley de Cyprey. Dieser erklärt dem mexikanischen Minister der auswärtigen Angelegenheiten, r glaube ihm nicht, wenn er sage, der englische Gesandte hätte für ie Hinrichtung gestimmt. Er (Herr von Cyprey) betrachte die zu abasko geopferten französischen Unterthanen als unschuldig, da keine gerichtliche Verhandlung stattgefunden, die das Gegentheil dargethan hätte, und der mexikanische Minister irre sich sehr, wenn er glaube, daß die Sache schon ihr Ende erreicht habe. „Die Regierung des Königs der Franzosen“, schließt Herr von Cyprey, „hat sich noch nicht erklärt; ihr steht es zu, darüber zu entscheiden, ob die blutige Hin— richtung zu Tabasko eine abgemachte Sache sei.“ Die in Mexiko lebenden Franzosen haben ein Schreiben an Herrn von Cyprey gerich- tet, worin sie ihm in sehr warmen Ausdrücken für die Energie dan— ken, die er in seinem Protest gezeigt. Der Erzbischof von Paris ist von seiner Reise nach Holland und den Preußischen Rhein⸗-Provinzen wieder hier eingetroffen.

Die neuen Truppen⸗Sammlungen der Marokkaner an der Gränze von Algerien sinden etwa drei bis vier Tagemärsche jenseits Uschda statt, und wohlunterrichtete Personen glauben, daß sie bestimmt seien, die unregelmäßigen Truppen zu ver⸗

hindern, neue Akte der Feindfeligkeit gegen das französische Gebiet

zu begehen. Der zweite Sohn des Kaisers soll an der Spitze jenes Corps stehen, welches täglich Verstärkungen und Kriegsvorräthe aller Art erhielt, als ob es sich um die Eröffnung eines neuen Feldzuges handelte. Auch hege Marschall Bugeaud wirklich die Absicht, nach dem Westen zurückzukehren, wenn der Courier aus Oran nicht befriedigende Nachrichten überbracht hätte. Marokkanische Reiter hatten im Lager des General⸗Lieutenants Lamoricisre Briese des Sohnes des Kaisers und von verschiedenen anderen marokkanischen Chefs überbracht, worin um Einstel⸗ lung aller Feindseligkeiten gebeten und angekündigt wurde, daß der Friede zwischen dem Kaiser und den französischen Diplomaten zu Tanger viel leicht bereits abgeschlossen sei. General Lamoricisre schickte sogleich die Dampf -Korvette „Vedette“ mit dringenden Depeschen an den Prin— zen von Joinville nach Cadix ab, und andererseits ließ die Behörde zu Oran auf das Eintreffen dieser Nachrichten das Dampfschiff, das

mit der Korrespondenz erst am 14ten hätte segeln sollen, nach Algier

abgehen. Dort war inzwischen, direkt von dem Prinzen von Join— ville abgesendet, die Depesche mit der Nachricht von dem wirklich er⸗ folgten Friedensschluß angelangt. Am 15ten sollte die aktive Ko— lonne von Mostaganem ssch wieder in Marsch setzen, um einen neuen

Streifzug durch das übrigens jetzt vollkommen ruhige Land zu machen.

Man versichert, der Lord-Mayor und die Aldermen der Stadt Lon don hätten in einer ehrfurchtsvollen Adresse an den König die Bitte gestellt, die großbritanische Hauptstadt mit seiner Gegenwart zu be ehren und die Feste anzunehmen, welche die City ihm zu veranstalten wünsche. Der König soll seinen Dank für bie freundliche Einladung in den verbindlichsten Ausdrücken ausgesprochen, sie jedoch abgelehnt haben, eben um einen glänzenden Empfang zu entgehen, da er wünscht, daß seine Reise ganz den einfachen Charakter eines Privat-Besuchs

bei der Monarchin von Großbritanien bewahre.

Man versichert, die Regierung habe sehr dringende Depeschen

von ihrem bevollmächtigten Minister zu Mexiko erhalten, welche die Vorgänge zu Tabasko, die Hinrichtung Sentmanats und seiner 37 Gefährten in das klarste Licht stellen.

Herr Alley de Ciprey soll in seinen Berichten darauf dringen, daß Frankreich einen festen, energischen Entschluß fasse. Der Präsident Santana, der sich persönlich so grausam gegen die ohne alle vorhergehende gerichtliche Prozedur Erschossenen zeigte, glaubt genug zu thun, wenn er einen Wechsel der Personen des Kabinets eintreten läßt; es ist aber schwer anzunehmen, daß Frankreich sich damit begnügen wird, um so weniger, als auch die Gesandten der übrigen bei jenen Vorgängen betheiligten Mächte, besonders der spanische, die⸗ selben Reclamationen erhoben haben, wie Herr Alley de Ciprey. Gerade in dem Augenblick, wo neue Verwickelungen mit Mexiko einzutreten scheinen, kündet man die Ankunft des Generals Bustamente hier an, des Vorgängers Santana's in der Präsident— schaft von Mexiko. General Bustamente, ein sehr unterrichteter Mann von gemäßigten politischen Ansichten, hat die letzten zwei Jahre vorzüglich in Italien verlebt.

Unter den außerdem in den letzten Tagen hier angekommenen Fremden von Auszeichnung ist der Graf Cancrin, ehemaliger russischer

Papaveraceen in Bezug auf ihre Bestandtheile, woraus die Aehnlichkeit der— selben in den verschiedenen Pflanzen dieser Familie recht deutlich hervorgeht. Nach 1 Uhr wurden diese Vorträge geschlossen und die von Herrn Kaufmann Bohn aus Koblenz veranstaltete Ausstellung ausgezeichnet in= teressanter Droguen und Präparate, so wie sonstigen nalurhistorischen Merk= ne f g, worunter auch ein ausgestopstes Moschusthier, verfälschte und echte Moschusbeuntel waren, besichtigt: sodann vereinigte sich die Gesellschaft zu einem geselligen Mittagsmahl, wobei Sr. Majestät dem Könige von Preußen, den anderen erhabenen deutschen Fürsten, welche dem Vereine Schutz und Schirm gewähren, dem Proteklor des Vereins, Herrn Geheimen Slaals. Minister Dr. Eichhorn, dem Direltorium des Vereins, so wie den Ehren Mitgliedern, Gönnern und Freunden desselben, ehrerbictige und freund⸗ liche Togste ausgebracht wurden. Am Abend vereinigien sich die Miiglieder zu kollegialischer Besprechung im germanischen Hofe. ; z An 9. September wurde früh, s Ühr der botgnische Garten und die ustalt zur Berritung künstlicher Mineralwässer in Augenschein genommen, wobei die serligen Wässer einer Prüfung unterworfen wurden. Üm 19 Uhr pine die zweite allgemeine Sitzung eröffnet. Dr. Aschoff aus Bielefeld . . der Minlheilung seiner ünterfuchung der Wacholderbeeren, und =. s . aus Ahornsaft gefertigten Nohzucker vor, von dem etwa 19 Maß gel ; eben. Ferner ihellte er ein festes Terpentinöl⸗Hydrat, welches er 9 herhalten hatte, zur Ansichi mit, und machte Mittheisungen über chtigun 9. e hin der he erlangen Salze im Körper, mit ar gn * llicher Untersuchunge n. H,, R aus Speier seßzte gleich a . . sort, nämlich lu die Untersuchung der ih ö 5 . * trie das Vorgeiragens durch Erperimente, Apo- Läusepulver u fan ele c alen . ug Lurch sogenguntes , chemisch nach i n, die . 7 des darin enthaltenen zuweisen. Hieran imüpfte jör. Bo g ei die Erzielung

Berück⸗

einer Br in nn durch Mineralsäure und schlug Vorsichts-Maßregeln zur

Verhütung ähnlicher Fälle vor.

Dr. Voget schlug vor, künstig Probe-Arbeiten für die Eleven auszu⸗ geben und durch Prämien von Büchein zu belohnen und sprach dann über die zu ergreifenden Repressalien gegen Nichtapotheker, welche Arzeneihandel treiben, ünd wie dem Unfuge mit Geheimmitteln entgegen zu wirken sei Hierauf verlas Dr. Bley den vom Direktorium entworfenen ausführlichen Plan, nach dem eine Denlschrift über den Zustand der Pharmacie in Deutsch— land theils schon gearbeitet ist, theils noch gearbeitet werden solle, und sor— derte die Anwesenden auf, hierzu ihre Bemerkungen zu machen. Von eben demselben wurden zwei neue Fermentole vorgezeigt, und seine Untersuchun— gen über das Lolimmn temulentum mitgetheilt: das Isoliren des schädlichen Stoffes ist noch nicht vollkommen beendigt, doch scheint es ein Alkaloid zu sein, welches an eine eigenthümliche Säure gebunden ist.

Dr. Aschoff theiste ein neues Verfahren, das Rüböl zu reinigen, mit, welches die gewöhnliche Methode bei weitem übertrifft und ein fast weißes Oel liefert. Hr. Herzog trug seine Untersuchungen über den neuerdings in Gebrauch gezogenen Sphaerococcus conservoides vor. Fer- ner wurden mehrere praltische Gegenstände von den Herren Bley, Aschoff, Riegel und Herzog und Anderen mitgetheilt und besprochen, so wie mehrere schöne Präparate vorgezeigt. Auch die für die Apotheker so ver— ängnißvolle Konzessionsfrage kam 7 Sprache und es wurden mehrere Anträge namentlich auch von Müller in Driburg gestellt, die weiter beachtet und im Archive besprochen werden sollen.

Nach 1 Uhr wunde zur Besichtigung der von dem Handelshause Essingh und Meer ausgestellten Droguen geschritten; diese Ausstellung war ausge. zeichnet zu neunen, sie gab alles und neues, die Droguen in verschiedensten dotkommenden Sorten und viele in Originglverpackung; nicht genug ist die Zuvorlommenhest der Herren Essingh und FPieyer zu rühmen, mit welcher

sie die Gegenstände erklärten und Proben davon mittheilten. Dann zeigte Herr Beßler aus Erfurt seine chemisch-pharmaceutischen Apparate vor, die viel Beifall fanden.

Nach gehaltenem gemeinschaftlichen Mittagsessen wurden der Dom und die Bauhüllen, so wie das städtische Museum, besucht, welche sowohl die geistlichen als städtichen Behörden mit großer Liberalität den Mitgliedemn geöffnet hatten. ien.

Am 10. September, früh 7 Uhr, fuhren die noch auwesenden Mitglie- der nach Bonn, wo sie von Dr. Marquart und Apotheker Wrede freund lichst empfangen wurden. Die schönen naturwissenschaftlichen Sammlungen der Universitaͤt und der botanische Garten zu zbopsdoꝛf, waren der Gesell— schaft geöffnet und nahmen dieselbe ganz in Anspruch. Der umsichtigen Führung des Dr. Marquart war es zu verdanlen, daß die kurze Zeit, weiche der' Gesellschaft zu Gebote stand, möglichst genußt werden lonnte. Sodann wurde der Kreuzberg bestiegen und eine Fahrt nach Königswinter, dem Drachenfels und dem Siebengebirge. unternommen, von welchem die Gesell— schast mit deim Dampfschiffe bend; 8 Uhr nach Köln zurücttehrte.

In der noch veranstalteten Abend ⸗Versammlung theilte Dr. Bley einen Antrag von Dr. Geiseler über eine zu gründende Wittwen⸗ und Waisen⸗ Kaffe für Apotheker mit, ferner empfahl er das Taschenbuch der Flora von Trier, welches der Apotheker Löhr von dort herausgegeben, und legte es zur Ansicht vor, und schloß endlich die Versammlung durch eine Ribe, woͤrin er namentlich auch den Dank für die Aufnahme in Köln aus. sprach. Lille Anwesenden schieden befriedigt, denn es hat sich auch diesmal ber Werth des Zusammenkommens Ii n astfln Fachgenossen herausge⸗ stellt, der besonders noch dadurch vermehrt wüd, daß man sich persönlich kennen lernt und näher tritt. Dr. M.

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di erf. Winister zu erwähnen, der den Winter hier zuzubringen gedenkt. Was das Gerücht vom Abschluß eines Handels-Vertrages zwi⸗ schen England und Brasilien betrifft, so glaubt man, es sei fast un⸗ möglich, daß eine Verständigung dieser beiden Regierungen darüber zu Stande komme, da England die einfache Erneuerung des früheren Vertrags will, Brasilien aber sich entschlossen zeigt, seinen Tarif zu erhöhen, von der übrigens sicherlich falschen Ansicht ausgehend, daß mit einer Erhöhung der Eingangs- Zölle auch die öffentlichen Ein⸗ künfte sich steigern werden. Die Finanz⸗Verhältnisse Brasiliens liegen nach den neuesten und glaubwürdigsten Nachrichten fortwährend im Argen: Papier genug, aber kein baares Geld und wenig Kredit, in diesen wenigen Worten läßt sich der Finanz⸗-Zustand Brasiliens zu⸗ sammenfassen. Dazu kommt noch die außerordentlich hohe Meinung der Brasilianer von sich und ihre Verachtung alles dessen, was vom Auslande ist, dem sie ihr ganzes Unglück zuschreiben.

Großbritanien und Irland.

London, 21. Sept. Die Nachricht von der Ankunft des Paketschiffes mit der brasilianischen Post in Falmouth hat sich nicht bestätigt, und man befindet sich noch in derselben Ungewißheit über den duͤrch das Gerücht angekündigten Vertrag zwischen England und Brasilien, wie gestern. Daß die Post über ihre gewöhnliche Abgangé zeit hinaus in Rio zurückgehalten sein muß, geht indeß aus den Nach⸗ richten hervor, welche ein aus Pernambuco am 12. August abgegan⸗ genes Schiff überbracht hat, und wonach das Paketschiff auf seiner Fahrt von Rio nach Europa dort zu jener Zeit noch nicht eingetrof⸗ fen war. Man kann sich diese Verzögerung nicht anders erklären, als daß ein Ereigniß von Bedeutung, etwa der Anschluß Montevideo's an Brasilien oder der Handels Vertrag Brasiliens mit England, von welchem Privatbriefe vom 21. Juli bereits sprachen, dieselbe veranlaßt habe, obwohl es auch nicht an. Stimmen fehlt, welche beide muthmaßliche Ereignisse in Zweifel ziehen. Der Globe hält die Nachricht von dem Anschlusse Montevideo's an Brasilien für glaubhafter, als die letztere Lon dem Handels⸗ Vertrage, und motivirt bies in seinem heutigen Börsen-Berichte fel⸗ genderinaßen: „In dem Friedeneschlusse, durch welchen der dreijährige Krieg zwischen Brasilien und Buenbs⸗ Ayres über die sogenanunte Banda Driental (den jetzigen Staat Uruguay mit der Hauptstadt Monte⸗ video) beendigt wurde, gelangte man der unter dem Schutze Frank= reichs und Englands zu Stande gebrachten Uebereinkunft, daß die Unab⸗ hängigkeit Uruguay's für zehn Jahre garantirt sein und daß nach Ablauf derselben Uruguay die Wahl haben solle, entweder sich als Provinz dem Reiche Brasilien, oder als Föderal-Staat der argenti⸗ nischen? Republik anzuschließen. Der Diktator der letzteren, Rosas, suchte die Wahl im Voraus zu Gunsten derselben zu lenken, indem er Männer, wie Oribe, welche dem argentinischen Interesse ergeben waren, an die Spitze der Republik zu bringen wußte., Der jetzt schon so lange dauernde Krieg zwischen der argentinischen Republik und Uruguay hat seinen Ursprung hauptsächlich in der auf diese Weise erzeugten Rivalität: im Innern des letztgenannten Staates, in wel⸗ chem Rivera, der Nebenbuhler Oribe's, an der Spitze der dem argen— tinischen Interesse feindlichen Partei stand. Die in dem Friedens⸗ Traktate festgesetzten zehn Jahre sind jetzt schon seit längerer Zeit abgelaufen, und der bisherige Chef der Garnison von Monte⸗ video, der General Paz, hat sich, wie es heißt, nach Rio Janeiro begeben, um, da die Stadt den Belagerungs- Truppen unter Oribe nicht länger widerstehen zu können scheint, Brasilien, dem er⸗ wähnten Traktate gemäß, die Souverainetät über Uruguay wieder zu übertragen und es dadurch unter den Schutz desselben zu stellen. Rosas wird nun zwar ohne Zweifel den General Paz, als Vertreter der jetzt in Montevideo herrschenden Partei, zu einem solchen Schritt für nicht berechtigt erklären, da er seinerseits nach wie vor nur den General Oribe als rechtmäßigen Präsidenten und Chef der Regierung von Uruguay anerkennt, indeß kommt es natürlich in der Hauptsache darauf an, was England und Frankreich, die Schirmer jenes Friedens-Traktats, beschließen, und da scheint es wenigstens, daß Frankreich, der mit dem brasilianischen Kaiserhause bestehenden Familien-Verbindung wegen, sich für Brasilien erklären wird. Was England betrifft, so läßt sich über die Politik Lord Aberdeen's in dieser Sache kaum eine einiger⸗ maßen sichere Vermuthung fassen, es wäre denn, daß man auf die vor kurzem erfolgte Abberufung des Commodore Purvis vom Kommando der hbritischen Flotten Station im Plata⸗Strome Gewicht legen wollte, denn daraus würde sich eine Hinneigung zu Rosas, welchem jener Offizier sehr verhaßt war, folgern lassen. Die letzten direkten Berichte aus Rio Janeiro, die bis zum 21. Juli reichen, geben über die Sache keinen weiteren Aufschluß. Sie mel⸗ den nur, daß der Gesandte von Buenos⸗Ayres von dem brasilianischen Hofe sortwährend mit der größten Höflichkeit behandelt werde, woraus eh. natürlich auf den wirklichen Stand der Sache kein Schluß ziehen äßt.

Unsere Blätter melden berichtigend, daß der Ritter Benkhausen schon am 9gten d. M., nicht in Wiesbaden, sondern in Marienbad ge— storben ist. Er war seit 1813 russischer Konsul in London gewesen und stand in seinem F8sten Lebensjahr. Er war unverheirathet und hat sein Vermögen letztwillig zum größten Theile in Legaten unter seine Freunde vertheilt.

8 panien.

s Madrid, 18. Sept. Der Eintritt des Herrn Martinez de la Rosa in das Ministerium wird natürlich von der hiesigen Tages⸗ presse auf verschiedene Weise besprochen. Der Heraldo selbst be— stätigt, daß derselbe nur den wiederholten Vorstellungen „einer erha— benen Person. (der Königin Christine) nachgegeben habe, und ein e sitions Ylatt warnt heute den neuen Minister, sich nicht zum Werkzeuge einer unsichtbaren Gewalt zu machen, welche gewisse, dem Lande verderbliche Verbindlichkeiten, dem Oberhaupte der Kirche gegen— äber. eingegangen wäre. Diese unsichtbare Gewalt, so deutet das Blatt an, dürfte von dem sich ermannenden Volke im Zorn zertrüm⸗— mert und Herr Martinez de la Rosa in diese Katastrophe verwickelt werden. Das ministerielle Blatt el Tiempo läßt dagegen folgenden TQralelspruch erschallen: „Der Eintritt des Herrn Martfncz de la Rosa ist ein großes Unglück für ihn und ein großes Glück für das Mini⸗ sterium.“ Der Clamor publico, ein Blatt der Progressisten, sagt: „Endlich hat der Vater des Estatuto, der Apostel der drei Worte (Friede, Ordnung, Gerechtigkeit, der Vorfechter des in Musikgesetzten Absolutismus geruht, uns durch Annahme des Staats- Ministerin ms zu beglücken. . .. Bis jetzt, hatte er sich durch die Ueberspannung feiner Kbertricben reaetiongiren Ansichten und durch den Eigensinn ausgezeichnet, mit den er stets sich allen Resormen und Forischritten der Civilisation des Jahrhunderts entgegensetzte. Aber jetzt übernimmt er vermittelst der Annahme des Ministeriunis die Verantworklichkeit für alle Freveltha⸗

ten, die sei inne di ut . it m Beginne dieser unglücklichen Epoche begangen wor⸗

Herr Martinez de la Rosa war mit der Nothwendigkeit einer sogenannten militairischen ben, fn m lommen, . aber nunmehr der Ansicht der Herren Mon und Pidal, daß gerade das Vorwalten des militairischen Elements aus dem Ministerium entfernt werden müsse, um so aufrichtiger beigetre⸗ ten zu sein, als man ihm zugleich die Ueberzeugung . wußte,

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daß ein so vollendeter Staatsmann, wie ers alle Mittel in sich fände, um die Zügel der Regierung auch ohne die Mitwirkung eines den höchsten Rang einnehmenden Generale, mit fester Hand zu führen. Herr Martine de la Rosa lehnte deshalb den Vorsitz im Kabinet, welchen der General Narvaez ihm abzutreten bereit war, für jetzt ab. Man will aber voraussehen, daß in den bevorstehenden Cortes gewisse Diskusstonen eröffnet werden dürften, die den völligen Austritt des Generals aus dem Ministerium zur Folge haben sollen. Alsdann würde Herr Martinez de la Rosa an die Spitze treten und einen seiner alten Freunde zum Kriegs Minister ernennen. Bis dahin wird ber General Narvaez eine ganz isolirte Stellung im Kabinet behaupten und bei allen streitigen Fragen von seinen Amtsgenossen überstimmt werden. Personen, die über diese Verhältnisse genau unterrichtet sein können, böhaupten, die Folgen des Eintritts des Herrn Martinez de la Rosa würden schon jetzt durch das unbedingte Anschließen an die französische Allianz sich sichtbar machen. Alle politischen Grundsätze des Herrn Martinez de la Rosa, so wie er sie in seinen Reden und in seinen Schriften verthe digt, und zweimal als Minister-Präsi= dent, obwohl mit dem unglücklichsten Erfolge, zur Anwendung gebracht hat, beruhen bekanntlich auf der Absicht, das fran⸗ zösische Verwaltungs -System und die sogenannte parlamen⸗ tarische Regierung auf die pyrenäische Halbinsel zu übertra— gen, und auf dem Wunsche, daß das constitutionelle Spanien von Seiten Frankreichs als ein ergebener und kräftiger Bundesgenosse für den Fall eines Prinzipien⸗-Krieges betrachtet werden möchte. Die Aufrichtigkeit dieser Gesinnungen hat in Frankreich glänzende Aner kennung gefunden und wird sich, wie man hier anninimt, aufs neue bewähren. Wenn man aber zugleich voraussetzt, die Königin Christine werde einen mächtigen Einfluß auf die Entschließungen des Herrn Martinez de la Rosa ausüben, so möchte dies ein Irrthum und viel mehr anzunehmen sein, daß der neue Minister, dem Niemand die strengste Rechtlichkeit, wohlwollende Gesinnungen und eine lange Er— fahrung absprechen kann, bemüht sein werde, dem Thätigkeitstriebe der verwittweten Königin durch andere als politische Gegenstände Be— schäftigung zu geben. Für jetzt geht das Streben des neu zusammen— gesetzten Ministeriums vorzüglich darauf aus, sich die Progressisten so viel wie möglich zu versöhnen, weil diese am meisten zu fürchten sind, und dagegen mit ganz außerordentlicher Kraft-Entwickelung über die sich ruhig und friedlich verhaltenden früheren Vertheidiger des Don Carlos herzufallen. Zu diesem Behufe sind in diesen Tagen hier fast alle Personen, die von der Militair-Behörde zur Haft gezo— gen waren, in Freiheit gesetzt worden, und die ministeriellen Blätter richten plötzlich einen sehr versöhnenden Ton an die Progressisten, während die Regierung eine Armee nach Navarra schickt, obgleich der endliche Ausgang der Wahlen auch dort im Sinne des Ministeriums aussiel und kein einziger Karlist gewählt wurde. Gegen letztere führt die ministerielle Presse eine so leidenschaftliche Sprache, daß auch auf der anderen Seite große Erbitterung hervorgerufen wird. Denn wenn der Globo Tag für Tag die Karlisten außer dem Gesetz er— klärt wissen will, „weil sie mit eben so großer Hartnäckigkeit als schlechtem Erfolge den Thron mit bewaffneter Hand bekämpften und die guten Rechte der Königin verkannten“, so müssen auch die zahl— reichen Offiziere, welche früherhin für Don Carlos fochten und nun⸗— mehr Regimenter oder Bataillone der Königin befehligen, sich verletzt fühlen. Der Castellano besteht sogar darauf, die einberufenen Cortes möchten die Frage der Vermählung der jungen Königin sofort entscheiden, damit dem Sohne des Don Carlos und dessen Anhängern jede Hoffnung entschwinde.

Der Kriegs⸗-Minister Narvaez hat, auf die Vorstellung des Finanz⸗Ministers, den Bestand der Kavallerie von 12,312 Mann und 10,584 Pferden auf 10,116 Mann und 7596 Pferde ermäßigt, wo— durch eine Ersparniß von 6,063,436 Realen entsteht.

Der Herzog von Glücksberg ist gestern Abend mit dem von ihm unterzeichneten Friedens-Traktate von Cadix hier eingetroffen, jedoch von den Miühseligkeiten der Neise so angegriffen, daß er erst morgen nach Paris abgehen wird. Schon am 10ten ging die Fre— gatte „Belle Poule“ mit drei Dampfschiffen nach Mogador ab, um die französische Besatzung der dem Platze gegenüberliegenden Insel an Bord zu nehmen. Die übrigen französischen Kriegsschiffe sind in den Hafen von Cadix eingelaufen.

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Beirut, 3. Sept. (A. Z.) Gestern fand zur Entscheidung der Angelegenheiten des Libanon, unter dem Vorsitze des Groß-Ad⸗ mirals Halil Pascha und des Muschir Essad Pascha, eine Versamm— lung statt, an der auch der christliche Kaimakam Tobia, die Vertreter der von den Drusen und Maroniten bewohnten Distrikte, der Drusen— Kaimakam und die drusischen Häuptlinge (Mukadschi) theilnahmen. Gegenstände der Besprechung waren, die Entschädigung der Christen und die Ausübung der Rechtspflege in den von Drusen und Maro— niten bewohnten Distrikten. Es wurde den Maroniten und Drusen eröffnet, daß die Letzteren den Christen 3000 Beutel in ver⸗ schiedenen Zahlungs-Terminen zu entrichten haben und der Rest, im Betrage von 10,50) Beuteln, ihnen aus der Steuer- Kasse des Paschaliks Saida ausgezahlt werden solle. In Betreff der Jurisdic⸗ tion bleibt es bei der Bestimmung vom Jahre 1842, nach welcher ein christlicher und ein drusischer Kaimakam ernannt wurden, jener für den Norden und dieser für den Süden des Libanon. Die im Süden wohnenden Christen haben jedoch ihre eigenen von ihnen gewählten, vom Kaimakam bestätigten Vertreter. Die Drusen haben bexeits ihre Zufriedenheit mit diesem Bescheide ausgesprochen; die Erklärung der Maroniten ist noch nicht erfolgt, doch haben sie versprochen, dieselbe noch heut abzugeben.

Die Gewerbe-Ausstellung der deutschen Bundes⸗ und Zollvereins⸗Staaten. (Vergl. Allg. Preuß. Ztg. Nr. 227, 238, 240, 242, 243, 2185, 219, 252, 253, 254, 255, 256, 258, 259, 260, 261, 2602, 2603, 264, 265, 266,

267, 270 und 271.) XXIII. Buchdruck-Pressen und Buchdruck-Maschinen.

Die große Unvollkommenheit der gewöhnlichen hölzernen Buch— druck-Presse, die seit Gutenberg's Ersindung ohne irgend wesentliche Veränderung geblieben war, hat in den letzten vierzig Jahren die Aufmerksamkeit vieler Techniker auch diesem Zweig der Mechanik zu— gewendet, und es sind besonders in der neuesten Zeit eine Menge neuer Handpressen ausgeführt worden, die mit mehr oder weniger Glück die vielfachen Mängel der gewöhnlichen Presse beseitigen, einen besseren, schärferen und rascheren Abdruck gestatten und dem Arbeiter seine sonst sehr anstrengende Verrichtung wesentlich erleichtern. Es konnte nicht fehlen, daß solche Vorzüge die neuen eisernen Pressen bald allgemein machten, und es ist erfreulich, sagen zu können, daß die Zahl der schwerfälligen hölzernen Pressen täglich geringer wird, um so mehr, als Konkurrenz und die vollkommenen Hülfsmittel der Mechanik die Preise der eisernen Pressen fast eben so niedrig gestellt haben, als die der früheren Holzpressen. Schon im Jahre 1772 dachte Haas in Basel auf Verbesserungen; doch fanden seine Pressen, die den Münzpressen ähnlich gebaut waren, keine allgemeine Verbrei— tung. Ihm folgte der Lord Stanhope im Jahre 1800 mit einer

69 sinnreichen Presse, die noch heute zu den besten und beliebte⸗ en gehört.

Das von dem Geheimen Ober⸗Hofbuchdrucker Decker in Berlin unter Nr. 131. ausgestellte Exemplar gehört dieser Gattung an und ist mit großer Akkuratesse und Sauberkeit gearbeitet. Die Stanhope⸗ Pressen eignen sich für jede Art Druck-Arbeiten und der Kraftaufwand ist gering. Die durch die Construction bedingten hohen Preise der⸗ selben verhinderten eine allgemeine Verbreitung.

Die von dem Schlosser⸗-Meister A. W. Sutter in Berlin un- ter Nr. 2362. ausgestellte Hagar⸗-Presse empfiehlt sich durch saubere und genaue Arbeit der einzelnen Theile, wie überhaupt aus der Werk⸗ statt des Herrn Sutter schon seit Jahren sehr brauchbare Arbeiten sür den Bedarf der Buchdrucker hervorgehen und allgemeinen Beisall finden. Die Hagar⸗Presse, erst vor 10 Jahren in New⸗Nork erfunden, hat einen sehr einfachen Mechanismus und dennoch eine außerordentliche Kraft. Bei der Stanhope-Presse wird der Abdruck durch eine Schraube, in Verbindung verschiedener die Kraft vermehrenden Hebel, bewirkt, bei der Hagar⸗-Presse dagegen ohne Schraube, nur durch schräg ge⸗ genüberstehende Hebel, die beim Abdruck in eine gerade Stellung ge⸗ bracht werden. Dadurch ist der Mechanismus auf das Höchste ver⸗ einfacht, die Herstellung nur wenig kostspielig, und jeder Arbeiter kann leicht damit umgehen. Diese Presse ist durch ihre Brauchbarkeit und die geringen Anschaffungskosten jetzt allgemein verbreitet und wird in vielen bedeutenderen Städten Deutschlands in verschiedenen Größen ge⸗ baut, und je nach der Qualität der Arbeit mehr oder weniger billig geliefert.

Von gleicher Construction, wenn auch anscheinend schwacher im Guß, ist die Presse Nr. 130 von A. F. Reukrantz in Berlin.

Die Doppeldruck-Presse, unter gleicher Nummer mit selbstfärben⸗ dem Apparat, ist eine neue patentirte Erfindung des Ausstellers. Zur Beurtheilung und Würdigung derselben wäre es wünschenswerth, solche im Ausstellungs⸗-Lokal in Thätigkeit zu setzen.

Von dem Mechaniker Karl Feickent in Koblenz ist ein fleißig gearbeitetes kleines Modell einer sogenannten Washington-Presse unter Nr. 2531 ausgestellt. =

Die eylindrischen Schnellpressen oder Druckmaschinen wurden in den Jahren 1811 1813 in London durch Fried. König aus Eis⸗ leben erfunden und im Jahre 1814 zuerst zum Druck der Times verwendet. Seit dieser Zeit sind so wesentliche Verbesserungen an⸗ gebracht worden und der Mechanismus ist so vereinfacht, daß die ersten Maschinen und die unter Nr. 2219 aus der Werkstätte des Erfinders, Firma: König u. Bauer in Würzburg, hervorgegangene kaum mehr als das allgemeine Prinzip miteinander gemein haben.

Hauptzweck der Maschinen ist, Ersparniß an Handarbeitern und große Schnelligkeit des Druckes. Während eine Handpresse etwa 200 Abdrücke pro Stunde liefert, kann man mit einer Druckmaschine, je nach ihrer Construction, 1000 4000 Abdrücke in derselben Zeit herstellen. Nur durch cylindrischen Druck und durch cylindrische Selbst⸗ färbung ist eine solche Schnelligkeit zu erzielen und es wird jetzt mit⸗ telst Maschinen in den meisten Fällen ein eben so guter Bücherdruck als auf der gewöhnlichen Handpresse geliefert.

Die von König und Bauer eingesandte Druck-Maschine ist nach den neuesten Verbesserungen gebaut, statt der Bänder, die den Bogen auf dem Druck-Cylinder festhielten und mancherlei Unbequem⸗ lichkeiten hatten, sind mechanische Greifer angebracht, die den Bogen fassen und so lange festhalten, bis der Abdruck geschehen ist. Dabei erlaubt die große Breite dieser Maschine, Bogen von beiden Seiten derselben zugleich anzulegen, so daß von zwei neben einander liegen⸗ den Formen stündlich 2000 Abdrücke zu deren Herstellung 2 Kna⸗ ben zum Anlegen, 2 Knaben zum Abnehmen der Bogen und 2 Rad⸗ dreher erforderlich sind geliefert werden können. Die Construction der ganzen Maschine und die Ausführung der einzelnen Theile ist lobenswerth und dem Rufe dieser Fabrik ganz entsprechend.

Die neueste und sehr sinnreiche Erfindung ist eine Schnellpresse mit Tiegel⸗ oder Flächendruck, die sogenannte sfandinavische. Sie ist im Jahre 1839 in London von C. A. Holm, einem Schweden, erfun⸗ den und hat sich in England bald Anerkennung verschafft. Die Selbst⸗ färbung der Form geschieht horizontal, der zu bedruckende Bogen wird auf einen flachliegenden Rahmen gelegt, der Deckel zugemacht, und sobald das Papier in die richtige Lage über die Form gekommen ist, geht die Preßplatte (der Tiegeh) wie bei einer gewöhnlichen Handpresse zum Abdruck perpendikulair nieder und ruht einen Augen⸗ blick auf den Typen, um die Farbe vollständig von der Form abzu⸗ nehmen. Wenn nun der fertige Bogen zurückgeht, um gegen einen unbedruckten ausgetauscht zu werden, kommen die Farbe⸗Walzen und färben die Form aufs neue.

Daß Flächendruck dem cylindrischen in jeder Hinsicht vorzuziehen ist, bedarf keines Beweises, und die Qualität des Drucks der Skandinavia⸗ Presse kann sich mit den vorzüglichsten Leistungen der Handpressen sehr wohl messen. Sie ist vorzüglich denjenigen Druckereien zu empfehlen, die starken Bedarf von Formularen für Behörden, Fabrikanten und Kaufleute zu liefern haben und sich hauptsächlich viel mit Gegenständen für die Industrie und mit dem Druck illustrirter Bücher beschäftigen. Alle diese Gegenstände lassen sich auf der gewöhnlichen eylindrischen Schnell⸗ presse entweder gar nicht oder nur sehr unvollkommen drucken. Drei Arbeiter sind zum Anlegen, Abnehmen und zum Drehen des Schwung⸗ rades erforderlich; die Zahl der stündlich zu liefernden Abdrücke ist zwischen 1— 500.

Nach einer Original-Skandinavia⸗Presse, welche von dem König⸗ lichen Ministerium im vorigen Jahre aus England bezogen und in der hiesigen Haenelschen Buchdruckerei aufgestelll wurde, ist die Presse des Mechanikus C. Hummel hier (Nr. 182) gebaut. Solidität und saubere Ausführung auch der untergeordnetsten Theile empfiehlt die Produkte dieser bewährten Anstalt, und die Verbesserungen des Farbe⸗ Apparats sind so wesentlich, daß die Hummelsche Construction der englischen bei weitem vorzuziehen ist.

Eine gleiche Maschine ist auch von dem Mechanikus G. Sigl in Berlin ünter Nr. 1978 ausgestellt, deren Ausführung nicht minder lobenswerth ist.

Unter den kleinen Geräthschaften für Buchdrucker sind die Ein⸗ lieferungen von Julius Hennig in Berlin, Nr. 1978 (Setzschiffe, Ahlen und Winkelhaken) lobend zu erwähnen.

XXIV. Apparate und Werkzeuge für Schrift- und Stereotvpgießer, Stein- und Stahlstich.

Unter diesen Gegenständen empfiehlt sich besonders der Bestoß⸗ Tisch für Lettern von Hoffmann in Leipzig (Nr. 1576) und dessen Hobel Maschine für Stereotyp- Platten. Beide gleich praktisch und gut gearbeitet.

Das Schriftgieß-Instrument von Schoch in Augsburg (2575), um zwei Buchstaben zu gleicher Zeit zu gießen, dürfte im Gebrauch große Unbequemlichkeiten herbeiführen.

Die sehr kleinen Modelle aller in einer Schriftgießerei üblichen Werkzeuge von Wilhelm Klein in Berlin unter Nr. 2852 sind mit Sorgfalt und Sachkenntniß gefertigt.

Von der Herzogl. braunschweigschen Ober⸗Hütten⸗Inspection zu Rübeland bei Blankenburg (1673) sind gegossene eiserne Ee eh, Platten eingesandt. Wenngleich denselben die Schärfe und Afkura⸗ tesse der aus Typen⸗-Metall gegossenen abgeht, so ist ihr Nutzen für einzelne Zwecke doch nicht zu verkennen. 1.

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