besonderes Comité beaustragt, zu untersuchen, welches die Ursachen des we⸗ nig befriedigenden Zustandes seien, in welchem diese Bevölkerung noch heu⸗ tigen Tages sich befindet, und die Mittel in Berathung zu ziehen, durch welche hier am geeignetsten Abhülfe gebracht werden kann. Aus den von diesem Comité angestellten Nachforschungen geht hervor, daß die Vor- fahren der in den westlichen Provinzen des Kaiserreichs wohnenden Juden unter der chemaligen polnischen Regierung heimlich und, je nachdem sie von den Staaten West⸗Europa's zurückgewiesen wurden, sich dort nie- dergelassen haben. Da die polnische Regierung ihnen weder bürgerliche Rechte, noch auch die Befugniß zugestand, unbeweglichen Besitz zu erwer= ben, blieben sie gezwungenerweise in Abhängigkeit von den dortigen Grund besitzern und sahen sich auf die Geschäfte des Kleinhandels und der Schenl⸗ wirthschaft beschränkt. Die Wiedervereinigung dieser Provinzen mit Ruß⸗ land war für die Juden eine neue Epoche. Die Kaiserl. Regierung gestat= tete ihnen, gleich den anderen Unterthanen, die Theilnahme an dem Genusse der bürgerliche Rechte und gestand ihnen nicht nut die Befugniß zu, sich in die Coörporationen der städtischen Kaufmannschaften aufnehmen zu lassen, fondern auch das Recht, an den Wahlen Theil zu neh⸗ men und selbst zu Mitgliedern des Gemeinde ⸗— Raths und ver— schiedener Orts -Behörden erwählt zu werden. Außerdem wurde es ihnen erlaubt, unbewegliches Eigenthum zu erwerben und als Ackerbauer sich niederzulassen, entweder auf eigenen Glundstücken oder auf Ländereien der Krone, in welchem letzteren Falle die Regierung ihnen Un terstüͤtzung und Befreiung von Abgaben gewährt. Noch mehr, um ihnen alle möglichen Wege zur Civilisation zu eröffnen, wurde ihnen der Besuch der öffentlichen Biidungs-Anstalten, die Alademieen und Universitäten mit eingeschlossen, gestattet, und endlich wurde die den Juden eingeräumte Be⸗ fugniß, sich in den oben erwähnten Gouvernements niederlassen zu können, auf alle Gouvernements Neu- und Klein ⸗-Rußlands ausgedehnt. Indem die Juden dergestalt das Recht genießen, sich in 17 Gouvernements, auf einem Flächenraͤume von 17, 000 Quadratmeilen und unter einer Bevölkerung von 26 Millionen Einwohnern niederzulassen, in Gegenden, wo durch die Häfen des Schwarzen Meeres und zum Theil auch durch die der Ostsee ein lebhafter Handelsverkehr mit dem In und Auslande vermittelt wird, haben sie alle nur möglichen Mittel in Händen, ihre Thätigkeit einem nützlichen Zwecke zuzu= wenden und ihren Wohlstand auf sicherer Basis zu gründen. Leider haben sie von den ihnen dargebotenen Vortheilen keinen Gebrauch machen wollen. Indem sie dabei beharren, jede Verschmelzung mit der Gesellschaft, in de⸗ ren Schoße sie leben, zu vermeiden, nähren sie sich zum greßen Theil nach wie vor von der Arbeit ihres Nächsten und rechtfertigten so die unaufhör= lichen Klagen der mit ihnen wohnenden übrigen Bevölkerung. Um den wohlwollenden Absichten Sr. Majestät des Kalsers in Betreff des sozialen Zustandes der Juden zu entsprechen, erachtete die Regierung es für noth— wendig (im Jahre 1844) — wozu auch selbst wohlgesinnte Glieder dieser Nation riethen — sämmtliche Juden überhaupt der Abhängigkeit von den einzelnen Kaghals zu entziehen und unter die Gemeinde⸗Behöiden zu stellen. Mehr noch, damit nichts unterlassen werde, was den Fortschritt der Juden in der Civilisation fördern könnte, hat die Regierung die früher ihnen eingeräumte Erlaubniß, am Unterricht in den öffentlichen Schul⸗ Anstalten theilnehmen zu dürfen, noch weiter ausdehnen zu müssen ge— glaubt und mit Rückicht darauf, daß Viele unter ihnen Simul— kan -Anstalten nur mit Widerstreben besuchen, Schulen eingerich— tet, die ausschließlich für die jüdische Jugend bestimmt sind, womit auch ferner fortgefahren werden soll. Gleichzeitig werden ihnen noch mehr Erleichterungen als vordem gewährt, sie für nüßliche Beschästigungen und besonders fuͤr den Landbau zu gewinnen, wosür ünterstüßungen und erheb- liche Vorrechte zugesichert sind. Endlich, um ein letztes Üünterscheidungszei⸗ chen, durch welches viele Juden sich gedrückt fühlen, gänzlich verschwinden zu lassen, ist bestimmt worden, daß, vom 1. Januar 1850 an, es den Juden über⸗ haupt verboten sein soll, in der ihnen eigenen Nationaltracht zu gehen.
Von jetzt ab steht es ihnen frei, entwever ihre Tracht beizubehalten oder dieselbe mit einer anderen beliebigen zu vertauschen. Nachdem dergestalt
die Regierung alle Mittel in Anwendung gebracht hat, welche die moralische
und materielle Wohlfahrt der Juden zu sichein geeignet erscheinen, ist sie zu
erwarten berechtigt, daß jene endlich jeden Eiwerbszweig, der das Interesse
der übrigen Bevölkerung gefährdet, aufgeben und eine ihnen selbst, so wie ihren Mitbürgern mehr zum Heile gereichende Lebensweise erwählen wer— den. Es ist durchaus gerecht, wenn die Widerspenstigen und Ungehorsamen Zwangs-⸗Maßregeln unterworfen werden, gleich Miüßiggängern, die der Ge⸗ fellschaft, von der sie ein Theil sind, zur, Last fallen. Um daher zwischen solchen Israeliten, die sich bereits nützlich zu machen gesucht haben, und folchen, die noch keine Gewerbe oder eine sonstige legale Beschäftigung trei⸗ ben, einen gerechten Unterschied machen zu können, fordert die Regierung die Letzteren auf, sich für eine der folgenden Kategorieen zu erklären: 1) für eine dir 3 Gilden des Kaufmannsstandes; 2) für die Vürgerschaft irgend einer Stadt oder eines Fleckens, mit einigem Häuserbesitz; 3) für irgend eine Künstler-Genossenschaft, wobei sie jedoch die nöthigen Ausweise über ihre Kenntnisse des Fachs beizubringen haben, und endlich 4) für den Stand der Ackerbauer. Diejenigen, welche diesen letzteren Stand vorziehen, können sich nach ihrem Belieben entweder auf ihren eige⸗ nen, von ihnen persönlich oder als Gemeindebesitz erworbenen Grundstücken, so wie auch auf Dominial-Ländereien und endlich auf Ländereien der Krone, niederlassen. In den beiden zuletzt genannten Fällen erhalten die jüdischen Ackerbauer eine Geld-Unterstüßung zur Bestreitung der Kosten für die erste Anlage und genießen außerdem noch folgende Begünstigungen: a) während
eines zehnjährigen Zeitraums sind ihnen alle Abgaben und pecunigiren Lei⸗ stungen eriassen; b während eines Zeitraums von 25 Jahren sind sie von der Rekrutenstellung befreit, und e) alle Abgaben oder Geld⸗Prästations⸗ Rückstände, die sie etwa in ihren früheren Verhältnissen schuldig geblieben
sind, sollen ihnen erlassen werden. Als Termin, bis zu welchem die Juden sich eine Lebensweise auf den angegebenen Grundlagen zu wählen haben, ist der 1. Januar 1850 anberaumt worden. Nach Ablauf dieses Termins sollen alle diejenigen, die sich dem nicht gefügt haben und nicht dadurch, daß sie entweder sich einen akademischen Grad erworben oder zur Ehrenbürgerschaft gehören, besondere Vorrechte genießen, unter eine Spezial-⸗Kategorie zusammengefaßt und allen den Zwangsmaßregeln unterworfen werden, welche die Regierung gegen sie anzuwenden für nothwendig erachten wird. So zum voraus ver— warnt, haben die Juden nun zu wählen, ob sie die ihnen zu einer ehrlichen und gesicherten Eristenz gebotenen Mittel ergreifen oder sich den unange— nehmen Folgen aussetzen wollen, die ihr Beharren auf dem Pfade des Un— rechts nothwendig mit sich führen müßte.“
Dem Ober-Ceremonienmeister des sicilianischen Hofes und Ober⸗ Direktor der Armen-Anstalten, Marquis del Vasto Peschiera, dem Sber-Kammerherrn des Großherzogs von Toscana, Ginori, dem sicilianischen Divisions-General, Grafen Stattella, und dem öster⸗ reichsschen General- Lieutenant und Kommandanten der Stadt Mai⸗ land, Baron Bretschneider, ist der St. Annen⸗-Orden erster Klasse
verliehen worden.
Am 2sSsten d. M. ist der Prinz Peter von Oldenburg aus dem Auslande hierher zurückgekehrt.
An der Universität Dorpat sind Dr. Osterlen, bisher Professor an der Universität Tübingen, als ordentlicher Professor der Diätetik, Arzneimittel-Lehre, Geschschte der Medizin und medizinischen Literatur, und der vormalige Oberlehrer am dorpater Gymnasium, Schiräjew, als stellvertretender außerordentlicher Professor des russischen Rechts angestellt worden. Dem zu wissenschaftlichen Untersuchungen nach Trangkaukasien beurlaubten, nunmehr zwei Jahr abwesenden Professor der Mineralogie, Dr. Abich, ist die Zeit seines Aufenthalts daselbst zu dem angegebenen Zweck auf noch zwei Jahre verlängert worden.
Warschau, 3. Juni. Gestern Nachmittags gegen 4 Uhr trafen Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin mit Ihrer Kai— serlichen Hoheit der Großfürstin Olga und in Gesellschaft Sr. Königl. Hoheit des Prinzen von Preußen, welcher mit seiner erhabenen Schwester in Prag zusammengetroffen war und dieselbe dann auf ihrer weiteren Rückreise begleitet hatte, von Michalowice hier ein und wurden am Palast Lazienkl vom Fürsten Statthalter, so wie von den hohen Beamten und Militairs, sämmtlich in Gala, feierlich empfan⸗ gen. An der Schloßkirche, wo die hohen Herrschaften abstiegen, harr⸗ fen ibrer der Erzbischof Nikanor von Warschau und die übrige Geist⸗
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ein kurzes Gebet folgte, nach dessen Beendigung die erlauchten Per- sonen sich in die Zimmer des Palastes begaben. Die Kaiserin er= schien dann auf dem Balton und begrüßte huldreichst die um den Palast versammelte Einwohnerschaft von Warschau. Abends war die Hauptstadt glänzend erleuchtet.
Der General der Artillerie, Chef des Generalstabes der aktiven Armee, General⸗Adjutant Fürst Gortschakoff, ist zum General⸗Mili⸗ tair⸗Gouverneur von Warschau ernannt und für den Fall der Abwesen⸗ heit des Fürsten Statthalters auch mit Leitung der Civil-Verwal⸗ tung des Königreichs beauftragt, indem er zugleich Sitz und Stimme im dirigirenden Senat, in den Warschauer Departements desselben und im Administrationsrath, so wie bei vorkommender Vertretung des Fürsten Statthalters den Vorsitz in diesen letzteren Kollegien, erhält. Der bisherige interimistische Militair⸗ Gouverneur von Warschau, General- Lieutenant Okunjeff, übernimmt dagegen wieder das Kuratorium des Lehrbezirks der Hauptstadt.
Frankreich.
Paris, 3. Juni. Der König kam vorgestern von Neuilly nach Paris, um den Vorsitz in einem Minister-Rathe zu führen. Als Se. Majestät die Tuilerieen verließ, ereignete sich wieder ein Unfall mit dem Königlichen Wagen, in welchem sich auch die Königin befand; der Kutscher fuhr mit solcher Heftigkeit gegen einen der Prallsteine, daß die Achse zerbrach; es wurde indeß glücklicher Weise auch diesmal keine der hohen Personen, noch sonst Je mand beschädigt. — Der Her⸗— zog und die Herzogin von Nemours werden mit ihren Kindern um die Mitte Juni in den Pyrcnäen-Bädern erwartet und wollen, dem Vernehmen nach, einen Monat in Luz und einen Monat in Pau zu⸗ bringen. — Ibrahim Pascha hat vorgestern seinen Abschieds⸗Besuch bei Herrn Guizot gemacht und am Abend das Königliche Observa⸗ torium, geleitet von Herrn Arago, in Augenschein genommen; er wird nun seine Reise nach London antreten und hat vorher noch 12,000 Fr. zur Vertheilung unter die hiesigen Armen an den Prä— fekten des Seine-Departements übersandt. Der König hat Herrn Larivicre beauftragt, ein Portrait Ibrahim Pascha's anzufertigen.
Nach der Patrie wird zum 13. Juni die Beendigung der Ar⸗ beiten der Deputirten-Kammer und zwischen dem 25. und 30. Juni der Schluß der Geschäfte der Pairs-Kammer erwartet. Die Ver⸗ ordnung über den Schluß der Session soll dann am 2. oder 4. Juli erlassen werden und ihr am Tage darauf die wegen der Auflösung der Kammer folgen. Die allgemeinen Wahlen würden am 8. oder 14. August anfangen.
In den vom General-Lieutenant Lamoricière eingesandten amt— lichen Bericht, über die Ermordung der französischen Gefangenen in der Deira Abd el Kader's, wird von einem glücklich entkommenen Musiker des Sten Bataillons der Orleansschen Jäger, der seit dem 23. September 18145 Gefangener war und am 17. Mai in Lalla— Magrnia ankam, das Nähere des barbarischen Vorgangs folgender maßen geschildert:
Die Deira befand fich ungefähr drei Lieues von der Maluia gelagert; die Gefangenen wurden inmitten des Lagers des 509 Mann starken regu= lairen Fußvolks verwahrt. Um dieses Lager zog sich hohes Gestrüpp, in welchem nur zwei Durchgänge angelegt waren, so daß die Bewachung leicht war. Am 27. April traf ein Schreiben vom Emir ein; Mustapha Ben Tami ließ darauf unter dem Vorgeben, daß sie einem Feste beiwohnen soll— ten, 11 Offiziere nach der Deira abholen. Abends wurden die Gefangenen nicht in die ihnen angewiesen gewesenen Hütten gelassen, sondern in die der arabischen Soldaten vertheilt. Der Berichterstatter hatte sogleich Argwohn gefaßt und die mit ihm in dicselbe Hütte getriebenen sechs Kameraden ge—
lichkeit. Der Erstere hielt eine Anrede an Ihre Majestäten, worauf
warnt. Er selbst hatte ein Messer, ein Anderer eine in der Hütte gefun⸗ dene Sichel als Waffe. Um Mitternacht erscholl ein Alarmruf der Araber; sofort sprang Rolland, so heißt der Musiker, mit gezogenem Messer ins Freie, stieß einen vor der Hütte ihm begegnenden Araber nieder und flüchtete in das Gebüsch, wo er hinstürzte, sich je doch glücklich einigen Verfolgern entzog, auch bis auf einen leich- ten Streifschuß den Kugeln eines vor dem Lager aufgestellten Postens ent- ging. Auf eine Höhe gelangt, machte er Halt, angeblich um zu warten, ob 'einzelne seiner Kameraden ihm solgen würden, und hörte eine halbe Stunde lang Schießen und Geschrei aus dem Lager herüber schallen. Die von den Fraͤnzosen zeither bewohnten Hütten, in denen Einzelne sich ver— borgen haben mochten, wurden angezündet. Da Relland Niemand anlan⸗ gen sah, setzte er über die Maluig und kam, des Nachts marschirend, am Tage sich verborgen haltend, am dritten Tage, fast ohne Kleider in ein ma— rolfanisches Dorf. Hier fand er Schutz bei einem Einwohner, jedoch nicht uneigennützigen, indem er ihn nach sieben Tagen an einen Anderen ver⸗ kausse, der ihn endlich nach einem von Lalla Maginig eine Tagereise ent= fernten Orte und von da zu den sranzösischen Gränzposten brachte, da Rol—
land ihnen gesagt hatte, sie würden dort eine Geldbelehnung erhalten.
Nach seiner Ängaͤbe belief sich die Zahl der gefangenen Franzosen noch auf 20, von denen einige, weil sie Handwerker waren, deshalb, wie er glaubt, wahrscheinlich verschont worden sein möchten.
Der Constitutionnel ist gestern in seinem neuen, noch grö⸗ ßeren Format erschienen; er eröffnete seine Spalten mit einem breit⸗ gedruckten Verzeichnisse der Deputirten, welche kürzlich für und gegen das Amendement Odilon Barrot's gestimmt haben, wobei er die darunter befindlichen Beamten durch ein Zeichen besonders hervorhebt. Hiernach waren unter den 220, welche gegen das Amendement stimmten, 119, und unter den 147, welche für dasselbe stimmten, 33 Beamte. Unter den 91 Abwesenden rechnet das Oppositionsblatt 32 Beamte heraus.
Nach dem Courrierfrangais wäre es trotz des häufigen Noten⸗ wechsels zwischen den Kabinetten von Frankreich und England noch immer zu keinem Einverständniß über die griechischen Verhältnisse gekommen, nnd Lord Aberdeen hätte in einer Konferenz mit dem Grafen St. Aulaire auf Abberufung Piscatory's bestanden, der durch seine Stellung England in Griehenland ganz in den Hintergrund treten lasse. Der sowohl Lord Aberdeen's als Guizot's Vertrauen besitzende Graf Jarnac foll in Folge jener Konferenz in Paris eingetroffen sein.
Die Presse bestätigt die Nachricht, daß den Kriegshäfen Befehl zur Verstärkung der französischen Krenzer im mexikanischen Meerbusen zugegangen ist.
Der National meint, die nord-amerikanische Kriegs⸗Erklärung sei nicht ohne die Absicht, sich bei dieser Gelegenheit auch gegen Eng⸗ land zu rüsten, erlassen.
Für Ibrahim Pascha wird ein mit der englischen Küste vertrau- ter Lootse und in Dieppe das Dampfboot „Gomer“ bereit gehalten. Die Eisenbahn von Paris nach Sceaux wird heute eröffnet.
Die höhere Notirung der Consols aus London und beruhigende Aeußerungen, welche der Finanz⸗Minister gestern in der Pairs⸗-Kam— mer bei der Berathung über den Gesetz-Entwurf in Betreff der Bordeanr-Cetter Eisenbahn machte, veranlaßten heute an der Börse eine festere Haltung.
X Paris, 2. Juni. In der heutigen Sitzung der Pairs⸗ Kammer stellte der Fürst von der Moskwa die angekündigten Inter⸗ pellationen an das Ministerium in Betreff der Niedermetzelung der französischen Gefangenen auf Befehl Abd el Kader's.
Der Redner rust die Gefangennehmung seines alten Freundes und Waffengefährten Cognord und seiner Gefährten ins Gedächtniß der Kammer zurück, und wie sit ins arabische Lager geschleppt wurden. Abd el Kader habe sie benutzt, sie von Stamm zu Stamm geführt, den Arabern gezeigt als Trophäen, um ihren Enthusiasmus zu erregen. Dieses mächtige Mittel für ihn hätte man ihm entziehen sollen. Eine gesnnde Politik schrieb dies vor, die Menschlichkeit gebot, die braven Offiziere aus der gefährlichen Lage
herauszuziehen, in der sie sich befanden, denn sie mußten der Dein
und die härtesten Entbehrungen ertragen. Er zweifelt nicht, daß binet und der Kriegs -Minister insbesondere wenigstens insgeheim dem Schicksal der unglücklichen Gefangenen eifrigst befaßt habe Frankreich befänden sich viele arabische Gefangene. Es war die R einer Unterhandlung zur Auswechselung. Deshalb habe er sein pellationen verschieben zu müssen geglaubt, um die Unten nicht zu stören. Aber zu seinem großen Erstaunen habe er
daß das Kabinet, der Ansicht des Kriegs- Ministers zuwider, de handlung selbst sich widersetzw habe. Es betrachte Abd el Kader af Chef von Barbaren, als einen Rebellenchef. Er könne aber die Frag aus nicht so auffassen. Die neuesten Nachrichten hätten ihn veranlz Interpell ationen wirklich zu stellen. Ein Theil der Gefangenen schej, der Aussage des entkommenen Soldaten, der Metzelei entgangmm Jetzt sollte man einige Schritte thun. Der Nedner sindet das jetze gegen den Emir unbegreiflich. Zur Zeit des Tafna-Vertraget i ihn wie einen wirklichen Fürsten behandelt. Habe er auch diesen
verletzt, so wie das Völkerrecht, so sei das noch lein Grund, zu Soldaten dem Feinde zu opfern. Daß die Regierung nichts thut, Würde zuwider und müsse ihrem Einflusse aus die arabische B
schaden. Die Politik der Regierung scheine sich wenig zu kümmer
vergossene Blut, in ihrer UÜnbarmherzigkeit entschuldige sie alle
leiten, woher sie lommen. Darauf habe er aufmerksam machn Im Interesse der Eroberung Frankreichs müsse man sich aller von Rsation zulässigen Mittel beLienen zur Befestigung dieser Erobem ein Theil von Europa noch immer nicht Frankreich verzeihen lönnt
Der Kriegs-Minister: Die Regierung habe allerding; Lage der unglücklichen Gefangenen sich befaßt, daher habe der R Recht gehabt, seine Interpellationen zu verschieben; jetzt habe denn recht, sei schlecht unterrichtet. Keine Meinungsverschiedenheit habe binet geherrscht. Vor einiger Zeit seien dem Marschall Bugegud tungen gemacht worden von dem Emit. Aber der Marschall n Offiziere hätten sich überzeugt, daß sie nicht ernstlich gemeint waren, nur ein Kniff, eine Falle war, um den Muth der Araber wieder g ten, indem man sie glauben machen wollte, eine Ausgleichung zw Regicrung und dem Emir komme zu Stande. Die Regierung h Ansicht des Marschalls sich angeeignet. Dem Kaiser von Man habe sie gesagt: auf marokkanischem Boden dürfen keine franzässe fangenen sein, da er im Frieden mit Frankreich sei. Die Unterhæn gingen ihren Gang fort. Andere Mittel, Geld-Anerbietungen für d der Gefangenen, wurden versucht. Den Anerbictungen Abd el Kan nicht aufrichtig gemeint waren, konnte man lein Gehör geben. N sei übrigens aufgelöst oder gehe tief nach dem Westen von Matolhz diesen Umständen erfolgte die Niedermetzelung der Gefangenen. schienen entkommen zu sein, die Regierung werde Alles aufbieten Rettung.
Die Deputirten-Kamm er verhandelte über das Bil Ausgaben des Ministeriums des Handels und Ackerbaues. Hu Larchy erkennt zwar den guten Willen des Ministers an, aber, er habe nicht genug Einfluß im Kabinet. Der Minss Auswärtigen habe allen Einfluß dieses Ministeriums an sich j und darum seien die Handels⸗Vertäge mit Texas und der arg schen Republik nicht zu Stande gekommen. Der Handels- ster erklärt die ihm gemachten Komplimente so wenig ab Vorwürfe annehmen zu können. Er widerlegt die Behauptunge Herrn von Larch. Herr von Beaumont (von der Somme) brim nämlichen Klagen vor, wie Herr von Larcy.
Nachrichten aus Algier vom 27. Mai zufolge, war M Bugeaud am Tage zuvor an Bord des Dampfschiffes „Tenn Tenes daselbst eingetroffen. Man versicherte aber bereits, daß wenigen Tagen schon wieder nach der Provinz Oran abgehen! um sich selbst von der politischen Lage dieser Provinz zu üben und alle nöthigen Maßregeln zur völligen Erstickung auch der Ueberreste des Aufstandes zu treffen. Die Feldzugs⸗Kolonne des nerals Gentil stand noch immer zu Hadscher el Dschuahla. Die der Gegend befanden sich in seinem Lager und Lollzogen mit alle von ihm ertheilten Befehle. Die Leute der Isser, die, ij Handstreiche Abd el Kader's gegen sie, sich unter die wnstu Kabylenstämme zerstreut hatten, kehrten von allen Seiten dunn voll zurück. Bel Kassem hielt sich noch immer bei den Bun auf. Man versichert, wenn dieses Jahr ein Feldzug gegen Kuh stattfände, würde er sich den Franzosen annähern, im entgegenz— ten Falle aber die Ereignisse abwarten. Ben Salem hesinde noch bei den Beni Bu Addu, aber ohne sonderlichen Einfluß.
Großbritanien und Irland.
London, 2. Juni. Die Königin erfreut sich, eben so m junge Prinzessin, fortwährend des besten Wohlseins, und es h daher seit Freitag keine Bülletins mehr ausgegeben.
Louis Napoleon, der sich binnen kurzem von hier nach zu seinem Vater begeben wird, hat einen vom 29. Main Brief an den hiesigen französischen Gesandten, Grafen von E laire, gerichtet, in welchem er ihm, den er als den Freum Mutter bezeichnet, erklärt, daß er nicht, um einen ihm so ven gewordenen Kampf mit der französischen Regierung zu ernen dem Gefängnisse entflohen sei, sondern nur, um seinen bejahrte— wiederzusehen, nachdem alle Versuche, von der französischen Ru die Erlaubniß zur Reise nach Florenz zu erlangen, gescheiten obgleich er seinerseits jede mit der Ehre verträgliche Bürgschi geboten habe. Als seine Vorbilder nennt er die Herzoge n mours und Guise zu Heinrich's des 1V. Zeit und äußert st die Hoffnung, daß die freiwillige Versicherung seiner friedlith sichten dazu beitragen werde, die Dauer der Gefangenschaz Freunde abzukürzen. Auch an Sir Robert Peel soll der? gleichem Sinne geschrieben haben.
Die Times enthält heute folgende Mittheilung: „G der City das Gerücht im Umlauf, daß die amerikanische Re offen die Vermittelung Englands und Frankreichs zur Beseitznt Streits zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko in Kn genommen habe. Obgleich viese angebliche Thatsache mit engt versichtlichkeit behauptet wird, so sindet man es doch schwinz, mit der sehr angriffslustigen Stimmung, welche die amierikanist gierung neuerdings kundgegeben hat, in Einklang zu bringen.
Bie Admiralität hat ein eigenes Comité für den Bau dei z schiffe ernannt, dessen' Beaufsichtigung alle Gegenstände der Architektur unterliegen sollen, und weiche dafür verantwortlich die Schiffe durchaus und besonders auch in Betreff ihres Tie dem Entwurfe entsprechen. Präsident dieses Comités ist der Lord John Hay.
Bie in der Ausrüstung begriffene Fregatte „Crocodile“ sil bestimmt sein, 300 Artilleristen nach dem Oregon⸗Gebiete zu b damit dieselben die dort belegenen Forts in Vertheidigungs-s versetzen und garnisoniren.
Ibrahim Pascha wird am 5. Juni von Paris hier erwant
Selgien.
Brüssel, 3. Juni. Der König hat gestern aus den hi des Grafen von Kielmannsegge das Schreiben in Empfang gen welches denselben von seinem Posten abberuft, und dann dem folger desseiben, Legations⸗-Rath von Alten, die Antritts· I ertheilt, wobei dieser' sein Beglaubigungs-⸗Schreiben überreicht.
Dem Vernehmen nach, wird der König am Sonnaben — Paris abreisen, bei Eröffnung der Bahn von Paris nach aber wieder hier , sein. — mbit
Die Anklagekammer hat von den ihr zugewiesenen Indi
gen Verfasser der aufreizenben Flugschrift, den Handlungoreisen Eabian, vor die Assisen verwiesen. Die Anderen sind alle in ait gesetzt worden. Schweden und Norwegen. ztackholm, 29. Mai. Eine Deputation aus Norrköping hat r Audienz den König gebeten, der Enthüllung des Standbildes erstorbenen Königs, welches jene Stadt durch Schwanthaler in ten hat ausführen lassen (und das man im August erwartet), der Königlichen Familie beiwohnen zu wollen. Der König soll den 18. Oktober bestimmt haben. Der Freiherr von Ihre hat dem hiesigen sfandinavisch- histori= Verein die Anzeige gemacht, daß der diesseitige Geschäftsträger alien, Herr Bergman, eine Menge Briefe der Königin Christine Schweden und. Anderes, sie betreffend, in der Bibliothek des ese Azzolini in Florenz entdedkt habe, wovon er Abschristen srsenden werde. Jene Königin hatte den damaligen Kardinal ni zu ihrem Universal⸗Erben eingesetzt. Schweiz. anton Waadt. Am 25sten und 2bsten d. hat die Haupt⸗ sion über die Verlängerung der Vollmachten des Staats⸗-Raths Kirchen- Angelegenheiten stattgefunden. Dieselben sind ihm übergeben worden. Aus der ganzen Diskussion ging jedoch daß der Große Rath eine endliche friedliche Lösung der Sache nschen anfängt. Ztalien. kom, 22. Mai. (J. 3.) Obgleich die österreichische Regierung en nach den italienischen Provinzen sendet und ihre Kriegs die Küsten des Kirchenstaats im Adriatischen Meer überwachen, die Berichte aus den Legationen doch in diesem Augenblick ftiedigend. Jene Haltung Oesterreichs zügelt die Ruhestörer. Kardinal Mattei, Staats-Secretair des Innern, und der re Rons. Antonelli sind nach Terracina abgereist, um den Bau rigen neuangelegten Hafens in Augenschein zu nehmen. Auf Rückweg hierher werden diese Herren die Kanalgrabungen be— welche die alten Römer zur Austrocknung der Sümpfe anleg— ö die vor kurzem erst wieder aufgefunden sind. Nach Versiche⸗ zon Sachverständigen können diese Kanäle mit geringen Unkosten hergestellt und zur Entsumpfung des fruchtbarsten Landstriches, heirusenen pontinischen Sümpfe, benutzt werden. hesern, am Tage Himmelfahrt Christi, war das vom gegen⸗ en Papst errichtete Museum im Palast des Lateran zum ersten— ir das Publikum geöffnet. hr. Abeken, einer der Reisebegleiter des Professors Lepsius, ist ü. Rückreise aus Aegypten und dem gelobten Lande hier roffen.
Portugal.
Lissabon, 20. Mãai. (B. H.) Die letzten Berichte über den and in den Provinzen melden, daß die ganze Provinz Beira hoben und ein 4 - 5000 Mann starkes Insurgenten-Corps die sitätsstadt Coimbra besetzt hat, nachdem die dort stationirten en nach kurzer Gegenwehr ihren Rückzug nach Porto ange⸗ hatten. Ueber den Verlauf des Ausstandes fehlt es noch an zuverlässigen Mittheilungen. Was die lissaboner Korre⸗ nten der londoner Blätter darüber melden, ist im Wesentlichen des: Es war bekannt, daß der jnnge Graf von Villa Real Sohn des zum Conseils⸗Präsidenten designirten Grafen von Real, der aber Chartist ist, während sein Sohn der Sep⸗ a⸗Partei angehört) die Stadt Villa Real in Tras os nmnit einem großen Haufen bewaffneter Bauern besetzt hatte, ein anderer Insurgenten-Haufe ein starkes Truppen⸗ sement in der Stadt Amarante überwältigte und sich mittelst ei der Stadt über den Douro führenden Brücke mit den genten in der Provinz Minho in Verbindung gesetzt hatte, E, daß auch andere Theile der Provinz Tras os Montes sich enem Ausstande befanden. Die Regierung verheimlichte diesen nd der Dinge und blieb bei der Behauptung ihrer telegra— en Depeschen, daß der Ausstand in der Abnahme begriffen ichtssestoweniger aber gab sie hinreichende Beweise von ihren gnissen, indem sie in dem Diario (der einzigen noch erlaub⸗ Feitung) allen ausgedienten Soldaten ein Handgeld bot, sie sich auf sechs Monate wieder bei ihren Fahnen einstellen Bei allem dem war man nicht wenig überrascht, als
am 17ten ein Dampfschiff in Lissabon eintraf, das usizminister, José Cabral, von Porto brachte, wo der⸗— sennntlich seit dem Ausbruche der Insurrection mit außer— iche Vollmacht als Diktator geschaltet hatte. Ueber die seiner Flucht ist von Seiten der Regierung nichts ntlicht worden, aus Privatbriefen erfährt man indeß, der shaber der Militair⸗Division von Porto, Visconde Vin⸗ habe sich durch die Ausdehnung, welche der Aufstand in den
Binzen Minho und Tras os Montes gewonnen (in der letztge⸗
n Provinz allein sollen 8000 Mann unter den Waffen stehen), aßt gefunden, mit der von den Insurgenten eingesetzten Junta erhandlung zu treten; das Resullat dieser Unterhandlungen sei sffenstillstand von 6 Tagen gewesen, um die Antwort der Köni⸗ das Verlangen der Insurgenten: Absetzung des Ministeriums und Aufhebung aller Besteüerung der Handarbeit, abzuwarten, nse Cabral habe es unter diesen Umständen, zumal da auch wohner immer entschiedener ihre Abneigung gegen ihn kund⸗ und die Berichte der Militair-Befehlshaber dahin überein⸗ un, daß auf die Truppen nicht ferner zu rechnen sei, da sie nit den Insurgenten sympathisirten, rathsam gefunden, sich ider Weile aus Porto zu entfernen. Wenige Stunden nach
ninnft in Lissabon wurde ein Kabinets-Rath gehalten und, an mittlerweile Nachricht erhalten hatte, daß das Volk in Fi⸗ y. Guarda und anderen Orten der Provinz Beira die Truppen füiet habe, und daß in Alemtejo und Algarbien jeden Augen— un Aufstand auszubrechen drohe, beschlossen, daß das Ministe⸗ seme Entlassung einreichen sollte, ein Beschluß, den Costa Cabral, mn die Königin die Entlassung angenommen hatte, am 18ten ortes zur Anzeige brachte, worauf die Unterhandlungen zur Bil⸗ tine neuen Ministeriums solgten.
F Paris, 2. Juni. Nach heute über Madrid eingetroffenen ihten aus Lissabon vom 23. Mai wäre das neue portugie⸗ kabinet endlich in folgender Weise zu Stande gekommen: derzog von Palmella Minister des Innern und zugleich Kabi⸗ ri, der gene von Terceira Minister des Krieges; der
nis von Saldanha Minister der auswärtigen Angelegenheiten; [. Tojal . der Finanzen; Herr Souza Azevedo Mini- dusiz der Marine⸗Minister war noch nicht ernannt. (Dies . der durch den Korrespondenten der Tim es mitgetheilten Ee bung ab. S. Allg. Pr. 3. Nr. 154.) Das Kabinet
. gor welches 1842 in Folge eines Aufstandes gebildet ige en dieser Minister selbst zu Porto organisirt hatte, ist also 5 eines anderen Aufstendes gefallen, der gleichfalls seinen Sitz
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zu Porto aufschlug. Leider ist dies das Schicksal der meisten Mini⸗ sterien der Halbinsel; sie erheben sich und fallen wieder durch Auf⸗ stände. Welches die wirklichen Tendenzen des neuen portugiesischen Kabinets sein werden, läßt sich schwer absehen; eben so wenig weiß man noch, ob sein Eintritt der Krisis ein Ende ge⸗ macht oder dieselbe nur für den Augenblick eingestellt hat. Wirft man einen aufmerksamen Blick auf die Vergangenheit der Männer, welche die neue Verwaltung bilden, so möchtt man fast glauben, daß die Lösung der Krise noch feinesweges gekommen, sondern nur ver⸗ tagt sei. Der Herzog von Palmella, welcher an der Spitze steht, ist einer der ersten Granden und bedeutendsten Grundbesitzer in Por⸗ tugal, und daher hat die konservative Partei im Lande immer auf ihn gezählt. Da er aber einer der wenigen Begleiter Dom Pedro's bei dessen Landung in Portugal und treuer Gefährte der Geschicke
des verstorbenen Kaisers war, seitdem auch in der Pairs-Kammer
sich an die Spitze der Opposition gestellt hat, so glaubt ihn die Septembristen Partei jetzt zu den Ihrigen rechnen zu kön⸗ nen. Der. Marquis von Saldanha, unstreitig einer der tüch⸗ tigsten Männer seines Landes, hat stets der craltirten Partei angehört. Er befindet sich, so viel mir bekannt, in diesem Augenblicke noch auf dem Gesandtschaftsposten zu Wien, den ihm, wie man behauptet, das Ministerium Costa Cabral übertragen hatte, um ihn zu entfernen. Der neue Justiz-Minister Souza Aze⸗ vedo hatte den nämlichen Posten schon unter mehreren Ministerien der exaltirten Partei bekleidet, welcher er angehört. An der Seite dieser drei Männer, die der Septembristen⸗ Partei zugezählt werden, sitzen nun in dem neuen Kabinet zwei Mitglieder des Kabinets Costa Cabral, der Herzog von Terceira, welcher Kriegs Minister war und sein Porteseuille beibehält, und der Graf Tojal, Finanz⸗Minister, der diesen Posten auch schon bisher bekleidete. Das vom Herzog von Palmella gebildete Kabinet ist sonach ein Coalitions-Kabinet, oder vielmehr ein anti-cabralisches Kabinet. In der That hatten der Herzog von Terceira und der Graf Tojal schon seit einiger Zeit der Superiorität sich nicht mehr fügen wollen, welche Herr Costa Cabral im Schoße des Kabinets durch seine Talente, seine Thätigkeit und Energie zu erringen gewußt hatte. Man nannte es das Kabinet Costa Cabral, obgleich er nicht der offizielle Präsident desselben war. Verletzte Eigenliebe scheint sonach die beiden genannten Minister angetrieben . sich ihres unbequemen, weit überlegenen Kollegen zu ent⸗ edigen.
Aber mit alle dem wird nur die persönliche Frage gelöst, keines⸗ weges die politische, welche dem bewaffneten Aufstande gegenüber die wichtigste ist. Der Aufstand hat jetzt die Oberhand in den beiden Provinzen Entre Douro e Minho und Tras os Montes; er hat sich Porto's, Braga's und der bedeutendsten Städte bemächtigt; er hat sich sogar in die Provinz Beira ausgebreitet, wo die stark bevölkerte Universitäts-Stadt Coimbra und der wichtige feste Platz Almeida ihm ihre Thore geöffnet haben. Der Aufstand begann und breitete sich aus unter dem Rufe: „Weg mit Costa Cabral! Weg mit dem neuen Steuer-System!“ Aber der eigentliche Urheber dieses neuen Systems, der Graf Tojal, wird auch in dem neuen Kabinet sitzen, und die Ur— sache, welche wenigstens einen Vorwand zu dem Aufstande abgegeben hat, bleibt also bestehen.
Die Nachricht von den Ereignissen in Portugal und diesem Ka⸗ binetswechsel hat zu Madrid eine große Sensation hervorgebracht. Es konnte das nicht anders sein: seit langer Zeit und besonders seit 1834 tritt in dem einen Lande der pyrenäischen Halbinsel kaum eine Krisis ein, ohne daß das andere gleichfalls tief davon berührt würde. Anfangs gab Spanien den Impuls sür Portugal; seit 1342 aber ist es umgekehrt, es empfängt denselben von Portugal. Bekanntlich be⸗ gann damals die Bewegung zu Porto und endigte damit, daß auch fn Spanien die Moderados- Partei wieder zur Herrschaft gelangte. Die Ereignisse in Portugal im Jahre 1842 flößten gleich anfangs der damaligen Regentschaft Espartero's die lebhafteste Besorgniß ein, und wirklich sah sich ein Jahr später Espartero auch gezwungen, sein Heil an Bord eines englischen Admiralschiffes zu suchen. Dadurch soll nicht gesagt sein, daß das Pronunciamiento, welches den Sturz Espartero's zur Folge hatte, ausschließlich dem vorangegangenen Aufstande in Portugal beizumessen sei; aber sicher ist, daß das Bei⸗ spiel nicht verloren gegangen war, daß die Begebnisse in Portugal die darauf folgenden in Spanien vorbereitet haben. Offenbar ist die spanische Reglerung auch von diesen Erwägungen geleitet gewesen, denn sie hat Anordnungen getroffen, damit der Keim des Aufstandes nicht auch noch in Spanien sich ausbreite. Der Brigadier Calonge, General-Kommandant der Provinz Salamanca, hat mit einigen Streitkräften eine Stellung zu Aldea del Obispo, einer Gemeinde an der äußersten Gränze im Angesichte von Almeida, genommen, während der General-Capitain Villalonga mit drei Bataillonen zu Orense die galicische Gränze bewacht.
Tür kei.
Konstantinopel, 29. Mai. (A. 3.) Am Charfreitage d. J. fiel nach smyrnaer Nachrichten in der Kirche des heiligen Grabes in Jerusalem ein förmlicher Kampf der lateinischen mit den griechischen Geistlichen vor. Letztere hatten einen Teppich auf eine Stelle des Fußbodens der Kirche gelegt, auf welche sie, wie es scheint, kein Recht hatten, und widersetzten sich thätlich den Versuchen der katholischen Geistlichkeit, denselben zu entfernen. Darüber entstand ein Handgemenge. Die Kirchenleuchter dienten als Keulen, die Pro⸗ zessions-Fahnen als Speere. Einige Individuen sollen dabei tödtlich verwundet, andere während des in der Kirche zunehmenden Gedrän— ges bestohlen und beraubt worden sein, bis der Friede und die Ord= nung durch den herzueilenden Pascha von Jerusalem wiederhergestellt ward. Der Schrifttext: „Meines Vaters Haus ist ein Bethhaus, ihr aber u. s. w.“ ist wohl in Jerusalem völlig vergessen. (Die Türken sind dort gewöhnt, mit Stock und Säbel Frieden stiften zu müssen zwischen den christlichen Mönchen!)
In Syrien scheint es für den Augenblick ruhig. Schekib Effendi und Emin Pascha, die Commissaire der Pforte, sollen zur Rückkehr nach Konstantinopel ermächtigt worden sein.
Die neuen preußischen Bank⸗Verordnungen und ihre Gegner.
Unter dieser Aufschrift enthielt unlängst die Deutsche Allg. Zeitung einen Aufsatz aus der Feder des Dr. G. Julius, welchem wir Folgendes entnehmen:
Es sind drei verschiedenartige Interessen, welche von der durch die König⸗ liche Srdres vom 11. April d. J. erfolgten Lösung der preus ischen Bank— Frage, theils entweder unmittelbar oder mittelbar berührt sind, theils sich zu ihren Zwecken derselben bemächtigt haben; das Interesse der geldbedür⸗ fenden Geschäftsleute und gewerblichen Unternehmer, das in gf der Spekulanten, welche durch Errichtung von privilegirten Privat- Banken einen großen Gewinn zu machen hofflen, und das Inieresse der politisch Libera⸗ len, welche sich unterschiedlos jeder Frage bedienen, die dazu benutzt werden lann, der Verwaltung einen Schlag in der öffentlichen Meinung zu ver— setzen und die Regierung durch Einschüchterung oder Ermüdung auf den der liberalen pen erwünschten Weg zu drängen.
Das besondere Interesse der eigentlichen Interessenten im Handels. und Gewerbsstande ist durch die in den Königlichen Ordres vom 11. April ge—
gebene Lösung der preußischen Bankfrage nicht gefährdet, sondern im Ge⸗ gentheil wesentlich gesördert, aber, man muß hinzusetzen, allerdings nicht unbedingt befriedigi. Der Stand, dem dieses Interesse eignet, ist derjenige, welchen man jetz. gemeinlich kurzweg mit dem Namen der Beurgtoisie zu bezeichnen pflegt, eine Klasse, deren Lebens- Element die unbeschränktt freie Konkurrenz ist. Dennoch kann sie nicht umhin, gewise besondere Gesetze und Einschränkungen zuzugestehen, innerhalb deren die freie Konkurrenz ge⸗ übt werden soll. Da Schranken denn nun einmal nicht zu vermeiden, so ist man in Bezug auf das Bantwesen (nämlich insoweit es Zenelbankwesen ist), dessen Freiheit der großen Mehrzahl der Konkurrenten aller übrigen Zweige immer unsäglichen Schaden zugefügt hat, beflissen gewesen (neuer- sich auch in England selbst), die freie Konkurrenz von die sem Felde mehr oder minder auszuschließen und die Erschaffung von Bankzetteln zu einem genau überwachten Privilegium oder, streng genommen, zu einer eigentlichen Staats- und Regierungs-Angelegenheit zu machen.
Wie sehr auch das allgemeine Interesse, das Grundprinzip der Bour⸗ geoisie, zu der Forderung einer möglichst uneingeschränkten Konkurrenz in allen Zweigen treibt, so sind doch immer die Sonderinteressen einer über⸗ wiegenden Menge innerhalb dieser Klasse dem Ausschlusse gerade des Zettel⸗ banfwesens von dem Recht einer unbehinderten Konkurrenz günstig, und die sehr große Mehrzahl der Handel- und Gewerbtreibenden ist in dieser Hin- sicht schon gan; zufrieden, wenn nur privilegirte oder sogenannte nationale Zettelbank-Anstalten ihr das Geldborgen nach Möglichkeit erleichtern, ihr, wie
(s die Engländer nennen, hinlänglich Accommodation gewähren. Bei uns in
Deutschland, wo die Bourgeoisie keinesweges schon dseselbe gewaltige Stel⸗ lung einnimmt, welche ihr z. B. in England durch das genugsam erprobte, volle Bewußtsein ihrer Macht gesichert ist, kommt dieser Umstand noch hinzu, um die Interessenten des Handels- und Gewerbstandes zu nöthigen, daß sie eine Maßregel, wie solche die neuen Ordres vom 41. April in Preußen ein; führen, als eine immer nicht zu verachtende Erleichterung des Verkehrs mit Zufriebenheit und Dank aufnehmen müssen. In diesen Kreisen geht der Tadel, welchen die neue Bank-Maßregel auf sich zieht, nur von einigen Theoretikern aus, denen das Prinzip der freien Konkurrenz im Bankwesen zu sehr Evangelium ist, um sich mit irgend einer Kränkung desselben tinverstehen zu können. Diese suchen nun die wirklichen Interessenten durch die Prophezeiung zu entmuthigen und zu verstimmen, daß die durch die in der Geseß-⸗Sammlung veröffentlichte Kabinets-Ordre vom 11. April gewährte Vermehrung der Circulations mittel um 63 Millio- nen Rihlr. nicht' viel Anderes als ein Tropfen auf einen heißen Stein sei. Dem gründlichen Kenner der preußischen Verhältnisse und unver⸗ blendeten Beobachter muß es freilich einleuchten, daß die gewährte Hülfe schon eine sehr bedeutende ist. Dem Eisenbahnbau, etwa durch Be⸗ leihung von Quittungsbogen, in ausgedehnter Weise zu Hülfe zu kommen, kann sich keine solide Bank der Welt zur Aufgabe machen; denn das hieße an ihrem eigenen unmittelbaren Ruin arbeiten. Für das sonstige Kapita⸗ lienb duͤrfniß Preußens aber ist ein Zuwachs von 63 Millionen Rihlr. pa⸗ pierener Umlaufsmittel etwas in der That Eihebliches, und zwar um des— willen, weil es der Bank durch die Beweglichkeit dieses Umlaufsmittels möglich gemacht ist, Summen, die sie ehedem zur Vermeidung des Zins⸗ verkustes in Zeiten schwachen Geldbedarfs festlegen mußte und daher bei steigendem Bedarf nicht zur Verfügung hatte, slüssig zu erhalten, und Sum⸗ men, welche, wegen der Kostspieligkeit und Beschwerlichkeit von Baarsendun⸗ gen in entfernte Provinzen, nur in beschränktem Umkreise dienstbar gemacht werden konnten, mit Leichtigkeit überall hin, wo sie gerade gebrauch: wer= den, zu vertheilen. Auf den Fall aber, daß die gedachte Vermehrung der Circulationsmittel sich noch nicht ausreichend erweisen sollte, ist ja in den Srdres vom 11. April ebenfalls schon Bedacht genommen, indem eine Zu⸗ ziehung von Privatkrästen zur ferneren Ausdehnung der Bankthätigkeit in Aussicht gestellt wird.
Nun die beiden noch übrigen Interessen. Das eine, das der Spelu⸗= lanten, das durch die neuen Ordres getäuschte, dem die Gelegenheit entzo⸗ gen ist, an Bank ⸗Actien ein neues Objelt für das Börsenspiel zu gewinnen and überdies vermuthlich starke Dividenden zu genießen, kann nicht umhin, dem Verdrusse, welchen jede getäuschte Erwariung hervorbringt, Luft zu machen und an der Macht, weiche ihm diesen Verdruß zuwege gebracht hat, wenigstens nachträglich Nache zu nehmen. Mit dem anderen Interesse, dem politisch⸗liberalen, macht nun das der Spekulanten, zur Erreichung seines Doppelzweckes, gemeinsame Sache, oder vielmehr es maskirt sich seinerseits mit dem politisch- liberalen Interesse, um mit dessen Hülfe der ihm verhaß= ten Maßregel den empfindlichsten Streich zu versetzen. „Die Bank⸗Ordres“, sagt ein preußisches Blatt, „werden bei der Mehrheit der Preußen das beklom⸗ mene Gefühl erweckt haben, das eine Aussicht auf Kollisionen der Staats- Regierung init den Ständen, auf unumgängliche Gefahren des Verkehrs und die Üeberzeugung von dem Schwanken unseres staatsrechtlichen Zustandes in der Brust jedes Patrioten hervorrufen muß.“ Und ein anderes außerpreußisches Blatt bemerit, daß das neue Bankgesetz „von politischer Wichtigkeit“ sei; näm⸗ lich: das bekannte und vielbesprochene Staatsschuldengesetß vom 17. Ja— nuar 1820 sei als „die einzige Hoffnung auf eine dereinstige Verwirklichung der reichsständischen Verfassung anzusehen“, mit diesem aber stehe die Er— schaffung von Banknoten im Widerspruch, und daher werde man in der durch die Ordres vom 11. April d. J. der Bank zugestandenen Befugniß „leicht eine Wiederholung oder Fortführung eines Sostems erkennen zu dürsen glauben, zu dem ein leiser Anfang bereits vor Jahr und Tag in der Garantle der Eisenbahn⸗-Actien gemacht worden ist“, d. h. eines Systems von künstlichen Umgehungen jenes Gesetzes von 1820, so daß sich die Be— sorgniß ergäbe, daß „die politische Entwickelung des Staates unterbrochen sein möchte.“
Das Staatsschuldengesetz von 1820 wurde zu einer Zeit gegeben, da von der Regierung die Bildung einer reichsständischen Versammlung (welche zum Behufe von Anleihen künstig „zugezogen“ werden und „die Mitgaran- tie übernehmen“ sollte, weiter nichts) als demnächst bevorstehend angesehen werden muüstte. Das Staatsschuldengesetz stellt sich nicht etwa als eine dem Volk angebotene Bürgschaft für die Gewährung der reichsständischen Ver⸗ fassung dar, sondern es hat diese Gewährung zu seiner Voraussetzung; das Gesetz von 1820 ist dem Gedanken der reichsständischen Verfassung nicht übergeordnet, sondern untergeordnet und steht oder fällt daher mit diesem Gedanken. Das Gesetz von 1820 kann seiner Natur nach keine zwin- gende Gewalt üben, und auf dieses Gesetz, anstatt auf den Willen, wel- cher zu entscheiden hat, die Hoffnung der „Entwickelung der Staatsver— fassung“ bauen, hieße den Baum mit dem Wipfel in die Erde pflanzen.
Es ist unmöglich, daß dies die Parteien, welche auf das Gesetz von 1820 so großes Gewicht zu Gunsten lhrer politischen Wünsche legen, nicht selbst einsehen sollten; ist das aber der Fall, so bleibt alsdann nur übrig, anzunehmen, daß sie sich mit dem Gedanken schmeicheln, die Regierung werde, auch wenn etwa die Absicht der Einführung von Reichsständen auf⸗ gegeben sein sollte, dennoch um des üblen Eindrucks willen, welchen die oͤluͤfsebung gerade jenes beliebten Gesetzes machen möchte, sich scheuen, an demfelben zu rütteln; so würde dasselbe bis zu irgend einem dringenden Falle stehen bleiben, in welchem noch weniger als zuvor an seine Aufhebung gedacht werden könnte, so daß dann kein anderer Ausweg bliebe, als doch endlich die „Verwirklichung der reichsständischen Verfassung“. Demnach dürfe man nicht leiden, daß irgend ein „System“ aufkäme, dessen Anwen« dung über die von jenem Gesetz auferlegte Gene hinweghelfen könnte. Daß die Parteien die Sache wirklich so ansehen und so betrachtet wissen wollen, ergiebt sich unbestreitbar aus den schon oben angeführten und ähn— lichen Aeußerungen der öffentlichen Blätter.
In den Zeitungen lese ich; die Verpflichtungen, welche die Königliche Ban auf sich nimmt, seien „wirkliche Staatsverpflichtungen“, die Ausgabe von Banlzetteln erscheine als „eine un verzinsliche Anleihe, welche der Staat bei den eigenen Unterthanen macht“, und „neue Staatsschuld⸗ Dokumente dürften die Banknoten unzweifelhaft genannt werden können“.
Das Gesetz von 1826 erklärt den Staatsschulden-Etat für geschlossen und verbietet „die Aufnahme eines neuen Darlehns“; deshalb soll die Haupt⸗Verwaltung der Staatsschulden „weder einen Staatsschuldschein mehr, noch andere Staatsschuld Dolumente auderer Art, ausfertigen oder ausfertigen lassen. Die Worte „Staats schuldscheine“ c. bezeich⸗ nen also hier unzweideutig solche Papiere, welche ein Anerkenntniß des Staats fuͤr von ihm als Darlehen aufgenommenes Geld ausdrücken. Sind aber die Zettel, deren Ausgabe der Königl. Bank verstattet worden, dergleichen Papiere? Im Gegeniheil, sie bedeuten Vorschüsse, welche die Bank macht, nicht solche, welche sie sich geben läßt. Sie zahlt den Em⸗ pfängern ihrer Zettel zwar das Darlehen, das sie ihnen gewährt, nicht baar, fondern nur miltelst einer Schrift, aber einer Schrist, welche sie sich bereit erklärt, auf Verlangen augenblicklich mit der darauf vermerkten Summe zu
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