1846 / 206 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Rußland und Polen.

St. Petersburg, 19. Juli. Mittelst Tagesbefehls vom 13. Juli sst der Vice Admiral Lütke zum Präsidenten des wissenschast⸗ sichen Comité's im Marine⸗Ministerium ernannt. Drrselbe verbleibt in seiner Anstellung bei der Person des Großfürsten Konstantin und in bem Amte eines General⸗Adjutanten.

Frankreich.

Paris, 22. Juli. Der König hat folgende Personen zu Pairs ernannt: Barbet, Graf Cornudek, Baron Deponthon, Graf Du⸗ moncel, Flourens, Gravier, Harlè, Graf d'Autpoul, Vicomte Jamin, Lafond, de Lagren ée, Legentil, de Magnoncour, Marquis von Maleville, Piecatory, Poinsot, Baron Rapatel, Renouard, . Baron von Schauenburg, Trezel, Troplong. Graf Vigier, Wu temberg.

Das Journal des Dabats enthält folgende Betrachtungen über die Stellung des neuen englischen Ministeriums in Betreff der Zuckerzölle:

„Man erinnert ich laum, die Wiege eines Ministeriums mit größerer Freude und glücklicheren Aussichten umgeben gesehen zu haben. Lord John Russell hat die Verwaltung wie ein natürlicher Erbe derselben übernommen, und alle Parteien entsagten ihren Kämpfen, um ihn zu bewilllommnen. Die Whigs sahen freudig in ihm ihren eigenen Sieg; die Tories den Sturz ihres bisherigen, ihnen verhaßt gewordenen Führers; der Theil der Konservativen, welcher um Sir R. Peel versammelt blieb, zieht sich für die Zukunft zurück und entsagt für jetzt allem Ehrgeiz; die Radikalen sind mit dem Antheil, der ihnen an der Verwaltung gegeben wurde, zufrieden. Also scheinbar ist kein Wöllchen am Gesichtskreis; der Himmel ist rein blau, ohne Flecken. Aber die schöne Zeit kann nicht immer dauern. Es läßt sich schon das ferne Rollen des Donners hören. Die Parteien, welche man schon tobt oder eingeschlafen wähnte, haben ins geheim ihre Arbeiten wieder begonnen, und seit zwei oder drei Tagen oꝛganisiren sie ihre Kräfte und bereiten sich zum Kampfe. Es ist die Frage über die Zul kerzölle, bei welchen derseibe ausbrechen wird. Die Zucker Production bil⸗ der die zweite Klasse von den in England so genannten „Monopolen Diese bei dem Volie unbeliebte Bezeichnung wurde zuerst auf die Getraide⸗ Probuction und dann auf die Zucker⸗ Production angewendet. Es giebt nämlich zwei Arten von Zöllen; die einen werden erhoben zu Gunsten der Staats- Kasse, das heißt zu Gunsten des Landes; die anderen werden erhoben als Schuz⸗ Steuern, das heißt im Privat - Interesse dieser ober jener Klasse. Diesen letzteren ist durch die sürzlich in England vorgegangenen Ereignisse das Urtheil gespro⸗ chen. Die beiden Führer der zuͤr Verwaltung befähigten Parteien, Sir R. Peel und Lord John Russell, haben öffentlich anerkannt, daß Schutz steuern nicht blos in ihret Anwendung unpolitisch, sondern auch im Grund⸗ satze ungerecht seien, daß die Zölle nur in Berüchsichtigung des öffentlichen Einkommens, um die Bedürfnisse des Staats zu bestreiten, nicht aber um eine besondere Klasse von Produzenten zu begünsiigen, erhoben werden dürf— ten. Dieser Grundsatz, welcher bereits auf die Produzenten des Getraides angewendet worden ist, soll jetzt auch auf die Produzenten des Zuckers an= gewendet werden. Die Reform der Geträidezölle hatte die Grund · Eigen ihümer in dem Mutterlande zu Gegnern, die Reform der Ruckerzölle wird die Grund - Eigenthümer in Westindien gegen sich haben. Diese Frage war schon für das Ministerium Sir R. Peel's eine großt Schwierigleit. Wenn Sir R. Peel auch der Schwierigkeit der irländischen Jwangsbill entgangen wäre, so würde er sich doch gleich darauf der Zu ger, Frage gegenüber gesehen haben und daran gescheitert sein, Sit R. Peel war in die Verwaltung gekommen, um die Inieressen dieser beiden großen Klassen aufrecht zu erhalten. Es war schon genug, daß er das Interesse der einen derselben aufgegeben hatte. Er konne fügklich nicht weiter gehen, und doch fühlte er, daß er nicht stillstehen dürsit. Deswegen hat er vorgezogen, lieber zu fallen. Man hat ihn in London dar⸗ gestellt in der Gestalt eines Trappisten, der mit einer Hacke, auf helcher die Worte „irländische Zwangsbill“ stehen, sein eigenes Grab gräbt. Er ist lebend in dieses Grab gestiegen und hat Anderen die Sorge überlassen, die Aenderungen, welche wenigstens mit ihren Grund sätzen und ihren früheren Versprechtngen übereinstimmen, durchzuführen. Diese unvermeidliche Frage stellt sich also dem neuen Ministerium zuerst dar, und Lord John Russell befindet sich zwischen zwei sich entgegenstehen⸗ den Lösungen. Von der einen Seite sagt man ihm: „Nehmen Sie sich in Acht. Wenn Sie gleich auf einmal vorschlagen, den Pflanzern jeden Schutz zu entziehen, so wenden Sie eine starke Partei in dem Hause der Gemeinen gegen sich. Sir R. Peel ist noch nicht iodt; man wird ihn wieder rufen; kr? wird mit seinen allmäligen Maßregeln wiederkommen und wird Sie als politische Wagehälse auf die Seite schieben. Sie sühren selbst das beste Mittel herbel, die zerstreuten Trümmer der lonservatipen Partei wieder zu vereinigen.“ Von der anderen Seite sagt man ihm: „Nehmen Sie sich in Acht. Machen Sie nicht, daß das Land sage, Sir R, Peel sei ein liberalerer Minister als Sie: er habe die Resorm der Getraide ⸗Gesetze durch- sttzen können, und Sie könnten nicht einmal die Reform der Zuckergesetze burchsetzen, und es sei nach diesem allen besser, daß er beide durchführe. Das Land rechnet auf Sie. Sie haben ein liberales politisches Glaubens Belenniniß aufgestellt; Sie haben Ihr Ministerium auf liberalen Grund⸗ lagen errichtet fangen Sie Ihre Laufbahn nicht mit einem Schritte rück warts an.“ Lord John Ruffell ist in. großer Verlegenheit. Ein Beweig dafür ist, daß er Zeit zur Ueberlegung forderte. Man glaubte, daß er schon letzten Montag sich aussprechen würde; er hat sich aber Zeit bis Donnerstag ausgebeien; und am Donnerstage hat er dann wieder siklärt, daß er nächsten Montag sich aussprechen werde. Ein Beweis, daß er einen ernsthasten Kampf erwartet, ist feiner, daß er die Verlängerung der jepigen Zuckerzölle, anstatt bis zum 5. August, bis zum 5. September ver= langt hai. Indessen regen sich die Parteien. Vorzüglich entwickeln die Prolectionisten, die Anhänger der Schutzzölle, welche noch nicht alle Hoff⸗ nung, die Partei der Tories unter Lord Stanley wiederherzustellen, auf⸗

egeben haben, eine große Thätigkeit. Anfangs waren sie einem Whig⸗ geile rium günstig, denn sie haben durch ihre Abstimmung gegen die so⸗ nannte itländische Zwangsbill dazu beigetragen, dasselbe zu erheben. Jeßt uchen sie wieder eine Oppofition zu bilden und sind, wie man sagt, so weit gegangen, den 112 Anhängern Sir R. Peel's, die sie noch vor ei—⸗ nigen Tagen als Apostaten, Renegaten und Janitscharen behandelten, Anerbietungen zur Wiedervereinigung zu machen. Mit ihrer eigenen An⸗ zahl, mit der Unterstützung einiger Freunde Sir R. Peel's und mit der UÜnterstützung der Partei zur Unterdrückung der Sklaverei verzweifeln sie nicht, Lord John Russell bei dieser Frage über die Zuckerzölle in die Mi⸗ norität zu bringen. Das ist die jetzige Lage. Wir glauben, daß das Whig⸗Ministerium dennoch aus derselben hervorgehen werde. Es ist noch zu neu, um schon wieder gestürzt zu werden. Lord John Russell ist ferner von zu entschlossenem Charakter und weicht selten zurück. Auch ist es nicht wahrfcheinlich, daß Sir R. Peel sich schon jetzt zu einer feindlichen Verbin= dung gegen dasselbe hergebe. Aber das Ministerium der Whigs beginnt schon die offizielle Arbelt jeder Regierung, nämlich alle Interessen unzu⸗ frieden zu machen, indem es dene r dieselben gegenseitig auszugleichen.“

ine Königliche Verordnung bestätigt das von der Akademie der moralischen und politischen Wissenschaften auszutheilende Legat des Herrn Singer, welches jährliche Preise von 300 Fr. aussetzt: 1) dem⸗ leigt der die schö'ste That des Muthes und der Menschlichteit vollbringt bei Schiffbrüchen öder 2) bei Feuersbrünsten; 3) dem ehr⸗ lichsten und humansten Fiaker Kutscher, und 4) dem edelmüthigsten Bewohner des Oberrhein⸗Departements.

Eine 22 des Munizipal Raths von ir. hat neuer⸗ dings beschlossen, Lehrlingspreise zu Gunsten der Zöglinge der Ge⸗ meindeschulen zu stiften. Ein jeder Zögling, welcher, bel einem ge⸗ wissen Alter und Tüchtigkeit, durch die Wahl seiner Mitschüler, der Abministration empfohlen wird, soll geprüft und in Folge dieser Prüfung auf Kosten rer Stadt bei einem Meir ster in die Lehre gegeben werden, um ein Gewerbe zu erlernen, zu welchem er die meiste Neigung hat. Wenn sich ein solcher von de Stadt angenommener Sohn während der Lehrzeit gut betragen hat so erhält er nach Ablauf derselben, um sich zu etabliren, eine von

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der Stadt für ihn bei der Sparkasse angelegte Geldsumme, welche zu seinem ferneren Fortkommen zureichend itt.

In Toulouse wurde am 156sen d. ein legitimistisches Diner, wel⸗ ches aus Anlaß des St,. Heinrich⸗Tages stattsinden sollte, durch poli⸗ zeiliches Einschreiten verhindert. :

Der Präfekt des Nord- Depattements ist am 17ten wieder von Valenciennes abgereist. Der Unter⸗Präfelt, so wie der Geneal-⸗Lieu- fenant, sind jedoch in Saint Vaast zurückgeblieben, um die letzten Vorsichts Maßregeln zur gänzlichen Stillung des Aufstandes zu tref⸗ fen. Die Arbeiter von Vieux Conde sind allein noch nicht zur Ord⸗ nung zurückgekehrt.

Der belgische Botschafter am hiesigen Hofe, Fürst von Ligne, hat Paris verlassen, um sich auf Urlaub nach seinem Landsitze Bel Oeil zu begeben.

Tie Einnahmen der Nordbahn sind, ungeachtet des Unglücks⸗ falls, in fortwährendem Steigen, in der vorigen Woche erreichten sie die Summe von 178,147 Fr. 33 Cts.

An der Börse hatte heute ansehnliches Geschäft in Eisenbahn⸗ Actien statt; anfangs schienen sie ihre rückgängige Bewegung weiter fortsetzen zu sollen; später aber traten zahlreiche Käufe ein. Die französischen Renten hatten eine bessere Haltung, als gestern, trotz der niedrigeren Notirung der Consols aus London.

X Paris, 21. Juli. Nach heute eingetroffenen Nachrichten aus Malta vom 11ten befand sich der Prinz von Joinville mit der französischen Flotte damals zu Tripolis. Die große, neue Kriegs⸗ Dampffregatte „Descartes“, welche am 12ten im Hafen von Malta eingetroffen war, hatte die Flotte, Angesichts der Insel Lampedusa und auf diesen Hafen zusteuernd, verlassen. Gegen den 4. oder 5. August wurde sie im Hafen von Malta erwartet. Man spricht da⸗ von, sie werde von dort aus nach Alexandrien zu steuern.

Die Nachrichten aus Algier reichen heute bis zum 15ten. Man veranstaltete daselbst dem Minister des öffentlichen Unterrichts zu Ehren ein Bankett von Seiten der europäischen Ansiedler. Der Minister hatte die Einladung dazu bereits angenommen, eben so der Marschall Bugeaud. Die öffentliche Aufmerksamkeit war außerdem mit dem Projekte einer Eisenbahn zwischen Algier und Blidah be⸗ schäftigt. Eine Gesellschaft, die sich auch des Patronats des Herrn von Rothschild erfreuen soll, hat bereits einen Plan dazu, von einem geschickten Ingenieur entworfen, der Regierung vorgelegt; eine an⸗ dere, unter der Firma Graf Breteuil und Comp., einen zweiten, der gleichfalls der Verwaltung vorliegt.

Die ganze Presse spricht fetzt beinahe von nichts Anderem mehr, als von den Wahlen, und allmälig beginnt es auch unter den Wäh⸗ lern von Paris sich zu regen, nachdem die Provinzen schon seit einer Woche in voller Bewegung sind. Wenn Paris in dieser Beziehung gewöhnlich den Departements den Vortritt läßt, so schreibt sich dies davon her, daß sowohl die Regierung, als die verschiedenen Comit s aller Parteien, die sich gewöhnlich hier im Centralpunkte für Leitung der Wahlen im Allgemeinen bilden, ihre Thätigkeit mit Einwirkung auf die entfernteren Punkte anfangen und sie dann allmälig auf die Hauptstadt selbst zurückführen. Die Opposition hat neulich als ein Argument für ihre Sache den Umstand geltend machen wollen, daß angeblich die großen Städte Frankreichs, als welche vorzugs- weise der Sitz der großeren Intelligenz und unabhängigerer Stellung seien, größtentheils durch Oppositions-Mitglieder in der Kammer ver⸗ treten feien. Doch selbst abgesehen davon, ob in der That die Be⸗ wohner der größeren Städte gewissermaßen ein Monopol der Intel⸗ ligenz und der Unabhängigkeit des Charakters vor denen der lleine⸗ ren und des platten Landes voraushaben, ob nicht vielmehr gerade

sene den Einflüssen des Parteigeistes mehr zugänglich sind und nicht

selten die wichtigsten Interessen des ganzen Landes übersehen, wäh⸗ rend sie sich eher den Bestrebungen einzelner Ehrgeizigen nur zu Werkzeugen hergeben, ist es durchaus falsch, in solcher Allgemeinheit zu sagen, die großen Städte seien durchaus der Opposition zugethan. In Paris erlangte die Opposition selbst 1842 nicht einen vollständi⸗ gen Sieg, der durch einige nachher nothwendig gewordene Ergän⸗ zungswahlen schon wieder geschmältrt wurde. In allen früheren Wah⸗ len vor 1842 war die konservative Partei in Paris bei weitem in der Mehrheit gewesen, und Alles deutet darauf hin, daß sie bei den bevorstehenden Wahlen die Vortheile, die sie sich durch ihren Mangel an Einigkeit einen Augenblick hatte entreißen lassen, wieder gewinnen wird. Marseille, der Bevölkerungszahl nach die zweite Stadt Frankreichs, war bisher immer durch einen konservativen De⸗ putirten und zwei legitimistische vertreten, während bei den bevor⸗ stehenden Wahlen starke Aussicht vorhanden ist, daß das Verhältniß diesmal sich umkehren wird. Lyon, als die dritte Stadt, der Größe ihrer Bevölkerung nach, schickt vier Deputirte, die übrigen Gemeinden der Umgegend einen, und alle sünf sind entschiedene Konservative ge- wesen, nämlich die Herren Sauzet (der Kammer-⸗Präsident). Martin, Desprez, Devienne und Terme. Bordeaux schickte bisher immer zwei Konservative und zwei Mitglieder des linken Centrums, zuletzt die Herren Wustemberg und Roul und die Herren Ducos und Billaudel; also hatte keine Partei ein Uebergewicht über die andere. Rouen lieferte drei Konservative auf einen Oppositions⸗Mann. Straßburgs beide Vertreter gehör⸗ ten seit einer Reihe von Jahren schon immer der kon servativen Partei an. Dasselbe ist mit den drei Deputirten von Meß der Fall, fo wie mit den zweien von Nancy. Nur zu Lille und Toulouse hatte die Opposition bisher entschieden die Mehrheit, während Havre stets einen Konservativen sendete, Besangon zwei, Grenoble zwei, Rheims zwei u. s. w. Dies wird hinreichen, um zu zeigen, wie wenig jenes Argument der Opposition stichhaltig ist. Die neuen Wahlen aber dürften ihr noch einen ärgeren Strich durch die Rech⸗ nung machen. Wie die Kandidaturen für die pariser Wahlen sich stellen, ist der Sieg der Konservativen in der Mehrheit der Haupt⸗ stadt⸗Bezirke als sicher zu betrachten, so im ersten, zweiten, dritten, achten, neunten, zehnten und elften Bezirke, während drei andere Bezirke, der vierte, siebente und zwölfte, wahrscheinlich durch höchst gemäßigte Mitglieder des linken Centrums, der vierte z. B. , durch Herrn Ganneron, den Obersten der zweiten Legion der Nationalgarde und Gründer der großen Kredit⸗Anstalt, welche nach ihm Comtoir Ganneron benannt ist, vertreten sein werden. Die Wiedererwählung dieser drei Männer wird auch vom Ministerium selbst durchaus nicht bekämpft. Zwei Bezirke, der fünfte und sechste, waren bisher durch die beiben Radikalen Marie und Carnot vertreten, deren Wieder⸗ erwählung sehr gefährdet ist, besonders die des Letzteren, an dessen Stelle Herr Cotelle, der Maire des sechsten Bezirks, ein Mann, der im Allgemeinen mit den gemäßigten politischen Ansichten des linken Centrums übereinstimmt, treten dürfte. Auch im fünften Bezirk findet der radikale Advokat (einer der besten von Paris), Herr Marie, einen gefährlichen konservativen Mitbewerber in Herrn Blanqui, dem be⸗ fannten Akademiker und National- Oekonomiker. Die Aussichten für die Regierung siehen also auch in Paris selbst gut, und die Konser⸗ vativen haben entschieden und fast überall die Majorität.

Großbritanien und Irland.

unterhaus. Sitzung vom 20. Juli, Die Motivirung des bereits mitgetheilten Planes Lord John Russell's zur Regulirung

der Zuckerzölle enthielt keine andere Argumente zu Gunsten

Maßregel, als die, welche schon oft in dieser Frage wiederholt worden j Rur was der Lord in Bezug auf die künftig zu befoigende Koln Politik dunkel andeutete, ist besonders bemerkenswerth, da di u iche Ausführung einer solchen Politik eine gänzliche Aenderung in den n lischen Kolonial-Verhältnissen und in dem Handel überhaupt hen. bringen würde. Lord John Russell folgerte zuvörderst die ig wendigkeit einer Regulirung der Zuckerzölle aus den Interesen Gemeinwohls, da im anderen Falle die Regierung wohl nicht in so schwierigen Umständen als die gegenwärtigen sich beeilen mij diese Frage zu ordnen. Aber theils die Rüsicht auf das Puhbss dem bei einem Zucker-Konsum von 11 bis 13 Millionen Pfpo. n M'Culloch's Berechnung in den Jahren 1840 bis 1842 in Folge hohen Zolles der Zucker um 3,240 260 Pfd. St. jährlich verch

worden sei, theils die Rücksicht auf die Staats- Einnahme ven jeden Anfschub. Die vorjährige Maßregel des Ministeriums Pen Betreff der Ermäßigung der Zuckerzölle habe ein durchaus inn gendes Resultat geliefert. Die Zuckerpreise haben sich höher gin als man berechnet, die Zufuhr sei in Folge der Ausschließung des 86

Zuckers bedeutend unter dem Anschlage ausgefallen, und die Einnahmm den Zuckerzöllen sei daher um 341,529 Pfd. St. geringer gewesen veranfchlagt: „Die Prinzipien der vorjährigen Maßregel haben dan Probe nicht ausgehalten und würden flir das laufende Finamg April 1846 - 475 noch größere Nachtheile herbeiführen, da die Jin Aerndte der britischen Besitzungen nach den zuverlässigsten Fam nungen 230, 009 Tons nicht übersteigen wird, so daß, da die sumtion schon im vorigen Jahre 262,000 Tons betragen hat, bedeutender Theil des Bedarfs aus dem Auslande herbeigenn werden muß, was, so lange das jetzige Gesetz besteht, ohne trächtliche, für die Konsumenten drückende Vertheuerung des tikels nicht geschehen kann. Es gilt daher, die Konkurrem ) der Zucker-Einfuhr zu erweitern, und dag kann nur geschg wenn der Unterschied zwischen dem von Sklaven und dem i freien Arbeitern gewonnenen Zucker aufgehoben wird. Da

Gunsten dieser Unerscheidung angeführte, aus angeblicher Beg . gung des Sklavenhandels geschöpfte Argument ist durchaus im wendbar, denn eines Theiles läßt man sich die Einfuhr von Kun Baumwolle, Taback und anderen durch Sklaven-AUrbeit produsm Waaren ganz wohl gefallen, anderen Theils kann man die Sach g nicht durchführen, ohne mit langbestehenden, vertragsmäßigen pflichtungen in Kollision zu gerathen, wie z. B, die bekannte

sung Spaniens auf die ihm im utrechter Traktat zugesagten Bin tigungen darthut. den Zweck hat, die Production des Zuckers durch Sklaven⸗Arben behindern, ganz nutzlos, denn die Produzenten suchen ihre Min in anderen europäischen Handels⸗Staaten und nehmen von sen die britischen Produkte, deren sie etwa einzige Erfolg ist dabei nur,

so verdienen dagegen die Verhältnisse der britischen Kolonieen, wil durch die Sklaven⸗Emancipation in mancher Beziehung in ihren

ductionskräften gelähmt worden sind, Berücksichtigung, daher sch

sie noch für eine Zeit lang durch einen graduell sich vermindern

Differenzzoll geschützt werden.“ Nach dieser Auseinandersetzung lz der Premier⸗Minister die neue Zoll- Skala vor, deren Grundn mitgetheilt, und fügte dann noch einige Vorschläge zu Gunsten⸗ britisch⸗ westindischen Kolonieen hinzu, die sich tbeils auf Fördem der Einwanderung freier Arbeiter, theils auf Zoll⸗Ermäßigungen h Es soll der Einfuhrzoll von Rum in England ermäahigt um die Kolonieen ermächtigt werden, unter Zustimmung der Krone, den z Gunsten der britischen Erzeugnisse bestehenden Differenzzoll von oder 7 pCt. aufzuheben, jedoch „ohne Beeinträchtigung h bestehenden Ravigations-Gefetze“. Schließlich suchte un John Russell seinen Plan in finanzieller Hinsicht zu rechtfertigen, i dem er nachwies, daß der Ertrag der Zuckerzölle für das Jahr ni seinem Plane 4, 200, 000 Pfd. sein und auf diese Weise das mit Gr wißheit im Finanzjahr 1847 —– 48 zu erwartende Defizit von 352 ss Pfd. gedeckt werde. Gegen diejenigen, welche in die ser Mahßregtl z Hefährdung der Kolonial- Interessen erblicken, sprach der Lord Fi daß durch ü zerstört in das Mutterland ausp⸗ die Zeit ist herbeigekomme da man eine veränderte und, wie ich denke, bessere Politik besolzn muß. Unser Land sowohl, als alle anderen Länder, haben bisher nn Gewohnheit gehabt, mit Eifersucht ein Monopol des Handels in der Erzeugnisse der Kolonieen festzuhalten, und sie haben stets nn Kolonisten veipflichtet, ausschließlich die Fabrikate und Erzeugnise in Ich glaube, kein Land ist strenger und auh schließlicher in diesem System gewesen, als Spanien, und doch san hier Sir R. Walpole nach zweihundertjähriger Dauer des spanisth Kolonialreiches, daß der größte Theil der in Europa eingefühinh spanischen Güter nicht den Spaniern, sondern fremden Ländern Das war das Resultat des starren und ausschließlitzt Systems, eines Systems ohne die Energie und den Geist der Ilij Ich glaube, der Zucker sth wird in hohem Grade mehr kultivirt werden, wenn die Kolonist wissen, daß sie auf dem Markte des Mutterlandes mit den Erzen Ich glaube, sie wem neue Thatkraft aus dem Umstande gewinnen, daß ihnen gestattet win die billigsten Produkte anderer Länder zu suchen, wo es ihnen belit und man möge wohl bedenken, daß sie diesen Vortheil nicht alle genießen, sondern daß wir weder hier bei uns gegen unsere Kolonit Differenzialzölle auflegen, noch die Kolonisten gegen uns solche il Es wird' demnach ein Handel bestehen, der in Krieg in nicht den Gefahren feindseliger

ziehen.

gendes: „Ich kenne Einige, welche glauben, Wegnahme des Schutzes unser Kolonial- System die Anhänglichkeit der Kolonieen an hoben werde. Aber ich glaube,

Mutterlandes zu kaufen.

hörten.

heit kommerzieller Unternehmungen.

nissen anderer Länder konkurriren müssen.

gebrauchen. Frieden sicher ist, der rife ausgesetzt ist, sondern durch die Wohlthaten beider bestimmt wird.

strictio»ns⸗System früherer Zeiten fortbestehen.

mehr blühen werden.“

der Sklaven⸗Emancipation.

den ministeriellen

erhoben.

Ueberdies ist auch die Unterscheidung, so weiß

bedürfen; daß England selbst der din Verkehr mit senen Zucker produzirenden Staaten verkümmert ni Wenn aber diesem Allen zufolge jene Unterscheidung unzwecknis

Uinsere Kolonieen ziehen einen großen Vortheil in der Verbindung mit uns, so wie wir aus der Verbindung mit ihnch. aber diese Kolsnieen dürfen fortan nicht auf dem beschränkten R. Andere Prinzipin müssen die Herrschaft gewinnen, und ich glaube, daß beide, Koloniten und Mutterland, nach der Abschaffung unnöthiger Restrictionen dest Nach Beendigung der Rede des Ministen folgte eine kurze Diskussion über die Prinzipien des vorgelegten Pli nes im Allgemeinen. Herr Goulbu nn, der Ex⸗-Kanzler der Schah kammer, behielt sich sein Urtheil vor. Lord G. Bentin c kündigte, wi schon erwähnt, ein Amendement an. Er begründete seine Opposti theils auf die Aufhebung des Zollschutzes, theils auf die Gefaährdunß Für beide Argumente fand er Justin. mung bei den Herren Berkeley, Barclay, Henley, Boꝛrth⸗ wick u. A., die theils der Protertionisten=, theils der Philanthme. pen⸗ Partei angehören, während die Herren Eivart und ic ard Plan angriffen, weil er die Differenz Zölle nic rüher als nach fünf Jahren aufhebt. Den Rest der Si ung üllten Verhandlungen über Geld⸗Bewilligungen für die Flotte aut wobei mehrere Stimmen sich gegen die Fortdauer der Penschensn

Im Oberh ause wurde gestern die von Graf Pow is cing ie

ill gegen die Vereinigung der Bisthümer von St. Asaph 1 86 38 gegen 28 Stimmen zum zweitenmale verlesen.

ö Narquis von Lan sdown e opponirte Namens des Ministe⸗ ns vergeblich.

London, 21. Juli. Von den bedeutenderen Organen der sse ist es nach Veröffentlichung des ministeriellen Zuckerplanes nur Limes, welche dem Ministerium nicht geradezu opponirt. Die gaen Blätter, selbst die Whig⸗Journale, finden an dem neuen sne zu tadeln, und es scheint mehr als wahrscheinlich, daß derselbe zt die Zustimmung des Parlaments erhalten wird. Die Whigs ihre Vertreterin, die Mo ning Chroniele, sind unzufrieden, „rie Differenzzölle zu Gunsten des britischen Kolonialzuckers nicht rt abgeschafft, vielmehr die monopolistischen Plantagenbesitzer noch Jahre hinaus geschützt werden, während auf der anderen Seite Frotectionisten stehen, welche dem Prinzip nach jede Milderung

Schutzsystems bestreiten und in dieser Frage in den Phi⸗ chropen, welche in der Zulassung des Slklavenzuckers eine tsregel, der Reaction gegen die, Abschaffung der Sklave⸗

erblicken, einen bedeutenden Beistand erhalten. Vereinigen diese drei Bestandtheile des Hauses, von denen der erstere der sie ist, gegen die Maßregel, so ist deren Verwerfung gewiß. J. Peel, der gestern zum erstenmale wieder im Unterhause er⸗ en und auf dem Stuhl an der Spitze der Opposition seinen Platz lte, ist ohne Einfluß, wenn er auch dem Plane seine Zustimmung en soltte. Der Standard bemerkt, daß von den 112 Anhän⸗

des Er⸗Premier⸗Ministers bereits 90 wieder in den Schoß der zteckionisten⸗Partei zurückgekehrt seien.

Nach Angabe der Times wird das Ministerium den Plan wegen stonirung der altersschwachen Flotten⸗ Capitaine wieder aufneh⸗ vorher findet aber eine große Beförderung zu Admiralen statt.

Die mit dem „Trent“ eingetroffene neueste westindische Post bringt s von politischem Interesse.

Die londoner Zeitungen enthalten bereits einen von dem hodistischen Theile der Sklaven⸗Emancipations-⸗Freunde aus⸗ den langen Protest gegen die Gleichstellung des Sklavenzuckers, es heißt, daß unter Anderen auch Lord Brougham im Ober⸗ entschieden dagegen protestiren werde.

Lord Morpeth ist am 18ten ohne Opposition zum Parlaments- gliede für West⸗Norkshire wiedergewählt worden.

Zwei Regimenter sind zur Verstärkung der Truppen am Cap 'schickt worden.

Der portugiesische Kriegs-Minister, Marschall Saldanha, ist ch, wie es heißt, auf dringendes Ansuchen des Marquis von mella, von England nach Lissabon abgegangen.

Am 18ten hat auf der sogenannten Eastern⸗Counties⸗Eisenbahn Stratford eine Kollision zweier Wagenzüge stattgehabt, durch be 30 bis 40 Personen zum Theil schwer verletzt worden sein n; getödtet wurde Niemand.

nieder lande. Aus dem Haag, 20. Juli. Die Regierungs-Zeitung ält einen Königlichen Beschluß vom 28. Juni d. J.. wodurch 18te Jusatz⸗Artikel zur Mainzer Convention vom 31. März 1831 igt wird.

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Es wird, wie verlautet, binnen kurzem ein General des deut—

Bundesheeres in Holland erwartet, um die zum Bundesheere renden limburg luxemburgischen Kontingente, die jetzt in einigen erländischen Städten stehen, zu inspiziren.

8elg ien. Brüssel, 22. Juli. Gestern wohnten der König und die Kö—= tze Familie mit zahlreichem Gefolge, das diplomatische Corps, Rinstter und die Behörden in der St. Gudula⸗Kirche dem Got⸗ senst bei, mit welchem der 15e Jahrestag der Thronbesteigung Majestät gefeiert wurde. Nach dem Tedeum hielt der König, ser Uniform eines Kürassier⸗Oberst und begleitet von einem glän⸗ en Generalstab aus allen Waffen- Gattungen, so wie von Soli= Pascha, der die ägyptische Üniform, und von Horace Vernet, die Unifom eines Stabs-Ofsiziers der pariser National⸗Garde eine Musterung der in Brüssel zu dieser Feier versammelten auf 5000 Mann sich belaufenden Truppen ab. Nach der Nevue ken auf der Esplanade am Namur-⸗Thore die Offiziere einen Kreis den König, der bei dieser Gelegenheit eine Anzahl von Beförde⸗ en und Orden vertheilte. die Independance enthält heute Folgendes in Betreff der handlungen mit Holland: „Wie wir hören, ist Herr van Zuylen Nyeveldt, Attaché bei unserer Gesandtschaft, im Haag, ohne sel als Ueberbringer von Depeschen, in Brüssel angekommen. Depeschen müsfen einiges Licht über die Sachlage ver⸗ en, und das Ministerium sollte doch wohl nun in Stand st sein, eine Entscheidung über die Wiederversammlung der mern oder den Schluß der Session zu treffen. Andererseits chert man, Herr Mercier, der am Freitag in Brüssel eintraf, sei olgenden Tage nach Mons zurückgekehrt und schicke sich an, von nönach dem Haag zu reisen, aber nicht um den paraphirten Ver⸗ zu unterzeichnen, sondern angeblich um die Unterhandlungen wie⸗ uuszunehmen. Die holländischen Blätter melden ihrerseits, daß B Wilhelm den Haag nochmals auf etwa acht Tagen verlassen und Personen, welche wohl unterrichtet sein können, versichern, es e Absicht, die Unterhandlung und die definitive Unterzeichnung Vertrages bis zur bevorstehenden gewöhnlichen Zusammenkunft eneralstaaten, also bis zum Monat Oktober, hinzuziehen. Wir nein dieser Hinsicht nichts Gewisses melden, aber wir bleiben fill dabei, daß die Lage, in welche die belgischen Kammern ät sind, nicht länger fortdauern kann, ohne ihre Würde und die zanzen Landes aufs äußerste bloßzustellen.“

Dänemark.

Kopenhagen, 22. Juli. Ueber den Besuch, den Ihre Ma⸗ n der König und die Königin in Helsingborg abgestattet haben, nan in der Berling. Ztg., daß die em sh! önigs⸗ Familie, lutnahme des Kronprinzen, der von den Masern befallen ist, sich ard des „Hekla“ verfügt hatte, um das dänische Königspaar der übrigen Königlichen Familie zu empfangen. Nach der Lan⸗ i gen sich die beiden Könige in die Wohnung des schwedi=

önigs und die beiden Königinnen in die Wohnung

schwedischen Königin, und es ward hierauf eine, Fahrt

dem Brunnenor e Ramlösa unternommen, wo in dem Konzert- und Ballsaal große Tafel gehalten wurde. Vor m? Uhr Abends erfolgten Rückreise der dänischen Königs⸗Fa⸗ wurde der Thee in der Wohnung des Königs von Schweden bmmen. Gegen 12 Uhr kam die dänische Königs-Familie auf „della wieder auf hiesiger Rhede an, wo man die auf dersel⸗ nden drei Kriegsschiffe in blauer bengalischer Flamme erglän-

r Alphons de Hübsch ist zum Secretair bei der dänischen ; ischast in Konstantinopel ernannt.

Kollegial- Zeitung theilt in einem Ertra⸗Blatte das

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Bedenken der zur näheren Untersuchung ber Erb folge⸗Verhälinisse in den Herzogthümern verordneten Kommission mit. ˖

Das Dampfschif „Kopenhagen“ ist hier am Sontage nach 1321stündiger Fahrt von Kiel angekommen. Die Reise nach Hamburg kann also in etwa 18 Stunden zurückgelegt werden, eine Zeit, die früher gebraucht wurde, um von hier nach Korsör zu fahren.

Der Bank⸗Direktor Christensen ist mit Tode abgegangen.

Schweiz.

. Kanton Zürich. Die Murtener haben in diesen Tagen ihre Beschwerdeschrift gegen den Anschluß an den Sonderbund ein⸗ gereicht. Aus der Diskussion in der Tagsatzung vom 20. Juli über die Garantie der Walliser Verfassung, welche alle bedeutenden Stände ablehnten, weil der reformirte Gottesdienst verboten ist, schließt man, daß die Verhandlungen über den Sonderbund und Murten sehr hitzig werden dürften.

Kanton Bern. Die vom Verfassungs-Rath an das Volk von Bern erlassene Proclamation lautet wie folgt:

„Mitbürger! Den in eurem Auftrag ausgearbeiteten Verfassungs Ent- wurf legen wir euch hiermit auf den nächsten 31. Juli, an einem ohnehin durch die Einführung der bisher gestend gewesenen Staats ⸗Verfassung dem bernischen Volle lieb gewordenen Jahrestage, zur Annahme oder Verwerfung vor. Es war unsere Absicht, durch diese unsere Arbeit dem in zahlreichen Petitionen ausgesprochenen Volkswillen so viel möglich ein Genüge zu thun. Und mancher von euch ausgesprochene, aber in diesem Entwurf unerfüllt ge⸗ bliebene Wunsch wird später durch die Gesetzgebung und die vollziehende Staatsgewalt zweifelsohne noch volle Befriedigung finden. Wir wollten der öffentlichen Wohlfahrt eine festere, breitere Grundlage legen und der Frei= heit heilige Garantieen zusichern; wir wollten Keime ins Volksleben hinein- pflanzen, die in der Zukunft, von höherer Bildung gepflegt, zum kräftigen Baume heranwachsen sollen. Ob unser Streben uns gelungen sei, das ent- scheidet nun ihr. Ihr waret bis dahin durch verschiedenartige Interessen ge— trennt; die Ungleichheit der Vertheilung der öffentlichen Lasten war seit lan- ger Zeit der leidige in unser so reich gesegnetes Land geworfene Zankapfel. Wir setzten uns zum Ziele, diese materiellen Angelegenheiten möglichst be= friedigend auszugleichen, die bisher getrennt gebliebenen Landestheile in höherem Nationalgefühle zu einigen. Haben wir das uns vorgesteckte Ziel erreicht? Die Beantwortung auch dieser Frage stellen wir nun getrost eurem Enischeid anheim. Mitbürger! Der gegenwärtige Augenblick ist so einst, so folgenreich. Wir schicken uns jetzt an, über das Wohl oder Weh unseres theuren Vaterlandes zu entscheiden. So möge denn Jeder unter uns vor Gott und seinem Gewissen redlich und geneulich das Werk prüfen, das wir euch nun vorlegen. Alle wollen wir den Blick über die engen Schranken der Dorfschaften, Amts-Bezirke und Landestheile erhe⸗ ben und unverrückt die allgemtine Wohlfahrt unseres Landes ins Auge fassen! Gewitterwolken, die immer schwerer und finsterer sich zusammen⸗ ziehen, drohen über unserem schweizerischen Vaterlande sich zu entladen. Möchten wir beim nahenden Sturm ein sicheres Obdach im neu eibauten Hause finden. Mit den eigenen Angelegenheiten beschäftigt, konnten wir uͤnsere Stelle in den Reihen der eidgenössischen Kanione nicht mit dem Nachdrucke behaupten, wie es für Bern sich geziemt; unsere Brü⸗— der sehen sich ängstlich nach uns um! Ja, bald werden wir wie⸗ der eintreten in die Reihe als ein starkes, freiheitsliebendes Volk. Mit- bürger! Zur Hoffnung, daß wir einer schöneren Zukunft entgegengehen, berechtigt uns eure in den letzten Monaten bewiesene ruhig-ernste, würdige Haltung. Ein Volk, das in solchen Zeiten sich selbst zu beherrschen und den Versuchungen, die Bahn gesetzlicher Ordnung zu verlassen, so entschie⸗ den zu widerstehen weiß, ist des höchsten irdischen Gutes, der Freiheit, wür⸗ dig. Aber wer könnte in Zeiten, wo die Wohlsahrt eines ganzen Volkes in' Frage steht, so undantbar sein, daß er mit inniger Andacht sein Gemüth nicht zu dem erhöbe, der die Schicksale der Völler mit allmächtiger Hand leitet? Wie gütig hat sich Gott immerdar gegen uns erzeigt, auch hierin, daß er uns die Wahl unserer Verfassung und Regierungsform als eine Wohlthat zuläßt, deren so viele Völker zur Stunde noch entbehren! O daß wir dieses Glücks, dieses Vozugs würdig bleiben möchten! Gott segne und erhalte unser Vaterland! Bern, 14. Juli 18146. Namens des Ver⸗ fassungs⸗Rathes der Präsident Alexander Funk. Die Secretaire Migy. Stämpfli. Revell. Kistler.“ .

Kanton Aargau. Die katholische Volks-Petition um Wie⸗ dereinsetzung der Klöster ist im Freiamt mit 4418 Unterschristen ver= sehen worden. Auch im Bezirk Baden sind bereits 2000 Unterschriften ein⸗ gegangen. Dem Großrath, und Rektor Meienberg von Bremgarten wurde der Auftrag zu Theil, die von den Bezirken Bremgarten und Muri fast einstimmig unterzeichneten Petitionen um Wiederherstellung der aargauischen Klöster den Bundes⸗Präsidenten in Zürich zu über-

reichen.

IJtalien.

Neapel, 11. Juli. Der König, die Königin und die sämmt⸗ liche Königliche Familie sind nach Palermo abgereist, um dem Ro⸗ salienfeste (lõten d.) beizuwohnen.

Die zwei kolossalen Pferde aus Erz, welche Kaiser Nikolaus bei seinem letzten Hierfein dem Könige als Gescheuk versprach, sind auf einer russischen Korvette angelangt und bereits ans Land gebracht. Sie sind ein Meisterwerk der Kunst.

Nom, 15. Juli. (J. 3.) Die Presse vom Aten d. läßt sich von hier berichten, der Papst habe dem Grafen Rossi einen Brief geschrie⸗ ben, worin er seine Liebe und Hochachtung für Ludwig Philipp und die Franzosen ausdrücke und sich dieselbe Protection ausbitte, wie sein Vorgänger sie genossen habe. Man weiß wirklich nicht, was man zu solchen Lügenartikeln denken soll, die uns einen Blick thun lassen in das französische Getriebe.

58 panien.

3 Madrid, 16. Juli. Die Progressisten haben ausführliche Nachrichten über die Reise⸗Abenteuer des Infanten Don Enrique er⸗ halten. Es war der bekannte Herr Cortina, der den Infanten in Bayonne überredete, seinen Aufenthalt von Frankreich nach einem anderen Lande zu verlegen. Herr Cortina, ein sehr gewandter Mann, stellte dem Prinzen vor, daß er während seines Bleibens in Frankreich auf das strengste beobachtet und überwacht würde und vielleicht gar zu erwarten hätte, wie einer seiner Vet⸗ tern gewaltsam zurückgehalten zu werden. Der Infant äußerte nun den Wunsch, seinen Wohnsitz nach England zu verlegen, wurde jedoch durch Berücksichtigung der Kostspieligkeit des dortigen Aufenthalts veranlaßt, sich für die Hauptstadt Belgiens zu entschei⸗ den. Seine hohen Verwandten in Paris waren von den eigentlichen Bewegungs⸗Gründen seiner Reise nicht unterrichtet. Sie stellten einige Mitter zu seiner Verfügung und wünschten ihn in Paris bei sich zu behalten. Nachdem der Infant die Ehre gehabt hatte, in Neuilly an der Königlichen Tafel zu speisen, suchte sein erlauchter Wirth ihm bemerkbar zu machen, daß der Aufenthalt in Brüssel an der Seite einer mit einem an Rang weit unter ihr stehenden Manne verheiratheten Schwester nicht wohl dazu geeignet wäre, ihn in die seinem Stande entsprechende Gesell⸗ schaft zu führen, und er daher besser thun würde, in Paris, wo seine jugendlichen Verwandten von dem Wunsche, sich ihm gefällig zu machen, beseelt wären, wenigstens auf so lange zu verweilen, bis sich ibm erfreulichere Aussichten in seiner Heimat eröffneten. Allein der Infant erklärte seinem erhabenen Verwandten, auf diesen Vorschlag nicht eingehen zu können, weil er dem Herrn Cortina ver- sprochen hätte, sich vor der Hand in Brüssel niederzulassen. In diesem Benehmen des jungen Infanten erblicken die hiestgen Progressisten

einen neuen Beweis seines unabhängigen Sinnes. Natürlich muß es ihnen erwünschter sein, den Infanten sich unter die Befehle des Herrn Cortina stellen, als ihn den Rathschlägen seiner auswärtigen Ver⸗ wandten folgen zu sehen.

Der Heraldo, das bekannte Organ der Partei des Generals Narvaez, soll gegenwärtig unter dem direkten Einflusse der französischen Botschaft stehen. Von allen Seiten mit der Aufforderung gedrängt, sich in Betreff der Vermählungs⸗- Frage unumwunden zu erklären, sagt dieses Blatt jetzzs „Wenn wir irgend befugt wären, unsere Ansicht über die Vermählung der Königin auszusprechen, so würden wir jeder auswärtigen Combination einen spanisch en Prinzen, und zwar einen liberalen Prinzen, vorziehen. Als wir im vorigen Sommer die Kandidatur eines der Söhne Sr. Königl. Hoheit des Infanten Don Francisco aufstellten, verkündeten wir nicht einen Namen, sondern ein Prinzip. Die späterhin in unserem Lande eingetretenen Ereig⸗ nisse haben weder dieses Prinzip, noch den Beifall beseitigen können, mit welchem die Nation damals den von uns an den Thron der Kö⸗ nigin gerichteten Wunsch aufnahm.“ Dagegen sagte gestern der Tiem po: „Auf die Kandidatur Trapani folgte die Kandidatur Koburg, und mit ihr entstand das Bestreben des Ministeriums Ludwig Philipp's, ihr entgegen⸗ zuarbeiten. Wir sind überzeugt, daß alle möglichen Mittel zu diesem Behufe direkt und indirekt von Seiten Frankreichs in Bewegung gesetzt wurden und noch werden. Der Botschafter und die Regie rung Frankreichs haben ohne Zweifel nicht bedacht, daß bei der ge⸗ genwärtigen Lage der Dinge ihr Widerstand eine Kandidatur beliebt machen und ihre Anempfehlung eine andere vereiteln kann. Eine solche Gestalt hat die Vermählungs⸗Frage angenommen.“

Der französische Botschafter hat die Reise, die er für diesen Sommer nach den Bädern von Teplitz zu unternehmen beabsichtigte, aufgegeben. Seine Gemahlin ist dagegen vor 8 Tagen nach Frank- reich abgereist.

Der General Narvaez wird, wie seine vertrauten Freunde be⸗ haupten, auf längere Zeit in Paris verweilen, ohne sich auf seinen Botschafterposten nach Neapel zu begeben. Der General Mazarredo, 94 i innigsten Vertrauten, ist ihm vor acht Tagen nach Paris nachgereist.

Der Erzbischof von Bordeaux hielt auf seiner Durchreise durch Barcelona in der dortigen französischen Kirche eine Predigt, in wel⸗ cher er die anwesenden Franzosen dazu ermahnte, sich mit der spani⸗ schen Nation auf das engste zu befreunden.

Die Einverleibung der Provinzial-Miliz⸗Bataillone in die Linien- Regimenter ist überall ohne Widersetzlichkeit, die auch an den im voraus getroffenen Maßregeln gescheitert sein würde, vor sich gegangen.

Morgen wird in der Kirche von S. Francisco ein feierlicher Trauer-Gottesdienst für die 75 Mönche stattfinden, die am 17. Juli 1834 von den niederen Volkeklassen Madrids auf Veranstaltung eini⸗ ger blutgieriger Revolutionaire ermordet wurden. Zwei Handwerker, die an diesen Gräuelthaten theilgenommen hatten, stritten gestern in einer Schenke darüber, ob der Tag des Ereignisses der 16te oder der 17te gewesen wäre, und begannen mit ihren Messern einen Kampf, der damit endigte, daß der eint getödtet, der andere tödtlich verwun= det wurde.

Der Zustand von Portugtll scheint immer bedenklicher zu werden. Kaum war der von der Regierung mit besonderen Befugnissen nach Coimbra abgeschickte Herr Fonseca Magalhaes dort angekommen, als die dortigen Einwohner sich empörten und ihn nöthigten, in der eilig= sten Flucht sein Heil zu suchen. Die rebellische Junta wurde sogleich wieder eingesetzt und befindet sich in völliger Unabhängigkeit von de lissaboner Regierung.

Die Hitze steigt hier jeden Nachmittag im Schatten auf 34 Grad Reaumur.

Portugal.

X Paris, 21. Juli. Die Briefe aus Lissabon reichen bis 12. Juli. In einem lese ich die folgenden Worte, welche mit we⸗ nigen Zügen die ganze Lage der Dinge schildern: „Anarchie in der Regierung, Anarchie in der Verwaltung, Anarchie in den Finanzen, Anarchie im Volke. Wenn diese Lage noch länger fortdauert, so kann man nicht ohne Bangen an das Schicksal denken, welches dieses unglückliche Land erwartet.“ Gestern schon war uns durch die spa— nischen Blätter die Meldung zugekommen, es sei in Coimbra ein neuer Aufstand in ra dikalem Sinne ausgebrochen. Der Zu⸗ stand der Anarchie und Unordnung, in welchen das unglückliche Land ohnedies sich schon versetzt sah, ist also noch verwickelter geworden durch den Anfang eines neuen rein demokratischen Aufstandes. Der eine Aufstand hakt nun einen anderen erzeugt. Das Ministerium des Herzogs von Palmella hatte sich in Folge der miguelistischen Re⸗ bellions⸗Versuche genöthigt gesehen, durch Anordnung außerordentlicher Maßregeln den streng constitutionellen Weg zu verlassen, den es bei seinem Eintritte ins Amt einzuhalten versprochen hatte. Es theilte eine Anzahl von Bezirken des Landes in zwei große Distrikte und stellte an die Spitze eines jeden eine Behörde neuer Erfindung unter dem Titel eines Ober ⸗Civil⸗Chefs. Diesem wurden diesel⸗ ben ausgedehnten Befugnisse ertheilt, wie in ähnlichen Um⸗ ständen das Ministerium Cabral sie für seine Beamten von den Cortes verlangt und erhalten hatte. An die Spitze eines dieser Verwaltungskreise, des von Mondego, dessen Hauptstadt Coimbra ist, wurde der Rath Rodrigo Fonseca Magalhaes gestellt. Kaum erfuhr man in Coimbra diese Maßregeln des Kabinets, als die Volksjunta daselbst sich auflöste und das Volk zu den Waffen griff, um Widerstand zu leisten. Herr Magalhaes sah sich genöthigt, un⸗ ter dem Schutz einiger Freunde, die über seine bedrohte persönliche Sicherheit wachten, aus Coimbra zu entfliehen. Die Junta hat nun die Zügel der Regierung wieder selbst ergriffen, und Coimbra hat sich als unabhängig erklärt, indem es jeder Autorität, die nicht innerhalb seiner Mauern ihren Sitz hat, den Gehorsam verweigert. Die lokale Presse hat dem Kabinet zu Lissabon förmlich den Krieg erklärt, und der Re⸗ gierung mangelt die Kraft, um diese neue revolutionaire Bewegung zu Coimbra im Keime zu ersticken. Das offizielle Dia rio beobachtet über die ernsten Vorfälle zu Coimbra, auffallend genug, das tiesste Stillschweigen. Der septembristische Patriote aber, das Haupt⸗ Organ der Revolution, welches die Minister aufs heftigste bekriegt, sagk mit dürren Worten, Portugal befinde sich in der beklagenswer- thesten Lage von der Welt, und wenn die Regierung auf der Bahn sorischreite, die sie jetzt befolge, so sei eine neue Revolution unausbleiblich. Herr Fonseca Magalhaes war von Coimbra zurück wieder in Lissabon einge⸗ troffen. Es scheint, daß Santarem bereits dem Beispiele von Coim- bra gefolgt ist. Zu Santarem hatte bekanntlich die Junta sich nicht auflösen wollen. Auch hieß es, die Bewohner des platten Landes unb der Gebirge um Coimbra hätten sich bereits bewaffnet, um zur Vertheidigung der Stadt herbeizueilen für den Fall, daß die Regie= run 2 sollte, mit Gewalt sie zur Unterwerfung zu bringen. Während so die radikale Partei mit Keckheit in Coimbra und am Minho das Haupt erhebt, rührt sich die miguelistische immer ge⸗ waltiger in Tras os Montes und in den Algarvien, und ernst= liche Zusammenstöße drohen zwischen den Truppen und dem Volle. Befonders auch in der Gränzfestung Elvas legen die Truppen ganz offen ihre Unzufriedenheit an den Tag, und die Regierung hatte in der

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