1846 / 311 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

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rung die Kommissions⸗Vorschläge an, so sei er überzeugt, daß dann die gewünschten Verbesserungen im Drange der Umstände folgen wür- den, eine neue Organisation der Gerichts⸗Verfassung eintreten werde. Jetzt fehle die gehörige Uebersicht, die Gerichts⸗Bezirke zu begränzen, das Personal zu bestellen. Ein fünftes Mitglied: Die Orga⸗ nisation der Gerichts⸗Verfassung stelle sich nach seiner Ansicht als nothwendig dar, und könne er eben so wenig das Unübersteigliche jener Hindernisse wie die Hoffnungen des letzten Redners anerkennen. Nach diesen allgemeinen Vorbemerkungen ward mit Verlesung der ein⸗ ö Paragraphen und der dazu gehörenden Kommissions-Anträge verfahren.

Kurfürstenthum FHessen. In der vertraulichen Sitzung der kurhessischen Stände vom 27. Oktober wurden zu Mitgliedern des permanenten ständischen Ausschusses die Herren von Waitz, Nebelthau, Wippermann, Schwarzenberg und Eberhard gewählt.

Oesterreichische Monarchie.

Mailand. Die hiesige Zeitung berichtet: „Wie in der Provinz Pavia, waren auch in der Provinz Lodi die Dämme, welche gegen die Fluthen des Po schützten, durchbrochen, und das Wasser hatte am 19. Oktober bei Piacenza die höchste Höhe dieses Jahr⸗ hunderts, 24 Centimeter, erreicht. Die Ueberschwemmung erstreckte sich auf alle Orte der Umgegend, mit Ausnahme des höher liegenden Gebiets von Orio und Corte Sant⸗Andrea. Die römische Poststraße war auf der Strecke von Fombio bis zur Tresenda und St. Rocco überschwemmt.“

Frankreich.

Paris, 4. Novbr. Der König und die Königin der Belgier sind gestern mit einem Extrazuge der Nordbahn nach Brüssel zurück— gereist. Der Herzog und die Herzogin von Montpensier, welche am Sonnabend in Bordeaux eintrafen, wo ähnliche Empfangsfeierlich— keiten, wie zu Bayonne und Pau stattfanden, und der Prinz den Behörden ein Diner, die Stadt dem neuvermählten Paar zu Ehren einen Ball gab, werden heute Abend in Paris erwartet.

Dem Courrier frangais zufolge, wäre in dem gestrigen Minister-Rathe darüber verhandelt worden, wer zum Nachfolger des Admiral Duperré zu ernennen sei, und man habe beschlossen, den Prinzen von Joinville zum Admiral zu erheben. Die Presse sagt, es mache so eben wieder eine von diesem Prinzen an den See— Minister gerichtete Denkschrift großes Aufsehen unter den Seemän— nern; es handle sich darin von einer neuen Reform in der Marine, indem der Prinz darauf dringe, daß die Schiffe, welche 100 Kano— nen haben sollten, deren aber nur 74 hätten, vollständig bewaffnet würden; eine von dem Admiralitäts-Rath zur Begutachtung dieser . ernannte Kommission habe sich zu Gunsten derselben ausge⸗— prochen.

Zwei hiesige Blätter, der Commerce und der Courrier frangais, haben heute kurze Artikel über den angeblichen Vorfall zu Bayonne zwischen dem englischen Konsul und dem Unter-Präfek⸗ ten. Der Commerce sagt, er wolle für jetzt kein Urtheil über eine Sache aussprechen, deren Authentizität nicht festgestellt oder deren nähere Umstände wenigstens nicht vollkommen bekannt seien. Gesetzt aber, der Vorgang verhielte sich so, wie berichtet worden, so würde man, bemerkt dies Blatt, die kindische Art und Weise, wie die Be⸗ hörden von Bayonne ihr Mißfallen zu erkennen gegeben, nicht stark genug tadeln können. „Wenn das Benehmen des englischen Kon⸗ suls“, fügt der Commerce hinzu, „beleidigend und tadelnswerth war, so boten die Gesetze der Diplomatie hinreichende Mittel, eine Genugthuung zu erlangen, durch die auch die mit dem größten Recht empfindliche National⸗Ehre sich hätte zufriedengestellt finden können; aber die verdiente Strafe eines Konsuls in eine Art von Schimpf verwandeln, den man der Flagge eines ganzen Landes zufügt, ist ein Fehler, den kein Eifer, ja nicht einmal der Wunsch, einem Prinzen den Hof zu machen, entschuldigen kann.“ Der Courrier fran— Kais, der die Sache als wirklich geschehen annimmt, scheint das vom Commerce so getadelte Benehmen des Unter-Präfekten nicht für unpassend zu halten. Dieses Blatt will auch schon wissen, daß der französische Geschäftsträger in London die Instruction erhalten habe, die Abberufung des englischen Konsuls zu Bayonne zu verlan— gen, eine Maßregel, die ihm noch keinesweges genügend scheint, in⸗ dem es einen noch energischeren Schritt, nämlich die Entziehung sei⸗ nes Exequatur von Seiten der französischen Regierung, fordert.

Aus einer Uebersicht des Zoll⸗Einkommens dieses Jahres ergiebt sich, daß in demselben dreimal mehr Getraide als im vorigen Jahre eingeführt worden, und daß durch die Erhöhung der Zölle auf Oel⸗ saamen die Einfuhr desselben sich weit über die Hälfte vermin- dert hat.

Das Sinele, das Organ Odilon-Barrot's, billigt es zwar, daß in Spanien ein Frankreich feinseliger Einfluß beseitigt worden sei; es billigt auch, daß ein Sohn des Königs mit einer spanischen Infantin vermählt worden, ohne eine Erlaubniß Englands abzuwar— ten; es mißbilligt aber, daß man dabei auf eine so geheimnißvolle

Lissabon angekommen sei,

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Weise zu Werke gegangen, und erklärt, es würde nur auf das ent⸗ schiedenste dagegen eifern müssen, wenn nun ein Feldzug gegen die Freiheiten der Halbinsel eröffnet werden sollte, und immerhin sei es zu beklagen, daß die französische Regierung, welche sich den Wechsel⸗ fällen eines Bruches mit England jetzt wegen eines dynastischen In⸗ teresses ausgesetzt, nicht schon früher davon überzeugt gewesen sei, daß die Allianz mit England, um dauerhaft und ehrenvoll zu sein, nicht mit einem Opfer nationaler Würde auf der einen oder der an⸗ deren Seite begleitet sein dürfe.

Der Moniteur enthält eine Königliche Verordnung, welche deu Verkauf von Giften und giftigen Substanzen regelt und für den Handel von 72 namentlich bezeichneten Giften große Beschränkungen und für alle möglichen Fälle berechnete Vorsichtsmaßregeln vorschreibt, gegen die Dawiderhandelnden aber strenge Strafen festsetzt. Alle mit giftigen Stoffen Handel treibende Personen müssen künftig beim Maire dies anzeigen, um die Aufsicht darüber möglich zu machen. Chemiker und Fabrikanten, welche Giftstoffe verwenden, müssen dies ebenfalls anzeigen; für medizinische Zwecke dürfen Apotheker nur auf Anordnung eines Arztes, Wundarztes, Sanitäts-Beamten oder kon⸗ zessionirten Thierarztes dergleichen verabfolgen. Jede Dosis muß mit Angabe des Verkäufers und des Zwecks, wozu sie bestimmt ist, genau versehen sein.

Nach dreitägiger Verhandlung hat das Zuchtpolizeigericht von den 41 wegen Theilnahme an dem Tumult in der Vorstadt St. An⸗ toine Angeklagten, meist Arbeitern und Handwerks-Gesellen und zum Theil schon polizeilich in üblem Rufe, 20 wegen mangelnder Beweise freigesprochen, die anderen aber in Strafen von 16 bis 25 Fr. und Gefängniß von 14 Tagen bis zu 6 Monaten verurtheilt.

Dem Vernehmen nach, ist die französische Regierung damit be— schäftigt, eine Verordnung zu entwerfen, wonach die Dorfschullehrer nach zehnjähriger Dienstzeit den Anspruch auf die Anstellung als Steuer-Einnehmer erhalten sollen.

Von Toulon schreibt man, daß das Wetter im Mittelmeer in der letzten Zeit sehr stürmisch gewesen; das Dampfschiff „Dante“ war mit dem Bey von Tunis noch nicht eingetroffen, und man glaubt, daß es des Sturmwetters wegen irgendwo eingelaufen sei.

Nach der Presse hat die Regierung eine Dampf⸗Fregatte zur Verstärkung der französischen Station im Tajo abgeschickt, wo Frank— reich lange Zeit nur eine Brigg hatte.

Der Courrier von Marseille berichtet unterm 29. Oktober: „Gestern hat das günstige Wetter die bedeutende Anzahl von 46 kornbeladenen Schiffen in unseren Hafen gebracht. Briefe aus Kon— stantinopel mit dem letzten Paketboot melden, daß 115 mit Korn beladene Schiffe nach Marseille abgesegelt waren.“

Am Montag war die Börse wieder sehr bewegt, weniger wegen der Wichtigkeit politischer Nachrichten, als wegen der vielen Zwangs— verkäufe von Eisenbahn-Actien. Personen aus den höchsten Stän⸗— den, hohe Beamte vom Kriegswesen und der Marine sind die Opfer dieser Bahn-Speculationen geworden. Unter Anderem soll ein Pair, der vor drei Jahren noch Hunderttausende Fr. Rente hatte, sein gan⸗ zes Vermögen dabei eingebüßt haben. Die Actien der Paris-Lyon— Bahn, für deren Zuschlag achtzehn mächtige Gesellschaften mehr als 400 Millionen eingeschossen, stehen unter Pari.

Großbritanien und Irland.

Lon don, 3. Nov. Zu der Nachricht der Morning Chro— niele, daß der Admiral Parker mit seinem ganzen Geschwader vor fügt die Times über den Zweck dieser Bewegung hinzu, daß es die Aufgabe des Admirals sei, den Perso⸗ nen und dem Eigenthum der britischen Unterthanen Schutz und, wenn nöthig, Ihrer Majestät und der Königlichen Familie eine Zuflucht zu gewähren; in die inneren Zwistigkeifen des Landes sich einzumi— schen, sei er nicht ermächtigt, sondern nur, so weit möglich, die briti⸗ schen Interessen vor jeder Gefahr, der sie im Verlaufe der Insur— rection ausgesetzt sein könnten, zu schützen. Oberst Wylde, der be⸗ kanntlich als Spezial⸗Gesandter nach Portugal geht, wird erst Porto, dann Lissabon besuchen.

Mit der weiteren Vertagung des Parlaments scheint man ziem⸗ lich allgemein zufrieden zu sein, stellt aber jetzt vielfach Vermuthun— gen darüber an, ob die Minister schon einen definitiven Beschluß we⸗ gen Freigebung der Getraide⸗ Einfuhr auf ihre eigene Verantwort— lichkeit gefaßt haben. Aus Andeutungen des Globe geht hervor, daß die Minister sich ihren Beschluß noch vorbehalten haben und ganz nach Maßgabe der Umstände verfahren werden. Dasselbe Blatt giebt zu verstehen, daß die Minister sür jetzt nicht die Beseitigung der ge⸗ setzlichen Hindernisse beabsichtigen, welche die Verwendung von Zucker statt des Malzes in den Brauereien und Brennereien unmöglich machen.

. Bristol Mirror erklärt es für unbegründet, daß ein Ver⸗ trag wegen Flottmachung des „Great Britain“ mit Herrn Mackin⸗ tosh abgeschlossen sei.

Die Gazette meldet die Quiescirung von 190 Post-⸗Capitai⸗ nen, mit dem Range von Contre-Admiralen. .

X London, 3, Nov. Die Lage Irlands ist wie gen und mehr als gewöhnlich die große Schwierigkeit der brit s⸗ gierung; denn in jenem Lande werden durch die dauernden s Uebel des Volkes alle zufälligen und temporairen Kalamitäten die Natur erzeugt, stets in furchtbarem Maße gesteigert. Die . nisse einer Hungersnoth haben die Regierung genöthigt, ein ten, und bedeutende Geldsummen werden dem Namen nach vn ten Englands dargeliehen, in Wahrheit aber geschenkt werden das Volk bei öffentlichen und Privatarbeiten zu beschäftigen, nächste Folge dieser Gaben ist aber gewesen, daß die Irlähb⸗ Klassen sofort ihre Hungersnoth in den grellsten Farben dan haben. . Sie vergessen sogar in ihrem Eifer, um nur etwas n Regierungsgeldern zu erhaschen oder des Schutzes der Ren thellhaftig zu werden, ihre eigenen nächsten Pflichten und dieg lichsten Vorkehrungen gegen die Noth. So ist in vielen) Irlands nicht ein einziger Ackerbau⸗Arbeiter auf den dern zu sehen; man kann sie nicht dahin bringen Winter- Getrgide zu säen oder auch nur einen Versuch chen, die Kartoffeln, welche noch nicht verdorben sind, zu rettn, sind alle nach den „Hungersnoth⸗Arbeiten“ gezogen; es ist n mal so Mode und der Zug dahin eine förmliche Wuth gen Ja, die Thorheit ist so groß, daß irländische Arbeiter, welche Eisenwerken von Wales und in Schottland gegen 16 Sh. nm liches Arbeitslohn regelmäßig beschäftigt wurden, ihre Kontrakk gesagt haben und nach Irland gegangen sind, um an den Theil zu nehmen, welche die Hungersnoth mit sich bringt.

Die irländischen Grundbesitzer sind aber in ihrer Weise gern so unvernünftig und auf den Kopf gefallen. Ihnen ersch Auesicht auf ein Darlehn von England, das, wie sie sehr wa sen, niemals bezahlt werden wird, als eine sehr schöne Geltz in jeder Art zu spekuliren; und je größer das Elend, desto me sicht ist auf Unterstützung von Seiten der Schwester⸗-Insel von Daher kommt es, daß nicht allein das Elend in hohem Maß trieben, sondern eben dadurch auch wirklich verschlimmert win Pächter fürchten sich größtentheils, ihr Getraide an den M bringen; denn sie haben Grund zu der Besorgniß, daß die ihnen auf dem Wege todtgeschossen und ihre Karren geplünde den. Die Nahrungs-Zufuhr für dieses Jahr ist aufgespeicht nothwendigen Ackerbau⸗-Aibeiten für das nächste Jahr wem nachlässigt, und eine unheilvolle Gewohnheit fängt an, um Volke allgemein zu werden, nämlich von der Regierung die! mung der Nahrungs-Zufuhren, der Arbeiten und des Tage erwarten. Sehr gut ist es, daß Lord Besborough jetzt in als Lord-Lieutenant fungirt. Er vereinigt mit einer genauen niß seiner Landsleute ein merkwürdig klares Urtheil und einn schiedenen Charakter, und er zögerte nicht, eine Art von Di schaft in Irland anzunehmen, versichert, wie er war, der Acht irländischen Volkes und des Vertrauens der Regierung. Alg seine Aussichten, man muß es gestehen, sind trübe genug; den schwere Prüfung bringt alle die schlimmsten Seiten des irlä Charalters zu Tage. Fürsorge, Ordnung und Fleiß würd gegenwärtigen Nothstand gänzlich vorgebeugt oder wenigste schlimmsten Folgen weniger fühlbar gemacht haben. Anstatt haben die Noth selbst und die Mittel, ihr zu begegnen, zu den dalösesten Speculationen, das Volk auszuplündern, Anlaß g und die Irländer bereiten sich dadurch selbst andere Jahre des vor, die noch weit trauriger als das gegenwärtige sein und außer dem Bereich der britischen Hülfsleistungen liegen werden.

8elg ien.

Brüssel, 6. Nov. Der Commerce Belge sagt: einigen Tagen wird, wie man wenigstens mit Bestimmtheit ven den Kammern ein Gesetzentwurf vorgelegt werden, welcher richtung einer Handelsgesellschaft zur Ausfuhr der verschie den zeugnisse unserer Linnen-Industrie autorisiren soll. Die Ran wird diese Gesellschaft durch Geldmittel und in jeder sonstigen unterstützen. Wenn wir gut unterrichtet sind, so wird dieser h

Entwurf in der Thronrede nebst anderen Maßregeln, die zur

rung des Elends in beiden Flandern bestimmt sind, auf besonden dringliche Weise erwähnt werden.“ 6

. nem ar . 4 Kopenhagen, 3. Nov. Die große Königliche Bih hat durch das Bepartement des Auswärtigen neulich als G von Sr. Majestät dem Könige von Preußen ein Exemplar ersten Bände von der auf Königliche Kosten herauskommende— ständigen Pracht-Ausgabe der Werke Friedrich's des Großen en

Schleswigsche Stände-Versammlung. In der! Sitzung zeigte der Präsident den Eingang einer Reihe gli tender Adressen aus Holstein an. Diese Adressen, welche aus Wandsbeck, Uetersen, Elmshorn, Barmstedt, Süder⸗ und s dithmarschen, Heiligenhafen und Mönkhagen gekommen seien, sf ihre Bekümmerniß aus über die jetzige Lage des Landes und suchte⸗ Verleihung einer Verfassung das einzige Mittel zu ihrer Bess

die einzelnen Thatsachen beherrschen. Diesen forscht er nach, selbst auf

Gebieten, die man mit solchen Intentionen sonst selten betreten hat; das Erwachen des neuen Geistes belauscht er in der Musik und der dramatischen Kunst nicht weniger, als in den Bewegungen der Kirche und des Staats. Wir verkennen nicht, daß er hier vieles Geistreiche und Schöne gesagt hat, wenn wir gleich das ihm vielfach gespendete Lob, daß er sich über den Wust des Thatsächlichen erhoben und nun die reinen Ideen nachgewiesen habe, welche die neueste Geschichte bewegt hälten, nach unseren Ansichten über historische Darstellung, etwas bedenklich finden.

Es scheint uns sehr natürlich, daß Droysen sich ein anderes Augenmerk bei seiner Darstellung wählte, als andere vor ihm. Ueber den größten Theil dieser Ereignisse hätte er nicht aus unmittelbarer Kenntniß berichten können, er mußte aus gedrucktem, allgemein zugänglichem Material schöpfen, eine auf kritischer Durchforschung desselben begründete Darstellung ist bereits von Anderen mit mehr oder minderem Glücke versucht worden und eignete sich, wenn er sich dabei in Spezialitäten einlassen wollte, kaum für das Kathe— der; nichts lag ihm also näher, als der akademischen Jugend vornehmlich den Zusammenhang, die innere Verknüpfung der Thatsachen, wie sie ihm erschien, vorzuführen, Prinzipien aufzustellen, aus denen und nach denen sich die einzelnen Ereignisse entwickeln. Wir sind einer solchen Behandlung an sich gewiß nicht enigegen, denn wir sind sehr fern davon, in der Ge⸗ schichte nur bei der nackten Thatsache stehen bleiben zu wollen, wir leugnen in keiner Weise die Macht eines Allgemeinen, welches die Kraft jeder Be⸗ sonderheit und jedes Einzelnen treibt oder hemmt. Aber gerade in dem Besonderen erscheint uns erst dies Allgemeine, erst aus dem Kampfe und im Ringen dieser beiden Gegensätze entwickelt sich das Leben und bie Be⸗ deutung der Geschichte. Wer uns diesen steten Kontrast der einzelnen her- vorragenden Persönlichleiten, wie ganzer Menschenmassen, mit dem Walten dessen, was sich in dem Leben der Menschheit als Nothwendigkeit vollzieht, nicht nachweist, der stellt uns die Geschichte selbst nicht mehr dar, denn er beraubt sie ihres eigensten Wesens, er tödtet gleichsam ihr Leben. Wir sind der Ueberzeugung, daß der Verfasser dieser Ansicht nicht wesentlich ent⸗ gegen ist, und sein Werl wohl wider seine Absicht mehr, um einen einmal rezipirten Ausdruck zu gebrauchen, eine Philosophie der neuesten Geschichte, als eine historische Darstellung geworden ist. Er ist vielleicht einer Con- struction der Geschichte, die sich einen aprioristischen Anschein giebt, nicht weniger abhold, als wir, und doch leuchtet bei ihm die Ider nicht sowohl

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durch das Thatsächliche hindurch, sie bildet nicht gleichsam den rothen Fa— den, der sich durch alle Ereignisse hindurchzieht, sondern sie ist ihm auch in der Darstellung immer wesentlich das prius, die Thatsache erscheint nur als ihr reines Resultat, das in ihr auf⸗ und untergeht.

Droysen führt die Darstellung in diesem Bande bis zum Jahre 1794, er entläßt die Leser mit den Gräuelbildern des Terrorismus. Es ist eine bei seiner Auffassung der ganzen Zeit nicht genug anzuerkennende Ehrlich keit, daß er gerade da abbricht, wo die schwärzeste Seite aller dieser Bewe⸗ gungen sich zeigt, die er als Freiheitskriege feiert. Gerade hier erscheint aber auch ein recht signifikantes Beispiel seiner Darstellungsweise. Der Terrorismus erscheint ihm nicht allein als etwas durch äußere Umstände Gebotenes, obwohl er ihn hier und da auch unter diesem Gesichtspunkte darstellt, sondern er muß eintreten nach der Konseg ienz der Idee, welche die ganze Bewegung hervorgerufen hat. „Diese fünfundzwanzig M llionen“, sagt Droysen, „müssen, auf daß jedes Zeifallen unmöglich werde, wie vul⸗ kanisch zusammengeschmolzen werden zu einer in sich völlig gleichen, gra— nitenen Masse, zu einer durch und durch identischen Einheit, zu einer po⸗ litischen Monade; es ist die einzige Sittlichkeit, die es noch giebt, jeden sonstigen Inhalt der Persönlichkeit dahinzugeben und in diese öde Identität der Nation zu versinken. Und an der Zeit ist das Regiment, dem diese Aufgabe zu erfüllen gelingt, die furchtbarste Mission, die je Menschen zu Theil geworden, selbst inmitten des Fanatismus, der die Nalion durchkrampft, empörend anzuschauen.“ (S. 458.) Wir haben keine Vorstellung davon, wie etwas das sittliche Gefühl des Verfassers em pören kann, was sich mit unabänderlicher Noihwendigkeit, mit der Konse⸗ quenz gleichsan des Narurgesetzes vollziehen muß, was überdies als eine Forderung der Sittlichkeit seibst erscheint. Allerdings empört auch uns die Herrschaft des Schreckens, aber eben deshalb, weil wir in ihm das fre⸗ velhafteste Abweichen von alle dem sehen, was uns als sittlich gilt, weil wir hier, wie überhaupt in dem Leben der Menschheit, nicht an ein mör⸗= derisches Fatum, noch an eine Alles zerstörende Natur⸗Nothwendigkeit lauben. Ganz anders stellt auch hier Riebuhr die Sache dar. Die Er⸗ en. wird nicht im Ganzen und Großen, sondern in den einzelnen Personen gewürdigt, die in ihr besonders hervortreten. Vornehmlich hält er sich hier an Robespierre, es liegt ihm sichtlich viel daran, mit dem inner⸗ sten Wesen dieses Menschen aufs Reine zu kommen, von verschiedenen Seiten geht er auf seine Aufgabe los, wobei es sogar zu scheinbaren Wi⸗

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dersprüchen kommt, denn bald wird Robespierre nicht unbedeutender beigemessen, bald erscheint wieder der Haß der Mittelmäßigkeit geg Größe als Hauptmotiv seines Thuns, endlich aber kommt doch Kern des ganzen Menschen zum Voischein die wilde Lust an dem? Zerstören, die vollendete Negation aller Sittlichkeit. Neben Rob siehi Niebuhr damals Unmenschen und Wahnwitzige thätig, aber auch ner edler Gesinnung, die, um das Vaterland zu retten, mit und uni arbeiten. Aber auch diese steckte großentheils die Unsittlichkeit ih⸗ gebungen an. „Wenige gingen rein aus dieser Zeit hervor, dit blieben nicht ohne Flecken.“ Es ist oft gesagt worden, daß der Et nothwendig war, weil ohne ihn Frankreich eine Beute seiner Feinde den wäre; auch diese Nothwendigkeit würde Niebuhr nicht zugeben, n Despotie der Massen, sondern das militairische Genie Carnot's resith ihm Frankreich. ;

Wenn nun auch das Thatsächliche in Droysen's Darstellung ab sehr zurücktritt, so hat er sich doch darum nicht minder um eine Kenniniß desselben bemüht. Eine große Belesenheit in der einschla Literatur zeigt sich überall, und oft werden schlagende Anführungen bung der Darstellung trefflich benutzt. Daß diese durch Lebendig auszeichnet, bedarf bei einer Arbeit Droysen's kaum der Erwähnung, Katheder Vortrag Droysen s übt eine anziehende, fesselnde Gewalt, ihn der Fluß der Rede mehr, als daß er nöthig hätte, ihn mühsam regen; die Macht des Wortes, um nicht zu sagen der Phrase, ist nich Einfluß auf seine Gedanken- Entwickelung. Nicht minder gewandt um reich hat sich Drovsen als Schriftsteller gezeigt, und man wird dies was die mit Sorgfalt behandelte Form betrifft, schwerlich seinen s Arbeiten nachsetzen wollen. Trotzdem haben die Vorlesungen unn gewiß noch erregender gewirkt, als hier in diesem Abdruck,. minde fennen wir, daß uns dies unausgesetzte Schweben über den Thatsah⸗ die Länge ziemlich ermüdet hat. Es war uns bisweilen, als win der Boden unter den Füßen entrückt, im eiligen Fluge zögen wn Wollen und Rebel, und hier und da nur wäre uns ein eiliger G die irdischen Dinge vergönnt. Doch giebt es ja Andere genug, wel menschlichen Zustände lieber aus solcher Höhe, als in unmitielbartt kennen lernen, und diese werden sich gewiß da recht wohl besinden, . uns nicht recht heimisch wurde.

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ss sei ferner

Micht

eine Adresse aus Kiel eingegangen, welche den Wunsch daß die diesmalige Versammsung eine gemeinsame Ver⸗ ung der an en und Schleswigs Beitritt zum deutschen undè zum Gegenstande ihrer Berathung machen möge, Endlich sei ch eine Adresse aus den Reußen-Kögen eingetroffen, ähnlichen In⸗ lis, wie die 108 in, der zweiten Sitzung angezeigten. Als der pästbent darauf den Eingang einer bis jetzt nur im Manuskript vor= ndenen Schrift des Dr. Heiberg, betitelt das souveraine Herzog⸗ um Schleswig in seiner staatsrechtlichen Verbindung mit Holstein d seinen völkerrechtlichen Garantieen“, anzeigte, schlug er vor, dem rrfasser für diese Uebersendung den Dank der Versammlung zu vo⸗ en, was mit entschiedener Stimmenmehrheit genehmigt wurde. s dem 9ten ländlichen Wahl-Distrit waren drei Adressen gegangen welche letztere zu den geeigneten Schritten für SGicherstellung der Rechte der Herzogthümer aufforderten. f der Tagesordnung stand der Antrag Sr. Durchlaucht des rzogs von Augustenburg auf zeitgemãße Entwickelung der Lan⸗ rechte der Herzögthümer, so daß den Ständen eine enischeidende imme bei Auflegung und Verwendung der Steuern und bei der etzebung eingeräumt werde, zu welchem Ende der vereinigten ände-Versammlung der Herzogthümer, in der das Corps der Rit⸗ chast auf eine zwischen demselben und der Regierung zu verein- ende Weise vertreten sei, ein obigen Anforderungen entsprechender fassungs⸗ Entwurf vorzulegen sei. ĩ J In der sehr ausführlichen Motivirung erklärte zunächst der Herzog, er früher, obgleich er immer für die Vereinigung der beiden Stände- sammlungen der Herzogthümer gestimmt habe, doch nicht sür eine Ab- erung der Institution der Provinzialstände sich habe erklären können, l selbige zu jung gewesen, als daß man darüber schon ein begründetes heil habe fällen können. Eine Reihe von Jahren sei aber nun veiflos⸗ und man könne jetzt über die Sache ein volllommen gerechtfertigtes heil aussprechen. In jeder Diät der Versammlung seien Anträge auf nderung der jetzigen Institution gestellt, und sie hätten allmälig im mehr Beifall gewonnen. Der Redner wies dies für jede elne Diät nach und wbeschränkte sich dabei nicht blos auf schleswigsche Stände ⸗Versammlung, sondern belegte auch mit ssachen, wie bei der holsteinischen Stände ⸗Versammlung die he denselben Gang genommen. Ja, auch bei den dänischen nde ⸗Versammlungen habe die Ansicht auf Abänderung der gen Stände⸗Institution immer mehr Terrain gewonnen und hätten na⸗ tlich der jetzige Königl. Kommissar bei denselben, Etatsrath Bang, und jetzige Kanzlei⸗Deputirte, Algreen-Ussing, dort betreffende Anträge ge⸗ „was der Redner ebenfalls durch Aufzäblung von Thatsachen ins Licht t. Alle diese Vorgänge schienen nun dem Proponenten den Beweis zu

ospreche,

rn, daß die intelligenien Männer des Landes über die Nothwendigleit

! Entwickelung der jetzigen Stände-Institution einverstanden seien, denn he Männer seien es eben, die in den Stände ⸗Versammlungen der Her- hümer säßen, und auch die Herren Bang und Algreen - Uosing hrten ja ebenfalls zu den intelligentesten Männern Dänemarks. liege aber gegenwärtig klar vor, daß die jetzige ständische Institution vielen Nachtheilen verbunden sei. Alle Augenblicke klage man, daß die erung dem Rathe der Stände nicht folge; in vielen Fällen aber stehe gar nicht bei der Regierung, sondern es liege in der Institution selbst. lege man Gesetze vor, die das Königreich mit den Herzogthümern ge⸗ sam beträfen, und es sei vorgekommen, wie z. B. bei dem Entwurf meiner Wehrpflicht, daß jede der vier Stände Versammlungen ein ganz chiedenes Prinzip für denselben an die Spitze gestellt habe. Wie solle die Negierung dem Rathe der Stände folgen? Ganz eben so, wie den Gesetz- Entwürfen, gehe es mit den Propositionen; oft beantrage beschließe die eine Versammlung in derselben Diät gerade das Gegen l von dem, was die andere beschließe, wie es z. B. bei dem Antrage en einer gemeinsamen Ober⸗Verwaltung in Kirchen- und Schulsachen chehen sei. „Es ist aber in der letzten Zeit“, fuhr der Redner sort, ch ein bebeutendes Moment hinzugekommen, welches macht, daß der ih der ständischen Institution in den Augen der Bevölkerung gesunken ich meine damit die letzten Maßregeln der Regierung gegen die bol⸗ che Stände⸗Versammlung, die Beschränkung des derselben zustehenden niousrechts und die Absetzung der auf Lebenszeit oder auf eine gewisse sahl Jahre ernannten delegirten Mitglieder. Ich will gern annehmen, die Regierung nach ihrer Interpretation der für die ständische Institution ssenen Gesetze gemeint hat, in vollem Rechte zu sein, allein eine Institution, he auf einem Grundgesetze beruht, das eine solche Interpretation zuläßt, ge⸗ nt keine Garantie irgend einer Art und muß das Zutrauen des Volkes eren, welches ihr nothwendig ist, soll sie zum Wohle des Landes ge⸗ en.“ Aber es sei nicht allein das Volk, welches eine solche Ansicht E, sondern die Regierung selbst hege sie, wie die Eröffnung an die

Minde vom Jahre 1842 bekunde; die Regierung habe auch darauf stän

e Ausschüsse zur Entwickelung der jetzigen Institution vorgeschlagen, aber abgerathen seien, worauf sie erklärt habe, davon absehen zu n. „Aber soll man“, fuhr der Proponent sort, „wenn man t einverstanden ist, daß das Bestehende nicht mehr genügt, es Zufall überlassen, was an die Stelle treten soll? Meiner Ueber lung nach, dürfen wir nicht mit geschlossenem Auge der Zukunft ent- gehen, uns nicht an das, was der Zeit verfallen ist, anklammern, ein wir müssen hineingreifen in das Rad der Zeit und uns klar ma— „was Bedürfniß sei; wir müssen uns dies llar machen, so lange es Zeit ist, damit es nicht durch zufällige Zusammenstöße unmöglich e, einen ruhigen und gesetzlichen Entwickelungsgang zu besolgen.“ hdem der Redner dann noch behauptet hatte, in seiner Proposition die Weise gefunden zu haben, politische und nationale Konflikte auszu— hen, fügte er hinzu, daß diefer sein Antrag gerade auf dem festen Bo= des Rechts stehe. Der Grundvertrag von 1460 begründe Nechte des en Landes, die unveräußerlich und nie verloren gegangen seien, möch- ie auch eine Zeit lang nicht ausgeübt sein. In seinem, des Propo- n, Antrage sei aber gerade der Weg gegeben, auf welchen, unser . gewordener öffentliche Rechte zustand wieder festgestellt wer önne. Es erhoben sich darauf eine Reihe der angesehensten Abgeord⸗ sür, andere auch gegen den Antrag, welcher schließlich mit gro—⸗ Majorität an eine Kommisston verwiesen wurde.

Schweiz.

Kanton Basel. Am 2. November war die Fünfzehner= mission des Großen Rathes Vor- und Nachmittags versammelt.

man vernimmt, so soll dieselbe sich über einen einstimmi⸗ Antrag an den Großen Rath vereinigt haben. Ueber Total— iston durch einen Verfassungs⸗-Kath, Stimmberechtigung der Min ahrigen vom vollendeten 26sten Jahre an, Wegfallen des Census man sich ohne Schwierigkeit verständigt haben. Länger dauerte Streit über die Anzahl der Mitglieder des Verfassungs-Rathes die Wahlart desselben. Endlich verständigte man sich dahin, gerade so zahlreich als den jetzigen Großen Rath zu machen für seine Zusammensetzung die verschiedenen hier geltenden Wahl- n, deren jede ihre Freunde und Vertreter hatte, zu kombiniren.

Kanton Genf. In der Großraths⸗ Sitzung vom letzten tag legte die provisorische Regierung einen Gesetz- Entwurf vor, urch einige Bestimmungen des Militair⸗Gesetzes abgeändert wer⸗

So wird an die Stelle der besoldeten Truppe, die nun abge- t ist, eine Compagnie Artillerie gesetzt, und die Regierung wird Bezug auf Entlassung, Ernennung und Beförderung von Ofsi⸗ n von den früheren gesetzlichen w, entbunden und ihr Hand gelassen. Die vielen eingehenden Demisstonen von Ossi⸗ n haben dies veranlaßt, und der Gesetz⸗Eniwurf wurde nach er Diskussion angenommen. Sodann begann die Berathung über

erfassung. de Geneve nitgetheilten

Aus dem von der Revue der provisorischen Regierung an den Gioßen Rath

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geht hervor, daß sie bis dahin von dem Vorort und den Re⸗ gierungen von Waadt, Bern, Aargau und Tessin anerkannt wurde. Von den anderen Ständen hat sie noch keine Antwort erhalten. Die provisorische Regierung hatte ihre Ernennung ebenfalls den fremden Gesandten in der Schweiz und dem eidgenössischen Geschäftsträger in Paris angezeigt. Die französische Gesandtschaft und die von Spa⸗ nien, Sardinien und den Niederlanden hätten sogleich in verbindlichen Ausdrücken den Empfang des Schreibens der genfer Regierung an— gezeigt und mitgetheilt, daß sie ihren Regierungen referiren werden. Seitdem haben die Kanzlei⸗Verbindungen ihren gewohnten Gang- Der eidgenössische Geschäftsträger hatte nicht einmal die offizielle Anzeige abgewartet, um die Authentizität der von der neuen Kanz— lei unterzeichneten Akten zu bekräftigen.

Kanton Graubündten. Am 28. Oktober Abends 7 Uhr ist das schöne Kloster Dissentis sammt der prächtigen Kirche ein Raub der Flammen geworden. Wie man sagt, soll gar nichts gerettet wor⸗ den sein, nicht einmal das Sanctissimum im Tabernakel; auch fand der Klosterkoch im Feuer einen grausamen Tod. Die Veranlassung ist zur Stunde noch nicht ausgemittelt.

IZtalien

Rom, 26. Okt. (A. 3.) Wenn auch keine beunruhigenden Nachrichten aus den Provinzen vorliegen, so scheint es doch, als wenn die Parteien einander immer feindlicher gegenüberträten. Die Anhänger des früheren Systems können es nicht verschmerzen, daß sie nicht mehr die Gewalt in Händen haben, um die Leute, welche sich über ihr damaliges Betragen jetzt beklagen, zum Schweigen zu bringen. Von der anderen Seite hält man auch nicht immer Maß und beleidigt, wo man vergeben und vergessen sollte. Die Regie⸗ rung wird zu thun haben, um die Gemüther zu besänftigen und zur Eintracht zurückzuführen. Ueber die Bewohner der Vorstadt Faenza ist man durch den letzten Vorfall sehr erbittert, und von nah und fern wird der Wunsch ausgesprochen, die Bevölkerung in mehrere Städte zu vertheilen und diesen Stadttheil dem Boden gleich zu machen ein Vorhaben, das man zur Zeit der französischen Herr⸗ schaft bereits beabsichtigte, aber nicht ausführbar fand.

Heute Vormittag hat uns die Königin der Niederlande verlassen, nachdem sie vorgestern dem heiligen Vater ihren Abschieds⸗Besuch abgestattet hatte. Die hohe Frau wird sich in Civitavecchia nach Nizza einschiffen und nach kurzem Aufenthalt daselbst ihre Reise nach dem Haag fortsetzen, wo sie zu Anfang Dezembers zum Geburtstage ihres Königlichen Gemabls einzutreffen gedenkt. Der heilige Vater soll der Königin die Seereise um diese Jahreszeit abgerathen haben, doch da heute das Wetter ruhiger ist, so scheint sie die Dampfboot⸗ Fahrt vor der längeren Landreise doch den Vorzug gegeben zu haben.

Der russische Staatsrath von Hube ist vor einigen Tagen angekommen.

Rom, 27. Oft. (N. K.) Die Eisenbahn⸗Frage dürfte nun⸗ mehr bald entschieden sein, da Se. Heiligkeit der zur Untersuchung der deshalb eingereichten Pläne (von denen acht zur näheren Erör⸗ terung vorliegen) ernannten Kommission in determinirter Form auf- gegeben hat, bis Ende dieses Jahres dieselbe zu beendigen und, deren Refultat zur höheren Entscheidung einzureichen. Auch scheint die von Rom nach Porto d'Anzo zu führende Bahnstrecke und die Wieder⸗ herstellung des alten Hafens von Antium bereits eine Bevorzugung zu gewinnen, da Se. Heiligkeit in der nächsten Zeit eine Reise dahin in dieser Absicht unternimmt.

Kardinal Gizzi hatte zu seiner Erholung die Oktoberferien zu einer 14tägigen Reise nach seiner Vaterstadt Ceccano benutzt, von der er gestern Abends wieder in Rom eingetroffen ist. Der neue Gesetz⸗- Kodex für die päpstlichen Staaten, an dem er bereits seit Jahren (wenn auch früher nur aus wissenschaftlichem Interesse) un—⸗ unterbrochen gearbeitet hat, wird, wie wir aus sicherer Quelle wissen, bald vollendet sein und dürfte, da er zugleich der wichtigste Gegen⸗ stand der Theilnahme Sr. Heiligkeit war und ist, in den ersten Mo⸗ naten des kommenden Jahres publizirt und eingeführt werden.

Spanien.

Paris, 4. Nov. Zu Saragossa ist die Ruhe nach kurzer Un⸗ terbrechung wieder hergestellt worden; mehrere der Verschworenen wur⸗ den zur Haft gebracht; die Chefs des Komplotts haben von unbe⸗ kannter Hand zu Madrid zwei Millionen Realen zur Beförderung ihrer Pläne bezogen; 60 Gewehre und namhafte Pulvervorräthe sind den Auftührern abgenommen worden.

3 Madrid, 30. Okt. Ueber den Ereignissen von Saragossa schwebt noch immer ein gewisses Dunkel, und es scheint weder der Regierung, noch deren Gegnern besonders an der Enthüllung dieses Geheimnisses gelegen zu sein. Der General⸗Capitain von Sara—⸗ gossa hat diesmal nicht für nothwendig gehalten, zur Ergreifung der herkömmlichen gewaltsamen Maßregeln, wie Erklärung des Belage⸗ rungszustandes, Einsetzung von Kriegsgerichten, zu schreiten. Er hat sich darauf beschränkt, den Einwohnern von Saragossa die Ablieferung aller Waffen anzubefehlen und das Anhäufen von Gruppen streng zu un⸗= tersagen. Die auf der That ergriffenen Personen scheinen den niedrigsten Volksklassen anzugehören, jedoch wurde auch ein Waffenschmied, der Schießgewehre vertheilt hatte, verhaftet, und einige andere Personen aus dem Handelsstande wurden aufgesucht. Ueber die Losung— welche die Meuterer erschallen ließen, wissen sogar die amtlichen Be⸗ richte keine bestimmte Auskunft zu geben. Der General ⸗Capitain behauptet, ste hätten: „Es lebe Espartero!“ gerufen. Der Angabe des Gefe politico zufolge, wäre das Geschrei; „Fort mit den Mini= stern, fort mit dem Struer-System!“ erschellen. Gewiß ist, daß zwei Stunden lang Truppen und Meuterer gegenseitig auf einander in den Straßen feuerten, ohne daß irgend eine Verwundung oder Tödtung erfolgte. Dieser Umstand giebt den Gegnern der Minister zu der Behauptung Veranlassung, daß beide Theile mit einander ein- verstanden gewesen wären und ohne Kugeln geschossen hätten. In dem amtlichen Berichte heißt es, die Anzahl der Meuterer hätte sich auf etwa hundert Mann belaufen, und es wäre eine Geldsumme von 100,009 Piastern vertheilt worden. Demnach hätte jeder Meuterer 1000 Piaster erhalten. Die Unwahrscheinlichkeit fällt in die Augen. Unter der Hand hört man freilich hier versichern, ein Theil der Be⸗ satzung von Saragossa wäre für den Aufstand gewonnen gewesen, dieser aber an einem früheren als dem verabredeten Zeitpunkte aus- gebrochen. Die Militair- Behörde, von dem Vorhaben unterrichtet, soll diejenigen Truppen, welche sich den Aufrührern anzuschließen be⸗ reit waren, in den Kasernen unter nen Aufsicht zurückgehalten haben, und da es den Ministern vor Allem daran gelegen ist, die Treue und Ergebenheit der Armee als unerschütterlich darzustel⸗ len, so wird das Benehmen oder die Stimmung jener verdächtigen Truppen eben so wenig einer Untersuchung unterworfen werden, als die umfassende Militair⸗Verschwörung, welche hier in Madrid in der Nacht vor dem Einzuge der franzosischen Prinzen zum Ausbruche kommen sollte und nur an der Uneinigkeit der Chefs scheiterte, bis⸗ her 6. zur Sprache gebracht wurde. : 4

iese zweideunge Haltung der Regierung giebt nun freilich ihren

Gegnern den Vorwand, sie der absichtlichen Anstiftung von Komplot⸗ ten als eines Mittels, die Beschränkung der so pomphaft angekün⸗ digten Amnestie zu rechtfertigen, anzuschuldigen. Das halbamtliche Abendblatt bezeichnet dagegen den eigentlichen Anstifter der Vorfälle von Saragossa deutlich genug mit folgenden Worten: „Wir müssen denen, welche uns verstehen werden, sagen, daß sie vergebens arbei- ten; denn nicht Alle haben den seltsamen Einfall und das besondere Gelüste, lieber am Galgen, denn als Bankerottirer sterben zu wollen.“ Letztere Worte werden dem bekannten Salamanca, dessen Salz⸗ Monopol morgen abläuft, in den Mund gelegt. Dasselbe Blatt be⸗ hauptet, der Aufstand hätte zu gleicher JZeit in Malaga und anderen Gegenden ausbrechen sollen.

Wie dem auch sein möge, gewiß ist, daß die verheißene Epoche des Friedens und der Eintracht in weite Ferne gerückt zu sein scheint. Die Blätter des Ministeriums selbst kündigen an, zu keiner Zeit wä= ren so viele Versuche, das Land in Ausstand zu versetzen, gemacht worden, wie gerade jetzt. „Was ist“, fragt der Españ ol heute, „aus der neuen Aera . die man im Parlament ankündigte? Die auswärtige Politik ist unendlich verwickelter geworden, und ent- fernter als je erscheint der ersehnte Zeitpunkt, an welchem unsere Be⸗ ziehungen mit Europa vermittelst der Anerkennung der Dynastie wie⸗ der angeknüpft werden könnten. Im Innern ist die Aussöhnung der Gemüther unmöglich gemacht, und die Unzufriedenheit äußert sich im⸗= mer lauter, anstatt vor den Rücksichten auf das allgemeine Interesse zu verschwinden. Die Amnestie ist ein leeres Wort, und weder das geringste Zeichen der Eintracht in den Gemüthern, noch der Befrie⸗ digung der Personen giebt uns zu erkennen, daß das Land oder die Familien glauben, die Lage habe sich verbessert. Das System der Regierung hat sich um nichts verändert; die Belagerungs-Zustände, die gesetzwidrigen Verwaltungs Maßregeln, die Willkür, der die Presse unterworfen ist, dieselbe Unsicherheit, dasselbe Mißtrauen, die- selbe Angst, welche die Gemüther in Aufregung hielt und ein allge⸗ meines Mißbehagen nährte, dauern fort.“ Der Tiem po, ein durch⸗ aus gemäßigtes Blatt, sagt heute unter Anderem: „Kaum ist ein Aufstand unterdrückt, so steht ein anderer gewaltigerer und unheil⸗ vollerer bevor, und während die Agenten der Regierung ihn mit gu— ten oder bösen Waffen bekämpfen, scheint die Regierung nur darauf auszugehen, neue Äufstände hervorzurufen. Wir schweben in einer Gefahr, die mit jedem Tage bedrohlicher für die Lage, für den Hof, für die Parteien und vielleicht für den Thron wird. Die Regierung facht diefe Gefahr an, und, wenn der Aufruhr seines Tages trium⸗ phirt, so wird nicht nur sie, wir Alle werden als Opfer fallen.“

Was soll man sagen, wenn die Regierung sich von ihren eigenen auf die wichtigsten Posten gestellten Generalen das Gesetz vorschrei= ben läßt? Der Kriegs-⸗Minister ernannte vor drei Wochen den Bri—⸗ gadier Ortega zum Ehef des Regiments „Princesa“, welches in Ca— falonien steht, und befahl ihm, sich dorthin zu begeben. Sobald der dortige General-Capitain Breton dies erfuhr, ließ er dem Oberst= Lieutenant jenes Regiments bei Todesstrafe untersagen, den Brigadier Ortega als Chef anzuerkennen, und befahl den Behörden von Lerida, Letzteren zu verhaften, falls er auf der Durchreise nach Barcelona dort erscheinen würde. Anstatt nun entweder den General⸗Capitain von Catalonien oder den Brigadier Ortega vor Gericht zu stellen, soll sich der Kriegs⸗-Minister damit begnügt haben, das Regiment „Princesa“ hierher zu rufen, damit jener nicht unter den Befehl des Letzteren gestellt werde.

Zwei Schwadronen der hiesigen Besatzung sind verhaftet und unter strenge Bewachung gestellt worden.

Heute haben beide Kammern der Cortes sich versammelt, um das Dekret ihrer Auflösung verlesen zu hören.

Unsere Nachrichten aus Lissabon gehen bis zum 24sten. Der Widerstand der Provinzen gegen die neuen Minister scheint noch sort⸗ zudauern. Die Regierung hatte die Blokade der Mündung des Duero verfügt. Der General- Capitain von Galicien hat abermals die Verbindung mit Portugal vermittelst Wegnahme der Barken auf

dem Minho gesperrt. Portugal.

A Lissabon, 24. Oft. Wir sind mit unseren Nachrichten in Bezug auf den Stand der Dinge in den Provinzen noch immer auf bloße Gerüchte, voll von Widersprüchen, beschränkt, die vorzugs⸗ weise durch die Freunde der Revolution in Umlauf gesetzt werden. Diese scheinen geheime Pressen zu ihrer Verfügung zu haben, auf welchen sie kleine Flugblätter drucken, die natürlich die Dinge in einem der Regierung durchaus nachtheiligen Lichte darstellen. So läßt man den Baron das Antas fortwährend im Anmarsche sein gegen die Hauptstadt, ohne daß sich jedoch bis heute etwas von seinen Trup⸗ pen sehen ließe. Braga und Pinafiel sollen miguelistische Junten errichtet haben, während zu Evora, das wenigstens im Anfang der Königin treu blieb, und in den meisten Orten der Provinz Alemtejo septembristische errichtet worden wären. Gewiß ist nur, daß der Herzog von Terceira noch immer zu Porto gefangen sitzt mit seinen Offizieren, daß also der Aufstand daselbst noch nicht unterdrückt ist, während aber auch sicher ist, daß die Beschlüsse der Junta von Coimbra, bei welchen der Marquis von Loulé, Sheim der Königin, die Haupt⸗Triebfeder war, nirgends Anklang gefunden haben. Was der Regierung großen Vortheil über die Re⸗ volution gewährt ist die Einigkeit unter ihren Anhängern und das be—⸗ stimmte Ziel, das sie vor Augen haben, daß sie wissen, was sie wol- len, während im Lager ihrer Widersacher unverkennbarer Zwiespalt herrscht über die Gränzen, wie weit man gehen solle. Auch besitzt die Regierung trotz ihrer sparsamen Geldmittel doch noch mehr, als die Revolution, und findet besonders in dem Beistande der Bank ei⸗ nen werthvollen Rückhalt. Das Diario do Governo hat in die- sen Tagen wieder mehrere bemerkenswerthe Dekrete gebracht. Eines ordnet gerichtliches Vorschreiten gegen die Schaßbeamten und Steuer- Einnehmer an, welche sich beigehen ließen, den Revolutionairen das in ihren Kassen vorhandene Geld einzuhändigen, eben so gegen sämmtliche Beamten, die thätigen Antheil an der Revolution genom- men haben.

Die revolutionaire Junta von Porto scheint in Bezug auf die Presse daselbst eine ähnliche restriktiwe Maßregel verfügt zu haben, wie hier die Regierung der Königin. Dem Herausgeber des Blattes dos Pobr es ist von ihr untersagt worden, künftig leitende Artikel oder andere Nachrichten als die offiziellen der Junta selbst zu ver= öffentlichen. Das genannte Blatt wird nämlich cabralistischer Ge- sinnung beschuldigt. Dasselbe Blatt hatte zwei Briefe, einen von dem englischen Konsul daselbst, Herrn Edwin Johnston, an den Grafen das Antas, und die Aniwori dieses darauf, veröffentlicht. Der Kon- sul schreibt, der Herzog von Terceira habe ihm angezeigt, daß er und seine Gefährten von Leuten bewacht würden, die ohne is ziplin seien, welche daher in Folge plötzlicher Aufregung ihre Sicherheit gefähr⸗ den, sich persönlicher Mißhandlungen gegen sie erlauben könnten. Er sei daher ersucht worden, dies dem Militair⸗ Gouverneur mitzutheilen. Graf das Antas antwortet, die Besorgnisse des edlen Herzogs und seiner Gefährten seien ungegründet, dieselben hätten nichts von den Leuten der National-Freiwilligen⸗Bataillone zu fürch= ten, die sie bewachen. Er und seine Kollegen seien bestrebt, dafür zu sorgen, daß die Gefangenen mit Tiinennf⸗ und Berücksichtigung ih⸗= rer früher der Sache der Königin und der Freiheit des Landes ge