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minder verborgene Macht, deren Organ sie sind, die Revolution ver⸗ leugnet und sich für konservativer ausgiebt, als selbst die absoluten Regierungen; aber gerade dies macht jene Regierungen kühn. In- dem man die Revolution, ihre Theorieen, ihre Grundsätze verleugnet, benimmt man der im Juli 1830 eingeführten Ordnung der Dinge alle Kraft und alle Freiheit zu handeln.“
Wenn Unwissenheit und Leidenschaft antisozialen Doktrinen, zu denen sich gewiß das Journal des Débats nicht bekennen wird, mit so vieler Unbefangenheit die Hand reichen, so dürfte unser bis⸗ heriges Verfahren, diefer Publizistif, wie bis jetzt, nichts als Still—= en, entgegenzusetzen, wohl keiner weiteren Rechtfertigung be⸗ dürfen.“
Rußland und Polen.
Warschau, 29. Dez. Die mittelst Verordnung des Admi⸗ nistrations Raths aufgehobenen, nicht kontraktmäßig genau bestimm⸗ ten Hofedienste und Zwangsleistungen der Bauern auf Prinatgütern im Königreich Polen sind, ihrer verschiedenen Art nach, 121 an der Zahl. Von diesen können, weiterer Bestimmung zufolge 107 auch noch fernerhin geleistet werden, aber nur für die gesetzlich bestimmte Anzahl der Hofedienst⸗Tage. Aus Rücksicht auf die Nothwendigkeit der Wirthschafts⸗Arbeiten, die bisher zwangsweise geleistet wurden, und die nun aufgehoben sind, werden außerdem noch diese Zwangsleistun- gen in eine Vermehrung der gesetzlich feststeh enden Frohndienste um 6 Tage jührlich umgewandelt, die jedoch nur von ansässigen Ackerwirthen oder deren Knechten zu leisten sein sollen. Die Zeit und Art der Arbeit die ser 6 Zusatz⸗-Frohntage sind der Wahl des Gutsbesitzers überlassen. Auch alle an Stelle der abgeschafften unbestimmten Zwangsdienste gelesstete bestinimte Frohnen oder Geldabgaben sollen eben so aufhö⸗ ren, wie die Arbeiten, für welche sie als Aequivalent angenommen waren. Da, wo die Bauern bisher gar keine Frohnen zu leisten hat⸗ ten, sondern nur gewisse Hofedienst-Arbeiten, so wie da, wo den Bauern weniger als zwei Frohndiensttage auf die neupolnische, Hufe auferlegt sind, sollen die oben erwähnten 107 Arten von Hofediensten mittelst gegenseitiger, zwischen den Gutsbesitzern und Bauern unter Aufsicht der Regierung abzuschließenden Uebereinkunft in eine sest bestimmte Frohn - Arbeit umgewandelt werden. Die so⸗ genannten Hülfstage bei den landwirthschaftlichen Feld ⸗Arbei⸗ fen, die zu der festen wöchentlichen Frohn-Arbeit als Hülfszugabe angeordnet sind, sollen da, wo die Zahl dieser Tage auf das Jahr festgestellt und die Art der Arbeit, für welche sie dienen, ausdrücklich angegeben ist, auch ferner bestehen bleiben. Eben so verbleiben die Bauern zu denjenigen Leistungen verbindlich, welche die Ausführung polizeilicher Anordnungen zum Zweck haben, wie die Verpflichtung zur Hülfe beim Löschen von Feuersbrünsten und bei der Aufführung von Dämmen gegen Wasserfluthen, die Scharwerks⸗Arbeiten an Schleusen und Deichen, die nächtlichen Wachdienste, die Wachen an den Brücken während des Eisganges, das Pflanzen der Bäume an den Wegen, die Jagd auf Raubthiere und dergleichen. Alle diese Dienste dürfen jedoch nicht von dem Grundherrn bestimmt werden, sondern es hängt ihre Anordnung allein von dem Gemeindeschulzen ab. Jede gezwüngene Verdingung für Reisen, sei es auf Tage oder für eine bestimmte Reise, sei es gegen eine feste Geldzahlung oder für Lohn in Lebensmitteln, Getränken und anderen Gegenständen, hört ebenfalls auf, und sollen dergleichen Leistungen hinfort nur nach vorheriger freiwilliger Uebereinkunft über die Zeit und Art derselben, so wie über den Lohn, stattfinden können. Die Erfüllung der hier⸗ mit aufgehobenen Verbindlichkeiten soll auf den von den Eigenthü⸗ mern selbst verwalteten Gütern mit dem 1. Januar 1847, auf den in gehöriger Form verpachteten aber mit Ablauf der Pachtzeit auf⸗ hören.
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Paris, 28. Dez. Herr Firmin Toro hat dem Könige in ei⸗ ner besonderen Audienz das Schreiben überreicht, welches ihn als außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister der Republik Venezuela bei Sr. Majestät beglaubigt.
Die Herzogin von Orleans hatte zu Weihnachten eine, der recht— schaffensten armen Familien der Hauptstadt nach dem Pavillon Mar⸗ san beschieden, wo derselben vom Grafen von Paris einbescheert wurde.
Duprez ist zum Gesangs-Lehrer der jungen Königlichen Prinzen ernannt.
Der König hat 12,000 Fr. für die Ueberschwemmten im De⸗ partement des Puy de Dome angewiesen.
Der Groß -Referendar der Pairs-Kammer, Herzog von Decazes, hat die herkömmliche Aufforderung an die in Paris anwesenden Mit⸗ glieder derselben erlassen, sich zur Beglückwünschung des Königs beim Jahreswechsel am 1. Januar um 11 Uhr in den Tuilerieen einzu— inden. ĩ Die Reise des Prinzen von Joinville nach Cherbourg hat eine Erprobung der als Segel- und Dampfschiff gebauten Fregatte „Po- mona“ zum Zweck.
Der Marquis von Castellane ist an die Stelle des Herrn Bal⸗ dit zum Unter-Präfekten des Bezirks von Barcelonnette ernannt; Herr Baldit ersetzt den pensionirten Unter-Präfekten des Bezirks von Florac, und den Platz des ebenfalls pensionirten Unter-Präfekten des Bezirks von Toulon nimmt Herr Latour-Mezeray ein.
Dit neuesten Nachrichten aus Algier sind vom 20. Dezember. „Der dortige Zustand der Dinge“, sagt das Journal des Dé— bats, „wird von Tag zu Tage befriedigender; es kehren immer mehr ausgewanderte Stämme in ihre früheren Wohnsitze zurück.“ Abd el Kader befand sich, den letzten Berichten zufolge, zu Ain— Zohra in einer verzweifelten Lage, da ihm nur noch 300 Reiter und 200 bis 250 Mann Fußvolk treu geblieben, denen er auch den Sold nicht mehr auszuzahlen vermochte, und die mit Lebensmitteln sehr schlecht versorgt waren. Noch schlimmer soll es seinem Anhänger Bu Masa ergehen, der von den Uled Nails, zu denen er seine Zu— flucht genommen hatte, nach einem Scharmützel aus Scherf vertrieben worden war.
Die Zahl der europäischen Bevölkerung der Provinz Algier be⸗— lief sich nach den letzten Angaben auf 72,060, die der Provinz Oran auf 21, 000 und die der Provinz Konstantine auf 12,000, zusammen 105,000 Seelen.
In den ersten elf Monaten dieses Jahres hat die Einfuhr in Frankreich abermals nicht unansehnlich zugenommen. Im vorigen Jahr belief sich der Werth der Einfuhr in diesem Zeitraum auf 139,311,736, im laufenden Jahr auf 141,643,385 Fr.
Wegen der höheren Preise der Lebensmittel und der Fourage in Frankreich ist dem Kriegs-Minister ein außerordentlicher Kredit von 3, 036, 995 Fr. durch Königliche Verordnung eröffnet worden.
Bei der vorgestrigen Versammlung zur Wahl von fünf Mit⸗ gliedern für die pariser Handels Kammer an die Stelle der regel⸗ mäßig Ausscheidenden gab der Seine⸗Präfekt, wie gewöhnlich, Mit⸗ theiiungen über den Handel und Verkehr von Paris. Die Octroi- Einnahme der Hauptstadt hatte bis zum 12. Dezember 30, 530, 900 Franken betragen, oder gegen 150, 00 Fr. weniger, als voriges Jahr, was deiselbe den hohen Getraide - Preisen und n ger egen
auch den gedrückten Geldverhältnissen zuschrieb, die den Verbrauch be⸗ einträchtigen.
Die Abnahme machte sich bei den geistigen Getränken
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und dem Brennmaterial besonders bemerklich; dagegen hatte der Fleisch Verbrauch etwas zugenommen. Die Waaren-Ausfuhr in den ersten elf Monaten hat in Paris den Werth von 153,081,759 Ir. oder um 5 Millionen mehr als 1845, betragen. Der um 1,586, 000 Fr. groͤßere Betrag des beim Leihhause Ausgeliehenen läßt daneben auf die größere Bedrängniß der unteren Klassen schließen, Die Ope⸗ rationen der Sparkasse sind jedoch in Betreff der Einzahlungen mit dem vorigen Jahre gleich. Die so eben vollendete, alle fünf Jahre vorgenommene Zählung der Bewohner der Hauptstadt, welche 1811 noch aus 935,261 Köpfen bestand, hat jetzt 1,053,907 ergeben. Hin⸗ sichtlich der Bannmeile ist eine gleiche Zunahme bemerklich.
Mittelst Königlicher Verordnung vom 26. Dezember ist durch das Zollamt von Eu im Departement der unteren Seine die Ein⸗ und Ausfuhr von Getraide und Mehl gestattet.
Der Bey von Tunis traf am 23sten d. zu Marseille ein und wollte sich am Tage darauf nach Toulon begeben.
Der Courrier frangais will wissen, daß ein bei Hofe wohl
angesehener Prälat mit einem vertraulichen Auftrage der Regierung
nach Rom gehen solle, um die Unterstützung des Papstes für den in der bevorstehenden Sessien den Kammern wieder vorzulegenden Unter⸗— richts⸗Gesetz⸗Entwurf zu gewinnen.
X Paris, 28. Dez. Je näher das Ende des Jahres rückt, desto größer wird auch die Spannung, mit welcher man der Gestal— tung der Lage der Bank von Frankreich bis zu diesem Ziele entge⸗ gensieht. Die erste Hälfte des Dezembers hatte sich für dieselbe sehr gut angelassen, die Geldklemme schien größtentheils vorübergegangen zu sein, da wieder beträchtliche Baarsummen dieser großen Kredit⸗ Anstalt zuzufließen begannen und in Folge davon der Reserve⸗Fonds derselben in Metall wieder anwuchs. Zugleich schien es, daß gegen Ende des Jahres, d. i. in der letzten Hälfte des Monats Dezember, die Bank nicht mehr so stark werde in Anspruch genommen werden, als dies besonders im Monat November der Fall gewesen war. Man glaubte dies um so mehr hoffen zu dürfen, als die von der Actien— Gesellschaft für die Eisenbahn von Paris nach Lyon geforderten Ein— zahlungen im Gesammt⸗ Betrage von dreißig Millionen über alles Erwarten leicht geleistet worden waren. In der That herrscht auch jetzt noch kein eigentlicher Geldmangel, und die Industrie und der Handel haben vorzüglich in den auf Actien gegründeten Kredit⸗ Instalten, besonders in den beiden großen Etablissements der Kasse Gonin (Nachfolger Lafsitte's) und dem Comtoir Ganneron, mächtigen Beistand gefunden. Je mehr aber der Kreis der Operationen dieser Privat⸗Kredit⸗Anstalten sich ausdehnte, desto mehr wurde nun mittel⸗. bar durch diese auch der K'redit der großen Bank von Frankreich selbst wieder in Anspruch genommen, und zwar in so bedeutendem Maße, daß vom 16. Dezember an bis jetzt, und namentlich in den letzten acht Tagen, von neuem der Abfluß an baarem Gelde weit be⸗ trächtlicher war, als der Zufluß, und wenn dies so fortgeht, so könnte am Ende in den ersten Wochen dis nächsten Jahres doch noch die Nothwendigkeit für die Bank eintreten, zu außerordent— lichen Maßregeln zu greifen, für den Fall, daß die starken An— forderungen an dieselbe so fortwähren sollten. Die Reserve der Bank an baarem Gelde, das sie sowohl hier, als in den mit ihr verbundenen Filial-Anstalten in einer Anzahl von Departemental⸗ Städten besitzt, war nach zuverlässigen Angaben in den letzten Tagen wieder unter 100 Millionen herabgesunken, und ob bis zum 1. Ja⸗ nuar in dieser Lage der Dinge eine Besserung eingetreten sein wird, ist jedenfalls noch problematisch, aber auch möglich. Der Monat Januar ist in der Regel derjenige Monat, wo das Geld reichlicher zuzufließen beginnt, und geht dies auch diesmal so, so kann die Bank allerdings ganz aus der Verlegenheit herauskommen, in welcher sie sich seit einigen Wochen durch die Umstände des Platzes selbst, durch die ungünstigen Verhältnisse, die sich auch auf den auswärtigen Geldmärkten, namentlich in Deutschland, fühlbar machen, dann in Folge der Theuerung des Getraides versetzt sieht. Auch der Stand der Wechselcourse ist immer noch nicht günstig. Der londoner Cours ist für Wechsel mit kurzer Verfallzeit in den letzten acht Tagen abermals gewichen, und auch bei den deutschen Plätzen macht sich wieder eine Neigung zum Sinken bemerkoar. Auf die Verminderung der Reserve der Bank mögen auch die starken Summen eingewirkt haben, welche der Schatz aus derselben ziehen mußte in Folge der starken Rückzahlungen, die von den Sparkassen verlangt wurden.
Indeß sind doch auch manche Umstände vorhanden, welche mit Eintrstt des neuen Jahres eine günstigere Wendung der Dinge hof⸗ fen lassen, und die ich hier nur kurz andeuten will. Nichts deutet darauf hin, daß wir in Frankreich ein noch weiteres Steigen der Theuerung des Getraides zu besorgen haben, vielmehr kündet Alles eine Abnahme derselben an, und daß noch weiter beträchtliche Sum— men Geldes zu Getraidekäufen nach den auswärtigen Märkten fließen werden, ist auch nicht mehr zu fürchten, weil die Vorräthe, deren namentlich der Staat für seine Magazine bedurste, schon sämmtlich wirklich angeschafft sind, und zwar zu Preisen, die man unter den gegen⸗ wärtigen Verhältnissen immer noch als sehr günstig betrachten muß. Hätte die Regierung, statt diese Ankäufe durch das Haus Rothschild besorgen zu lassen, welches ausnahmsweise und um dem in dasselbe gesetzten Ver⸗ trauen zu entsprechen, diese seinem Geschäftskreise ganz fremde Kom⸗ mission übernahm, den gewöhnlichen Weg der öffentlichen Auss zrei⸗ bung eingeschlagen, so stand sehr zu befürchten, ja war fast gewiß, daß die Spekulanten und Wucherer die Gelegenheit benutzt, hätten, die Preise noch mehr in die Höhe zu treiben, so daß dann nicht blos der Schatz zu einer größeren Ausgabe genöthigt gewesen wäre, son= dern auch das Publikum im Allgemeinen darunter gelitten hätte. Indem das nöthige Getraide durch das Haus Rothschild im Aus—⸗ lande aufgekauft wurde, vermied man die größere Nachfrage danach auf den inländischen Märkten, und so ging diese Operation vorüber, ohne die Marktpreise in Frankreich selbst wesentlich zu erhöhen.,
Im Anfange des nächsten Moaats wird sich auch die Wirkung davon fühlbar machen, daß die für die L9oner Eisenbahn eingezahlten Kapitalien wieder in Umlauf kommen. Die Gesellschaft muß sie bis dahin angelegt haben, da ste dieselben nicht unprodultiv liegen lassen fann. Da der Finanz⸗Minister nicht darauf eingegangen ist, Schatz⸗ scheine zu dem von der lyoner Actien⸗Gesellschaft verlangten Zins fuße auszugeben, so wird ein Theil der jetzt in ihren Händen befindlichen Summe wahrscheinlich bei der Depositen-Kasse hinterlegt werden, und man wird die Renten-Einschrelbungen dagegen daraus zurückziehen, welche man zu Leistung der gesetzlichen Caution dort hinterlegt hatte. In diesem Falle würde der Rest der dreißig Millionen in französischen Renten angelegt werden, so wie er allmälig vollends in die Gesell⸗ schafts-Kasse eingezahlt werden wird. Noch ein Punkt verdient Beachtung. Alle Jahre steigen im Anfange Januars die Einlagen in die Sparkasse sehr bedeutend, was sich aus den Neujahrsgeschenken erklären läßt, welche die arbeitende und dienende Klasse erhalten; und diese beiden Klassen machen bekanntlich die große Mehrheit der in die Sparkassen Einlegenden aus. Alle diese Umstände zusammenge⸗ nommen können also einen günstigen Einfluß auf die Lage der Bank ausüben.
Die politischen Neuigkeiten haben im Laufe der letzten Woche nur wenig Einsluß auf die Course der Staatspapiere, so wie auf die der Eisenbahn-Ackien, gehabt, letztere wurden dagegen etwas zurück⸗
gehalten in ihrem Ausschwunge durch erstere, da die Rente die ganze Woche über etwas gedrückt war. Dagegen brachten die Operationen der Spekulanten in den Eisenbahn⸗-Actien⸗Coursen ziemlich starke Schwankungen hervor. Namentlich soll ein bedeutender Kapitalist, der starke Partieen von Actien zu der Zeit gekauft hatte, als die Course am niedrigsten standen, einen Theil seines Gewinnes realisirt haben, indem er verkaufte. Dies brachte zwei Tage hindurch die Course zu einigem Weichen, ohne jedoch, trotz des ziemlich starken Umfangs dieser Verkäufe, dieselben so weit zu drücken, als die Spe⸗ kulanten à la baisse gewünscht hätten. Sobald die Verkäufe dieses Kapitalisten vorüber waren, hoben sich auch sogleich die Course wie⸗ der, und da jetzt die Liquidation herannaht, so begannen die Ver⸗ käufer à découvert, als sie die Hoffnung sich entwischen sahen, die von ihnen gewünschten Preise zu erreichen, nun selbst ihre Liquidation zu bewerkstelligen, indem sie entweder definitiv kauften oder um ihre Reporte spielten.
Sroßbritanien und Irland.
London, 26. Dez. Die Times giebt heute einen Ueberblick über die in Deutschland vollendeten Eisenbahnen und erklärt sich dann für die Anlage einer solchen Bahn von den Rheinlanden durch die Schweiz nach Genua oder nach den mit Süd-Italien zusammenhän⸗ genden Zweigbahnen; doch bezweifelt das Blatt das Zustandekommen dieser Bahn aus politischen Gründen. „Es ist im Plane“, schreibt die Times, „die Rheinischen Bahnen durch Bayern und Württem⸗ berg mit einer anderen Bahn zu verbinden, welche das Thal des Mittelrheins entlang von Landau nach dem Konstanzersee, durch die Kantone St. Gallen und Graubündten nach Dissentis führen solle. In der Nähe dieses Ortes ist schon der Plan zu einem Durchstich der Alpen mittelst eines Tunnels von 27 Meilen Länge entworfen, durch welchen die Bahn in das Val Blegno ausmünden und nach Lugano herab— steigen wird, wo sie mit der piemontesischen Bahn sich verbinden und entweder nach Genua oder zu den Zweigbahnen fortgeführt wird, die später mit Süd-Italien in Verbindung stehen sollen. Die phy— sischen Hindernisse dieser Bahnen sind wahrscheinlich nicht größer denn jene, welche durch die Kühnheit und Geschicklichkeit der öster⸗ reichischen Ingenieure bei Führung der Bahn durch die Thäler der steyerischen Alpen überwunden worden. Die ernstlicheren Schwierig⸗ keiten, welche die Ausführung des Planes verzögern mögen, sind politischer Natur, und es mag nicht ohne Interesse, noch nutzlos sein, sie zu bezeichnen. Ein Gegenstand des Lebens⸗Interesses für Süddeutschland ist es, eine Eisenbahn-Verbindung mit dem Mittel⸗ meer zu eröffnen, und es ist für Pismont nicht minder wichtig, daß diese Bahn Genua mit dem Norden Europa's verbinde. Die Staa— ten des Zoll-Vereins sowohl, wie der turiner Hof, haben von der Konkurrenz der großen Bahnen Frankreichs und Oesterreichs Alles zu fürchten und nichts zu gewinnen, da dieselbe durch die Zölle und For⸗ malitäten des in diesen Ländern zu Kraft bestehenden Prohibitiv⸗ Systems gefesselt sind. Allein andererseits sind Frankreich und Oester— reich natürlich geneigt, mit nicht geringer Eisersucht und Besorgniß das Projekt einer Bahn anzusehen, die so viele der freiesten Handelsstaaten des Kontinents verbinden und eine direkte Verbindung zwischen ganz Italien und dem Rheine herstellte. Den kleineren Mächten, die besonders bei der Förderung dieses Planes betheiligt sind, nämlich Piemont, den schweizer Kantonen und den Königreichen Süd Deutschlands, fehlen vielleicht die Finanzmittel und die politische Kraft, den Pian in Ausführung zu bringen; allein ihre Unabhängigkeit und ihre zukünftige Wohlfahrt erheischen, nicht zu gestatten, daß derselbe der Eifersucht ihrer mächtigeren Nachbarn und besonders Oesterreichs geopfert werde.“
Der Lord-Kammerherr, dem die amtliche Aufsicht über die Theater zusteht, hat den Eigenthümern der kleineren Theater in England, wo jetzt für den letzten Platz nur ein Eintrittsgeld von 3 Pence bezahlt wird, seine Absicht angekündigt, ihnen die Konzession zu entziehen, wenn sie ihre Eintrittspreise nicht in der Art erhöhen würden, daß 6 Pence der Preis des letzten Platzes sei. Zugleich hat er ihnen
bedeutet, daß diese Preis-Erhöhung mit dem 1. Januar eintreten müsse. Als Ursache dieser Maßregel des Lord⸗ Kammerherrn giebt
man an, daß sich, durch das geringe Eintrittsgeld angelockt, viel schlechtes und leichtfertiges Gesindel beiderlei Geschlechts in den klei⸗ nen Theatern einfinde und sowohl die Sittlichkeit als die Sicherheit des übrigen besuchenden Publikums gefährde.
Der Globe braucht heute eine ganze Spalte, um die sämmt⸗ lichen Zufuhren von Korn, Mehl, Schlachtvieh, Fleisch, Butter, Eiern, Käse, Speck, Obst, Kartoffeln ꝛc. aufzuzählen, welche innerhalb der letzten vier Tage aus den europäischen Festlandshäfen und aus Nord⸗ Amerika angelangt sind. Er bemerkt zugleich, daß noch nie eine solche Masse von Lebensmitteln im Laufe so weniger Tage aus Amerika eingetroffen sei. Unter den Schiffen, die am letzten Montage in die Themse einliefen, waren nicht weniger als 13, welche aus Irland kamen und fast ganz mit dort erzeugten Lebensmitteln beladen waren.
Lord Lincoln hat sich geweigert, auf eine Anfrage mehrerer Wähler von Manchester, ob er weitere Konzessionen an die römische Kirche unterstützen würde, zu antworten. Sein Mitbewerber Brother⸗ ton erklärt sich gegen jede weitere Bewilligung, da schon mehr als zu viel für die anglikanische, wie für die roͤmische Kirche geschehen sei; anderweitige Bewilligungen würden von den Bedürfnissen der öffentlichen Ruhe abhängen., Der dritte Bewerber endlich, der be= kannte Freihandelsmann Bright, will überhanpt von keiner Geldbe⸗ willigung zu kirchlichen Zwecken hören, die er als nachtheilig für die Kirche und als drückend für die Steuerpflichtigen ansieht. ö
Man berechnet die Anzahl der Bösewichter und Herumtreiber in London auf nahe an S0 060. Diese Klasse der Bevölkerung trinkt jährlich für 3 Millionen Pfd. St. Branntwein. Man hat im letzten Jahre 23,000 Menschen wegen Trunkfälligkeit von der Straße auf⸗ genommen; die Anzahl der Bordelle beträgt 500). Missethaten ge⸗ gen Personen sind 8333, gegen Eigenthum 17,729 vorgekommen. Der Verein zur Unterdrückung schlechter Bücher und Bilder hat im vorigen Jahre gegen 39,000 unzüchtige Zeichnungen und 1927 ver⸗ worfene Bücher in Beschlag genommen.
Unter den 14 neu erwählten Stadträthen Londons ist zum er⸗ stenmale auch einer mosaischen Glaubens, Herr B. S. Philips, von ber geachketen Firma Faudal u. Philips. Seine Kandidatur war die Folge einer von den einflußreichsten Mitgliedern des Stadtviertels ausgegangenen Aufforderung. z .
ö * . ö. verschiedenen Zufluchtshäuser, welche mit der allgemeinen Hülfs-Anstalt für die Veriassen en verbunden sind, wurden gestern auf Befehl der Direktoren mit Fleisch, Suppe, Brod, Butter än Bier bewilthet. Fast 1266 Personen wurden auf diese Weise
reichlich gespeist. t e n,
üssel, 29. Dez. Das von den Kammern angenommene und rn, bestätigte Gesetz über das Marine⸗Budget bestimmt für den Seedienst des Jahres 1847 eine Summe von 1,291,562 Fr. Als Resultat der Ausfuhr der belgischen Leinengarne und Leinen⸗ ewebe nach Frankreich ergiebt sich für das ablaufende Jahr wieder ine bedeutende Abnahme. Der Verbrauch belgischer Garne hat der⸗ maßen abgenommen, daß er von 1844 zu 1816 in den elf ersten
Monaten des Jahres von 74,800 Centner auf 41,000 Centner ge⸗ fallen ist. Der Verkauf von Leinengewebe hat sich von 26,159 Cent⸗ ner auf 21,917 Centner für die gleiche Zeit vermindert.
Die belgischen Eisenbahnen haben im Monat November 1,093,520 Fr. eingebracht, was die Einnahme des Monats November vorigen Jahres um 158,000 Fr. übersteigt.
Eine Königliche Verordnung vom 20. Dezember verfügt, daß vom 1. Januar an auch die pensionirten Offiziere, so wie die noch im Dienst stehenden, wenn sie in Garnisonsstädten wohnen, wo es Militair⸗Aerzte giebt, von diesen, gegen Abzug eines halben Prozents von ihren Pensionen, in Krankheitsfällen behandelt und mit den nöthi⸗— gen Arzneien versehen werden sollen, falls sie dies wünschen und sich, wie vor ihrer Pensionirung, jenem Abzuge zu Gunsten des Staats unterwerfen.
Der Herzog von Montpensier wird im Februar auf vierzehn Tage mit seiner Gemahlin in Brüssel erwartet.
Ein englisches Dampfschiff mit Schlachtvieh ist in den Gewässern von Ostende gescheitert; die Mannschaft wurde durch ein schwedisches Schiff gerettet.
Die Provinz Lüttich hat, nach der neuesten Volkszählung, 152,741 Einwohner, wovon 75,961 auf die Stadt Lüttich kommen.
8 4 w e Kanton Zürich. Der Vorort hat den Ständen einen um— fassenden Bericht erstattet und die Resultate seiner Bemühungen, be— treffend den Erlaß von Gesetzen gegen die Freischaaren, mitgetheilt. Der Stand dieser Angelegenheit darf wohl als ein ganz befriedigen— der bezeichnet werden.
Kanton Luzern. Am 24. Dezember ist Herr Fürsprech Eduard Schnyder der Haft entlassen worden. Ein Landjäger trans⸗ portirte ihn nach Sursee, wo Schnyder die Freiheitsstrafe der Ein⸗ gränzung aushalten muß. Seine Verwandten leisteten Sicherheit. Wie bekannt, war die Loskaufs-Summe auf 4000 Fr. von dem Re⸗ glerungs-Rathe festgesetzt worden. Als nun diese Summe bereit war, hieß es, jetzt wäre die Sache in Betreff der Aufruhr-Kosten in Ordnung, nun seien aber noch cirea 800 Fr. Prozeß⸗Kosten zu bezahlen. Früher geschah hiervon gar keine Meldung, sondern die 4000 Fr. wurden als Aversal⸗Summe bestimmt. Die Verwandten mußten sich bequemen, auch die nachträglich geforderten 800 Fr. sicher zu stellen.
Kanton Waadt. (Eidg. Ztg.) Es heißt, man gehe nun in Lausanne ganz ernstlich mit der Gründung einer „freien Akademie“ um, an welcher theils neue, theils diejenigen Professoren angestellt würden, die neulich von der Staats⸗Akademie entfernt wurden. Daß schon längst eine theologische Fakultät für die „freie Kirche“ besteht, ist bekannt.
Durch Beschluß des Staats-Rathes hat Herr Cook, ein Eng⸗ länder, Pfarrers der Wesleyschen Sekte, der seit fünf oder sechs Jahren in Lausanne wohnte, den Befehl erhalten, diese Stadt innerhalb 14 Tagen zu verlassen. Wahrscheinlich haben die religiösen Ansichten des Herrn Cook diefe Wegweisung veranlaßt, denn er war kaum anders bekannt als durch seine vielen Wohlthaten.
Kanton Schwyz. Der Große Rath saß am 22. und 23. Dezember ungewöhnlich zahlreich; der von Herrn Landammann Aby— berg vorgetragene Gesandtschafts-Bericht wurde mit besonderem In⸗ teresse angehört und genehmigt. Ein außer Fraft getretenes Gesetz über Beschränkung der Ehen wurde aufgefrischt; nach demselben ist Spielern, Trunkenbolden, Nachtschwärmern und Wollüstlingen die Ein⸗ gehung einer Ehe untersagt, bis sie ihre Besserung durch untadelige Aufführung während eines Jahres bewiesen haben; ein Handwerker soll während einiger Zeit auf eigene Rechnung sein Handwerk aus⸗ geübt haben, damit sich zeige, ob er eine Familie durchbringen könne; Personen, von denen auch nur eine oder deren Aeltern während der setzten vier Jahre Bettel getrieben oder aus öffentlichen Mitteln un— terstützt worden sind, dürfen ohne besondere Bewilligung des Orts— pfarrers und des Gemeinde⸗Raths nicht kopulirt werden.
k Genua, 24. Dez. Wie verlautet, haben Se. Königl. Ho⸗ heit der Prinz Karl von Preußen Höchstihren Leibarzt, den Gehei— men Rath Dr. Casper, hierher berufen, wogegen der Dr. Weiß, welcher die Hohe Kranke bisher mit rühmlichem Fleiß und großer Ausdauer behandelte, auf einige Zeit beurlaubt werden wird.
Nom, 21. Dez. (A. 3), Heute Vormittag fand ein geheimes Konsistorium im Palast des Quirinal statt, wo der Papst nach einer kurzen Anrede der hohen Versammlung mittheilte, daß er zu Kardinal⸗ Priestern ernannt habe: den Mons. Gaetan Balufst, Erzbischof und Bischof von Imola, geboren in Ancona, den 29. März 1788, und den Mons. Peter Marini, Governatore von Rom, Vice-Camerlengo und Generai-Direktor der Polizei, geboren in Rom, den 5. Oktober 1794. Nach diesen nannte er die Präconisation von zehn Bischöfen für die katholische Christenheit, worunter für Deutschland wichtig ist, bie des Mons. Georg Oettl zum Bischof von Eichstätt, so wie die Verleihung des heiligen Palliums für den Erzbischof von München und Freissng, Mons. Graf von Reisach. Von Ernennungen sind bis—⸗ her bekannt geworden: Legat von Bologna, Kardinal Amatt, an die Stelle des Kardinal Vannicelli⸗Casoni; Legat von Urbino und Pesaro der Kardinal Ferretti. Mons. Grasselini ist an die Stelle des Kar⸗ dinals Marini zum Governatore di Roma bestimmt.
Neapel, 17. Dez. Sturm, Schnee und Regen sind hier an der Tagesordnung. In der Nacht vom Senntag auf den Montag (14. Dezember) fiel bei vier Grad Kälte dichter Schnee, welcher den Tag über — eine höchst seltene Erscheinung — liegen blieb und noch heute auf den Dächern angetroffen wird. Es sst empfindlich kalt und rauh.
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Madrid, 22. Dez. Die Gaceta vom heutigen Tage ent⸗ hält ein die Eröffnung der Cortes vom 25. Dezember zum 31. De— zember vertagendes Königliches Dekret. (S. unten den madrider
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Brief) Der darauf gerichtete Antrag des Ministers des Innern lautet: „Seßsjora! Die kurze Zeit zwischen den kürzlich stattgehabten
Deputirtenwahlen und der Eröffnung der Cortes, die Rauhheit der Jahreszeit und die Unwegsamkeit der Straßen sind Ursachen, daß sich nur erst eine beschränkte Zahl von Deputirten in der Hauptstadt be⸗ findet. Aus diesem Grunde beehrt sich der unterzeichnete Minister, im Einverständnisse mit dem Minister-⸗Rathe, der Zustimmung Ew. Majestät den beifolgenden Dekrets⸗Entwurf vorzulegen. Madrid, am 21. Dezember 1846. Pedro José Pidal.“
„„In Erwägung der Mir vom Minister des Innern im Einver⸗ ständniß mit dem Minisier-Rathe dargelegten Gründe und in Aus—⸗ übung der, Mir kraft Art. 26 der Constitution zustehenden Präroga⸗ tive beschließe und prorogire Ich zum 31sten des gegenwärtigen Mo— nats Dezember die Eröffnung der Cortes, welche nach der Bestimmung
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Meines Königlichen Dekrets vom 31. Oktober am 25sten des genann⸗
ten Monats zusammentreten sollten. Gegeben im Palast am 21. Dezember. Ich, die Königin.“
Z Madrid, 21. Dez. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß die Art und Weise, in der die Vermählung der Königin Isa⸗ bella und die der Infantin, ihrer Schwester, durch den französischen Hof betrieben und durchgesetzt wurde, in den bevorstehenden Sitzun⸗ gen der französischen Kammern und des Parlaments lebhaft und von mehrfachen Gesichtspunkten aus erörtert und beleuchtet werden wird. Diejenigen Personen, welche vollständigere Einsicht von den zwischen den Höfen von Lendon und Paris seit etwa einem Jahr in Bezug auf diefe Angelegenheit gewechselten Noten und sonstigen Mitthei⸗ lungen zu erhalten Gelegenheit hatten, werden meiner schon früher— hin ausgesprochenen Ansicht beipflichten, daß die durch französische ministerielle Blätter und Zeitschristen veröffentlichten Bruchstücke aus jenen Akten mehr dazu geeignet, wenn auch nicht darauf berechnet sind, die öffentliche Meinung irre zu führen, als sie zu berichtigen. Es dürfte daher nicht überflüssig sein, nach genauer Durchsicht der voll— ständigen, noch nicht dem Druck übergebenen Dokumente hier einen wesentlichen Punkt zur Sprache zu bringen, nämlich den, welcher die Kandidatur des Prinzen Leopold von Sachsen-Koburg betrifft. Das pariser Kabinet nahm bekanntlich die Ausstellung dieses Prinzen zum Vorwand, um sich wegen der geheimnißvollen, den früheren mit dem londoner Hofe getroffenen Verabredungen widersprechenden Art und Weise, mit der es die Verheirathung der Königin Isabella und de⸗ ren Schwester betrieb, zu rechtfertigen. Nun erhellt aus den gewech⸗— selten Noten und Depeschen, daß gegen das Ende des Februars die— ses Jahres das pariser Kabinet zuerst die Ansicht faßte, die englische Regierung hätte mit der spanischen, an deren Sp'tze damals der Marquis von Miraflores getreten war, sich darüber verständigt, daß die Königin Isabella mit einem der Dynastie der Bourbons fremden Prinzen zu vermählen wäre. Diese Ansicht ließ Herr Guizot dem londoner Hofe unter dem 27. Februar zu erkennen geben. Vermuth⸗ lich stützte Herrz Guizot sich dabei auf die durchaus irrigen Angaben, die der hiesige französische Botschafter, Graf Bresson, ihm um jene Zeit zukommen ließ. Mit völliger Zuverlässigkeit kann ich behaupten, daß der Marquis von Miraflores beim Antritt seines Ministeriums den Grundsatz aufstellte und zur Kenntniß fremder Höfe brachte, die Lösung der Heirathsfrage müsse auf so lange verschoben werden, bis sie nach völlig hergestelltem inneren Frieden des Landes ihre den Be⸗ dürfnissen Spaniens und den Erwartungen Europa's entsprechende Erledigung finden könne. Diese Absichten verkennend und sich dem Irrwahn, daß der Marquis von Miraflores unter der Hand aus— schließlich zu Gunsten des Prinzen Leopold von Koburg arbeite, hin⸗
gebend, setzte Graf Bresson seine viel erprobte diplomatische Gewandt⸗ heit in Bewegung, um den Sturz des Marquis herbeizuführen. Man weiß, daß und wie ihm dieses gelang. Thatsache aber ist, daß erst, nachdem diejenigen Personen, auf deren Fügsamkeit der Graf Bresson durchaus sich verlassen zu können glaubte, die hoöͤchste Leitung der Staatsgeschäfte hier wieder übernommen hatten, im Monat Mai die Königin Christine einen Brief an einen damals in Lissabon ver⸗ weilenden hohen Verwandten des Prinzen Leopold von Koburg auf— setzte, um die Hand dieses Prinzen für ihre Tochter, die Königin Isabella, in Anspruch zu nehmen. Allem Anschein nach, geschah die⸗ ser Schritt mit Vorwissen und Genehmigung der spanischen Minister, denn der Brief wird in den späterhin zwischen den Kabinetten von Paris und London gewechselten Noten stets als ein Schreiben der „Fspanischen Regierung“ bezeichnet. Vor dem Abgange desselben nach Lissabon ward er dem hiesigen englischen Gesandten, Herrn Bulwer, mitgetheilt und von ihm ausdrücklich genehmigt. Aufsallend ist es, daß gerade dem französischen Botschafter, Grafen Bresson, der ver⸗ möge seiner persönlichen Stellung und der ihn auszeichnenden Beobachtungsgabe alle Mittel besaß, um jeden Schritt des madrider Kabinets zu überwachen, das bedeutungsvolle Verfahren der Königin Christine ein Geheimniß blieb. Nicht durch ihn, sondern durch den britischen Staats-Secretair der auswärtigen Angelegenheiten, Grafen von Aberdeen, erhielt der französische Hof die erste Kenntniß von dem den Prinzen von Koburg betreffenden Antrage. Sobald nämlich Lord Aberdeen erfuhr, daß der Antrag erfolgt war, setzte er den französischen Botschafter, Grafen von St. Aulaire, auf der Stelle davon in Kenntniß, und zwar deshalb, weil Herr Bulwer von dem Antrage im voraus
unterrichtet worden war und demselben seine Billigung ertheilt hatte.
Lord Aberdeen wünschte nämlich dem französischen Hofe darzuthun, daß das englische Kabinet bei dieser Angelegenheit ganz loyal und offen verfuhr und keinesweges die Initiative in ihr ergriffen hatte. Die Unwissenheit, in der der Graf von St. Aulaire sich befand, war so groß, daß er (die Aktenstücke thun es dar) dem Grafen von Aber⸗ deen die Vermuthung aussprach, die Angabe von dem dem Prinzen von Koburg gemachten Heiraths-Antrage beruhe auf einem Irrthum, da der französische Botschafter am madrider Hofe keine Silbe davon einberichtet hätte.
Von jenem Zeitpunkt an betrieb das französische Kabinet ein an— deres Vermählungs-Projekt und richtete erst, als dieses scheiterte, seine Blicke auf den ältesten Sohn des Infanten Don Francisco de Paula. In dieser Lage fand Lord Palmerston beim Antritte seines Amtes die Heiraths-Angelegenheit vor. In seiner ersten an Herrn Bulwer gerichteten Depesche stellte er den Prinzen von Koburg und die beiden Söhne des Infanten Don Francisco als diejenigen Kandidaten auf, unter denen die Königin Isabella vermuthlich wählen werde, verhehlte dabei aber nicht, daß er persönlich den Infanten Don Enrique als den geeignet⸗ sten betrachte. Obwohl diese Depesche vertraulicher Art war, so ließ Lord Palmerston doch, um dem französischen Hofe kein Mißtrauen einzuflößen, diesem eine Abschrift derselben zustellen. Herr Guizot schickte sie dem Grafen Bresson zu, der seinerseits für gut fand, den Inhalt derselben der Königin Christine und einigen anderen hiesigen Personen mitzutheilen. Die Königin Christine, der man die Privat⸗ ansicht Lord Palmerston's als ein drohendes, unwiderrufliches Ulti⸗ matum vorzuhalten wußte, entschloß sich dann, den Knoten schleunigst zu lösen, ehe von London ein anderer Rath eintreffen konnte. .
Aus den ungedruckten Aktenstücken erhellt auch, daß der fran— zösische Hof sich dem englischen gegenüber etwa im Juli dieses Jah— res darauf berief, von jeher darauf bestanden zu haben, daß auch die Infantin, Schwester der Königin Isabella, sich mit einem Bourbon vermählen müsse. Lord Palmerston eiklärte dagegen, es fände sich in den Büreans des Foreign Office keine Spur von einer derartigen Behauptung vor, und bei den Besprechungen von Eu wäre man übereingekommen, daß die Infantin sich überhaupt nicht eher ver⸗ mählen solle, als bis Nachkommenschaft der Königin Isabella vor— handen sein würde.
Die Minister haben zwar sämmtlich vor einigen Tagen ihre Ent— lassung eingereicht, allein sich auf den Wunsch der Königin bereit er— klärt, bis nach Eröffnung der Cortes und erfolgter Wahl des Präsi⸗ denten des Kongresses der Deputirten auf ihren Posten zu verharren. Die allgemeine Stimme verlangt zwar, daß noch vor der (auf den 25sten fallenden) Eröffnung der Cortes ein neues Ministerium ein- gesetzt und durch dieses die Thron-Rede abgefaßt werde. Auch be⸗ steht man vor allen Dingen auf die völlige Entfernung des Finanz⸗ Ministers Mon. Allein dieser Staatsmann giebt sich der Hoffnung
hin, sich wieder an die Spitze eines neuen Ministeriums gestellt zu
sehen, und behauptet, daß die Umgestaltung des Kabinets von der Wahl des Präsidenten des Kongresses abhängig gemacht werden müsse. Fällt diese auf den von ihm aufgestellten Kandidaten, Herrn Bravo Murillo, so wird Herr Mon es auf sich nehmen, mit Zu⸗ ziehung desselben ein neues Ministerium zu bilden. Fällt dagegen die Wahl wieder auf den Präsidenten des letzten Kongresses, Herin Castro' Orozeo, so wird Herr Mon, wie es heißt, ganz abtre⸗ ten und es der Königin überlassen, Herrn Castro an die Spitze des neuen Kabinets zu stellen.
3 Mꝛadrid, 22. Dez. Aus einer Quelle, deren Zuverlässig⸗ keit sich mir bei jeder Gelegenheit erprobte, erfahre ich so eben, daß es den Bemühungen des französischen Botschasters gelungen ist, den Einfluß, welchen der König auf die Entschließungen seiner Gemahlin auszuüben begann, zu beseitigen und dagegen der Königin Christine und dem Herzoge von Rianzares dasjenige Uebergewicht über das Gemüth der jungen Königin wieder zu verschaffen, dessen diese seit ihrer Vermählung, zur Befriedigung der Nation, sich zu entledigen bemühte. Mit einem Worte, die Familie des Königs soll zurückge⸗ schoben, die des Herzogs von Rianzares aufs neue vorangestellt wor⸗ den sein. Die kräftige Hand des fremden, an den Geschicken dieses Landes so lebhaften Antheil nehmenden Diplomaten vermochte die Verhältnisse so zu schürzen, daß die junge Königin aus den Wirren der ministeriellen Krisis keinen Ausgang zu finden wußte, vor dem Schreckbilde der nächsten Zukunft, das man ihr vorhielt, erbebte und sich endlich überreden ließ, ihre Mutter nach dem Palaste zu rufen, um ihren Rath anzuflehen und sich ihr ganz in die Arme zu werfen. Darauf wurde, wie man mir sagt, beschlossen, die bisherigen Minister beizubehalten — sie haben als gehorsame Unterthanen diesem Beschlusse sich bereits unterworfen — und die Cortes aufzulösen, sobald in ihnen ein den Ministern nicht zusagender Geist der Selbstständigkeit sich zu erkennen geben sollte. Für den Fall einer wirklichen Kollision würde man endlich zu der unbeugsamen Entschlossenheit des Generals Nar⸗ vaez seine Zuflucht nehmen und ihn aufs neue an die Spitze der Armee stellen. Der französische Botschafter und der General Nar— vaez hatten sich seit der Einsetzung des Ministeriums Isturiz gegen⸗ seitig den Krieg erklärt und jederlei persönliche Berührung vermieden, aus diesen Gesinnungen auch keinesweges ein Geheimniß gemacht. Um so mehr fiel es auf, daß der sranzösische Botschafter vor acht Tagen dem General Narvaez ein glänzendes Diner gab, und man vermuthet, daß er diesen entgegenkommenden Schritt nur in Folge a n n von Paris aus eingegangener Vorschriften gethan
abe.
Kein einziges der heute hier erschienenen Blätter enthält eine Andeutung, durch welche meine Angaben über diese neue Palast⸗Re⸗ volution bestätigt würden, und vielleicht dürfte das Wohl des Landes erheischen, daß die Bestätigung ausbleibe. Ein Theil der angekün— digten Pläne hat sich indessen bereits verwirklicht. Die Gaceta bringt heute ein Königliches Dekret, kraft dessen die auf den 2Zösten festgesetzte Eröffnung der Cortes vorläufig bis auf den 31sten verschoben wird. (Vergl. o ben.) Die Minister berufen sich dabei auf die Nothwen⸗ digkeit, den Deputirten hinlängliche Zeit zu vergönnen, um sich in gro— ßer Anzahl hier einfinden zu können. ⸗
Allem Anscheine nach, wird diese Maßregel nur als die Vorläuferin entscheidenderer Schritte betrachtet und mißfällig aufgenommen werden. Denn der Tiempo, ein moderirtes Blatt, erwähnt heute, ohne das
Dekret zu kennen, der Aufschiebung der Eröffnung der Cortes nur als eines Gerüchts und fügt hinzu: „Wir glauben es nicht, wir können es nicht glauben, falls anders nicht ein verborgener Gedanke, ein mac— chiavellischer Plan, ein hinterlistiges Projekt aufs neue die sanfte und regelrechte Herrschaft der constitutionellen Prinzipien zu stören beab— sichtigt. Wenn wir die schmach volle Bedeutung, welche eine solche Maßregel an sich tragen würde, in Erwägung ziehen, so wollen wir
ihr lieber keinen Glauben beimessen.“ Uebrigens ist die Anzahl der hier anwesenden Deputirten bereits sehr beträchtlich. Auch Herr Mendizabal ist vor einigen Tagen hier eingetroffen. Olozaga scheint erst die Entscheidung des Kongresses über seine Zulassung abwarttn zu wollen.
Unterdessen hat der geräuschvolle Empfang, welcher dem Grafen von Montemolin in London zu Theil geworden ist, so wie der Ton, in welchem die periodische Presse sich über ihn äußert, auch hier die öf⸗
fentliche Aufmerksamkeit in Anspruch genommen. Man hat nicht vergessen,
daß gerade Lord Palmerston es war, der früherhin auf die Festhaltung des spanischen Prätendenten in Bourges bestand, und man vermuthet daher, daß der edle Lord gegenwärtig von seinen damaligen politi— schen Ansichten zurückgekommen sei. Die hiesigen ministeriellen Blät-
ter betrachten diese Erscheinung mit großer Geringschätzung und ge—
ben das Wiederauftreten der Karlisten für undenkbar aus. Tie Mi⸗ nister selbst haben bekanntlich Steckbriese gegen den Grafen von Monte⸗ molin wie gegen einen flüchtigen Verbrecher erlassen. Nun ist aber plötzlich ein Brief hier in Umlauf gekom;men, aus welchem erhellt, daß der König, der Gemahl Isabella's, nicht nur von der größten Achtung und Liebe für seinen Vetter, den Grafen von Moniemolin, erfüllt ist, sondern sogar — doch ich verweise Sie auf diesen Brief selbst, der zuerst im Esprit public, dann in der Times und daraus in Galignani's Messenger vom 12ten d. erschien und auch in einem hiesigen Blatt abgedruckt wurde, dessen Umlauf die Behörden jedoch hemmten. Seit dem Erscheinen dieses Briefes be— trachten sowohl Moderirte wie Progressisten den Verfasser desselben mit ganz anderen Augen als früher.
Aus Portugal erhalten wir nur selten und nur über Cadir Nachrichten. Im Norden verstärken die Miguelisten, die in Braga eine Regierungs-Junta eingesetzt haben, sich mit jedem Tage. Das Antas war fortwährend in, Saldanha vor Santarem. Die Königin scheint ihr Vertrauen Letzterem zu entrziehen und dem Grafen von Thomar aufs neue zuzuwenden. Man will wenigstens wissen, daß dieser hier beglaubigte Gesandte von seiner Königin befragt worden wäre, ob er es auf sich nähgme, an die Spitze eines neuen Ministe— riums zu treten. Aus dem Inhalte der letzten hier an Herrn Bulwer eingegangenen Depeschen des englischen Geschäftsträgers in Lissabon und des Obersten Wylde will man den Schluß ziehen, daß die Lage der Königin Donna Maria immer bedenklicher werde. Der Vortrab der Truppen des der Königin treuen Barons Casal erschien am 11Iten vor Porto, dessen Einwohner von der revolutionairen Junta zu den Waffen gerufen wurden.
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Konstantinopel, 16. Dez. Am Iten v. M. Morgens brachte der Kislar-Aga dem Großwestr ein Handschreiben des Sultans, worin Se. Hoheit demselben die Geburt eines Prinzen, den er Medmed⸗ Ziased nannte, anzeigt. Dieses Handschreiben wurde noch am Vor— mittag den zur Pforte berufenen Würdenträgern vorgelesen. Am 131en fand dann die übliche Aufwartung der Großen des Reichs im Uferpalast von Tschiragan statt. Zu den fünf Gebetszeichen werden in den sieben Tagen nach der Geburt, des Prinzen Artillerie- Salven von 21 Kanonenschüssen gelöst und die Häuser der Staats⸗-Beamten Nachts beleuchtet.
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