1847 / 78 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

Schein gehen, ohne auf die wahrscheinliche innere Veranlassung Rüchsicht zu * so mußten wir ihr Benehmen am Morgen des 1. März noth= wendigerweise aus einem ernsteren Gesichts punkte betrachten, als dem einer harmlosen, dem scheidenden Lehrer dargebrachten Huldigung.“ 5 r Der Senat der Universität Würzburg hat folgende Verfügung erlassen: ö 2 ; n, des Honorarwesens an den bayerischen ö , fortan die Königliche Entschließung vom 20. November v. J. in A U. . keit, vermöge weicher Folgendes angeordnet ist: 1) Das , . mehr erlassen, sondern dessen Entrichtung nur gestundet, 2) 3 4 . kann auch theilweise bewilligt werden. 3) Auf die Stundung ha 1c in! jener inländische Studirende Anspruch, welcher seine wahre * n. 6 muth durch ein gerichtliches Zeugniß zu beweisen vermag. 9 fi nihen diese Begünstigung verlieren, wer hinsichtlich seines Fleihes ö . . Betragens oder wegen einer Lebensweise Tadel verdient, die das; * . gen von Mitteln zu anderen nicht nöthigen Ausgaben nachweist. Die Stu dung bleibt für den Inländer in Wirksamkeit, bis derselbe ew eden 2 einer Anstellung im öffentlichen Dienste oder zu einer geistlichen . b) zu besseren Vermögens-Umständen gelangt ist. Von da an ir, ie Abzahlung der Schuld in Jahresrenten zu 19 pCt. des Jahres Ein om⸗ mens des Schuldners, sofern sich dieser nicht sreiwillig zu größeren Leistun · gen verstehen sollte. Von den suh a. bezeichneten Individuen 68 ersten Jahre ihrer Anstellung eine Ratenzahlung nicht gesordert. ) Die Erben des vor Ablauf der gesetzlichen Frist verstorbenen Schuldners sind zur Zahlung in dem Maße verpflichtet, als der Rücklaß hierfür ausreichende Mitiel bietei. 3) Ausländern kann die Stundung unter obiger Voraus— seßzung gleichfalls gewährt werden; jedoch nur längstens bis zum vollendeten fünften Jahre nach ihrem Abgange von der inländischen Hochschule, 6) Wer nun um, Stundung überhaupt nachsucht, hat sein desfallsiges Gesuch sogleich bei der Immatriculation zu übergeben, wo⸗— bei bemerkt wird, daß die bereits im Winter⸗Semester 1846 47 vorgeleg⸗ ten Vermögens-Zeugnisse auch für das kommende Sommer-Semester 18.7 Geltung haben; übrigens sind die diesmal zu fassenden Beschlüsse auch nur für das genannte Sommer-Semester gültig. In Zukunft dagegen erstreckt sich die Gültigkeit derselben auf ein ganzes Jahr, und zwar von einem Winter-Semester zum anderen; es muͤssen daher beim Beginne eines sol—= chen jedesmal die Zeugnisse erneuert vorgelegt werden. 7) Jeder Studi⸗ rende, dem die Stundung zugestanden wurde, hat für jedes Semester einen eigenen Interims Nevers auszustellen. Beim Abgange von der Universität aber wird jedem Restanten der betreffende Schuldbetrag im Abgangs-Zeug— nisse vorgemerkt; vor Aushändigung dieses hat sich derselbe zu seiner ge= . Sonorarschuld nach einer vorgeschriebenen Formel gerichilich zu ekennen.

Im Nürnb. Korresp. liest man: Wenn schon seit kurzem in unserer vaterländischen Presse ein höherer Aufschwung bemerkbar ist, der jedenfalls einer zufolge höherer Anweisung mit, wenn auch vorsichtiger Liberalität geführten Censur zu danken ist, so glauben wir diesen Censur⸗Verhältnissen nicht nur eine gewisse Konsolldirung, sondern auch Ausdehnung in der jetzt höchsten Srts der Ausarbeitung unterliegenden Censur-Instruction zugedacht, deren Erscheinen wir vielleicht in wenigen Wochen entgegenfehen dürfen.

Großherzogthum Baden. Die Karlsruher Zei— tung meldet Folgendes aus Karlsruhe vom 13. März: „Wenn in einem Lande der Bürger in allen Lagen des Lebens vertrauens voll und hoffnungsreich sich zu dem Throne wenden darf, wenn er bei barten Unfällen der innigen Theilnahme des Regenten, seines Trostes und seiner Hülfe sicher ist, da erscheint auch das schwerste Unglück weniger herb und drückend. In solcher Lage befinden sich der Ein⸗ zelne und das gesammte Volk in unserem Lande Baden, wo ein edel⸗ müthiger Fürst auf dem Throne, gütig und mild, die Freuden und Leiden seiner Unterthanen gleich warm mit empfindet und mit theil⸗ nehmendem Herzen die mannigfachen harten Schläge des Schicksals zu erleichtern unablässig bemüht ist. Wir sind heute in der glück⸗ lichen Lage, unseren Lesern in näheren und entfernteren Kreisen einen neuen Beweis dieses reichen fürstlichen Gemüthes mittheilen zu können. Der hiesige Gemeinde⸗-Rath und Ausschuß hatte aus eigenem Gefühl und vielfacher Anregung beschlossen, Sr. Königl. Hoheik dem Groß⸗ herzog eine Urkunde des wärmsten Dankes für Allerhöchstdesselben väterliche Theilnahme an dem großen Brand- Unglück, das uns am 25sten vorigen Monats betroffen, unterthänigst zu überreichen. In dieser Absicht begab sich die städtische Behörde vom Rathhaus, ge⸗ solgt von mehr als 1500 Bürgern und Einwohnern, in feierlichem Zuge nach dem Schlosse. Vor demselben angekommen, stellte sich die zahlreiche Menge vor dem Haupt- Portale auf, während Gemeinde⸗ Rath und Ausschuß, den ersten Bürgermeister an der Spitze, sich in das Schloß begaben und, von Ihren Königlichen Hoheiten dem Groß— herzog und der Großherzogin auf das huldvollste empfangen, die Ur—= kunde unterthänigst überreichten. Se. Königl. Hoheit der Großher⸗ zog erwiederten dieselbe in sichtbarer Bewegung mit dem innigsten Danke für den neuen Beweis der Anhänglichfeit und Liebe der kärls.= ruher Bürger. So beklagenswerth auch die Veranlassung sei, so betrachteten Allerhöchstdieselben diese Urkunde doch als ein heiliges Unterpfand für Sich und Ihre spätesten Enkel. Es habe freisich dieses neuen Beweises der Treue, Anhänglichkeit und Liebe nicht bedurst, deren Allerhöchstdieselben von ihren braven karlsQ— nher Bürgern gewiß seien. Zur bleibenden Erinnerung Al⸗ lergöchstöhrer schmerzlichen Theilnahme an den Verunglückten

solle cin Trauerdentmal auf ihren Grabe errichtet werden. Zugleich versicherten Se. Königl. Hoheit, daß für die Errichtung eines Noth⸗

Theaiers Färsorge gelroffen weiden solle, überzeugt ö. wohlthäti w h ö hewirt sn sengsa, Jr. a 6

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als ein ule des Lebens zu betra j 3 9

Deputation des hemese keegl th. i 4. , ü. aer fbr en ) 19. ; 1 e. Königl. Hoheit die Zu⸗

sage eines möglichst baldigen Baues eines neuen Theaters d das neben den künstlerischen Erfordernissen vor Allem tie . 2 schaft der Sicherheit des Publikums gewähre. Auerhõc str iche lp n fänden Sich bierzi um so mehr enischloffen, ais das Hosthen ee er, großen Anzahl Menschen den Lebens⸗ Unterhalt gewähre und Allr böchstsie nicht wünschen, daß der Stadt Karlsruhe aus dem erlitte. nen Unglück auch noch weitere materielle Nachtheile erwachsen 65 2 6 anette ich Ihre Kön gi, Hoheit dir Großtzerz?! in . che sosort die Adresse laut vorlasen. Sie lautet Allerdurchlauchtigster Großhenzog !“ „Gnädigster Fürst und Herr!“

. „Als die väterliche Theilnahme Ew. Könialiche ĩ

zerreißenden Verlust so vieler 2 . , gr, Brande des hiesigen Hoftheaters durch das Allerhöchste Handschreiben vom 2ten d. M. an den Praͤsidenten des Ministeriums deg Innern, Herrn ntlicht wurde, da fühlten sich alle Herzen aufgerich welchen diese väterliche Theisnahme uns und auch weit über seine Gränzen hinaus in die

Augen nach dem Grabe ihrer Lieben blicken, gste Dank. ; Einen Wunsche Ew. Königlichen Hoheit, dieses allgemeine einfach auszusprechen, begegneten sich alle Herzen, und mit⸗ en Schmerze ist es für uns eine lückliche Stunde, den Aus⸗ trag zu erfüllen, dem Throne uns ungern nc zu nahen und im Namen n n, dn n nn Aller, welche Allerhächstihre väterliche den innigsten, tiesgefühltesten Dan an seinen Stufen

„Groß und schredlich war das Unglück, aber groß und erhebend auch

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die Nächstenliebe. Möge sie, die eine von Gott gesegnete ist, fortwährend unter uns wirksam bleiben.

„Dem allgütigen Vater danken wir, daß unsere Heimsuchung nicht noch größer wurde, daß er Ew. Königl. Hoheit und Ihr Königl. Haus gnädig bewahrte und uns Alle nicht in noch tiefere Trauer versenkte. Zu ihm, dem Allmächtigen, flehen wir um Segen für Alle und um die Erhaltung des theuren, wohlthätigen Lebens Ew. Königl. Hoheit, slehen, daß er, wie Karl Friedrich, so auch Leopold einen Nestor unter den Fürsten werden lasse und uns und unseren Kindern lange, lange noch den Vater des Va— terlandes gnädig erhalten wolle.

„In diesem unauslöschlichen Gefühle verharret im Namen der Ein- wohner der Residenzstadt Karlsruhe in allertiefster Verehrung

. Ew. Königl. Hoheit

treugehorsamster Gemeinderath und Ausschuß der Residenzstadt Karlsruhe.“

Alle Anwesenden waren von tiefer Rührung ergriffen, Se. Kö⸗ nigliche Hoheit traten hierauf, an der Spitze der Deputation, heraus auf den Schloßplatz mitten unter die zahireichen Bürger: „Ich kann Mir es nicht versagen“, sprachen Allerhöchstdieselben zu der freudig bewegten Menge, „den Anwesenden Meinen wärmsten Dank persön⸗ lich auszudrücken“, und sprachen mit kräftiger Stimme und mit un— verkennbar warmem Herzen die innigsten Gefühle des Dankes für die treue Anhänglichkeit und Liebe der Bürger und Bewohner von Karls— ruhe aus. Wie mit Einem Tone erhob sich aus der gesammten Menge ein stürmisches dreimaliges „Lebehoch“ unserem Großherzog Leopold!“ Wir sind in der That in Verlegenheit, Worte zu finden, um diesen Augenblick würdig und wahr zu bezeichnen. Männer mit greisem Haupte und Jünglinge waren gleich innig ergriffen, und Thrä⸗- nen glänzten in Aller Augen, als das unendlich reiche Gemüth des Fürsten so warm sich erschloß. Man sah es deutlich, wie Jeder sich gehoben fühlte, wie Jeder einen Stolz darin erkannte, ein Badener zu sein. Was dieser Moment an Empfindungen geoffenbart, was er an Eindrücken geschaffen, was er unter Jubel und Rührung zugleich, an treuer Volksliebe und edlem Fürstensinne dargelegt, bleibt ein Hei⸗ ligthum in dankbarer Brust. Es war offenbar, daß das segensreiche Band zwischen Fürst und Volk heute wo möglich noch inniger ge⸗ knüpft wurde.“

Kurfürstenthum Hessen. Durch ein Ausschreiben des Finanz⸗Ministeriums vom 10. Vlärz wird mit Rücicht auf die fort⸗ währende Theurung der Brodfrüchte und auf den Grund der mit den Regierungen des deutschen Zoll-Vereins bestehenden Vereinbarung die zollfreie Einfuhr des Reißes bis zum 30. September d. J. gestattet.

Herzogthum Lauenburg. Ein Königliches Patent vom 10. März verordnet, daß vom Beginn der diesjährigen Schifffahrt an bis Ende September d. J. für das bei dem Elbzollamte Lauen— burg gemeldete Getraide, so wie für Hülsenfrüchte, Kartoffeln, Mehl und andere Mühlen-Fabrikate, ohne Unterschied des Bestimmungs— ortes, der Elbzoll erlassen wird.

Rußland und Polen.

St. Petersburg, 12. März. Morgen sindet im Winter— palast die Taufe des Prinzen Eugen Maximilianowitsch statt.

Frankreich.

Paris, 14. März. Die Deputirten- Kammer hat gestern den Gesetz⸗ Entwurf über die Einrichtung eines Dampfpaketbook⸗-Dienstes zwischen Havre und New-York unverändert angenommen. Hiernach wird der Staat, in Folge einer zwischen dem Finanz- Minister und den Repräsentanten einer Compagnie abgeschloffenen Uebereinkunft, dieser Geselschaft für ihr Unternehmen 4 Dampfschiffe von 450 Pferde⸗ kraft leihen, wofür dieselbe sich zu unentgeitlicher Beförderung der Depeschen und der Korrespondenz verpflichtet.

Der Courrier frangais meint, daß die Mission des Grafen Walewski nach dem La Plata nicht von langer Dauer sein werde; er solle den Baron Deffaudis dort ersetzen und auf bestimmte Grund- lagen hin die Unterhandlungen zu Ende führen. Es sei diese Mission eine Belohnung der Bemühungen des Grafen Walewaki, die Versöh— nung des englischen Gesandten mit Herrn Guizot herbeizuführen, in⸗ dem er mit Normanby auf freundschaftlichem Fuße stehe.

Der Infant Don Enrique befindet sich noch immer in Toulon. Er führt ein sehr zurückgezogenes Leben. Der Prinz von Joinville wurde am 10. März in Toulon erwartet.

Als bemerkenswerth und bezeichnend für Englands Pläne weist der Courrier frangais darauf hin, daß Don Miguel, der auf einem englischen Kriegsschiffe aus Italien entwichen sei, jetzt plötzlich von Lord Palmeiston aufgegeben werde, indem die englische Regie⸗ rung mit einemmale ganz der portugiesischen zu Willen handle. Ber Courrier stellt dies mit den Unterhandlungen der ostindischen Com— pagnie über die Abtretung der portugiesischen Besitzungen in Ostindien in Verbindung und macht dazu die Glosse, England würde sich rasch gegen die Karlisten erklären, falls Spanien ihm Havana abtreten wollte.

Die Auflösung der eingeborenen afrifanischen Reiter-Regimenter bildet nach dem Courrier frangais nur einen einzelnen Theil eines umfassenden Planes zur Reorganisation des Heeres in Afrika, 3 beim Eintritt des Frühjahrs zur Ausführung gebracht wer— den soll.

Der Kriegs-Minister hat befohlen, daß mit dem Gebrauch des Salzes als Nahrungsmittel für die Pferde praktische Versuche im Großen angestellt werden sollen.

Die Patrie spricht von einer Spaltung des Kabinets, die da⸗ durch entstanden, daß die Minister über die Besetzung der General-

Postdirektorstelle in Uneinigkeit gerathen wären. Herr Duchatel soll sogar seine Entlassung eingereicht haben, falls Graf Dejean diese Stelle nicht erhalte.

Der pariser Stadtrath, in seiner Milde bei Vertheilung der Brodzettel häusig betrogen, hat eine Verordnung erlassen, woraus hervorgeht; 1) daß der Stadtrath die Hauseigenihümer als Schieds= lichtet darüber betrachtet, um zu wissen, wer eigentlich hülssbedürftig sei 1 daß viele Haugeigenthümer sich haben mißdrauchen lassen, indem ihre Miether deren Aufmerksamkfeil täuschen, 3) daß die Täuschenden fi nic verfolgt und von den Unterstützungs-Listen gestrichen werden

Die Gazette des Tribunaur erzählt, es sei eben eine strenge Untersuchung unter den Gefangenen zu St. Pelagie vorge⸗ 66 worden, um den Ursprung ber? Verleumdungen zu zerforschen, eren. Gegenstand eine hochstehende Person (Herr Martin du Nord) gewesen. Diese verleumderischen Gerüchte, welche durchaus grundlos i hatten bei manchen Gefangenen Glauben gefunden, worüber inn 9 ö Polizei- Kommissar a, . Ein efängni its i ntersuchun lane en ,. sses hat bereits in Folge der suchung arquis Langle, scüher Unterpräfekt und Deputirter, der in

w. Drguillard. Prozeß kan das eri unge e fen mancher lei nuch in gegeben, welche Herr Duchatel in Abrede stellten, erklärt in einem Schreiben an den National, „daß, wenn man ihn dazu

zwinge, er noch andere Dinge an den Tag bringen würde, die eben so das naive Erstaunen des Fr ers erregen off bem ] Der Geschästeführer des orsaire Satan, der France

theatrale und, des Fu ret sind der Verleumdung der Gattin Jules Janin's vom Zuchtpolizeigerlcht schuldig befundin worden. Herr

*

Lepoitevin St. Alme ist zu 8 Monaten Gefängniß und 1500 Fr. Geldbuße, Laurent zu 6 Monaten Gefängniß und 1000 Fr. Geld⸗ buße, Puesch zu 6 Monaten Gefängniß und 500 Fr. Geldstrafe und Laboullaye zu 3 Monaten Gefängniß und 500 Fr. Geldstrafe ver— urtheilt worden. Außerdem sind sie unter körperlicher Haft zu fol⸗ genden Entschädigungssummen an Janin verurtheilt: Laurent und Lepoitevin St. Alme solidarisch zu 10h Fr., Puesch zu 2000 Fr.

und Laboullaye zu 1000 Fr. Janin hat zum voraus diese Summen für die Armen bestimmt.

Großbritanien und Irland.

Unterhaus. Sitzung vom 12. März. (B. H.) Nach⸗ dem die temporairen Maßregeln, welche die Noth Irlands hervorge⸗ rufen hat, vom Unterhause beseitigt sind, trifft die Reihe der Bera⸗ thung jetzt die permanenten, auf nachhaltigen Nutzen berechneten Maßnahmen der Regierung. Unter diefen stehen voran die Bill zur Verbesserung der Ländereien der Grundbesitzer, welche am Sten d. M., wie berichtet, das General-Comité bereits passirt hat, und die Armen⸗ Unterstützungs-Bill, deren Berathung in dem General-Comit heute an der Tagesordnung war. Die Bill ist bestimmt, das irländische Armengesetz dem englischen möglichst zu assimiliren, d. h. insbesondere den Vermögenden nach vollen Kräften zur Beisteuer für die Bedürf— tigen herbeizuziehen, indem in Irland bisher nur diejenigen unterstützt wurden, welche in den Armen- und Werkhäusein der 139 irländischen Armen-Bezirke ein Unterkommen finden konnten, während man den Rest der Bettelei und gänzlichem Verkommen preisgab. Die vermö⸗ gende Klasse und die irländischen Grundbesitzer, also der Kern der irländischen Partei, welche sich immer ihrer Vertretung der National- Interessen rühmt, bildet gegen diese Bill eine lebhaste Opposstion. Als heute bald nach Eröffnung der Sitzung Lord John Russell die Konstituirung des betreffenden General-Comité's beantragte, rich⸗ tete er vornehmlich seine Bemerkungen gegen die von dieser Partei erhobenen Einwendungen und ließ sich dabei über das Wesen und die Details der neuen ArmengesetzBestimmungen ausführlich aus. Bis her, sagte der Premier-Minister, habe die Regierung es selbst nicht unternommen, Getraide in Irland einzuführen zum Unterhalt der darbenden Menge, weil dadurch der Handelsverkehr gestört worden wäre; sie habe sich auch geweigert, sich in den Feldbau zu mischen, weil sie dadurch den Feldbau der Privaten zu hindern glaube; sie habe sich endlich nicht dazu verstehen können, die Auswanderung auf Kosten des Staats zu betreiben, weil sie überzeugt sei, daß ohne solche Einmischung die Zahl der Auswanderer viel größer sein werde. Nur die Unterstützung habe sie gewährt, welche die Verabreichung von Arbeitslohn für öffentliche Arbeiten darbiete. Im Februar seien auf diese Weise 944,141 Pfd. St. verausgabt worden und die Zahl der beschäftigten Arbeiter in diesem Monate von 615,055 auf 708,288 gestiegen. Wäre die Regierung nicht auf diese Weise dazugetreten, so würden Viele dem Hungertode erlegen sein. Indeß auch diese Maßregel, obgleich die Noth sie unabweislich gemächt habe, führe doch große Nachtheile mit sich, und aus vielfachen Rücksichten habe die Regierung deshalb, zumal jetzt, wo die Zeit für das Säen und Ackern gekommen sei, die Zahl der bei den öffentlichen Arbeiten An— gestellten so viel wie möglich zu vermindern beschlossen; vom Schatz amte sei bereits dem Büreau der öffentlichen Arbeiten in Irland der Befehl zugegangen, am 20. März 20 pEt. der angestellten Arbeiter zu entlassen, die Zahl der übrigen nach Zeit und Uinständen allmälig zu reduziren und in denjenigen Lokalitäten, wo die Mittel der Hülfs⸗ Comités und der einzurichtenden Suppen-Anstalten hinreichen, die hülfsbedürftige Bevölkerung mit den erforderlichen Lebensmitteln zu versehen, sämmtliche Arbeiter jetzt schon sofort zu entlasen. Auf diese Weise werden die Grund ⸗-Eigenthümer und Pächter nicht der Arbeitskräfte ermangeln, deren sie zur Bestellung ihrer Grundstücke bedürfen. Lord John Russell ging nun auf die vorliegende Frage wegen des Armengefetzes selbst über und knüpfte seine Bemerkungen an die bekannte, von 64 irländischen Pairs und A3 irländischen Mitgliedern des Unterhauses unterzeichnete Denkschrift gegen die Armen-Unterstützungs-Bill, welche ihm vor kurzem über= reicht worden ist. Er könne, sagte er, sich den in jener Denkschrift enthaltenen Resolutionen nicht anschließen, zumal nicht derjenigen, welche es ausspreche, daß den Hülfsbedürftigen außerhalb der Werk— und Armenhäuser keine Unterstützung verabreicht werden dürfe. Er seinerseits halte es für nöthig, daß unter Umständen die Unterstützung den Hülfsbedürftigen auch in ihren Wohnungen verabreicht werde, damit aber sei nicht gesagt, daß nicht, wenn arbeitsfäihige Tagelöhner sich darunter finden, dieselben von den Armen⸗Commissalren oder dem Kollegium der Armenpfleger angehalten werden sollen, für die er⸗ haltene Unterstützung Arbeit zu leisten, wie das ja auch in Eng⸗ land immer der Fall ist. Man habe freilich für Irland einen Unterschied statuiren wollen, und zwar aus dem Grunde, weil die Privat⸗Wohlthätigkeit dort sich in umfassenderem Maße des Hülfs⸗ bedürftigen annehme. Daß Wohlthätigkeit in reichlichem Umfange in Irland geübt werde, stelle er keinesweges in Abrede, aber sie werde meist nur von dem Armen an dem noch Aermeren geübt. Je⸗ denfalls aber fehle es an jeder Verpflichtung des Vermögenden, sich der Hülfsbedürftigen anzunehmen; wer nicht Lust dazu habe, kon⸗— tribuire wenig zum Unterhalt der Armen, und der reiche Absentee entziehe sich ganz und gar jeder Beisteuer zur Unterstützung der Ar⸗ men, die in großen Haufen auf seinen Grundstücken zu finden seien. Das dürfe nicht länger so bleiben, zumal da bei abermaliger Miß⸗ Aerndte der Reichsschatz nicht von neuem die ganze Last der Versor⸗ gung der Hülfsbedürftigen in Irland übernehmen könne. Nur eine Maßregel, wie die vorliegende, welche den Wohlhabenden zur Unter— stützung der Armen verpflichte, könne jetzt noch helfen, und das Bei⸗ spiel Englands beweise, daß eine solche Maßregel sich sehr gut mit der Wohlfahrt, der Sicherheit und der Erhaltung des Reichthums im Lande vertrage. In den letzten zehn Jahren seien in England und Wales für den Unterhalt der Armen 419 Mil⸗ lionen Pfund Sterling aufgewendet worden, eine ungeheure Summe, und doch habe man mittelst dieses Aufwandes an den Hülfs mitteln des Landes erspart. Uebrigens sei es keinesweges die Absicht, die englischen Armengesetze in allen ihren Details auf Irland zu übertragen, auch besitze Irland manche Vortheile, welche die Einfüh⸗ rung des neuen Gesetzes mehr erleichtern werden, als es in England der Fall gewesen sei. So habe Irland bereits seine Werk⸗ und Ar⸗ menhäuser, und die Armenpfleger haben daher den Prüfstein der Hülfsbedürftigkeit in der Hand. So lange in jenen Häusern Platz sei, müssen alle Hülfesuchende, ob arbeitsfähig oder nicht, in denstlben ihren Aufenthalt nehmen; erheuchelte Armuth werde dadurch fernge⸗ halten. In gewöhnlichen Zeitläuften werden sich die Werk- und Är= menhäuser selten füllen, in Zeiten der Noth werde man dagegen suchen müssen, größeren Raum in denselben zu schaffen. In Irland finde sich jetzt eine ungeheure Menge von armen Häuslern und Bett⸗ lern, die fortwährend am Rande des Mangels stehen und stets von der Hand in den Mund leben. Allerdings würden diese in der gegenwärtigen Kalamität, selbst wenn * ein Armengesetz, wie das vorliegende, vorhanden gewesen wäre, nicht alle haben versorgt und genährt werden können, aber es würde denn doch der Noth zum großen Theile habe vorgebeugt werden können und nicht Alles nur auf Anwendung außergewöhnlicher Anstrengungen angekommen sein. Uebrigens lasse sich auch nicht verkennen, daß die

Grundeigenthümer Irlands in der gegenwärtigen Krisis keinesweges alle ihre Kräfte so angestrengt haben, wie es ihre Pflicht gewesen wäre, und um so wichtiger sei es daher, daß man ein Gesetz ein= führe, welches ihnen zur Pflicht mache, was bisher ihrem guten Willen allein überlassen geblieben sei. Freilich habe man behaupten wollen, daß in einigen Theilen Irlands die Zahl der Armen so groß und der Ertrag des Grundeigenthums so ungenügend sei, daß das letz⸗ tere durch die vorliegende Bill der Vernichtung preisgegeben werden würde. Er glaube das nicht; jedenfalls könne die Lage der Dinge nicht bleiben, wie sie jetzt sei, wo in manchen Gegenden von Irland die Armensteuer nur nominell sei und im ganzen Lande nur 57 Pee. pr. Pfd. des Grundertrages ausmache, während sie sich in England auf 1 Sh. 7z Pee. pr. Pfd. belaufe. Alle Welt habe von dem in dem Armenbezirke Skibbereen herrschenden Elende gesprochen; der Grund- ertrag jenes Bezirkes nun sei zu 8000 Pfd. jährlich für die Armen— steuer taxirt, während er sich in der That auf nicht weniger als 100,900 Pfd. jährlich belaufe, und obgleich die Armensteuer in die— sem Bezirke im November v. J. von 6 Pee. auf 9 Pee. pro Pfd. erhöht worden sei, so habe doch kein Mensch daran gedacht, sie wirk— lich zu erheben. Das dürfe nicht länger so fortgehen, die Wohlha⸗ benden müssen zur Armensteuer mehr als bis jetzt herbeigezogen wer- den, und das werde dann unter Anderem auch den Vortheil bringen, daß die Grund⸗Eigenthümer die Arbeiter mehr beschäftigen, als bis⸗ her, denn sie werden arbeitsfähige Leute lieber in ihrem Nutzen ver— wenden, als sie in den Werk⸗ und Armenhäusern unterhalten wollen. Nachdem der Premier⸗-Minister noch einige Einzelnheiten der Bill be— rührt und den Wunsch ausgesprochen hatte, daß die Thätigkeit der neu einzurichtenden Armenpflegschaften dazu dienen werde, die ver— schiedenen religiösen wie politischen Parteien in Irland zu einträchti— gem Zusammenwirken zu vermögen, schloß er mit der gegen eine neuliche Behauptung des Herrn Noebuck gerichteten Erklärung, daß alle von demselben namhaft gemachten irländischen Grundbesitzer, welche entweder Mitglieder des Kabinets oder mit den Ministern eng ver— bunden sind, wie die Lords Clanricarde, Besborough u. s. w., der Bill ihre volle Zustimmung geben und bereit seien, die Lasten, welche ihnen dieselbe übertragen solle, zu übernehmen. Die lange De⸗ batte, welche auf die Rede Lord John Russell's folgte, bot im Gan— zen wenig allgemeineres Interesse dar. Die Herren Stafford, O'Brien und Poulett Scoope sprachen sich für die Bill aus, doch glaubte, Ersterer die größte Vorsicht anempfehlen zu müssen und kündigte einige Amendements an. Herr Gregory glaubte behaup— ten zu dürfen, daß der besondere Charakter des irlaͤndischen Volkes jede Armen⸗-Unterstützung außerhalb der Armenhäuser dem Wohle des Ganzen verderblich machen werde. Er prophezeite, daß alles Grund- Eigenthum in Irland vernichtet werden und der irländische Paupe⸗ rismus dann gleich einer zerstörenden Schneelawine über England hinstürzen werde. Herr D. Browne äußerte die Ansicht, daß es besser gewesen sein würde, die englischen Armen Gefetze in ihrer ganzen Integrität auf Irland zu übertragen, und tadelte unter an— deren Klauseln der Bill diejenige, welche die Friedensrichter ex of— ücio zu Mitgliedern der Lokal-Armen«- Kollegien bestellt. Sir William Molesworth hielt eine längere Rede, in welcher er zwar die vorliegende Maßregel billigte, indeß nachzuweisen suchte, daß noch andere radikale Mittel angewendet werden müßten, wenn Irland gründlich geholfen werden solle. Insbesondere empfahl er, alle überschuldeten Grundeigenthümer zum Bankerott zu treiben, ihre Grundstücke zu verkaufen und den Ertrag unter ihre Gläubiger zu vertheilen. Denn nur so könne man hoffen, die jetzige Race der irländischen Grundeigenthümer durch eine bessere Gattung zu ersetzen, die ihre Pflichten gegen das Volk kenne und sie zu erfüllen bereit sei. Als zunächst gegen die Bill trat Herr Shaw, der bekannte ultra— toryistische Recorder von Dublin, auf, welcher die Bill sowohl ihres Inhalts wegen, als wegen des Zeitpunkts ihrer Einbringung ver⸗ dammte. Er behauptete zugleich, daß Lord John Russell, nur durch den „Druck von außen“ bewogen, gegen seine bessere Ueberzeugung die Maßregel vorbringe, von der er wisse, daß sie die Grundeigen⸗ thümer Irlands verderben werde. Nachdem sowohl Herr Ellice, als Sir B. Hall das Ministerium in Schutz genommen und beson⸗ ders der Letztere zahlreiche Beispiele der Pflichtvergessenheit unter den irländischen Grundbesitzern zur Sprache gebracht hatte, wurde die Debatte vertagt.

Auch im Oberhause wurde das Verfahren der irländischen Grundbesitzer zur Sprache gebracht. Lord Brougham klagte von neuem darüber, daß die Armen aus Irland in Schaaren in Liverpool einwandern und nun den englischen Armen⸗-Anstalten zur Last fallen, und behauptete, daß Viele von ihren Gutsherren, die sie haben los— werden wollen, 2 Sh. 6 Pee. zur Ueberfahrt nach England erhalten haben. Darüber entstand ein Wortstreit zwischen ihm Und Lord De⸗ von, der aber nicht zur Aufklärung der Sache führte. Am Schlusse der Sitzung gab der Marquis von Lansdowne auf eine Anfrage Lord Strangford's einige Erläuterungen über den Streit zwischen der Regierung und dem Könige von Hannover in Betreff gewisser Kron- Juwelen, weigerte sich aber, die, darauf bezüglichen Papiere vorzulegen, und machte bemerklich, daß die Sache im Grunde weder das Parlament noch das Voll interessiren könne.

London, 13. März. Lord Howden, der neue Gesandte am La Plata, wird erst in der nächsten Woche an den Ort seiner Be⸗— immung abgehen. ñ 266 n h iff „Virginian“ hat Nachrichten aus New-⸗Nork vom 13. Februar überbracht, welche einige sehr widersprechende Mittheilungen von dem Königsschauplatz in Mexiko enthalten. Die Vereinigten Staaten sollen geneigt sein, den Frieden Mexiko anzubie⸗ ten. Im amerikanischen Senate wurde noch immer über die drei Millio⸗ nenbill debattirt (die drei Millionen sollen bekanntlich die Friedens⸗ Unterhandlungen mit Mexiko fördern helfen; im Verlaufe der Debatte hatte sich Herr Calhoun für den Plan des General Taylor, im Kriege mit Mexiko sich auf die Defensive zu beschränken, erklärt. Die Bill wegen Errichtung von 10 neuen Re— gimentern war vom Präsidenten unterzeichnet worden. Der Schatz—⸗ secretair, Herr Walker, hatte eine Anzeige erlassen wegen Anerbie⸗ tungen zur Uebernahme von 18 Millionen Dollars der neuen 6proz. Anleihe. Im Repräsentanten⸗Hause war am 10ten der Antrag ge— stellt, 500, 009 Dollars aus dem Staatsschatze zum Ankauf von Le— bensmitteln für Irland Gu dessen Gunsten auch viele Volks-Ver— sammlnngen in mehreren großen Städten gehalten worden sind) anzuweisen. Der Antrag wurde sogleich an die General-Comités verwiesen.

Selg ien. Brüssel, 15. März. Herr Castiau machte in der Reprä—

sentanten⸗- Kammer bei der Diskussion des Repräsentations⸗Gesetzes

als Amendement einen Antrag auf eine gleichzeitige Wahl⸗ Reform, und zwar wollte er, daß Alle, die auf ber Geschworenen-Liste stehen und dabei das Minimum des von der Constitution sestgestellten Cen⸗ sus zahlen, das Wahlrecht erhalten sollten. Herr Delfosse sprach aus mehreren Gründen den Wunsch aus, daß Herr Castiau seinen Vorschlag nicht ale Amendemenkt gestellt, sondern? daraus! ein beson⸗ deres Gesetz gemacht hätte. Das Ministerium würde hieran wieder bie Bemerkung knüpfen, wie man durch diefen Vorschlag nur neue

ren Augenblick noch nicht gekommen.

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aufreizende und unfruchtbare Debatten erzeug und dadurch die Lage des Landes noch ernster, die Aufregung noch drohender mache; dies hätte die Opposition vermeiden müssen. Herrn Castiau's Vor⸗ schlag sei aber auch bloßes Stückwerk; die Majorität werde dies We

nige auch verwerfen, und die Wahlreform-Frage sei eine soiche, de⸗

Wende die Ministerial⸗ Partei

auch ein, daß die Liberalen die Wahlreform als Gesetz des liberalen

Kongresses vertheidigen müßten, so bemerke er dawider, daß, stimme

er auch mit den Grundansichten des liberalen Kongresses überein, er

kein Zwangs-Mandat von demselben annehme, sondern nach freiem

Urtheil handle. Uebrigens sei er dafür, daß Alle, welche bie Ga⸗

rantie der Ordnung und der Kapazität böten, das Wahlrecht erhal⸗

ten sollten; an ein allgemeines Wahlrecht denke er nicht. Herr Ver⸗

haegen bedauerte auch, daß der Antrag kein vollständiger sei;

er hätte gewünscht, daß derselbe sich auf alle Kapazitäten be⸗

zöge, 34 das Minimum des Census dabei nur mit gewisser

Herabsetzung des Census in den Städten vorgeschlagen würde.

Von einem Zwangsmandat sei nicht die Rede, und auf die Befahr

hin, nicht wiedergewählt zu werden, werde er sich von seinen Wäh—

lern nie Bedingungen aufzwingen lassen. Der Vorschlag des Herrn

Castiau sei so harmlos und so gerecht, daß man ihn annehmen müsse,

wolle man nicht inkonsequent sein. Er wisse schon im voraus, daß

die Majorität ihn verwerfen werde, nichtsdestoweniger werde die De=

batte ihre Früchte tragen, wie es in Frankreich mit dem Vorschlage

des Herrn Duvergier de Haurannne der Fall sein werde. Herin

Castiau's Vorschlag gehe blos dahin, daß alle Personen, die auf der

Geschwornen⸗Liste stehen und das Minimum von 20 Fl. Steuer

zahlen, Wähler werden sollten, und bisher habe Niemand ein

stichaltiges Argument dawider vorzubringen gewußt. Herr

Du mortier und seine politischen Freunde wendeten ein, hier

handle es sich nur darum, die Advokaten in Massen zu

Wählern zu machen. Der Vorschlag treffe aber eine Masse anderer

Stände und Personen und komme nicht blos den Städten zu Gute;

alle gelehrten Stände, Gemeindevertreter u. s. w. würden in diese

Kategorie fallen. Seines Dafürhaltens sei das Wahlrecht an die

Bedingung zu knüpfen, daß Jemand hinreichende Intelligenz besitze,

um das Recht urtheilssähig ausüben zu können. Der Census sei aber

nur eine Bedingung, und den Geldbesitz als ausschließliches Privile⸗

gium dafür hinstellen wollen, ohne die Kapazitäten ins Auge zu

sassen, wäre eben so verwerflich als gehässig. Irrig sei die

Annahme, als habe der Kongreß das Wahlrecht blos an den

Geldbesitz knüpfen, wollen; es sei ein Schimpf für densel⸗

ben, so etwas behaupten zu können. Herr de Theux habe selbst

1831 nicht so gedacht, denn in seinem Berichte über das

Wahlgesetz sage er damals: „Die Wahlen müssen von allen Bür⸗

gern ausgehen, die beim Wohl des Landes betheiligt und fähig sind,

um eine gute Wahl zu treffen; sie haben ein unbestreltbares Recht dar⸗— auf.“ Abbé de Foere habe ja damals selbst ein Amendement auf Zuziehung aller Kapazitäten gestellt, indem er die dem Geldbesitz ausschließlich verliehene Wahlberechtigung als eine unberechtigte be— trachtete, und Allen das Wahlrecht verliehen, welche im Stande seien, die Rechte und Interessen der Nation zu vertreten. Uebri⸗ gens lasse ja neben dem Geld-Privilegium das Jurygesetz auch ö die Kapazitäten zu, warum wolle man sie denn nicht auf der Wählerliste? Und die Pflicht eines Geschworenen stehe vielleicht noch höher, als die eines Wählers? Wolle man absehen vom Census und alle Kapazitäten zulassen, so würden Geistliche und Offiziere auch eine gleiche Berechtigung erhalten. Wollte der Klerus die Pflicht eines Geschworenen übernehmen und zahlte er den Census von 20 Fl., so würde er auch in die Kategorie fallen, die Herr Castiau aufgestellt habe. Gleiche Rechte, gleiche Pflichten. Der Minister de Theux suchte aus der Geschichte des Kongresses zu be⸗ weisen, daß derselbe kein anderes Wahl-Privilegium als das auf den Census gestützte festsetzen wolle. Wer den Cenfus nicht zahle, könne zu diesem Recht nicht gelangen; dies sei geschehen, um dem Wahl— recht Schranken zu setzen, dessen Grundlage der Census bleibe. Man sage, das Wahlrecht müsse sich auf Intelligenz begründen. Er habe einst sagen wollen, daß, um Wähler zu sein, man ein Interesse am Staat, ein materielles Interesse und dazu einen gewissen Grad Intelligenz haben müsse. Daß für die Wählbarkeit kein gewisser Census festgestellt worden, habe man deshalb gethan, damit nicht leicht gewisse Klassen ausschließ— lich nach der Repräsentantenwürde streben möchten; der Kongreß habe nicht gewollt, daß die Geschworenen auch Wahlrecht erhielten. Uebri— gens würde der Vorschlag für die Landbewohner von Nachtheil sein, indem sie dadurch wenig neue Wähler erhalten würden und nur die Städte dadurch in Vortheil kämen. Herr Lehon vertheidigte sich gegen den Vorwurf der Inkonsequenz und meinte, wenn er selbst 1831 gegen die Zulassung der Kapazitäten gewesen, so hätte die Erfahrung der letzten 16 Jahre ihn für Zulasfung der Ge— schworenen zum Wahlrecht stimmen können. Herr Ca st iu begriff nicht, wie man sich hier auf die Ansichten des Kon— gresses berufe, da die Herren von der Majorität und Herr Dechamps selbst im Laufe der Zeit ihre Meinungen sehr geändert.

Wie wolle man denn das Recht haben, hier verschollene Ansichten

als Gründe geltend zu machen? Er stelle den Vorschlag nicht, um

Leidenschaften rege zu machen, sondern blos, weil er den Augenblick

dazu für gekommen halte. Verwerfe man den Vorschlag, so beweise

man blos, daß man die Kapazitäten und die Intelligenz fürchte; die

Intelligenz sei es aber, die am Ende Majoritäten und deren Mini—

sterien zu stürzen wissen werde. Herr Dolez bedauerte, sich von

seinen politischen Freunden hierin trennen und gegen den

Antrag stimmen zu müssen, wie seine Ueberzeugung es ihm eingebe.

Er betrachte ihn für fehlerhaft, da er die Eigenschaft eines Ge⸗

schworenen und eines Wählers als ganz geschieden halte. Uebrigens sprach er sich wider die permanente politische Association aus, die er als Feind der parlamentarischen Freiheit betrachtete. Der Antrag des . Castiau wurde schließlich mit 48 gegen 22 Stimmen ver= worfen.

1 nnn

Nom, 5. März. (A. 3.) In mehreren Orten der Provinzen ist es der Polizei gelungen, Komplotte zu entdecken, deren Mitglieder, Geistliche und Laien, aus religiöser Besorgniß oder Unduldsamkeit ge⸗ geu die jetzige Regierung sind. Durch die der Behörde in die Hände gefallenen Papiere soll sie dem ganzen Getreibe dieser Partei auf die * gekommen sein und mehrere Verhaftungen haben vornehmen assen.

Der heilige Vater hat in Mitte des vorigen Monats den Be⸗ fehl zur Entwerfung der Statuten eines neuen Ordens gegeben, der an alle, Religions⸗-Befenner vertheilt werden kann, und durch welchen hauptsächlich die Belohnung wahren Verdienstes beabsichtigt wird. Wie man nunmehr vernimmt, soll dieser Orden ein Stern mit der Devise Virtuti et Merito in zwei Klassen getheilt werden. Die erste Klasse verleiht dem Inhaber erblichen Adel, die zweite persön= lichen Adel. Zugleich mit diesem Orden ist die Wiederherstellung des lateranensischen Ordens zur Sprache gekommen. Noch in diesem Monat ist die Zusammenberufung des Konsistoriums zu erwarten, worin aber wohl blos Bischöfe ernannt werden dürften.

Die vielbesprochene Fahne, welche die Bürger Bologna's denen

von Rom überschickten, ist bereits seit einiger Zeit hierher

und nun durch eine Deputation dem nf . Ei em nen . man glaubt, dieselbe zu Ostern der hiesigen Bürgergarde lber eben wird.

; Der türkische Abgesandte, Schelib Efendi, hat aus der Hand Sr. Heiligkeit eine reich mit Brillanten verzierte Camee, auf welcher das Bildniß des Papstes dargestellt ist, erhalten. Knieend empfin sie der türkische Repräsentant, der den Wunsch geäußert haben 7 das Geschenk Sr. Heiligkeit als Nichan, als Decoration, auf der Brust tragen zu dürfen.

Spanien.

Ss Madrid, 8. März. Seit drei Tagen befinden wir uns in einer neuen ministeriellen Krisis. (S. das gestrige Blatt der Allg. Preuß. Ztg.) Die Minister hatten die Ueberzeugung ge⸗ wonnen, daß der General⸗Capitain von Catalonien, Breton, in Be⸗ tracht seiner zerrütteten Gesundheit nicht länger seinen Posten aus⸗ füllen könne, und beantragten deshalb seine Entlassung. Die Königin verweigerte jedoch anfangs ihre Zustimmung, und erst vorgestern, als die Minister die Abberufung des Generals Breton zu einer Kabinets⸗ Frage machten, soll die Königin eingewilligt, sich aber fortwährend ge— weigert haben, dem Antrage der Minister gemäß, den General Pavia zum General-⸗Capitain von Catalonien zu ernennen. Diesen zwischen der Krone und ihren amtlichen Rathgebern eingetretenen Zwist benutzte der un⸗ ermüdliche Herr Mon, um den General Narvaez aufzufordern, ge⸗ meinschaftlich mit ihm ein „starkes“, das heißt auf willkürliche Maß⸗ regeln gestütztes Ministerium zu bilden, in welches auch Herr Gon⸗ zalez Bravo eintreten sollte. Es scheint jedoch, daß Herr Mon sich mit dem General nicht verständigen konnte, indem beide den Vorsitz im neu einzusetzenden Kabinet in Anspruch nahmen. Die Minister verkennen die Schwierigkeiten ihrer Lage keinesweges und halten letz- tere nur dann für gesichert, wenn die Königin sich dazu versteht, mehreren von ihnen in Antrag gebrachten Maßregeln ihre Genehmi⸗ gung zu ertheilen. Bis diesen Augenblick ist diese nicht erfolgt und diese Krisis daher noch nicht überstanden. Am meisten wäre der Aus- tritt des Handels⸗Ministers, Herrn Roca de Togores, zu bedauern, der eine ganz ungemeine Thätigkeit und Umsicht entwickelt, der In⸗ dustrie und dem Handel neue Bahnen zu brechen und dem eingerisse⸗ nen Börsen⸗ und Actienschwindel zu steuern bemüht ist.

Der Infant Don Enrique hat für gut befunden, von Toulon

aus unter dem 24. Februar einen Brief an die Cortes zu richten, der in der vorgestrigen Sitzung des Kongresses verlesen wurde. Er erklärt darin den Cortes und der Nation, „daß er sich (in Betreff seines Heiraths-Versprechens) an die Vorschriften der Gesetze und Königlichen Verordnungen halte und demnach entschlossen wäre, als Ehrenmann (como buen caballero) seine Ehe mit dem Fräulein Elena de Castella zu vollziehen.“ Der Brief ist übri⸗ gens in einer eben so schwülstigen als ungeziemenden Sprache abgefaßt. Der Infant behauptet, unter Bajonetten aus dem Palaste seines Vaters gewaltsam fortgeführt worden zu sein und erst in Barcelona durch den Marine ⸗-Minister den Auftrag erhalten zu haben, sich nach Neapel zu begeben, um über den Zustand des dortigen Seewesens Berichte einzuschicken, ohne jedoch mit den erfor⸗ derlichen Geldmitteln und der seinem Range entsprechenden Beglei⸗ tung verseben worden zu sein. Der Infant deutet an, daß das Studium der Arsenale Englands geeigneter sein dürfte, „um die in gänzliche Zerrüttung verfallene spanische Marine wieder emporzuhe⸗ ben., und daß er in der ihm übertragenen Sendung nur die längst vorbereitete Absicht erblicken könne, ihn von seinem Vaterlande, seiner Familie „und dem Gegenstande seiner zärtlichen Gefühle zu ent⸗ fernen.“ Endlich erklärt er die Personen, welche sich der AÄbschlie⸗ ßung seiner Ehe widersetzten, für seine Feinde und sich selbst „für frei von dem Aberglauben vergangener Zeiten.“ Da der Infant selbst sich auf die Gesetze beruft, welche für den Fall seiner Heirath mit einer Privatperson ihn von der Thronfolge ausschließen, so ist er offenbar gesonnen, diesem Rechte zu entsagen.

Die Gewaltthat, welche französische Truppen im Bereiche der spanischen Festung Fuenterrabia begingen, hat einen allgemeinen Schrei des Unwillens hier hervorgerufen. Der Espaßñol, ein Blatt, das die gegenwärtigen Minister unteistützt, besteht darauf, die Regierung solle von der französischen verlangen, daß die Fischerbarke „la bonne Marie“ wieder nach dem Hafen von Fuenterrabia darch dieselben Ka⸗ nonierschaluppen, welche sie gewaltsam von dort fortführten, gebracht werde, um dort zu verweilen, bis die spanischen Behörden die Er laubniß zu ihrem Auslaufen ertheilt haben würden. (Vergl. Allg. Preuß. Ztg. Nr. 76 Art. Paris.)

Die Königin Christine ist diesen Morgen gegen fünf Uhr von hier nach Paris abgereist, nachdem sie um drei Uhr einer Messe in der Schloßkapelle beigewohnt hatte. Ihr Gemahl, dessen Kinder, der Herzog von San Carlos begleiten sie. In der letzten Sitzung des Senats ließ der Herzog von Rianzares anzeigen, daß er auf vier Monate nach Paris reisen würde.

Mehrere Kriegsschiffe von dem im Tajo vor Anker liegenden englischen Geschwader haben Befehl erhalten, nach dem Mittelmeer zu segeln. Am 28sten v. Mts. passirten die Linienschiffe „Rodney“, „Albion“ und Vanguard“ die Meerenge von Gibraltar mit der Bestimmun nach Malta und die Fregatte „Amazone“ nach Cartagena. In Gibraltar wurde das Kriegs-Dampfschiff „Belleisle“ mit dem 50sten Regimente zur Verstärkung der Besatzung und 300 Sträflingen für die Arbeiten an den Festungswerken erwartet. ;

In Malaga sollten vor acht Tagen zwei Bataillone nach den balearischen Inseln eingeschifft werden.

Die Post, welche von hier am 5ten nach Cadix abging, wurde auf dem Wege nach Aranjuez um 9 Uhr Abends von vier be rittenen Räubern angefallen. Die Passagiere wurden bis aufs Hemd entkleidet und ihres Geldes und Gepäckes beraubt.

Ein ganz unerhörter Vorfall ereignete sich hier vorgestern Abend. Die verwittwete Herzogin von Alba fuhr Abends zehn Uhr nach einem Kasino, um verabredetermaßen ihren Sohn, den Herzog, dort abzu⸗ holen. Da sie ihn nicht antraf, fuhr sie nach ihrem Palaste. Noch nicht dort angelangt, wurde der Wagen auf der Straße bei hellem Mondschein von vier mit Pistolen bewaffneten Menschen angehalten, welche ihn öffneten und den Herzog aufsuchten. Da ste ihn nicht vorfanden, entfernten sie sich unter lauten Verwünschungen. Schon öfter hat man dem Herzoge Geldsummen durch Drohbriefe zu ent-

reißen gesucht.

Eisenbahnen.

Ueber die merkwürdige schiefe Ebene der bayerischen Süd⸗Nord-= Eisenbahn enthält das 6 Journ. Folgendes: „Die Bahn verläßt das Thal der Schorgast bei Neuenmarkt und zieht sich auf den füdlichen Abhängen der das Lauber; und Pusterthal begränzen= den steilen Anhöhenmittelst einer 18,162 Fuß langen schiefen Ebene, deren Steigung auf 40 beträgt, zu dem höchsten Punkt bei Markt schorgast. Diese Stelle bildet die Wasserscheide zwischen Main unb Saake und liegt 1213 Fuß über dem Niveau des bamberger Eisen- bahnhofes. Diese Strecke wird nach amerikanischem System . das doppelt so viele Kurven verlangt als das englische; die für die