1847 / 98 p. 2 (Allgemeine Preußische Zeitung) scan diff

eximirt sind, den Pfarrzwang auszuüben und dieselben zu den aus der Parochial⸗ Verbindung fließenden Lasten und Abgaben heranzuziehen. §. V7. Theil'JJ. Zit. 1. §. 260 und 261. ebendaselbst. §. 418. ebendaselbst.

; 1 z öffentlich

Auf die vorstehend unter 5. aufgeführten Rechte der öffen ö

aufgenommenen Kirchen⸗Gesellschaften haben die nur ene, .

ligiens-Gesellschaften als folche keinen Anspruch; ten aim ang sn.

Rechte in befonderem Falle bestimmt vielmehr die ihnen ertheilte Konzession (cons. §. 4.)

1 d St erbe fall

betreffend die Geburten, Heirathen und Sterbeslghe,

in, . Beglaubigung durch die Ortsgerichte . erfolgen muß.

Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ꝛc. ꝛc.

in Verfolg Unseres am heutigen Tage über die Bildung

derer gi ns e egen erlassenen Patents, für alle Theile Un⸗

serer Monarchie, mit Ausschluß des Bezirks des Appellationsgerichts-

hofes zu Köln, auf den Antrag Unseres Stagts Ministeriums und nach vernommenem Gutachten Unseres Staats-Rathes, was folgt:

8. 14.

Die bürgerliche Beglaubigung der Geburts-, Heiraths⸗ und Sterbefälle, die sich in solchen geduldeten Religions⸗-Gesellschaften er⸗ eignen, bei welchen den zur Feier ihrer Religions Handlungen be⸗ stellten Personen die Befugniß nicht zusteht, auf bürgerliche Rechts Verhältnisse sich beziehende Amtshandlungen mit eivilrechtlicher Wir⸗ kung vorzunehmen, soll durch Eintragung in ein gerichtlich zu füh— rendes Register bewirkt werden.

. 2.

Dieses Register (8. 1) wird von dem ordentlichen Richter des Orts, wo der Geburts- oder der Sterbefall sich ereignet hat, oder die Brautleute wohnen, auch in Ansehung solcher Betheiligten ge⸗ führt, welche sonst von der ordentlichen Gerichtsbarkeit befreit sind.

Haben die Brautleute ihren Wohnsitz in verschiedenen Gerichts— Bezirken, so kann die Eintragung der Ehe bei dem einen oder dem anderen der beiden Richter nachgesucht werden. Der Richter, wel⸗ cher hiernach die Eintragung vornimmt, hat von derselben dem Rich— ter des Orts, an welchem der andere Theil des Brautpaares wohnt, Mittheilung zu machen, und dieser hat die vollzogene Ehe auch in das von ihm geführte Register zu übernehmen.

Zur Anzeige einer erfolgten Geburt ist zunächst der Vater des Kindes verpflichtet. Ist derselbe nicht bekannt oder zur Erfüllung dieser Verpflichtung nicht im Stande, so muß die Anzeige von dem Geburtshelfer oder der Hebamme, wenn aber solche bei der Niederkunft nicht Zegenwärtig gewesen sind, von den sonst dabei zugegen gewesenen Personen, und wenn die Geburt ohne Beisein Anderer erfolgt ist, von demjenigen, in dessen Wohnung das Kind geboren ist, geschehen. Andere, zu den Verwandten oder Hausgenossen gehörende Personen, sind zu der Anzeige berechtigt, aber nicht verpflichtet.

Die Anzeige muß den Tag und die Stunde der Geburt, das Geschlecht des Kindes und dessen Vornamen, ferner die Namen, den . oder das Gewerbe, so wie den Wohnort der Aeltern, ent⸗ halten.

War zur Zeit der gemachten Anzeige dem Kinde noch kein Vor—⸗ name beigelegt, so ist hierüber binnen drei Tagen, nachdem dies ge— schehen, nachträgliche Anzeige zu in m

§. 4.

Bei Todesfällen muß die Anzeige von dem Familienhaupte, und wenn ein solches nicht vorhanden oder hierzu nicht im Stande ist, von demjenigen gemacht werden, in dessen Wohnung der Todesfall sich ereignet hat. Andere Verwandte oder Hausgenossen des Ver— storbenen sind zu der Anzeige berechtigt, aber nicht verpflichtet.

Die Anzeige muß Tag und Stunde des Tobes, Vor- und Fa— mniliennamen, Alter, Stand oder Gewerbe des Verstorbenen ent halten.

§. 5.

Der ehelichen Verbindung muß ein Aufgebot vorangehen. Das— selbe ist bei dem Richter des Orts, an welchem die Brautleute den Wohnsitz haben, und wenn dieselben in verschiedenen Gerichtsbezirken wohnen, bei jedem der beiden Richter in Antrag zu bringen, und erst dann zu veranlassen, wenn sich der Richter die Ueberzeugung ver⸗ schafft hat, daß die zur bürgerlichen Gültigkeit der Eher gefetzlich nothwendigen Erfordernisse vorhanden sind.

Das Aufgebot erfolgt durch eine an der Gerichtsstelle und gleich— zeitig an dem Nath— oder Ortsgemeindehause, in dessen Ermangelung aber an der Wohnung des Gemeindevorstehers, während vierzehn Tagen auszuhängende Bekanntmachung.

. S. 6. Dixcsenige Handlung, durch welche nach ö ? lung, d h dem Gebrauche der Re⸗ ,n , die eheliche Perbindung geschlossen wird, darf erst orFgengmmen werden, wenn gerichtlich be cheinigt ist, daß die Braut⸗

leute, jedes ü ; . ; 5 ufa len Wohnorte, aufgeboten worden sind und kein

; §. 7. Zu der E ; q . derli 5 er Eintragung der Ehe in das Register (6. 1.) ist erfor⸗

1) die Erklärung der Brautleute daß und ̃— wa 8 geg or n Neligions i . ö ah rn hat; . . erbindung erforderliche Handlung stattgefunden 2) eine die Richtigkeit dieser Erklärung bestatigende Versicherung

zweier glaubwürdigen, zu derselben Religion? . hörenden Personen; selben NRelizions⸗ Gesellschaft ge⸗

3) der Nachweis des Aufgebots (8. 5H).

S. 8. Die bürgerliche Gültigkeit einer solchen Ehe beai r Zeitpunkt der Eintragung der Ehe in e m. an nnen m Zu den in den §§. 3, 4 und 7 vorgeschriebenen Anzei Erklärungen ist das persönliche Erscheinen vor dem n r nn lich. Der Richter hat darüber, unter Zuziehung eines verpflichteten Protokollführers, ein Protokoll aufzunehmen, welchem die eingereichten Bescheinigungen beizufügen sind. Wenn nach dem Ermessen des Richters die Thatsache ell ist, so hat derselbe auf Grund des otekolls, sofort den Geburts-, Heiraths- oder Sterbefall in das ister einzutragen, und darüber ein Attest auszufertigen. 10. Das Register (6. 1 und 3 auf Grund desselben ausgefertigten

Atteste genießen bis zum Beweise des Gegentheils vollen offentlichen Glauben. S. 11.

Die in deg ss. 3. 4 und vorgeschriebenen Anzeigen od arne e, neee e, ban, dee, ü, , men her 1 bei Geburten innerhalb der zunachst folgenden drei Tage;

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2) bei Heirathen binnen der zunächst folgenden acht Tage nach Vollziehung der nach dem Gebrauche der egi . Ge uschn erforderlichen Handlung;

3) bei , . spätestens an dem nächstfolgenden Tage.

Eine schuldbare Versäumniß dieser Fristen ist mit ir. bis zu e Thalern oder mit Gefängniß bis zu vier Wochen zu be⸗

rafen.

Außerdem haben die Säumigen diejenigen Kosten zu tragen, welche dadurch entstehen, daß der Richter wegen der verzögerten An— zeige zu irgend einer Ermittelung veranlaßt wird.

.

Die Festsetzung der im §. 11 angedrohten Strafe erfolgt durch gerichtliches Erkenntniß.

§. 13.

Die Orts⸗Polizei⸗Behörden sind verpflichtet, auf die rechtzeitige Anzeige der Geburten, Heirathen und Sterbefälle zu achten und bei Unterlassung derselben das Erforderliche von Amts wegen zu veran— lassen.

§. 14.

Für die den Gerichten durch gegenwärtige Verordnung überwie⸗ senen Geschäfte sind Gebühren zu entrichten, über deren Betrag der Justiz⸗Minister nähere Bestimmungen zu treffen hat. .

3. 406

Insoweit nicht durch gegenwärtige Verordnung abweichende Be⸗ stimmungen gegeben sind, haben die Gerichte bei dem Aufgebote und der Führung des Registers diejenigen Vorschriften zu befolgen, welche den Geistlichen der öffentlich aufgenommenen Kirchen für das Aufge— bot und die Führung der Kirchen-Register ertheilt sind.

6

Die Vorschriften der gegenwärtigen Verordnung finden auch auf Geburten, Heirathen und Sterbefälle solcher Personen Anwendung, welche aus ihrer Kirche ausgetreten sind und noch keiner vom Staate genehmigten Religions-Gesellschaft angehören. ö..

Bei den Heirathen solcher Personen sollen jedoch die Bestim mungen der §8§. 6, 7 und 11 Nr. 2 ausgeschlossen bleiben. Zur Ein⸗ tragung der Ehe in das Register genügt in diesen Fällen der Nach weis des Aufgebots (8. 5) und die persönliche Erklärung der Braut-— leute vor dem Richter, daß sie fortan als ehelich mit einander ver bunden sich betrachten wollen.

.

Der Austritt aus der Kirche (8. 16) kann nur durch eine vor dem Richter des Orts (8. 2) persönlich zum Protokoll abzugebende Erklärung erfolgen. Diese Erklärung hat nur dann rechtliche Wir— kung, wenn die Absicht, aus der Kirche auszutreten, mindestens vier Wochen vorher dem Richter des Orts in gleicher Weise erklärt wor⸗ den ist. Der Richter hat von der zuerst bei ihm abgegebenen Erklä—⸗ rung dem kompetenten Geistlichen sofort Mittheilung zu machen.

§. 18.

Bei Ehescheidungsklagen solcher Personen, welche aus ihrer Kirche ausgetreten sind und noch keiner vom Staate genehmigten Religions Gesellschaft angehören, nn die in der Verordnung über das Ver⸗ fahren in Ehesachen vom 28. Juni 1844 hinsichtlich der Mitwirkung eines Geistlichen und insbesondere die in den 558. 10 bis 14 gegebe⸗ nen Vorschriften keine Anwendung.

Der Einleitung solcher Ehescheidungsklagen muß statt des Sühne⸗ Versuchs durch den Geistlichen ein Sühne-Versuch durch das Gericht vorangehen.

Bei diesem Sühne -⸗-Versuche sind der Staats-Anwalt und nach dessen Anträgen diejenigen Personen zuzuziehen, von welchen eine dem Zweck entsprechende Mitwirkung zu erwarten ist.

19

Der Justiz⸗Minister hat die Gerichte mit näherer Anweisung zur Ausführung dieser Verordnung zu versehen.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.

Gegeben Berlin, den 30. März 1847.

(L. S.) Friedrich Wilhelm. Frh. von Müffling. von Savigny. Uhden.

Beglaubigt: Bode.

Eichhorn.

Mit Bezug auf das vorstehende Patent haben des Königs Ma⸗

jestät noch folgenden besonderen Befehl unter gleichem Datum an das Staats-Ministerium zu erlassen geruht:

Wenn Ich in dem Patent vom heutigen Tage über die Bildung neuer Religions-⸗Gesellschaften denjenigen, welche ihre Kirche verlassen und zu einer besonderen Religions- Gesellschaft sich vereinigen oder einer solchen sich anschließen, nur insoweit, als ihre Vereinigung vom Staate genehmigt ist, den fortdauernden Genuß ihrer bürgerlichen Rechte und Ehren ausdrücklich zugesichert habe, so darf dieser Be⸗ stimmung, wie Ich dem Staats ⸗—Ministerium zur Vermeidung möglicher Mißverständnisse hierdurch eröffne, nicht die Auslegung gegeben werden, als ob der Beitritt zu einer vom Staate noch nicht genehmigten Religions- Gesellschaft ohne Weiteres den Verlust jener Rechte und Ehren zur Folge habe. Eine solche Auslegung würde ganz Meiner Absicht entgegen sein. Insbesondere mache ich darauf aufmerksam, daß kein Militair- oder Civil-Beamter blos deshalb, weil er sich von seiner Kirche getrennt und einer bisher noch nicht genehmigten Religions⸗Gesellschaft angeschlossen hat, in den mit sei⸗ nem Amte verbundenen Rechten, sofern nicht das Amt selbst, wie z. B. bei den Schullehrern zc., durch eine bestimmte Konfession be—⸗ dingt ist, eine Schmälerung erleiden darf. Ich überlasse den einzelnen Verwaltungs Chefs, hiernach die Behörden mit der nöthigen Anwei⸗ sung zu versehen.

Berlin, den 30. März 1847.

An das Staats-Ministerium.

Friedrich Wilhelm.

Uichtamtlicher Theil.

Berl Bnlan d.

: Erlin, 3. April. Die Landtags Marschälle, sämmtlicher Pro—

. sind bereits hier eingetroffen, und sind wir im Stande, deren hing gin nachstehend mitzutheilen: Jer Land lage Marschaii von Preußen, Ober⸗Burggraf von 9 zrünneck, Excellenz, Schadowstraße Nr. 1 2.

Der Lanbtags Marschall von Brandenburg, Hofmarschall und Oberst Lieutenant n R, von wn, ,, Nr. 15.

3) Der Landta . von Pommern, Graf von Bismark⸗

Bohlen, Wilhelms 69. ) Der, Landtags aa , g lesien, Se. Durchlaucht der Dann Adolph zu DF, re u seife ger Hotel de e 2

5) Der Tand tags. Marschall von Posen, Kammerherr Freiherr

Hiller von Gärtringen, Behrenstraße Nr. 7.

6) Der Landtags⸗Marschall von Sachsen, Kammerherr Graf von Zech⸗Barkersroda, Hotel de Russie.

7) Der Landtags Marschall von Westfalen, Graf von Lands— berg-Gehmen, Unter den Linden Nr. 72.

8) Der Landtags Marschall der Rhein Provinz, Se. Durchlaucht der Herr First zu Solms-Lich und Hohen-Solms, Meinhardt's Hotel.

Oesterreichische Monarchie.

Triest, 39. März. (A. 3) Es hat allerdings seine Richtig⸗ keit, daß die Peninsular and Oriental Navigation Company einen Vertrag mit der sardinischen Regierung abgeschlossen und den Dampf böten der genannten Gesellschaft mehrere Begünstigungen eingeräumt hat. (S. Allg. Preuß. Ztg. Nr. 89.) Es hieße aber, das Pu blikum irre leiten, wenn man daraus den Schluß ziehen wollte, daß die Ueberlandpost den Weg künftig über Genug einschlagen werde. Deutschland kann ruhig sein und wird hoffentlich recht bald die indi— sche Korrespondenz über Triest weit schneller erhalten, als dies jemals über Genua möglich wäre.

Die aus vier Ingenieuren bestehende österreichische Expedition für die Vorstudien zu dem projektirten Bau des Suez-Kanals begiebt sich heute mit einem Dampfboot des Lloyd nach Alexandrien.

Prag, 1. April. (A. Z.) Vorgestern ist der Erzherzog Ste⸗ phan hierher zurückgekehrt, und die Bömische Zeitung begleitet diese Nachricht in ihrem heutigen Blatte mit den Worten: „Man hofft allgemein, daß Se. Hoheit die oberste Leitung nnseres Landes nicht aufgeben werde.“

Se. Majestät der Kaiser hat wegen der herrschenden Arbeits lo⸗ sigkeit und Noth eine außerordentliche Dotation zur Herstellung eini⸗ ger größeren Straßenbauten bei Prag bewilligt, worunter sich der üÜmbau der Straße von Prag nach Königssaal als das dringendste Bedürfniß darstellt, da die Communication bei Hochwassern und beim Eisstoß beinahe immer gehemmt ist. Zur Unterstützung der Riesen gebirgs Bewohner hat der Kaiser aus dem Staatsschatz 180,000 Fl. in 6 einjährigen Raten, wovon die erste sogleich angewiesen wurde, bestimmt. Von diesem Gelde soll eine Straße zur Verbindung der Hauptorte in den drei nördlichen Kreisen gebaut und dadurch den Arbeitslosen Verdienst zugeleitet werden.

ö Paris, 4. April. Heute nimmt auch das Journal des Déübats das Wort über das neue spanische Ministerium. „Der Präsident des Ministerraths, Herr Pacheco“, sagt es, „hat im Kon⸗ greß kurz das Programm seiner Politik mitgetheilt; er hat erklärt, daß er eine gemäßigte freisinnige Richtschnur befolgen und es sich angelegen sein lassen wolle, mit den auswärtigen Mächten ein gutes Vernehmen zu unterhalten. Als Programm ist dagegen nichts ein zuwenden. Wenn das neue Kabinet wirklich seine Versprechungen erfüllt, wenn es die innere Politik Spaniens in eben so gemäßigte wie freisinnige Bahnen leitet; wenn es die Weisheit und Klugheit besitzt, in seinen äußeren Beziehungen das gute Vernehmen zu erhal— ten, welches es seinem Programm einverleibt hat, so wollen wir keinesweges seine Berufung ans Ruder beklagen. In gewisser Hinsicht könnten wir diesen Ministerwechsel sogar als einen Vortheil betrachten. Er wird wenigstens die Folge haben, daß es sich zeigen muß, welchen Grad von Glauben man hinterlistig und geflissentlich verbreiteten Gerüchten, deren Quelle zu bezeichnen nicht schwer sein würde, beizumessen hat. Seitdem die Politik, mit welcher der Name Frankreichs verknüpft worden ist, in Spanien einen entschiedenen Vor theil davongetragen, hatte alle Arbeit der Partei, die ihre Pläne ver eitelt sah, nur Ein Ziel: all ihre Anstrengungen waren dahin gerich tet, dem spanischen Volke einzureden, es befinde sich unter der Herr schaft eines fremden Einflusses. Diese Manöver wurden in der letz ten Zeit mit verdoppelter Thätigkeit wieder aufgenommen und diese Einflüsterungen mit einem Gefolge von Kommentaren wiederholt, deren skandalöse Fruchtbarkeit sich noch lange nicht erschöpft zu haben scheint. Die Königin selbst hat es über sich genommen, auf alle diese Anschuldigungen durch einen Staatsakt zu antworten, durch einen Akt, dessen Veranlassung man doch wohl nicht dem französischen Einflusse zuschreiben wird. In dem Augenblick, wo man sie als durch eine parlamentarische Coalition in die Enge getrieben darstellte, wo man sie fast als Gefangene in ihrem Palast bezeichnete, hat die Königin gerade den freiesten Gebrauch von ihrer Prärogative gemacht, einen Gebrauch, den man das Maß überschreitend finden mag, der aber jedenfalls darum nur desto besser die vollkommene Unabhängigkeit beweisen muß, deren sie genießt, und zeigen, bis zu welchem Punkt sie von allem fremden oder wenigstens von allem französischen Einfluß frei ist. Die Wahl der neuen Räthe, welche die Königin Isabella getroffen, hat übrigens nichts an sich, was Beforgnisse einflößen könnte. Die meisten Mitglieder des neuen Kabinets sind Mitglieder, die der monarchischen und constitutionellen Sache ihre Unterpfänder gegeben und in verschiedenen Abstu— fungen ihren Platz in der gemäßigten Partei eingenommen haben. Was uns betrifft, und insofern es uns erlaubt ist, die Interessen Frankreichs mit denen Spaniens zu vermischen, so haben wir niemals eine ausschließende Politik beobachtet, haben uns nicht dieser oder jener besonderen Meinungsschattirung angeschlessen. Unter den ge⸗ genwärtigen Umständen hat Frankreich zwei Haupt-Interessen, die übrigens mit denen Spaniens selbst eng verschmolzen sind: erstens, daß die Eintracht unter den großen Staatsgewalten aufrecht erhalten werde; zweitens, daß das politische Uebergewicht den Händen der gemäßigten Partei nicht entschwinde. Wir wünschen auf's lebhafteste den Einklang zwischen dem Königthum und den Kammern, weil dies die Grund⸗ lage, die wesentliche Bedingung der Repräsentativ-Regierung ist; wir wünschen ihn ganz besonders in diesem Augenblick, weil Spanien kaum aus den von der Wahl einer neuen Legislatur untrennbaren Aufre⸗ gungen heraus ist, und weil, wenn es Stärke genug besitzt, um den Gebrauch freier Institutionen zu ertragen, es doch vielleicht nicht ge⸗ nug Kraft hat, ihren Mißbrauch auszuhalten. Obgleich es immerhin etwas anormal erscheinen kann, daß ein Ministerium in dem Augen⸗ blick verändert wird, wo es so eben von den Nammern ein Jeugniß unzweideutigen Vertrauens erhalten hat, se scheint dech mit dieser Veränderung der Personen nicht auch zugleich eine erhebliche Verän⸗ derung in der Politik eintreten zu sollen, da die meisten der neuen Minister aus verschiedenen Abstufungen der Par⸗ tei gewählt sind, welche bis jetzt die Angelegenheiten ge— leitet hat, und wir glauben daher mit Vertrauen darauf rechnen zu können, daß die Eintracht unter den großen Staatsgewalten aufrecht erhalten werden wird. Wenn wir das Uebergewicht der gemäßigt . Partei auch, in die erste Reihe der gemeinsamen Interessen paniens und Frankreichs stellen, so geschieht es, weil wir überzeugt sind, daß diese Partei am meisten dazu geschickt ist, die spanische Po⸗ litik in regelmäßige und friedliche Bahnen zu leiten, weil sie die kin zige ist, die ihrem Lande einige Jahre der Ruhe zu sichern vermochte, welche ein böswilliger Geist der Intrigue unaufhörlich zu stören sucht. Wollen wir damit sagen, daß die NRegierungsgewalt für immer unbe— weglich bei einer Partei bleiben müsse? Nein, keinesweges; dies würde für Spanien eben so weni „Wahrheit haben, wie für Frankreich oder England. Auch der Tag für die progressistische Partei wird kommen,

er wird sicherlich kommen, aber es scheint uns nicht, daß er jetzt schon kommen müsse. Bei dem gegenwärtigen Zustande Spaniens bietet die gemäßigte Partei in allen ihren Abschattungen hinlänglichen Spielraum für die Befriedigung aller rechtmäßigen und vernünftigen Fortschritts Bedürfnisse. Das von Herrn Pacheco mitgetheilte Pro⸗ gramm dient uns als Beweis dafür. Noch berechtigt uns nichts, an der Aufrichtigkeit der Versicherungen des neuen Ministeriums zu zweifeln, und wir würden es nur dann nöthig finden, es daran zu erinnern, wenn es sie vergäße.“ Die Presse schreibt, wie schon erwähnt, den spanischen Minister wechsel blos den Intriguen des englischen Gesandten, Herrn Bulwer, zu. Dabei bemerkt dies Blatt: „Ist es zu begreifen, daß in einer Krisis, welche so ernst zu werden droht, wo die Königin Christine nicht in Madrid ist, Frankreich dort sich ohne Repräsentanten befin det? Wünscht man denn allen vor sechs Monaten um den Preis einer Allianz erlangten Vortheil wieder einzubüßen und zum Geläch⸗ ter vor Europa zu werden?“ Der National spottet bereits, daß Herr Bulwer vier von den sechs Mitgliedern des neuen Kabinets für sich habe und man nun nach sechs Monaten wirklich erkenne, wie überwiegend der französische Einfluß jenseits der Pyrenäen sei.

Von Marschall Bugeaud ist eine Flugschrift „Ueber die Coloni sation Algeriens“ erschienen, welche um so mehr Aufmerksamkeit er regt, als man darin die Ansichten der Regierung über diesen Ge— genstand ausgesprochen glaubt. Der Marschall weist nach, daß das bisherige europäische System der freiwilligen Colonisation Einzelner, wie es sich namentlich in Amerika ausgebildet habe, für Algerien nicht anwendbar sei. In Amerika fanden die Ansiedler entweder ganz unbewohnte oder nur von schwachen Völkern besetzte Länder, und daher konnte jeder Ansiedler sich vereinzelt nach seinem Willen anbauen. In Algerien dagegen fänden die Ansiedler schon bebaute, von kriegerischen Volksstämmen bewohnte Gegenden. Daher müsse das System der gemeinsamen militairischen Colonisation, wie bei den Griechen und Römern, angewendet werden. Die freiwillige Coloni sation Einzelner könne zwar an der Küste und in der Nähe der Städte immerhin stattfinden; aber in den übrigen Gegenden müßte . Prinzip der Colonisation durch militairische Lager Anwendung inden.

Bekanntlich haben die Kammern eine regelmäßige Dampfschiff— ahrts Verbindung zwischen Havre und New-Nork genehmigt. Am 1. Mai wird das erste Schiff von Havre abgehen.

Ein Abkömmling der Familie Lally⸗-Tollendal, Graf Stanislaus Lally⸗Tollendal, Sohn des 1817 verstorbenen französischen Gouver neurs von Pointe⸗à-Pitre, ist wegen Fälschung und Unterschlagung von anvertrauten Geldern (er war Commis in einer Milchhandlung) zu drei Jahren Gefängniß verurtheilt worden.

Der Verfasser einer vor zwei Monaten mit Beschlag belegten Broschüre: A mitraille sur les agioteurs! Herr Vermasse, ist von den Assissen zu einem Jahre Gefängniß und 3000 Fr. Geldbuße, und die Verleger, Gebrüder Albert, sind zu drei Monaten Gefängniß und 1000 Fr. Geldstrafe ein Jeder verurtheilt worden.

Großbritanien und Irland.

London, 3. April. Die Morning Chroniele wird durch einige Aeußerungen des Herrn Guizot über die Vorzüge des Wahl und Repräsentativsystems in Frankreich, welche der französische Mini ster bei Gelegenheit der Bekämpfung des letzten Duvergierschen An trags zu einer Wahl- Reform fan ließ, veranlaßt, die Richtigkeit derselben zu bestreiten. Herr Guizot hatte namentlich, was „die Reinheit und Unabhängigkeit“ anbetrifft, dem französischen Systeme vor bem in England und in den Vereinigten Staaten herrschenden den Vorzug zuerkannt, und die Mo rning Ch roniele entgegnet darauf Folgendes: „Unsere transatlantischen Brüder mögen ihre Sache selbst vertreten. Sie mögen dem französischen Mini ster erklären, ob in der gährenden gewaltigen Masse, von Locofocos, Nullificirern, Gegnern der Sklaverei, Fabrikanten, Baumwollenpflanzern 2c. einige Freiheit sieckt. Auch sind wir so verliebt nicht in das bestehende englische System, um dessen Vertheidigung gegen Herrn Guizot's Tadel. unbedingt zu un ternehmen. Aber unterrichtend möchte es sein, einen Blick auf das System zu wenden, welches der französische Minister dem unseren gegenüber so günstig ansieht. Ein kürzlich in zweiter Auflage er⸗ schlenenes Buch über Frankreichs Regierung und Verwaltung soll als Anhaltpunkt dienen. Der Verfasser hat die großen Ergebnisse des Systems der Juli-Revolution konzentrirt, und wir haben aus einiger eigener Sachkenntniß und sonst erlangter Auskunft über das Einzelne davon Grund, anzunehmen, daß seine Aufstellungen keine we sentlich übertriebenen sind. Nach derselben zählt Frankreich an besol⸗ beten Angestellten und Pensionairen der Ehrenlegion (25,400) zusam— men 376,187, an unbesoldeten und aus Accidentien oder aus monopo⸗ listischen Geschäften Gewinn Ziehenden 437370, unbeschãftigte und mit Gratificationen, Unterstützung 2c. bedachte Beamte 13, hh0, pensionirte und in Ruhestand versetzte 101,460, zusammen 931,977 durch Geld⸗ beziehung oder Vortheil abhängige Leute, die dem Staate 397, 331, 9000 Fr. jährlich kosten. Außerdein gehören zum Staate König Ludwig Philipp's auch noch 400, 000 Mann Soldaten und Gendarmen und G ö Seeleute. Daneben die Gesammt- Bevölkerung von Frank reich zu 34 Millionen angenommen, erscheint dieselbe zerlegt in 17,232, 000 weiblichen und 17, 168,000 mãnnlichen Geschlechts. Von den Letzteren werden 8,916,000 über 21, Jahre alt zu betrachten und daher der Theil der Gesammt Bevölkerung sein, (welcher zur Ausübung bürgerlicher Rechte befähigt und befugt ist. Diese ,h, 00 zerfallen: 1) in die arbeitenden Klassen und Armen dh. I) 2) Kapitalisten, Fabrikanten, Landwirthe, Naufleute 2, , 3) ge⸗ lehrte Stände und mit unabhängigem Einkommen 125.000), 4) besol⸗ dete Beamte, Offiziere, Marine, Pensionirte 979, M0, zusammen sib, 000 wie oben. Um Wähler zu sein, muß man das 25hste Jahr hinter sich haben und 200 Fr. jährliche directe Steuern zahlen. Die Gesammtzahl der Wähler ist 200, 01), die der Angestellten, Besol⸗ deten und durch Genuß von Vortheilen an die Verwaltung geknüpf⸗ ten Personen aber 932,000; wo sollte es da einer dazu geneigten Regierung an Mitteln gebrechen, fast die gesammte Wählerschaft zu gewinnen? Indessen wollen wir davon schweigen, wie diese große Gewalt gebraucht oder gemißbraucht wird. Allein wenn Herr Guizot wagt, das französische Repräsentativ⸗System und das britische zu verglei chen, und glaubt, die anerkannte Falschheit auf dieser Seite des Ka⸗— nals zugegeben zu sehen, so wollten wir unseren Lesern doch die That— sachen vorlegen, um danach urtheilen zu können.“ . .

Die neuesten Nachrichten aus Irland lauten einigermaßen befrie digender, wenigstens wird aus mehreren Gegenden berichtet, daß die Feldarbeiten eifriger als bisher betrieben werden, und daß die Päch— ter zum Theil mit Hülfe ihrer Grundherren Anstalten machen, sich mit dem nöthigen Saatkorn zu versehen. Mittlerweile dauert die Zufuhr von Lebensmitteln und das Fallen der Preise derselben fort; an vielen Srten sind in sehr kurzer Zeit die Lebensmittel aller Art um volle 20 pCt. im Preise 237

Die Banl 6. zwar den Diskoönto nicht erhöht, dagegen aber den Beschluß gefaßt, den großen Diskontohäusern, welche bei dersel= ben die 66 ihrer Kunden diskontiren und Letzteren dann einen n . Zinsfuß anrechnen, als sie der Bank zu vergüten haben, den

sten d. M. zum Zahltermin zu setzen, an welchem Tage alle Vor— schüsse auf Wechsel ünd andere Sicherheiten zurückbezahlt werden

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müssen. Der Globe sagt in seinem Börsen-Artikel, es werde all⸗ gemein angenommen, daß diese Maßregel vornehmlich den Kornwech⸗ seln gelte, deren Prolongation verhindert werden solle, und in diesem Falle ein bedeutender Fall in den Kornpreisen unausbleiblich sein dürfte. Am hiesigen Kornmarkte waren vorgestern die Preise eben nicht niedriger.

Schweden und Norwegen.

Stockholm, 23. März. Am 17. März begab sich der Kö⸗ nig, von dem Prinzen Gustav begleitet, nach Upsala, wohin der Kronprinz schon am vorhergehenden Tage abgereist war. Die ge⸗ sammte Studentenschaft, mit den Fahnen der verschiedenen Landschaf⸗ ten an ihrer Spitze, begrüßte die hohen Personen bei deren Ankunft mit enthusiastischen Gesängen. Der König hielt sich in Upsala drei Tage auf und kam erst am Sonnabend spät in der Nacht hierher zurlick. Die beiden Prinzen sind noch in der Universitätsstadt ge⸗ blieben.

Der König hat Befehl gegeben, daß alle zum vierten Militair⸗ distrikt gehörigen Truppen, 8d. h. die Garnison der Hauptstadt nebst den Regimentern von Upland, Südermanland und Westmanland, zu⸗ sammen mehr als 8000 Mann, sich in diesem Sommer auf dem La⸗ gerplatz von Ladugardsgärde versammeln, um ein großes Feld⸗Ma növer in der Nachbarschaft der Hauptstadt auszuführen.

Seit dem Tode des Generals Lagerbring ist kein einziger Schwede mehr Ritter des Schwert⸗-Ordens mit dem großen Kreuz erster Klasse: eine Würde, welche nur dem Befehlshaber, der eine Schlacht gewon⸗ nen hat, verliehen werden kann, und welche gegenwärtig nur Se. Königl. Hoheit der Prinz Wilhelm von Preußen, der österreichische General Graf Walmoden-Gimborn und der Herzog von Wellington besitzen.

Ft al ian.

Nom, 27. März. Ihre Königl. Hoheit die Frau Prinzessin Albrecht von Preußen hatte vorgestern eine Abschieds Audienz beim heiligen Vater und wird uns nach Ostern verlassen, und Se. Königl. Hoheit der Prinz Karl von Preußen ist gestern von hier abgereist und hat sich in Civitavecchia eingeschifft.

Außer dem Delegaten von Viterbo ist auch der Bischof jener Stadt, der Kardinal Pianetti, hier eingetroffen, und die Regierung hat als außerordentlichen Delegaten den Mons. Savelli dahin abge— schickt. Zugleich sind von Perugia und hier Truppen nach Viterbo abgegangen. Ferner wurden 800 Rubbia Weizen aufgekauft, um sie daselbst zum Mittelpreis den Bürgern zu überlassen. Ueberall in den Provinzen spukt der Kommunismus, welcher öffentlich gepredigt wird, und der in Italien auf einen wuchernden Boden fällt. Diese Machi⸗ nationen und die politischen Aufregungen bereiten den besten Absich ten der Regierung unüberwindliche Hindernisse, und das Land geht einer bedenklichen Zukunft entgegen. Gestern hieß es hier, in Bo⸗ logna bewaffneten sich die Bürger, indem man einen Angriff der Landleute befürchte, die jetzt nicht mehr von Kaufen, sondern von un entgeltlicher Austheilung der Lebensmittel sprechen. Für Ferrara ist an Kardinal Ugolini's Stelle der Kardinal Chiacchi zum Legaten er⸗ nannt. In Ancona ist über das Einrücken der Auxiliar⸗-Truppen ein Streit mit der Bürgerschaft entstanden, welcher aber glücklich beige⸗ legt wurde, ohne daß es zu Erzessen kam. Die bedeutungsvollen Zurufe, welche dem heiligen Vater vorgestern gemacht wurden, sind hier noch immer Gegenstand der Besprechung. ö

Heute Abend wird das große Konzert für die hülfsbedürftigen Schotten und Irländer unter der Leitung des Herrn Landsberg in dem großen Saal des spanischen Gesandtschafts-Palastes aufgeführt. Nach dem Programm findet dasselbe unter Lord Wards Protektion statt, und fast ausschließlich deutsche Musikstücke werden vorgetragen, die Chöre von deutschen Künstlern ausgeführt.

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3 Madrid, 29. März. Das Ministerium Sotomayor ist auf „unparlamentarische“ Weise verdrängt und aus der Minorität der Eortes ein neues Kabinet gebildet worden, dessen Mitglieder sehr verschiedenartige Ansichten und Interessen vertreten. (S. das gestrige Blatt der Allg. Preuß. Ztg.) .

Gestern früh vor Tagesanbruch ließ die Königin abermals Herrn Pacheco zu sich rufen und erklärte ihm ihren Entschluß, die Mi⸗ nister ihrer Stellen zu entheben (relevar) wollen, falls sie nicht freiwillig ihre Entlassungen verlangten. Zugleich übertrug sie Herrn Pacheco das Geschäft der Bildung eines neuen Kabinets. Nachdem er sich dieses Auftrages unterzogen, die Minister jedoch nicht zur Ein⸗ reichung ihrer Entlaffung zu bewegen vermocht hatte, wurde zuerst der Herzog von Sotomayor gestern seiner Stelle enthoben und Herr Pacheco zum Minister der auswärtigen Angelegenheiten und Prãäsi denten des neuen Kabinets ernannt.

Die Königin selbst bezeichnete einige der Personen, aus denen dieses bestehen sollte. Herr Pacheco fügte sich in diese Weisung. Demnach erhielt

der Deputirte Benavides das Ministerium des Innern,

der Deputirte, Banquier Salamanca, das der Finanzen,

der Senator, General Mazarredo, das Kriegs- Ministerium,

der Deputirte, Pa stor Diaz (Unter-Staatssecretair für das In nere im letzten Ministeriumj, das des Handels, Unterrichts und der Staatsbauten, .

Herr Sotelo das Marine-Ministerium, das er bereits vor meh reren Jahren verwaltete.

Das Justiz Ministerium wird, wie verlautet, dem Deputirten (vormaligen Minister des Jnnern) Calderon Collantes übertra⸗ gen werden, nachdem Herr Arrazola es ausschlug, so wie der jüngere General Concha das Kriegs⸗Ministerium abgelehnt hatte. .

Gestern Abend erschien die Königin, von den neuen Ministern begleitet, in dem Konzerte, welches im Licco stattfand.

Diesen Nachmittag werden die Minister im Senat und Kongreß erscheinen, um das hergebrachte Programm vorzulegen und dann, wie man glaubt, die Sitzungen der Cortes auf einige Zeit vertagen.

Herr Pacheco ist bekanntlich der Chef der sogenannten Puritaner, welche darauf bestanden, daß das constitutionelle System in seiner ganzen Neinheit durchgeführt werden müsse. Nun aber scheint er den Grundsatz, daß die Krone ihre Minister aus der Mitte der Masorität der Cortes zu wählen habe, eben so wohl wie die Ueberzeugung von der Nothwendigkeit, daß sämmtliche Mitglieder eines Kabinets von übereinstimmenden Ansichten geleitet werden müssen, zu verwerfen. Noch vor wenigen Tagen erklärte der Tiempo, das Organ Pacheco's, die Möglichkeit des Eintrittes eines Mannes wie Salamaneg in ein nach constitutionellen Grundsätzen zu bildendes Ministerium für eine Fabel und Abgeschmacktheit und den bloßen Gedanken daran für eine Verletzung der öffentlichen Moral. Nun hat er selbst die Ernennung Salamanca's zum Finanz-Minister ausgefertigt, und dieser wird die wahre Seele des neuen Kabinets sein. Alle Spekulanten versprachen

ich goldene Berge von seiner Finanz Verwaltung, und obgleich ge⸗ . als am Palmsonntage, die Börse geschlossen war, wurden große Geschäfte in Zproz. Papieren gemacht, die von 30 auf 313 stlegen. Vor acht Tagen stellte Herr Salamanca sich im Palaste ein und

ließ sich bei dem Könige melden. Abgewiesen, wurde er von dessen Vater dennoch . aber von dem Könige bedeutet, den Palast

nicht wieder zu betreten. Die Königin bestand dagegen mehrere Unterhandlungen mit dem englischen Del er ; . . ausdrücklich auf Salamanca's Ernennung zum ,,, ;

Die Herren Pacheco, Pastor Diaz und Salamanca waren be— kanntlich die eifrigsten Gegner der Montpensierschen Heirath und des französischen Einflusses. Gegen Pacheco, als Redacteur des Tiempo war die von dem französischen Botschafter erhobene Injurienklage per= sönlich gerichtet. Um so mehr muß es befremden, daß er jetzt sich Männern, wie Benavides nud Mazarredo, zugesellt, die 6 für aufrichtige Diener der französischen Politik halten muß.

Da heute keine öffentlichen Blätter erscheinen, so lassen sich auch die Stimmen der verschiedenen Parteien nicht vernehmen. Es unter⸗ liegt indessen keinem Zweifel, daß die Ultramoderirten das neue Mi⸗ nisterium mit dem entschiedensten Unwillen aufnehmen und Alles daran setzen werden, sich aufs neue in den Palast, aus dem sie sich ver= drängt sehen, wieder einzuschleichen. Auch die Militair-Partei sieht sich sich in ihrer hervorragenden Stellung bedroht. Die Progressisten werden dem neuen Ministerium nur dann keinen ernstlichen Widerstand entgegensetzen, wenn es sich zu großen Zugeständnissen versteht. Eine unbedingte politische Amnestie, von der selbst Espartero und Qlozaga nicht ausgeschlossen bleiben, Wiederherstellung der Schwurgerichte für Preßvergeéhen, Entsetzung mehrerer der in den Provinzen befehligen⸗ den Generale und ähnliche Maßregeln dürften daher bald erfolgen. Vor Allem wird aber die Lage Serrano's eine andere Gestalt annehmen.

In der Sitzung des Kongresses vom 27sten wurde die Regie⸗ rung zur Erhebung der Steuern für das laufende Jahr ermächtigt. Es läßt sich erwarten, daß Herr Salamanca einige Schritte zur Be⸗ friedigung der Staats- Gläubiger thun werde. Freilich werden sie sich nur als Palliative ausweisen.

Bei der feierlichen Prozession mit Palmen, die gestern im Schlosse stattfand, eröffnete die Königin, von ihrem Schwiegervater geleitet, den Zug. Mit Befremden vermißte man den König.

Vor wenigen Tagen wurde die von Valencia kommende Dili⸗ gence bei Ocanna und die von Estremadura kommende eine Meile von hier ausgeplündert. Die Näuber banden die Reisenden an Bäunien fest, und erst nach einigen Stunden kamen Leute herbei, welche sie entfesselten.

3 Madrid, 30. März. Die Ultramoderirten haben sich in ihrer Verblendung zu einem Schritte verleiten lassen, der dem neuen Ministerium einen glänzenden Sieg verschafft hat.

Sämmtliche Minister erschienen gestern Nachmittag im Kongresse, und Herr Pacheco nahm das Wort, um sein politisches Programm vorzulegen. Er erklärte, daß er sich zu den Moderirten und Abera⸗ len zähle und das Ministerium übernommen habe, um zugleich die Ordnung aufrecht zu halten und die Ergebnisse der Revolution sicher zu stellen. Er ersuchte den Kongreß, sein Urtheil zurück zu halten, bis die Minister ihr System entwickelt haben würden. „In Bezug auf unsere Politik zum Auslande“, sagte er, „wollen wir durchaus Spanier sein und in Frieden, und Eintracht mit allen Nationen leben, aber wir wollen mit keiner Macht so innige Verhältnisse ein⸗ gehen, daß sie uns erniedrigen könnten. Die bestehenden Allian⸗ zen werden wir achten, ohne einer derselben den Vorzug zu geben. In Portugal walten bedenkliche Unruhen ob, und wir erklären, daß wir unsrerseits Alles thun werden, auf daß der Thron

Donna Maria's nicht nur nicht zu Grunde gehen, sondern nicht einmal Gefahr laufe.“ Die Regierung würde, fügte der Mini⸗ sterPräsident hinzu, den Cortes einen Gesetz⸗ Entwurf über die Presse vorlegen und die Amnestie, so weit es die Umstände erlaub⸗ ten, erweitern. Die verschiedenen, den Cortes vorliegenden Gesetz⸗ Entwürfe würden die Minister genau prüfen und die Ermächtigung zur Regulirung der Staatsschuld als von den Cortes zurückgenom⸗ men betrachten. Herr Pacheco schloß mit der Bitte, daß der Fon⸗ greß auf einige Tage seine Sitzungen einstellen möchte. Dieses Programm wurde sehr kalt aufgenommen. Allein gleich darauf wurde ein von mehreren Ültramoderirten unterzeichneter Antrag verlesen, kraft dessen die Regierung ohne Aufschub dem Kongreß alle Papiere und Rechnungen vorlegen sollte, welche auf die von Seiten der

Staats kasse gegen den jetzigen Finanz- Minister, Herrn Salamanca,

als vormaligen General-Pächter des Salz⸗Monopols, und aus dem

Grunde anderer Kontrakte erhobenen Reclamationen Bezug hätten.

Sogleich erhob sich Herr Salamanca mit der Erklärung, daß er

seit seiner (Tags zuvor erfolgten) Ernennung zum Jinanz⸗Minister

aufgehört habe, Kaufmann zu sein,. Er habe eine Summe von drei

Millionen in Staatspapieren, welche die Regierung ihm als Garan⸗

fie bis zu erfolgter Zahlung seiner rechtmäßigen Forderungen ein—⸗

händigte, vor wenigen Stunden der Staats Kasse zurückgegeben.

Er berief sich auf die gerechten Ansprüche, die er als Ehrenmann

(como Cahallero) auf das öffentliche Vertrauen habe, und verhieß,

die Finanz- Vetwaltung mit derselben Rechtlichkeit und Umsicht zu be⸗

treiben, die er auf seine Privatgeschäfte verwandt habe. Das Salz⸗=

Monopol hätte ihm als Pächter, behauptete er, nur Schaden gebracht,

und eine Kommission, die er so eben aus den Herren Mon, Mendi⸗

zabal und Moron (Urheber des Antrages) zusammengesetzt, würde

bie obschwebende Liquidation schleunigst beendigen.

Die progressistischen Deputirten und die Zuhörer auf den Galleerien zollten diesen Worten des Finanz⸗Ministers lauten Beifall. Als nun der Deputirte Moron, Urheber des gegen Herrn Salamanca und das Ministerium überhaupt gerichteten Antrages, das Wort zur Unter⸗ stützung desselben nahm und einige beleidigende Anspielungen auf die Gegner der abgetretenen Minister machte, entstand ein keiner

Schilderung fähiger Auftritt. Die zahlreichen, der moderirten Par tei angehörenden Freunde Salamanca's, welche bisher mit den Mi nistern Mon und Santillan stimmten, nun aber im Drange reiner Vaterlandsliebe früheren Verpflichtungen entsagen, um den neuen Argonauten auf der Fahrt zur Gewinnung des goldenen Vliesses zu begleiten, verlangten mit lautem Geschrei, Herr Moron solle seiner boshaften Anspielungen wegen Abbitte thun, und belegten ihn mit den empfindlichsten Beiworten der eastilignischen Sprache. Während ein Theil der moderirten Deputirten mit geballten Fäusten und ge⸗ schwungenen Stöcken auf Herrn Moron eindrang und der andere, auf die Sitze steigend eine bessere Aussicht auf das Schlachtfeld zu gewinnen suchte, erscholl von den Gallerieen des Publikums , , . liches Gebrüll. Vergebens bedeckte der Präsident sich um ö. für aufgehoben zu erklären. Gewaltige, Hände r, . 9 = Hut. Rach einer halben Stunde war die Auf eng 9 seter 1 ĩ itternd erklärte Herr Moron erfasser treter endlich 6. ug zit J. an, lautere nun seine Doktrinen einer Geschichte der spanischen Kultur), 9 entwickeln, keinesweges aber Herrn Salamancg , en ph ) 2 NMinister - Präsitze nt (Pacheco) bemerkte barauf, in e. acm, Absicht, einen adelnden Ausspruch lber dem Antrage die verborgene bin! z . r n . ingen, läge, und lud den Kongreß ein, die das Ministerium zu verhängen, : i bebe feiner Ab siimmnun im Auge zu b, Der Kon , durch 133 Stimmen gegen 5y, daß der Antrag greß ents⸗ * , werden solle. Unter den 139 Gh nn e 6 ä. ; ungen 3 Progressisten und 9 Mederirten. Sämmt= hl, lieder des , . 8 und die Herren Mon,

16 osa, Donoso ü. ö. neue Ministerium hat nun vermittelst dieses dur gh bie un⸗